L 13 R 4076/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 RA 170/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4076/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung freiwilliger Beiträge.

Die 1945 geborene Klägerin hat nach einem Versicherungsverlauf vom 4. April 1995 in der Zeit vom 1. September 1961 bis 25. April 1978 durchgehend Pflichtbeitragszeiten und nach einem Bescheid vom 21. November 1995 in der Zeit vom 01. Mai 1978 bis zum 31. Mai 1988 Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zurückgelegt.

Am 29. November 2002 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung und gab an, sie sei seit 11. November 2002 beim Arbeitsamt (jetzt Arbeitsagentur) ohne Leistungen arbeitslos gemeldet. Auf dem Antrag wurde von einer Beraterin der Beklagten vermerkt, die Klägerin sei 1995 ohne Meldung beim Arbeitsamt arbeitslos gewesen und habe sich in der Zeit vom 3. bis 6. April 1995 in einem Info-Bus der Beklagten in E. nach der Möglichkeit einer freiwilligen Beitragszahlung erkundigt. Ihr sei davon abgeraten worden, weil die Rentenerwartung viel zu niedrig sei. Auf die eventuelle Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren für eine vorzeitige Altersrente nach §§ 36, 37 (des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -) sei sie aber nicht hingewiesen worden. Deshalb sei zu prüfen, ob eine außergewöhnliche Nachzahlungsmöglichkeit einzuräumen sei.

Am 9. Januar 2003 bat die Klägerin zu prüfen, ob sie für die Zeit ab Januar 1995 noch freiwillige Beiträge nachzahlen dürfe.

Die Beklagte lehnte die Zahlung freiwilliger Beiträge für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2001 ab (Bescheid vom 13. Januar 2003). In Fällen besonderer Härte sei auf Antrag die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der Fristen gemäß § 197 SGB VI zuzulassen, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen sei. Aus der der Klägerin am 4. April 1995 erteilten Rentenauskunft sei erkennbar gewesen, dass nur ein Anspruch auf Regelaltersrente erfüllt werde, da lediglich 321 anzurechnende Monate zurückgelegt worden seien. Um die Wartezeit von 420 Monaten zu erfüllen, habe die Klägerin nach eigenen Angaben von einer freiwilligen Versicherung Abstand genommen, weil mit Mindestbeiträgen nur eine geringe Rentenerhöhung verbunden sei. Die Beitragszahlung sei daher aus wirtschaftlichen Gründen unterblieben und die Voraussetzungen des § 197 Abs. 3 SGB VI somit nicht erfüllt.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie sei im April 1995 nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden, durch eine freiwillige Beitragszahlung die Wartezeit für eine vorzeitige Altersrente zu erfüllen. Dazu sei im Ablehnungsbescheid nicht Stellung genommen worden.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. April 2003). Die Klägerin sei nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragsentrichtung gehindert gewesen. Der von ihr behauptete Beratungsmangel sei nicht nachgewiesen, da bei einem Beratungsgespräch keine Protokolle über den Inhalt der Beratung gefertigt würden. Die Widerspruchstelle beziehe sich auf den Grundsatz der objektiven Beweislast, der auch in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit gelte. Die Folgen der objektiven Beweislosigkeit und des Umstandes, dass eine Tatsache nicht festgestellt sei, treffe den, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten wolle.

Dagegen hat die Klägerin am 24. April 2003 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben und beantragt ausdrücklich durch ihren Prozessbevollmächtigten,

1. die Beklagte zu verpflichten, ihr Auskunft zu erteilen, für welche Zeiten eine freiwillige Nachzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen in Betracht komme;

2. die Beklagte zu verpflichten, sie dahingehend zu beraten, welche Zeiten der Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit rentenrechtlich anerkannt würden;

3. die Beklagte zu verpflichten, freiwillige Beitragszahlungen in Höhe der sich ergebenden Auskunft anzunehmen;

4. die Beklagte zu verpflichten, freiwillige Beitragszahlungen für den Zeitraum Januar 1995 bis März 2003 entgegenzunehmen.

Zur Begründung hat der Prozessbevollmächtigte ausgeführt, die Klägerin habe am 4. April 1995 die Beklagte zu einer rentenrechtlichen Beratung aufgesucht. Sie sei aber nicht darauf hingewiesen worden, dass freiwillige Nachzahlungen für zurückliegende Zeiten und für die Zukunft möglich seien. Sie habe vielmehr den Hinweis erhalten, jede Nachzahlung sei unwirtschaftlich. Die Klage auf Auskunftserteilung diene als Voraussetzung für die Nachzahlung freiwilliger Beiträge.

Außerdem sei die Klägerin bereits bei einer Beratung am 17. November 1980, die ihr Schwiegervater für sie wahrgenommen habe, nicht auf die Voraussetzungen für eine vorzeitige Altersrente hingewiesen worden, wie aus den dem SG in Kopie vorgelegten handschriftlichen Aufzeichnungen des inzwischen verstorbenen Schwiegervaters hervorgehe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er eine der Klägerin gegebene Auskunft über die Höhe der bisher erreichten Rentenanwartschaft nach § 104 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vom 3. April 1986 vorgelegt und auf die dortigen Ausführungen zur sog. Halbbelegung hingewiesen.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. Januar 2004). Die Klageanträge Nr. 1 und 2 halte das Gericht bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte es abgelehnt habe, der Klägerin beratend oder auskunftserteilend zur Verfügung zu stehen. Der Klageantrag Nr. 3 unterscheide sich in seinem tatsächlichen Begehren letztlich nicht vom Klageantrag Nr. 4, der unbegründet sei. Die Klägerin sei nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert gewesen. Es sei nicht nachgewiesen, dass sie am 4. April 1995 falsch oder unvollständig beraten worden sei. Es könne nicht richtig sein, wenn die Klägerin behaupte, ihr sei die Auskunft erteilt worden, freiwillige Beitragszahlungen für die Zukunft seien nicht möglich. Gleichzeitig behaupte sie nämlich, ihr sei mitgeteilt worden, dass jede freiwillige Beitragszahlung unrentabel sei. Letzteres impliziere jedoch, dass eine Beitragszahlung rechtlich möglich sei. Im Übrigen wäre eine im April 1995 gegeben Auskunft, dass für Zeiten vor Januar 1995 keine freiwilligen Beiträgen mehr entrichtet werden könnten, auch richtig gewesen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch führe, wenn man ihn neben der Regelung des § 197 Abs. 3 SGB VI für anwendbar ansehe, zu keinem anderen Ergebnis, denn ein objektives Fehlverhalten der Beklagten sei nicht nachgewiesen.

Gegen das am 30. März 2004 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 25. April 2004 (Eingang beim SG) Berufung eingelegt. Die Anträge aus der Klageschrift würden aufrechterhalten. Die Klägerin habe zwischenzeitlich einen Bescheid über die Feststellung von Anrechnungszeiten vom 5. Juli 2004 und eine Rentenauskunft vom selben Tage erhalten. Dagegen sei Widerspruch eingelegt worden. Das Erstgericht könne nicht ernsthaft eine Entscheidung getroffen haben, dass die im April 1995 erfolgte Beratung zutreffend gewesen sei, für den Zeitraum vor Januar 1995 sei eine Nachzahlung von Beiträgen nicht mehr möglich, wenn versicherte Zeiträume noch ungeklärt gewesen seien. Dies betreffe den gesamten Zeitraum seit 1978. Im Übrigen sei ein Ratschlag, dass eine Nachzahlung unwirtschaftlich sei, eine Bewertungsfrage. Es sei dem Einzelnen zu überlassen, welche Risikoalternative er auswähle und ob er nicht sein Geld aus Risikogesichtspunkten besser in eine staatliche Rentenversicherung stecke, die derzeit scheinbar unwirtschaftlich sei. Die Klägerin sei nicht darauf hingewiesen worden, dass sie durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge auch ohne Berücksichtigung noch ungeklärter Zeiten einer Beitragszeit von 35 Jahren erlangen konnte, die für eine Aufwertung der vor dem 1. Januar 1992 entrichteten Pflichtbeiträge und den Bezug einer vorzeitigen Altersrente erforderlich sei. Damit sei gleichzeitig der Nachweis erbracht, dass unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Ratschlag der Beklagten fehlerhaft gewesen sei. Er sei unvollständig, denn erst wenn die Berechnung vollständig kapitalisiert werde, könne eine vernünftige Bewertung vorgenommen werden. Dazu hätten aber noch eine Reihe von "Unbekannten" miteinbezogen werden müssen, z.B. der Nachzahlungsbetrag, die mögliche Rentenhöhe mit und ohne Beitragsnachzahlung, die Lebenserwartung, die zukünftige Erhöhung des Kapitalmarktzinses und des Rentenniveaus, die Geldentwertung oder Geldsteigerung sowie die Erhöhung der Rente durch Erreichen der 35 Jahre Beitragszeit und die dadurch bedingte Erhöhung von Beiträgen vor 1992. Dass die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Beratung nachzuweisen habe, sei nicht akzeptabel. Er erwarte vom Senat die Aufstellung eines Kanons an Anforderungen an den Inhalt und den Nachweis einer rentenrechtlichen Beratung, wie die Rechtsprechung dies für Beratungen im Zusammenhang mit Vermögensanlagen getan habe.

Der Prozessbevollmächtige der Klägerin beantragt ausdrücklich:

1. Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. Januar 2004 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Auskunft zu erteilen, für welche Zeiten eine freiwillige Nachzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen in Betracht kommt.

3. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin dahingehend zu beraten, welche Zeiten der Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit rentenrechtlich anerkannt werden.

4. Die Beklagte wird verpflichtet, freiwillige Beitragszahlungen für die Zeit vor Januar 1995 in Höhe der sich ergebenden Auskunft anzunehmen.

5. Die Beklagte wird verpflichtet, freiwillige Beitragszahlungen der Klägerin für den Zeitraum Januar 1995 bis März 2003 entgegenzunehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG (Az.: S 14 An 222/96 und Az.: S 17 RA 170/03) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2003, mit dem die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung freiwilliger Beiträge (nur) für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2001 (Antrag Nr. 5) abgelehnt hat.

Darüber hinaus begehrt die Klägerin eine Verpflichtung der Beklagten zur Auskunft über die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragszahlung für Zeiten vor 1995 (Antrag Nr. 2), zur Auskunft und Beratung über die Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Arbeitsunfähigkeit (Antrag Nr. 3) sowie über die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragszahlung für nicht anerkannte Zeiten und zur Annahme entsprechender freiwilliger Beiträge für Zeiten vor Januar 1995 (Antrag Nr. 4) sowie von freiwilligen Beiträgen (auch) für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. März 2003 (Antrag Nr. 5).

Das SG hat diese Klagen mit Urteil vom 28. Januar 2004 zu Recht abgewiesen.

1. Die Leistungsklagen zu den Anträgen Nr. 2 und 3 sowie die Verpflichtungsklage zu Antrag Nr. 4 sind mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Weder den Akten noch den eigenen Einlassungen der Klägerin ist zu entnehmen, dass die Beklagte die begehrte Auskunft, Beratung und Entgegennahme (richtig: Zulassung zur Entrichtung - § 197 Abs. 3 SGB VI -) freiwilliger Beiträge gegenüber der Klägerin abgelehnt hat. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst vorgetragen, dass zum Antrag Nr. 3 bereits ein Verwaltungsverfahren bei der Beklagten durchgeführt wird. Die den Anträgen Nr. 2 bis 4 zu Grunde liegenden Begehren der Klägerin waren auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides vom 13. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2003.

Die Klage zu Antrag Nr. 5 ist insoweit unzulässig, als die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Entgegennahme freiwilliger Beiträge auch für die Zeit von Januar 2002 bis März 2003 begehrt. Dieser Zeitraum war nicht Gegenstand des angefochtenen Verwaltungsaktes und die Beklagte hat es bisher auch nicht abgelehnt, freiwillige Beiträge für die Zeit ab 1. Januar 2002 entgegenzunehmen, so dass hier ebenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage fehlt.

2. Im Übrigen ist die Klage zu Antrag Nr. 5 zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, dass dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (Abs. 2). In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf dieser Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an einer rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren (Abs. 3 S. 1).

Die Klägerin hat bezüglich des streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2001 frühestens im Antrag auf Kontenklärung vom 29. November 2002 konkludent einen Antrag auf Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI - für Zeiten bis zum 31. Dezember 1991 die Frist des § 140 Abs. 2 AVG - bereits abgelaufen, so dass eine wirksame Beitragsentrichtung durch bloße Zahlung an die Beklagte (vgl. Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-2600 § 7 Nr. 1) nicht mehr erfolgen konnte. Dass die Klägerin einen der in §§ 204 ff SGB VI genannten Tatbestände für einen Anspruch auf Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen für den streitigen Zeitraum erfüllt, ist weder den Akten zu entnehmen noch von der Klägerin vorgetragen worden. Dies trifft im Übrigen auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1995 zu. Ein Recht zur Nachzahlung von Beiträgen für nicht als rentenrechtliche Zeiten anerkannte Zeiten der Arbeitslosigkeit oder der Arbeitsunfähigkeit kennt das Gesetz - entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin - nicht.

Die Beklagte hat eine Zulassung zur Zahlung freiwilliger Beiträge im Sinn des § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zu Recht abgelehnt. Die Klägerin war nicht ohne Verschulden verhindert, freiwillige Beiträge für den streitigen Zeitraum rechtzeitig zu entrichten. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass sie durch eine fehlerhafte Beratung seitens der Beklagten an einer freiwilligen Beitragszahlung gehindert war. Der Inhalt der am 4. April 1995 im Rahmen einer mehrtägigen Beratungsaktion der Beklagten in einem Beratungsbus in E. durchgeführten Beratung der Klägerin ist nicht aufklärbar. Schriftliche Aufzeichnung der Beklagten hierzu existieren nicht. Die wenigen handschriftlichen Aufzeichnungen der Klägerin auf dem Schlussblatt des ihr am 4. April 1995 ausgehändigten Versicherungsverlaufs enthalten keine Angaben dazu, ob und für welche Zeiträume die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragszahlung verneint wurde, ob von einer freiwilligen Beitragszahlung als unwirtschaftlich abgeraten wurde und welche Ausführungen zu den Voraussetzungen einzelner Rentenarten - insbesondere zur Wartezeit für eine Altersrente für langjährig Versicherte oder für Schwerbehinderte, Berufsunfähige und Erwerbsunfähige - sowie zur Anhebung von Pflichtbeiträgen für die Zeit vor dem 1. Januar 1992 gemacht wurden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, schließt der Vortrag der Klägerin, eine freiwillige Beitragsentrichtung sei bei der Beratung am 4. April 1995 als unwirtschaftlich bezeichnet worden, jedenfalls für die Zeit ab 1. Januar 1995 eine fehlerhafte Beratung hinsichtlich der Zulässigkeit einer solchen freiwilligen Beitragsentrichtung aus.

Bezüglich einer behaupteten fehlerhaften Beratung am 17. November 1980 ist darauf hinzuweisen, dass diese Beratung aufgrund des Inhalts der vorgelegten handschriftlichen Aufzeichnungen, die nach Angaben der Klägerin von deren Schwiegervater stammen, der den Beratungstermin wahrgenommen haben soll, offenkundig nicht die Versicherung der Klägerin betreffen. Sie verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über Pflichtbeitragszeiten von 1961 (nicht 1971) bis 1978 im Umfang von 200 (nicht 88) Kalendermonaten. Der in den Aufzeichnungen dokumentierten Beratung über die Möglichkeit, durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge die damals zum Erhalt der Rentenanwartschaft erforderliche Anzahl von 180 Kalendermonaten Beitragszeit zu erreichen, bedurfte es bei der Klägerin somit nicht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin von 1961 bis 1978 durch eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit durchgehend in der Rentenversicherung der Angestellten - d.h. im Sozialrechtsverhältnis zur Beklagten - erworbenen Pflichtbeitragszeiten von der Beklagten im November 1980 nur für die Zeit ab 1971 und nur im Umfang von 88 Kalendermonaten anerkannt waren. Im Übrigen weist der Kontenspiegel der Beklagten, in dem die Ausstellung von Versicherungsnachweisheften und Versicherungsverläufen seit 1974 aufgelistet ist, für das Jahr 1980 keine Beratung der Klägerin aus.

Ob neben der Antragstellung nach § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Anwendung finden kann (vgl. zum Meinungsstand Kassler-Kommentar, Peters § 197 Rdnr. 19), kann dahinstehen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt unter anderem ein objektives Fehlverhalten - hier eine fehlerhafte Beratung der Klägerin - voraus. Eine fehlerhafte Beratung ist jedoch - wie oben ausgeführt - nicht nachgewiesen.

Nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 103 Rdnr. 19a m.w.N.) trägt die Klägerin die Folgen daraus, dass sich eine fehlerhaften Beratung durch die Beklagte als anspruchsbegründende Tatsache für den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Zulassung zur freiwilligen Beitragsentrichtung oder einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht nachweisen lässt. Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser in Literatur und Rechtsprechung übereinstimmend vertretenen Auffassung abzuweichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass die Berufung erfolglos geblieben ist (§ 193 SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved