L 14 R 4132/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 202/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 4132/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Januar 2000 hinsichtlich der Entscheidung über die Rückforderung von 58.253,22 DM aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 1. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1996 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung einer in der Zeit vom 01.10.1983 bis 30.09.1994 doppelt gezahlten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 58.253,22 DM.

Die 1943 geborene und am 05.07.2000 verstorbene Klägerin, eine rund zehn Jahre als Verkäuferin versicherungspflichtige Angestellte, bezog wegen eines Nierenleidens von der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.09.1981 bei einem Versicherungsfall vom 02.02.1981 (350,90 DM mtl. im Jahre 1981 und 371,10 DM mtl. im Jahre 1982). Dem zugrunde lag zunächst der von der Beklagten erteilte Bescheid vom 29.12.1981. Dieser Verwaltungsakt enthielt den Hinweis, dass vom Bundesverfassungsgericht die für Männer und Frauen unterschiedliche Bewertung der Pflichtbeiträge der ersten fünf Jahre für verfassungswidrig erklärt worden sei, der Gesetzgeber noch keine Neuregelung getroffen habe und vorerst der Rentenberechnung die tatsächlich erzielten Bruttojahresentgelte zugrundegelegt würden, um das Rentenverfahren nicht aussetzen zu müssen. Nach gesetzlicher Neuregelung werde die Rentenhöhe von Amts wegen überprüft.

Mit Bescheid vom 29.08.1983 erfolgte rückwirkend ab 01.09.1981 die Neufeststellung der bewilligten Rente. Bereits in den ersten Sätzen dieses Bescheides wurde dies ausdrücklich angeführt und wegen des Grunds der Neufeststellung auf Anlage 6 des Bescheids hingewiesen, in dem es - auf einem gesonderten, von der Rentenberechnung getrennten Blatt heißt: "Die Rente wurde unter Anwendung der Vorschrift über die Bewertung der Pflichtbeiträge der ersten fünf Kalenderjahre (§ 32 Abs.4 Buchst.b Angestelltenversicherungsgesetz) endgültig berechnet". Auf Seite 1 des Rentenbescheids ist der ab 01.10.1983 laufend angewiesene neue Zahlbetrag von 516,80 DM genannt, auf Blatt 2 oben befindet sich eine detaillierte Aufstellung der bisherigen Zahlbeträge (350,90 DM bis 387,90 DM) und der neuen Zahlbeträge (467,50 DM bis 516,80 DM) im Zeitraum vom 01.09.1981 bis 30.09.1983 und die Berechnung der Nachzahlung sowie der Krankenversicherungsbeträge. Der Sachbearbeiter der Beklagten fertigte zwar bei der Eingabe des Rentenbescheids neben einer Anweisung der laufenden Zahlung ab 01.10.1983 auch einen Wegfallauftrag für die bisherige Überweisung; infolge eines technischen Fehlers bei der Bearbeitung wurde jedoch der aus dem Jahre 1981 stammende Zahlauftrag für die Deutsche Bundespost weiterhin ausgeführt.

Im August 1991 - die Klägerin bezog damals laufend 528,60 DM und 704,26 DM - meldete die Post bei einem Datenabgleich die Doppelzahlung. Die Beklagte stornierte den älteren Zahlungsauftrag, teilte der Klägerin die Einstellung der Rente mit dem monatlichen Zahlbetrag von 528,60 DM mit Ablauf September 1994 wegen Überprüfung des Zahlungsfalles mit und kündigte in Kürze weitere Nachricht an (Schreiben vom 09.09.1994).

Mit Anhörungsschreiben vom 07.11.1994 legte die Beklagte den Sachverhalt zur entstandenen Doppelzahlung wegen Nichteinstellung des ersten Zahlungsauftrags mit Ende September 1983 dar und wies die Klägerin unter Beifügung einer detaillierten Abrechnung darauf hin, dass sie zu Unrecht 58.253,22 DM bezogen habe und die Rückforderung gemäß § 50 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) beabsichtigt sei. Die Klägerin werde gebeten, alle Gründe, die einer Rückforderung entgegenstehen könnten, umfassend darzulegen und Nachweise darüber einzusenden. Diese antwortete hierauf nur, dass die Rückforderung gegen Treu und Glauben verstoße, die Leistungen gutgläubig verbraucht worden seien und außerdem Verjährung eingetreten sei.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 01.03.1995 forderte die Beklagte 58.253,22 DM zurück. Sie legte die rechtlichen Gründe für die Rückforderung einer nicht (mehr) auf Verwaltungsakt beruhenden Leistung dar, ging auf den fehlenden Vertrauensschutz bei der hinsichtlich der Klägerin angenommenen Bösgläubigkeit (Kennen oder Kennenmüssen - offensichtliche Fehler) ein und sprach auch Ermessensgesichtspunkte an. Sie hielt die hinsichtlich der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte geltenden Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X (i.V.m. § 50 Abs. 2 SGB X) für entsprechend anwendbar, und zwar vorliegend anstelle der Zweijahresfrist ab Bekanntgabe eines begünstigenden Verwaltungsakts mit Dauerwirkung die Zehnjahresfrist, weil Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) - angenommen wurde hier ein hinreichender Verdacht des Betrugs - vorlägen.

Mit dem hiergegen von einem Rechtsanwalt eingelegten Widerspruch machte die Klägerin ihre Schutzwürdigkeit geltend, weil ihr Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht vorzuwerfen seien. Die Doppelzahlung beruhe auf einem technischen Versehen der Beklagten, die auch in den Jahren 1983, 1989 und 1991 Nachprüfungen der weiteren Rentenberechtigung (Anmerkung: Bezug auf das Formblatt 4.0560 "Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung" mit Fragen zum Gesundheitszustand, zu ärztlichen Behandlungen, weiteren Rentenbezügen und einer Erwerbstätigkeit) durchgeführt und auch Mitteilungen über die Rentenanpassungen gegeben habe, so dass die Klägerin annehmen durfte, die Beklagte habe Kenntnis von der Leistung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in der Form einer Doppelzahlung. Sie habe die erbrachten Leistungen auch verbraucht. Hilfsweise wurde die "Einrede der Verjährung gemäß § 45 Abs.3 SGB X" geltend gemacht; sowohl die Zweijahresfrist als auch die Zehnjahresfrist sei seit Erteilung des Bescheids vom 29.08.1983 abgelaufen. Im Übrigen liege auch ein Wiederaufnahmegrund entsprechend § 580 ZPO mangels einer Straftat des Betruges, der vorsätzliches Handeln erfordere, nicht vor.

Das Justitiariat der Beklagten erstattete hierauf Anzeige gegen die Klägerin wegen Betrugs, und die Widerspruchsstelle erteilte den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 21.11.1996. Angesprochen wurde hier u.a., dass § 45 Abs.3 SGB X einen Wiederaufnahmegrund nur entsprechend § 580 ZPO, der eine Straftat voraussetze, erfordere, und im Übrigen eine Anzeigepflicht der Klägerin gemäß § 60 Abs.1 S.2 Sozialgesetzbuch Teil I und § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Treu und Glauben aufgrund des Versicherungsverhältnisses) bestanden habe. Wer erkennbar über zehn Jahre eine Leistung zu Unrecht bezogen habe, könne sich nicht selbst auf den Grundsatz von Treu und Glauben und Gutgläubigkeit berufen. An der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen bestehe grundsätzlich ein öffentliches Interesse, und hiervon könne im vorliegenden Fall nicht abgesehen werden. Wegen der Höhe der Rückforderung liege - so bereits angeboten im Bescheid vom 01.03.1995 - Bereitschaft zur Stundung in der Form der ratenweise Tilgung vor.

Am 25.09.1996 stellte das Amtsgericht S. das Strafverfahren gegen die Klägerin wegen Betrugs gemäß § 153 Abs. 2 Strafprozessordnung in der damaligen Fassung (geringe Schuld und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung) ein, wobei es davon absah, die notwendigen Auslagen der Klägerin der Staatskasse aufzuerlegen.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München berief sich die Klägerin auf die Einstellung des Strafverfahrens und wandte sich nicht nur gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.03.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.1996, sondern begehrte erstmals darüber hinaus, dass die Beklagte ab 01.10. 1994 beide Rentenleistungen wie bisher weiterzahle und die Zahlungen auch den Rentenanpassungen unterwerfe. Die seit 1981 laufende Zahlung sei ohne Anhörung und ohne förmlichen Entziehungsbescheid eingestellt worden, eine Ermessensausübung sei auch nicht feststellbar. Die Zahlung sei nicht ohne, sondern aufgrund des nicht aufgehobenen Bescheids vom 29.12.1981 erfolgt. Außerdem habe sie, die Klägerin, Rentenanpassungsmitteilungen erhalten - vorgelegt worden sind die Anpassungsmitteilungen für beide Renten zum 01.07.1984, 01.07.1985, 01.07.1989, 01.07.1990 sowie allein für die erste Rente zum 01.07.1993 und 01.07.1994 -, die laut Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.01.1995 - 8 RKn 11/93 (SozR 3-1300 § 50 SGB X Nr. 17) als bewilligende Verwaltungsakte zu werten seien. Die Beklagte könne die Rente bei Beachtung der Zehnjahresfrist des § 45 Abs. 3 SGB X auch nicht mehr entziehen. Im Übrigen habe sie bei der Rückforderung das laut Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15.12.1992 - L 5 An 13/92 - notwendige Ermessen nicht ausgeübt.

Die Beklagte vertrat die Ansicht, die Einstellung eines Strafverfahrens gemäß § 153 Abs.2 Strafprozessordnung stehe der Annahme von Wiederaufnahmegründen (nur) entsprechend § 580 ZPO, wie es § 45 Abs. 3 SGB X anordne, nicht entgegen; im Übrigen sei laut dem BSG-Urteil vom 24.01.1995 bei Unrechtszahlungen nach § 50 Abs. 2 SGB X die Zehnjahresfrist nicht anwendbar. Ein Verwaltungsakt liege der versehentlich nicht eingestellten Rentenzahlung auch nicht zugrunde; eine Bewilligung sei auch nicht in den Rentenanpassungsbescheiden zu sehen. Bei dem Urteil des BSG vom 24.01.1995, das eine Rentenbewilligung in einem Rentenanpassungsbescheid erblickt habe, handle es sich um den Fall der versehentlichen Fortzahlung einer entzogenen Berufsunfähigkeitsrente und der Erteilung eines diesbezüglichen Rentenanpassungsbescheids und nicht um den Fall einer Doppelzahlung, bei dem vom objektiven Empfängerhorizont keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass mit Rentenanpassung noch eine zweite Rente neben der mit Rentenbescheid bewilligten Rente zuerkannt werden solle. Bei einer Doppelzahlung der Rente und der vorliegenden hochgradigen Bösgläubigkeit des zu Unrecht bereicherten Versicherten sei laut Urteil des BSG vom 25.01.1994 - 4 RA 16/92 (SozR 3-1300 § 50 Nr.16) das Ermessen auf Null reduziert.

Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 07.05.1999 kam die Klägerin der Aufforderung zur Darlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse insoweit nach, als sie laut Sitzungsniederschrift zur Einsicht eine (nicht in Kopie zur Klageakte genommene) Gewinnermittlung für das Jahr 1997 (Betriebseinnahmen aus Vermietung von 43.105 DM, Gewinn 26.044 DM) vorlegte. Im dritten Termin am 23.11.1999 schlug der Vorsitzende einen Vergleich über die Rückzahlung von lediglich 45.000 DM in Raten vor, den die Beteiligten ablehnten. Am 28.01.2000 erging ohne mündliche Verhandlung ein Urteil, mit dem der Bescheid vom 01.03.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.1996 aufgehoben und im Übrigen, d.h. die allgemeine Leistungsklage hinsichtlich Fortzahlung der im Jahre 1981 bewilligten ersten Rentenleistung, abgewiesen wurde. Das Sozialgericht war der Meinung, die Zahlung der erstmals im Jahre 1981 bewilligten Rentenleistungen sei ab 01.10.1983 ohne Rechtsgrundlage erfolgt; auch in den Rentenanpassungsmitteilungen habe keine Bewilligung gelegen. Bei Bösgläubigkeit der Klägerin und Nichtanwendbarkeit der Fristen des § 45 Abs.3 SGB X scheitere die Rückforderung daran, dass die Beklagte im Verwaltungsverfahren die Anhörung nicht wirksam durchgeführt und das notwendigerweise auszuübende Ermessen bei der Rückforderung nicht ausgeübt habe, darüber hinaus seien fünf Ermessensgesichtspunkte - zumindest drei seien gewichtig - nicht beachtet worden. Die Zahlung einer zweiten Rente ab 01.10.1994 könne die Klägerin aber nicht verlangen. Auf das vorgebrachte Fehlen eines formellen Entziehungsbescheides komme es nicht an, weil es vorausgehend an einem bewilligenden Verwaltungsakt fehle. Insofern habe die Mitteilung über die Änderung der laufenden Rentenzahlung (Renteneinstellung) vom 09.09.1994 nicht in der Form eines Verwaltungsakts mit den formalen Kriterien des § 35 SGB X ergehen müssen. Selbst wenn man hiervon abweichend von einem mangelhaft begründeten Verwaltungsakt ausgehen wollte, würde dies nicht zum Erfolg der Klage führen, denn eine Entscheidung für die Zukunft bedürfe nicht der Ausübung von Ermessen (Schrumpfung auf Null).

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, die der Kläger als Sonderrechtsnachfolger mit gleicher Begründung wie in erster Instanz fortführt. Die Beklagte begründet die von ihr ebenfalls eingelegte Berufung damit, dass wegen des Sachverhalts, insbesondere wegen der in den Jahren 1981 und 1983 erteilten Bescheide, grob fahrlässige Unkenntnis in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der Doppelzahlung vorliege und laut Urteilen des BSG vom 25.01.1994 - 4 RA 16/92 - und vom 24.10.1996 - 4 RA 27/95 - ein Ermessen nicht auszuüben sei, zumindest dann nicht, wenn der Betroffene spätestens im Widerspruchsverfahren nichts zu einem existenzvernichtenden Eingriff vorgetragen habe. Ein Amtsverschulden sei vorliegend unbeachtlich (BSG vom 22.03.1990 - 7 RAr 112/88 in SozR 3-1300 § 45 Nr. 2). Der Doppelzahlung liege auch wegen der Rentenanpassungsmitteilung nicht ein Verwaltungsakt in der Form einer Grundentscheidung über die Bewilligung von Rente zugrunde.

Nach zeitweiligem Ruhen des Rechtstreits wegen des Todes der Klägerin und Klärung der Rechtsnachfolge - mittlerweile wurde dem Kläger große Witwerrente bewilligt (Bescheid vom 12.01.2001) - hat der Senat bei bereits vorliegender Versichertenakte der Verstorbenen noch die Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht R. , Zweigstelle S. (132 Js 92266/96) beigezogen. Bis zum Termin der mündlichen Verhandlung am 04.08.2005 hat der Kläger die ihm abgeforderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre von 1983 bis 1994 nicht vorgelegt, sondern zunächst nur eine Gewinnermittlung für die steuerpflichtige Ehefrau nach § 4 Abs. 3 EStG für das Jahr 1997 und dann mehrere Gewinnermittlungen für vereinzelte Jahre des Zeitraumes 1983 bis 1995. Hieraus ergaben sich u.a. Betriebseinnahmen aus gewerblichen Mieten mit Mehrwertsteuer und aus Mieterträgen nach § 4 Nr. 12a Umsatzsteuergesetz sowie ein Anlagenrestwertverzeichnis, Gebäudeabschreibungen und Umsatzsteuerberechnungen als mögliche Hinweise darauf, dass die Klägerin anstelle von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung solche aus gewerbsmäßiger bzw. selbständiger Tätigkeit gehabt haben könnte. Der Kläger erklärt hierzu, dass die Ehefrau - Miteigentümerin an einem gemeinsam erbauten Haus- Einkünfte aus Vermietung eines weiteren geerbten Hauses mit drei Wohnungen und einem Ladengeschäft gehabt habe.

Die Beklagte beantragt, das Urteil vom 28.01.2000 aufzuheben, soweit darin der Bescheid vom 01.03.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.1996 aufgehoben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Der Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Verstorbenen nimmt die Berufung hinsichtlich der Weiterzahlung der mit Bescheid vom 29.12.1981 ehemals bewilligten Rente für die Zeit ab 01.10.1984 zurück und beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechts- züge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands im Einzelnen, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten, wird hierauf sowie auf die beigezogenen Akten und Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 ff, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Zu Recht hat diese einen Betrag von 58.253,22 DM zurückgefordert. Gemäß § 50 Abs.2 SGB X sind Leistungen zu erstatten, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, und §§ 45 bis 48 SGB X gelten entsprechend.

Die aufgrund der Rentenbewilligung vom 29.12.1981 ehemals gezahlten monatlichen Beträge sind ab 01.10.1983 ohne Rechtsgrund geleistet worden. Über den Neufeststellungsbescheid vom 29.08. 1983 hinaus bedurfte es keines weiteren "formellen" Rücknahme- oder Aufhebungsbescheids, gleich ob der Bewilligungs- und Neufeststellungsbescheid vom 29.08.1983 (auch) als Rücknahmebescheid im Sinne von § 44 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen, teilweise nicht begünstigenden Verwaltungsakts hinsichtlich der Ablehnung eines höheren Zahlbetrags) gesehen wird oder als endgültiger (erster) Rentenbescheid im Anschluss an einen hinsichtlich der Rentenhöhe nur vorläufig erteilten Bescheid vom 29.12.1981.

Zum Regelungssatz eines Rentenbewilligungsbescheides gehören u.a. Rentenart, Rentenbeginn und Höhe des Zahlbetrags. Soweit es den Zahlbetrag anbelangt, ist die Festsetzung im Bescheid vom 29.12.1981 zugunsten der Klägerin rückwirkend mit Bescheid vom 29.08.1983 abgeändert (und insoweit ersetzt) worden, als von Anbeginn ein höherer Betrag festgelegt worden ist. Hier handelt es sich nicht um die Bewilligung einer zweiten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von 467,50 DM monatlich ab 01.09.1981 bei Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts über eine erste Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von 350,90 DM monatlich, sondern um eine rückwirkende Abänderung einer Entscheidung über dieselbe Rente nur hinsichtlich des Zahlbetrags und allenfalls noch um die Rücknahme eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsaktes insoweit, als mit Bescheid vom 29.12.1981 ein höherer Zahlbetrag vorerst abgelehnt worden ist (§ 47 Abs.1 SGB X). Der Denkansatz, dass der Verwaltungsakt vom 29.12.1981 als begünstigender Verwaltungsakt im Ganzen oder in dem begünstigenden Teil zurückgenommen werden müsste - dies wäre nach § 45 SGB X nur möglich bei rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakten - geht von vornherein ins Leere, weil der Zahlbetrag von 350,90 DM laut Bescheid vom 29.12.1981 keine Leistung darstellt, die der Klägerin zu Unrecht gewährt worden ist.

Im Übrigen geht aus dem Regelungssatz des Bescheides vom 29.08. 1983 eindeutig hervor, dass es sich lediglich um die rückwirkende Abänderung der Rentenzahlbeträge zugunsten der Klägerin handelt, nicht um die Gewährung einer zweiten Rente oder einer irgendwie gearteten Teil- oder Zusatzrente. Dies ergibt sich aus dem sehr klar formulierten Bescheidstext und der detaillierten Gegenüberstellung der alten und neuen Zahlbeträge im Zeitraum vom 01.09.1981 bis 30.09.1983 sowie der Festlegung eines einzigen laufenden Zahlbetrags von 516,80 DM ab 01.10.1983.

In den der Klägerin zugegangenen Rentenanpassungsmitteilungen liegt auch kein Verwaltungsakt im Sinne einer Grundentscheidung über die Bewilligung einer zweiten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Es ist zwar anerkannt, dass Rentenanpassungsmitteilungen trotz ihrer Formlosigkeit Verwaltungsakte darstellen, allerdings nur mit einem beschränkten Regelungsgehalt. Hinsichtlich der Gewährung einer Rente dem Grunde nach fehlt es bereits an den notwendigen Mindestvoraussetzungen der Zuerkennung eines nach Art, Wert und Dauer umschriebenen subjektiven Rentenrechts (Regelung über Rentenart, Rentenhöhe, Beginn und Dauer der zuerkannten Rente - vgl. BSG vom 23.03.1999 - B 4 RA 41/98 R in SozR 3-1300 § 31 Nr. 13 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Mitteilungen über die Rentenanpassung beinhalten demgegenüber als solche nur eine Teilregelung hinsichtlich der zukunftsgerichteten Wertfortschreibung eines anderweitig bereits zuerkannten Rechts, betreffen lediglich die Abänderung der wertmäßigen Bestimmung (Rentenhöhe) des betroffenen Rentenrechts. Sie setzen eine einschlägige Vorregelung des in Erfüllung eines Einzelanspruchs jeweils höchstens zu zahlenden Betrags wie auch die Zuerkennung des entsprechenden Rechts nach Art und Dauer überhaupt unabdingbar voraus. Weder wiederholen sie demgemäß frühere Regelungen noch begründen sie ihrerseits das anzupassende Recht neu (BSG vom 23.03.1999, a.a.O.). Als umfassender, d.h. alle für Entstehen und Zahlbarkeit von Einzelansprüchen auf Rente konstituierender Bescheid (und in diesem Sinne Verwaltungsakt nach § 50 Abs.1 SGB X) kann ein Anpassungsbescheid allein nicht in Betracht kommen. Allein auf dieser Grundlage geleistete Zahlungen sind demgemäß rechtsgrundlos im Sinne von § 50 Abs.2 SGB X erbracht. Anpassungsregelungen ohne (bzw. bei Wegfall) des "Grundbescheides" sind mangels Existenz eines zu erhöhenden Zahlungsanspruchs von vornherein ohne sachlichen Anwendungsbereich und gehen notwendig ins Leere, sind also gemäß § 40 Abs.1 SGB X nichtig.

Eine über die Anpassung hinausgehende Regelung in einer Rentenanpassungsmitteilung ist nur in zwei Fällen denkbar. Einmal kann die Mitteilung zusätzliche Regelungen eines den Anspruch betreffenden Sachverhalts enthalten, wie das BSG im Urteil vom 02.03.1983 - 9a RV 32/82 (Versorgungsblatt 1983, 81) entschieden hat. Hier wurde nach Gewährung einer Versorgungsrente und einkommensabhängiger Leistungen mit einem vorläufigen Bescheid in einer darauf folgenden Rentenanpassungsmitteilung das vom Kläger erzielte (und gegebenenfalls anzurechnende) Einkommen als "Einkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit" geführt, hingegen in einem späteren Bescheid rückwirkend als "übrige Einkünfte gemäß § 33 Abs.1 Buchst.a BVG" gewertet, was für den Kläger ungünstiger war. Die Anführung der Einkünfte als "Einkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit" in der Rentenanpassungsmitteilung hatte das BSG als begünstigenden Verwaltungsakt angesehen, der nicht mehr mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne. Vorliegend enthalten aber die der Klägerin von der Deutschen Bundespost zugesandten Anpassungsmitteilungen keine Bescheidszusätze, die über eine Anpassung hinausgehen. Es ist lediglich ersichtlich, dass unter der "Postabrechnungs- und Postrentennummer 970/55171143B508/11", der "Leistungsart: Erwerbsunfähigkeitsrente" und der "Anlass der Mitteilung: Rentenanpassung zum 01.07.1984" der Rentenbetrag, der Beitragsanteil zur Krankenversicherung und der auszuzahlende Betrag mit bisherigen und neuen Monatsbeträgen beziffert worden sind. Zusätzliche Teilregelungen hinsichtlich der Rentenhöhe, geschweige denn einer Rente dem Grunde nach, sind nicht vorhanden.

Eine zweite Ausnahme hinsichtlich des sehr beschränkten Regelungsgehalts der Anpassungsmitteilung wird dann zu machen sein, wenn aus der insofern maßgeblichen Sicht des Empfängers ausnahmsweise im Zusammenhang mit den Einzelfallumständen nach Treu und Glauben über die genannte Anpassungsregelung hinaus - objektiv - ein weitergehender bzw. andersartiger Verwaltungsakt verlautbart worden ist bzw. so verstanden werden kann, dass damit (auch) das Recht auf Rente bewilligt und dessen Höhe (erstmals!) selbst festgestellt worden ist. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Die Klägerin hat, wie sie im Termin vor dem Strafgericht am 25.09.1996 einräumte, die in den Jahren 1981 und 1983 erteilten Rentenbescheide erhalten, und der Bescheid vom 19.08. 1983 war so abgefasst, dass auch ein unkundiger Laie ohne weiteres verstehen konnte, dass nur eine einzige hinsichtlich der Rentenhöhe korrigierte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlt werde. Dies entspricht nicht nur der gesetzlichen Lage; ein Erfahrungssatz, dass Versicherte oder auch nur ein Teil dieser Gruppe gegebenenfalls der begründeten Auffassung sind, sie könnten zwei Renten wegen desselben Versicherungsfalls Erwerbsunfähigkeit beziehen, ist nicht bekannt, und eine Abweichung von der rechtlichen Sicht wie auch von der aus laienhaftem Verständnis begründeten generellen Auffassung vom Bezug einer einzigen Rentenart konnte von der Klagepartei auch nicht dargelegt werden.

Die vom Klägerbevollmächtigten beim Sozialgericht und gegenüber dem Strafgericht angegebenen Rentenkontrollen vermögen nichts hinsichtlich eines Glaubens an den berechtigten Bezug zweier Renten beizutragen. Aus den in den Akten der Beklagten abgehefteten Formblättern zur Rentenkontrolle geht eindeutig hervor, dass die Prüfung der Voraussetzungen zum Bezug einer Rente sich auf das Fortbestehen der Erwerbsunfähigkeit und auf eventuelle Änderungen der vom Versicherten erzielten Einkünfte bezog.

Sonstige Anhaltspunkte zugunsten des klägerischen Anspruchs sind nicht ersichtlich. Der Kläger kann sich auch nicht auf das Urteil des BSG vom 24.01.1995 - 8 RKn 11/93 - berufen. Dort ging es darum, dass eine seit 1972 gewährte Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit mit Wirkung ab 01.04.1978 durch einen förmlichen Bescheid entzogen und die hiergegen erhobene Klage wegen fehlender Erfolgsaussichten im sozialgerichtlichen Erörterungstermin am 31.10.1978 zurückgenommen wurde; die Beklagte zahlte die Rente versehentlich ab 01.04.1978 bis zum Jahre 1988 weiterhin aus und erteilte selbst - nicht über die Bundespost - Anpassungsmitteilungen. Der 8. Senat vertrat in seinem Urteil vom 24.01.1995 ebenfalls die Auffassung, dass Mitteilungen der Rentenversicherungsträger über Rentenanpassungen Verwaltungsakte seien, aber regelmäßig nichts darüber aussagten, ob den Betroffenen die Leistung zustehe oder nicht zustehe (Verweisung auf BSG-Urteil vom 22.06. 1988 in SozR 1300 § 48 Nr.49 m.w.N.). Bei fehlendem Rechtsgrund müsse aber eine Auslegung der Anpassungsmitteilung aus dem objektivierten Empfängerhorizont heraus erfolgen. Die erste von mehreren Rentenanpassungsmitteilungen zur Knappschaftsrente habe der Kläger nur dahin verstehen können, dass er - wieder oder weiterhin - Rente ab 1979 erhalten solle. Nicht berücksichtigt werden dürfe der Einwand, dass die Rentenanpassungsmitteilung keinen Regelungsgehalt habe, weil kein Rentenbewilligungsbescheid zugrundegelegen habe, und dass der Kläger dies gewusst habe. Das Schwergewicht der Auslegung müsse nicht auf dem subjektiven Erkenntnisstand des Empfängers liegen, sondern auf der Aussage der Rentenanpassungsmitteilung. Diese sei aber deswegen dahingehend zu verstehen gewesen, dass die Beklagte dem Kläger die angekündigten monatlichen Zahlungen als Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit leisten werde, weil die Mitteilung anderenfalls im Widerspruch zur bestandskräftigen Rentenentziehung zum April 1978 gestanden hätte. Die dann folgenden Rentenanpassungsmitteilungen für die Jahre ab 1980 hätten sich demgegenüber auch aus dem Horizont des Empfängers wiederum auf den Anpassungsbetrag beschränkt.

Die Annahme eines dem Grunde nach bewilligenden Verwaltungsakts durch den 8. Senat im Urteil vom 24.01.1995, eine Einzelfallentscheidung, die später vom 8. Senat und anderen Senaten des BSG nie bestätigt wurde, vermag den jetzt entscheidenden Senat nicht zu überzeugen. Wird der objektive Empfängerhorizont (richtigerweise) weit gefasst und bezieht die Tatsachen auch außerhalb der Rentenanpassungsmitteilung ein, so konnte ein unbefangener, aber mit der Sach- und Rechtslage im Wesentlichen vertrauter redlicher Empfänger der Leistung anstelle der Klägerin in Kenntnis aller Begleitumstände bis und bei Zugang der Anpassungsmitteilung (vgl. Palandt, BGB, 59. Auflage, Randziff.9 und 15 zu § 133) erkennen, dass die Anpassung einer nicht bewilligten Leistung erfolgt ist, und kein Verwaltungsakt über die Weiterzahlung und - mangels eines folgenden Rentenantrags und Rentenverfahrens - über die Wiederzahlung vorliegt. Wird aber der objektive Empfängerhorizont zu Unrecht auf den Inhalt der Rentenanpassungsmitteilung eingeschränkt, so lässt sich auch aus dieser - genauso wie aus den folgenden Rentenanpassungsbescheiden - nur erkennen, dass eine bereits gezahlte Leistung angepasst und nichts zu dem Rechtsgrund der bisherigen Zahlungen ausgesagt wird, also kein Regelungssatz im Sinne der Bewilligung oder Wiederbewilligung oder wiederholten Bewilligung vorliegt. Zurückgegriffen kann dann eben wiederum nicht, wie es der 8. Senat tat, auf Tatbestände außerhalb des Rentenanpassungsbescheids ("ansonsten bestehe ein Widerspruch zur bestandskräftigen Rentenentziehung"); sowohl die Tatsache einer Rentenbewilligung als auch einer Entziehung dürfen dann nicht für das Verständnis vom objektiven Empfängerhorizont herangezogen werden.

Im Übrigen ist auch die Begründung des 8. Senats aus anderen Gründen schwer nachvollziehbar. Wenn der "objektive Dritte" Rentenentziehung und die folgende Rentenanpassungsmitteilung kennt, wird er eher einen Widerspruch zwischen dem entziehenden Bescheid und der Anpassungsmitteilung annehmen und jedenfalls nicht die Weiter- oder Wiederbewilligung in der Anpassungsmitteilung, zumal hierin objektive Daten (Beginn der erneuten Rente?, Zeit- oder Dauerrente?) fehlen und die Begleitumstände (erfolgte ein erneuter Antrag und eine erneute Bewilligung?) unbekannt sind bzw. nach Ansicht des 8. Senats sein sollen. Geht ein objektiver Dritter jedoch von der Richtigkeit des Entziehungsbescheids und der Rentenanpassungsmitteilung aus (damit besteht zwischen beiden Tatbeständen kein Widerspruch), wird er allenfalls vermuten, dass zwischen beiden Tatbeständen eine erneute Bewilligung erfolgt ist, aber nicht annehmen können, in der Rentenanpassungsmitteilung selbst läge erst die (zweite) Rentenbewilligung.

Die Meinung des 8. Senats vermag daher in keiner Weise zu überzeugen. Sie ist aber auch nicht auf anders gelagerte Fälle übertragbar (vgl. Urteil des 4. BSG-Senats vom 23.03.1999 zu dem Fall, dass eine Waisenrente wegen zu hohen Einkommens - mit Kenntnis des Waisen - kraft Gesetzes, also ohne Aufhebungsbescheid, wegfiel, aber weitergezahlt wurde und insoweit auch Anpassungsmitteilungen ergingen); die Vergleichbarkeit fehlt bereits deshalb, weil es erkennbarer Ausdruck der knappschaftlichen Besonderheit ist, dass die Rentenanpassungsmitteilungen von dem Versicherungsträger Bundesknappschaft selbst erstellt wurden und dort demgemäß eine andere Typusbildung veranlasst sein kann; auch das Ergebnis der Auslegung von Verwaltungsakten ist stets Ausdruck einer mit jedem neuen Sachzusammenhang erwachsenen spezifischen Differenzierungs- und Bedeutungsdimension und kann demgemäß darüber hinaus keine Verbindlichkeit beanspruchen. Zu diesem vom 4. BSG-Senat angesprochenen Gedanken ist noch anzufügen, dass der genaue Wortlaut der damaligen Anpassungsmitteilung im Urteil des 8. BSG-Senats vom 24.01.1995 nicht angeführt und damit eine nähere Würdigung nicht möglich ist.

Im jetzigen Streitfall der Doppelzahlung liegt der zu entscheidende Sachverhalt jedenfalls wesentlich anders und darüber hinaus besonders eindeutig. Niemand kann vernünftigerweise von einem objektiven Empfängerhorizont aus annehmen, dass eine von zwei gleichzeitig ergangenen Rentenanpassungsmitteilungen eine verbindliche Regelung über die Gewährung einer zweiten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit enthält. Die Anpassungsmitteilungen stehen - bei gleicher Versicherungsnummer und gleichem Rechtsträger - hinsichtlich der alten wie auch neuen Zahlbeträge zueinander in offensichtlichem Widerspruch, so dass bei isolierter Betrachtung nicht ersichtlich ist, was richtig und was falsch sein kann und welche der Anpassungsmitteilungen ausnahmsweise eine verbindliche Regelung über die Bewilligung einer Rente enthalten soll und welche nicht. Allein die objektive Mehrdeutigkeit und das Fehlen von weiteren Fakten, z.B. über den Rentenbeginn oder andere rentenbegründende Umstände, verhindert den Eindruck, dass neben der bloßen Zahlung einer angepassten Rente die Bewilligung und Anpassung einer zweiten Rente gleicher Art erfolgt ist. Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Begleitumstände, hier den Neufeststellungsbescheid vom 29.08.1983, zurückzugreifen (auch der 8. BSG-Senat zieht bei nicht zutreffender Wertung des Bereichs des objektiven Empfängerhorizonts letztlich den dem Anpassungsbescheid vorausgehenden Entziehungsbescheid heran). Hieraus ergibt sich die Abrechnung der früheren und der berichtigten Zahlbeträge von September 1981 bis September 1983 und die Tatsache, dass ab 01.10.1983 nur noch der Zahlbetrag von 516,80 DM und nicht mehr der von 387,90 DM Geltung haben soll, mithin es um die Änderung einer einzigen Rente und nicht um die Zahlung zweier Renten oder einer Rente in der Form von zwei Zahlbeträgen ging. Die Nennung der früheren und neuen Zahlbträge (387,90 DM und 516,80 DM) in zwei Rentenanpassungsmitteilungen lässt nur eine Wertung der Unrichtigkeit und des Versehens zu und kann nicht in begründeter Weise bei verständiger Würdigung den Eindruck erwecken, die Beklagte habe, sei es willentlich oder unbewusst bzw. irrtümlich, zwei Erwerbsunfähigkeitsrenten bewilligen wollen. Mehr als die Vorstellung, es seien zwei aus unverständlichen Gründen bisher tatsächlich gezahlte Rentenbeträge gleicher Rentenart angepasst worden, konnte nie entstehen.

Die Rückforderung der in der Vergangenheit gezahlten Beträge ist zulässig. Die Beklagte hat dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen unternommen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt für die Vergangenheit rechtfertigen würden (§ 45 Abs.4 S.2 SGB X). Diese Frist gilt entsprechend bei Rückforderung von ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachten Leistungen (§ 50 Abs. 2 SGB X).

Die Zwei- oder Zehnjahresfrist des § 45 Abs.3 ist aber nicht entsprechend anwendbar auf Leistungen, die hier zum Zeitpunkt der Rückforderung (01.03.1995) wegen des Leistungszeitraums vom 01.10.1983 bis 30.09.1994 zum größten Teil noch innerhalb und im Übrigen außerhalb der Zehnjahresfrist erbracht worden wären. Die "Rigorosität" des § 50 Abs. 2 SGB X ("sind ... zu erstatten", d.h. auch, die Beklagte muss zurückfordern) wird durch den in § 45 enthaltenen Vertrauensschutz und gegebenenfalls eine Ermessensausübung abgemildert. § 45 Abs. 3 SGB X enthält aber eine Sonderregelung für rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte, bei deren Vorhandensein der Gesetzgeber dem Versicherten einen höheren Schutz zubilligt als anderen Leistungsempfängern. Bei einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung steht bereits der Ablauf bestimmter Fristen einer Rücknahme entgegen. Die reine Weiterzahlung einer Leistung ohne zugrundeliegenden Verwaltungsakt hat keine ähnliche Bedeutung und Wirksamkeit, denn die schlichte, wenn auch wiederholte Zahlung einer Leistung macht keine in die Zukunft weisende Aussage und bietet insoweit keine Rechtssicherheit (BSG vom 24.01.1995 und 23.03.1999, a.a.O.).

Ein schutzwürdiges Vertrauen, u.a. wegen des von der Klägerin behaupteten Leistungsverbrauchs oder wegen (nicht vorgetragener- nicht, weil die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Zahlungen kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 i.V.m. § 50 Abs. 2 SGB X). Auch ein unbedarfter Laie kann bereits - entsprechend der Rechtslage und einem allgemeinen Verständnis - erkennen, dass er nicht von demselben Versicherungsträger, nachdem er schon (hier seit 1981) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erhalten hat, gesondert hiervon später (1983) eine zweite Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erhalten kann, zumal bereits vom Sachverhalt her nicht der geringste Anhaltspunkt für eine Berechtigung zur Doppelleistung vorhanden ist. Außerdem war aus den Rentenanpassungsmitteilungen erkennbar, dass hier zwei Zahlungen erfolgten, und deutlich war auch, dass jeweils eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit angepasst werden sollte. Aus einer Mitteilung konnte die Klägerin die Zahlbeträge der ehemals bewilligten Rente u.a. (387,90 DM ab 01.07.1983) und der neufestgestellten Rente u.a. (516,80 DM ab 01.07.1983) ersehen, wie sie sich auch aus ihren Kontoauszügen ergaben; für jedermann lag die Erkenntnis auf der Hand, dass zwei Jahre nach Zahlung einer Rente es nicht plötzlich zur berechtigten Zahlung zweier Renten kommen konnte und ein Versehen vorliegen musste. Diese Erkenntnis drängte sich im Übrigen bereits vor Ergehen der ersten Rentenanpassungsmitteilung, unmittelbar ab Erteilung des Bescheides vom 29.08.1983 auf, weil in diesem Bescheid klar und deutlich unter Angabe des Grundes die rückwirkende Änderung der Zahlbeträge einer einzigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geregelt ist, wobei erkenntlich die Zahlungen für die Vergangenheit abgerechnet worden sind und nur ein einziger Zahlbetrag als ab 01.10.1983 geltend angeführt ist. Bei Identität der genannten Zahlbeträge mit den von der Klägerin aus ihren Kontoauszügen zu ersehenden identischen Zahlbeträgen (und auch aus den Rentenanpassungsmitteilungen hervorgehenden identischen Summen) gab es im Zusammenhang mit dem eindeutigen Text des Bescheids vom 29.08.1983 nur das Wissen zumindest entsprechend eines Dolus eventualis, dass die Beklagte versehentlich zwei Zahlungen leistete und damit die vormals festgesetzte Rente zu Unrecht gezahlt wurde. Allein mit dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ist es nach Auffassung des Senats nicht getan. Die Klägerin hat 1981 und 1983 zwei auch für Laien eindeutig formulierte Rentenbescheide erhalten, was sie auch in ihrer Vernehmung beim Strafgericht S. zugestanden hat. Bereits aus ihren Kontoauszügen konnte sie ersehen, dass abweichend hiervon zwei Zahlbeträge geleistet worden sind. Sie hat weiterhin tatsächlich erkannt, dass zwei Rentenzahlungen liefen, wie aus der Einlassung beim Strafgericht S. hervorgeht, dass sie ja beide Beträge bei der Steuer angegeben habe (wobei dies, falls zutreffend, wohl auf den bereits im Jahre 1981 in der Rentenakte ersichtlich werdenden Steuerberater Loibl zurückgehen dürfte). Die Steuerehrlichkeit selbst schließt aber nicht die Erkenntnis des Unrechtbezugs aus. Gegenüber der Finanzverwaltung musste die Klägerin kraft Gesetzes selbständig eine wahrheitsgemäße Erklärung abgeben, die wegen der milden Besteuerung des Ertragsteils der Rente (16 %) keine wesentlichen Nachteile brachte. Gegenüber dem Rentenversicherungsträger bestand aber von vornherein keine Handlungspflicht, und so konnte man ja zunächst zuwarten. Dies gilt auch hinsichtlich der von der Beklagten angestellten Kontrollen der Rentenberechtigung mit den Formularbögen 4.0560, in denen nach den Bezügen einer weiteren Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der knappschaftlichen Rentenversicherung oder aus der Unfallversicherung gefragt worden ist, aber aus verständlichen Gründen nicht nach dem unwahrscheinlichen Fall des Doppelbezugs derselben Rente seitens des Trägers der Angestelltenrentenversicherung. Formal hat die Klägerin richtig mit "nein" geantwortet, obwohl eher der Eindruck bestand, dass die Beklagte über alle Einkünfte informiert werden wollte. Ebenfalls konnte auch hier nur der Eindruck entstehen, die Beklagte prüfe nicht die Voraussetzungen einer Rente dem Grunde nach, d.h. die ehemalige Bewilligung, nach, sondern nur das Fortbestehen der einmal bejahten Voraussetzungen einer einzigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, und zwar nur hinsichtlich medizinischer Tatbestände und aller seit Bewilligung von der Klägerin erzielten Einkünfte. Irgendein Vertrauensbestand wurde mit diesen "Rentenkontrollen" nicht geschaffen.

Die Erkenntnis der Klägerin vom Zustehen einer einzigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit war bereits mit Erhalt des Bescheides vom 29.08.1983 anzunehmen. Zu erwarten ist ohne weiteres bei Laien, auch bei der darin wieder enthaltenen Gruppe mit ein- fach strukturierten Personen, dass sie ein behördliches Schreiben zur Kenntnis nehmen, also sich informieren, worum es geht. Ohne weiteres war der Text des Bescheids vom 29.08.1983 zu verstehen. Hier ist bereits auf den ersten eineinhalb Seiten in großer Schrift und bei allgemein verständlichem Text zu lesen, worum es geht; die Befassung mit der Anlage 1 (Rentenberechnung) zum Bescheid war für das Begreifen der vorliegenden grundsätzlichen Tatbestände nicht erforderlich.

Die Klägerin hat im Verwaltungs- und Rentenverfahren nie abgestritten, den Bescheid vom 29.08.1983 gelesen zu haben. Das alleinige pauschale Vorbringen über eine Gutgläubigkeit, die später vor allem wegen der Rentenanpassungsmitteilungen geltend gemacht worden ist, stellt für sich eine rechtliche Wertung, eine Schlussfolgerung dar und ersetzt weder den substantiierten Vortrag eines fundierten Sachverhalts noch beinhaltet er das Bestreiten einzelner Tatbestände; der Schluss auf eine Gutgläubigkeit könnte ja trotz Lesens des Bescheids vom 29.08.1983 gezogen werden.

Die subjektiven Voraussetzungen einer Bösgläubigkeit im Sinne von § 45 Abs.2 S.3 Nr.3 SGB X liegen ebenfalls vor. Die Klägerin war, wenn auch ohne Ausbildung, zehn Jahre als Verkäuferin tätig und hatte im Gegensatz zu vielen anderen Arbeitnehmern beruflich mit Zahlungsvorgängen und Rechnungen zu tun, so dass ein Grundverständnis zum Begreifen finanzieller Vorgänge nicht abgestritten werden kann. Hinzu kommt, dass sie in der Lage gewesen ist, einen "Geschäftsbetrieb" (Vermietung von drei Wohnungen und eines Ladengeschäfts) zu führen oder hieran zumindest mitzuwirken, wie der Ehemann in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte; aufgrund der dargelegten Einnahmen und Ausgaben (Gewinnermittlung) ist davon auszugehen, dass es sich nicht nur um die gelegentliche Vermietung in geringem Umfange handelte und daher erheblich vermehrt Zahlungsvorgänge und Rechtsangelegenheiten anfielen, mit denen die Klägerin zwangsläufig (auch) befasst gewesen ist.

Aus den Vorgängen über mehrere Rentenüberprüfungen der Beklagten ist ferner zu entnehmen, dass die Klägerin in der Lage war, einen drei Blatt umfassenden umfangreichen Fragenkatalog zu verstehen und persönlich vollständig und genau mit Daten zu beantworten, wobei sogar eigene Formulierungen auftauchen (zur eventuellen Änderung ihrer Krankheit in den letzten zwei Jahren hat die Klägerin unter dem 20.10.1983 angegeben: "Insofern ich nicht mehr zur Dialyse muss"). Aus den von der Beklagten beigezogenen ärztlichen Unterlagen für den Zeitraum 1981 bis 1991 ergeben sich eine Niereninsuffizienz und eine Nierentransplantation im November 1982, als im Laufe der Jahre zunehmende Nebenbefunde ferner ein Carpaltunnelsyndrom der rechten Hand, Lumbalgien bzw. chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom, Schwellung der Beine und etwas überhöhter Bluthochdruck, aber keinerlei Gesundheitsstörungen, die die geistigen Fähigkeiten der Klägerin (Erkenntnisfähigkeit und Möglichkeit der entsprechenden Willensbildung) beeinträchtigen könnten. Vielmehr findet sich im Krankenbericht des Hauptkrankenhauses D. vom 06.06.1989 nebenbei die Bemerkung, die Klägerin sei (trotz im Jahre 1989 beginnender Verschlechterung des seit 1982 kompensierten Nierenleidens) bewußtseinsklar und in allen Qualitäten ausreichend orientiert.

Letzlich vermochte den Senat der Vortrag der Klägerin im Strafverfahren nicht zu überzeugen. So hat sie sich dort damit entschuldigt, dass sie sich wegen ihrer Krankheit nicht informiert habe. Unmittelbar hierauf ist im Protokoll festgehalten: "Ich habe den Rentenbescheid (gemeint vom 29.08.1983) bekommen, ich war monatelang im Krankenhaus". Hier sollte mit vagen und zeitlich unrichtigen Behauptungen der Eindruck erweckt werden, wegen schwerer Krankheit habe sich die Klägerin nicht um ihre Angelegenheit gekümmert oder kümmern können. Dies ist aber durch die ärztlichen Befunde und Berichte in der Versichertenakte widerlegt. Die Klägerin litt wegen Schrumpfnieren beidseits, rechts mehr als links an zunehmenden Nierenversagen, so dass eine Dialyse notwendig war und nach mehreren Jahren im November 1982 eine Nierentransplantation rechts erfolgte. Der Zustand der Klägerin, sie war immerhin noch mobil, besserte sich hierauf, so dass die Dialyse nicht mehr erforderlich war und im Übrigen bis zum Jahre 1989 ein guter Allgemeinzustand vorlag. Stationäre Krankenaufenthalte nach 1982 bis mindestens 1989, als eine Verschlechterung des Nierenleidens eintrat (nunmehr grenzkompensierte Niereninsuffizienz 1989 und reduzierter Allgemeinzustand sowie Schwindel, Angstgefühle, Schulter-Arm-Syndrom im Jahre 1991), fanden nicht statt, sondern nur zahlreiche ambulante Kontrolluntersuchungen in Krankenhäusern in M. und zuletzt auch in D ...

Mithin lag gerade im Jahre 1983, als die Klägerin den Bescheid vom 29.08.1983 erhielt, und in den Folgejahren ein gebesserter Gesundheitszustand vor, der allenfalls die Klägerin an vollschichtigen leichten körperlichen Arbeiten hinderte, aber nicht geeignet war, Wissens- und Willensbildung, auch nicht zeitweilig, zu beeinträchtigen. Aus dem irreführenden Vortrag der Klägerin im Strafverfahren leitet der Senat unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ab, dass die Klägerin nicht nur der Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis des Unrechtsbezugs trifft, sondern Erkenntnis entsprechend einem Dolus eventualis (zumindest das Bewußtsein, dass die Doppelzahlung wahrscheinlich zu Unrecht erfolgte) vorlag und die Klägerin dies mit widerlegbaren unrichtigen Behauptungen verdecken wollte.

Eine Ermessensentscheidung bei der Rückforderung der Überzahlung musste die Beklagte nicht treffen. Im Bescheid vom 01.03. 1995 ist zwar - nach Auffassung des Senats entgegen der Ansicht des Sozialgerichts - in hinreichendem Umfang Ermessen ausgeübt worden; der Widerspruchsbescheid hat diesen Bescheid unter Anführung von Einzelheiten bestätigt, aber letztlich ausgesprochen, dass die Ausübung von Ermessen nicht notwendig sei. Bei seiner Auffassung stützt sich der Senat vor allem auf die Ansicht des BSG im Urteil vom 25.01.1994 - 4 RA 16/92 (SozR 3-1300 § 50 Nr. 16, bestätigt durch Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 27/95 in Zfs 1997, 48). Bei bösgläubig Bereicherten, die keinen Vertrauensschutz genießen, ist naturgemäß auch die Ermessensausübung eingeschränkt, und es bestehen in der Regel keine billigenswerten Interessen des Versicherten, das Erlangte ganz oder teilweise zu behalten. Darüber hinaus liegt nicht nur grobe Fahrlässigkeit der Klägerin vor, sondern zumindest ein besonders schwerwiegender Fall der groben Fahrlässigkeit (Nichtwissen) und nach Überzeugung des Senats darüber hinaus Wissen im Sinne eines "Dolus eventualis". Demgegenüber kann das Verschulden der Beklagten von vornherein zurücktreten. Bei einem offensichtlich und klar zu Tage liegendem öffentlichen Interesse an der Rücknahme und fehlendem Vertrauensschutz sowie darüber hinaus einem besonders schwerwiegenden Fall der Bösgläubigkeit bliebe eine Ermessensbegründung nur zu fordern, wenn die Klägerin einen Sachverhalt für entscheidungsrelevante Ermessensgesichtspunkte selbst bis zur Beendigung des Widerspruchsverfahrens vorgetragen hätte. Zu eigenständigen Ermittlungen ins Blaue hinein war die Beklagte nicht verpflichtet. Damit ergaben sich vorliegend keine zugunsten der Klägerin eventuell abzuwägenden Umstände. Die Härte, die in jeder Rückforderung liegt, muss außer Betracht bleiben. Zu einem in der Rückforderung eventuell liegenden existenzvernichtenden Eingriff - dies sollte ohnehin nicht im Rahmen des § 50 Abs.2 SGB X, sondern bei der anschließenden und gesondert zu sehenden Frage der Niederschlagung oder Stundung eine Rolle spielen - hat die Klägerin nichts vorgetragen. Auch ein sonstiger Vortrag über beachtenswerte Interessen fehlt, obwohl sie im Widerspruchsverfahren anwaltlich vertreten war. Über Behauptungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X, die außerhalb des Ermessensbereichs liegen, ging das Vorbringen nicht hinaus.

Auf einen fehlerhaften Nichtgebrauch des Ermessens kann aber nur geschlossen werden, wenn eine Begründung und Abwägung überhaupt rechtlich geboten waren. Weist ein Bösgläubiger, der einen Ermessensmangel rügt, nicht rechtzeitig auf beachtenswerte und noch nicht aktenkundige Gesichtspunkte hin, kann und muss nicht von der Beklagten oder deren Widerspruchsstelle entschieden werden, ob ein Ausnahmefall von der grundsätzlich anzunehmenden Pflicht zur Rückzahlung vorliegt und wie das Ermessen gegebenenfalls zu betätigen ist (BSG vom 26.09.1990 - 9b/7 RAr 30/89 in SozR 3-4100 § 155 Nr.2. Beschluss des BSG vom 10.08. 1993 - 9 BV 4/93 in SozR 3-1300 § 45 Nr. 18).

Der Rückforderungsbescheid der Beklagte ist rechtens; auch der geschuldete Gesamtbetrag der Überzahlung ist aus den einzelnen Rentenzahlbeträgen richtig errechnet worden. Der Bescheid vom 01.03.1995 leidet ferner nicht an einem Anhörungsmangel, wie das Sozialgericht ohne begründende Ausführungen gemeint hat. An der von der Beklagten durchgeführten Anhörung könnte allenfalls bemängelt werden, dass sie neben der sehr ausführlichen Schilderung des Sachverhalts nicht explizit dargelegte hat, auf welche Nummer des § 45 Abs.2 S. 3 SGB X die geforderte Rückforderung gestützt werden sollte. Es mag etwas zweifelhaft sein, ob sich dies aber nicht bereits konkludent aus der Sachverhaltsschilderung ergibt. Ein eventueller Mangel der Anhörung ist aber jedenfalls geheilt. Im Bescheid vom 01.03.1995 sind alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen ausführlich und ausdrücklich genannt, und die Klägerin hatte im Widerspruchsverfahren noch die Gelegenheit, hierauf einzugehen, und hatte dies auch wahrgenommen. Angesichts dieses Sachverhalts ist die Pflicht zur umfassenden Anhörung obsolet geworden.

Die Berufung der Beklagten musste Erfolg haben. Dementsprechend wurde auch hinsichtlich der Kostenentscheidung für den Rechtsstreit in zwei Instanzen verfahren (§ 193 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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