L 2 U 212/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 446/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 212/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.05.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Atemwegserkrankung des Klägers eine Berufskrankheit ist.

Der Kläger führt seine Erkrankung auf seine Tätigkeit in einem Partyservice zurück. Es ist unklar geblieben, in welchem Zeitraum und in welchen Tätigkeiten der Kläger dabei unter Versicherungsschutz stand.

Mit seinem Partyservice war der Kläger zunächst ab 01.01.1986 als Kleinstunternehmer nach § 42 der Satzung der Beklagten versicherungsfrei, was von der Beklagten mit Bescheid vom 17.04. 1986 festgestellt wurde. Wegen einer Änderung in den Unternehmensverhältnissen wurde der Kläger ab 25.11.1992 als Einzelunternehmer nach § 43 der Satzung als versichert geführt. Zum 01.01.1993 gründete der Kläger eine GmbH, für die das bisherige Beitragskonto weiter geführt wurde. Nach Angaben des Klägers handelte es sich hierbei um eine Besitzfirma. Zuständige Berufsgenossenschaft wäre hierfür die Verwaltungsberufsgenossenschaft gewesen, bei der nach § 39 ihrer Satzung für den Unternehmer nur Versicherungsschutz bei einer freiwilligen Versicherung bestanden hätte. Ab 01.01.1993 wurden nach Angaben des Klägers in der Einzelfirma keine Entgelte gezahlt. Die Einzelfirma wurde zum 31.12.1999 und die GmbH zum 07.12.2001 gewerberechtlich abgemeldet. Nähere Angaben zu seiner rechtlichen Stellung und seinen Tätigkeiten in den Unternehmen hat der Kläger trotz Aufforderung durch den Senat nicht gemacht.

Aufgrund einer ärztlichen Anzeige des Dr.B. vom 02.02.2000 ermittelte die Beklagte mit dem Ergebnis, dass schon 1988 erste Infekte festzustellen waren und ab Oktober 1991 häufige Krankschreibungen wegen Asthma und asthmoider Bronchitis erfolgt waren.

Der von der Beklagten gehörte Sachverständige Dr.S. war der Meinung, dass die Einwirkungen aus Küchentätigkeiten grundsätzlich keine geeigneten Einwirkungen für eine Verursachung einer Berufskrankheit Nr.4301 der Anlage zur BKVO seien. Der Gewerbearzt schloss sich dem auch bezüglich einer Berufskrankheit Nr.4302 an. Die Beklagte lehnte die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit mit Bescheid vom 27.10.2000 ab. Den Widerspruch des Klägers, begründet mit einem Attest des Dr.B. , wonach ein beruflich verursachtes chemisch irritatives Asthma bronchiale vorliege, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2001 als unbegründet zurück. Die Küchentätigkeit sei grundsätzlich nicht geeignet, eine Berufskrankheit im Sinne der Nr.4302 zu verursachen. Für ein allergisch bedingtes Asthma im Sinne der Nr.4301 habe sich kein begründeter Verdacht ergeben.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht den Arbeitsmediziner Prof.Dr.N. als Sachverständigen gehört, der das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr.4301 oder 4302 verneint. Eine obstruktive Atemwegserkrankung habe nicht gefunden werden können, es habe sich auch keine Sensibilisierung gegen Berufsallergien ergeben. Es handle sich um ein gemischtförmiges Asthma bronchiale, das wesentlich infekt-getriggert sei. Es sei also nicht allergisch und bestehe auf dem Boden einer familiären Vorbelas-tung.

Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Internist und Lungenfacharzt Dr.H. kommt hingegen zur Annahme einer Berufskrankheit Nr.4302 in Gestalt eines Asthma bronchiale. Die Wirkung von Kochdünsten auf die Atemwegsschleimhaut werde als negativ und asthmogen bewertet. Insbesondere das bei unvollständiger Verbrennung entstehende Acrolein sei in der Lage, empfindliche Veränderungen der Atemwegsschleimhäute herbeizuführen, die zu einem Asthma bronchiale führen könnten. Wegen der bei ambulanten Küchen regelmäßig verwendeten Gasbrenner sei auch eine erhöhte Stickoxydbelastung anzunehmen.

Beide Sachverständige sind von einer gefährdenden Exposition ab dem Jahre 1979 ausgegangen. Die Beklagte hat eine relevante Exposition gegenüber den von Dr.H. angegebenen Schadstoffen in der Tätigkeit des Klägers generell verneint.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.05.2003 als unbegründet abgewiesen und sich auf das Gutachten des Prof. Dr.N. gestützt. Dem Sachverständigen Dr.H. ist es im Wesentlichen aus den von der Beklagten vorgetragenen Gründen nicht gefolgt.

Mit seiner Berufung beantragt der Kläger, das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.05.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Atemwegserkrankung als Berufskrankheit Nr.4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.

Er stützt sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr.H ...

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts München in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Atemwegserkrankung des Klägers ist keine Berufskrankheit und nicht als solche zu entschädigen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Entscheidung über den Rechtsstreit nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO oder nach dem SGB VII richtet. Nach den insoweit inhaltsgleichen §§ 551 Abs.1 RVO und 9 Abs.1 SGB VII i.V.m. Nr.4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung wäre erforderlich, dass beim Kläger eine durch chemisch irretativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung besteht, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Hierbei kommen nur solche schädigenden Einwirkungen in Betracht, denen der Kläger in seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt war. Als anspruchsbegründende Tatsachen müssen sowohl die schädigenden Einwirkungen als auch die Verhältnisse, auf die sich der Versicherungsschutz gründet, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (vgl. BSGE 45, 285).

Im Recht der Berufskrankheiten nach § 551 Abs.1 RVO und § 9 Abs.1 SGB VII gilt das sog. Listenprinzip, wonach Berufskrankheit nur sein kann, was durch den hierzu berufenen Verordnungsgeber als solche bezeichnet ist. Über einen Fall der Gleichstellung im Einzelfall nach § 551 Abs.2 RVO bzw. § 9 Abs.2 SGB VII hat die Beklagte nicht entschieden.

Es würde deshalb nicht ausreichen, wenn die Atemwegserkrankung des Klägers im Einzelfall wesentlich durch berufliche Einflüsse wenigstens mitverursacht wäre. Erforderlich ist nach Nr.4302 der Anlage zur BKV, dass es sich um eine obstruktive Atemwegserkrankung handelt. Das trifft nach der ausdrücklichen Feststellung des Sachverständigen Prof.Dr.N. beim Kläger nicht zu. Etwas anderes ergibt sich bei im Wesentlichen gleichen Befundfeststellungen auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.H ... Der Sachverständige äußert sich zwar hierzu nicht explizit, wiewohl er in der Beweisanordnung danach gefragt war, und dieser Gesichtspunkt im Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.N. wesentlich war. Er referiert jedoch dieselben Werte wie Prof.Dr.N. bei den Lungenfunktionsbefunden sowohl für die Vergangenheit als auch für die Gegenwart.

Davon abgesehen basieren beide Gutachten auf Annahmen zugunsten des Klägers, die von Rechts wegen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.

Für die Beurteilung der Frage, ob beruflich bedingte Einwirkungen wesentlich wenigstens als Mitursache einer als Berufskrankheit zu prüfenden Gesundheitsstörung vorgelegen haben, dürfen nur solche Einwirkungen herangezogen werden, die in einer versicherten Tätigkeit aufgetreten sind. Hierbei ist im Falle des Klägers offen, ob die seit 01.01.1993 möglicherweise aufgetretenen Expositionen aus einer versicherten Tätigkeit herrühren. In jedem Fall hätten jedoch die Expositionen vor dem 25.11.1992 nicht in die Beurteilung mit einbezogen werden dürfen. Als Einwirkungen aus einem nachgewiesener Maßen nichtversicherten Tätigkeitsbereich hätten sie im Gegenteil bei der Abwägung der Kausalität wie jede sonstige schädigende Einwirkung aus dem nicht versicherten Bereich als gegen den erforderlichen Kausalzusammenhang sprechend bewertet werden müssen. Auf eine Ermittlung der Versicherungsverhältnisse kommt es jedoch nicht mehr an, denn es liegt schon die geltend gemachte Berufskrankheit nicht vor.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass der Kläger in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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