L 5 R 565/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 716/03 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 565/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1951 im vormaligen Jugoslawien geborene Kläger ist Angehöriger des Staates Bosnien und Herzegowina mit Wohnsitz in seiner Heimat. Er war in Deutschland von 1971 bis 1975 als gelernter Automechaniker beschäftigt und legte dabei 53 Versicherungsmonate zurück.

In seiner Heimat sind gemäß Formblatt BOH-D 205 vom 07.12.2001 versicherungsrechtliche Zeiten festgestellt von 1969 bis 1971, 1976 bis 1977, 1978 bis 1979 sowie vom 07.10.1983 bis 24.06.1992, 17.11.1997 bis 14.05.1998 und vom 05.01.2000 bis 01.04.2000. Dort war er zuletzt als Automechaniker tätig.

Einen Formblattantrag BOH-D 201 vom 26.05.2001 auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.01.2002/Widerspruchsbescheid vom 31.01.2003 ab mit der Begründung, der Kläger erfülle nicht die erforderlichen besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Es seien nicht wenigstens 36 Pflichtbeitragsmonate vorhanden in dem zur Verfügung stehenden Zeitfenster von fünf Jahren, das von der Antragstellung 25.05.2001 bis 26.05.1996 zurückreiche. Ausnahmetatbestände seien nicht ersichtlich, insbesondere sei auch die Zeit ab 01.01.1984 nicht durchgehend mit Anwartschafts-Erhaltungszeiten belegt. Dieser Entscheidung lagen ein Formblattgutachten BOH-D 207 vom 27.02.2001 sowie medizinische Dokumente aus der Heimat zugrunde, aus denen sich ein Myokardinfarkt am 25.02.2000 mit anschließender medizinischer Behandlung ergab. Auf dieser Basis hatte Dr.R. im Rahmen einer klinisch-stationären Untersuchung in der Ärztlichen Gutachterstelle R. vom 11.11.2002 bis 13.11.2002 festgestellt, dass der Kläger in seiner kardialen Leistungsbreite seit dem am 25.02.2000 erlittenen Herzinfarkt erheblich eingeschränkt und seither nicht in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt regelmäßig tätig zu sein. Allerdings sei eine Besserung zu erwarten, so dass er aus ärztlicher Sicht vorschlage, dem Kläger bis 31.12.2004 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewilligen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, wie sich aus den medizinischen Unterlagen ergebe, erfülle er die gesundheitlichen Voraussetzungen der begehrten Rente. Der Fünfjahreszeitraum müsse mit Beitragszeiten aus seiner Heimat belegt sein. Mit Urteil vom 29.04.2004 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger erfülle nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Ein früherer Eintritt der Erwerbsminderung als zum Februar 2000 sei nicht nachgewiesen, zumal der Kläger bis dahin als Autoschlosser gearbeitet habe.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass er mit in der Heimat zurückgelegten Versicherungszeiten die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle. Ergänzend hat er weitere medizinische Unterlagen vorgelegt.

Der Senat hat ein internistisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage des Dr.E. vom 17.01.2005 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, vor 1990 seien keine wesentlichen Erkrankungen des Klägers ersichtlich. Im September 1990 sei Tbc diagnostiziert worden, was jedoch einen Monat später im Krankenhaus für Lungenkrankheiten Z. nicht aufrechterhalten worden sei. Ein weiterer Befund der Klinik T. vom Mai 1991 ergebe einen gebesserten Zustand. In der Folge lägen keine diesbezüglichen Befunde vor, so dass keine schwerwiegende Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit anzunehmen sei. Erst ab Eintritt des Myokardinfarktes im Februar 2000 habe sich die Leistungsfähigkeit wesentlich verschlechtert. In der Zeit davor sei der Kläger in der Lage gewesen, leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen und Gehen zu erbringen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Landshut vom 29.04.2004 sowie des Bescheides vom 21.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2003 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß Antrag vom 26.05.2001 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Landshut vom 29.04.2004 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2005 waren die Verwaltungsakten der Beklagten, auf deren Beiziehung der Kläger in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist. Auf diese sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01. 2003, mit welchem sie es abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 21.05.2001 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Das Sozialgericht hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 29.04.2004 zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er deren besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen nicht erfüllt.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung, weil er den Rentenantrag nach dem 03.04.2001 (Montag) gestellt hat (vgl. § 300 Abs.2 SGB VI).

Nach § 43 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie - ganz oder teilweise erwerbsgemindert sind, - vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und - in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Drei-Fünftel-Belegung).

Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit setzt nach § 240 für Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 02.01.1961 geboren sind, Berufsunfähigkeit und ebenfalls die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung voraus.

Der Senat ist in Würdigung der medizinischen Unterlagen, des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr.R. sowie des internistischen Gutachtens des Dr.E. vom 17.01.2005 überzeugt, dass der Kläger seit 25.02.2000 nicht mehr in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Er erfüllt seit diesem Datum die gesundheitlichen Voraussetzungen sowohl einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit als auch wegen Berufsunfähigkeit. Maßgeblich ist insoweit der Eintritt eines Myokardinfarktes, der die Leistungsbreite des Klägers so weit herabgesetzt hat, dass dieser seither nur weniger als drei Stunden täglich tätig sein kann.

Anhaltspunkte dafür, dass die gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Klägers vor diesem Datum relevant herabgesetzt gewesen sein sollte, sind nach dem überzeugenden Gutachten des Dr.E. nicht vorhanden. Zwar hatte der Kläger 1990/1991 eine Lungenkrankheit/Lungenembolie durchlitten; deren Folgen hielten jedoch nicht lange an. Medizinische Befunde aus den Jahren danach sind nicht vorhanden, Behandlungen haben auch nach Angaben des Klägers nicht stattgefunden. Der Kläger war vielmehr bis Eintritt des Herzinfarktes in seinem Beruf als Autoschlosser tätig. Zudem ist das Krankheitsbild des Myokardinfarktes des Klägers dadurch gekennzeichnet, dass Leistungseinschränkungen ab dessen Eintritt zu datieren sind. Maßgeblicher Zeitpunkt ist damit für den Eintritt der Erwerbsminderung der 25.02.2000.

Ausgehend von diesem Datum erfüllt der Kläger nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der begehrten Rente. Im gemäß § 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2, § 43 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB VI sowie gemäß § 240 Abs.1 SGB VI maßgeblichen fünfjährigen Zeitfenster vom 24.02.2000 bis 26.02.1995 sind nach den Feststellungen des bosnisch/herzegowinischen Versicherungsträgers lediglich die Zeiten vom 07.10.1997 bis 14.05.1998 sowie vom 05.01.2000 bis 01.04.2000 (in der Summe zwölf Monate) mit Pflichtversicherungszeiten belegt. Insoweit findet das deutsch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen vom 12.10.1968 (BGBl. 1969 II S.1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 (BGBl. 1975 II S.390), dessen Weitergeltung die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Bosnien und Herzegowina vereinbart haben (Bekanntmachung vom 16.11.1992 - BGBl.II S.1196), Anwendung.

Weitere versicherungsrechtliche Zeiten sind nicht nachgewiesen und auch nicht ersichtlich. Insbesondere wäre auch eine Zeit des Bezuges von Krankenversicherungs- oder Rentenleistungen der Heimat des Klägers mit Zeiten des Bezugs dieser Leistungen aus der deutschen Sozialversicherung nicht gleichgestellt.

Ausnahmetatbestände, die diese besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ersetzen könnten, sind nicht erfüllt. Weder bestehen Aufschubzeiten noch liegen Tatbestände der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor (§ 43 Abs.4, 5 SGB VI).

Auch die weitere Ausnahmevorschrift des § 241 Abs.2 SGB VI ist nicht erfüllt, nach welcher die so genannte Drei-Fünftel-Belegung nicht erforderlich wäre für Versicherte, die jeden Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung belegt haben. Nach § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI wäre für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Der Kläger hat nicht alle Kalendermonate ab 01.01.1984 lückenlos mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, wie sich aus der Bescheinigung des Heimatversicherungsträgers ergibt. Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung 24.05.2001 auch nicht mehr berechtigt, für die Vergangenheit freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten (§ 197 Abs.2 SGB VI). Auch die nachträgliche Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zu einem vom deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen erfassten Rentenversicherungssystem ist dem Kläger nicht mehr möglich, weil er sich in seiner Heimat für die Jahre vor 2000 nicht rückwirkend versichern kann; einen rückwirkenden Zukauf von Versicherungszeiten ermöglicht das Recht des Heimatstaates des Klägers nicht (vgl. BSG Urteil vom 11.05.2000 - B 13 RJ 85/98 R).

Der Kläger hat somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Rente. Der Berufung war in vollem Umfange der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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