L 9 AL 410/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AL 78/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 410/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28. Januar 2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung eines an den Kläger als Arbeitgeber gewährten Eingliederungszuschusses (EGZ) für die Zeit vom 01.08.1998 mit 31.07.1999 streitig.

I.

Der Kläger, der in A. als Allgemeinarzt eine Praxis betreibt, beantragte am 31.07.1998 mündlich und am 13.08.1998 schriftlich die Gewährung eines EGZ für die Einstellung der 1956 geborenen S. V. (V.) ab 01.08.1998 als Arzthelferin in Vollzeit und mit einem monatlichen Gehalt in Höhe von DM 3.511,00 brutto. Durch die Unterschrift auf dem Förderantrag gedeckt ist die Erklärung des Klägers: "Ich verpflichte mich, dem Arbeitsamt jede Änderung gegenüber meinen Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung des EGZ auswirken, insbesondere die Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förderungszeitraums und in der Weiterbeschäftigungszeit sowie die hierfür maßgeblichen Gründe ...". Darüber hinaus verpflichtete sich der Antragsteller, den EGZ zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspreche, längstens jedoch zwölf Monate nach Ende des Förderungszeitraums beendet werde. Dies gelte nicht, wenn die Berechtigung vorliege, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolge, ohne dass der Antragsteller den Grund hierfür zu vertreten habe oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht habe. Weiterhin wurde bestätigt, die Hinweise zum EGZ nach dem SGB III erhalten und von deren Inhalt Kenntnis genommen zu haben.

Durch Bescheid vom 01.09.1998 gewährte die Beklagte daraufhin für V. ab 01.08.1998 einen EGZ auf die Dauer von zwölf Monaten in Höhe von 50 % des monatlichen Gehaltes (DM 2.127,67 brutto). Nachdem sich nachträglich herausgestellt hatte, dass V. neben Fahrtkosten auch vermögenswirksame Leistungen in Höhe von DM 39,00 monatlich erhalten hatte, wurden weitere DM 2.151,80 gewährt.

Am 01.06.2000 meldete sich V. bei der Beklagten nach einer Arbeitgeberkündigung vom 24.04.2000 zum 01.06.2000 arbeitslos. Aus der Arbeitsbescheinigung des Klägers vom 07.06.2000 ist eine Tätigkeit der V. vom 01.08.1998 mit 31.05.2000 als Arzthelferin ersichtlich. Ein vertragswidriges Verhalten wurde ausdrücklich verneint, es seien auch Abmahnungen nicht ausgesprochen worden. Laut Telefonvermerk vom 14.09.2000 teilte der Kläger mit, V. sei in der Weiterbeschäftigungszeit entlassen worden, das genaue Datum könne derzeit nicht mitgeteilt werden. Auf Nachfrage wurde zunächst eine Arbeitsüberlastung geltend gemacht. Am 12.10.2000 schrieb der Kläger der V. hinsichtlich der Kündigung vom 28.04.2000 "wie bereits besprochen, verlängere sich die Kündigungsfrist um zwei Monate zum 31.07.2000."

Durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24.10.2000 wurde daraufhin der im Zeitraum 01.08.1998 mit 31.07.1999 gewährte EGZ in Höhe von DM 25.815,60 zurückgefordert, da das Beschäftigungsverhältnis zum 31.05.2000 beendet worden sei, also innerhalb der erforderlichen Nachbeschäftigungszeit. Hiergegen wandte der Kläger unter anderem ein, § 223 Abs.2 SGB III in der Fassung des 2. SGB-III-Änderungsgesetzes zufolge komme allenfalls eine teilweise Rückzahlung in Frage, maximal für die Monate Juni und Juli 1999 in Höhe von DM 4.255,34, was für den Fall der Kostenübernahme angeboten werde. Der Rechtsbehelf blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.01.2001). Nach dem Sachverhalt sei das Beschäftigungsverhältnis innerhalb der zwölfmonatigen Nachbeschäftigungszeit beendet worden.

II.

Vor dem am 26.02.2001 angerufenen Sozialgericht (SG) Augsburg wandte der Kläger ein, zum einen habe bis 31.07.2000 ein Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis vorgelegen, wobei es auf den rechtlichen Bestand des Letzteren ankomme, zum anderen könnten Erstattungen nur nach neuem Recht erfolgen. Außerdem wurde erstmals vorgetragen, der V. sei wegen wiederholter Alkoholisierung bei der Arbeit gekündigt worden. Er habe allerdings darauf verzichtet, ihr dies vorzuwerfen, und habe daher eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, allerdings ohne zuvor abzumahnen. Wegen der vorliegenden personenbedingten Gründe scheide ein Rückforderungsanspruch aus. Außerdem gerate der Kläger durch die Rückforderung in große wirtschaftliche Bedrängnis. Hinsichtlich der Beachtlichkeit der nachgeschobenen Gründe für die Kündigung hielt das SG Nachweise wie die Vorlage von Abmahnungen für erforderlich. Auf Grund mündlicher Verhandlung änderte die 1. Kammer durch Urteil vom 28.01.2002 die streitbefangenen Bescheide ab und ermäßigte die Rückzahlung unter Zugrundelegung der ab 01.08.1999 geltenden Fassung des § 223 SGB III auf DM 4.255,74. Das Urteil wurde der Beklagten am 06.02.2002 zugestellt.

III.

Mit der am 06.03.2002 zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, der Anspruch auf einen EGZ sei am 01.08.1998 entstanden, also vor In-KraftTreten des § 223 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 21.07.1999. Daher sei mit der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) altes Recht weiter anzuwenden. Im Übrigen stelle diese Vorschrift ausdrücklich auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ab, die ohne Zweifel zum 31.05.2000 vor Ablauf der erforderlichen Nachbeschäftigungszeit vorliege. Es sei darüber hinaus fraglich, ob die mit Schreiben vom 12.10.2000 ausgesprochene rückwirkende Verlängerung des Arbeitsverhältnisses überhaupt wirksam sei. Der Kläger habe außerdem in der Arbeitsbescheinigung ausdrücklich bestätigt, dass ein vertragswidriges Verhalten der V. keinen Anlass für die Kündigung gegebenen habe, insoweit komme gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz in Frage. Außerdem sei eine etwaige fristlose Kündigung mangels einer Abmahnung nicht gerechtfertigt. Bemerkenswert sei, wie der klägerische Vortrag zweckgerichtet gewechselt habe. Während im Klageverfahren zunächst erstmals von wiederholter Alkoholisierung der V. gesprochen worden sei, werde letztlich eine ständige Alkoholisierung geltend gemacht. Darüber hinaus habe der Kläger noch im Oktober 2000 den untauglichen Versuch unternommen, die förderungsrechtlichen Konsequenzen der Nichteinhaltung der Nachbeschäftigungszeit zu umgehen.

Demgegenüber verweist der Kläger unter anderem darauf, dass aufgrund eines bis 31.07.2000 wirksamen Arbeitsverhältnisses keine Beschäftigungslosigkeit vorgelegen habe. Außerdem habe er ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gehabt, denn V. sei während der Arbeitszeit ständig alkoholisiert gewesen. Bei längerem Zuwarten hätte er seine wirtschaftliche Existenz aufs Spiel gesetzt. Allein aus Rücksicht habe er nicht aus wichtigem Grund gekündigt. Eine Rückforderung scheide daher schon nach altem Recht aus. Im Übrigen seien Abmahnungen nicht erforderlich gewesen. Seiner Auffassung nach habe V. auch sein Angebot auf die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses angenommen, die in der Rücknahme der Kündigung gelegen habe. V. sei außerdem nicht bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses alkoholisiert gewesen, sondern erst in den letzten Wochen vor der Kündigung. Es dürfe ihm nicht angelastet werden, dass er V. schonend behandelt und nicht abgemahnt habe.

Der Senat hat neben der Förderungsakte der Beklagten die Streitakte des ersten Rechtszuges sowie die Leistungsakte der V. beigezogen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.01.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.01.2002 zurückzuweisen und den Bescheid vom 24.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2001 aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Leistungs- und EGZ-Akten der Beklagten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 28.04.2005.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Beklagten, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache begründet, die Anschlussberufung des Klägers demgegenüber insgesamt als unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 24.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.01.2001, mit welchem die Erstattung des im Zeitraum 01.08.1998 mit 31.07.1999 gewährten EGZ gefordert worden ist.

Die Rechtsfrage, ob auf die Rückzahlung eines EGZ § 223 Abs.2 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (AFRG) vom 24.03.1997 (BGBl.I. 594) oder in der Fassung des Art.1 Nr.34 b des 2. Gesetzes zur Änderung des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (2. SGB III-ÄndG) vom 21.07.1999 (BGBl.I. 1648) Anwendung findet, ist von den beiden für das Recht der Arbeitslosenversicherung zuständigen Senaten des BSG inzwischen einvernehmlich geklärt worden. § 422 Abs.1 SGB III zufolge, soweit nichts anderes bestimmt ist, sind bei Rechtsänderungen auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung wie den hier streitgegenständliche EGZ bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des In-Kraft-Tretens maßgebenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag der Anspruch entstanden, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist. Insoweit hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 21.03.2002, B 7 AL 48/01 R und B 7 AL 68/01 R im Einzelnen dargelegt, dass die Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen der EGZ (§§ 217 ff. SGB III) und deren Rückzahlung (§ 223 Abs.2 SGB III) einheitlich als Vorschriften über Leistungen der aktiven Arbeitsförderung im Sinne des § 422 SGB III anzusehen sind. Auf die Einzelheiten wird vollinhaltlich Bezug genommen. Dem hat sich der 11. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 19.09.2002, B 11 AL 73/01 R, ausdrücklich angeschlossen. Damit ist mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Rechts- und Planungssicherheit abzustellen. Rechtlich unerheblich ist insoweit, dass im vorliegenden Fall sowohl das Beschäftigungs- als auch das Arbeitsverhältnis nach Eintritt der Rechtsänderung beendet worden ist. Denn, wie oben dargelegt, ist die alte Fassung des § 223 SGB III weiter anzuwenden, wenn vor dem Eintritt der Rechtsänderung der Anspruch entstanden ist, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat.

Eine Rückforderung kommt lediglich dann nicht in Frage, wenn unter anderem der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund dafür zu vertreten hat, oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat. Die letzten beiden Alternativen scheiden nach dem Sachverhalt ohne weiteres aus. Hinsichtlich der Frage, ob eine Berechtigung zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vorgelegen hat, hat der Kläger nach dem zunächst unternommenen untauglichen Versuch, die Nachbeschäftigungsfrist noch im Oktober 2000 rückwirkend zu erfüllen (das hier maßgebliche Beschäftigungsverhältnis lässt sich vorliegend nicht rückwirkend rekonstruieren, § 7 Abs.3 SGB IV), weitere Gründe für eine Kündigung nachgeschoben.

Bei der nach dem Sachverhalt kleinen Arztpraxis des Klägers kann unterstellt werden, dass die maßgeblichen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) hier nicht eingreifen. Abzustellen ist vielmehr auf die allgemeinen Vorschriften des § 626 BGB und auf das allgemeine Arbeitsrecht. Danach gilt unter anderem, dass das Kündigungsrecht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegt. Eine Kündigung ist das letzte, äußerste Mittel zur Regelung eines Interessenkonflikts. Das Ultima-ratio-Prinzip verbietet eine Kündigung, wenn mildere Mittel zur Wahrung der Interessen des Arbeitgebers ausreichen. Vor dem Ausspruch einer Kündigung hat der Arbeitgeber daher grundsätzlich zunächst abzumahnen, ein etwaiges vertragswidriges Verhalten zu bezeichnen und Rechtsfolgen anzudrohen, vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Auflage, § 61 VI a S.445. Auch die Abmahnung selbst unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie ist also unwirksam, wenn sie aus geringfügigem Anlass mit Kündigungsandrohung ausgesprochen wird. Die Abmahnung ist, unabhängig vor der Anwendbarkeit des KSchG, grundsätzlich vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung erforderlich. Außerdem begründet ein Alkoholkonsum, der die Leistungsfähigkeit mindert, aber nicht ausschließt, grundsätzlich nur eine ordentliche Kündigung, vgl. Palandt-Diederichs, BGB-Kommentar, 62. Auflage, § 626 Rdnr.51.

Nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers ist eine Abmahnung zu keinem Zeitpunkt erfolgt, so dass zur Überzeugung des Senats ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht bestanden hat. Abgesehen davon, dass V. nicht konkret vorgeworfen worden ist, Alkohol während der Dienstzeit konsumiert zu haben, ist es jedenfalls zu keiner vorherigen Abmahnung und damit zu keinen Sich-nicht-zur-Warnung-dienen-Lassen gekommen, einer unverzichtbaren Voraussetzung für die Kündigung.

Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, ob es überhaupt und bejahendenfalls konkret zu welchen Störungen es im Leistungsbereich gekommen wäre. Jedenfalls sind Anhaltspunkte für einen übermäßigen Alkoholgenuss und eine daraus herbeigeführte Alkoholabhängigkeit der V. etwa im Sinne der Anmerkung bei Schaub, a.a.O., § 61 VI 2b nicht erkennbar. Erst recht kann nicht die Rede sein von Trunkenheit im Sinne eines personenbedingten Grundes zur Kündigung, vgl. Schaub, a.a.O., § 129, S.1167. Letztere könnte im Übrigen lediglich angenommen werden, wenn eine Trunksucht tatsächlich vorläge, dieser ein medizinischer Krankheitswert zukäme und die Bereitschaft zu einer Therapie fehlte. Der Senat verweist insoweit auf die weiteren Nachweise bei Schaub, a.a.O., § 125, S.1145.

Zusammenfassend ist also nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen einer fristlosen Auflösung des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses vorgelegen hätten. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast hat der Kläger den Nachteil zu tragen, der sich ergibt, wenn sich ein Grund nicht feststellen lässt, der das Rückforderungsrecht der Beklagten ausschließt. Aufgrund des mit zunehmender Verfahrensdauer wechselnden und im Gegensatz zu den Angaben in der zeitnah ausgestellten Arbeitsbescheinigung stehenden zweckgerichteten Klagevorbringen haben sich dem SG ebenso wenig wie dem Senat bereits aufgrund der unstrittig nicht erfolgten notwendigen Abmahnungen weitere Ermittlungen aufgedrängt.

Die Rückzahlungsregelung setzt im Gegensatz zu § 50 SGB X nicht voraus, dass der Leistungsbescheid vor der Rückforderung aufgehoben worden ist.

Zwar ist den Materialien zu entnehmen, vgl. BT-Drs. 13/4941, S.193, dass es der Beklagten unbenommen bleibt, von § 76 Abs.2 SGB IV Gebrauch zu machen, welcher den Erlass von Forderungen in der Sozialversicherung ermöglicht. Nach Auffassung des Gesetzgebers können insbesondere durch Nr.3 der Vorschrift unbillige Härten vermieden werden, etwa eine Gefährdung des Arbeitgebers in seiner wirtschaftlichen Existenz durch Rückzahlungsverpflichtungen aus § 223 SGB III. Abgesehen davon, dass das vorgenannte Verfahren keine Erweiterung des § 223 Abs.2 SGB III herbeiführt, ist hier eine besondere Härte jedoch weder schlüssig vorgetragen worden noch nach dem Sachverhalt sonst ersichtlich. Nach allem waren das Urteil des SG aufzuheben, die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war die Beklagte nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen zu verpflichten, welche dem Kläger zu seiner Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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