L 16 R 159/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 1649/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 159/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1942 geborene Kläger ist Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien, jetzt bosnischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz in Bosnien-Herzegowina. Er beantragte am 16.08.1991 beim Heimatversicherungsträger Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Er gab an, keine Fachausbildung gemacht und zuletzt als Arbeiter beschäftigt gewesen zu sein. Aus Bosnien-Herzegowina wurden Versicherungszeiten vom 06.07. 1966 bis 30.03.1967 für insgesamt 7 Monate, 20 Tage bestätigt.

In der Bundesrepublik hat der Kläger zwischen 06.04.1970 und 06.05.1990 Pflichtbeiträge entrichtet, zum Zeitpunkt der An- tragstellung sind nach den Berechnungen der Beklagten die ver- sicherungsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Drei- Fünftel-Belegung, erfüllt.

Mit dem Rentenantrag wurde ein Untersuchungsbericht vom 29.10. 1991 der Invalidenkommission vorgelegt, dort wird die Erwerbsfähigkeit des Klägers als gemindert und mit weniger wie zwei Stunden täglich für die Zeit ab 16.08.1991 bewertet.

Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung des Klägers, die Dr.T. am 28.02.1996 vornahm. Dr.T. stellte folgende Diagno- sen:

1. Zustand nach früherem Alkoholabusus, deutlich gebesserter alkoholtoxischer Leberparenchymschaden, Zustand nach Alko- holpsychose.

2. Neigung zu Lumbalgien ohne radikuläre Reizerscheinung.

3. Leichtes Schulter-Arm-Syndrom rechts.

4. Labile Hypertonie medikamentös nicht eingestellt.

Bei der Untersuchung hatte der Kläger angegeben, in der Bun- desrepublik bis 1987 überwiegend als U-Bahnarbeiter tätig gewesen zu sein. Anschließend sei er nach Bosnien zurückgekehrt und Kriegsflüchtling gewesen. Dr.T. war der Auffassung dass der Kläger für leichte Arbeiten noch vollschichtig einsatzfähig sei. Bei der Untersuchung sei der Versicherte psychisch völlig unauffällig gewesen, so dass die früher beschriebene Psychose als Folge des vermehrten Alkoholmissbrauchs zu werten sei.

Ausweislich des Rentenbescheides des Versicherungsträgers in Z. bezieht der Kläger von dort Rente ab 16.08.1991.

Mit Bescheid vom 25.03.1996 lehnte die Beklagte den Rentenan- trag ab mit der Begründung, der Kläger könne noch vollschichtig leichte Arbeiten leisten und sei damit weder berufs- noch erwerbsunfähig.

Dagegen richtet sich der Widerspruch des Klägers. Nach den Untersuchungsergebnissen stehe fest, dass er nicht mehr erwerbstätig sein könne, deshalb beziehe er auch Leistungen in seiner Heimat. Der Zustand der Erwerbsunfähigkeit bestehe seit 1991.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.1996 zurück erneut mit der Begründung, bei vollschichti- gem Leistungsvermögen bestehe weder Berufs- noch Erwerbsunfä- higkeit.

Dagegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München, die damit begründet wurde, der Kläger könne unter den betriebsüblichen Bedingungen keiner Tätigkeit mehr vollschichtig nachgehen. Sein Gesundheitszustand habe sich wesentlich verschlechtert, die Kriegssituation in Bosnien habe zudem die schwere Lage des Klägers verschlechtert, weil er aus der Heimat vertrieben wurde. Es werde beantragt, den Kläger in einer deutschen Klinik untersuchen zu lassen.

Im Fragebogen des SG München vermerkt der Kläger, der sich zu dieser Zeit offenbar in Deutschland aufgehalten hat, keine Be- handlungen nach 1991 legte aber ärztliche Unterlagen aus den Jahren 1990 und 1991 vor.

Nach Auskunft der Firma W. AG war der Kläger bis 31.01.1989 beschäftigt, er sei Facharbeiter und mit Betonieren, Ein- und Ausschalungsarbeiten beschäftigt gewesen. Entlohnt worden sei er nach Lohngruppe 5, gehobene Facharbeiter würden nach Lohngruppe 4 und Spezialfacharbeiter nach Lohngruppe 3 entlohnt. Der Kläger habe sich durch die langjährige Tätigkeit im Baugewerbe die praktischen Fähigkeiten eines angelernten Facharbeiters erworben.

Vorladungen des Klägers zur Untersuchung misslangen, zunächst war der Aufenthalt des Klägeres nicht bekannt, später ist er trotz gegenteiliger Versicherung unentschuldigt mehrfach nicht zur Untersuchung erschienen. Der Bevollmächtigte des Klägers teilte unter Vorlage ärztlicher Unterlagen mit, der Kläger sei in Bosnien mehrfach untersucht worden und zur Zeit nicht reisefähig, alle Untersuchungen hätten ergeben, dass er krank und erwerbsunfähig sei, diese ärztlichen Unterlagen stelle er zur Verfügung.

Auf Veranlassung des Sozialgerichts wurden die Unterlagen nach Aktenlage vom Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr.T. im Gutachten vom 04.01.2001 ausgewertet. Der Gutachter führte aus, dass beim Kläger 1991 ein psychisches Krankheitsbild vorgelegen haben dürfte, das sich in einem psy- chotischen Zustandsbild und einer Depression äußerte. 1996 wurden weder krankheitswertige psychische Veränderungen noch Abweichungen vom neurologischen Status festgestellt. Während im Oktober 1998 nach den Aktenunterlagen mit großer Wahrscheinlichkeit ein depressiver Zustand mit Krankheitswert vorlag, bestanden bei einer psychiatrischen und testpsychologischen Untersuchung im April 2000 psychische Alterationen. 1991, 1998 und 2000 seien Befunde einer Depression mitgeteilt, die zu einer deutlichen Reduzierung der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit geführt haben. Dagegen sei 1996 kein krankhafter psychischer Befund festgestellt worden, deshalb sei davon auszugehen, dass die Symptome nicht anhaltend und gleichmäßig ausgeprägt bestanden. Ein eindeutig krankhafter Zustand habe erst wieder ab 1998 bzw. 2000 vorgelegen. 1996 sei der Kläger für leichte Arbeiten vollschichtig einsetzbar gewesen, 1991 war er nicht arbeitsfähig und die Befunde von 1998 und 2000 belegten wiederum eine Arbeitsunfähigkeit.

Zu den internistischen Befunden hat Dr.L. im Gutachten vom 20.04.2001 ebenfalls nach Aktenlage ausgeführt, dass im Vordergrund das psychische Krankheitsbild stehe, die übrigen Gesundheitsstörungen seien von weit untergeordneter Bedeutung und führten nicht zu nennenswerten Leistungseinschränkungen.

Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 13.12.2001 die Klage ab mit der Begründung, dem Kläger stehe Rente nicht zu, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals am 30.06. 1992 erfüllt waren. Bereits zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch über freiwillige Versicherungsbeiträge nicht mehr herzustellen gewesen, da die Lücke von Juli 1990 an nicht mehr belegt werden könne. Zum Zeitpunkt Ende Juni 1992 sei der Kläger aber weder berufs- noch erwerbsunfähig gewesen, dies ergebe sich aus den Ausführungen von Dr.T. und Dr.L. und auch aus den Ergebnissen der Untersuchung 1996 bei Dr.T ... Der Kläger habe sich im August 1989 zur Behandlung in einer psychiatrischen Klinik befunden, eine zweite Behandlung sei im Juli 1991 beendet worden. Die damals beschriebenen Befunde seien so schwerwiegend gewesen, dass eine Mitte 1991 bestehende schwere Depression glaubhaft sei, wobei der Alkoholmissbrauch eine entscheidende Rolle gespielt habe. Eine Psychose des schizophrenen Formenkreises scheide dagegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Berücksichtige man den weiteren Krankheitsverlauf, so ergebe sich nicht, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. bis zum versicherungsrechtlich letztmöglichen Zeitpunkt am 30.06.1992 auf psychiatrischem Gebiet in seiner Leistungsfähigkeit wesentlich eingeschränkt war. Vielmehr habe er zu dieser Zeit körperlich leichte Arbeiten vollschichtig noch verrichten können. Damit sei er weder berufs- noch erwerbsunfähig, er genieße auch keinen Berufsschutz, da er nach der Arbeitgeberauskunft und der Entlohnung nach der Tarifgruppe V als Angelernter auf andere angelernte Tätigkeiten ebenso wie auf ungelernte verweisbar sei.

Dagegen richtet sich die zum Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers. Er vertrat die Auffassung, er sei von Dr.T. nur oberflächlich untersucht und begutachtet worden. Es treffe nicht zu, dass er 1996 erwerbsfähig gewesen sei. Vielmehr bestehe seine Krankheit seit 1989 und er befinde sich laufend in ärztlicher Behandlung. Deshalb werde angeregt, weitere Befund- und Behandlungsberichte beizuziehen, eine eventuelle Nachuntersuchung könnte in Z. oder S. stattfinden.

Es liegen Übersetzungen der Krankenberichte der Psychiatrischen Klinik B. vom August 1989, August 1991, Oktober 1998, April 2000, Juli 1991 und der Neurologischen Klinik Z. beginnend Oktober 1989 vor. Die AOK Bayern konnte keine Angaben zu den in Deutschland behandelnden Ärzten machen. Die Firma W. Bau-AG bestätigte die Beschäftigung bis 31.01. 1989; die Entlassung erfolgte wegen unentschuldigten Fehlens, zu den Lohngruppen konnten keine Angaben gemacht werden, da keine Personalunterlagen mehr vorhanden seien.

Die Beklagte rechnet den Kläger der Gruppe der angelernten Arbeiter zu, so dass er auf jede andere Tätigkeit verweisbar sei. Im Übrigen sei nach Aktenlage die Anerkennung eines früheren Versicherungsfalls nicht möglich. Sie stützt sich dabei auf eine Stellungnahme von Dr.L. vom 26.11.2002, wonach auch in Kenntnis der vorgelegten Unterlagen aus B. und Z. keine wesentlichen neueren Gesichtspunkte vorliegen.

Der Klägerbevollmächtigte teilte mit, dass der Kläger zu den beabsichtigten Untersuchungen bei Dr.S. und Dr.E. nicht erscheinen könne, da er nach Überzeugung seiner Ärzte reiseunfähig und erwerbsunfähig sei, zur Begründung legte er ärztliche Unterlagen aus den Jahren 2001 bis 2004 vor.

Mit der Auswertung der Unterlagen wurde der Internist Dr.E. beauftragt. Dieser stellte im Gutachten vom 14.02.2005 auf seinem Fachgebiet die Diagnosen: 1. Leichter arterieller Hypertonus, 2. Verdacht auf toxisch-nutritiven leichten Leberschaden, 3. Untergewicht, 4. Hörminderung beidseits.

Dr.E. betonte, aufgrund der vorgelegten Unterlagen sei der Krankheitsverlauf 1989 bis 1991 sowie von 2002 bis 2004 dokumentiert. Es könne aber nicht erkannt werden, inwieweit die psychiatrische Erkrankung in Zusammenhang mit dem chronischen Alkoholismus zu sehen sei. Sozialmedizinisch schwerwiegende internistische Organschädigungen durch den Alkoholkonsum könnten weder aus den früheren noch aus den jetzigen Befunden abgeleitet werden. Eigentlich seien aus den Unterlagen nur maginale Abweichungen der Leberbefunde vom Normwert zu erkennen. Auch das Hochdruckleiden sei als leicht zu bezeichnen, zumal weiterführende diagnostische Untersuchungen und eine konsequente Therapie nicht erfolgten. Es ergebe sich auch aus den Unterlagen kein Hinweis darauf, dass die bei der Anamneseerhebung bei Dr.T. angegebenen zeitweiligen Herz- und Magenbeschwerden auf eine organische Erkrankung zurückzuführen seien. Aus internistischer Sicht ergäben sich keine besonderen Leistungseinschränkungen, hier könne der Kläger leichte körperliche Arbeiten noch erbringen. Aufgrund der internistischen Erkrankung liege mit Sicherheit keine Reiseunfähigkeit vor.

Als weiterer Sachverständiger wurde Dr.S. beauftragt, der sein Gutachten am 04.03.2005 ebenfalls nach Aktenlage erstellt hat. Dr.S. kam zum Ergebnis, dass beim Kläger am wahrscheinlichsten eine Alkoholabhängigkeit vorlag, die zwischen 1989 und 1991 zu Komplikationen im Sinne einer alkohol-toxisch bedingten Psychose geführt habe. Ab 1991 sei es dann möglicherweise unter Einhaltung von Alkoholabstinenz bzw. durch Reduktion des Alkoholkonsums zu einer Besserung des Befindens des Klägers gekommen, so dass 1996 ein weitgehend unauffälliger Befund erhoben werden konnte. Frühzeitig seien Komplikationen im Sinne einer distalen symmetrischen Polyneuropathie der Beine und eines hirnorganischen Psychosyndroms beschrieben worden. Daneben bestehe möglicherweise ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit Auswirkungen im Sinne eines posttraumatischen hirnorganischen Psychosyndroms. Der Krankheitsverlauf sei in der Vergangenheit flukturierend gewesen, wobei schwere Ausfälle zwischen 1989 und 1991 beschrieben wurden. Damit ergebe sich in Beantwortung der Beweisfragen, dass vor Januar 1991 eine Alkoholabhängigkeit mit vorübergehender Komplikation im Sinne einer wahrscheinlich alkohol-toxisch bedingten paranoid-halluzinatorischen Psychose vorlag. Die Alkoholabhängigkeit bestand am 30.06.1992 weiter, wobei unklar bleibe, ob psychotische Phänomene zu diesem Zeitpunkt noch bestanden. Außerdem bestand ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit einem Zustand nach Whiplash injury, einer Thoraxkontusion, einer Kontusion des Hüftgelenks und des Oberschenkels sowie eine posttraumatische Encephalopathie. Zur Frage der Diskrepanz zwischen den erhobenen Befunden und der Einschätzung des Leistungsvermögens vermochte Dr.S. keine abschließende Beurteilung abzugeben. Zwischen 1989 und 1991 habe eine weitgehende Einschränkung der Einsatzfähigkeit des Klägers sowohl für körperliche als auch für psychische Belastungen bestanden. Der Befund, wie er bei der Begutachtung durch Dr.T. erhoben wurde, belege hingegen, dass Erwerbsunfähigkeit auf Dauer nicht eingetreten war. Unter Zugrundelegung der vorliegenden Befunde ab 2001 sei davon auszugehen, dass beim Kläger aufgrund von Spätkomplikationen des chronischen Alkoholismus sowohl auf psychiatrischem Gebiet als auch auf neurologischem Fachgebiet Veränderungen eingetreten sind, die die Feststellung von Erwerbsunfähigkeit rechtfertigen könnten. Insbesondere die beschriebenen hirnorganischen Auffälligkeiten mit erheblichen kognitiven Defiziten würden die Fähigkeit des Klägers regelmäßig und voraussehbar Arbeitsleistungen zu erbringen, einschränken. Wie stark diese Einschränkung sei, könne aber anhand der mitgeteilten Befunde nicht mit Sicherheit gesagt werden, mit Wahrscheinlichkeit sei von einer erheblichen Einschränkung auszugehen. Die vorliegenden Befunde erlaubten es hingegen nicht, eine zeitliche Leistungseinschränkung abschließend vorzunehmen. Aufgrund der unterschiedlichen in der Vergangenheit gestellten Diagnosen auf nervenfachärztlichem Gebiet und der widersprüchlichen Leistungsbeurteilung durch die Vorgutachter sei eine Beurteilung des Leistungsvermögens hinsichtlich quantitativer Einschränkungen nicht möglich, da keine ausreichende Beschreibung der sich aus den benannten Gesundheitsstörungen ergebenden Funktionsein- schränkungen vorliege. Eine Abklärung auch hinsichtlich der differenzialdiagnostischen Benennung des Krankheitsbildes wäre nur im Rahmen einer persönlichen Untersuchung des Klägers mög- lich. Es sei nicht dokumentiert, dass der Klägere aufgrund einer akuten psychischen Erkrankung nicht reisefähig sei. Auch die beschriebene Polyneuropathie scheint nicht so schwerwiegend, dass er zur Fortbewegung einen Rollstuhl benutzen müsste.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.12.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Rente wegen Er- werbsunfähigkeit ab Antrag zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts München und des Bayer. Landesso- zialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Leistung, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass er bei Antragstellung auf Dauer berufs- oder erwerbsunfähig war und aufgrund der fehlenden Mitwirkung nicht geklärt werden konnte, ob und ggf. wann im Laufe des Verfahrens Berufs-, Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung eingetreten ist.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.1992 an den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung zu messen, da geltend gemacht, dass dieser Anspruch bereits vor dem 01.01.1992 bestand (§ 300 Abs.2 SGB VI). Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI maßgeb- lich und zwar sowohl in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (§§ 43, 44 SGB VI a.F., i.V. § 300 Abs.2 SGB VI) als auch in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (§§ 43 n.F. 240 SGB VI, § 300 Abs.1 SGB VI).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 Abs. 1 SGB VI a.F., da er ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags von 1991 bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufs- bzw. erwerbsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen beim Kläger nicht vor.

Erwerbsunfähig ist wer, wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mwN). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit als Bauarbeiter.

Obwohl der Kläger seinen maßgeblichen Beruf nicht mehr ausüben kann, ist er aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 Nr.138).

Nach den Angaben des Arbeitgebers ist der Kläger tariflich als Bauhelfer (Baufacharbeiter) eingestuft und nach Lohngruppe V bezahlt worden, was einer einfach angelernten Tätigkeit nach dem Stufenschema des BSG entspricht.

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des unteren Bereichs (Ausbildungs- oder Anlernzeit von 3 Monaten bis zu einem Jahr, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr.45), zuzuordnen. Als angelerntem Arbeiter des unteren Bereichs ist dem Kläger die Verweisung auf praktisch alle - auch ungelernte - Berufstätigkeiten sozial zumutbar, denen er körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es grundsätzlich nicht. Auch liegt beim Kläger weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einem Versicherten erforderlich machen würde, der der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen ist. Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Nach dem Ergebnis der Beweiserhebung lässt sich der Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit bzw. der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung bis zum heutigen Zeitpunkt nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit beweisen. Nach den Grundsätzen der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden objektiven oder materiellen Beweislast müssen die Beteiligten ihrer Mitwirkungslast genügen, sonst können sie die Nachteile treffen. Die objektive Beweislast regelt die Folgen, wenn das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann. Es gilt also der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Ein Beteiligter muss daher die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist (vgl. Jens Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8.Aufl., § 103 Anm.19a, § 118 Anm.6). Dies trifft im Falle des Klägers zu, denn trotz der Bemühungen des Sozialgerichts und des Senats ist es nicht gelungen, den Kläger zwischen 1996 und 2004 durch erfahrene Sachverständige untersuchen zu lassen. Der Kläger hat jeweils zunächst den Eindruck erweckt, zur Untersuchung anreisen zu wollen, um dann, wenn ein Untersuchungstermin bestimmt war, un- ter Vorlage wenig aussagekräftiger ärztlicher Atteste nicht zu erscheinen. Vor allem für die Jahre 1996 bis 2002, also während des Verfahrens vor dem Sozialgericht München ist nicht ersichtlich, dass derart schwerwiegende Gesundheitsstörungen vorgelegen haben, dass es ihm unmöglich gewesen wäre, zur Untersuchung anzureisen. Darüberhinaus zeigte sich, dass sich der Kläger in diesem Zeitraum offensichtlich auch in der Bundesrepublik aufgehalten hat, wobei aus den Angaben nicht klar wird, wann und wielange dies der Fall war. Unabhängig von seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik sind aber keine Befunde erkennbar, die es ihm nicht zumindest mit Begleitperson möglich gemacht hätten, zur Untersuchung aus Bosnien-Herzegowina anzureisen. Dies gilt, wie Dr.E. und Dr.S. überzeugend dargestellt haben, auch noch für das Berufungsverfahren. Aufgrund der nicht durchführbaren Untersuchung des Klägers konnte die erhebliche Diskrepanz zwischen den vorliegenden Befunden, und dem Ergebnis der Untersuchung bei Dr.T. im Jahre 1996 nicht aufgeklärt werden. Die gerichtlichen Sachverständigen sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren haben deshalb völlig überzeugend diese erhebliche Diskrepanz zwischen den Befunden bestand, so dass deshalb nicht von einer durchgehenden Leistungseinschränkung ausgegangen werden kann. Besonders Dr.S. hat ausführlich und überzeugend dargestellt, dass der Kläger zwar 1991, dokumentiert durch die stationäre Behandlung bis Juli 1991, leistungseingeschränkt und arbeitsunfähig war. Es konnte aber, da nach dieser stationären Behandlungen keine Unterlagen mehr vorliegen, nicht geklärt werden, ob es sich dabei um einen Zustand auf Dauer und somit um Erwerbsunfähigkeit gehandelt hat oder ob es eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bestand. Anhand der bekannten Befunde und der überzeugenden Deutung dieser Unterlagen durch Dr.S. , Dr.E. , Dr.L. und Dr.T. steht fest, dass keinesfalls von gleichbleibenden Gesundheitsstörungen ausgegangen werden kann. Um so größere Bedeutung hätte es deshalb gehabt, durch eine Untersuchung in Deutschland aufzuklären, wie sich der Gesundheitszustand des Klägers nach 1996 entwickelt hat. Für einen Zeitraum zumindest ab 2002 bis 2004 ergeben sich Hinweise darauf, dass möglicherweise erneut eine erhebliche Leistungsminderung vorliegt. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen ist aber festzustellen, dass das Sozialgericht mit überzeugender Begründung dargelegt hat, warum bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung ein Rentenanspruch des Klägers nicht zu begründen ist. Das Sozialgericht hat unter ausführlicher Würdigung der vorliegenden Unterlagen zutreffend ausgeführt, dass auf Dauer zum Zeitpunkt der Antragstellung keine so weitgehende Leistungsminderung beim Kläger vorgelegen hat, dass er nicht leichte Arbeiten noch vollschichtig hätte ausüben können. Das Sozialgericht ist dabei zutreffend weiter davon ausgegangen, dass der Kläger unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs, insbesondere der zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Bauhelfers, entlohnt nach der Lohngruppe V des Bautarifs, allenfalls der Gruppe der angelernten Arbeiter im unteren Bereich zuzuordnen ist und deshalb ausgehend von dieser Zuordnung sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen muss, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen wäre. Bei vollschichtigem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ebensowenig erfüllt wie auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. auf Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 1246, 1247 RVO bzw. §§ 43, 44 SGB VI a.F., § 240 SGB VI n.F.). Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und sieht insoweit gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Auch die vom Senat eingeholten Gutachten der Dres.S. und E. führten zu keiner abweichenden Beurteilung. Beide Sachverständigen haben die bisherigen Einschätzungen bestätigt und konnten auch in Auswertung aller Unterlagen keine abweichende Beurteilung des Leistungsvermögens treffen. Neue Gesichtspunkte in der Leistungsbeurteilung wären nur bei einer Untersuchung des Klägers in der Bundesrepublik zu erwarten gewesen. Allerdings konnte der Kläger erneut nicht nachweisen, dass er reiseunfähig ist, so dass er aufgrund seines unentschuldigten Fernbleibens den Nachweis einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nicht führen konnte. Dies geht nach den bereits genannten Beweislastregeln zu seinen Lasten.

Festzuhalten bleibt allerdings, dass, sollte sich ein Versiche- rungsfall nachweisen lassen, der Kläger aufgrund des andauern- den Rentenverfahrens doch noch berechtigt wäre, Beiträge nach- zuentrichten. Dazu führen folgende Überlegungen: Die zuletzt berücksichtigten Versicherungszeiten enden mit dem Ende des Krankengeldbezugs durch die AOK Bayern. D.h. der Kläger war zur Zeit des letzten Beitrags arbeitsunfähig erkrankt. Der Krankengeldanspruch bis Mai 1990 wurde im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens dem Kläger zugesprochen, wobei, was aus dem Schriftwechsel zwischen seinem Bevollmächtigten und der AOK abzulesen ist, er Krankengeld wegen der stationären Behandlung weiter erhielt. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass auch im Jahre 1991 eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen erforderlich war, die vom 16.07. bis 23.07. dauerte und der Kläger aber noch nicht hätte entlassen werden können. Die Entlassung erfolgte vielmehr vorzeitig und vor Stabilisierung des Gesundheitszustandes, weil er wegen des fehlenden Krankenversicherungsschutzes die Behandlung selbst bezahlen musste. Diese Einschätzung teilt auch Dr.S. , denn er gab an, dass zwischen 1989 und 1991/92 eine akute Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat. D.h. der Kläger war bei Antragstellung am 14.08.1991, wenn auch nicht erwerbsunfähig, so doch mit größter Wahrscheinlichkeit arbeitsunfähig, so dass hier an eine Anrechnungszeit zu denken ist. Geht man also davon aus, dass zwischen Mai 1990 und Antragstellung noch Arbeitsunfähigkeit bestand, so wäre der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung noch berechtigt gewesen, aufgrund des seither anhängigen Rentenverfahrens nach §§ 197, 198 SGB VI freiwillige Beiträge zu entrichten. Damit wäre dann für einen eingetretenen Versicherungsfall z.B. im Jahr 2005 die Rentenanwartschaft noch gegeben. Dieser Aspekt war zwischen den Beteiligten noch nicht in dieser Ausführlichkeit Gegenstand der Erörterung, konnte aber bisher auch nicht berücksichtigt werden, weil die vorhandenen Unterlagen ja den Eintritt eines Versicherungsfalls z.B. 2004 nicht beweisen.

Dem Kläger sei deshalb empfohlen sich unmittelbar nach Abschluss dieses Verfahrens wegen der Entrichtung von freiwilligen Beiträgen mit der Beklagten in Verbindung zu setzen.

Der Senat sah aber auch keine Möglichkeit zu weiterer Sachaufklärung, da wie dargestellt, die Überprüfung des Versicherungsfalles ausschließlich von einer Untersuchung des Klägers abhängt und dieser auch auf Aufforderungen nicht zur bereits terminierten Untersuchung bei Dr.E. und Dr.S. erschienen ist. Die von ihm behauptete Reiseunfähigkeit ist nicht nachgewiesen, so dass letztlich nach dem Stand des Verfahrens die Nichterweislichkeit zu seinen Lasten gehen muss. Im Hinblick darauf, dass es bisher nicht möglich war, den Eintritt des Versicherungsfalles nachzuweisen und der Kläger bei der tatsächlich durchgeführten Untersuchung bei Dr.T. im Jahre 1996 mit Sicherheit nicht erwerbsunfähig war, war die Sache entscheidungsreif.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG, die Revision zuzulassen sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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