L 14 R 276/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 2/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 276/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 24. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage wegen Altersrente oder anderer finanzieller Hilfen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten sind die Feststellung weiterer Beschäftigungszeiten des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland - BRD - (Bescheid vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2003) und ein Anspruch auf Altersrente oder sonstige geldwerte "Hilfen" aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der im Jahre 1934 geborene Kläger, ein marokkanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland, hat in der BRD nachweislich in den Jahren 1971/72 acht Monate an Pflichtbeitragszeiten und in Marokko keinerlei Versicherungszeiten zurückgelegt.

Ab dem Jahre 2002 war die Beklagte mit insgesamt drei verschiedenen Verfahren in seinen Angelegenheiten befasst.

1. Einen am 19.06.2002 bei der marokkanischen Verbindungsstelle gestellten Antrag auf Altersrente lehnte die Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 10.12.2002 ab, weil die erforderliche Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt sei; der Kläger verfüge nur (vom 15.06.1971 bis 20.01.1972) über acht Monate an Beitragszeiten. Dieser Feststellung ging voraus, dass der Kläger eine Niederschrift der deutschen Grenzpolizei über eine vom ihm gezahlte Sicherheitsleistung zur Abwendung einer Festnahme wegen unerlaubten Aufenthalts in der BRD vom 19.08.1968 bis 21.11.1970 (der Kläger soll ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis einer auf Erwerb gerichteten, nicht näher bezeichneten Tätigkeit nachgegangen sein und hatte ein Strafverfahren zu erwarten) sowie einen Arbeitsvertrag mit der Firma K. , Garten- und Landschaftsbau in M. für die Zeit vom 15.02.1971 bis 15.02.1972 vorgelegt hatte. Darüber hinaus behauptete er weitere Beschäftigungszeiten von April 1973 bis 1983 bei der Firma K. und bei der Firma S. , Straßen- und Tiefbau in D. ; zum Beleg hierfür hatte er einen nicht datierten Zettel der Firma S. vorgewiesen, in dem er um die Einrichtung und Bekanntgabe eines Lohnkontos gebeten wurde, sowie ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit, Auswahlgruppe Marokko in C. (Stelle zur Anwerbung marokkanischer Staatsangehöriger) vom 24.04.1973 mit der Bitte um Vorsprache am 03.05.1973 mit Ausweis und Passfotos. Im Betreff war ein Arbeitsangebot bei der Firma K. angegeben. Ermittlungen der Beklagten bei der ehemals zuständigen Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz ergaben, dass dort keine Versicherungskarten, Aufrechnungsbescheinigungen oder sonstige Beitragsvorgänge vorlagen; die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Rheinland, Regionaldirektion M. , bescheinigte dem Kläger eine Beschäftigung bei der Firma K. vom 15.06.1971 bis 20.01.1972, wohingegen die AOK Rheinland, Regionaldirektion D. , und die Innungskrankenkasse Nordrhein der Beklagten gegenüber Fehlanzeige erstatteten.

2. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.12.2002 - ein eindeutiger Vermerk über den Tag der Aufgabe des Bescheids bei der Deutschen Post fehlt - stellte die Beklagte gemäß § 149 Abs.5 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI) nachgewiesene Zeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter, Landwirtschaft, Leistungsgruppe II, vom 15.06.1971 bis 20.01.1972 fest. Mit dem hiergegen am 18.08.2003 erhobenen Widerspruch machte der Kläger Beschäftigungszeiten in der BRD ab 1968 geltend und legte im Wesentlichen noch ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit, Auswahlgruppe Marokko, vom 07.12.1972 über einen erst im Jahre 1973 möglichen Arbeitseinsatz des Klägers in der BRD nach ärztlicher Untersuchung am 30.04.1973 in Marokko vor. Nach erneuter Anfrage bei der AOK Rheinland, Regionaldirektion M. , erging der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 19.11.2003 mit der Begründung, andere als die bereits festgestellten Beitragszeiten seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

3. Kurz nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 18.12.2002 hatte der Kläger am 10.01.2003 formlos Antrag auf Beitragserstattung gestellt, wobei er in der Folgezeit als weitere Arbeitgeber in der BRD die Firma K. K. , Straßen- und Tiefbau GmbH im L. Feld und die Firma K. M. angab. Der Antrag wurde mit nicht streitgegenständlichem Bescheid vom 18.08.2003 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt; der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde bisher noch nicht verbeschieden, wobei die Leistungsabteilung der Beklagten aktenintern die Bereitschaft erklärte, nach Eingang eines amtlich bestätigten Erstattungsantrags nach Formblatt im April 2005 den Bescheid vom 18.08.2003 aufzuheben und in der Sache über die Beitragserstattung zu entscheiden.

4. Mit einem am 02.01.2004 beim Sozialgericht Augsburg eingegangenen Schreiben wandte sich der Kläger unter Beifügung des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2003 gegen die hierin getroffene Entscheidung über seine Versicherungszeiten und bat um Überprüfung sowie um ein positives Urteil, damit er (dann) einen Rentenanspruch geltend machen könne. Die Beklagte wies darauf hin, dass ihre Ermittlungen ergebnislos verlaufen seien und ohne genauere Angaben des Klägers zu seinen Beschäftigungen bzw. ohne Vorlage weiterer Beitragsnachweise oder Arbeitsbescheinigungen (Versicherungskarten, Aufrechnungsbescheinigungen, Entgeltbescheinigungen, Lohnbescheinigungen, Versicherungsverläufe, Arbeitszeugnisse) ein Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen nicht gesehen werde.

Ermittlungen des Sozialgerichts bei der Innungskrankenkasse Nordrhein, den Allgemeinen Ortskrankenkassen Rheinland, Regionaldirektionen M. , M. und D. , sowie bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen unter Angabe verschiedener Namen des Klägers und Bezeichnungen der Arbeitgeber erbrachten nur Hinweise auf die bereits bekannten Beitragszeiten vom 15.06.1971 bis 20.01.1972. Nach Anhörung der Beteiligten zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides bat der Kläger in zwei Schreiben um baldige positive "Antwort" in seiner Angelegenheit und beantragte (am 30.11.2004) "eine finanzielle Hilfe oder eine Rente, um seine Familie zu versorgen".

Das Sozialgericht wies eine gegen den Bescheid vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2003 gerichtete Klage wegen Feststellung weiterer Versicherungszeiten mit Gerichtsbescheid vom 24.01.2005 ab, worin es sich eingehend mit den Vorschriften über den Nachweis und die Glaubhaftmachung von Beschäftigungs- bzw. Beitragszeiten einschließlich der damals geltenden Verfahren zur Beitragsabführung und Beitragsbescheinigung auseinandersetzte (§§ 203, 286 SGB VI) und darlegte, dass hinreichend Nachweise bzw. Anhaltspunkte für ehemals geplante oder gar durchgeführte Beschäftigungsverhältnisse mit Beitragszahlung oder wenigstens mit Beitragsabzug vom Lohn nicht vorlägen.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung bittet der Kläger um Überprüfung, weil er eine Altersrente oder finanzielle Hilfe gemäß seiner in der BRD ausgeübten Tätigkeit beantragt habe. In einem zweiten Schreiben äußert er sich in Zusammenhang mit seinem prozessualen Begehren dahingehend, dass er eine Altersrente beantrage.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid vom 24.01.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, weitere Versicherungszeiten festzustellen sowie eine Altersrente oder sonstige Leistungen aus gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Hierauf sowie auf den Inhalt der zu Beweiszwecken beigezogenen Beitrags-, Renten- und Widerspruchsakten der Beklagten wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet.

Die Ablehnung der Feststellung weiterer in der BRD zurückgelegter Versicherungszeiten im Bescheid vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2003 ist zu Recht erfolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG).

Ergänzend hierzu weist der Senat die in erster Instanz nebenbei noch eingelegte und mit Berufung weiter verfolgte Klage auf Geldleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zurück: Die Klage wegen Altersrente ist unzulässig. Der Rentenantrag des Klägers vom 19.06.2002 ist mit Bescheid vom 10.12.2002 abgelehnt worden. Dieser ist bestandskräftig geworden, und eine hiergegen gerichtete Anfechtungsklage wäre verfristet und unzulässig. Hinsichtlich eines weiteren Rentenantrags des Klägers - ein solcher könnte in dem Widerspruch des Klägers vom 15.09.2003 gegen die Ablehnung der Beitragserstattung liegen (vgl. Bl.3 der Widerspruchsakte II: "Einspruch", aber auch wortwörtlich: "Ich beantrage eine Altersrente") - ist weder ein anfechtbarer Verwaltungsakt ergangen noch ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden, so dass es an den notwendigen Prozessvoraussetzungen fehlt.

Dasselbe gilt für eine Anfechtungsklage ( 51 Abs.1 SGG) hinsichtlich einer abgelehnten Beitragserstattung, falls der Kläger mit dem Begehren auf sonstige finanzielle Hilfe die Erstattung gemeint haben sollte. Eine ablehnende Entscheidung in der Sache selbst, also nicht nur wegen fehlender Mitwirkung, ist durch Bescheid und Widerspruchsbescheid bisher nicht erfolgt. Eine allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs.5 SGG) wegen finanzieller Hilfe im Sinne einer Beitragserstattung ist hingegen schon deswegen unzulässig, weil eine solche Klage gegenüber der Anfechtungsklage subsidiär ist, das heißt nicht für die Fälle vorgesehen ist, in denen zunächst ein Verwaltungsakt zu ergehen hat.

Letztlich ist auch eine Klage wegen sonstiger geldwerter Hilfen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie nicht in Rentenleistungen oder in einer Beitragserstattung bestehen, unzulässig. Auch hierfür fehlt es an den Prozessvoraussetzungen, so dass sich weitere Ausführungen dazu erübrigen, dass eine dementsprechende Klage auch unbegründet wäre, weil sonstige geldwerte Hilfen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorgesehen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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