L 5 R 317/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 RJ 1210/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 317/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Ersatz von Fahrtkosten.

Der 1979 geborene Kläger leidet an psychischen Erkrankungen. Als Leistung der medizinischen Rehabilitation bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 07.03.2001 eine teilstationäre Maßnahme in der I.klinik S. vom 01.05.2001 bis 16.08.2001. Tatsächlich wurde der Kläger am 21.06.2001 aufgenommen, erkrankte ab 30.07.2001 und wurde am 16.08.2001 entlassen.

Mit Bescheid vom 07.11.2001/Widerspruchsbescheid vom 19.06.2001 lehnte die Beklagte es ab, über die gewährten Fahrtkosten von Bahnfahrten der zweiten Klasse hinaus die Kosten der ersten Klasse sowie die Kosten für Taxifahrten zu übernehmen. Fahrtkosten könnten nur nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erstattet werden. Nach prüfärztlicher Äußerung sowie nach Auswertung des Entlassungsberichtes sei die Inanspruchnahme der ersten Klasse sowie von Taxifahrten medizinisch nicht zu begründen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und vorgetragen, er habe für die behandlungsbedingten Fahrten vom Wohnort G. bis zum Bahnhof S. Wochenkarten der ersten Klasse benutzt und sei einige Male von der I.klinik zum Bahnhof S. gefahren. Er begehre Kostenersatz, weil in einem Merkblatt zur stationären Heilbehandlung die Kostenübernahme für Fahrten lediglich der zweiten Klasse erläutert worden sei, nicht jedoch im besonderen Merkblatt zu teilstationären Leistungen. Im Umkehrschluss sei er von der Erstattung der Kos-ten erster Klasse ausgegangen. Zudem habe er den Behandlungserfolg nicht gefährden wollen, indem er sich Stresssituationen aussetze, die durchaus in der oft überfüllten zweiten Klasse auftreten könnten.

Mit Urteil vom 08.07.2004 hat das Sozialgericht (SG) die Klage unter Bezugnahme auf die Verwaltungsentscheidung abgewiesen und ergänzend darauf hingewiesen, der Umkehrschluss von der Kostenübernahme zweiter Klasse bei stationären Leistungen zur Kostenübernahme der ersten Klasse bei teilstationären Leistungen sei nicht nachvollziehbar. Zudem habe die I.klinik einen Shuttlebus betrieben.

Gegen das am 22.03.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger (die vom Senat zugelassene) Berufung eingelegt und sich erneut auf den Umkehrschluss aus den Merkblättern zur stationären und teilstationären Behandlung berufen. Die Erstattung von Taxikos-ten hat er nicht mehr begehrt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 08.07.2004 sowie des Bescheides vom 07.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2002 zu verurteilen, ihm über die bisher erstatteten Fahrtkosten für Zugfahrten der zweiten Klasse aus Anlass der teilstationären Behandlung in der Klinik S. vom 21.06.2001 bis 16.08.2001 hinaus die Fahrtkosten erster Klasse zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 08.07.2004 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2005 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 145, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), jedoch unbegründet.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 07.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2002, mit welchem sie es abgelehnt hat, dem Kläger Fahrtkosten aus Anlass der mit Bescheiden vom 07.03.2001/10.05.2001 bewilligten teilstationären Rehabilitationsmaßnahme in der I.klinik S. zu erstatten, soweit diese über die erstatteten Fahrtkosten zweiter Klasse hinausgehen. Diese Entscheidung ist zu Recht ergangen, wie auch das SG München inhaltlich zutreffend entschieden hat. Der Kläger hat nur Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zweiter Klasse.

Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Reisekosten richtet sich noch nach § 30 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis 30.06.2001 geltenden Fassung. Die gemäß Art.68 des Gesetzes vom 19.06.2001 - BGBl.I S.1046 - in Kraft getretene ablösende Vorschrift des § 53 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - ist gemäß Art.67 Abs.1 des genannten Gesetzes nicht anzuwenden, weil dem Kläger die streitbefangene Maßnahme mit Bescheid vom 07.03.2001/10.05.2001 gewährt worden war.

Nach § 9 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur Rehabilitation, um Auswirkungen einer Krankheit oder Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit von Versicherten entgegenzuwirken sowie diese möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Die Erbringung von Rehabilitationsleistungen steht im Ermessen des Rentenversicherungsträgers (§ 9 Abs.2 SGB VI). Den Leistungsumfang bestimmt der Rentenversicherungsträger gemäß § 13 Abs.1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach pflichtgemäßem Ermessen. Als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation können gemäß § 28 Nr.2, § 30 SGB VI Reisekosten für die Versicherten übernommen werden.

Aus der Zweckgerichtetheit der Rehabilitationsleistungen sowie aus der Geltung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ergibt sich, dass Versicherte nicht stets Anspruch auf alle angefallenen Reisekosten haben, sondern nur auf die erforderlichen (Kasseler Kommentar/Niesel zur inhaltsgleichen Regelung in § 53 SGB X Rdnr.8 unter Bezugnahme auf die Definition in § 60 Abs.3 SGB V).

Für die Übernahme der Fahrtkosten erster Klasse fehlt es an einem Anspruch des Klägers; Ermessensfehler der Beklagten sind nicht ersichtlich. Die Fahrten in einem Zug zweiter Klasse zurückzulegen, war dem Kläger zumutbar. Medizinische Anhaltspunkte, wonach er infolge seiner psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, die zweite Klasse zu benutzen, sind nicht ersichtlich. Das Gegenteil belegen vielmehr die prüfärztlichen Unterlagen sowie der Entlassungsbericht aus der streitbefangenen Rehabilitationsmaßnahme. Der Kläger war unabhängig von der benutzten Klasse in der Lage, den Zug als öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen und dabei mit anderen Personen in Kontakt zu kommen. Zu beachten ist insoweit auch, dass die Fahrten des Klägers genau im entgegengesetzten Rhythmus des auf der betroffenen Strecke üblichen Pendlerstroms stattgefunden haben.

Schließlich war der Kläger durch das Merkblatt zur stationären medizinischen Rehabilitation ausreichend darauf hingewiesen, dass die Kosten der Zugfahrt erster Klasse nicht übernommen werden. Der von ihm angeführte Umkehrschluss ist nicht zwingend; im Gegenteil hätte aus den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Verwendung der eingezahlten Versicherungsbeiträge ohne Weiteres darauf geschlossen werden müssen, dass bei teilstationären Maßnahmen erst recht nur die zweite Klasse übernommen wird. Zu weiteren Ermittlungen in Bezug auf eventuelle anderslautende Auskünfte der Beklagten - wie vom Kläger im Verhandlungstermin vom 20.09.2005 erstmals und damit im Übrigen nicht in glaubhafter Weise geltend gemacht - ist der Senat mangels konkreter Anhaltspunkte nicht veranlasst. Zudem wirkt sich die Nichterweislichkeit einer Zusicherung oder einer Auskunft der Beklagten, die Kosten erster Klasse würden übernommen, nach den Regeln der materiellen Beweis(führungs)- last zu Ungunsten des Klägers aus.

Der Berufung musste damit der Erfolg in vollem Umfang versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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