L 15 VG 13/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 VG 1/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VG 13/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.09.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Entschädigungsanspruch nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) wegen der psychischen Folgen eines von der Klägerin geltend gemachten sexuellen Missbrauchs besteht.

Die 1959 geborene Klägerin stellte im Juli 1995 Antrag auf Entschädigung nach dem OEG, weil sie von 1970/71 bis Herbst 1976 vom eigenen Vater wiederholt vergewaltigt worden sei und deshalb unter psychischen Erkrankungen mit Folgeerkrankungen im Magen-Darm-Bereich leide. Sie habe gegen ihren Vater, K. H. , am 30.09.1994 Strafanzeige erstattet.

Der Beklagte führte umfangreiche Ermittlungen durch: Er holte Auskünfte der AOK C. , AOK O. und KKH C. ein und zog Unterlagen des Bezirksklinikums K. , der Nervenklinik B. , des Nervenarztes Dr.E. sowie des Allgemeinarztes Dr.S. bei. Es wurden auch die Akten der BfA mit einem Gutachten des Nervenarztes Dr.K. und ärztlichen Entlassungsberichten nach mehreren stationären Reha-Maßnahmen in der K.klinik in Bad D. (zuständiger Stationsarzt: Nervenarzt Dr.S.) sowie anderen Nervenkliniken ab April 1986 beigezogen; schließlich wurden auch die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht C. im Ermittlungsverfahren (Az: 5 Js 9359/94) gegen den Vater der Klägerin wegen der streitgegenständlichen Missbrauchsvorwürfe ausgewertet. In ihren polizeilichen Vernehmungen am 02.11. und 06.12.1994 gab die Klägerin an, ihr Vater habe sie wahrscheinlich im November 1971 in E. im Wohnhaus der Familie (das den Großeltern gehörte) in ihrem neuen Zimmer im Dachboden zum ersten Mal vergewaltigt. Ende Sommer/Anfang Herbst 1974 (nach ihrer Konfirmation im April 1974) sei sie von ihrem Vater im L. Forst im Auto missbraucht worden, ferner im Juli 1975 während eines Urlaubs der Familie in W. (ebenfalls in einem Zimmer im Dachboden, wobei die Klägerin sich während der Vergewaltigung aus dem Fenster habe lehnen müssen). Die Gewalttaten seien jahrelang an ihr begangen worden. In ihrer ersten polizeilichen Vernehmung am 02.11.1994 nach ihrer Strafanzeige sagte die Klägerin aus, das Vergangene sei ihr erst am Ende der Kur in Bad D. im Mai 1986 wieder bewusst geworden. Ihr Ehemann sei darüber informiert worden, was zu ehelichen Schwierigkeiten geführt habe. Wegen dieser Eheprobleme und wegen einer Zeitungsnotiz über sexuelle Verfehlungen ihres Vaters habe sie sich zur Strafanzeige gegen ihn entschlossen.

Diese Angaben der Klägerin zu dem an ihr begangenen sexuellen Missbrauch bestritten sowohl ihr beschuldigter Vater in seiner polizeilichen Vernehmung als auch die Geschwister der Klägerin (B. M. , geb. 1961; A. H. , geb. 1967), ferner I. K. , geb. 1924, Großtante der Klägerin. Ein 1959 geborener Bruder verunglückte im Alter von 3 Jahren; er lebt angeblich in einem Pflegeheim.

Der o.g. Nervenarzt Dr.S. erklärte in Schreiben vom 11.01.1995 und 08.06.1995, dass sich die Klägerin ihm zum ersten Mal am 16.05.1986 und danach wiederholt bezüglich des Inzestgeschehens anvertraut habe, das typischerweise nach langer Verdrängung blitzartig im Rahmen einer therapeutischen Sitzung erinnert worden sei.

Nachdem die gegen den Vater der Klägerin ermittelnde Staatsanwaltschaft beim Landgericht C. ein aussagepsychologisches Gutachten (14.08.1995) über die Glaubwürdigkeit der Klägerin von der Dipl.-Psychologin L. eingeholt hatte, wonach deutliche inhaltliche Mängel der Aussagen der Klägerin - wie Konstanz- und Detaillierungsmängel - einen überzeugenden Nachweis der Zuverlässigkeit ihrer Angaben ausschlössen, stellte die Staatsanwaltschaft mit Bescheid vom 06.09.1995 das Verfahren gegen den Vater der Klägerin nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein. Ein sicherer Tatnachweis gegenüber dem Beschuldigten könne nicht geführt werden.

Aufgrund dieser Aktenlage lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.01.1996 den Antrag der Klägerin auf Entschädigung nach dem OEG ab, weil die geltend gemachten Gewalttaten nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen seien. Gegen ihre Angaben spreche auch das von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Glaubwürdigkeitsgutachten.

Zur Begründung ihres Widerspruchs setzte sich die Klägerin in einem 29 Seiten umfassenden Schreiben kritisch mit dem Gutachten der Dipl.-Psychologin L. auseinander. Die Klägerin wurde anschließend am 24.04.1996 vom Beklagten zum streitigen Sachverhalt einvernommen. Am 17.07.1996 wurde die Schwester der Klägerin als Zeugin vernommen. Am 20.08.1996 erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid, wonach auch jetzt nach Auswertung der Ermittlungsergebnisse der Nachweis für einen sexuellen Missbrauch nicht vorliege.

In der Beklagtenakte findet sich auch eine Gesprächsnotiz vom 21.08.1996 zwischen dem Sonderbetreuer des AVF B. und dem Vater der Klägerin, der angab, die Klägerin habe den Missbrauchsvorwurf erfunden, weil sie Schulden habe und von ihm Geld benötige.

Die Klägerin hat sich anschließend mit Klage (eingegangen am 05.09.1996) an das Sozialgericht Bayreuth gewandt und weiterhin Leistungen nach dem OEG wegen der Folgen des sexuellen Missbrauchs begehrt. Das Sozialgericht hat umfangreich Beweis erhoben und die Schwerbehindertenakte des Beklagten, 5 Originalkrankengeschichten des Bezirksklinikums K. , Berichte des Landkrankenhauses C. über stationäre Aufenthalte der Klägerin von 1988 bis 1995, der psychosomatischen Fachklinik St.F.-Stift (Januar/Februar 1994), Akten der BfA sowie einen ausführlichen Befundbericht des Neurologen Dr.E. vom 13.03.1997 über Behandlungen ab Februar 1986 beigezogen.

Ein vom Sozialgericht angeforderter Auszug aus dem Bundeszentralregister hat seit 1974 12 Eintragungen im Register des Vaters der Klägerin erbracht. So wurde dieser vier Mal wegen Diebstahls bestraft, im Juli 1987 wegen fahrlässigen Anbietens und Ausstellens jugendgefährdender Schriften, am 30.11.1987 wegen verbotenen Vertreibens pornographischer Schriften, am 14.12.1988 wegen fortgesetzter Umsatzsteuerhinterziehung und am 05.05.1994 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei sachlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit versuchter Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (Tatzeit 29.04. 1993, 4 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung). Das Sozialgericht hat bezüglich der letztgenannten Straftat die Strafakten vom Amtsgericht C. beigezogen.

Das Sozialgericht hat anschließend von dem Psychologen Prof.Dr. F. von der Universität K. ein Glaubwürdigkeitsgutachten vom 04.11.1998 eingeholt. Der Sachverständige ist darin zum Ergebnis gekommen, dass an den Aussagen der Klägerin in ihrem Kernbereich keine Zweifel bestünden.

Nachdem die Staatsanwaltschaft C. aufgrund dieses Gutachtens ein teilweises Wiederaufgreifen des Verfahrens in Aussicht gestellt hatte, ist der Rechtsstreit am 21.05.1999 durch Beschluss des Sozialgerichts ausgesetzt worden.

Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die Klägerin im Mai 1999 Auskunft über ihren schulischen Werdegang und darüber, bei welchen Ärzten sie zwischen 1968 und 1975 in Behandlung gewesen ist, erteilt. Sie hat Schulzeugnisse und Zeugnisse von Arbeitgebern vorgelegt. Das Sozialgericht hat auch die Schülerpapiere der Klägerin von der Volksschule E. angefordert sowie von der Berufsschule II C ...

Mit Schriftsatz vom 23.08.2000 hat die Klägerin durch ihren nunmehr bestellten Prozessbevollmächtigten beantragt, das Verfahren fortzusetzen, da inzwischen ein weiteres, von der Staatsanwaltschaft eingeholtes Gutachten von Prof. Dr.K. vom Institut für Psychologie der Universität K. vorliege. Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 16.07.2000 zum Ergebnis gelangt, dass die Glaubhaftigkeit der Aussage der Klägerin nicht mehr mit hinreichender Zuverlässigkeit festgestellt werden könne; die Schlussfolgerungen der Dipl.-Psychologin L. seien im Gegensatz zu der von Prof.Dr.F. angewandten Methode auch im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof (BGH-Urteil vom 30.07.1999) formulierten Grundsätze zur Glaubwürdigkeitsbegutachtung nachvollziehbar. Seines Erachtens sei es im vorliegenden Fall nicht mehr möglich, naheliegende Alternativhypothesen (wie vor allem die einer suggestiven Beeinflussung durch wiederholte psychotherapeutische Behandlungen) auszuschließen. Die wieder aufgenommenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Vater der Klägerin wurden daraufhin am 04.10.2000 erneut eingestellt. Die von der Klägerin dagegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg (Bescheid des Generalstaatsanwalts beim Oberlandesgericht B. vom 25.10.2000). Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, im sozialgerichtlichen Verfahren seien nach der Rechtsprechung des BSG andere Beweisgrundsätze anzuwenden als im Strafprozess, insbesondere § 15 Satz 1 KOV-VfG. Diese gesetzliche Beweiserleichterung führe zur Anerkennung des OEG-Entschädigungsanspruchs.

Das Klageverfahren ist anschließend unter dem neuen Aktenzeichen S 5 VG 1/01 fortgeführt worden.

Mit Schriftsatz vom 22./26.02.2001 hat die Klägerin ein Schreiben von Dr.S. vom 23.02.2001 vorgelegt, der sich ebenso wie sie kritisch mit dem Gutachten von Prof. Dr.K. auseinandergesetzt hat.

Das Sozialgericht hat im März 2001 erfolglos bei SAT 1 und einer Fernsehproduktionsgesellschaft über eine von der Schwester der Klägerin angegebene Fernsehsendung "Das werde ich dir nie verzeihen" recherchiert.

Nachdem sich die Klägerin wegen der langen Laufzeit der Streitsache im Dezember 2001 an die Sozialministerin Stewens mit einer Petition gewandt hatte, hat das Sozialgericht am 09.02.2002 die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht mehr zweckmäßig und das Klagebegehren nicht aussichtsreich erscheine. Da die Klägerin beantragt hatte, die Dres.S. und S. als sachverständige Zeugen zu hören, sind daraufhin von beiden Ärzten sämtliche die Klägerin betreffenden ärztlichen Unterlagen angefordert worden. Nach Eingang der Unterlagen der früheren K.klinik hat das Sozialgericht im Juli 2002 den Beteiligten mitgeteilt, dass der Erlass eines Gerichtsbescheids beabsichtigt sei. Mit Schreiben vom 16.07.2002 hat Dr.S. (Facharzt für Allgemeinmedizin) mitgeteilt, dass die Klägerin aus seiner Sicht, als ihr Hausarzt seit 1982, die schlimmen Ereignisse wirklich erlebt habe.

Am 25.09.2002 hat das Sozialgericht die Klage der Klägerin durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien gegeben, weil die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen die Klägerin sei nicht nachgewiesen. Bei einem Vorfall in W. oder B. hätten die im gleichen Zimmer schlafenden Großeltern nichts von der Vergewaltigung der Tochter durch den Vater bemerkt. Der inzwischen verstorbene Vater habe die Vorwürfe stets bestritten. Die Geschwister der Klägerin hätten ebenfalls nichts bemerkt. Die Ärzte Dr.S. und Dr.S. könnten aus eigener Wahrnehmung die Vorfälle nicht bestätigen. Entsprechend den Gutachten der Dipl.-Psychologin L. und des Prof.Dr.K. sei die Glaubwürdigkeit der Klägerin nach intensiver psychotherapeutischer Beeinflussung nicht mehr sicher zu beurteilen und der Sachverhalt nicht mehr aufklärbar. Das Gutachten von Prof. Dr.F. widerspreche dem BGH-Urteil vom 30.07.1999. Er habe sich darauf beschränkt, die Angaben der Klägerin daraufhin zu überprüfen, ob sie in sich stimmig sind, anstatt den zu überprüfenden Sachverhalt so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar sei. Die Nichtnachweisbarkeit des tätlichen Angriffs i.S. des § 1 OEG gehe zu Lasten der Klägerin.

Mit Schriftsatz vom 18.10.2002 hat die Klägerin gegen diesen Gerichtsbescheid Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und weiterhin Entschädigung nach dem OEG wegen der psychischen Folgen des sexuellen Missbrauchs ab Juli 1995 begehrt. Mit Schriftsätzen vom 18. und 25.10.2002 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in verschiedenen Einzelpunkten Kritik am Gerichtsbescheid des Sozialgerichts geübt. Er hat richtig gestellt, dass der Vater der Klägerin nicht verstorben sei. Es werde beantragt, ein "verwertbares" Glaubwürdigkeitsgutachten von Amts wegen einzuholen, die Dres. S. und S. als Zeugen zu hören, hilfsweise die Schwester der Klägerin, B. M., als Zeugin zu vernehmen. Auch sei die Eintragung am 18.11.1974 im Klassenbuch der 9. Klasse der E.-Schule zu berücksichtigen. Damals sei in der 5. Stunde eine Bioarbeit geschrieben worden. Weil sie in der Nacht davor vergewaltigt worden sei, sei sie aufgrund der seitdem bestehenden starken Schmerzen ab der 3. Schulstunde beurlaubt worden.

Der Senat hat nochmals sämtliche Unterlagen, die bereits das Sozialgericht beigezogen hatte, angefordert. Der Schülerbogen der Volksschule E. ist in Kopie den Beteiligten übermittelt worden; er enthält jedoch nicht die von der Klägerin geltend gemachten Eintragungen am 18.11.1974.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 30.01.2003 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die geltend gemachten Missbrauchshandlungen im Wesentlichen vor dem 16.05.1976 stattgefunden haben, d.h. vor Inkrafttreten des OEG. Demnach sei nach § 10a OEG Voraussetzung für eine Versorgung, dass bei der Klägerin eine schädigungsbedingte MdE von 50 v.H. erreicht werde und in finanzieller Hinsicht Bedürftigkeit vorliege. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bestätigt, dass die Missbrauchshandlungen im Wesentlichen vor dem 16.05.1976 (d.h. vor dem Zeitpunkt der Mandeloperation der Klägerin) gelegen hätten. Bis zum Antritt der Heilbehandlung im April 1986 in Bad D. sei es der Klägerin gesundheitlich gut gegangen, da sie die Vorfälle verdrängt gehabt habe. Die Jugendereignisse seien dann blitzartig wieder hochgekommen. Außerdem hat der Prozessbevollmächtigte Angaben zu den Einkommensverhältnissen der Klägerin gemacht, die mit einer relativ geringen Rente auskommen müsse. Sie sei seit Dezember 1995 geschieden und erhalte weder für sich noch für ihre beiden Töchter Unterhaltszahlungen. Seit Mai 1990 beziehe sie ununterbrochen Erwerbsunfähigkeitsrente.

Für den Beklagten hat der Nervenarzt Dr.K. zunächst zur Frage eines weiteren Glaubwürdigkeitsgutachtens Stellung genommen und angeregt, ggf. nach einer Abgrenzung von Erinnerung und Pseudoerinnerung zu fragen. Dr.K. hat außerdem am 01.07.2003 auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.K. vom 20.10.1999 in der Schwerbehindertenakte Bezug genommen und die Auffassung vertreten, dass auch unter Annahme der angegebenen Schädigung der wesentliche Anteil der psychischen Störungen nicht als schädigungsbedingt zu werten sei. Die in den 80er Jahren entstandene psychotische Symptomatik könne nicht auf die geltend gemachte Schädigung in den 70er Jahren zurückgeführt werden. Für die psychoreaktiven Anteile der Gesamtsymptomatik seien die familiären Belastungen mit langdauerndem Partnerkonflikt, Krankheit und Tod der Mutter sowie Versorgung der Kinder zu berücksichtigen.

Dem anschließenden gerichtlichen Vorschlag, unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin eine ärztliche Begutachtung zur MdE-Höhe durchzuführen, vor einer Entscheidung, ob eine Gewalttat vorliegt, haben beide Beteiligten im Juli 2003 zugestimmt.

Nachdem die zunächst mit der Begutachtung beauftragte Nervenärztin Dr.M. mitgeteilt hatte, dass die Beantwortung der Beweisfragen ihre Möglichkeiten bei weitem übersteigen würden, ist der Neurologe und Psychiater Dr.H. von der Klinik für Psychiatrie im Klinikum N. im August 2003 zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt worden. Dieser hat nach Untersuchung der Klägerin ein Gutachten vom 26.11.2003 vorgelegt und die Fragen des Senats folgendermaßen beantwortet: Bei der Klägerin lägen eine schwere Persönlichkeitsstörung (emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus), eine anhaltende depressive Störung, eine Angststörung mit Panikattacken und eine Essstörung vor. Die Gesundheitsstörungen wären auch möglicherweise ohne die von der Klägerin behaupteteten schädigenden Ereignisse eingetreten. Die schädigenden Ereignisse von 1971 bis 1976 seien nicht mit Wahrscheinlichkeit die alleinige oder zumindest annähernd gleichwertige Ursache für den Eintritt der psychischen Gesundheitsstörungen. Erste Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin seien in ihrer Kindheit durch das wenig haltgebende familiäre Umfeld entstanden. Die eigentliche psychische Symptomatik habe sich aber erst entwickelt, als sie bereits 7 Jahre verheiratet gewesen sei. Eine Besserung des Zustandes der Klägerin sei ab dem Zeitraum der Trennung vom Ehemann eingetreten. Zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses habe nach Angaben der Klägerin eine Essstörung vorgelegen, die allenfalls mit einem GdB von 10 zu bewerten gewesen sei. Diese Vorerkrankung habe sich nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die Ereignisse verschlimmert. Die in späteren Jahren eintretende Verschlimmerung vom 27.05.1986 bis 19.07.1996 auf nervenärztlichem Gebiet sei mit einem GdB von 90, ab 19.07.1996 mit einem GdB von 80 zu bewerten.

Mit Schriftsatz vom 26.01.2004 hat die Klägerin die Auffassung vertreten, das Gutachten leide unter einer Reihe von Mängeln. Es sei daher eine weitere Begutachtung von Amts wegen, und zwar durch das M.-Institut in M. wegen der notwendigen Literaturrecherche erforderlich.

In seiner Stellungnahme zum Gutachten und zum Schriftsatz der Klägerin hat Dr.K. am 12.02.2004 für den Beklagten ausgeführt, dass die Argumentation des Gutachters nachvollziehbar und schlüssig sei, insbesondere sei die aktuelle Literatur im Gutachten berücksichtigt worden. Die Bewertung der leichten Essstörung mit GdB von 10 werde durch die guten bis sehr guten Bewertungen in den Zeugnissen der Klägerin aus dem Zeitraum des geltend gemachten sexuellen Missbrauchs unterstützt. Es sei anzumerken, dass es zunächst (1986) noch ohne Rückerinnerung bei einer bestehenden Belastungssituation in der Ehe zu einer stationären Behandlung und erst im Rahmen der Psychotherapie mit katathymem Bilderleben zur angegebenen Rückerinnerung gekommen sei.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07.04.2004 hat Dr. H. darauf hingewiesen, dass die Klinik, in der er arbeite, in Bezug auf Borderline-Störungen als Zentrum im nordbayerischen Raum anzusehen sei, das mit derartigen Fragestellungen vertraut sei.

Mit Schriftsatz vom 07.05.2004 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eingewandt, dass 80 % der Patienten mit Borderline-Störung in ihrer Kinder- bzw. Jugendzeit sexuellen Missbrauchshandlungen ausgesetzt gewesen seien. Auch überzeuge es nicht, dass die psychosoziale Entwicklung der Klägerin durch die Schizophrenie-Erkrankung der Mutter maßgebend beeinflusst worden sein soll. Mit Schriftsatz vom 16.08.2004 hat er als Gutachter nach § 109 SGG Dr.B. benannt. Der mit Beweisanordnung vom 15.09.2004 erteilte Gutachtensauftrag ist mit Schreiben vom 15.11.2004 zurückgegeben worden; Dr.B. halte sich für befangen, weil er an dem Universitäts-Institut angestellt sei, das Prof.Dr.F. leite, und diesem zugeordnet sei. Beide seien ferner als Gutachter für die T. Consult tätig, so dass auch hier ein Interessenkonflikt nicht auszuschließen sei. Dr.B. ist daraufhin vom Gutachtensauftrag entbunden worden. Der Klägerseite ist mit gerichtlichem Schreiben vom 19.11.2004 Gelegenheit gegeben worden, bis 31.12.2004 einen neuen Gutachter zu benennen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat jedoch erst mit Schriftsatz vom 21.02.2005 Dr.S. , Facharzt für Psychotherapie in P. , benannt und mitgeteilt, die Benennung habe sich infolge eines schweren psychischen und körperlichen Schwächezustands der Klägerin leider erheblich verzögert.

Mit Schriftsatz vom 03.06.2005 hat die Klägerin Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnis bei der Benennung eines neuen Gutachters nach § 109 SGG beantragt. Sie hat außerdem in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.09.2002 sowie des Bescheids vom 16.01.1996 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 20.08.1996 zu verurteilen, ihr wegen der psychischen Folgen des sexuellen Missbrauchs in den Jahren 1971 bis 1976 Versorgung nach dem OEG zu gewähren; hilfsweise: von Amts wegen zu den dem Sachverständigen Dr.H. gestellten Beweisfragen ein weiteres Gutachten einzuholen; weiter hilfsweise: die Ärzte Dr.S. (P.) und Dr.S. als sachverständige Zeugen zu vernehmen; höchstvorsorglich: nach § 109 SGG ein Gutachten von dem Nervenarzt Dr.S. (P.) zu den Dr.H. gestellten Beweisfragen einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.09.2002 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten nach dem OEG und dem Schwerbehindertengesetz, die Akten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht C. , den Inhalt der Akten des vorangegangenen Klageverfahrens beim Sozialgericht Bayreuth sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 7 Abs.1 OEG, §§ 143, 151 SGG). Sie erweist sich jedoch nicht als begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen die einen Anspruch auf Versorgung nach dem OEG ablehnenden Bescheide des Beklagten abgewiesen. Auch aufgrund der weiteren vom Senat durchgeführten Ermittlungen kann nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad festgestellt werden, dass die Klägerin in den Jahren 1971 bis 1976 von ihrem Vater sexuell mißbraucht worden ist und somit Opfer von Gewalttaten im Sinne von § 1 Abs.1 OEG geworden ist.

Nach dieser Bestimmung erhält derjenige Versorgung, der infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.

Der entsprechende Nachweis ist in aller Regel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu führen (Vollbeweis). In Ausnahmefällen - wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers verlorengegangen sind - kommt subsidiär ein milderer Beweismaßstab zur Anwendung. Gemäß § 15 KOVVfG sind dann die Angaben des Antragstellers zum Schädigungstatbestand der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Beweisnotsituation der Klägerin (der angebliche Täter leugnet, weitere Zeugen der behaupteten Gewalttaten sind nicht vorhanden oder verstorben; vgl. BSG, 31.05.1989, 9 RVg 3/89 = SozR 1500 § 128 Nr.39) bedingt die Anwendung des § 15 KOVVfG.

Aber auch dessen im Vergleich zum Vollbeweis geringere Anforderungen sind nicht erfüllt. Den Angaben der Klägerin stehen verschiedene Fakten entgegen, die es nach Auffassung des Senats nicht zulassen, diese Angaben als glaubhaft zu erachten und der Entscheidung zugrunde zu legen.

Zum einen sind dies die im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gemachten Aussagen des als Täter beschuldigten Vaters sowie der Geschwister und Großtante der Klägerin, in denen die Gewalttaten bestritten oder als Erfindung bzw. fingierter Grund für eine Erpressung eingeschätzt wurden. Zum anderen wird die Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin durch das Ergebnis der vorliegenden aussagepsychologischen Gutachten beeinträchtigt. Der Sachverständige Prof.Dr.F. hat in seinem Gutachten vom 04.11.1998 zwar die Glaubwürdigkeit der Klägerin bejaht. Mit Prof.Dr.K. , dessen Stellungnahme vom 12.07.2000 im Wege des Urkundsbeweises verwertet wurde, ist der Senat aber - wie das Sozialgericht - der Auffassung, dass Prof.Dr.F. methodisch falsch vorgegangen ist und die vom Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 30.07.1999 (BGHSt 45, 164 f.) wiedergegebenen Mindestgrundsätze der Glaubhaftigkeitsbegutachtung nicht beachtet hat. Diese methodischen Grundprinzipien müssen nach Auffassung des Senats als Mindeststandards nicht nur im Strafprozess, sondern genauso im sozialgerichtlichen Verfahren Geltung haben. Hierzu gehört in erster Linie die sogenannte Nullhypothese, wonach die Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage so lange zu negieren ist, bis die Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Zu fordern ist auch, dass weitere Hypothesen gebildet werden, in denen Möglichkeiten als Erklärung für eine - unterstellt - unwahre Aussage zu prüfen sind. So müssen nach der BGH-Rechtsprechung in eingesetzten Test- und Untersuchungsverfahren Möglichkeiten einer bewußten Falschaussage oder einer fremdsuggerierten Angabe geprüft werden. Prof.Dr.F. hat in verschiedener Hinsicht gegen diese Grundsätze einer aussagepsychologischen Begutachtung verstoßen. So ging er bei seiner Analyse und Befundwürdigung hypothetisch davon aus, dass die Aussagen der Klägerin inhaltlich zutreffen. Er hat sich außerdem nicht mit der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Aussage auseinandergesetzt, insbesondere mit den Umständen der plötzlichen Erinnerung an den behaupteten Inzest in einer Therapiesituation. Schließlich hat sich Prof.Dr.F. mit der Glaubhaftigkeit anderer Zeugenaussagen im sozialen Umfeld der Klägerin, insbesondere der ihres Vaters, befasst, was nicht seine Aufgabe war. Prof.Dr. K. hat auch überzeugend am Gutachten von Prof.Dr.F. kritisiert, dass nach dessen Auffassung Aussagen von traumatisierten Zeugen dann besonders glaubhaft seien, wenn sie nur lückenhaft, widersprüchlich und nicht homogen seien, da dies zu erwarten sei. Demgegenüber hat die Dipl.-Psychologin L. in ihrem ebenfalls im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Gutachten vom 14.08.1995 bei der Klägerin eine auffällige Neigung festgestellt, sich als Opfer von Intrigen und Benachteiligungen zu sehen. Auch besteht nach Auffassung der Sachverständigen eine Fixierung des Denkens der Klägerin auf die eigene Person und ihre Befindlichkeiten. Damit offenbart sich ein Mangel an Realitätsbewußtsein. Diese Grundeinstellung wirkt sich nachvollziehbar ungünstig auf die Zeugeneignung der Klägerin aus, da sie erfahrungsgemäß eine realitätsgetreue Wiedergabe von Geschehnissen erschwert und subjektiv verzerrte Schilderungen begünstigt. An den Nachweis der Zuverlässigkeit der Aussage der Klägerin hat die Sachverständige L. daher erhöhte Anforderungen gestellt, die die Klägerin nicht erfüllt hat, da in ihren Angaben, insbesondere zu den einzelnen Vergewaltigungen, ein erheblicher Mangel an Detaillierung festzustellen war, im Vergleich zwischen den verschiedenen Aussagen der Klägerin einige Widersprüche aufgetreten sind und auch ein Mangel an Homogenität der Aussage vorlag. Schließlich war das blitzartige Wiederauftauchen von Erinnerungen im Jahre 1986 aus Sicht der Psychologin zumindest ungewöhnlich. Der Senat hat keine Bedenken, die vom BGH in seinem oben genannten Urteil (vgl. auch Beschluss vom 30.05.2000, Az.: 1 StR 582/99) aufgestellten Grundsätze im vorliegenden Fall heranzuziehen. Obwohl insbesondere die Vorgabe der sogenannten Null-Hypothese dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten) entspricht und dazu beiträgt, diesen nicht aufgrund falscher Zeugenaussagen zu verurteilen, sind diese Grundsätze auch geeignet, den erforderlichen Nachweis des Vorliegens der anspruchsbegründenden Tatsachen im sozialen Entschädigungsrecht zu führen, wenn es auf die Glaubwürdigkeit der Angaben des Antragstellers bzw. Geschädigten ankommt, für den keineswegs der Grundsatz "in dubio pro aegroto" (im Zweifel für den Geschädigten) gilt. Eine weitere Glaubwürdigkeitsbegutachtung der Klägerin erschien dem Senat in Übereinstimmung mit Prof.Dr.K. als nicht mehr sinnvoll.

Aus diesen Gründen hat sich der Senat nicht imstande gesehen, die von der Klägerin geltend gemachten Missbrauchsvorwürfe als glaubhaft und nachgewiesen zu erachten.

Darüber hinaus hätte die Klägerin auch deshalb keinen Anspruch auf Versorgung nach dem OEG, weil die von ihr geltend gemachten sexuellen Missbrauchshandlungen vor Inkrafttreten des OEG am 16.05.1976 stattfanden und ein Versorgungsanspruch der Klägerin nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 OEG u.a. davon abhinge, ob sie ab Antragsmonat (Juli 1995) allein in Folge der Gewalttaten schwerbeschädigt war bzw. ist. Diese Voraussetzung wäre - insbesondere nach dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr.H. - nicht erfüllt.

Dieser hat in seinem nervenärztlichen Fachgutachten vom 26.11.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 07.04.2004 ausführlich dargelegt, dass die seit Februar 1986 dokumentierten Symptome einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, einer anhaltenden depressiven Störung und einer Angst- sowie Essstörung entsprechen und nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die angegebenen Missbrauchshandlungen wesentlich verursacht worden sind.

Gegen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung der Klägerin spricht vor allem der lange Zeitraum von fast 10 Jahren seit Beendigung der angegebenen Missbrauchshandlungen und dem Auftreten der psychischen Symptome. Das blitzartige Wiedererinnern der schädigenden Ereignisse im Rahmen einer Psychotherapie 1986 ohne Brückensymptome entspricht nicht den allgemeinen Kriterien des ICD-10 (F 43.1) oder DSM-IV (309.81). Danach treten die meisten Symptome innerhalb von 6 Monaten nach dem Belastungsereignis bzw. nach Ende einer Belastungsperiode auf.

Eine Borderline-Störung wird zwar in weitgehender wissenschaftlicher Übereinstimmung auf schwere frühkindliche Belastungen und Traumatisierungen, wie körperliche Misshandlungen, insbesondere auch sexuellen Missbrauch, zurückgeführt. Dr.H. sieht jedoch einen nicht unwesentlichen Faktor für das Entstehen der Borderline-Störung bei der Klägerin in der Erkrankung der Mutter an Schizophrenie, weil die Klägerin deshalb bereits als Kind die Mutter als wesentliche Bezugs- und Vertrauensperson hat vermissen müssen. Dies hat die Klägerin selbst mehrfach im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen gegen ihren Vater angegeben. Auch der nach den Angaben der Klägerin gewalttätige und jähzornige Vater hat bereits vor den angeblichen sexuellen Missbrauchshandlungen keine Bezugs- und Vertrauensperson dargestellt. Auch war die Ehe der Eltern bereits 1974 mit dem Wegzug des Vaters gescheitert. Einen weiteren äußerst negativen Faktor bildete die schwierige Beziehung zum Ehemann der Klägerin dar (Eheschließung 1978, Ehescheidung 1995), der als alkoholabhängig aggressiv und verhaltensauffällig beschrieben wurde. Dr.H. hält es für bezeichnend, dass nach der Scheidung etwa 1996 eine deutliche Besserung der psychischen Lage der Klägerin eingetreten ist, insbesondere keine Suizidversuche mehr vorgekommen sind.

In Anbetracht der Vielzahl der schädigungsunabhängigen Faktoren, die für die vorliegende Borderline-Störung ursächlich sein können, spricht mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Störung und dem - unterstellten - sexuellen Missbrauch als dafür.

Für die von der Klägerin hilfsweise beantragte Vernehmung der Dres.S. und S. als sachverständige Zeugen hat der Senat keine Veranlassung gesehen, zumal ein konkretes Beweisthema nicht benannt worden ist. Den weiteren Hilfsanträgen war schon deshalb nicht nachzukommen, weil sie die letztlich nicht entscheidungserhebliche - fiktive - Frage des Kausalzusammenhanges zwischen den Gesundheitsstörungen der Klägerin und den - nicht erwiesenen - Gewalttaten betreffen.

Nach all dem waren die Entscheidungen des Beklagten und im Ergebnis auch des Sozialgerichts Bayreuth nicht zu beanstanden. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der anhängige Rechtsstreit ganz offensichtlich außerordentlich komplex und schwierig zu entscheiden war. Das Sozialgericht Bayreuth hätte deshalb in erster Instanz nicht nach § 105 SGG durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen (keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art) sicher nicht vorlagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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