L 13 KN 6/05 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 109/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 KN 6/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antrag der Beklagten vom 8. September 2004 auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Januar 2004, Az.: S 4 KN 109/97, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Antragsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob die Beklagte die Witwenrente der Klägerin in rechtmäßiger Weise abgeändert hat.

Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog bis zu seinem Tode am 23.12.1990 eine Bergmannsvollrente sowie eine Unfallrente. Einen Witwenrentenantrag der Klägerin vom 17.01.1991 wies die Beklage mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.04.1991 ab und verwies die Klägerin auf ihre Ansprüche gegenüber dem SV-Träger der damaligen DDR. Dieser leistete dann ab 01.01.1991 Bergmannswitwenrente.

Mit Bescheid vom 02.12.1991 nahm die Beklagte eine Umwertung und Anpassung der Rente auf Grund des ab 01.01.1992 geltenden neuen Rentenrechts vor und stellte dabei fest, dass die bisher gezahlte Hinterbliebenenrente ab diesem Zeitpunkt als große Witwenrente gezahlt werde.

Unter Bezugnahme auf den Rentenantrag vom 17.01.1991 erließ die Beklagte am 21.09.1995 einen "Vorschuss-Bescheid", wobei sie die zu zahlende Rente ab 01.11.1995 auf 1.636,81 DM und eine Nachzahlung für den Zeitraum 01.01.1992 bis 31.10.1995 in Höhe von 12.736,98 DM festsetzte, diese gleichzeitig einbehielt, und die Vorläufigkeit wegen eines Unfallrentenverfahrens bei der Berufsgenossenschaft (BG) für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege anordnete.

Nachdem die BG am 22.02.1996 eine Witwenrente bewilligt hatte, erließ die Beklagte am 28.03.1996 einen endgültigen Bescheid der Witwenrente nach § 46 Abs. 2 SGB VI. Hierbei hob sie den Rentenbescheid und die gegebenenfalls dazu weiteren Bescheide gem. § 48 Abs. 1 SGB X hinsichtlich der Rentenhöhe auf, berechnete die Rente neu und legte einen monatlichen Zahlbetrag der Rente ab 01.06.1996 in Höhe von 652,45 DM fest. Zur Rückzahlung des Überzahlungsbetrags in Höhe von 47.242,50 DM sei die Klägerin nach § 50 SGB X verpflichtet, wobei eine Erstattung der BG zur Anrechnung kam. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.1997 zurück. Nicht § 48 SGB X, sondern § 42 SGB 1 sei hier einschlägig.

Das SG München hob mit Urteil vom 20.01.2004 den streitgegenständigen Bescheid der Beklagten vom 28.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.1997 auf. Der Bescheid der Beklagten vom 02.12.1991 sei schon bei Erlass rechtswidrig gewesen, weil keine Anrechnung der Unfallrente erfolgt sei. Die in die Vergangenheit bzw. in die Zukunft wirkende Aufhebung eines von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsaktes bestimme sich nach § 45 SGB X, wofür die Voraussetzungen fehlten.

Mit ihrer Berufung vom 21.04.2004 macht die Beklagte geltend, dass der Bescheid vom 28.03.1996 auch in seiner Begründung (§ 48 SGB X) zur Änderung der Rentenbezüge für die Zukunft infolge der Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI völlig korrekt sei.

Sie beantragt daher,

die Vollziehung aus dem Urteil des SG München vom 20.01.2004 auszusetzen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

II.

Soweit es um die Aussetzung der Vollstreckung von Rentenbeträgen für die Zeit vor Erlass des angefochtenen Urteils geht - dies schließt auch einmalige Erstattungsbeträge gem § 50 SGB X ein (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 154 RdNr. 2a) -, ergibt sich die Unzulässigkeit einer Vollstreckung bereits gem. § 154 Abs. 2 SGG aus dem Gesetz. Einer gesonderten gerichtlichen Aussetzungsanordnung bedürfte es daher insoweit ohnehin nicht.

Im Übrigen ist der Aussetzungsantrag gem. den §§ 154 Abs.1, 199 Abs.2 SGG zwar zulässig, jedoch unbegründet. Dabei kann dahin stehen, ob eine Aussetzung im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 199 Abs.2 SGG nur dann in Frage kommen kann, wenn das Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat (so die Beschlüsse des 1. Senats des BSG in USK 91155 und USK 87159 sowie des 11. Senats in SozR Nr.4 zu § 154 SGG; ebenso Meyer-Ladewig, aaO, § 199 SGG RdNr.8) - oder ob über § 198 Abs. l SGG die Vorschriften der §§ 719 Abs.1, 707 Abs.1 Satz 2 ZPO entsprechend herangezogen werden und erfüllt sein müssen (so offensichtlich das BSG im Beschluss des 4. Senats vom 06.08.1999, Az.: B 4 RA 25/98 B).

Bezüglich der ersten Alternative kann von einer offensichtlichen Aussicht auf Erfolg der Berufung bereits unter Zugrundelegung des Berufungsvorbringens keine Rede sein, in der die Beklagte die Auffassung vertritt, dass der Bescheid vom 28.03.1996 auch in seiner Begründung (§ 48 SGB X) zur Änderung der Rentenbezüge für die Zukunft infolge der Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI völlig korrekt sei. Insoweit setzt sich die Beklagte aber in Gegensatz zur Begründung in ihrem Widerspruchsbescheid vom 20.03.1997, wonach sie ausdrücklich hervorhebt, dass der im Bescheid vom 28.03.1996 erwähnte § 48 SGB X fälschlicherweise angeführt worden sei, vielmehr sei § 42 SGB I einschlägig. In diesem Fall bestehen schon Bedenken, inwieweit ein Vorschussbescheid nach Erlass eines unbedingten Rentenbescheides noch ergehen kann und die Ermessenserwägungen im Rahmen der Prüfung des § 42 SGB I nicht schon zur Höhe der zu erwartenden Rente angeführt sein müssen. Schon mangels Eindeutigkeit des Regelungswillens bestehen erhebliche Zweifel am Vorgehen der Beklagten. Ob ihre von der Rechtsansicht des Erstgerichts abweichenden Schlüsse zutreffen oder nicht, wird im Berufungsverfahren zu klären sein. Offensichtlich unrichtig, und darauf kommt es unter Zugrundelegung der o.g. Beschlüsse des 1. und 11. Senats des BSG an, ist die Entscheidung des Sozialgerichts jedenfalls nicht.

Fordert man mit dem 4.Senat des BSG über § 198 Abs.1 SGG, § 719 Abs.1 ZPO in entsprechender Anwendung des § 707 Abs.1 Satz 2 ZPO für die Aussetzung der Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil für den Schuldner durch die Vollstreckung, so trifft die Beklagte die Verpflichtung, die Voraussetzungen dafür glaubhaft zu machen. Dies ist aber nicht andeutungsweise geschehen.

So hat die Beklagte schon nicht glaubhaft gemacht, dass eine Vollstreckung die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unmöglich machen oder zumindest gefährden würde. Da mithin ein der Beklagten entstehender, nicht wieder gutmachbarer Schaden nicht erkennbar ist, ist auf das Vorhandensein eines überwiegenden Interesses des Klägers an der Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht mehr einzugehen.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG und beruht auf der Erwägung, dass der Aussetzungsantrag erfolglos geblieben ist (zur Notwendigkeit einer gesonderten Kostenentscheidung in einem Verfahren nach § 199 Abs.2 SGG siehe BayLSG, Beschluss vom 10.07.1997, Az.: L 1 An 90/95, NZS 1996, S.592; Beschluss des BSG vom 06.08.1999, Az.: B 4 RA 25/98 B).

Diese Entscheidung ist endgültig, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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