L 10 AL 210/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 322/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 210/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 28.04.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rückzahlung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) in Höhe von 24.346,52 DM.

Auf Antrag des Klägers vom 11.08.1998 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.1998 einen EGZ für die Einarbeitung des Arbeitnehmers H. (H.) für zwölf Monate (01.09.1998 bis 31.08.1999) in Höhe von 50 % bzw. ab 01.03.1999 in Höhe von 40 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts monatlich. Bestandteil des Bewilligungsbescheides war u.a. die Regelung, der EGZ sei zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder innerhalb eines Zeitraumes, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von zwölf Monaten nach Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Dies gelte u.a. nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 25.09.2000 mit, das Beschäftigungsverhältnis mit H. sei wegen mangelnder Aufträge und steigenden Preiskampfes am 28.04.2000 (letzter Arbeitstag) durch den Kläger gelöst worden.

Mit Bescheid vom 05.10.2000 und Widerspruchsbescheid vom 15.05.2001 forderte die Beklagte den Kläger auf, den geleisteten EGZ in Höhe von 24.346,52 DM zu erstatten. Das Arbeitsverhältnis sei innerhalb von zwölf Monaten nach Beendigung des Förderungszeitraumes zum 28.04.2000 beendet worden. Gründe für eine fristlose Kündigung hätten nicht vorgelegen. Die ab 01.08.1999 geltende Rechtsänderung sei nicht anwendbar.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Der Aufhebungs- und Rückzahlungsbescheid sei zu Unrecht ergangen und aufzuheben. Die in § 223 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis 31.07.1999 geltenden Fassung (a.F.) geregelte Rückzahlungspflicht sei kontraproduktiv gewesen, die Vorschrift sei daher neu gefasst worden, wobei die Übergangsregelung des § 422 Abs 1 SGB III nachträglich beschwerende Regelungen aus Gründen des Vertrauensschutzes ausschließen sollte. Eine beschwerende Regelung sei aber in der Neufassung des § 223 SGB III nicht zu sehen. Damit sei auf die im Zeitpunkt der Rückforderung geltende Rechtslage abzustellen. Das Arbeitsverhältnis habe aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nicht fortgesetzt werden können, so dass eine Rückzahlungspflicht ausscheide. Im Übrigen sei auch nur die Hälfte des Förderungsbetrages zu erstatten. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) hierzu würdigten weder das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch den hierin verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes und des Rückwirkungsverbotes bei Rechtsänderungen. Diese Entscheidungen seien daher nicht überzeugend. Die Sonderregelung des § 223 SGB III hätte einer eigenen Übergangsvorschrift unter Beachtung des Vertrauensschutzgedankens bedurft.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2005 abgewiesen. § 223 SGB III a.F. sei anwendbar. Eine Kündigung aus wichtigem Grund sei nicht erfolgt und das Rückwirkungsverbot nicht verletzt.

Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger über sein bisheriges Vorbringen hinaus vorgetragen, das BSG gehe auf die verfassungsrechtliche Problematik nicht ein. Vertrauensschutz könne allein dem Kläger, nicht aber der Beklagten zukommen.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 28.04.2005 sowie den Bescheid vom 05.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 10.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat 24.346,52 DM zu erstatten.

Eine - eigenständige - Rechtsgrundlage (vgl. hierzu: BSGE 89, 192) für den Rückzahlungsanspruch der Beklagten findet sich in § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III a.F. Hiernach ist der EGZ zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder innerhalb eines Zeitraumes, der der Förderungsdauer entspricht, längstens von zwölf Monaten nach dem Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Dies gilt nicht, wenn - was hier allein in Betracht kommt - der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen.

Der Kläger hat den EGZ zu erstatten, das Beschäftigungsverhältnis mit H. ist innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Förderungszeitraumes (31.08.1999), nämlich zum 28.04.2000, durch den Kläger beendet worden.

Eine Rückzahlungspflicht besteht nur dann nicht, wenn der Kläger berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. § 223 Abs 2 SGB III in der ab 01.08.1999 geltenden Fassung, durch den die Voraussetzungen für das Entfallen der Rückzahlungspflicht erweitert worden sind, kommt dabei nicht zur Anwendung (vgl. stRspr seit BSGE 89, 192). Nach § 422 Abs 1 SGB III sind bei Änderungen, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen die Vorschriften in der vor dem Tag des In-Kraft-Tretens maßgebenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag der Anspruch entstanden ist, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist. Vorliegend sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 223 SGB III aF erfüllt, denn die Maßnahme - hier EGZ - hat vor dem 01.08.1999 begonnen, ist vom Kläger am 11.08.1998 beantragt worden und die Leistung ist mit Bescheid vom 14.10.1998 zuerkannt worden.

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers findet § 223 Abs 2 SGB III in der ab 01.08.1999 geltenden Fassung keine Anwendung. Die hier maßgebende Rechtsfrage, ob die allgemeine Übergangsregelung des § 422 SGB III für die Änderung des § 223 Abs 2 SGB III zur Anwendung kommt, ist bereits vom 7.Senat in ständiger Rechtsprechung seit der Entscheidung BSGE 89, 192, (vgl. auch BSG, Beschluss vom 06.09.2005 - B 7a AL 110/05 B) im o.g. Sinne geklärt worden. Der 7.Senat hat dargelegt, dass die Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen des EGZ (§§ 217 ff SGB III) und dessen Rückforderung (§ 223 Abs 2 SGB III) einheitlich als Vorschriften über Leistungen der aktiven Arbeitsförderung i.S. des § 422 SGB III anzusehen sind. Dieser Rechtsprechung hat sich der 11.Senat in seiner Entscheidung vom 19.09.2002 - B 11 AL 73/01 R - veröffentl. in juris - angeschlossen (vgl. dazu auch BayLSG, Urteil vom 01.07.2004 - L 10 AL 320/02 und vom 09.12.2004 - L 11 AL 18/04).

Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Das Rechtsstaatsprinzip ist nicht verletzt. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes insbesondere in Gestalt des Rückwirkungsverbotes von Gesetzen sind beachtet. Das Rückwirkungsverbot ist vorliegend gerade nicht berührt, denn die im Zeitpunkt der Bewilligung geltenden Regelungen sind weiter anwendbar, eine spätere, neue Regelung des § 223 Abs 2 SGB III wirkt gerade nicht auf einen vorangegangenen Sachverhalt zurück. Auch das Vertrauen des Klägers wird nicht beeinträchtigt. Dieser ist vielmehr dadurch geschützt, dass die bei Bewilligung der Leistung bzw. bei Antragstellung geltenden Regelungen auch weiterhin trotz Rechtsänderung Anwendung finden. Dass dies hier für den Kläger dazu führt, dass ihm die Vorteile der Neuregelung des § 223 Abs 2 SGB III nicht mehr zugute kommen, kann zu keiner anderen Entscheidung führen, zumal auch die Rechtssicherheit und -klarheit, also der Gesichtspunkt der Kontinuität, einen berücksichtigungsfähigen und -würdigen Wert darstellen. Sowohl dem Kläger als auch der Beklagten soll eine Planungssicherheit gegeben werden. Durch die Regelung des § 422 SGB III sind diesbezüglich die Belange beider Seiten ausreichend berücksichtigt worden, eine Differenzierung zwischen begünstigenden und belastenden Gesetzesänderungen findet nicht statt (vgl. BSGE 89, 192). Dass es für die Regelung des § 223 Abs 2 SGB III einer von § 422 SGB III unabhängigen, gesonderten Übergangsvorschrift bedurft hätte, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, selbst wenn es sich bei § 223 Abs 2 SGB III um eine Sonderregelung zu den sonstigen Rückzahlungsregelungen handelt.

Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Förderungssachverhalten ab 01.08.1999 (Art 3 Abs 1 GG) besteht ebenfalls nicht, denn Vergleichsgruppe für den Kläger sind Förderungssachverhalte nach der alten Gesetzesfassung.

Die Voraussetzungen für ein Entfallen der Rückzahlungspflicht gemäß § 223 Abs 2 SGB III aF liegen nicht vor. Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist wird vom Kläger nicht vorgetragen. Die Kündigung wegen Auftragsmangels und Preiskampfes stellt keinen solchen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Ein anderweitiger wichtiger Grund ist vorliegend nicht ersichtlich.

Der Kläger hat somit den EGZ zurückzuzahlen. Gemäß § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III aF ist dieser in voller Höhe zurückzuzahlen. Die eingeschränkte Rückzahlungspflicht gemäß § 223 Abs 2 Satz 3 und 4 SGB III in der ab 01.08.1999 geltenden Fassung findet keine Anwendung (vgl. oben).

Die fehlende Anhörung ist gemäß § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geheilt.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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