L 11 B 449/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 SO 148/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 449/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen Ziff.1 des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 06.07.2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid des Antragsgegners (Ag) vom 13.01.2005.

Der 1939 geborene Ehemann der Antragsstellerin (Ast) ist pflegebedürftig und seit dem 29.09.1993 stationär untergebracht. Seit dem 07.11.1995 lebt er im E. Seniorenheim GmbH, N ... Der Ag übernimmt im Rahmen der Sozialhilfe die nicht aus dem eigenen Einkommen und aus den Leistungen der Pflegekasse gedeckten Kosten der Unterbringung des Ehemannes der Ast.

Mit Schreiben vom 20.07.2004 hörte der Ag die Ast zur beabsichtigten Heranziehung wegen häuslicher Einsparung nach § 43 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) an. Mit weiterem Schreiben vom 21.07.2004 erfolgte eine Anhörung zum Einsatz von Vermögen. Im Laufe der Ermittlungen teilte die Ast dem Ag unter dem 20.08.2004 mit, dass sie von ihrem Ehemann etwa seit 12 Jahren getrennt lebe. Der Ag meldete daraufhin bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern insoweit einen Ersatzanspruch gemäß § 104 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an und bat, die Rentenzahlungen für den Ehemann der Ast ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt an ihn zu überweisen. Mit Antwortschreiben vom 29.11.2004 teilte die Landesversicherungsanstalt Oberbayern dem Ag mit, dass sie ab dem 01.01.2005 die Versicherungsrente aus der Rentenversicherung des Ehemann der Ast an den Ag auszahlen werde.

Daraufhin leitete der Ag mit Bescheid vom 13.01.2005 einen Anspruch des Ehemanns der Ast gegen die Ast auf Herausgabe der von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern gewährten Rentenbeträge für die Monate November und Dezember 2004 auf sich über.

Gegen diesen Bescheid erhob die Ast mit Telefax vom 27.01.2005 Widerspruch, über den, soweit aus den Akten ersichtlich, noch nicht entschieden worden ist.

Am 16.03.2005 beantragte die Ast beim Bayer. Verwaltungsgericht München, 1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27.01.2005 und einer evtl. nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Überleitungsbescheid der Ag vom 13.01.2005 wie der herzustellen und 2. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anzuordnen, dass der Ag der Landesversicherungsanstalt Oberbayern die Ent scheidung nach der vorausgehenden Ziff.1 unverzüglich nach Zustellung mitzuteilen habe und der Ast alle bis da hin seit einschließlich November 2004 von der Landesver sicherungsanstalt Oberbayern erhaltenen Rentenbeträge in monatlicher Höhe von 991,34 EUR unverzüglich zu erstatten habe.

Ihr Ehemann sei der Ast gegenüber zum Trennungsunterhalt verpflichtet. Im Rahmen eines außergerichtlichen Unterhaltsverfahrens hätten sich die Eheleute darauf geeinigt, dass der Ehemann der Ast Unterhalt in Höhe der von ihm bei der Landesversicherungsanstalt Oberbayern bezogenen Versicherungsrente zu zahlen habe. Ab dem 01.04.2000 sei diese Rente von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern direkt an die Ast überwiesen worden. Durch die Inanspruchnahme der Rentenbeträge trete auf Seiten der Ast eine unzumutbare Härte ein, die es ihr verwehrten, Rücklagen für die Alterssicherung zu bilden. Wegen der Rentenbeträge für die Monate November und Dezember 2004 sei die Ast nicht mehr bereichert. Sie habe diese Mittel für ihren Lebensunterhalt aufgebraucht. Die Überleitungsanzeige sei zudem wegen der ausstehenden Verwertung eines im Alleineigentum des Ehemanns der Ast stehenden Grundstücks in Polen nicht ermessensgerecht.

Der Ag beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die Ast könne aufgrund des Selbstbehalts des leistungsberechtigten Ehemannes keinen Unterhaltsanspruch geltend machen, so dass sie die Rente ihres Ehemannes ohne Rechtsgrund vereinnahme. Die Einwendungen der Ast seien zudem nicht geeignet, offensichtliche Zweifel am Bestehen des übergeleiteten Anspruches darzulegen. Sie könne sich auch nicht auf den Schutz der gutgläubigen Bereicherung berufen. Im Übrigen sei der Antrag unter Nr.2 bereits unzulässig.

Mit Beschluss vom 11.04.2005 verwies das Verwaltungsgericht München den Rechtsstreit an das Sozialgericht München (SG), das die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 27.01.2005 und auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit weiterem Beschluss vom 06.07.2005 ablehnte. Eine Überleitungsanzeige sei nur dann rechtswidrig, wenn der übergeleitete Anspruch nach materiellem Recht offensichtlich nicht bestehe. Der Ag habe zudem sein Ermessen zutreffend erkannt. Der angefochtene Bescheid sei bei summarischer Überprüfung nicht als ermessensfehlerhaft einzustufen. Hinsichtlich der begehrten Regelungsanordnung habe die Ast einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Mit seiner beim SG München am 16.08.2005 eingegangenen Beschwerde wendet sich die Ast allein gegen die Ziff.1 im Beschluss vom 06.07.2005, mit dem das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 27.01.2005 abgelehnt hat.

Sie beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Ziff.1 des vorgenannten Beschlusses vom 06.07.2005 die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27.01.2005 gegen den Bescheid der Ag vom 13.01.2005 anzu ordnen und festzustellen, dass einer evtl. nachfolgenden Anfechtungsklage ebenfalls aufschiebende Wirkung zukomme.

Die Ast verfüge seit dem 01.01.2005 lediglich über 312,92 EUR an Einkommen in Form von Sozialhilfe gemäß §§ 41 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Daneben beziehe sie Altersruhegeld in Höhe von 315,23 EUR und eine Zusatzrente in Höhe von 35,13 EUR, also insgesamt 350,36 EUR. Sie verfüge damit über ein Einkommen von insgesamt 663,28 EUR, so dass ihr nach Abzug der monatlichen Unterkunftskosten von 277,92 EUR lediglich noch 385,86 EUR zum Leben verblieben. Dementgegen führe der Ag zur Rechtfertigung der Überleitungsanzeige aus, dass dem Ehemann der Ast ein Selbstbehalt von 730,- EUR verbliebe. Das sei für sie unzumutbar.

Der Ag hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Ast konnte insbesondere die Beschwerde auf die Ziff.1 des angefochtenen Beschlusses des SG beschränken (§ 123 SGG). Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Ast vom 27.01.2005 gegen den Bescheid des Ag vom 13.01.2005 im Wege des § 86b Abs 1 SGG anzuordnen.

Das SG hat zutreffend erkannt, dass es gemäß § 86b Abs 1 Nr 2 iVm § 86a Abs 2 Nr 4 SGG eine eigene originäre Ermessensentscheidung zu treffen hat. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem Interesse des Leistungsträgers an der sofortigen Vollziehung seiner Entscheidung und dem Interesse der Ast an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Dabei muss in die Ermessensentscheidung des SG u.a. auch das durch Gesetz ausgedrückte Vollzugsinteresse an einer Überleitungsanzeige, wie es im § 93 Abs 3 SGB XII zum Ausdruck kommt, berücksichtigt werden. Andererseits hat das SG auch zu erwägen, ob der Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, offensichtlich erfolgreich und offensichtlich erfolglos bleiben wird, weil kein öffentliches Interesse daran besteht, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfes anzuordnen, der in der Sache offensichtlich aussichtslos ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht verneint, weil der angefochtene Bescheid des Ag vom 13.01.2005 aller Voraussicht nach rechtmäßig ist und es mithin bei der Vorgabe des Gesetzgebers in § 93 Abs 3 SGB XII bleibt.

Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe des hier angefochtenen Beschlusses des SG vom 06.07.2005, denen er folgt.

Die Ast hat im Beschwerdeverfahren dem nichts Entscheidungserhebliches entgegengesetzt. Soweit sie sich darauf stützt, die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die sie gemäß §§ 41 ff SGB XII erhalte, genügten nicht, damit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten könne, greifen diese Einwendungen gegen die Überleitungsanzeige nicht durch. Ob und in welcher Höhe der Ag den übergeleiteten Anspruch im Ergebnis geltend machen kann, obliegt der Entscheidung der Zivilgerichte, worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat. Der Ag hat diese Gesichtspunkte ebenso wie die Frage der Verwertbarkeit der angegebenen Immobilien in Polen in seine Ermessensentscheidung eingestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er iS der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl etwa BVerwG vom 28.10.1999 FEVS 51, 164) den möglicherweise bestehenden Anspruch auf sich überleitet. Das ist ermessensgerecht, so dass der Senat, ebenso wie das SG, bei summarischer Überprüfung von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids des Ag vom 13.01.2005 ausgeht.

Die Beschwerde der Ast hat nach alledem keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved