L 14 KG 8/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 101/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 8/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind in der Zeit vom 01.01.2000 bis 30.06.2003.

Der im Jahre 1956 geborene und ehemals in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wohnhafte Kläger bezog für seinen 1987 geborenen Sohn T. Kindergeld nach den bis zum 31.12.1995 geltenden Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes alte Fassung (BKGG a.F.). Das Kindergeld wurde aufgrund der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes - EStG - ab 01.01.1996 weiter gezahlt.

Nach der Anzeige des Klägers vom 10.11.1998, seinen Wohnsitz in der BRD wahrscheinlich aufzugeben und ab Februar 1999 als entsandter Arbeitnehmer eines deutschen Unternehmens (D. - D. -) in die USA zu gehen, fragte die Beklagte bei ihm am 30.11.1998 wegen Prüfung eines möglichen Anspruchs auf Kindergeld nach dem EStG oder nach dem ab 01.01.1996 geltenden Bundeskindergeldgesetz neue Fassung (BKGG n.F.) an. Sie erhielt zur Auskunft, dass weder der Kläger noch seine Familienangehörigen ab 01.02.1999 einen Wohnsitz in der BRD beibehielten, die Auslandsbeschäftigung vom 01.02.1999 bis 30.06.2001 mit der Option auf Verlängerung vertraglich begrenzt sei, der Kläger laut Doppelbesteuerungsabkommen steuerbefreit sei und während des Auslandsaufenthalts nicht der Steuerpflicht unterliege sowie während der Entsendung Versicherungspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit bestehe (Schreiben des Klägers vom 04.12.1998, eingegangen bei der Beklagten am 07.12.1998).

Das Arbeitsamt P. (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergelds gemäß § 70 Abs.2 EStG mit Wirkung ab 01.03.1999 auf, weil der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen - Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD oder unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bzw. Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 62 EStG) - nicht mehr erfülle (Bescheid vom 17.01.1999 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.04.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.08.1999; in Aussicht gestellt wurde eine weitere Entscheidung über einen Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG n.F. durch die zuständige Familienkasse des Arbeitsamts N ...

Dieses wertete das Schreiben des Klägers vom 04.(07.)12.1998 als Antrag auf Kindergeld nach dem BKGG n.F. und lehnte die Bewilligung des "sozialrechtlichen" Kindergelds mit streitgegenständlichem Bescheid vom 01.02.1999 ab, weil Personen im Sinne von § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG n.F. (Anmerkung des Senats: Beschäftigte mit Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit) oder im Sinne von § 1 Abs.1 Nr.4 BKGG n.F. (Anmerkung des Senats: NATO-Angehörige, vorliegend nicht zutreffend) nicht anspruchsberechtigt für Kinder seien, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG n.F.).

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der vom Arbeitgeber per Abordnungsverfügung angeordnete Aufenthalt in den USA - Abreise sei der 22.02.1999 - lasse ihm keine andere Möglichkeit als den Umzug mit der gesamten Familie. Der Sohn T. werde sich zwar überwiegend in den USA aufhalten und dort zur Schule gehen, jedoch werde er sich auch länger in Deutschland, z.B. bei den Großeltern, aufhalten, so dass die Einrichtung eines Wohnsitzes des Kindes in Deutschland jederzeit möglich sei (Schreiben vom 05.02.1999). Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger mit, er verfüge in der BRD über keine Wohnung, könne aber - falls für einen Kindergeldanspruch erforderlich - einen Wohnsitz des Kindes bei den Großeltern im Juli/August 1999 anmelden. Dort verfüge der Sohn über ein eigenes Zimmer und werde sich während der Schulferien in den USA insgesamt zehn bis zwölf Wochen über das Jahr verteilt aufhalten (Schreiben vom 31.05.1999). Hierzu reichte der Kläger eine Familienstandsbescheinigung des Deutschen Generalkonsulats in S. mit dem Inhalt nach, dass T. bei den Eltern in R. wohne.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.1999 zurückgewiesen, weil der Sohn T. - sein Lebensmittelpunkt liege in den USA - keinen Wohnsitz in der BRD habe. Bloße Absichten, einen Wohnsitz zu begründen, oder eine polizeiliche Meldung seien unerheblich. Ein nur gelegentliches Verweilen (Besuchsaufenthalte) begründe auch keinen Wohnsitz.

In dem daraufhin folgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg begehrte der Kläger, die Beklagte unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide zu verurteilen, Kindergeld ab 01.03.1999 zu zahlen. Er begründete dies damit, dass er nur befristet ins Ausland entsandt worden sei und weiterhin ein Arbeitsverhältnis zum inländischen Arbeitgeber bestehe; hierzu nahm er Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.05.1996 - 10 RKg 20/94 (Kindergeldanspruch nach § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.01.1986 bei befristeter Entsendung und Bestehen eines Rumpfarbeitsverhältnisses zu einem inländischen Arbeitgeber). Zur Ausbildung des Kindes gab er den Besuch der Deutsch-Amerikanischen Schule in M. , Kalifornien, von Februar 1999 bis Januar 2000 und dann der Deutschen Schule in S. , Kalifornien, einer anerkannten deutschsprachigen Auslandsschule, an.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.10.2000 ab, weil der Kindergeldanspruch des Klägers an einem fehlenden Wohnsitz des Kindes in der BRD scheitere. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf §§ 1 und 2 BKGG n.F. sah es nicht.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er legt als Entsendungsvertrag eine Abordnungsverfügung des Arbeitgebers mit Zustimmungserklärung des Klägers vom 16.11.1998 vor und kündigte die Verlängerung der Abordnung über den 30.06.2001 hinaus an. Weiterhin reicht er die "Absichtserklärung" (Vertrag über die Bedingungen für eine Zusammenarbeit) zwischen der National Aeronautics and Space Administration of the United Staates of America (NASA) und der Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten GmbH der BRD (DARA) wegen des Programms des Stratosphärischen Observatoriums für infrarote Astronomie vom Dezember 1996 vor.

Im Hinblick auf den Vortrag des Klägers zu noch offenen Fragen der Versteuerung für die Jahre ab 1999 und auf ein anhängiges Verfahren beim Finanzgericht des Landes Brandenburg in C. ordnete der Senat mit Beschluss vom 08.05.2001 die Aussetzung des Verfahrens an.

In der Folgezeit lehnte die Oberfinanzdirektion D. die unbeschränkte Steuerpflicht des Klägers gemäß § 1 Abs.2 EStG für die Jahre ab 2000 - auch im Wege der beim Finanzamt K. beantragten Erweiterung aus Billigkeitsgründen - ab (Schreiben vom 27.06.2001), und das Finanzamt K. erteilte dem Kläger eine Bescheinigung für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer für das Jahr 2001. Im Klageverfahren beim Finanzgericht C. (6 K 661/00) hatte sich der Kläger gegen die Bescheide vom 07.01. und 19.04.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.08.1999 gewendet und Kindergeld nach steuerrechtlichen Vorschriften ab 01.02.1999 (gemeint: ab 01.03.1999), hilfsweise ab 01.01.2000 begehrt. Nachgewiesen konnte unter Vorlage des auf Einspruch ergangenen abändernden Einkommensteuerbescheides vom 14.09.2001 für das Veranlagungsjahr 1999 die unbeschränkte Steuerpflicht noch für dieses Jahr. Die Familienkasse des Arbeitsamts P. in der Eigenschaft als Finanzbehörde erteilte hierauf dem Kläger den Änderungsbescheid vom 21.08.2002, mit dem sie Kindergeld gemäß § 62 EStG noch für die Zeit von März bis Dezember 1999 bewilligte. Im Übrigen erklärte der Kläger im November 2002 die Hauptsache für erledigt, weil - so ein Schreiben an das Finanzamt K. vom 26.11.2002 - durch den Ansatz des Kinder- und Betreuungsfreibetrags im Rahmen der jeweiligen Einkommensteuer-Veranlagungen die höhere steuerliche Entlastung gegenüber dem Kindergeld erzielt werde. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs seiner Angelegenheit hat der Kläger dem Senat berichtet, dass seine Abordnung zunächst bis zum 30.06.2002 und dann bis zum 30.06.2003 verlängert worden sei und er seit dem 01.01.2000 vom Betriebsstätten-Finanzamt K. als beschränkt steuerpflichtig behandelt werde. Vorgelegt worden sind Bescheinigungen über den Schulbesuch T. in den USA und Flugscheine, aus denen sich ergibt, dass der Sohn T. in Begleitung Flüge von den USA in die BRD und zurück unternahm und sich vom 27.07. bis 06.08.1999, 10.07. bis 08.09.2000, 19.07. bis 28.08.2001, 10.12.2001 bis 08.01.2002 und 17.07. bis 14.08.2002 in der BRD aufhielt.

Nach Wiederaufnahme des ausgesetzten Verfahrens im Juni 2003 hat der Kläger noch vorgetragen, er befinde sich weiterhin - bei noch nicht bestimmbarem Endzeitpunkt - in den USA. Seit Juli 2003 sei die Universität S. sein Arbeitgeber (inländische juristische Person des öffentlichen Rechts) und werde sein Gehalt über eine öffentliche Kasse ausbezahlt, so dass seit Juli 2003 wieder die Bedingungen für das steuerliche Kindergeld erfüllt seien, d.h. - sinngemäß - die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch gemäß § 62 Abs.1 Nr.2 Buchst.a EStG in Verbindung mit der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs.2 Satz 1 Nr.2 EStG gegeben seien.

In ausdrücklicher Einschränkung des ursprünglichen Berufungsantrags auf die Zeit vom 01.01.2000 bis 30.06.2003 beantragt der Kläger (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts vom 23.10.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 01.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld für den Sohn T. nach den Vorschriften des BKGG n.F. von Januar 2000 bis einschließlich Juni 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,

und vertritt die Ansicht, die Aufenthalte des Kindes T. in der BRD dienten Besuchszwecken und könnten dort keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt und damit nicht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes gemäß § 2 Abs.5 BKGG n.F. begründen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die zu Beweiszwecken beigezogenen zwei Kindergeldakten der Beklagten, die Streitakte des Finanzgerichts des Landes Brandenburg 6 K 661/00 und die Prozess-(Hand-)Akte des ehemaligen Landesarbeitsamts B. betreffend den finanzgerichtlichen Rechtsstreit vor.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist unbegründet.

Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2000 bis 30.06.2003 kein Anspruch auf Kindergeld nach den für diese Zeit geltenden Vorschriften des BKGG n.F. zusteht. Das in der Zeit ab 01.01.1996 vorrangig anzuwendende EStG schließt einen Anspruch des Klägers auf Kindergeld nach dem BKGG n.F. vorliegend - ausgenommen eventuell die Zeit von Januar bis Juni 2003 aufgrund der Gesamtbetrachtung der Einkommenslage im Jahre 2003 mit gemischten einkommensteuerpflichtigen Einkünften des Klägers - nicht aus. Denn die Vorschriften des EStG sind vorliegend nicht einschlägig, so dass die subsidiären Vorschriften des BKGG n.F. zur Anwendung kommen können; hiernach ist aber festzustellen, dass beim Kläger die Voraussetzungen für ein "zu berücksichtigendes Kind" nicht erfüllt sind.

Ab 01.01.1996 ist das im BKGG a.F. geregelte Kindergeldrecht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in wesentlichen Teilen in das Steuerrecht überführt worden und hat dort in dogmatischer Hinsicht eine wesentlich geänderte Anbindung erfahren. Gemäß § 62 Abs.1 EStG ("Anspruchsberechtigte") hat derjenige einen Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, der entweder im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (dann besteht unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs.1 Satz 1 EStG) oder - ohne die genannten Voraussetzungen zu erfüllen - nach § 1 Abs.2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Eine unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne von § 1 Abs.2 EStG lag beim Kläger offensichtlich nicht vor, weil er nach seinem Vortrag und der Abordnungsverfügung vom November 1998 Angestellter (BAT Ia) des D. e.V. gewesen ist und nicht die Bedingung erfüllte, dass er zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stand und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse bezog. Die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs.3 EStG) konnte der Kläger nach seinem Vortrag und den bisher vorgelegten Unterlagen auch nicht erreichen.

Gemäß § 1 BKGG n.F. ("Anspruchsberechtigte") erhält Kindergeld, wer nach § 1 Abs.1 oder Abs.2 EStG nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübt bzw. in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesanstalt für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steht (§ 1 Abs.1 Nr.1 BKGG n.F. in den ab 01.01.1996 und ab 01.01.1998 geltenden Fassungen). Kindergeldberechtigt ab 01.01.1996 waren darüber hinaus noch Entwicklungshelfer bei Bezug von Unterhaltsleistungen im Sinne von § 4 Abs.1 Nr.1 Entwicklungshelfer-Gesetz und später unter bestimmten Voraussetzungen Missionare (§ 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F.), Personen, die nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes eine bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübten (§ 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F.) und unter bestimmten Voraussetzungen NATO-Angehörige (§ 1 Abs.1 Nr.4 BKGG n.F.), daneben unter bestimmten Umständen die Kinder selbst und Ausländer (§ 1 Abs.2 und Abs.3 BKGG n.F.). Die Anspruchsberechtigung nach § 1 BKGG n.F. bezieht sich aber gemäß § 2 BKGG ("zu berücksichtigende Kinder") nicht auf Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG n.F.); dies gilt nur nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nr.2 und Nr.3 BKGG n.F. (Entwicklungshelfer, Missionare und Beamte), wenn sie die Kinder in ihren (ausländischen) Haushalt aufgenommen haben (§ 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F.).

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der §§ 1 und 2 BKGG n.F. nicht in vollem Umfang. Soweit er sich in erster Instanz auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.05.1996 - 10 RKg 20/94 (SozR 3-5870 § 1 Nr.9) berufen hat, traf dies nicht den Kern der Sache. Dort ging es um einen Kindergeldanspruch vor dem 01.01.1996 und bestand ein anderer rechtlicher Sachverhalt. Gemäß dem damaligen § 1 BKGG a.F. war ein Kindergeldanspruch für Personen ohne inländischen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt vorgesehen, wenn sie von einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherren zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt, abgeordnet, versetzt oder kommandiert worden sind (§ 1 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. - u.a. versicherungspflichtige Arbeitnehmer als Entsandte im Sinne von § 4 Abs.1 Sozialgesetzbuch Teil IV), daneben noch für Bedienstete des Bundeseisenbahnvermögens, des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation sowie der Bundesfinanzverwaltung, für Bezieher von Versorgung nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, für Entwicklungshelfer mit Bezug von Unterhaltsleistungen im Sinne von § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes (§ 1 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Buchst.b bis d BKGG a.F.) und für Personen, denen nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes eine Tätigkeit bei einer Einrichtung außerhalb des Anwendungsbereichs jenes Gesetzes zugewiesen worden ist (§ 1 Abs.1 Satz 2 BKGG a.F.), ferner unter bestimmten Umständen für die Kinder selbst und für Ausländer (§ 1 Abs.2 und Abs.3 BKGG a.F.). Die damalige "Kindergeldberechtigung" bezog sich nicht auf Kinder ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, es sei denn, es handelte sich um Berechtigte nach § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG a.F., die die Kinder in ihren (ausländischen) Haushalt aufgenommen haben (§ 2 Abs.5 Satz 1 und Satz 2 BKGG a.F.). Damit waren auch die nach § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. entsandten Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer ins Ausland mitgenommenen und im dortigen Haushalt betreuten Kinder erfasst. Dies gilt aber seit dem 01.01.1996 nicht mehr. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.05.1996, a.a.O., betraf lediglich die Fälle vor dem 01.01.1996, in denen entsandte Arbeitnehmer in ein Beschäftigungsverhältnis zum ausländischen Arbeitgeber traten, aber unter bestimmten umschriebenen Voraussetzungen ein "Rumpfarbeitsverhältnis" mit dem inländischen Arbeitgeber fortbestand, bezog sich jedoch nicht auf § 2 Abs.5 BKGG a.F., nach dem in größerem Umfang als nach den ab 01.01.1996 geltenden Vorschriften Kinder im Ausland zu berücksichtigen waren.

Ein Kindergeldanspruch des Klägers nach dem BKGG n.F. für die Jahre 2000 bis 2003 scheitert an dem fehlenden Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Sohnes T. im Inland. Der Kläger und dessen Familienangehörige haben im Februar 1999 ihren Wohnsitz in der BRD aufgegeben und einen neuen Wohnsitz in den USA begründet. Nach den gesamten Verhältnissen ist davon auszugehen, dass T. den jeweiligen Wohnsitz der Eltern teilte und weder im Februar 1999 einen zusätzlichen Wohnsitz in der BRD beibehielt noch dort in der Zeit bis Juni 2003 erneut begründete. Maßgebend oder beweisend ist weder (die vom Kläger in Aussicht gestellte und dann wahrscheinlich nicht erfolgte) "polizeiliche" Meldung des Sohnes im Inland noch primär ein Willensakt - hier der Eltern des minderjährigen Kindes -, der für einen Wohnsitz im Sinne von §§ 7 und 8 des Bürgerlichen Gesetzbuches ausschlaggebend ist. Besonders zugeschnitten auf sozialrechtliche Zwecke haben die Begriffe "Wohnsitz" und "gewöhnlicher Aufenthalt" in § 30 Abs.3 Sozialgesetzbuch Teil I eine spezielle und von anderen allgemeinen Vorschriften abweichende Regelung erfahren. Bei dieser gesetzlichen Definition wird auf objektive Merkmale abgestellt. Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die darauf schließen lassen, dass er diese Wohnung beibehalten und benutzen wird; gefordert ist ein tatsächliches reales Verhalten in Bezug auf den "Lebensmittelpunkt". Der tatsächliche Besitz einer Wohnung reicht nicht aus; der Wohnsitz wird auch nicht allein durch rein tatsächliches, auch länger dauerndes, nicht zufälliges Verweilen an einem zum Wohnen geeigneten Ort begründet. Entscheidend sind allein die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Eine Bleibe genügt nicht, sondern es muss ein zum Wohnen bestimmter und dienender räumlicher Bereich gegeben sein, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.

Bei mehreren Wohnsitzen müssen gleichwertige Beziehungen zu jedem Wohnsitz bestehen. Letzteres gilt auch für zwei ständige Aufenthalte (streitig ist, ob zwei gewöhnliche Aufenthalte überhaupt möglich sind) oder für einen Wohnsitz und einen (örtlich abweichenden) ständigen Aufenthalt. Der Betreffende muss dann abwechselnd hier und dort leben, wobei sich die wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zu den beiden Orten hinsichtlich ihrer Intensität nicht wesentlich unterscheiden dürfen (BSG vom 28.07.1967 - 4 RJ 411/66 in BSGE 27, 88); anderenfalls liegt nur ein einziger tatsächlicher und rechtlicher Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im sozialrechtlichen Sinne vor.

Die Voraussetzung der gleichwertigen Beziehungen an beiden Orten ist in der Person des Kindes des Klägers keinesfalls erfüllt. Es ist zu sehen, dass der Kläger und alle Familienangehörigen in die USA verzogen. Das Merkmal des Innehabens einer Wohnung in der BRD war nicht mehr gegeben, so dass der "Rückkehrwille" bzw. der Wille, den Lebensmittelpunkt künftig in die BRD wieder zu verlegen, ohnehin unbeachtlich gewesen ist. Derartige Umstände könnten nur bei Beibehaltung einer Wohnung in der BRD ins Gewicht fallen, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind.

In der Wohnung der Eltern in den USA war dann der weitaus überwiegende zeitliche Aufenthalt und die soziale Anbindung des minderjährigen Kindes. Hinzu kommt als wesentliches Merkmal der Schulbesuch, der hier nicht isoliert, wie z.B. bei einem Internatsaufenthalt im Ausland (allein zu Ausbildungszwecken bei nach wie vor beibehaltener, d.h. bereits vorher bestehender Wohnung und Wohnsitz im Inland) stattfand. Durch die vom Kläger dargelegten vorübergehenden, relativ kurzen Aufenthalte des Kindes in der BRD kann weder ein Wohnsitz im sozialrechtlichen Sinne noch ein ständiger Aufenthalt begründet oder aufrecht erhalten werden (BSG vom 28.06.1984 - 3 RKg 27/83 in SozR 2200 § 205 Nr.56: Regelmäßige "beständige" Anwesenheit, vgl. ferner BSG vom 28.05.1997 - 14/10 RKg 14/94 in SozR 3-5870 § 2 Nr.36 mit weiteren Nachweisen). Solche Aufenthalte mögen Besuchs- und Urlaubszwecken dienen, sind aber nicht geeignet, einen tatsächlichen Lebensmittelpunkt in der BRD gleichwertig dem Lebensmittelpunkt in den USA darzutun (BSG vom 07.09.1988 - 10 RKg 4/87 in SGb 1988, 453: auch die Pflege des inländischen Eigentums und der bisherigen verwandtschaftlichen Beziehungen im Inland sind nicht hinreichend). Hierauf weist - dies war aber letztlich nicht mehr entscheidend - auch der Umstand hin, dass die Eltern des Kindes keinen Wohnsitz (hier würde übrigens auch angemessener, familiengerechter Wohnraum entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen und damit eine Wohnung fehlen) oder ständigen Aufenthalt in der BRD hatten. Bei minderjährigen Kindern im ausländischen Haushalt der Eltern kann ein isolierter zweiter Wohnsitz der Kinder im sozialrechtlichen Sinne nur dann angenommen werden, wenn ein besonderer Zweck dargetan ist und tatsächlich auch - nach Dauer und Intensität gemessen und insgesamt gewertet - die Lebensverhältnisse im Inland wie im Ausland sich wesentlich gleich stehen.

Nachdem das Kind des Klägers bereits aus den genannten Gründen keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der BRD hatte, kann dahingestellt sein, ob es tatsächlich auch eine jederzeit verfügbare (benutzbare, zugängliche und nicht vom Willen Dritter abhängige) Wohnung dort bei den Großeltern inne hatte. Dagegen steht jedenfalls das alleinige Herrschaftsrecht der Großeltern über ihr Haus oder ihre Wohnung; der Kläger hat eine Verpflichtung der Großeltern zur Überlassung des Gebrauchs und der Nutzung einer Wohneinheit an das Kind jedenfalls nicht dargelegt.

Damit besteht kein Kindergeldanspruch des Klägers. Er kann auch nicht analog einem abgeordneten Beamten (§ 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F.) behandelt werden. Dagegen spricht zunächst die klare Differenzierung in der Nr.1 und in der Nr.3 des § 1 Abs.1 BKGG n.F.; es wird hier unterschieden zwischen Arbeitnehmern der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst einerseits und den Personen mit Beamtenstatus andererseits, so dass auch der Hinweis unbehelflich erscheint, dass im Rahmen des Arbeitsverhältnisses des Klägers in bestimmtem Umfang, z.B. hinsichtlich der Umzugskosten, beamtenrechtliche Vorschriften entsprechend Anwendung fanden. Darüber hinaus ist bei Beamten zu berücksichtigen, dass auf der Grundlage des verfassungsrechtlich verankerten Alimentationsprinzips wesentliche Einkommensbestandteile und auch der Beihilfeanspruch dieser Beamten von der Kindergeldgewährung abhängig ist und der Gesetzgeber im Rahmen der ihn treffenden Alimentationspflicht bei Entfall des Kindergeldanspruchs eine andere sachgerechte Besoldungslösung hätte finden müssen, mithin die Besoldung - bei dem durchaus regelbaren Entfall des "allgemeinen Kindergelds" im Inland wie auch im Ausland - aufzustocken wäre. Eine solche besondere Lage, die Berücksichtigung eines allgemeinen finanziellen Vorteils bei einer ansonsten zu niedrigen Besoldung, fehlt beim Kläger. Darüber hinaus würde eine Analogie zu einem Beamten ohnehin zur Konsequenz haben, dass bei Gleichstellung Steuerpflicht gemäß § 1 Abs.2 EStG bestünde und damit ein Kindergeldanspruch nach dem BKGG n.F. nicht in Frage käme. Gerade eine solche Gleichstellung wollte der Gesetzgeber aber keineswegs. Dies ergibt sich u.a. daraus, dass im Steueränderungsgesetz 2001 für die Mitarbeiter des DLG und für Personen in ähnlicher Lage eine vergünstigende Ausnahme für steuerfreie Auslandszulagen geschaffen wurde, wenn der Arbeitslohn entsprechend den im Sinne des § 3 Nr.64 Satz 1 EStG geltenden Vorschriften ermittelt und der Arbeitslohn aus einer öffentlichen Kasse gezahlt wird oder ganz oder teilweise aus öffentlichen Mitteln aufgebracht wird. Eine teilweise Bezugnahme auf § 1 Abs.2 EStG (hinsichtlich der Zulagen) oder gar die vollständige Einbindung in § 1 Abs.2 EStG (mit allen Erwerbseinkünften) unterblieb.

Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Regelungen in § 1 Abs.1, § 2 Abs.5 BKGG n.F. vermag der Senat nicht zu erkennen. Das Kindergeld nach dem BKGG n.F. stellt allein eine sozialrechtliche Leistung dar, wohingegen das im BKGG a.F. geregelte Recht einen starken steuerrechtlichen Bezug wegen des damals im EStG a.F. gestrichenen und dann in zu geringer Höhe wieder eingeführten Kinderfreibetrags insoweit hatte, als von den erzielten Einkünften des Steuerpflichtigen der dem Existenzminimum für ein Kind dienende Teil von Besteuerung frei bleiben sollte (s. hierzu BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84, 4/86 und vom 02.08.1990 - 1 BvR 1431/86 in SozR 3-5870 § 10 Nr.1 und § 2 Nr.9) und eine im Einzelfall zu hohe Besteuerung durch Zahlung des Kindergelds ausgeglichen werden sollte (im Steuerrecht erfolgte die Umrechnung des Kindergelds in einen fiktiven zusätzlichen Kinderfreibetrag). Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - die Wahl des Rechtsgebiets und die Art der Regelung wurden dem Gesetzgeber ausdrücklich frei gestellt - wurde das Kindergeldrecht ab 01.01.1996 vorrangig im EStG geregelt, und es verblieb im BKGG n.F.ein rein sozialrechtlicher Restbereich.

In diesem Bereich vermag der Senat ein Gebot des Grundgesetzes, dem Kläger Kindergeld zu gewähren, nicht zu erkennen. Das BKGG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung knüpft, so im Prinzip bereits das vorher geltende Kindergeldrecht, an den Territorialitätsgrundsatz an, d.h., dass grundsätzlich Leistungen, die beitragsunabhängig und nicht, wie z.B. bei Rentenanwartschaften, "erkauft" worden sind, ins Ausland nicht erbracht werden. Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip hat der Gesetzgeber im Laufe der Jahre ab 1975 in engerem oder weiterem Rahmen zugelassen und wiederholt eingeschränkt, wobei auch eine Regelung ohne jegliche Ausnahmen möglich und zulässig wäre, sofern es um eine rein sozialrechtliche Leistung geht. Der Territorialitätsgrundsatz ist verfassungsgemäß, wie bereits öfters entschieden worden ist (grundlegend zuerst BSG vom 17.12.1981 - 10 RKg 12/81 in SozR 5870 § 2 Nr.25). Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es gebieten würde, bei Aufenthalt des Kindergeldberechtigten und/oder des Kindes im Ausland Kindergeld zu zahlen (werden die im EStG geregelten Fälle ausgenommen).

Der Gesetzgeber hat einen weiten Ermessensspielraum, ob und inwieweit er Leistungen nach einem Sondergesetz wie dem BKGG n.F. erbringt; er kann die Gruppen der ausnahmsweise Berechtigten weit oder sehr eng fassen. Der weite Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber findet letztlich seine Grenzen nur in Art.3 des Grundgesetzes - GG (Willkürverbot); aus Art.6 GG (Förderung der Familie) und aus Art.20 Abs.1 GG hingegen kann - wie bereits mehrfach entschieden worden ist - keine bestimmte Leistung nach einem konkreten Gesetz, wie z.B. dem BKGG, abgeleitet werden. Bei der Regelung beitragsunabhängiger Sozialleistungen kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Lösung gefunden hat; sachliche Gründe für die Bevorzugung einer bestimmten Gruppe, die nur auf den ersten Blick als Benachteiligung anderer Gruppen erscheinen, sind bereits ausreichend, um einen Verstoß gegen die Verfassung zu verneinen.

Eine ungerechtfertigte Privilegierung der Bezieher von Kindergeld nach dem BKGG, die in ausländischen Staaten leben, in denen über- oder zwischenstaatliches Recht (Normen der Europäischen Gemeinschaft, zwischenstaatliche ratifizierte Abkommen) hinsichtlich Familienleistungen gilt, ist nicht gegeben. Die Durchbrechung des Territorialitätsgrundsatzes ist hier bereits dadurch gerechtfertigt, dass aufgrund spezieller Regelungen eine Gegenseitigkeit - insbesondere durch Gleichstellung von Staatsangehörigen von zwei oder mehr Staaten und durch Gebietsgleichstellung - erfolgt. Dies ist im Verhältnis der BRD zu den USA nicht gegeben, insoweit fehlt es an einem vergleichbaren Personenkreis.

Die Ungleichbehandlung der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und der nach § 123a Beamtenrechtsrahmengesetz entsandten Beamten (§ 1 Abs.1 Nr.4 BKGG n.F.) könnte der Kläger ebenfalls nicht einwenden. Es muss berücksichtigt werden, dass die Grundsätze des Berufsbeamtentums, u.a. die besondere Fürsorgepflicht des Staates und das Alimentationsprizip, im Grundgesetz selbst verankert sind und der Staat, falls er den entsandten Beamten kein Kindergeld ins Ausland gewähren würde (was er im Übrigen auch bei Fehlen einer Einkommensteuerpflicht nicht tun müsste), auf andere Weise für eine amtsangemessene Alimentation, die sich auch auf die Familienangehörigen bezieht, Sorge zu tragen hätte.

Mit Entwicklungshelfern (§ 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F.), die im Übrigen im Gegensatz zum Kläger nicht Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind und Unterhaltsleistungen - im Wege eines gesetzlich vorgesehenen "Garantievertrags" - im Sinne von § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhalten, kann sich der Kläger ebenfalls nicht vergleichen. Die Entwicklungshelfer werden im besonderen staatlichen Interessse zu gemeinnützigen Zwecken im Ausland ohne Entgelt im arbeits- und sozialrechtlichen Sinne tätig, so dass der Gesetzgeber im Entwicklungshelfer-Gesetz sowie in vereinzelten anderen Gesetzesvorschriften Sonderregelungen zur Förderung der Entwicklungshilfe vorgesehen hat.

Entsprechendes gilt für die von öffentlich-rechtlich korporierten Kirchen und Religionsgemeinschaften entsandten Missionare (§ 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F.), die im Hinblick auf die Zusammenarbeit und wohlwohlende Förderung des (kirchlichen) "Staats im Staat" gefördert werden sollen, weil mit dem Bemühen um Glaubensverbreitung regelmäßig auch eine caritative Zuwendung verbunden ist und der bestehende staatliche "Wohlfahrtsauftrag" der Kirche im Inland auch im Ausland durchgeführt werden kann; außerdem - so die Gesetzesbegründung - sollen die Missionare wegen ihrer finanziellen Situation den Entwicklungshelfern gleichgestellt werden.

Letztlich verbleibt nur noch das denkbare Argument, entsandte Arbeitnehmer mit Kindern im Ausland würden gegenüber denjenigen Arbeitnehmern benachteiligt, die ihre Kinder im Inland beließen. Hier ist aber eine Differenzierung schon deshalb sachlich gerechtfertigt, weil das Kind, das sich im innerstaatlichen Bereich aufhält, enger in die dort bestehende Gesellschaft eingebunden ist; hinzu kommt, dass dem Staat eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber seinen Staatsangehörigen obliegt, wenn sie sich in seinem Bereich aufhalten. Dieser Pflicht muss der Staat nachkommen, soweit es um die Gewährleistung des (inländischen) existenziellen Bedarfs geht. Dies kann durch Leistungen in beliebigen Gesetzen erfolgen; der Gesetzgeber hat hierzu in erster Linie das Bundessozialhilfegesetz vorgesehen. Der Verpflichtung zur Gewährleistung des existenziellen Bedarfs (im Inland) kann der Staat im Übrigen ganz oder teilweise auch dadurch nachkommen, dass er Kindergeld (unabhängig von der Prüfung eines Bedarfs oder der Unterhaltspflicht der Eltern bzw. des Bezugs von Unterhalt) gewährt.

Die Elemente des Aufenthalts des Kindes im Inland und der sozialen Fürsorge für die Staatsangehörigen im Inland fehlen, wenn ein deutscher Staatsangehöriger und dessen Kinder im Ausland wohnen oder sich dort gewöhnlich aufhalten. Es ist dem Territorialitätsgrundsatz immanent, dass beitragsunabhängige Sozialleistungen nicht ins Ausland erbracht werden müssen, d.h., wenn Betroffene den staatlich begrenzten Fürsorgebereich verlassen, und ein Vergleich zu Kindergeldberechtigten und/oder Kindern, die sich im Inland aufhalten, ist sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen nicht zulässig. Ungleiches darf auch ungleich behandelt werden.

Zur Verfassungsmäßigkeit des Territorialitätsgrundsatzes, zu etwaigen Ausnahmen hierzu und zum freien Gestaltungsrecht des Gesetzgebers für den Fall, dass vom erzielten Einkommen das für das Kind bestimmte Existenzminimum nicht besteuert wird, vgl. u.a. die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 29.05.1990, a.a.O. und vom 02.08.1990, a.aO., weiterhin Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.11.1986 - 1 BvR 1108/86 in SozR 5870 § 2 Nr.48, ferner die Urteile des Bundessozialgerichts - mit zahlreichen Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - vom 26.10.1978 - 8 RKg 5/77, 06.12.1978 - 8 RKg 2/78, 22.01.1981 - 10/8 B RKG 7/79, 17.12.1981 - 10 RKg 4/81 und 12/81 in SozR 5870 § 2 Nrn.11, 13, 21, 24 und 25 sowie vom 25.08.1986 - 10 RKg 10/86.

Die Berufung war aus den dargelegten Gründen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen, ohne zuvor dem Bundesverfassungsgericht eine Rechtsfrage zur Vorentscheidung vorzulegen; hierzu hätte es der Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungsrelevanten Norm bedurft. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine Divergenzentscheidung ist nicht bekannt. Eine grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage erscheint ebenfalls nicht gegeben. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung der Rechtseinheit in ihrem Bestand und der Förderung der Weiterentwicklung des Rechts kann vom Senat nicht bejaht werden. Die richtige Rechtshandhabung ergibt sich unmittelbar und offensichtlich aus dem Gesetz. Soweit es verfassungsrechtliche Fragen anbelangt, so haben das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht wiederholt ihre Auffassung dargelegt, unter welchen Voraussetzungen einschränkende Vorschriften über beitragsunabhängige Sozialleistungen gegen das Grundgesetz verstoßen können. Auch insoweit sieht der Senat keinen Bedarf an einer weiteren Abklärung, zumal die Neuregelung des Kindergeldrechts alle Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das die bisherige Regelung beanstandet hat, berücksichtigt und vorliegend die steuerrechtliche Problematik nicht Streitgegenstand war.
Rechtskraft
Aus
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