Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 17 SB 777/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 9/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF".
Der 1940 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger. Er ist HIV-positiv. Mit Bescheid vom 17.05.1994 stellte der Beklagte bei ihm einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 für folgende Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. Immunschwäche, 2. geschwürige Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa), 3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, 4. Morton sche Metatarsalgie rechts.
Mit seinem Neufeststellungsantrag vom 10.10.2005 begehrte er eine Aktualisierung seines GdB, Ermäßigung/Kostenbefreiung im öffentlichen Nahverkehr und Kfz-Steuerbefreiung.
Mit Änderungsbescheid vom 16.02.2006 stellte der Beklagte ab Antragstellung einen GdB in Höhe von 80 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" fest und lehnte die übrigen Merkzeichen ab.
Mit Fax vom 23.02.2006 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein, und zwar "nur deshalb, weil mir das Merkzeichen "RF" nicht gewährt wurde." Ganz abgesehen davon, dass er wegen seines geringen Einkommens auch Grundversorgung beantragt habe, könne er wegen seiner Leiden an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen. Wegen seines Bronchialasthmas, der Morton schen Metatarsalgie rechts und der Knorpelschäden am Knie rechts, könne er Veranstaltungen nicht erreichen und an ihnen auch nicht teilnehmen. Hinzu komme die sicher HIV-bedingte Konjunktivitis, die seine Augen seit Jahren rot werden und anschwellen ließen. Hierzu bezog er sich auf das vorgelegte Attest des Prof.Dr.B. vom 03.03.2006, wonach seine Erkrankungen in der Summe auch aus medizinischer Beurteilung zu einer Situation führten, in der auf Dauer öffentliche Veranstaltungen nicht besucht werden könnten.
Mit Teilabhilfebescheid vom 12.07.2006 stellte der Beklagte daraufhin für die Zeit ab 10.10.2005 einen GdB von 100 und wiederum die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" für folgende Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. Immunschwäche, Polyneuropathie, Myopathie (Einzel-GdB 100); 2. Bronchialasthma, Lungenfunktionseinschränkung (Einzel-GdB 50); 3. Geschwürige Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa) (Einzel-GdB 30); 4. Herzleistungsminderung, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck (Einzel-GdB 30); 5. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20); 6. Morton sche Metatarsalgie rechts, Knorpelschäden am Kniegelenk rechts (Einzel-GdB 10).
Die Feststellung weiterer Merkzeichen, insbesondere "RF", lehnte er ab und wies anschließend im Übrigen den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 zurück.
Mit seiner hiergegen am 31.07.2006 zum Sozialgericht München erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Anliegen weiter. Das Merkzeichen "RF" stehe ihm nicht nur auf Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sondern auch wegen seiner finanziellen Lage zu. Im Einzelnen bezog er sich auf alle im Bescheid festgestellten Beeinträchtigungen und auch auf seine Körpergröße von 186 cm, die ihm schon seit langem ein Gegenübersitzen in öffentlichen Verkehrsmitteln unmöglich mache. Seine "geistige bzw. psychische Indikation" hindere ihn, das Haus zu verlassen. Er habe eine vehemente psychische Angst davor, in der Öffentlichkeit mit Glück, Lebenslust, Freude, mit Lachen aber vor allem auch mit Erotik konfrontiert zu werden. Er gehe zwar aus dem Haus, zwangsläufig, um sich mit dem Allernötigsten zu versorgen, nicht jedoch, um an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, was er auch deshalb nicht könne, weil all die daraus resultierenden Depressionen zu guter Letzt nur zum Suizid führen würden. Er sehe eine gegen die Verfassung verstoßende Ungleichbehandlung darin, dass seine finanziellen Verhältnisse nicht berücksichtigt würden. Insoweit berufe er sich auf sein unter dem Sozialhilfesatz liegendes Einkommen. Diesbezüglich führe er einen weiteren Rechtsstreit vor dem Sozialgericht München (S 50 SO 374/06). Finanzielle und gesundheitliche Gründe für die Gewährung des Merkzeichens "RF" seien untrennbar, es sei kurios, wenn nicht sogar rechts- und verfassungswidrig, den Kläger sozusagen in zwei Teile, in einen gesundheitlichen und einen finanziellen Teil aufzuteilen. Hätte er einen österreichischen Wohnsitz, würde er ergänzend zu seiner Pension wegen Berufsunfähigkeit eine Ausgleichszulage erhalten, die in Österreich jedem im Inland lebenden Pensionsbezieher zur Sicherung eines Mindesteinkommens gewährt würde. Die Bezieher der Ausgleichszulage seien von der Entrichtung der Rezept-, der Rundfunk- und der Fernsehgrundgebühr sowie von der Telefongrundgebühr befreit. Dies entspreche in etwa der von ihm beantragten Zuerkennung des Merkzeichens "RF". Nach Art.4 und 5 der EU-Verordnung (EG) Nr.883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 116 vom 30.04.2004 S.1-123) könne er als österreichischer Staatsbürger die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" verlangen.
Der vom Gericht bestellte Sachverständige Dr.S. vertrat in seinem internistischen/neurologischen Gutachten vom 22.09.2006 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.10.2006 die Auffassung, der Kläger sei nicht dauernd an der Teilnahme öffentlicher Veranstaltungen gehindert.
Mit Urteil vom 07.12.2006 wies das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen unter Hinweis auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr.S. ab. In Hinblick auf das Begehren des Klägers, die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auch wegen seiner finanziellen Verhältnisse verlangen zu können, hob es hervor, dass sich die Zuständigkeit der Versorgungsverwaltung auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF" beschränke, daran ändere auch das Europäische Recht nichts, auf das sich der Kläger berufe.
Seine hiergegen am 26.01.2007 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung begründete der Kläger im Wesentlichen mit dem Einwand, das erstinstanzliche Gericht habe es wissentlich und vorsätzlich unterlassen, die Verordnung der Europäischen Union in den zu erkennenden Sachverhalt miteinzubeziehen. Da alleine auf Grund dieser Verordnung ihm die Rechtswirkung des österreichischen Rechts zuzuerkennen sei, wäre bei einer Berücksichtigung dieser Verordnung durch das erstinstanzliche Gericht unter anderem auch die medizinische Begutachtung nicht notwendig gewesen.
Im Erörterungstermin vom 08.05.2007 übergab der Vertreter des Beklagten einen "Anhang V zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Ausstellung von Behindertenpässen in Österreich" und wies darauf hin, dass danach in Österreich das Merkzeichen "RF" überhaupt nicht vorgesehen sei.
Der Kläger berief sich nachdrücklich auf Art.5a und b der Verordnung (EG) Nr.883/2007, insbesondere hielt er die entsprechenden "Sachverhalte" für eingetreten, auch wenn sie nicht verbeschieden seien. Im Übrigen wies er darauf hin, dass ihm seit ca. 14 Tagen auf Grund einer einstweiligen Anordnung des 8. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts (L 8 B 784/06 SO ER) vom 02.03.2007 die Grundsicherung zuerkannt worden sei. Besonders rügte er, dass er um die Anwendung von Gesetzen/gesetzlichen Verordnungen vor Gericht streiten müsse, da diese von den Behörden nicht angewendet würden. Mit nachträglichem Fax vom selben Tage präzisierte er seinen Hinweis auf Art.5b der EG-Verordnung: "Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären." Dies bedeute, dass die in der Bundesrepublik Deutschland eingetretenen Sachverhalte (Erkrankungen und seit weit mehr als zehn Jahren bedingte Berufsunfähigkeit) den Eintritt der Rechtswirkung des gegenständlichen Klageinhalts ausgelöst bzw. verursacht hätten.
Mit Fax vom 11.05.2007 wies er darauf hin, dass es nicht österreichisches Recht sei, welches in diesem Verfahren zur Anwendung gebracht oder durchgesetzt werden solle, genau das Gegenteil sei der Fall. Mit weiterem Fax vom 13.05.2007 stellte er heraus, weil die in Österreich eingetretenen Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen hätten, seien ihm dort auf Grund Erkrankung und Mindereinkommen Grundsicherung zu gewähren und diese entsprechenden Sachverhalte seien auch hier zu berücksichtigen. Der Rechtsanspruch beinhalte (in Österreich) die Befreiung von Rundfunk- und Fernsehgebühren.
Der Beklagte bezog sich in seinem Schreiben vom 15.05.2007 auf seine bisherige Stellungnahme und empfahl dem Kläger nochmals, sich unter Bezugnahme auf Art.5b der von ihm zitierten Verordnung wegen Befreiung von der Rundfunkgebühren direkt an die Gebühreneinszugszentrale (GEZ) zu wenden.
In der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2007 erklärte der Kläger, ab Gewährung der Grundsicherung (Beschluss des 8. Senats des BayLSG) befristet derzeit bis Ende Februar 2008 von der GEZ von der Rundfunkgebührenpflicht befreit zu sein.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.12.2006 aufzuheben und unter teilweiser Änderung des Änderungsbescheides vom 16.02.2006 sowie des Teilabhilfebescheides vom 12.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2006 den Beklagten zu verurteilen, die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" ab 10.10.2005 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweisunterlagen, bezüglich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG), form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 51 Abs.1 Nr.7, 143 ff., 151 SGG i.V.m. § 2, 69 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB IX). Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfällt nicht dadurch, dass die ab 01.04.2005 für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht allein zuständige GEZ - sie führt das Verfahren für die zuständigen Landesrundfunkanstalten (in Bayern für den Bayerischen Rundfunk) durch - den Kläger derzeit bis Ende Februar 2008 von seiner Gebührenpflicht befreit hat. Schließlich hat er ein Rechtsschutzbedürfnis für eine weitergehende Befreiung in der Zukunft. In diesem Zusammenhang kann es dahinstehen, ob ein derartiges Rechtsschutzbedürfnis auch für die Vergangenheit zu bejahen ist, obwohl die Befreiung ausweislich des Antragsformulars der GEZ erst mit dem Monat beginnt, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag gestellt wurde und bei der GEZ eingegangen ist. Eine rückwirkende Befreiung ist nicht zulässig, auch wenn die Befreiungsvoraussetzungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben (vgl. hierzu § 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in der seit dem 01.04.2005 geltenden Fassung durch den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag - RGebStV - GBl. BW 2005, S.189 i.V.m. der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 21.07.1992 (GVBl. Nr.14/1992 S.254 zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.12.2006, GVBl. Nr.26/2006, S.1008). Das zulässige Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 07.12.2006 und die ihm zugrunde liegenden Bescheide des Beklagten vom 16.02.2006, 12.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2006 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte nach § 69 Abs.4 SGB IX bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" feststellt und das Merkzeichen in den Schwerbehindertenausweis einträgt. Nach § 3 Abs.1 Nr.5 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwVO zuletzt geändert am 20.06.2002, BGBl. I S.1998) i.V.m. § 1 Abs.1 Nr.2a und 3 der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bzw. der Nr.27 Abs.5 und 33 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX)" - AP - erfüllt der Kläger die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht.
Beim Kläger wurde zwar ein GdB von 100 festgestellt, er gehört jedoch nicht zu den in allen Verordnungen in der Bundesrepublik Deutschland aufgeführten behinderten Menschen, die als Anspruchsberechtigte für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" genannt sind: "Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich Sehbehinderte mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung, Hörgeschädigte, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist; behinderte Menschen mit einem GdB von wenigstens 80, die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können." Im Einzelnen zählen zu den letztgenannten Personenkreis (vgl. Nr.33 AP):
- "Behinderte Menschen, bei denen schwere Bewegungsstörungen - auch durch innere Leiden (schwere Herzleistungsschwäche, schwere Lungenfunktionsstörung) - bestehen und deshalb auf Dauer selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit technischen Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl) öffentliche Veranstaltungen in zumutbarer Weise nicht besuchen können, - behinderte Menschen, die durch ihre Behinderung auf ihre Umgebung unzumutbar abstoßend oder störend wirken (z.B. durch Entstellung, Geruchsbelästigung bei unzureichend verschließbarem Anus praeter, häufige gehirnorganische Anfälle, grobe unwillkürliche Kopf- und Gliedmaßbewegungen bei Spastikern, laute Atemgeräusche wie sie etwa bei Asthmaanfällen und nach Tracheotomie vorkommen können), - behinderte Menschen mit - nicht nur vorübergehend - ansteckungsfähiger Lungentuberkulose, - behinderte Menschen nach Organtransplantation, wenn über einem Zeitraum von einem halben Jahr hinaus die Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten in einer so hohen Dosierung erfolgt, dass dem Betroffenen auferlegt wird, alle Menschenansammlungen zu meiden, - geistig oder seelisch behinderte Menschen, bei denen befürchtet werden muss, dass sie beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen durch motorische Unruhe, lautes Sprechen oder agressives Verhalten stören."
Da nach dem Ergegnis der Beweisaufnahme des Sozialgerichtes, insbesondere den Feststellungen des Sachverständigen Dr.S. im Gutachten vom 22.09.2006, der Kläger keine dieser gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt, kann der Senat insoweit von einer weiteren Darstellung der Urteilsgründe absehen und die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweisen (vgl. § 153 Abs.2 SGG). Insbesondere die Feststellungen des medizinischen Sachverständigen sind durch keine anderslautenden oder gegenteiligen objektiven medizinischen Befunde und/oder Beurteilungen in Frage gestellt, so dass auch der Senat nicht gehalten ist, den medizinischen Sachverhalt weiter zu ermitteln. Im Übrigen hat das Sozialgericht die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Auslegung der Vorschriften über eine Befreiung von der Rundgebührenpflicht beachtet. Diese sind danach eng auszulegen und einer analogen Anwendung nicht zugänglich. Der Kläger hat dies wohl selbst auch erkannt und ganz bewusst auf die Stellung eines Antrages nach § 109 SGG verzichtet und sich stattdessen mehrfach und nachdrücklich auf die EG-Verordnung Nr.833/2004, insbesondere ihren Art.5b berufen: "Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären."
Selbst wenn man der Auffassung ist, dass die vom Kläger genannte EG-Verordnung, die die Verordnung (EWG) Nr.1408/71 vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 05.07.1971, S.2, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr.1386/2001 (ABl. L 187 vom 10.07.2001, S.1) ersetzt, im Falle des Klägers anwendbar wäre, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die vom Kläger gerügte Aufspaltung seiner Person in einen gesundheitlichen und einen finanziellen Teil. Es mag durchaus zutreffen, dass er im Falle eines österreichischen Wohnsitzes wie jeder in Österreich lebende Pensionsbezieher zu seiner Pension eine Ausgleichszulage erhalten würde und damit unter anderem von der Entrichtung der Rundfunk- und Fernsehgrundgebühr befreit wäre. Nach § 6 Abs.1 RGebStV Nr.2 ist diese Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auch in der Bundesrepublik Deutschland für Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII) ebenfalls vorgesehen, so dass insoweit der Verordnung Nr.883/2004 Genüge getan ist. Für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" ergibt sich im Übrigen auch bei Anwendung der EG-Verordnung kein für den Kläger günstiges Ergebnis. Zutreffend hat der Beklagte im Erörterungstermin vom 08.05.2007 auf den "Anhang V zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Ausstellung von Behindertenpässen in Österreich" hingewiesen, wonach in Österreich das Merkzeichen "RF" überhaupt nicht vorgesehen ist. Insoweit fehlt es bereits an dem Tatbestandsmerkmal "Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse" (Art.5b der Verordnung Nr.883/2004).
Sofern der Kläger unter Hinweis auf die von ihm genannte EG-Verordnung die Auffassung vertritt, sämtliche ihm zustehenden Ansprüche müssten von einer Instanz geprüft werden, jede andere Verfahrensweise verstoße gegen die Menschenwürde, übersieht er, dass in Abs.15 der Legende der Verordnung Nr.883/2004 ausdrücklich festgestellt wird, dass es erforderlich ist, Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedsstaats zu unterwerfen, um eine Kumulierung anzuwendender nationaler Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen zu vermeiden." Deshalb ist das in der Bundesrepublik Deutschland für die Befreiung von der Rundfunkgebühr vorgesehene zweistufige Verwaltungs- und Gerichtswegesystem nach Auffassung des Senates nicht zu beanstanden. Damit ergeben sich auch für den Kläger verschiedene Verwaltungswege für die Feststellung seiner finanziellen Bedürftigkeit und seiner gesundheitlichen Funktionsbeeinträchtigungen. Dies hat zur Folge, dass die GEZ entsprechende Personen nur dann von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, wenn ein aktueller Bescheid für den Bezug von Grundsicherung vorliegt, für den der Beklagte nicht zuständig ist oder aber ein aktueller Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "RF" oder ein entsprechender Bescheid der Versorgungsbehörden des Beklagten zur Durchführung des SGB IX. Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und der vorgesehenen Merkzeichen durch die zuständigen Behörden des Beklagten handelt es sich damit um eigenständige "Dienstleistungen" zu Gunsten der Behinderten mit Außenwirkung gegenüber Arbeitgebern, Dienstherrn und Verkehrsunternehmen und verschiedenen Behörden (vgl. hierzu BSGE Band 52, 168, 172, 174 f., BSGE Band 66, S.120, 121 f. = R 3870 § 4 Nr.4; Bundesverwaltungsgericht E 72, 8, 9 ff.). Diese feststellende Tätigkeit der im Streit stehenden Versorgungsbehörden für die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" ist deshalb unter Beachtung auch des Europäischen Rechtes nicht zu beanstanden. Für die daraufhin zu gewährende Leistung - die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht - sind andere Institutionen zuständig (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr.3 und Urteil des BSG vom 12.02.1997, Az.: 9 RVs 2/96), d.h. die bereits mehrfach genannte GEZ.
Dieses mehrstufige Verfahren widerspricht nicht dem Grundrecht der Menschenwürde des Art.1 des Grundgesetzes (GG). Da es für alle am Verfahren beteiligten Personen gilt, verstößt es auch nicht gegen den Gleichbehandlungssatz des Art.3 GG.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF".
Der 1940 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger. Er ist HIV-positiv. Mit Bescheid vom 17.05.1994 stellte der Beklagte bei ihm einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 für folgende Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. Immunschwäche, 2. geschwürige Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa), 3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, 4. Morton sche Metatarsalgie rechts.
Mit seinem Neufeststellungsantrag vom 10.10.2005 begehrte er eine Aktualisierung seines GdB, Ermäßigung/Kostenbefreiung im öffentlichen Nahverkehr und Kfz-Steuerbefreiung.
Mit Änderungsbescheid vom 16.02.2006 stellte der Beklagte ab Antragstellung einen GdB in Höhe von 80 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" fest und lehnte die übrigen Merkzeichen ab.
Mit Fax vom 23.02.2006 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein, und zwar "nur deshalb, weil mir das Merkzeichen "RF" nicht gewährt wurde." Ganz abgesehen davon, dass er wegen seines geringen Einkommens auch Grundversorgung beantragt habe, könne er wegen seiner Leiden an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen. Wegen seines Bronchialasthmas, der Morton schen Metatarsalgie rechts und der Knorpelschäden am Knie rechts, könne er Veranstaltungen nicht erreichen und an ihnen auch nicht teilnehmen. Hinzu komme die sicher HIV-bedingte Konjunktivitis, die seine Augen seit Jahren rot werden und anschwellen ließen. Hierzu bezog er sich auf das vorgelegte Attest des Prof.Dr.B. vom 03.03.2006, wonach seine Erkrankungen in der Summe auch aus medizinischer Beurteilung zu einer Situation führten, in der auf Dauer öffentliche Veranstaltungen nicht besucht werden könnten.
Mit Teilabhilfebescheid vom 12.07.2006 stellte der Beklagte daraufhin für die Zeit ab 10.10.2005 einen GdB von 100 und wiederum die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" für folgende Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. Immunschwäche, Polyneuropathie, Myopathie (Einzel-GdB 100); 2. Bronchialasthma, Lungenfunktionseinschränkung (Einzel-GdB 50); 3. Geschwürige Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa) (Einzel-GdB 30); 4. Herzleistungsminderung, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck (Einzel-GdB 30); 5. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20); 6. Morton sche Metatarsalgie rechts, Knorpelschäden am Kniegelenk rechts (Einzel-GdB 10).
Die Feststellung weiterer Merkzeichen, insbesondere "RF", lehnte er ab und wies anschließend im Übrigen den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 zurück.
Mit seiner hiergegen am 31.07.2006 zum Sozialgericht München erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Anliegen weiter. Das Merkzeichen "RF" stehe ihm nicht nur auf Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sondern auch wegen seiner finanziellen Lage zu. Im Einzelnen bezog er sich auf alle im Bescheid festgestellten Beeinträchtigungen und auch auf seine Körpergröße von 186 cm, die ihm schon seit langem ein Gegenübersitzen in öffentlichen Verkehrsmitteln unmöglich mache. Seine "geistige bzw. psychische Indikation" hindere ihn, das Haus zu verlassen. Er habe eine vehemente psychische Angst davor, in der Öffentlichkeit mit Glück, Lebenslust, Freude, mit Lachen aber vor allem auch mit Erotik konfrontiert zu werden. Er gehe zwar aus dem Haus, zwangsläufig, um sich mit dem Allernötigsten zu versorgen, nicht jedoch, um an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, was er auch deshalb nicht könne, weil all die daraus resultierenden Depressionen zu guter Letzt nur zum Suizid führen würden. Er sehe eine gegen die Verfassung verstoßende Ungleichbehandlung darin, dass seine finanziellen Verhältnisse nicht berücksichtigt würden. Insoweit berufe er sich auf sein unter dem Sozialhilfesatz liegendes Einkommen. Diesbezüglich führe er einen weiteren Rechtsstreit vor dem Sozialgericht München (S 50 SO 374/06). Finanzielle und gesundheitliche Gründe für die Gewährung des Merkzeichens "RF" seien untrennbar, es sei kurios, wenn nicht sogar rechts- und verfassungswidrig, den Kläger sozusagen in zwei Teile, in einen gesundheitlichen und einen finanziellen Teil aufzuteilen. Hätte er einen österreichischen Wohnsitz, würde er ergänzend zu seiner Pension wegen Berufsunfähigkeit eine Ausgleichszulage erhalten, die in Österreich jedem im Inland lebenden Pensionsbezieher zur Sicherung eines Mindesteinkommens gewährt würde. Die Bezieher der Ausgleichszulage seien von der Entrichtung der Rezept-, der Rundfunk- und der Fernsehgrundgebühr sowie von der Telefongrundgebühr befreit. Dies entspreche in etwa der von ihm beantragten Zuerkennung des Merkzeichens "RF". Nach Art.4 und 5 der EU-Verordnung (EG) Nr.883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 116 vom 30.04.2004 S.1-123) könne er als österreichischer Staatsbürger die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" verlangen.
Der vom Gericht bestellte Sachverständige Dr.S. vertrat in seinem internistischen/neurologischen Gutachten vom 22.09.2006 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.10.2006 die Auffassung, der Kläger sei nicht dauernd an der Teilnahme öffentlicher Veranstaltungen gehindert.
Mit Urteil vom 07.12.2006 wies das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen unter Hinweis auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr.S. ab. In Hinblick auf das Begehren des Klägers, die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auch wegen seiner finanziellen Verhältnisse verlangen zu können, hob es hervor, dass sich die Zuständigkeit der Versorgungsverwaltung auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF" beschränke, daran ändere auch das Europäische Recht nichts, auf das sich der Kläger berufe.
Seine hiergegen am 26.01.2007 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung begründete der Kläger im Wesentlichen mit dem Einwand, das erstinstanzliche Gericht habe es wissentlich und vorsätzlich unterlassen, die Verordnung der Europäischen Union in den zu erkennenden Sachverhalt miteinzubeziehen. Da alleine auf Grund dieser Verordnung ihm die Rechtswirkung des österreichischen Rechts zuzuerkennen sei, wäre bei einer Berücksichtigung dieser Verordnung durch das erstinstanzliche Gericht unter anderem auch die medizinische Begutachtung nicht notwendig gewesen.
Im Erörterungstermin vom 08.05.2007 übergab der Vertreter des Beklagten einen "Anhang V zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Ausstellung von Behindertenpässen in Österreich" und wies darauf hin, dass danach in Österreich das Merkzeichen "RF" überhaupt nicht vorgesehen sei.
Der Kläger berief sich nachdrücklich auf Art.5a und b der Verordnung (EG) Nr.883/2007, insbesondere hielt er die entsprechenden "Sachverhalte" für eingetreten, auch wenn sie nicht verbeschieden seien. Im Übrigen wies er darauf hin, dass ihm seit ca. 14 Tagen auf Grund einer einstweiligen Anordnung des 8. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts (L 8 B 784/06 SO ER) vom 02.03.2007 die Grundsicherung zuerkannt worden sei. Besonders rügte er, dass er um die Anwendung von Gesetzen/gesetzlichen Verordnungen vor Gericht streiten müsse, da diese von den Behörden nicht angewendet würden. Mit nachträglichem Fax vom selben Tage präzisierte er seinen Hinweis auf Art.5b der EG-Verordnung: "Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären." Dies bedeute, dass die in der Bundesrepublik Deutschland eingetretenen Sachverhalte (Erkrankungen und seit weit mehr als zehn Jahren bedingte Berufsunfähigkeit) den Eintritt der Rechtswirkung des gegenständlichen Klageinhalts ausgelöst bzw. verursacht hätten.
Mit Fax vom 11.05.2007 wies er darauf hin, dass es nicht österreichisches Recht sei, welches in diesem Verfahren zur Anwendung gebracht oder durchgesetzt werden solle, genau das Gegenteil sei der Fall. Mit weiterem Fax vom 13.05.2007 stellte er heraus, weil die in Österreich eingetretenen Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen hätten, seien ihm dort auf Grund Erkrankung und Mindereinkommen Grundsicherung zu gewähren und diese entsprechenden Sachverhalte seien auch hier zu berücksichtigen. Der Rechtsanspruch beinhalte (in Österreich) die Befreiung von Rundfunk- und Fernsehgebühren.
Der Beklagte bezog sich in seinem Schreiben vom 15.05.2007 auf seine bisherige Stellungnahme und empfahl dem Kläger nochmals, sich unter Bezugnahme auf Art.5b der von ihm zitierten Verordnung wegen Befreiung von der Rundfunkgebühren direkt an die Gebühreneinszugszentrale (GEZ) zu wenden.
In der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2007 erklärte der Kläger, ab Gewährung der Grundsicherung (Beschluss des 8. Senats des BayLSG) befristet derzeit bis Ende Februar 2008 von der GEZ von der Rundfunkgebührenpflicht befreit zu sein.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.12.2006 aufzuheben und unter teilweiser Änderung des Änderungsbescheides vom 16.02.2006 sowie des Teilabhilfebescheides vom 12.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2006 den Beklagten zu verurteilen, die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" ab 10.10.2005 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweisunterlagen, bezüglich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG), form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 51 Abs.1 Nr.7, 143 ff., 151 SGG i.V.m. § 2, 69 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB IX). Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfällt nicht dadurch, dass die ab 01.04.2005 für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht allein zuständige GEZ - sie führt das Verfahren für die zuständigen Landesrundfunkanstalten (in Bayern für den Bayerischen Rundfunk) durch - den Kläger derzeit bis Ende Februar 2008 von seiner Gebührenpflicht befreit hat. Schließlich hat er ein Rechtsschutzbedürfnis für eine weitergehende Befreiung in der Zukunft. In diesem Zusammenhang kann es dahinstehen, ob ein derartiges Rechtsschutzbedürfnis auch für die Vergangenheit zu bejahen ist, obwohl die Befreiung ausweislich des Antragsformulars der GEZ erst mit dem Monat beginnt, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag gestellt wurde und bei der GEZ eingegangen ist. Eine rückwirkende Befreiung ist nicht zulässig, auch wenn die Befreiungsvoraussetzungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben (vgl. hierzu § 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in der seit dem 01.04.2005 geltenden Fassung durch den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag - RGebStV - GBl. BW 2005, S.189 i.V.m. der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 21.07.1992 (GVBl. Nr.14/1992 S.254 zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.12.2006, GVBl. Nr.26/2006, S.1008). Das zulässige Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 07.12.2006 und die ihm zugrunde liegenden Bescheide des Beklagten vom 16.02.2006, 12.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2006 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte nach § 69 Abs.4 SGB IX bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" feststellt und das Merkzeichen in den Schwerbehindertenausweis einträgt. Nach § 3 Abs.1 Nr.5 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwVO zuletzt geändert am 20.06.2002, BGBl. I S.1998) i.V.m. § 1 Abs.1 Nr.2a und 3 der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bzw. der Nr.27 Abs.5 und 33 der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX)" - AP - erfüllt der Kläger die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht.
Beim Kläger wurde zwar ein GdB von 100 festgestellt, er gehört jedoch nicht zu den in allen Verordnungen in der Bundesrepublik Deutschland aufgeführten behinderten Menschen, die als Anspruchsberechtigte für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" genannt sind: "Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich Sehbehinderte mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung, Hörgeschädigte, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist; behinderte Menschen mit einem GdB von wenigstens 80, die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können." Im Einzelnen zählen zu den letztgenannten Personenkreis (vgl. Nr.33 AP):
- "Behinderte Menschen, bei denen schwere Bewegungsstörungen - auch durch innere Leiden (schwere Herzleistungsschwäche, schwere Lungenfunktionsstörung) - bestehen und deshalb auf Dauer selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit technischen Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl) öffentliche Veranstaltungen in zumutbarer Weise nicht besuchen können, - behinderte Menschen, die durch ihre Behinderung auf ihre Umgebung unzumutbar abstoßend oder störend wirken (z.B. durch Entstellung, Geruchsbelästigung bei unzureichend verschließbarem Anus praeter, häufige gehirnorganische Anfälle, grobe unwillkürliche Kopf- und Gliedmaßbewegungen bei Spastikern, laute Atemgeräusche wie sie etwa bei Asthmaanfällen und nach Tracheotomie vorkommen können), - behinderte Menschen mit - nicht nur vorübergehend - ansteckungsfähiger Lungentuberkulose, - behinderte Menschen nach Organtransplantation, wenn über einem Zeitraum von einem halben Jahr hinaus die Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten in einer so hohen Dosierung erfolgt, dass dem Betroffenen auferlegt wird, alle Menschenansammlungen zu meiden, - geistig oder seelisch behinderte Menschen, bei denen befürchtet werden muss, dass sie beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen durch motorische Unruhe, lautes Sprechen oder agressives Verhalten stören."
Da nach dem Ergegnis der Beweisaufnahme des Sozialgerichtes, insbesondere den Feststellungen des Sachverständigen Dr.S. im Gutachten vom 22.09.2006, der Kläger keine dieser gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt, kann der Senat insoweit von einer weiteren Darstellung der Urteilsgründe absehen und die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweisen (vgl. § 153 Abs.2 SGG). Insbesondere die Feststellungen des medizinischen Sachverständigen sind durch keine anderslautenden oder gegenteiligen objektiven medizinischen Befunde und/oder Beurteilungen in Frage gestellt, so dass auch der Senat nicht gehalten ist, den medizinischen Sachverhalt weiter zu ermitteln. Im Übrigen hat das Sozialgericht die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Auslegung der Vorschriften über eine Befreiung von der Rundgebührenpflicht beachtet. Diese sind danach eng auszulegen und einer analogen Anwendung nicht zugänglich. Der Kläger hat dies wohl selbst auch erkannt und ganz bewusst auf die Stellung eines Antrages nach § 109 SGG verzichtet und sich stattdessen mehrfach und nachdrücklich auf die EG-Verordnung Nr.833/2004, insbesondere ihren Art.5b berufen: "Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären."
Selbst wenn man der Auffassung ist, dass die vom Kläger genannte EG-Verordnung, die die Verordnung (EWG) Nr.1408/71 vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 05.07.1971, S.2, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr.1386/2001 (ABl. L 187 vom 10.07.2001, S.1) ersetzt, im Falle des Klägers anwendbar wäre, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die vom Kläger gerügte Aufspaltung seiner Person in einen gesundheitlichen und einen finanziellen Teil. Es mag durchaus zutreffen, dass er im Falle eines österreichischen Wohnsitzes wie jeder in Österreich lebende Pensionsbezieher zu seiner Pension eine Ausgleichszulage erhalten würde und damit unter anderem von der Entrichtung der Rundfunk- und Fernsehgrundgebühr befreit wäre. Nach § 6 Abs.1 RGebStV Nr.2 ist diese Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auch in der Bundesrepublik Deutschland für Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII) ebenfalls vorgesehen, so dass insoweit der Verordnung Nr.883/2004 Genüge getan ist. Für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" ergibt sich im Übrigen auch bei Anwendung der EG-Verordnung kein für den Kläger günstiges Ergebnis. Zutreffend hat der Beklagte im Erörterungstermin vom 08.05.2007 auf den "Anhang V zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Ausstellung von Behindertenpässen in Österreich" hingewiesen, wonach in Österreich das Merkzeichen "RF" überhaupt nicht vorgesehen ist. Insoweit fehlt es bereits an dem Tatbestandsmerkmal "Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse" (Art.5b der Verordnung Nr.883/2004).
Sofern der Kläger unter Hinweis auf die von ihm genannte EG-Verordnung die Auffassung vertritt, sämtliche ihm zustehenden Ansprüche müssten von einer Instanz geprüft werden, jede andere Verfahrensweise verstoße gegen die Menschenwürde, übersieht er, dass in Abs.15 der Legende der Verordnung Nr.883/2004 ausdrücklich festgestellt wird, dass es erforderlich ist, Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedsstaats zu unterwerfen, um eine Kumulierung anzuwendender nationaler Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen zu vermeiden." Deshalb ist das in der Bundesrepublik Deutschland für die Befreiung von der Rundfunkgebühr vorgesehene zweistufige Verwaltungs- und Gerichtswegesystem nach Auffassung des Senates nicht zu beanstanden. Damit ergeben sich auch für den Kläger verschiedene Verwaltungswege für die Feststellung seiner finanziellen Bedürftigkeit und seiner gesundheitlichen Funktionsbeeinträchtigungen. Dies hat zur Folge, dass die GEZ entsprechende Personen nur dann von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, wenn ein aktueller Bescheid für den Bezug von Grundsicherung vorliegt, für den der Beklagte nicht zuständig ist oder aber ein aktueller Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "RF" oder ein entsprechender Bescheid der Versorgungsbehörden des Beklagten zur Durchführung des SGB IX. Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und der vorgesehenen Merkzeichen durch die zuständigen Behörden des Beklagten handelt es sich damit um eigenständige "Dienstleistungen" zu Gunsten der Behinderten mit Außenwirkung gegenüber Arbeitgebern, Dienstherrn und Verkehrsunternehmen und verschiedenen Behörden (vgl. hierzu BSGE Band 52, 168, 172, 174 f., BSGE Band 66, S.120, 121 f. = R 3870 § 4 Nr.4; Bundesverwaltungsgericht E 72, 8, 9 ff.). Diese feststellende Tätigkeit der im Streit stehenden Versorgungsbehörden für die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" ist deshalb unter Beachtung auch des Europäischen Rechtes nicht zu beanstanden. Für die daraufhin zu gewährende Leistung - die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht - sind andere Institutionen zuständig (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr.3 und Urteil des BSG vom 12.02.1997, Az.: 9 RVs 2/96), d.h. die bereits mehrfach genannte GEZ.
Dieses mehrstufige Verfahren widerspricht nicht dem Grundrecht der Menschenwürde des Art.1 des Grundgesetzes (GG). Da es für alle am Verfahren beteiligten Personen gilt, verstößt es auch nicht gegen den Gleichbehandlungssatz des Art.3 GG.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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