L 11 AS 35/09 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 94/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 35/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Prozesskostenhilfe ist nicht zu gewähren,wenn zwar gewisse Erfolgsaussichten bestehen, das Prozessrisiko aber angesichts der angestrebten Erfolgshöhe den verständigen Kläger von einer Weiterverfolgung mittels anwaltlicher Hilfe abhalten würde.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.01.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung eines zusätzlichen Absetzungsbetrags in Höhe von 3,24 EUR bei der Berechnung einer Rückforderung.
Wegen der Erzielung von Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Höhe von 1.532,83 EUR vom 01.07.2005 bis 31.01.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf und forderte die Überzahlung in Höhe von 919,07 EUR gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch SGB (SGB X) zurück. Dabei setzte sie in der Zeit vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 Fahrtkosten zum Arbeitsplatz an den nachgewiesenen 27 Arbeitstagen über 14 km a 0,06 EUR vom Nettoeinkommen ab.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20.12.2007 hat der Kläger am 29.01.2008 Klage erhoben und geltend gemacht, es sei nicht erst ab dem 01.12.2005 ein Freibetrag von 100,00 EUR zu berücksichtigen, die Entfernung zum Arbeitsplatz habe 16 km betragen und es seien 0,20 EUR pro km abzusetzen. Nach der Erläuterung der Rechtslage von Seiten der Beklagten hat der Kläger am 26.11.2008 Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt, die das Sozialgericht Würzburg mit Beschluss vom 07.01.2009 abgelehnt hat. Die zulässige Klage biete keine hinreichende Erfolgsaussicht, da keinerlei Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides bestünden. Der Kläger habe nach Erlass der Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt unstreitig Erwerbseinkommen erzielt, welches er nicht angegeben habe. Der Anrechnungsbetrag sei sowohl vor als auch nach dem 01.10.2005, dem Zeitpunkt der Änderung des § 11 SGB II iVm § 3 der Arbeitslosengeld II-Verordnung korrekt berechnet worden. Auch nach gerichtlicher Recherche betrage die kürzeste Straßenverbindung zum Arbeitsplatz 14 km. Ob der Kläger wegen Baustellen tatsächlich weiter gefahren sei, sei irrelevant, da nach dem Verordnungswortlaut auf die fiktiv kürzestmögliche Straßenverbindung abzustellen sei.
Gegen den am 09.01.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 13.01.2009 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die kürzeste Straßenverbindung habe im streitgegenständlichen Zeitraum 16 km betragen, da die 14 km-Strecke wegen Bauarbeiten nicht existiert habe.

II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.01.2009 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass PKH u.a. von der Voraussetzung abhängig ist, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG iVm § 114 Satz 1 ZPO). Hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht den Standpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Angaben und der von ihm vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält. In der Regel kann Erfolgsaussicht nicht verneint werden, wenn von Amts wegen eine Beweiserhebung für notwendig erachtet wird. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Erfolgschance nur eine entfernte ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9.Aufl, § 73a RdNr 7a mwN). Die Erfolgschance des Klägers, die Rückforderung um 3,24 EUR zu mindern, sind für die Bewilligung der PKH nicht hinreichend.
Zwar ist der Einwand des Klägers gegen den Ansatz einer fiktiven Wegstreckenlänge durchaus beachtlich, wenn sich seine Behauptung als richtig erweisen sollte, wegen Bauarbeiten sei die kürzeste Straßenverbindung zum Arbeitsplatz tatsächlich 16 km lang gewesen. Dies vor allem deshalb, weil § 3 Abs 1 Nr 3 letzter Halbsatz der Arbeitslosengeld II-Verordnung den Nachweis höherer notwendiger Ausgaben zulässt. Die damit verbundenen Erfolgsaussichten erscheinen jedoch nicht hinreichend.
Bei der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art 3 Abs 1, Art 19 Abs 4, Art 20 Abs 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation vom Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes anzugleichen (vgl. Bundesverfassungsgericht vom 13.03.1990 - BSGE 81, 347, 356 f). So kann PKH durchaus verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/097 R). Gleiches muss gelten, wenn sich der ungewisse Erfolg auf einen Geldbetrag beschränkt, der in keinem Verhältnis zu den Kosten steht, die durch seine Verfolgung ausgelöst werden. PKH ist nicht zu gewähren, wenn zwar gewisse Erfolgsaussichten bestehen, das Prozessrisiko aber angesichts der angestrebten Erfolgshöhe den verständigen Kläger von einer Weiterverfolgung mittels anwaltlicher Hilfe abhalten würde. Dem Kläger ist durch PKH nicht eine Rechtsverfolgung zu finanzieren, die ein verständiger Beteiligter zur Schonung eigener Mittel unterlassen würde (BSG, Beschluss vom 23.04.2007 - B 10 KG 6/06 B).
Der Kläger macht mit seiner Klage einen Anspruch in Höhe von 3,24 EUR geltend. Dieser Betrag ist auch in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II als gering zu bewerten. Im maßgeblichen Zeitraum vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 hat der Kläger nämlich über anrechnungsfreies Einkommen in Höhe von 224,41 EUR verfügt, sodass keine Einschränkung der Regelleistung im Streit steht, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte (so etwa BSG, Urteil vom 06.12.2007 - SozR 4-4200 § 59 Nr 1).
Die Verfolgung dieses Anspruchs mittels anwaltlicher Hilfe löst Kosten in derzeit nicht kalkulierbarer Höhe aus. Der Gebührenansatz des Rechtsanwalts ist auch von dem Umfang der notwendigen Mühewaltung, der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung und der Art der Verfahrensbeendigung abhängig (§ 14 RVG). Selbst bei Ansatz der Mindestgebühr von 40,00 EUR sind Kosten in Höhe von ca. 100,00 EUR durchaus realistisch. Angesichts des tatsächlichen Prozessrisikos würde aber ein verständiger Kläger den Prozess nicht fortsetzen. Das Prozessrisiko erscheint deshalb hoch, weil der Kläger trotz Aufforderung von Seiten der Beklagten kein Beweismittel zum Beleg seiner tatsächlichen Fahrleistung über 16 km genannt hat. Angesichts des Zeitablaufs erscheint eine Beweisführung auch schwierig. Zusammenfassend hat daher die Staatskasse aus Kostengründen keine Veranlassung, die Fortführung des Prozesses zu finanzieren.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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