L 8 SO 25/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 SO 15/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 25/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Leistung der Grundsicherung im Alter - maßgebliche Beurteilungszeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - keine ständige Erneuerung des Anspruchs auf Sozialhilfe im Klageverfahren - Fortwirken eines einmal gestellten Antrags im Klageverfahren - Meistbegünstigungsgrundsatzes - individuellen Nutzung nur eines Teils der Wohnung -Anteil am Aufwand für die gesamte Wohnung - Aufteilung eine gemeinsam genutzten Wohnung nach Kopfzahl - absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung - Rechtsbegriff der Angemessenheit iS von § 29 SGB XII - Konkretisierung der Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren
1. Lehnt der Sozialhilfeträger eine Leistung der Grundsicherung im Alter vollständig ab, ist über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG zu entscheiden, auch wenn der Ablehnung ein Berechnungsbeispiel für ein Jahr zu Grunde gelegt worden ist sowie entsprechende Leistungen über ein Jahr bewilligt werden sollen.
2. Ein Hilfeempfänger, dessen Antrag abgelehnt worden ist, ist im Klageverfahren nicht gehalten, die Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch auf Sozialhilfe ständig bzw. jährlich zu erneuern. Ein einmal nach dem Grundsicherungsgesetz gestellter Antrag wirkt über den Bewilligungszeitraum hinaus fort und ist nicht verbraucht.
3. Im Sinne des Meistbegünstigungsgrundsatzes ist davon auszugehen, dass ein bereits gestellter Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts diejenigen Leistungen beinhaltet, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen.
4. Wer sich mit einer individuellen Nutzung nur eines Teils der Wohnung und einiger kollektiven Nutzung von Gemeinschaftsräumen begnügt, hat unabhängig von der zivilrechtlichen Gestaltung seines Mietverhältnisses nur einen Anteil am Aufwand für die gesamte Wohnung. Die Motive eines derartigen Verhaltens spielen im Regelfall keine Rolle, da die Sozialhilfe wertneutral die Beseitigung einer Hilfelage zum Gegenstand hat. Familiäre Rücksichtnahmen sind im Regelfall irrelevant.
5. Die Zuordnung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei Nutzung einer Unterkunft durch mehrere Personen erfolgt grundsätzlich nach Kopfzahl.
6. Bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl ist die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung relevant.
7. Ein Abweichen von der starren Pro-Kopf- Aufteilung der Kosten der Unterkunft verlangt besondere Umstände, die sowohl in einem besonders zu berücksichtigenden Bedarf des Hilfesuchenden an Unterkunft als auch in der Person eines der nicht hilfebedürftigen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft bestehen können.
8. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit iS von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II bzw. von § 29 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren.
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom 19. Januar 2010 sowie des Bescheides vom 22. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2009 verurteilt, dem Kläger ab 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 Grundsicherungsleistung wegen Erwerbsminderung in Höhe von 13,32 EUR monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger ein dreißigstel seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII zustehen.

Der 1953 geborene Kläger bezog bis Ende Dezember 2008 Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II). Seit 01.01.2009 erhält er dauerhaft (keine Befristung) eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 471,81 EUR (aktuell 484,79 EUR, Rentenbescheid vom Juli 2009).

Der Kläger wohnte seit Ende 2004 mit seiner 1934 geborenen Mutter (nach deren Scheidung) zusammen sowie immer schon mit seiner 1981 geborenen Tochter (Studentin und seit Geburt bei ihm) in einem angemieteten Einfamilienhaus. Jene ist Rentnerin und lebte mietfrei in einem etwa 11 m² großen Raum, den der Kläger vorher nicht genutzt habe. Sie ist im Juni 2010 ausgezogen. Vertragspartei des Mietvertrages vom 14.04.1986 ist der Kläger. Es handelt sich um ein mit Rigips verkleidetes, schlecht isoliertes Holzhaus. In einem Zusatz zum Mietvertrag ist vereinbart, dass die Kosten für Strom, Wasser, Abwasser und die Gebühren für den Kaminkehrer nicht in der Miete enthalten und vom Mieter zu tragen sind (vgl. Mitteilungen im Verfahren S 4 90/09 ER). Für das ca. 90 m² große Haus war vom Kläger eine monatliche Bruttomiete in Höhe von 234,83 EUR zu entrichten (Kaltmiete 210 EUR, jährliches Abwasser 17,90 EUR, jährliches Wassergeld 105,08 EUR, jährliche Kaminkehrergebühren 32,12 EUR und jährliche Abfallgebühren 142,80 EUR). Später (2010) erhöhte sich das Wassergeld auf 151 EUR, die Kaminkehrergebühren auf 45,43 EUR, wohingegen sich die jährlichen Abfallgebühren auf 120 EUR ermäßigten. Daneben fallen monatlich 75,- EUR Vorauszahlung für Strom an, mit welchem auch das Warmwasser erwärmt wird, ferner benötigt der Kläger jährlich 4-5 Gasflaschen für seinen Gasherd, wobei eine Glasflasche 19,50 EUR kostet (23 EUR ab 2010). Das Bad (6 m²), Küche (7,6 m²) und Schlafzimmer (14 m²) werden mit Strom geheizt.

Den am 12.01.2009 beim Beklagten gestellten Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII lehnte der Landkreis C. mit Bescheid vom 22.01.2009 ab. Zur Begründung war ein Berechnungsblatt über den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 beigegeben. Das zu berücksichtigende Einkommen in Höhe von 471,81 EUR (Erwerbsunfähigkeitsrente) des Klägers liege über seinem Bedarf. Dem Kläger stünden als Haushaltsvorstand, wie im Schreiben vom 04.02.2009 klargestellt wurde, monatlich 359 EUR durch die Regelleistung gedeckter Bedarf zu, sowie ein Anteil von einem Drittel des Unterkunftsbedarfs (79,27 EUR).

Im weiteren Verwaltungsverfahren wies der Beklagte den Kläger am 25.02.2009 darauf hin, dass er ggf. einen Anspruch auf Wohngeldleistungen nach dem Wohngeldgesetz habe und diesen Antrag noch rechtzeitig stellen solle.

Nach Zurückweisung seines Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid der Regierung der Oberpfalz vom 09.03.2009 hat der Kläger am 13.03.2009 Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben. Er hat sich insbesondere gegen die nur anteilige Anrechnung von 1/3 seiner Unterkunftskosten gewandt. Eine Kürzung durch angebliche Mietanteile Dritter sei ihm unverständlich. Im Übrigen sei auch seine Schwerbehinderung (Funktionseinschränkungen beider Handgelenke, beider Schultergelenke, sowie der Hals- und Lendenwirbelsäule) zu berücksichtigen. Deshalb kümmere sich seine Tochter um den Haushalt und erbringe auch entsprechende Pflegeleistungen. Seine 27-jährige Tochter (Studentin) und seine 74 jährige ebenfalls schwerbehinderte Mutter (Rentnerin) wohnten zwar im selben Haus, gehörten aber nicht zur "Bedarfsgemeinschaft".

Mit einer weiteren Klage vom 24.03.2010 (Az: S 4 SO 25/10) machte der Kläger neben der Übernahme der Heizstromkosten und einer Überprüfung der Kosten für die Warmwasserbereitung, die Übernahme der Kosten für Heizöl in tatsächlicher Höhe geltend. Denn mit Bescheid vom 30.10.2009 leistete der Beklagte nur eine Beihilfe von 108,29 EUR für einen Mehrbedarf während der Heizperiode (Oktober bis April) unter Berücksichtigung eines für dieselbe Zeit zu erbringenden Selbstkostenanteils von 332,57 EUR. Zwar wurde mit Bescheid vom 04.12.2009 ein weiterer Anteil von 215,89 EUR übernommen unter Berücksichtigung der gesamten bezogenen Heizölmenge von 1000 l. Die Regierung der Oberpfalz wies aber im Übrigen den Widerspruch hinsichtlich eines Selbstkostenanteils zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010).

Das Heizöl für den Winter 2010/2011 wurde dem Kläger laut einer Auszahlungsanordnung in Höhe von 728,36 EUR voll erstattet.

Durch Gerichtsbescheid vom 19. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Kläger mit seinem Renteneinkommen seinen Bedarf selbst decken könne. Bei der Bedarfsberechnung sei für den Kläger der volle Regelsatz in Höhe von derzeit 359,- EUR anzusetzen (§§ 42 Nr.1, 28 SGB XII). Daneben seien gem. § 42 Nr. 2 SGB XII nur die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII hinzuzurechnen. Da der Kläger mit seiner Mutter sowie seiner Tochter in einer Haushaltsgemeinschaft (nicht Bedarfsgemeinschaft) lebe, seien die Unterkunftskosten anteilig (pro Kopf) zu ermitteln. Die Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach §§ 42 Nr. 3, 30 SGB XII würden nicht vorliegen. Dem Kläger sei das Merkzeichen "G" nicht zuerkannt.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Insbesondere verlangt er Berücksichtigung der Kosten seiner Unterkunft und Heizung in tatsächliche Höhe von monatlich 234,83 EUR. Zur Begründung führt er - auch durch Übersendung eines im Dezember 2009 eingeholten Gutachten über seinen Pflegebedarf - an, dass er erheblich körperlich behindert sei. Seine Tochter beziehe wegen eines Wechsels des Studiengangs keine BAföG-Leistungen und könne nicht zu den Wohnungskosten beitragen. Sie gehe einer geringfügigen Beschäftigung nach, so dass ihr circa 280 bis 300 EUR pro Monat verbleiben würden. Sie wohne aufgrund seines Gesundheitszustands bei ihm und gewährleiste seit einigen Jahren die Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung.

Wegen der Frage einer erheblichen Gehbehinderung sind bereits Rechtsstreite geführt worden. Zuletzt wurde im August 2010 ein Vergleich geschlossen, wonach dem Kläger zwar ein GdB von 70 ab dem 17.02.2009 zuerkannt worden ist, jedoch nicht das Merkzeichen "G". Kenntnis vom Bescheid vom 13.08.2010 über einen GdB von 70 ohne Zuerkennung des Merkzeichens "G" erlangte der Beklagte als telefonische Auskunft vom Zentrum für Familie und Soziales.

Der Beklagte hat nach Aufforderung des Senats seine Richtlinien offenbart, die er einer Angemessenheitsprüfung für Wohnraum zu Grunde legt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 19.01.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Grundsicherungsleistungen wegen Erwerbsminderung unter Berücksichtigung seiner Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von monatlich 234,83 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist darauf, dass die Tochter des Klägers dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sei und bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen Leistungen für den Lebensunterhalt, welche auch die Kosten für Unterkunft und Heizung umfassen, beanspruchen könne. Eine von der Kopfzahl abweichende Aufteilung der Unterkunftskosten sei unter diesen Gegebenheiten nicht möglich. Eine Erhöhung des Regelsatzes nach § 42 S 1 Nr. 2 i.V.m. § 28 Abs.1 S.2 SGB XII zum notwendigen Bedarf für eine Haushaltshilfe für einzelne erforderliche Tätigkeiten im Haushalt scheide ebenfalls aus. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R käme insoweit lediglich eine Hilfe nach dem siebten Kapitel des SGB XII in Frage. Etwaige Leistungen der Hilfe zur Pflege seien jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits.

Hinsichtlich der Stromkosten für die Beheizung und einer fehlenden Aufteilungsmöglichkeit von Haushalts- und Heizstrom sei der in den Regelsätzen enthaltene Anteil der Energiekosten (theoretisch) von den gesamten Energiekosten abzusetzen und der (überschießende) Restbetrag als Leistung für die Heizung zu berücksichtigen. Bei dieser Berechnungsmethode würden sich beim Kläger monatliche Heizkosten von 6,63 EUR (1/3 von 19,89 EUR) und ab 01.07.2009 von 5,43 EUR (1/3 von 16,27) EUR ergeben. Denn es seien auch die Energieanteile des Regelsatzes für seine beiden Mitbewohner abzuziehen.

Inzwischen liegt eine Berechnung der Beklagten vom 27.10.2010 ohne Berücksichtigung der Mutter des Klägers vor. Danach würde sich eine monatliche Hilfe für den Kläger von 6,79 EUR ergeben. Dabei werden dem Kläger aber nur 1/3 der Heizkosten zugestanden, weil er das Heizöl voll als einmalige Beihilfe erhalte. Daraus sei zu schließen, dass sein Stromanteil bei der Beheizung geringer sei, als derjenigen seiner Tochter, die in ihrem Zimmer keinen Ölofen habe. Zur Auszahlung gelangt dieser Betrag aber nicht, weil der Kläger Wohngeld beziehen könnte und dadurch seine Hilfebedürftigkeit vermeiden könnte.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und zum Teil begründet.

Die Berufung ist nach § 143 des Sozialgesetzbuches (SGG) zulässig und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Auf den Streitwert kommt es nicht an, da die Verweigerung der Leistung einen Zeitraum von über einem Jahr betrifft.

1.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2009, mit dem der Beklagte die Gewährung jeglicher Leistung abgelehnt hat.

1.1
Der Kläger wehrt sich dagegen zu Recht mit einer kombinierten Anfechtungsklage- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG). Dabei geht es zunächst um die Kassation des Bescheides vom 22.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2009.

1.2
Darüber hinaus ist Gegenstand der Prüfung aber auch eine Leistungsklage bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim Berufungsgericht. Der Beklagte hat mit den zuvor benannten Bescheiden die Leistungsgewährung vollständig abgelehnt. In solchen Fällen ist über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG zu entscheiden (vgl. Urteil des BSG vom 22.03.2010, Az: B 4 AS 69/09 R und 6.9.2007 - B 14/7b AS 28/06 R, vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R). Objekt der Überprüfung ist die gesamte bis zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt verstrichene Zeit unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Änderungen, ohne dass es dafür eines neuen Bescheides bedarf (zuletzt Urteil des BSG vom 11.12.2007, Az: B 8/9b SO 12/06 R, mit Hinweis auf die Urteile vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R, sowie vom 11.11.2007 - B 8/9b SO 12/06 R).

Die Ablehnung durch die Beklagte war zeitlich unbegrenzt, wenn auch die Berechnung auf den Zeitraum für das Jahr 2009 abstellt. Allein durch das beigefügte Berechnungsbeispiel für ein Jahr unterscheidet sich dieser Fall nicht von den übrigen Fällen zeitlich unbegrenzter Ablehnung. Einer Ablehnung kommt insgesamt keine Dauerwirkung zu, weil die Ablehnung der Leistung kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist (Urteil des BSG vom 11.12.2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R, Rdnr. 8 in juris) Sie versagt einen Anspruch unbefristet.

Damit ist der Kläger nicht gehalten, die Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch auf Sozialhilfe ständig bzw. jährlich zu erneuern (vgl. dazu Urteil des BSG vom 29.09.2009 - B 8 SO 13/08 R, wonach ein einmal nach dem Grundsicherungsgesetz gestellter Antrag über den Bewilligungszeitraum hinaus fortwirkt und nicht verbraucht ist; vgl. auch zur Arbeitslosenhilfe Urteil des BSG vom 25.05.2005, Az.: B 11a/11 AL 73/04).

1.3
Nicht Gegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch auf eine einmalige Heizölbeihilfe (vgl. Bescheid der Beklagten 30.10.2009, Teilabhilfebescheid vom 04.12.2009, Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 18.03.2010, Klage S 4 SO 25/10 vom 24.3.2010).
Eine Klageänderung, die im Schreiben des Klägers vom 13.01.2011 insoweit gesehen werden könnte, als dass er generell die Übernahme der Heizkosten von circa 1000 l jährlich nach Rechnung pauschal verlangt, ist nicht zulässig. So ersetzt eine Regelung über diesen Anspruch nicht die bisher getroffene Entscheidung über die laufenden Leistungen der Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 96 SGG; abändern konnte er diese ohnehin nicht, weil sie gänzlich versagt worden sind. Auch das Recht des SGB XII kennt für den Bereich der Kosten der Wohnung und Heizung einmalige Leistungen wie früher schon das Bundessozialhilfegesetz. Dies stellt zuletzt die Entscheidung des BSG vom 22.03.2010 (Az.: B 4 AS 62/09) klar. Danach handelt es sich bei der Übernahme einer Heiz- und Betriebskostennachzahlung nicht um eine laufende, sondern um eine einmalige Leistung. § 22 Abs. 1 SGB II erfasse demnach nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung (Beschluss des BSG vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R, Urteile des BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - RdNr. 19 und vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07). Auch wenn diese Entscheidungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ergingen, ist eine andere Betrachtung für das Recht der Sozialhilfe nicht angezeigt. Von dieser Rechtsansicht gehen auch die Träger der Sozialhilfe aus, wenn in den Sozialhilferichtlinien (29.04 Abs. 5, 26. Ergänzungslieferung 2010) die einmaligen Kosten für Heizmaterial im Monat der Beschaffung als Bedarf zu berücksichtigen seien, soweit sie angemessen sind. Eine Bewilligung von monatlichen Teilbeträgen anstelle der Erstattung der tatsächlichen, in einem Betrag anfallenden Kosten laufe demnach dem Zweck des § 29 SGB XII zuwider. Die Beschaffung des Heizmaterials solle einen künftigen Heizbedarf decken. Eine mehrmonatige Bevorratung sei möglich und aus wirtschaftlichen Gesichtspunkt häufig sinnvoll. Nur so lasse sich auch im Monat des Bedarfs die Anrechnung von Einkommen vornehmen; wenn die einmalige Leistung eben im Monat der fälligen Kosten berechnet wird.
Schließlich wäre eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG nicht sachdienlich. Denn es handelt sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, der für die Vergangenheit bereits in einem eigenständigen Klageverfahren anhängig ist und für die Zukunft nicht entscheidungsreif ist. Eine Einwilligung der Beklagten im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG ist nicht erfolgt.

Damit handelt es sich bei der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.10.2009 um eine abtrennbare, gesondert prüfbare Einzelleistung, die - wie von den Beteiligten auch übereinstimmend praktiziert - einem eigenständigen Klageverfahren zugänglich ist.

1.4
Das Klagebegehren des Klägers ist dahin auszulegen, dass er nicht nur einen Anspruch über die Leistungen zu den Kosten der Unterkunft, sondern über alle in Betracht kommenden Grundsicherungsleistungen geltend macht. Die Rechtsprechung des 14. Senats bzw. früher des 11b- oder 7b-Senats (siehe dazu Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 40 RdNr. 119 mwN, so zur Arbeitslosenhilfe u.a. die Urteile des BSG vom 17.11.2005, Az: B 11a/11 AL 55/04 R und vom 30.06.2005, Az: B 7a/7 AL 72/04 R später: Urteil des BSG vom 19.09.2008, Az: B 14 AS 64/07 R und vom 18.02.2010, Az: B 14 AS 73/08 R, für die Sozialhilfe: Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 8/08 R) erlaubt allerdings eine Entscheidung über Teilleistungen, wenn es um Kosten der Unterkunft geht. Denn bei den einzelnen Leistungen des SGB XII handelt es sich - im Gegensatz zu Leistungen des SGB II - nicht um reine Berechnungselemente einer Gesamtleistung, über die sich die Beteiligten allenfalls im Wege eines Teilvergleichs bzw. Teilanerkenntnis wirksam binden können (so Urteil des BSG vom 26.08.2008, Az.: B 8/9b SO 10/06 R). Die materiell-rechtlichen Regelungen des SGB XII unterscheiden ausdrücklich zwischen dem Regelsatz, den Leistungen für Unterkunft und Heizung und den Sonderbedarfen nach den §§ 30 bis 34 SGB XII. Das SGB XII geht also nicht nur bei den (besonderen) Hilfen der §§ 47 bis 74 SGB XII, sondern auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII) von Einzelansprüchen aus (BSG, aaO, zit. nach juris, RdNr. 14).

Hier begehrt der Kläger aber konkret für die streitigen Zeiträume uneingeschränkt höhere Leistungen für den Lebensunterhalt und nicht lediglich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Denn er führt noch andere bedarfserhöhende Umstände an und verlangt insgesamt eine Leistung in größtmöglicher Höhe. Erforderlich für eine Beschränkung ist im Übrigen, dass sie ausdrücklich (insbesondere durch die Antragstellung) und unmissverständlich erklärt wird. Ansonsten sind bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Der Kläger hat letztlich "unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaltmiete und der Mietnebenkosten" höhere Leistungen insgesamt beantragt. Er hat damit die Unterkunftskosten lediglich als einen streitigen Berechnungsfaktor besonders hervorgehoben, ohne erkennbar die Überprüfung insgesamt auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränken zu wollen. Anders wäre auch nicht sein Vorbringen zu verstehen, dass er bei der Ermittlung des Bedarfs zumindest einen Mehrbedarf wegen Alters oder Behinderung geltend macht. Im Sinne des Meistbegünstigungsgrundsatzes ist davon auszugehen, dass ein bereits gestellter Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts diejenigen Leistungen beinhaltet, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen (zuletzt Urteil des BSG vom 22.3.2010, Az.: B 4 AS 62/09 R).

1.5
Im Übrigen ist aber ohnehin eine Bedarfsberechnung im Ganzen vorzunehmen. Denn der Kläger ist im Stande, seine Regelleistung mit seinen Einkünften selbst decken und darüber hinaus auch schon einen Teil seiner Unterkunftskosten. Er kann damit ohnehin nicht die vollen Kosten der Unterkunft verlangen.

2. Die Berufung ist zum großen Teil unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit bis zum Juni 2010.

2.1
Bis zum Juni 2010 ist der Kläger nicht hilfebedürftig. Er erfüllt nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzung der Grundsicherung nach § 41 SGB XII (Anspruchsgrund). Zwar ist er hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen auf Dauer voll erwerbsgemindert, weil nach Feststellung des Rentenversicherungsträgers seine Rente nicht mehr befristet ist (vgl. § 102 SGB VI). Ebenso hat der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Des Weiteren hat er am 12.01.2009 bei dem Beklagten selbst einen Antrag auf Grundsicherung gestellt, der fortwirkt und sich wegen der vollständigen Ablehnung nicht erschöpft hat.

Der Kläger konnte aber bis zum Ende des Juni 2010 seinen notwendigen Lebensunterhalt aus Einkommen nach den §§ 82 bis 84 selbst beschaffen.

2.1.2
Der Höhe nach (Anspruchsumfang) stehen dem Kläger gem. § 42 SGB XII als Leistungen zu eine Regelleistung sowie Kosten für Unterkunft und Heizung.

2.1.2.1
Nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII steht ihm der für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz iHv 359 EUR zu (vgl. Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze vom 02.12.2008, § 98 Nr.1, Landesregelsätze). Eine Reduzierung seines Regelsatzes als Haushaltsangehöriger ist nicht gerechtfertigt, obwohl er mit volljährigen, erwachsenen Familienmitgliedern zusammenlebt (vgl. Urteil des BSG vom 19.05.2009, Az: B 8 SO 8/08 R).

Ein Mehrbedarf wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit von 17 v. H. des maßgebenden Regelsatzes steht dem Kläger nicht zu. Gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII in Verbindung mit § 30 Abs.1 Nr. 2 SGB XII ist dafür Voraussetzung, dass neben der vollen Erwerbsminderung die Feststellung des Merkzeichens "G" durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches nachgewiesen sein muss. Der Kläger besitzt über den gesamten Zeitraum nicht das Merkzeichen G, weder in einem Bescheid noch im Ausweis. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf den Bescheid des Zentrums für Familie und Soziales vom 13.08.2010 über einen GdB von 70 ohne Zuerkennung des Merkzeichens G.

2.1.2.2
Weiter erfolgt zwar gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 4 SGB XII für Leistungsberechtigte als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 32 Abs. 1 SGB XII. Unter Übernahme der Beiträge ist aber grundsätzlich deren Zahlung an die hilfebedürftigen Leistungsberechtigten zu verstehen, damit diese mit den vom Sozialhilfeträger erhaltenen Mitteln ihre Beitragspflicht gegenüber der Krankenkasse erfüllen können. Dem steht hier aber als den den Bedarf erhöhender Umstand entgegen, dass die Rente des Klägers als Nettorente berücksichtigt wird (vergleiche § 82 Abs. 2 SGB XII). Denn die Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen haben, sind von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Krankenkassen zu zahlen (vgl. § 255 Abs. 1 SGB V).

2,1.2,3
Schließlich steht dem Kläger gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII ein Bedarf für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII zu. Nach § 29 Abs. 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Dieses Verständnis tatsächlichen Aufwendungsersatzes bezieht sich demnach nur auf die konkrete Nutzung durch den Leistungsempfänger, nicht auf seine zivilrechtliche Gestaltung. Ein solch reales Verständnis vom Aufwand teilt die gesamte Rechtsprechung. So hat beispielsweise das BSG erst jüngst den entsprechenden Anspruch eines Leistungsberechtigten verneint, weil ihm keine tatsächlichen Aufwendungen entstanden sind (Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 34/08 R).

Nach den Feststellungen des Senats lebte der Kläger am Tag der Antragstellung bis Juni 2010 nicht allein in seiner Wohnung, sondern gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Tochter. Er hat sich mit einer individuellen Nutzung nur eines Teils der Wohnung und einiger kollektiven Nutzung von Gemeinschaftsräumen begnügt. Dabei spielen die Motive eines derartigen Verhaltens im Regelfall keine Rolle, da die Sozialhilfe wertneutral die Beseitigung einer Hilfelage zum Gegenstand hat. Damit sind im Regelfall familiäre Rücksichtnahmen irrelevant.

Dieser Umstand ist bei einer Einstandsgemeinschaft (bzw. einer Bedarfsgemeinschaft im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende) ohne praktische Relevanz, da hiervon alle Mitglieder gleich betroffen sind.

2.1.2.3.1
Für eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft - vergleichbar mit der Wohngemeinschaft des Klägers, der mit Nichthilfeempfänger zusammenlebt - gilt nichts anderes. Schon nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21-01-1988 - 5 C 68 85, NJW 1989, 313 = BVerwGE 79) bestanden die (angemessenen) Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft in einem Teil der (angemessenen) Miete, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten ist, wenn dieser mit nicht hilfebedürftigen Personen, die miteinander verwandt/verschwägert sind, in Haushaltsgemeinschaft lebte. Dem schloss sich die Sozialgerichtsbarkeit an (Urteile des BSG vom 07.05.2009, Az: B 14 AS 14/08, vom 13.11.2008 - B 14/7b AS 4/07 R, vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 58/06 R, vom 19.3.2008 Az.: B 11b AS 13/06 R, vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 55/06 R, vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R und vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R).
Danach erfolgt die Zuordnung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei Nutzung einer Unterkunft durch mehrere Personen grundsätzlich nach Kopfzahl. Ein Abweichen von diesem Grundsatz nicht deshalb geboten, weil die Unterkunft auch von einem nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kind genutzt wird, das z. B. nach den Regelungen des BAföG nur geringfügige Leistungen für Unterkunft erhält und wegen des BAföG-Bezugs von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen ist (Urteil des BSG vom 19.3.2008, Az.: B 11b AS 13/06 R im Anschluss an das Urteil vom 27.02.2008, B 14/11b AS 55/06 R). Dies sind Fälle, in denen ein Hilfeempfänger mit einem Kind zusammenlebt, das Leistungen der Ausbildungsförderung bezieht, die zu dessen Ausschluss in den Grundsicherungssystemen führen. Leben nicht hilfebedürftige und hilfebedürftige Personen, die miteinander verwandt oder verschwägert sind, in Haushaltsgemeinschaft, bestehen die (angemessenen) Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft in einem Teil der (angemessenen) Aufwendungen, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten sind (vgl. BVerwG vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 = BVerwGE 79, 17, BSG vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R und vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, LSG Bayern, Urt. v. 04.04.2006 - L 11 AS 81/05; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss. v. 07.04.2006 - L 20 B 74/06 AS ER; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 15.02.2007 - L 8 B 170/06, LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.08.2010, Aktenzeichen: L 8 SO 52/08).
Verliert beispielsweise ein einzelnes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft seinen Anspruch (z.B. aufgrund von Erwerbsunfähigkeit oder Aufnahme eines grundsätzlicher nach BaföG geförderten Studiums) erhöht dies nicht den pro-Kopf-KdU Anspruch des Leistungsberechtigten (Urteil des BSG v. 27.02.2008 - B 14/11b AS 55/06 R). Die gemeinsame Nutzung von Räumen rechtfertigt dann keinen Abschlag von der angemessenen qm-Zahl (Urteil des BSG v. 18.6.2008 B 14/11b AS 61/06 R). Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung behält ihre Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl (Urteil des BSG vom 27.02.2008, Az: B 14/11b AS 55/06 R und vom 18.02.2010, BSG Az: B 14 AS 73/08 R).
Der Kläger beruft sich zu Unrecht mit seiner Rechtsansicht, wonach bei der sog. Produkttheorie isoliert nur auf seinen Wohnbedarf als Alleinstehender abzustellen sei, auf eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit einer anderen nicht vergleichbaren Problemstellung. Im Hinblick auf das Phänomen von Wohngemeinschaften, einer Wohnform, bei der die Mitbewohner nicht in dem Zurechnungszusammenhang einer Einstandsgemeinschaft oder Bedarfsgemeinschaft leben, wendet das BSG bei der gemeinsamen Nutzung von Räumen einen anderen Maßstab (nur) für die Angemessenheit an (dazu unter 2.1.2.3.3).

2.1.2.3.2
Der Pro-Kopf Anteil ist - im Falle des Klägers - nach Überzeugung des Senats linear (für jeden Bewohner gleichviel) zu bestimmen. Die Rechtsprechung geht zwar gelegentlich von der starren Pro-Kopf-Einteilung ab, verlangt dazu aber besondere Umstände. Für den Regelfall ist die Miete nach der Zahl der zur Haushaltsgemeinschaft zählenden Personen ohne Rücksicht auf deren Alter aufzuteilen (Urteil des BVerwG vom 21-01-1988 - 5 C 68 8, BVerwGE 79, 17-21). Dies wird der Verwaltungspraktikabilität gerecht und führt nicht zu willkürlichen Grenzziehungen nach Altersgruppen. Diese Praxis bedarf nur dann der Korrektur, wenn und soweit der Hilfefall durch sozialhilferechtlich bedeutsame Umstände gekennzeichnet ist, die ohne weiteres objektivierbar und dem Träger der Sozialhilfe möglicherweise sogar bereits bekannt sind. Das kann einerseits ein über das normale Maß hinausgehender und dementsprechend nach § 9 SGB XII (Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen) besonders zu berücksichtigender Bedarf des Hilfesuchenden an Unterkunft sein. Andererseits können die besonderen Umstände, die ein anerkennenswertes Mehr an Unterkunftsbedarf ausmachen, in der Person eines der nicht hilfebedürftigen Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft bestehen. Zu denken ist hierbei insbesondere an Fälle der Behinderung oder Pflegebedürftigkeit.

Hinsichtlich der Mutter des Klägers gibt es keinen Grund, dass diese dem Bedarf des Klägers irgendwie zuträglich wäre. Die Mutter selbst wiederum mag zwar der Hilfe bedürfen, ohne dass dies aber ersichtlich den Wohnbedarf des Klägers selbst erhöhen würde. Denn Abhilfe für die jeweilige Pflegesituation wird hier nicht durch einen höheren Wohnbedarf geschaffen, sondern durch persönliche und finanzielle Hilfen. Ein Zustand jedoch, der die ständige Bereitschaft einer Pflegeperson im Haushalt des Klägers erforderte, ist nicht ersichtlich. Dies kann nur bei Schwerstpflegebedürftigen angenommen worden, die lückenlos ständig persönlich überwacht werden müssten, so dass ein Verbleib dieser Person in der Wohnung des Pflegebedürftigen unabdingbar ist. Angesichts der beim Kläger festgestellten Pflegestufe I ist das nicht der Fall. Damit ist auch aus diesem Grund eine ständige Anwesenheit der Tochter des Klägers in dessen Haushalt nicht erforderlich.
Die Aufrechterhaltung der familiären Bindungen erfordert keinen zusätzlichen Wohnbedarf für den Kläger selbst. Der persönliche Umgang und die Qualität der gefühlsmäßigen Beziehungen sind nicht unabdingbar an ein gemeinsames Wohnen geknüpft.
Schließlich darf der Kläger keinen Aufwand beanspruchen, der ihm selbst gar nicht zukommt und dadurch Leistungen vom beklagten Grundsicherungsträger einfordern, die Personen zuzurechnen wären, die selbst nicht oder in anderen Leistungssystemen ihren Mietaufwand erhalten würden. Denn es wäre beispielsweise mit den Vorschriften des SGB II über die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) unvereinbar, würde über eine Zurechnung des Unterkunftsanteils bei einem Elternteil ein Kind Leistungen nach dem SGB II erhalten, das selbst nicht bedürftig ist, weil es über ausreichend Einkommen und Vermögen verfügt, um diesen Unterkunftsbedarf zu decken (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06) bzw. wie hier die Tochter des Klägers, die selbst gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen ist. Damit würde letztlich die Wertung des Gesetzgebers im SGB II umgangen.
Soweit der Kläger im Übrigen einen besonderen Aufwand infolge der Pflege durch seine Tochter geltend macht, erhält er hierfür anrechnungsfrei Leistungen der Pflegeversicherung (siehe unten). Auch insoweit ist es nicht Aufgabe der Sozialhilfe, über die Kosten der Unterkunft anderweitige Leistung erbringen.
Es verbleibt damit bis zum Ablauf des Juni 2010 für den Kläger als Aufwand 1/3 der konkreten Kosten für die Wohnung.
2.1.2.3.3
Dem Kläger steht bis Juni 2010 als Bedarf für die Kosten der Unterkunft (Kaltmiete) ein Betrag von 70 EUR zu.
Mangels Vorliegens einer aus mehreren Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft ist maßgeblich mithin ausschließlich der Anspruch des Klägers, der als "allein stehend" iS des § 20 Abs 2 SGB II bzw. hier entsprechend § 29 Abs. 1 SGB XII anzusehen ist (vgl. BSG SozR 4-4200 § 20 Nr. 2 RdNr 18).
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit iS von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II bzw. von § 29 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren (Urteil des BSG vom 20.08.2009 Aktenzeichen: B 14 AS 41/08 R). Der Grundsicherungsträger hat die Mietkosten dann in vollem Umfang anzuerkennen und den für den Kläger entsprechenden Anteil zu übernehmen, wenn das Produkt aus Wohnfläche und Wohnungsstandard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (vgl. zur Produkttheorie BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2, jeweils RdNr 24; BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3, jeweils RdNr 19 ff).
Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden gewesen ist (Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf Grund eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers). Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können (konkrete Unterkunftsalternative).
Nach Ansicht des Senats bedeutet dies, dass dem Kläger bei der abstrakten Angemessenheit 50 Quadratmeter zustehen (so viel wie einem Alleinstehenden - und damit mehr als 1/3 der circa 90 m² großen Wohnung). Denn es muss anerkannt werden, dass der Kläger weder in einer Einstands- (§ 19 Abs. 1 SGB XII) noch einer Haushaltsgemeinschaft (§ 36 SGB XII) lebt. Insoweit verbietet § 43 Abs. 1 SGB XII bei der Einkommens- und Vermögenszurechnung die Berücksichtigung anderer Personen als der nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft (§ 41 Abs. 1 S. 1 SGB XII). § 36 Abs. 1 SGB XII). Eine Haushaltsgemeinschaft ist zudem gemäß § 36 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen, weil die Zurechnung nicht für nachfragende Personen gilt, die im Sinne des § 53 XII behindert oder im Sinne des § 61 XII pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden.
Zur Bestimmung der Wohnungsgröße wird nach der Rechtsprechung des BSG (erster Prüfungsschritt, vgl. Urteil vom 23.03.2010, Az.: B 8 SO 24/08 R m.w.N.) zu Recht auf die Werte zurückgegriffen, die die Länder auf Grund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.09.2001 (BGBl. I S. 2376) i.V.m. den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen, hier denen nach Art. 12 des Gesetzes über die Wohnraumförderung in Bayern, (Bayerisches Wohnraumförderungsgesetz - BayWoFG) vom 10. April 2007 iVM der Bekanntmachung für die Wohnraumförderung 2008 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 04.12.2007 (Allgemeines Ministerialblatt 2007, 760), festgesetzt haben. Bei Alleinstehenden wird danach von einer Größe von 45 qm (bei Einzimmerwohnungen) bis 50 qm (bei Zweizimmerwohnungen) als einer Obergrenze ausgegangen.
Ein qualifizierter Mietspiegel im Sinne einer durch ein schlüssiges Konzept ermittelten Vergleichsmiete (vgl. Urteil des BSG vom 22.03.2010, Az.: B 4 AS 39/09 R) für den konkreten Wohnort des Klägers fehlt. Der Beklagte selbst geht bei einer Einzelperson von einem angemessenen Mietzins von 5 EUR pro m² für eine Ein - Personenwohnung aus. Der angemessene Quadratmeterpreis einer Wohnung ist allerdings - entgegen den einfachen Vorstellungen des Beklagten - mittels eines schlüssigen Konzepts für einen homogenen Lebensraum zu ermitteln (vgl. zuletzt: BSG, Urteile vom 23.03.2010, Az.: B 8 SO 24/08 R, vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr. 18 ff und - B 4 AS 50/09 R - RdNr. 17 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R). Als räumlicher Vergleichsmaßstab wird in erster Linie der jeweilige Wohnort des Hilfebedürftigen herangezogen. Das BSG hat bereits wiederholt entschieden, dass der räumliche Vergleichsmaßstab so zu wählen ist, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen. Damit ist der Landkreis in Bezug zu nehmen, in dem der Kläger wohnt. Sein unmittelbarer Wohnort ist zu klein für die Vergleichsbildung. Eigene Recherchen des Senats - ohne den Anspruch auf Durchführung eines "schlüssigen Konzepts" - im Internet (beispielsweise bei dem privaten Anbieter immowelt) im Jahre 2010 zur Referenzmiete haben z.B. Angebote von Wohnungsmaklern ergeben, wonach in C. eine 3-Zimmer-Wohnung mit Gartenanteil mit ca. 76,71 m² für 283,83 EUR angemietet werden konnte, eine Wohnung in Waldmünchen (Altbau Wohnung im Stadtbereich) mit ca. 50 m² für 200,00 EUR Kaltmiete. Im Januar 2011 ist eine 2- Zimmer-Wohnung in Furth im Wald mit 45 m² Wohnfläche für 195,00 EUR Miete angeboten worden; eine Wohnung mit 50 m² Wohnfläche in Waldmünchen für 235 EUR Kaltmiete. Der Mietspiegel von immowelt.de zeigt Entwicklungen auf, wonach der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter die Wohnungen im gleichen Bereich von 40 bis 80 m² zwischen Werten im Mai von 4,73 EUR und im April von 4,84 EUR beziehungsweise im Dezember bis 4,74 EUR schwankte.
Damit kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Durchschnittswerte noch unter 5 EUR liegen. Mit Abschlägen von bis zu 20% für einfache Ausstattungen kann ein Durchschnittswert von etwa 4,20 EUR als angemessen betrachtet werden.
Der beim Kläger angefallene Aufwand ist nach den zur Plausibilität angestrengten Ermittlungen und Überlegungen des Senats auch offensichtlich konkret angemessen, so dass es weiterer Nachforschungen nach einem "schlüssigen Konzept" nicht mehr bedarf. Für die konkrete Angemessenheit kommt es zwar zusätzlich darauf an, ob dem Hilfesuchenden eine Wohnung mit abstrakt angemessenen Aufwendungen "konkret verfügbar und zugänglich" ist. Die noch angemessene Miete beträgt bei ihm aber 210 EUR (4,20 EUR mal 50) und entspricht damit offensichtlich einem Drittel seines tatsächlich gezahlten Mietpreises von 70 EUR.
Die Frage, wie die abstrakte Angemessenheit hergestellt werden kann (Zumutbarkeit von Änderungen und Absenkungsaufforderungen), stellt sich damit nicht (Urteil des BSG vom 20.08.2009. Az: B 14 AS 41/08 R).
Im Ergebnis hat der Kläger damit bis Juni 2010 einen Aufwand von 70 EUR an Kaltmiete, einem Drittel der für die von drei Personen bewohnten Wohnung insgesamt, da die Miete insgesamt angemessen ist.
2.1.2.3.4
Neben der Miete werden gemäß § 29 Abs. 3 S. 1 SGB XII Leistungen für Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Neben den bereits oben angeführten, einzeln erbrachten Leistungen für die Beheizung der Wohnung des Klägers mittels seines ölbefeuerten Ofens erfolgt die Erwärmung weiterer von ihm genutzter Räume, wie Bad und Küche, durch mit Strom betriebene Heizkörper. Der Kläger jedoch entrichtet nur einen einheitlichen Abschlag in Höhe von 75 EUR monatlich, in dem auch die Kosten der Haushaltsenergie (Beleuchtung, Betrieb sonstiger elektrische Geräte, Warmwasserzubereitung) enthalten ist. Letzteres ist Bestandteil der Regelleistung (vgl. Abteilung 04 der Verbrauchsausgaben) des nach § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII gebildeten Eckregelsatzes. Mit der Übernahme seines Abschlags an Stromkosten als Bedarf würde der im Regelsatz enthaltene Anteil an Haushaltsenergie doppelt berechnet. Andererseits betreibt der Kläger seine Kochstellen mit Gas und kauft hier neben den Ausgaben für Strom zusätzlich jährlich fünf Gasflaschen zum Preis von je 19,50 EUR.
Angesichts dieser Sachlage ist die von der Beklagten vorgenommene Berechnungsmethode korrekt. Danach sind die Kosten für Energie in ihrer Gesamtheit zu ermitteln und hiervon die im Regelsatz enthaltenen Anteile in Abzug zu bringen. Bei dem verbleibenden Rest handelt es sich dann um die für die Heizung aufgebrachten Stromkosten. Im Falle des Klägers ergibt dies einen Betrag von monatlich 19,89 EUR Stromheizkosten für die Wohngemeinschaft insgesamt, 75 EUR für Stromabschlag und 8,13 EUR für Gas, insgesamt 83,13 EUR monatlich, abzüglich der Regelsatzanteile für drei Mitbewohner.
Auf den Kläger entfällt damit monatlich bis zum Ablauf des Juni 2010 ein Anteil von 6,63 EUR.
2.1.2.3.5
§ 29 SGB XII umfasst auch einmalige und laufende Nebenkosten. Insbesondere gehören dazu alle neben der Kaltmiete mietvertraglich geschuldeten Kosten, die der Mieter nicht einseitig abdingen kann (BeckOK SGB XII § 29, Rn 2, Stand Dezember 2010). Insoweit hat der Kläger seine im Mietvertrag mit übernommenen Pflichten zur Überzeugung des Senats dargelegt. Es ist ihm auch darin zu folgen, dass im Jahr 2010 Änderungen eingetreten sind, beim Wassergeld 46 EUR mehr, bei den Kaminkehrergebühren 13 EUR mehr, bei den Abfallgebühren 22 EUR weniger. Insgesamt fallen damit für Wassergeld, Kaminkehrergebühren und Abfallgebühren im Jahr 334,33 EUR, monatlich 27,86 EUR und als Anteil des Klägers (1/3) 9,29 EUR an.
Zusammenfassend handele sich damit um einen Bedarf bis zum Ablauf des Monats Juni 2010 von Regelleistung (359 EUR), Wohnungskosten (70,00 EUR), Nebenkosten (9,29 EUR) und Heizung (6,36 EUR), insgesamt von 444,65 EUR.
2.1.3
Seinen Bedarf von 444,65 EUR kann der Kläger bis Juni 2010 aus eigenem Einkommen decken. Er erhielt ab 01.01.2009 Leistungen von der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 471,81 EUR bzw. ab Juli 2009 nach einer Rentenanpassung in Höhe von 484,79 EUR. Im Sommer 2010 erfolgte keine Rentenanpassung (unveränderter aktueller Rentenwert von 27,20 EUR, vergleiche § 65 SGB VI i.V.m § 1 Abs. 1 und 2 RentenwertbestimmungsVO 2009 und 2010). Insoweit ist die Nettorente als bereinigtes Einkommen zu berücksichtigen. Damit sind gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII die Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung berücksichtigt.
Daneben kommt das vom Kläger bezogene Pflegegeld in Höhe von 215 EUR bzw. 225 (ab 1. Januar 2010) EUR nicht zum Einsatz. Dieses ist als zweckidentische Leistung eine vorrangige Leistung der Pflegeversicherung (vergleiche § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XI). Darüber hinaus ist es als Pflegegeld (Leistungssurrogat für Sachleistung, § 37 SGB XI) anrechnungsfrei. Gemäß § 13 Abs. 5 S. 1 SGB XI bleiben die Leistungen als Einkommen bei Sozialleistungen und bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt.
2.2
Ab Juli 2010 hat der Kläger einen Anspruch auf Sozialhilfe.
2.2.1
Durch den Auszug seiner Mutter hat sich bei gleich bleibenden Bedarf für die Regelleistung sein sozialhilferechtlicher Bedarf in den Kosten der Unterkunft erhöht.
Nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII steht dem Kläger weiterhin der für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz iHv 359 EUR zu. Für die mit der Tochter weiterbestehende gemischte Bedarfsgemeinschaft bestehen die (angemessenen) Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft in einem Teil der (angemessenen) Miete, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten ist, weil der Kläger mit seiner nicht hilfebedürftigen Tochter in Haushaltsgemeinschaft lebte. Danach erfolgt die Zuordnung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei Nutzung einer Unterkunft durch mehrere Personen grundsätzlich nach Kopfzahl. Eine Abweichend von diesem Grundsatz ist, wie oben ausgeführt, nicht angezeigt. Damit steht dem Kläger angesichts seiner angemessenen Gesamtmiete die Hälfte davon als Bedarf zu, zumal dieser Betrag in Höhe von 105 EUR auch für ihn als Einzelhaushalt betrachtet (siehe oben) noch angemessen ist.

Dasselbe gilt für die Nebenkosten und die Heizung. Die von der Beklagten angestrengten Überlegungen zur Beibehaltung der Regelung der Heizungskosten auch nach Auszug der Mutter überzeugen den Senat nicht. Es mag zwar sein, dass das Beheizen überwiegend durch den Ölofen erfolgt. Die Überlegungen, die aber zu einer Pauschalierung der Aufteilung nach Kopfzahl geführt haben, lassen gerade eine Einzelbetrachtung nicht zu. Insoweit wäre auch ein enormer Verwaltungsaufwand erforderlich. Es kommt damit auch nicht auf eine Wohnungsbegehung an.

Die Kosten der Heizung betragen - bei Erhöhung des Preises der Gasflaschen - insgesamt 84,58 EUR monatlich. Hiervon sind nur die Regelsatzanteile an Haushaltsenergie für den Kläger selbst und seine Tochter (44,22 EUR) abzusetzen. Von den dann verbleibenden Energiekosten zur Beheizung mit Strom in Höhe von 40,36 EUR steht dem Kläger ein Bedarf zur Hälfte in Höhe von 20,18 EUR zu.

Die Nebenkosten von monatlich 27,86 EUR betragen zur Hälfte 13,93 Euro. Bei dem verkündeten Tenor geschah leider ein Rechenfehler infolge Absetzung von drei Regelsatzanteilen durch Übernahme der bisherigen Berechnung der Beklagten. Insoweit wird auf den Beschluss vom 14. März 2011 zur Berichtigung des Tenor gemäß § 138 S. 1 SGG hingewiesen.

Somit besteht ein Gesamtbedarf ab Juli 2010 für den Kläger von 498,12 EUR.

2.2.2
Diesen Bedarf kann der Kläger nicht vollständig durch sein eigenes Einkommen decken. So ist oben schon sein Renteneinkommen in Höhe von 484,79 EUR ermittelt worden. Einnahmen aus der Überlassung von Wohnraum an seine Tochter liegen nicht vor. Hiervon ist der Senat aufgrund der Gesamtumstände überzeugt.

Weiteres Einkommen ist dem Kläger nicht zuzurechnen. Zu den Pflegeleistungen gilt das oben Angeführte. Eine Bedarfsdeckung durch Zurechnung im Rahmen einer Einstandsgemeinschaft oder Ansprüchen gegenüber Dritten findet ebenfalls nicht statt. Hinsichtlich einer fiktiven Zurechnung von Einkommen und Vermögen sind Leistungsempfänger der Grundsicherung wegen Alters privilegiert. Gemäß § 43 Abs. 1 SGB XII sind nur Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach diesem Buch übersteigen, nach den §§ 19 und 20 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigen. Andere Personen, wie etwa die Tochter des Klägers sind nicht heranzuziehen. Denn darüber hinaus ordnet § 43 Abs. 1 letzter Halbsatz SGB XII an, dass § 36 Satz 1 nicht anzuwenden ist. Die doppelte Vermutung von § 36 SGB XII greift damit nicht, d.h. weder spielt damit eine Haushaltsgemeinschaft eine Rolle, noch die (allerdings widerlegbare) Vermutung, dass von den Haushaltsgenossen Leistungen zum Lebensunterhalt erbracht werden. Auf eine Ermittlung der wirtschaftlichen Situation der Tochter des Klägers kommt es damit nicht an.

Damit steht dem Kläger eine monatliche Leistung an Grundsicherung in Höhe von 13,32 EUR ab 01.07.2010 zu.

Diesem Anspruch stehen keine Selbsthilfemöglichkeiten des Klägers gegenüber seiner Tochter oder dem Wohnungsamt gegenüber. Eine von konkreten Eingriffnormen losgelöste abstrakte Zurechnung, etwa nach dem allgemeinen Selbsthilfegrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII verstößt gegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und den Vorbehalt des Gesetzes für Eingriffe in Rechtspositionen. Das BSG hat schon sehr früh nach Inkrafttreten des SGB XII die Rolle von vermeintlichen übergeordneten Prinzipien klargestellt (Urteil vom 26.08.2008, Az: B 8 SO 26/07 R und 17.06.2008, AZ:B 8 AY 5/07 R). Danach sind die vom BVerwG entwickelten so genannten Strukturprinzipien keine "Supranormen" die eindeutige gesetzliche Regelung konterkarieren dürfen (vgl. dazu Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, Vor § 1 RdNr 4 f, 8 f). Strukturprinzipien sind vielmehr aus den jeweiligen maßgeblichen Normen zu entwickeln, können mithin nicht dazu genutzt werden, explizite gesetzliche Regelungen in ihr Gegenteil zu kehren. Daher könnten allenfalls vorhandene Forderungen gegenüber der Tochter des Klägers Einkommen i.S.v. § 82 SGB XII sein. Dazu müsste es sich um Einkünfte in Geld oder Geldeswert handeln. Derartiges lässt sich aber vom Ergebnis der Ermittlungen her nicht feststellen. Es liegen zwei eidesstattliche Versicherungen vor, wonach die beiden Mitbewohner keinerlei Zahlungen erbringen und schulden. Dies ist überzeugend insbesondere, da der Kläger keine Mietverträge beziehungsweise Untermietverträge geschlossen hat. Auch Ansprüche aus Bereicherung, also Tatbestände im Rahmen gesetzlicher Schuldverhältnisse, müssten realisiert sein, was hier nicht ersichtlich ist. Abhilfe für den Beklagten wäre hier viel eher deren eigene Betätigung durch Überleitung derartiger Ansprüche (§ 93 Abs. 2 SGB XII).

Auch ein möglicher Wohngeldanspruch des Klägers reicht nicht zur Verweigerung von Leistungen aus. Auch dieser hat keine Einkommensqualität, da er nicht realisiert ist. Wegen der fehlenden Realisierung darf dem Kläger keine Leistung versagt werden. Dazu bedürfte es entweder eine Erzwingung seiner Obligationen (§ 60 ff. SGB I) oder einer Selbstwahrnehmung der Beklagten über § 95 SGB XII.

2.2.3
Gemäß § 44 SGB XII wird die Leistung in der Regel für 12 Kalendermonate bewilligt. Der Anspruch des Klägers ergibt sich erst ab Juni 2010. Zuvor lagen die Voraussetzungen nicht vor. Demgemäß sind die Leistungen vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Mai 2011 zuzusprechen.

3.
Insgesamt hat der Kläger einen kleinen Teilerfolg. Angemessen ist für die Kostentragung des Beklagten ein dreißigstel (§ 193 SGG).

Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe hierfür sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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