Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 49 R 791/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 555/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein besonderer, gegen eine Versorgungsehe sprechender Umstand liegt nicht darin, dass die Hinterbliebene und der Versicherte vor dem Tod des Versicherten schon seit vielen Jahren ununterbrochen in häuslicher und eheähnlicher Gemeinschaft gelebt haben.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Witwenrente.
Die im September 1962 geborene Klägerin schloss am 16. Oktober 2007 die Ehe mit dem im Juni 1948 geborenen Versicherten. Der Versicherte verstarb am 1. November 2007.
Mit Antrag vom 28. Februar 2008 begehrte die Klägerin Witwenrente nach dem verstorbenen Versicherten. In dem Antrag wies die Klägerin darauf hin, sie habe seit Januar 1988 in einer gemeinsamen Wohnung mit dem Versicherten gelebt. Von Januar 1988 bis 1993 habe sie gemeinsam mit dem Versicherten die Stieftochter erzogen. Der Versicherte sei nach einer Tumor-Operation auf eine Rehabilitationsmaßnahme geschickt worden. Die behandelnden Ärzte seien nicht von einer begrenzten Lebensprognose ausgegangen. Der Versicherte sei an einer Lungenembolie gestorben. Diesen überraschenden Tod habe sie noch nicht überwunden. Sie sei im Januar 1988 aus dem R. zum Versicherten gezogen, weil sie heiraten wollten. Er habe nach dem Tod seiner Frau eine achtjährige Tochter allein erzogen. Sie habe die Erziehung der Tochter mit übernommen. Daneben sei sie berufstätig gewesen. Die Tochter sei sehr eifersüchtig gewesen. Aus Rücksicht auf sie sei die Hochzeit zunächst verschoben worden. In der Pubertät habe die Tochter einen Selbstmordversuch unternommen. Dies habe der Versicherte nicht überwinden können, weshalb die Hochzeit weiter verschoben worden sei. Sie sei selber längere Zeit krank gewesen, dann sei ihre Schwägerin erkrankt, ihrer Schwiegermutter hätten beide Beine abgenommen werden müssen. Im Jahr 2003 sei der Versicherte aufgrund eines Morbus Meniere gestürzt. Seitdem sei er sehr kränklich gewesen. Auch seien die Schwiegereltern, die Schwester und die Mutter verstorben. An Hochzeit sei gefühls- und zeitmäßig nicht zu denken gewesen. Mitte 2007 sei der Versicherte operiert worden. Es habe ihn sehr bedrückt, wenn sie ständig als Freundin, Partnerin oder Lebensgefährtin angeredet worden sei. Bei seinem Krankenhausaufenthalt im Oktober habe der Versicherte sie gebeten, alles für die Hochzeit vorzubereiten. Er habe neue Hoffnung geschöpft gehabt und habe ihr das Gefühl geben wollen, als seine rechtmäßige Ehefrau anerkannt zu sein. Die Ärzte und eine zugesagte Wiedereingliederungsmaßnahme seines Arbeitgebers hätten die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft verstärkt. Der überraschende Tod ihres Ehemannes habe sie in eine tiefe Depression geworfen. Sie hätten sich immer als Ehepaar gesehen und auch so gelebt. Eine frühere Heirat sei an den geschilderten Umständen gescheitert.
Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte der Klinik St. I. über einen stationären Aufenthalt des Versicherten vom 25. bis 27. Oktober 2007 nebst einem Befundbericht des einweisenden Arztes vom E., A-Stadt, eine Leistungsübersicht der Techniker Krankenkasse für den Versicherten und einen Befundbericht des Klinikums D., A-Stadt vom 12. November 2007 bei. Der medizinische Dienst der Beklagten führte dazu aus, dass zum Zeitpunkt der Hochzeit beim Versicherten bereits eine Palliativsituation bei fortgeschrittenem malignen Tumorleiden bestanden habe. Es sei absehbar gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 21. August 2008 den Rentenantrag ab. Die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert. Die dargelegten Gründe seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung, dass eine Versorgungsehe vorliege, zu widerlegen.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs wurde vorgetragen, die Klägerin und der Versicherte seien zum Zeitpunkt der Eheschließung davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine tödlich verlaufende Erkrankung handeln würde. Die genehmigte Reha-Maßnahme habe Auftrieb gegeben. Man habe sich eine Stärkung des Gesundheitszustandes des Versicherten davon versprochen. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 31. Oktober 2007 sei vermerkt, dass für die endgültige Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten bleibe. Nach Abschluss der laufenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sei ggf. eine erneute Beurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlich. Nach Abschluss der Anschlussheilbehandlung sollte eine weitere Vorstellung des Versicherten erfolgen, um zu entscheiden, ob und wann eine Chemotherapie durchgeführt werde. Der Optimismus des Versicherten sei erst nach Abbruch der Reha-Maßnahme verschwunden. Die Eheschließung sei aus moralischen Gründen erfolgt. Das langjährige Verhältnis sollte endlich legalisiert werden, nachdem zuvor eine Eheschließung insbesondere wegen des schwierigen Verhältnisses zur Tochter des Verstorbenen verschoben worden sei. Auch wollte der Versicherte, dass die Klägerin bei stationären Aufenthalten als seine Ehefrau und nicht nur als seine Lebensgefährtin anerkannt sei. Er habe gehofft, die Klägerin in die Pflicht nehmen zu können, ein Auge auf seine inzwischen erwachsene Tochter zu werfen. Die Eheschließung habe schließlich der ev. notwendigen Betreuung des Versicherten gedient. Aufgrund eines jahrzehntelangen Zusammenlebens sei beim Versicherten ein Grundvertrauen für eine zuverlässige Betreuung durch die Klägerin vorhanden gewesen. Versorgungsrechtliche Gesichtspunkte hätten nicht im Vordergrund gestanden. Die Klägerin habe ganztags gearbeitet und sich eine eigene Versorgung aufgebaut.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2009 zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt der Heirat habe bereits eine Palliativsituation bei fortgeschrittenem malignen Tumorleiden bestanden. Es sei absehbar gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde. Besondere Umstände, die eine Versorgungsehe widerlegen könnten, lägen damit nicht vor.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und vorgetragen, bei der Ehe der Klägerin handele es sich nicht um eine Scheinehe und auch nicht um eine solche, die entgegen der eigentlichen Lebensplanung nur oder zumindest überwiegend geschlossen worden sei, um die individuelle Versorgung der Klägerin zu Lasten der Solidargemeinschaft zu erreichen, sondern nur um den Vollzug dessen, was in der Beziehung der beiden Eheleute von Anfang an angestrebt worden sei. Der Versicherte sei seit 1980 verwitwet gewesen. Seine erste Ehefrau sei 1980 nicht lange nach der Geburt der gemeinsamen Tochter (1979) nach schwerer Krankheit verstorben.
Die damals in G. (E.) wohnhafte Klägerin habe im Sommer 1983 auf eine - von Freunden des Versicherten aufgegebene - Annonce des Versicherten in einer Erzieherinnenzeitschrift geantwortet. Es sei zunächst ein reger Brief-, dann Telefonkontakt entstanden. Pfingsten 1986 habe man sich persönlich kennengelernt. Die äußeren Gegensätze (Altersunterschied von 14 Jahren, Mentalitätsverschiedenheiten zwischen E. und A-Stadt, um 10 cm größere Größe der Klägerin) hätten der aufkeimenden Liebe nichts anhaben können. Im Spätsommer 1986 habe der erste gemeinsame Urlaub zusammen mit der Tochter des Versicherten stattgefunden. Hier hätten auch erste Planungen für eine gemeinsame Zukunft begonnen. Nachdem die Klägerin eine Anstellung im Spastikerzentrum A-Stadt gefunden habe, sei sie zum Jahreswechsel 1987/1988 nach A-Stadt in die Wohnung des Versicherten gezogen. Weil sowohl die Klägerin als auch ihr verstorbener Mann der katholischen Kirche angehören und weil die erste heilige Kommunion der Tochter anstand, sei von Anfang an klar gewesen, dass man - sofern man zusammenbliebe - auch heiraten würde. An der Kommunionfeier im Jahr 1988 hätten bereits die Eltern der Klägerin teilgenommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe das Thema "Heirat" auf der Tagesordnung gestanden, weil "geschlamperte" Verhältnisse unter Katholiken bestenfalls für eine überschaubare Zeit nach dem Kennenlernen geduldet worden seien. Als Zeuge hierfür wurde Hr. A. senior genannt.
Der Versicherte habe 1978 auch seine früh verstorbene erste Frau standesamtlich und kirchlich geheiratet.
Zu der geplanten Hochzeit mit der Klägerin sei es über einen sehr langen Zeitraum jedoch nicht gekommen. Der Versicherte habe die Heirat zunächst hinausgezögert, denn die Hochzeit mit der ersten Frau und die einschneidende Erfahrung, dass seine erste Frau bereits 2 Jahre nach der Vermählung und kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter einer schweren Krankheit erlegen sei, habe den jungen Witwer geprägt und eine etwas irrationale Angst vor einer erneuten Heirat hervorgerufen. Auch sei er aufgrund des hohen Altersunterschiedes und der Mentalitätsverschiedenheit zu Beginn der Beziehung vermutlich nicht hundertprozentig davon überzeugt gewesen, dass die neue Beziehung dem Alltag standhalten würde.
Der Alltag in der wilden Ehe sei schwierig gewesen. Die Eltern der verstorbenen ersten Frau hätten der Klägerin die verwaiste Mutterrolle nicht zugestanden. In den Jahren 1989 bis 1994 habe sich ein relativ normales Familienleben entwickelt. Der Versicherte und seine Tochter seien in der Familie der Klägerin aufgenommen worden. Alle Weihnachtsfeste und viele Osterferien hätten sie in der Nähe von G. verbracht. Hier sei auch immer wieder darüber diskutiert worden, wann die Hochzeit stattfinden werde und ob auch alle Verwandten aus der E. nach A-Stadt eingeladen würden oder ob nach der standesamtlichen Hochzeit in A-Stadt die kirchliche Hochzeit in der E. stattfinden sollte (Zeuge: A. senior)
Im Jahr 1995 habe die Pubertät der Tochter die Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Bei Auseinandersetzungen seien Formulierungen gefallen wie "Du bist ja gar nicht meine Mutter", "Du hast mir gar nichts zu sagen". habe nach einem gescheiterten Selbstmordversuch (Einnahme giftiger Substanzen) die elterliche Wohnung verlassen. Sie sei dann in der Jugendpsychiatrie der H.-Klinik am S. behandelt worden, später in eine betreute Wohngruppe in V. gezogen. Dort habe sie dann auch die Realschule besucht.
Der Versicherte habe sich in einer für ihn äußerst schwierigen Situation letztendlich für seine neue Lebensgefährtin und damit in gewisser Weise gegen die eigene Tochter entschieden. Das von gegenseitiger Eifersucht auf den Vater bzw. Partner überschattete Verhältnis der Tochter zur Klägerin habe zur Folge gehabt, dass Heirat bis auf weiteres kein Thema mehr gewesen sei. Die Klägerin und der Versicherte hätten an Therapiestunden teilgenommen, in denen versucht worden sei, das zerrüttete Verhältnis zwischen Vater und Tochter wieder zu normalisieren.
Nach dem Auszug der Tochter aus der elterlichen Wohnung und in den Jahren danach habe der Versicherte seine Tochter nicht vor den Kopf stoßen wollen und vorerst auf die Durchführung der geplanten und immer wieder verschobenen Hochzeit verzichtet. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Tochter an einer Hochzeit auch nicht teilgenommen. Nachdem die Tochter erwachsener geworden sei, hätte der Hochzeit im Grunde genommen nichts mehr im Wege gestanden.
Nunmehr seien jedoch zunächst die Schwester, dann die Schwiegereltern aus erster Ehe und zuletzt die Mutter des Verstorbenen schwer erkrankt. Während Schwester und Schwiegereltern relativ schnell verstorben seien, sei der Mutter des Verstorbenen zunächst ein Bein amputiert worden. Sie habe in eine Wohngruppe des Vereins für selbstbestimmtes Leben in A-Stadt ziehen müssen. Die Klägerin und der Versicherte hätten sich während dieser schweren Zeit bis zum Tod der Mutter im August 2003 um sie gekümmert. Das letzte halbe Jahr habe die Mutter des Verstorbenen im Krankenhaus verbracht. Diese Zeit hätte sicherlich zur Heirat genutzt werden können, denn der Verstorbene wollte sich wegen früherer Zerwürfnisse nicht um seine Mutter kümmern. Nicht zuletzt das gute Zureden der Klägerin habe bewirkt, dass der Verstorbene zunächst im Jahr 1999 als letztes großes Fest den 80. Geburtstag der Mutter ausgerichtet habe und in der Folge deren intensive Betreuung übernommen habe. Sie hätten alle Behördengänge erledigt und die Schwiegermutter sehr häufig besucht. Es sei eine Zeit der Verluste und der schweren körperlichen und psychischen Belastungen gewesen. An etwas Schönes, wie die immer noch ausstehende Hochzeit, sei zu diesem Zeitpunkt bei dieser Belastung nicht zu denken gewesen.
Auch beruflich habe der Druck auf den Verstorbenen zugenommen, der als Techniker die Krise des S. hautnah miterlebt habe. Er habe während eines Vortrags als Betriebsratsvorsitzender am 19. Juni 2002 in T. einen schweren Zusammenbruch erlitten, sei eine Woche im Kreiskrankenhaus T. behandelt worden, dann im Klinikum G ... Es sei ein Morbus Meniere diagnostiziert worden. In der Folgezeit habe er unter zunehmender Schwerhörigkeit und wiederkehrenden Schwindelattacken gelitten. Er habe diese Einschränkungen klaglos ertragen und sei vollständig in den Beruf zurückgekehrt. Dies habe ihm aber noch höhere psychische und physische Anstrengungen abverlangt. Energie für den privaten Bereich habe er nicht mehr gehabt. So habe er es nicht mehr geschafft, die eigene Wohnung zu renovieren, während er dies früher als Handwerker immer vorbildlich selbst erledigt habe. Als Beweis hierfür wurden ein Kurzbrief des Kreiskrankenhauses T. und Unterlagen der Unfallversicherung der Firma S. vorgelegt.
Die Heiratsabsichten seien über Jahre wegen der Erfahrungen mit der ersten Ehefrau, dann wegen der Probleme mit der pubertierenden Tochter und schließlich wegen der Sorge und Pflege der Mutter des Verstorbenen im August 2003 immer wieder verschoben worden. Im September 2003 habe der Versicherte jedoch Vorbereitungen eingeleitet, um die Klägerin zu heiraten. Der Vater der Klägerin habe am 8. September 2003 die notwendigen Unterlagen auf dem Standesamt in G. besorgt. Zum Beweis wurde eine Abstammungsurkunde, ausgestellt am 8. September 2003, vorgelegt sowie erneut die Einvernahme des Zeugen A. senoir angeregt. Am 5. November 2003 habe der Versicherte jedoch bei einem Fahrradunfall Gesichtsverletzungen erlitten, die auch beim jährlichen Weihnachtsbesuch in der E. noch nicht verheilt gewesen seien. Am 13. Mai 2004 habe der Versicherte einen Hörsturz erlitten. In der Folge habe die Schwerhörigkeit von Monat zu Monat in erheblichen Umfang zugenommen. Im Januar 2005 sei erneut Morbus Meniere diagnostiziert bzw. die frühere Diagnose bestätigt worden. An eine Heirat in großem Rahmen und mit einem fröhlichen Fest sei nicht mehr zu denken gewesen. Dies habe nicht zu einer Aufgabe des Wunsches geführt, die Beziehung zu legitimieren, sondern lediglich dazu, die Hochzeit in einem anderen, kleineren, aber dennoch festlichen Rahmen zu feiern.
Am 3. Mai 2005 habe sich der Versicherte auf der Internetseite der Stadt A-Stadt erneut nach den Modalitäten für eine Heirat erkundigt. Zum Beweis hierfür wurde ein Ausdruck der maßgeblichen Internetseiten mit Datum 3. Mai 2005, die in den Unterlagen des Versicherten gefunden worden seien, beigefügt. Die beiden Heiratswilligen hätten auf eine Besserung insbesondere der leider immer weiter fortschreitenden Schwerhörigkeit gehofft, um eine Hochzeit in dem gewünschten Rahmen feiern zu können.
Zu einer Eheschließung sei es wiederum nicht gekommen, da der Versicherte nach seinem schweren Zusammenbruch und der Wiedereingliederung mehr als 10 Stunden täglich arbeiten musste, um sein Arbeitspensum bei der Firma S. zu schaffen. Aufgrund seiner Krankheit habe er das frühere Tempo nicht mehr aufrechterhalten können. Die Klägerin habe oft stundenlang auf ihn warten müssen, denn er sei allein aufgrund seiner fortschreitenden Schwerhörigkeit mit seiner Arbeit oft stark überfordert gewesen.
Die Eheleute hätten also bereits in den Jahren 2003 und 2005 Anläufe zur Vermählung unternommen.
Im Sommer 2007 sei dann beim Kläger Magenkrebs diagnostiziert und der Magen entfernt worden. Sicherlich sei eine solche Krankheit genauso unheilbar wie Diabetes. Dennoch bedeute eine solche Diagnose keinesfalls einen tödlichen Verlauf. Der Onkel der Klägerin habe mit der gleichen Diagnose und ohne Magen noch über ein Jahrzehnt gelebt und sei dann an einem anderen Leiden verstorben. Auch der Versicherte und die Klägerin hätten deshalb keine tödlichen Krankheitsverlauf erwartet. Sie hätten vielmehr eine Besserung und Erholung, die sich zwischenzeitlich auch eingestellt habe, als wahrscheinlich erachtet. Sie hätten zu keiner Zeit die ärztliche Auskunft erhalten, dass es sich um eine unweigerlich zum Tode führende Krebserkrankung handeln würde. Der Versicherte habe auch eine weiterhin optimistische Lebenseinstellung gehabt. Nach der Entfernung der Drainage sei der Versicherte vor der Hochzeit und vor Antritt der anschließenden Reha-Maßnahme guter Dinge gewesen, die schwere Krankheit auf Dauer besiegen zu können und wieder zu Kräften zu kommen. Das Leistungsbild, dass sich aus dem Entlassungsbericht der Klinik St. I. ergebe, sei weder dem Versicherten noch der Klägerin mitgeteilt worden. Der Versicherte und die Klägerin seien über den objektiven Gesundheitszustand des Verstorbenen im Unklaren gelassen worden. Darüber hinaus sei nach dem Bericht für die endgültige Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten und nach Abschluss der damals laufenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ggf. eine erneute Beurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlich gewesen.
Der Versicherte und die Klägerin hätten nicht aus einem Versorgungswunsch heraus geheiratet. Die Klägerin habe trotz der schweren physischen und psychischen Belastung kaum Urlaub genommen, sondern sich diesen für die Zeit der Genesung nach erfolgreicher Reha-Maßnahme aufgespart. Dem Verstorbenen sei während des längeren Krankenhausaufenthalts verdeutlicht worden, wie groß der Unterschied sei, wenn man von seiner Ehefrau spreche im Gegensatz dazu, wenn man von der Lebensgefährtin spreche. Der Versicherte und die Klägerin hätten ihre weit über 20 Jahre bestehende Beziehung aus tiefster Überzeugung legalisieren wollen.
Der Versicherte sei am Tag der Hochzeit in der Lage gewesen, sich selbstständig anzuziehen. Die Hochzeit habe normal im Standesamt A-Stadt stattgefunden. Der Versicherte habe während der gesamten Trauungszeremonie keine Anzeichen von Schwäche gezeigt. Dies könne der zuständige Standesbeamte bezeugen. Unmittelbar im Anschluss sei der Versicherte zu einer Reha-Maßnahme aufgebrochen. Er seien sich darüber im klaren gewesen, dass er nicht gesund und im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen sei. Die Heilung der wochenlang offenen Wunde habe ihm jedoch große Hoffnung gemacht, wieder zu Kräften zu gelangen und nach einem eventuell längeren Heilungsprozess wieder relativ normal leben zu können. Der negative Verlauf der Erkrankung sei für die Klägerin nicht zu erwarten oder vorherzusehen gewesen. Die gemeinsame Leidenszeit hätte ihre Liebe noch gestärkt und es seien Pläne für die Zeit nach der Genesung geschmiedet worden.
Auch dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin das heute erwachsene Kind des Versicherten gepflegt und erzogen habe. Der Tod sei trotz der bestehenden Krebserkrankung für die Eheleute plötzlich und unerwartet nach einer Lungenembolie eingetreten.
Die Klägerin habe aufgrund ihrer geschlossenen Erwerbsbiografie auch eigene Rentenansprüche erworben, die sich nach einer Auskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers auf 1.362,65 Euro belaufen werden. Rentenlücken seien nicht vorhanden. Auch seien Rücklagen und Ersparnisse geschaffen worden. Auch deshalb lägen keine überwiegenden Versorgungsgründe vor. Die Klägerin habe neben ihrer Vollzeittätigkeit die Erziehung der Tochter des Verstorbenen übernommen und ihre persönlichen Interessen der Schaffung eines sozialen Umfelds für die Familie sowie der Erziehung der Tochter des Verstorbenen untergeordnet.
Es hätten also eine Vielzahl von Gründen für eine Hochzeit vorgelegen (Wunsch nach Legitimation und gesellschaftlicher Anerkennung, Beistand in schweren Zeiten, latente Heiratsabsichten zweier Katholiken über 20 Jahre, Versuch, neuen Lebensmut im Kampf gegen den Krebs zu geben). Diese seien viel entscheidender als Versorgungsaspekte gewesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2010 abgewiesen. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Klägerin und der Versicherte sich der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bewusst gewesen seien, als sie die Eheschließung in die Wege geleitet hätten. Der Versicherte sei über die Bösartigkeit seiner Erkrankung aufgeklärt worden und die Klägerin hätte über die Tumorerkrankung Bescheid gewusst. Das Vorliegen einer langjährigen Lebenspartnerschaft spreche nicht gegen das Vorliegen einer Versorgungsehe. Es liege auch keine konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht vor. Die Heiratsabsichten seien erst konkret geworden, nachdem beim Versicherten die schon fortgeschrittene Magenkrebserkrankung festgestellt worden sei. Auch eine Eheschließung aus moralischen Gründen könne angesichts eines über 18 Jahre währenden nichtehelichen Zusammenlebens nicht überzeugen. Die eigene ausreichende Versorgung spreche ebenfalls nicht gegen eine Versorgungsehe.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, die Ehe sei aus tiefer Zuneigung zueinander geschlossen worden. Der einzige Grund für diese Ehe sei die Liebe zweier Menschen gewesen, die zusammengelebt, zusammen das Kind des Versicherten aus erster Ehe großgezogen, die Mutter des Versicherten über Jahre gepflegt und die sich bei Krankheiten und Problemen immer gestützt hätten. In einer äußerst schweren Zeit hätten der Versicherte und die Klägerin eine öffentliche Bekräftigung der Ernsthaftigkeit ihrer Partnerschaft abgegeben. Das Eheversprechen sollte zeigen, wir stehen uns auch in schweren Zeiten bei und seitens der Klägerin, ich mache dir Mut, dass du die nächsten Jahre möglicherweise auch trotz der gesundheitlichen Beschränkungen mit mir rechnen kannst und wir diese schwierige Lebenssituation gemeinsam als Ehepaar durchstehen. Für die Klägerin sei der Tod ihres Ehemanns völlig überraschend und viel zu schnell eingetreten. Sie habe die Information erhalten, aufgrund der fragilen gegenwärtigen Situation könne er sowohl in den nächsten Wochen sterben, wenn er die Krise überwinde, könnten es aber auch noch mehrere Jahre werden. Die Heilung der wochenlang offenen Wunde vor der Hochzeit habe der Klägerin weitere Hoffnung gemacht. Der Versicherte sei nach der Wundheilung geradezu euphorisch gewesen, zumal nunmehr eine Reha-Maßnahme angestanden habe. Die Klägerin habe ihm mit der Einwilligung in die Heirat einen stark vorhandenen Wunsch erfüllt und habe geglaubt, dass dadurch der Wille gestärkt und die Gesundungschancen steigen würden. Ob es sich bei der Situation des Verstorbenen objektiv um eine Palliativsituation gehandelt habe oder nicht, sei unerheblich. Die Chance auf mehrere weitere Jahre habe die Klägerin mit einer Heilungsmöglichkeit gleichgesetzt. Von dieser sei man irrtümlicherweise weiterhin ausgegangen.
Nach dem Tod des Versicherten sei die Klägerin in eine sehr schwere Depression gefallen. Sie befinde sich bis zum heutigen Tag in ärztlicher Behandlung und sei mehrere Monate lang arbeitsunfähig gewesen. Nach langwieriger Wiedereingliederung gehe sie heute ihrem Beruf wieder nach.
Diese einschneidende Gefühlsreaktion sein weiteres starkes Indiz dafür, dass es geradezu unmöglich sei, dass die Klägerin ihren Ehemann lediglich oder überwiegend aus finanziellen Gründen geheiratet habe. Art. 6 Abs. 1 GG stelle die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und zwar unabhängig von ihrer Dauer. Die Beweislastumkehr erscheine verfassungsrechtlich bedenklich. Die pauschale Missbrauchsunterstellung müsse zumindest im Fall langjähriger nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen Hausstand eine Modifikation im Sinne einer Beweiserleichterung vorsehen. Wenn der Vortrag der Klägerin für eine Rentengewährung nicht ausreiche, müsse die Beweishürde als im Grunde genommen unüberwindbar bezeichnet werden.
Der Senat hat Befundberichte der den Versicherten behandelnden Internisten Dr. G. und Dr. M. sowie des Klinikums D. A-Stadt- beigezogen und gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch- gastroenterologischen Gutachtens nach Aktenlage von Dr. D. vom 7. Mai 2012. Danach hat der Versicherte zum Zeitpunkt der Hochzeit am 16. Oktober 2007 an folgende Gesundheitsstörungen gelitten:
1. Siegelringzellkarzinom des Magens, diffuser Typ, pT3, L1, pN3 (48-51), V1, M1, R1 (Lymphangiosis am Ösophagus-Anastomosenring) mit Zustand nach erweiterter Gastrektomie, Omentektomie, Splenektomie und Lymphadenektomie im Sinne einer Billroth II.-Situation nach Y-Roux; Zustand nach offener Cholezystektomie am 12. September 2007 und Revision am 13. September 2007, Zustand nach Abszessformation subhepatisch links
2. Arterielle Hypertonie
3. Morbus Menière mit Zustand nach Hörsturz links
4. LWS-Syndrom leichtgradiger Ausprägung
5. Sklerosierungen der hirnzuführenden Arterien.
Es habe eine hohe Wahrscheinlichkeit (ca. 75-90 %) bestanden, dass die vorliegende Magenkrebserkrankung innerhalb eines Jahres nach der Hochzeit zum Tode des Versicherten führen würde. Die Klägerin und der Versicherte seien über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen. Inwieweit von den behandelnden Ärzten genaue Angaben über den mutmaßlichen zeitlichen Verlauf der Erkrankung gemacht wurden, könne im Nachhinein nicht beantwortet werden. Es sei jedoch sehr unwahrscheinlich, dass den beiden mitgeteilt worden sei, dass die Erkrankung hoch wahrscheinlich innerhalb eines Jahres zum Tode führen werde. Solche Aussagen seien aus ärztlicher Sicht nicht angebracht, außer ein Patient bestehe explizit auf einer entsprechenden Auskunft. Auch in hochpalliativen Situationen seien solche Aussagen nicht gutzuheißen und angebracht. Es sei nicht ableitbar, dass es für die beiden Personen erkennbar gewesen sei, dass die Erkrankung binnen eines Jahres zum Tode des Versicherten führen würde. Es sei mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte zum Zeitpunkt der Hochzeit die Hoffnung und auch das Ziel hatten, noch ein Jahr und mehr zusammenzuleben.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, es habe seit Diagnosestellung und erst recht zum Zeitpunkt der Eheschließung ein bis zum Tode führendes Krebsleiden bestanden. Alle Abwägungen, ob dies zur Eheschließung führte oder nicht, seien spekulativer Art. Es könne wissenschaftlich nur die Feststellung gehen, dass ein entsprechendes Leiden vorgelegen habe.
Die Klägerin hat entgegnet, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei widerlegt. Der Vortrag, die Klägerin sei davon ausgegangen, der Versicherte könne, wenn er die Krise überwinde, auch noch mehrere Jahre leben, werde durch das Gutachten bestätigt. Im Gutachten sei vermerkt, es sei glaubhaft bzw. zu vermuten, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin zumindest bis zum Antritt der stationären Reha-Maßnahme die Hoffnung gehabt hätten, dass der Versicherte noch ein Jahr oder auch länger überleben könne. Nach langjähriger klinischer Tätigkeit sei festzustellen, dass Menschen mit auch schwersten Erkrankungen oft eine (medizinisch kaum zu begründende) Hoffnung auf Genesung haben und prognostisch negative Aspekte lange Zeit verdrängen. Die Klägerin und der Versicherten hätten daran geglaubt, noch länger zusammen leben zu können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Mai 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
5. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß Witwenrente entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 21. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2009 abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von großer Witwenrente gemäß § 46 Abs. 1, 2 Nr. 2 Sechstes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung der großen Witwenrente steht § 46 Abs. 2a SGB VI entgegen. Danach haben Witwen keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Es liegt bei Hochzeit am 16. Oktober 2007 und Tod des Versicherten am 1. November 2007 nur eine kurze Ehedauer iSd § 46 Abs. 2a SGB VI vor. Eine Rentengewährung kommt damit nur in Betracht, wenn die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe widerlegt ist. Dies ist nach Auffasssung des Senats nicht der Fall.
§ 46 Abs. 2a SGB VI enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Diese gesetzliche Vermutung ist allerdings widerlegbar. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. Kassler Kommentar, Band 1, § 46 SGB VI RdNr. 46b, m. w. N.).
Die gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Besondere Umstände sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst und geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen (BSGE 35, 272). Es sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von einer Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Hierbei hat eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R). Dabei reicht es grundsätzlich aus, wenn für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht keine Rolle spielte, gleich, ob dies der Versicherte oder der überlebende Ehegatte war (Kassler Kommentar, a.a.O., Rdnr. 46c). Die Annahme einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder ihm zumindest gleichwertig sind. Besondere Umstände, die die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen vermögen, können nur solche sein, die eindeutig darauf schließen lassen, dass die Ehe nicht zumindest überwiegend aus Gründen der Versorgung geschlossen wurde. Die Darlegung allgemeiner, bei einer Heirat regelmäßig mitentscheidender Gesichtspunkte wie der Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, und die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen oder die Miete einer entsprechenden Wohnung rechtfertigt nicht die Annahme besonderer Umstände im Sinne des Gesetzes (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.1.1972, L 8 V 202/71 - zu § 38 Abs. 2 BVG -).
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 5. Mai 2009 klargestellt, dass dem Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung eine gewichtige Bedeutung zukommt. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer äußerer Umstand ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt eingetreten ist. Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht erfüllt. Zwar ist bei einer schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit steigt jedoch der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen (BSG, a.a.O).
Der Versicherte war nach den Feststellungen des internistischen Sachverständigen
Dr. D. objektiv in einem Zustand, der nach wissenschaftlich-medizinischer Sicht innerhalb eines Jahres mit 75-90-prozentiger Wahrscheinlichkeit zum Tod führen würde.
Auffällig ist, dass der Versicherte und die Klägerin sehr zügig nach der Erstdiagnose dieser schwerwiegenden Krebserkrankung am 13. Juni 2007 geheiratet haben, während bis dahin keinerlei lebensbedrohliche Erkrankungen des Versicherten bekannt gewesen waren. Die Tatsache, dass die Klägerin und der Versicherte in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu der Erstdiagnose der lebensbedrohlichen Krebserkrankung geheiratet haben, begründet nach der Rechtsprechung des BSG ganz erhebliche Zweifel daran, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist.
Dr. D. hat auch darauf hingewiesen, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen waren. Dies ergibt sich etwa aus dem Befundbericht des Krankenhauses A-Stadt vom 17. Juli 2007, in dem von einem ausführlichen Gespräch mit dem Versicherten und der Klägerin über das Ausmaß der Erkrankung berichtet wird. Aus der Sicht des Senats ist es unerheblich, dass der Versicherte und die Klägerin noch die Hoffnung gehabt haben, der Gesundheitszustand des Klägers werde sich wieder zum Besseren wenden. Dies ist menschlich verständlich und nach den Erfahrungen des Senats aus gleichgelagerten Streitsachen typisch für derartige Fallkonstellationen. Nach dem Vortrag der Klägerin war aber bekannt, dass die Möglichkeit besteht, der Versicherte könne binnen weniger Wochen versterben. Der Gesetzgeber hat die Vermutung einer Versorgungsehe aber nicht nur dann angeordnet, wenn bereits in Angesicht des nahenden Todes quasi "auf dem Totenbett" noch eine Ehe geschlossen wird, sondern für alle Todesfälle innerhalb einer Frist von immerhin einem Jahr. Gerade bei Todesfällen, die kurz vor Ablauf der Einjahresfrist eintreten, wird sehr selten bereits zum Zeitpunkt des Eheschlusses der Tod in knapp einem Jahr sicher absehbar gewesen sein. Die Nichtvoraussehbarkeit des Todesfalles innerhalb der 1-Jahres-Frist des § 46 Abs. 2a SGB VI spricht also nur dann gewichtig gegen eine Versorgungsehe, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung keinerlei Anhaltspunkte für die Möglichkeit des vorzeitigen Ablebens des Versicherten bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen wurde (vgl. auch KassKomm, Bd. 1, § 46 SGB VI Rdnr. 46 c). Dies ist der Fall, wenn der Tod durch ein Unfallereignis (vgl. insoweit auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14/4595, S. 44) oder aufgrund einer plötzlich auftretenden, unerwarteten akuten Erkrankung (z.B. Infektion o.ä.) eintritt, nicht jedoch dann, wenn sich - wie hier - bei einem Menschen im Rahmen eines gravierenden Krankheitsgeschehens das dieser Erkrankung innewohnende sehr deutlich erhöhte Todesrisiko plötzlich realisiert. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass in dem hier vorliegenden Fall die Zeitspanne zwischen Heirat und Tod mit rund 2 Wochen extrem kurz ist.
Die von der Klägerin vorgetragenen weiteren (äußeren und inneren) Umstände, die ausschlaggebend für die Hochzeit gewesen sein sollen, können den Senat nicht mit der dafür erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe wenigstens eines Ehegattens insgesamt gesehen zumindest gleichwertig sind.
Ein besonderer, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstand liegt nicht darin, dass die Klägerin und der Versicherte schon seit vielen Jahren ununterbrochen in häuslicher und eheähnlicher Gemeinschaft lebten. Dieser Umstand spricht nach Auffassung des Senats vielmehr eher umgekehrt dafür, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Ehe war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen.
Auch in den geltend gemachten langjährigen Heiratsabsichten des Versicherten kann der Senat keinen besonderen Umstand erkennen, der zu einer Widerlegung der Versorgungsvermutung führen würde. Wie bereits das SG ausgeführt hat, können langjährige Heiratsabsichten nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen (Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 2003, L 2 U 360/01). Von einer konsequenten Verwirklichung von langjährigen Heiratsplänen kann hier nach dem Vortrag der Klägerin nicht die Rede sein. Es wurde kein überzeugender Grund dafür genannt, warum der Versicherte und die Klägerin nicht bereits (lange) vor dem Auftreten der Krebserkrankung geheiratet haben. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass trotz der von der Klägerin geschilderten Umstände (Probleme mit der Tochter, Auftreten von Schwerhörigkeit, Pflegebedürftigkeit insbesondere der Mutter, berufliche Belastung) sich im Zeitraum Sommer 1983 (Zeitpunkt des Kennenlernens) bis Sommer 2007 (Zeitpunkt der Erstdiagnose der Krebserkrankung) kein Termin finden ließ, zu dem eine Hochzeit möglich gewesen wäre. Dies umso mehr, als nach dem Auftreten der schwerwiegenden Erkrankung offensichtlich keiner dieser Faktoren mehr eine Rolle gespielt hat und der ersichtlich angegriffene Gesundheitszustand des Versicherten, der sehr viel deutlicher gegen eine sofortige Hochzeit zu diesem Zeitpunkt gesprochen hätte als etwa Probleme mit der Tochter oder die Pflegebedürftigkeit der Mutter zu einem früheren Zeitpunkt, für den Versicherten und die Klägerin kein Hindernis war, die Ehe einzugehen.
Die geltend gemachte Liebe zwischen den Beteiligten wird vom Senat nicht in Abrede gestellt. Damit ist auch für den Senat nachvollziehbar, dass nach dem Tod des langjährigen Lebenspartners die Klägerin - wie vorgetragen - unter Depressionen leidet. Es ist aber für den Senat nicht verständlich, warum die Beteiligten nicht schon früher aus Liebe geheiratet haben. Dasselbe gilt für das aus religiösen Gründen bestehende Bedürfnis, ein "geschlampertes Verhältnis" zu legitimieren. Die Klägerin hat hierzu angegeben, es sei von Anfang an auch aus religiösen Gründen eine Hochzeit angestrebt worden. Allerdings sprechen sowohl die lange Dauer der ehelosen Beziehung (19 Jahre) als auch die Tatsache, dass die bei religiöser Motivation zu erwartende kirchliche Eheschließung nicht erfolgte und im gesamten Vortrag der Klägerin nicht einmal Erwähnung findet, nicht dafür, dass religiöse Gründe für die erfolgte - rein standesamtliche - Eheschließung von wesentlicher Bedeutung waren.
Auch der vorgetragene Wunsch des Versicherten, sich durch die Heirat "Beistand in schweren Zeiten" zu sichern, ist nicht überzeugend. Denn die Klägerin hat selbst eingehend dargelegt, dass sich der Versicherte und die Klägerin in den vergangenen Zeiten der schweren Belastungen (Probleme mit der Tochter, Pflegebedürftigkeit der Mutter, vorherige Krankenhausaufenthalte des Versicherten aufgrund des Morbus Meniere) gegenseitig beigestanden haben, ohne dass hierfür ein Trauschein erforderlich gewesen wäre. Damit steht für den Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass diese Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder ihm zumindest gleichwertig sind.
Nach alledem konnte die Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 46 Abs. 2a SGB VI hat der Senat nicht. Insoweit schließt sich der Senat den ausführlichen und überzeugenden Erwägungen des BSG in seinem Urteil vom 5. Mai 2009, Az. B 13 R 53/08 R, an. Der Senat teilt auch nicht die Einschätzung der Klägerin, die Gewährung einer Witwenrente bei unter einjähriger Dauer komme praktisch überhaupt nicht in Betracht, wenn der Vortrag der Klägerin für eine Rentengewährung nicht ausreiche, die Beweishürde sei damit im Grunde genommen unüberwindbar. Zutreffend ist nach Ansicht des Senats vielmehr die umgekehrte Sicht: würde der Vortrag der Klägerin für eine Rentengewährung ausreichen, wäre praktisch immer eine Witwenrente zu gewähren und § 46 Abs. 2a SGB VI würde nahezu ohne Anwendungsbereich bleiben. Letzteres ist vom Gesetzgeber aber - wie sich bereits aus der im Sozialrecht eher ungewöhnlichen Umkehr der Beweislast ableiten lässt - sicher nicht gewollt. Fälle, in denen die gesetzliche Vermutung nicht zur Anwendung kommt, sind - wie ein Blick auf die oben zitierte Gesetzesbegründung zeigt - hinreichend möglich.
Zu einer Einvernahme des angebotenen Zeugen bestand kein Anlass. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die von der Klägerin insoweit unter Beweis gestellten Umstände zutreffend sind.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin auch in zweiter Instanz erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Witwenrente.
Die im September 1962 geborene Klägerin schloss am 16. Oktober 2007 die Ehe mit dem im Juni 1948 geborenen Versicherten. Der Versicherte verstarb am 1. November 2007.
Mit Antrag vom 28. Februar 2008 begehrte die Klägerin Witwenrente nach dem verstorbenen Versicherten. In dem Antrag wies die Klägerin darauf hin, sie habe seit Januar 1988 in einer gemeinsamen Wohnung mit dem Versicherten gelebt. Von Januar 1988 bis 1993 habe sie gemeinsam mit dem Versicherten die Stieftochter erzogen. Der Versicherte sei nach einer Tumor-Operation auf eine Rehabilitationsmaßnahme geschickt worden. Die behandelnden Ärzte seien nicht von einer begrenzten Lebensprognose ausgegangen. Der Versicherte sei an einer Lungenembolie gestorben. Diesen überraschenden Tod habe sie noch nicht überwunden. Sie sei im Januar 1988 aus dem R. zum Versicherten gezogen, weil sie heiraten wollten. Er habe nach dem Tod seiner Frau eine achtjährige Tochter allein erzogen. Sie habe die Erziehung der Tochter mit übernommen. Daneben sei sie berufstätig gewesen. Die Tochter sei sehr eifersüchtig gewesen. Aus Rücksicht auf sie sei die Hochzeit zunächst verschoben worden. In der Pubertät habe die Tochter einen Selbstmordversuch unternommen. Dies habe der Versicherte nicht überwinden können, weshalb die Hochzeit weiter verschoben worden sei. Sie sei selber längere Zeit krank gewesen, dann sei ihre Schwägerin erkrankt, ihrer Schwiegermutter hätten beide Beine abgenommen werden müssen. Im Jahr 2003 sei der Versicherte aufgrund eines Morbus Meniere gestürzt. Seitdem sei er sehr kränklich gewesen. Auch seien die Schwiegereltern, die Schwester und die Mutter verstorben. An Hochzeit sei gefühls- und zeitmäßig nicht zu denken gewesen. Mitte 2007 sei der Versicherte operiert worden. Es habe ihn sehr bedrückt, wenn sie ständig als Freundin, Partnerin oder Lebensgefährtin angeredet worden sei. Bei seinem Krankenhausaufenthalt im Oktober habe der Versicherte sie gebeten, alles für die Hochzeit vorzubereiten. Er habe neue Hoffnung geschöpft gehabt und habe ihr das Gefühl geben wollen, als seine rechtmäßige Ehefrau anerkannt zu sein. Die Ärzte und eine zugesagte Wiedereingliederungsmaßnahme seines Arbeitgebers hätten die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft verstärkt. Der überraschende Tod ihres Ehemannes habe sie in eine tiefe Depression geworfen. Sie hätten sich immer als Ehepaar gesehen und auch so gelebt. Eine frühere Heirat sei an den geschilderten Umständen gescheitert.
Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte der Klinik St. I. über einen stationären Aufenthalt des Versicherten vom 25. bis 27. Oktober 2007 nebst einem Befundbericht des einweisenden Arztes vom E., A-Stadt, eine Leistungsübersicht der Techniker Krankenkasse für den Versicherten und einen Befundbericht des Klinikums D., A-Stadt vom 12. November 2007 bei. Der medizinische Dienst der Beklagten führte dazu aus, dass zum Zeitpunkt der Hochzeit beim Versicherten bereits eine Palliativsituation bei fortgeschrittenem malignen Tumorleiden bestanden habe. Es sei absehbar gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 21. August 2008 den Rentenantrag ab. Die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert. Die dargelegten Gründe seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung, dass eine Versorgungsehe vorliege, zu widerlegen.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs wurde vorgetragen, die Klägerin und der Versicherte seien zum Zeitpunkt der Eheschließung davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine tödlich verlaufende Erkrankung handeln würde. Die genehmigte Reha-Maßnahme habe Auftrieb gegeben. Man habe sich eine Stärkung des Gesundheitszustandes des Versicherten davon versprochen. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 31. Oktober 2007 sei vermerkt, dass für die endgültige Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten bleibe. Nach Abschluss der laufenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sei ggf. eine erneute Beurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlich. Nach Abschluss der Anschlussheilbehandlung sollte eine weitere Vorstellung des Versicherten erfolgen, um zu entscheiden, ob und wann eine Chemotherapie durchgeführt werde. Der Optimismus des Versicherten sei erst nach Abbruch der Reha-Maßnahme verschwunden. Die Eheschließung sei aus moralischen Gründen erfolgt. Das langjährige Verhältnis sollte endlich legalisiert werden, nachdem zuvor eine Eheschließung insbesondere wegen des schwierigen Verhältnisses zur Tochter des Verstorbenen verschoben worden sei. Auch wollte der Versicherte, dass die Klägerin bei stationären Aufenthalten als seine Ehefrau und nicht nur als seine Lebensgefährtin anerkannt sei. Er habe gehofft, die Klägerin in die Pflicht nehmen zu können, ein Auge auf seine inzwischen erwachsene Tochter zu werfen. Die Eheschließung habe schließlich der ev. notwendigen Betreuung des Versicherten gedient. Aufgrund eines jahrzehntelangen Zusammenlebens sei beim Versicherten ein Grundvertrauen für eine zuverlässige Betreuung durch die Klägerin vorhanden gewesen. Versorgungsrechtliche Gesichtspunkte hätten nicht im Vordergrund gestanden. Die Klägerin habe ganztags gearbeitet und sich eine eigene Versorgung aufgebaut.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2009 zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt der Heirat habe bereits eine Palliativsituation bei fortgeschrittenem malignen Tumorleiden bestanden. Es sei absehbar gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde. Besondere Umstände, die eine Versorgungsehe widerlegen könnten, lägen damit nicht vor.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und vorgetragen, bei der Ehe der Klägerin handele es sich nicht um eine Scheinehe und auch nicht um eine solche, die entgegen der eigentlichen Lebensplanung nur oder zumindest überwiegend geschlossen worden sei, um die individuelle Versorgung der Klägerin zu Lasten der Solidargemeinschaft zu erreichen, sondern nur um den Vollzug dessen, was in der Beziehung der beiden Eheleute von Anfang an angestrebt worden sei. Der Versicherte sei seit 1980 verwitwet gewesen. Seine erste Ehefrau sei 1980 nicht lange nach der Geburt der gemeinsamen Tochter (1979) nach schwerer Krankheit verstorben.
Die damals in G. (E.) wohnhafte Klägerin habe im Sommer 1983 auf eine - von Freunden des Versicherten aufgegebene - Annonce des Versicherten in einer Erzieherinnenzeitschrift geantwortet. Es sei zunächst ein reger Brief-, dann Telefonkontakt entstanden. Pfingsten 1986 habe man sich persönlich kennengelernt. Die äußeren Gegensätze (Altersunterschied von 14 Jahren, Mentalitätsverschiedenheiten zwischen E. und A-Stadt, um 10 cm größere Größe der Klägerin) hätten der aufkeimenden Liebe nichts anhaben können. Im Spätsommer 1986 habe der erste gemeinsame Urlaub zusammen mit der Tochter des Versicherten stattgefunden. Hier hätten auch erste Planungen für eine gemeinsame Zukunft begonnen. Nachdem die Klägerin eine Anstellung im Spastikerzentrum A-Stadt gefunden habe, sei sie zum Jahreswechsel 1987/1988 nach A-Stadt in die Wohnung des Versicherten gezogen. Weil sowohl die Klägerin als auch ihr verstorbener Mann der katholischen Kirche angehören und weil die erste heilige Kommunion der Tochter anstand, sei von Anfang an klar gewesen, dass man - sofern man zusammenbliebe - auch heiraten würde. An der Kommunionfeier im Jahr 1988 hätten bereits die Eltern der Klägerin teilgenommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe das Thema "Heirat" auf der Tagesordnung gestanden, weil "geschlamperte" Verhältnisse unter Katholiken bestenfalls für eine überschaubare Zeit nach dem Kennenlernen geduldet worden seien. Als Zeuge hierfür wurde Hr. A. senior genannt.
Der Versicherte habe 1978 auch seine früh verstorbene erste Frau standesamtlich und kirchlich geheiratet.
Zu der geplanten Hochzeit mit der Klägerin sei es über einen sehr langen Zeitraum jedoch nicht gekommen. Der Versicherte habe die Heirat zunächst hinausgezögert, denn die Hochzeit mit der ersten Frau und die einschneidende Erfahrung, dass seine erste Frau bereits 2 Jahre nach der Vermählung und kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter einer schweren Krankheit erlegen sei, habe den jungen Witwer geprägt und eine etwas irrationale Angst vor einer erneuten Heirat hervorgerufen. Auch sei er aufgrund des hohen Altersunterschiedes und der Mentalitätsverschiedenheit zu Beginn der Beziehung vermutlich nicht hundertprozentig davon überzeugt gewesen, dass die neue Beziehung dem Alltag standhalten würde.
Der Alltag in der wilden Ehe sei schwierig gewesen. Die Eltern der verstorbenen ersten Frau hätten der Klägerin die verwaiste Mutterrolle nicht zugestanden. In den Jahren 1989 bis 1994 habe sich ein relativ normales Familienleben entwickelt. Der Versicherte und seine Tochter seien in der Familie der Klägerin aufgenommen worden. Alle Weihnachtsfeste und viele Osterferien hätten sie in der Nähe von G. verbracht. Hier sei auch immer wieder darüber diskutiert worden, wann die Hochzeit stattfinden werde und ob auch alle Verwandten aus der E. nach A-Stadt eingeladen würden oder ob nach der standesamtlichen Hochzeit in A-Stadt die kirchliche Hochzeit in der E. stattfinden sollte (Zeuge: A. senior)
Im Jahr 1995 habe die Pubertät der Tochter die Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Bei Auseinandersetzungen seien Formulierungen gefallen wie "Du bist ja gar nicht meine Mutter", "Du hast mir gar nichts zu sagen". habe nach einem gescheiterten Selbstmordversuch (Einnahme giftiger Substanzen) die elterliche Wohnung verlassen. Sie sei dann in der Jugendpsychiatrie der H.-Klinik am S. behandelt worden, später in eine betreute Wohngruppe in V. gezogen. Dort habe sie dann auch die Realschule besucht.
Der Versicherte habe sich in einer für ihn äußerst schwierigen Situation letztendlich für seine neue Lebensgefährtin und damit in gewisser Weise gegen die eigene Tochter entschieden. Das von gegenseitiger Eifersucht auf den Vater bzw. Partner überschattete Verhältnis der Tochter zur Klägerin habe zur Folge gehabt, dass Heirat bis auf weiteres kein Thema mehr gewesen sei. Die Klägerin und der Versicherte hätten an Therapiestunden teilgenommen, in denen versucht worden sei, das zerrüttete Verhältnis zwischen Vater und Tochter wieder zu normalisieren.
Nach dem Auszug der Tochter aus der elterlichen Wohnung und in den Jahren danach habe der Versicherte seine Tochter nicht vor den Kopf stoßen wollen und vorerst auf die Durchführung der geplanten und immer wieder verschobenen Hochzeit verzichtet. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Tochter an einer Hochzeit auch nicht teilgenommen. Nachdem die Tochter erwachsener geworden sei, hätte der Hochzeit im Grunde genommen nichts mehr im Wege gestanden.
Nunmehr seien jedoch zunächst die Schwester, dann die Schwiegereltern aus erster Ehe und zuletzt die Mutter des Verstorbenen schwer erkrankt. Während Schwester und Schwiegereltern relativ schnell verstorben seien, sei der Mutter des Verstorbenen zunächst ein Bein amputiert worden. Sie habe in eine Wohngruppe des Vereins für selbstbestimmtes Leben in A-Stadt ziehen müssen. Die Klägerin und der Versicherte hätten sich während dieser schweren Zeit bis zum Tod der Mutter im August 2003 um sie gekümmert. Das letzte halbe Jahr habe die Mutter des Verstorbenen im Krankenhaus verbracht. Diese Zeit hätte sicherlich zur Heirat genutzt werden können, denn der Verstorbene wollte sich wegen früherer Zerwürfnisse nicht um seine Mutter kümmern. Nicht zuletzt das gute Zureden der Klägerin habe bewirkt, dass der Verstorbene zunächst im Jahr 1999 als letztes großes Fest den 80. Geburtstag der Mutter ausgerichtet habe und in der Folge deren intensive Betreuung übernommen habe. Sie hätten alle Behördengänge erledigt und die Schwiegermutter sehr häufig besucht. Es sei eine Zeit der Verluste und der schweren körperlichen und psychischen Belastungen gewesen. An etwas Schönes, wie die immer noch ausstehende Hochzeit, sei zu diesem Zeitpunkt bei dieser Belastung nicht zu denken gewesen.
Auch beruflich habe der Druck auf den Verstorbenen zugenommen, der als Techniker die Krise des S. hautnah miterlebt habe. Er habe während eines Vortrags als Betriebsratsvorsitzender am 19. Juni 2002 in T. einen schweren Zusammenbruch erlitten, sei eine Woche im Kreiskrankenhaus T. behandelt worden, dann im Klinikum G ... Es sei ein Morbus Meniere diagnostiziert worden. In der Folgezeit habe er unter zunehmender Schwerhörigkeit und wiederkehrenden Schwindelattacken gelitten. Er habe diese Einschränkungen klaglos ertragen und sei vollständig in den Beruf zurückgekehrt. Dies habe ihm aber noch höhere psychische und physische Anstrengungen abverlangt. Energie für den privaten Bereich habe er nicht mehr gehabt. So habe er es nicht mehr geschafft, die eigene Wohnung zu renovieren, während er dies früher als Handwerker immer vorbildlich selbst erledigt habe. Als Beweis hierfür wurden ein Kurzbrief des Kreiskrankenhauses T. und Unterlagen der Unfallversicherung der Firma S. vorgelegt.
Die Heiratsabsichten seien über Jahre wegen der Erfahrungen mit der ersten Ehefrau, dann wegen der Probleme mit der pubertierenden Tochter und schließlich wegen der Sorge und Pflege der Mutter des Verstorbenen im August 2003 immer wieder verschoben worden. Im September 2003 habe der Versicherte jedoch Vorbereitungen eingeleitet, um die Klägerin zu heiraten. Der Vater der Klägerin habe am 8. September 2003 die notwendigen Unterlagen auf dem Standesamt in G. besorgt. Zum Beweis wurde eine Abstammungsurkunde, ausgestellt am 8. September 2003, vorgelegt sowie erneut die Einvernahme des Zeugen A. senoir angeregt. Am 5. November 2003 habe der Versicherte jedoch bei einem Fahrradunfall Gesichtsverletzungen erlitten, die auch beim jährlichen Weihnachtsbesuch in der E. noch nicht verheilt gewesen seien. Am 13. Mai 2004 habe der Versicherte einen Hörsturz erlitten. In der Folge habe die Schwerhörigkeit von Monat zu Monat in erheblichen Umfang zugenommen. Im Januar 2005 sei erneut Morbus Meniere diagnostiziert bzw. die frühere Diagnose bestätigt worden. An eine Heirat in großem Rahmen und mit einem fröhlichen Fest sei nicht mehr zu denken gewesen. Dies habe nicht zu einer Aufgabe des Wunsches geführt, die Beziehung zu legitimieren, sondern lediglich dazu, die Hochzeit in einem anderen, kleineren, aber dennoch festlichen Rahmen zu feiern.
Am 3. Mai 2005 habe sich der Versicherte auf der Internetseite der Stadt A-Stadt erneut nach den Modalitäten für eine Heirat erkundigt. Zum Beweis hierfür wurde ein Ausdruck der maßgeblichen Internetseiten mit Datum 3. Mai 2005, die in den Unterlagen des Versicherten gefunden worden seien, beigefügt. Die beiden Heiratswilligen hätten auf eine Besserung insbesondere der leider immer weiter fortschreitenden Schwerhörigkeit gehofft, um eine Hochzeit in dem gewünschten Rahmen feiern zu können.
Zu einer Eheschließung sei es wiederum nicht gekommen, da der Versicherte nach seinem schweren Zusammenbruch und der Wiedereingliederung mehr als 10 Stunden täglich arbeiten musste, um sein Arbeitspensum bei der Firma S. zu schaffen. Aufgrund seiner Krankheit habe er das frühere Tempo nicht mehr aufrechterhalten können. Die Klägerin habe oft stundenlang auf ihn warten müssen, denn er sei allein aufgrund seiner fortschreitenden Schwerhörigkeit mit seiner Arbeit oft stark überfordert gewesen.
Die Eheleute hätten also bereits in den Jahren 2003 und 2005 Anläufe zur Vermählung unternommen.
Im Sommer 2007 sei dann beim Kläger Magenkrebs diagnostiziert und der Magen entfernt worden. Sicherlich sei eine solche Krankheit genauso unheilbar wie Diabetes. Dennoch bedeute eine solche Diagnose keinesfalls einen tödlichen Verlauf. Der Onkel der Klägerin habe mit der gleichen Diagnose und ohne Magen noch über ein Jahrzehnt gelebt und sei dann an einem anderen Leiden verstorben. Auch der Versicherte und die Klägerin hätten deshalb keine tödlichen Krankheitsverlauf erwartet. Sie hätten vielmehr eine Besserung und Erholung, die sich zwischenzeitlich auch eingestellt habe, als wahrscheinlich erachtet. Sie hätten zu keiner Zeit die ärztliche Auskunft erhalten, dass es sich um eine unweigerlich zum Tode führende Krebserkrankung handeln würde. Der Versicherte habe auch eine weiterhin optimistische Lebenseinstellung gehabt. Nach der Entfernung der Drainage sei der Versicherte vor der Hochzeit und vor Antritt der anschließenden Reha-Maßnahme guter Dinge gewesen, die schwere Krankheit auf Dauer besiegen zu können und wieder zu Kräften zu kommen. Das Leistungsbild, dass sich aus dem Entlassungsbericht der Klinik St. I. ergebe, sei weder dem Versicherten noch der Klägerin mitgeteilt worden. Der Versicherte und die Klägerin seien über den objektiven Gesundheitszustand des Verstorbenen im Unklaren gelassen worden. Darüber hinaus sei nach dem Bericht für die endgültige Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten und nach Abschluss der damals laufenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ggf. eine erneute Beurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlich gewesen.
Der Versicherte und die Klägerin hätten nicht aus einem Versorgungswunsch heraus geheiratet. Die Klägerin habe trotz der schweren physischen und psychischen Belastung kaum Urlaub genommen, sondern sich diesen für die Zeit der Genesung nach erfolgreicher Reha-Maßnahme aufgespart. Dem Verstorbenen sei während des längeren Krankenhausaufenthalts verdeutlicht worden, wie groß der Unterschied sei, wenn man von seiner Ehefrau spreche im Gegensatz dazu, wenn man von der Lebensgefährtin spreche. Der Versicherte und die Klägerin hätten ihre weit über 20 Jahre bestehende Beziehung aus tiefster Überzeugung legalisieren wollen.
Der Versicherte sei am Tag der Hochzeit in der Lage gewesen, sich selbstständig anzuziehen. Die Hochzeit habe normal im Standesamt A-Stadt stattgefunden. Der Versicherte habe während der gesamten Trauungszeremonie keine Anzeichen von Schwäche gezeigt. Dies könne der zuständige Standesbeamte bezeugen. Unmittelbar im Anschluss sei der Versicherte zu einer Reha-Maßnahme aufgebrochen. Er seien sich darüber im klaren gewesen, dass er nicht gesund und im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen sei. Die Heilung der wochenlang offenen Wunde habe ihm jedoch große Hoffnung gemacht, wieder zu Kräften zu gelangen und nach einem eventuell längeren Heilungsprozess wieder relativ normal leben zu können. Der negative Verlauf der Erkrankung sei für die Klägerin nicht zu erwarten oder vorherzusehen gewesen. Die gemeinsame Leidenszeit hätte ihre Liebe noch gestärkt und es seien Pläne für die Zeit nach der Genesung geschmiedet worden.
Auch dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin das heute erwachsene Kind des Versicherten gepflegt und erzogen habe. Der Tod sei trotz der bestehenden Krebserkrankung für die Eheleute plötzlich und unerwartet nach einer Lungenembolie eingetreten.
Die Klägerin habe aufgrund ihrer geschlossenen Erwerbsbiografie auch eigene Rentenansprüche erworben, die sich nach einer Auskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers auf 1.362,65 Euro belaufen werden. Rentenlücken seien nicht vorhanden. Auch seien Rücklagen und Ersparnisse geschaffen worden. Auch deshalb lägen keine überwiegenden Versorgungsgründe vor. Die Klägerin habe neben ihrer Vollzeittätigkeit die Erziehung der Tochter des Verstorbenen übernommen und ihre persönlichen Interessen der Schaffung eines sozialen Umfelds für die Familie sowie der Erziehung der Tochter des Verstorbenen untergeordnet.
Es hätten also eine Vielzahl von Gründen für eine Hochzeit vorgelegen (Wunsch nach Legitimation und gesellschaftlicher Anerkennung, Beistand in schweren Zeiten, latente Heiratsabsichten zweier Katholiken über 20 Jahre, Versuch, neuen Lebensmut im Kampf gegen den Krebs zu geben). Diese seien viel entscheidender als Versorgungsaspekte gewesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2010 abgewiesen. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Klägerin und der Versicherte sich der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bewusst gewesen seien, als sie die Eheschließung in die Wege geleitet hätten. Der Versicherte sei über die Bösartigkeit seiner Erkrankung aufgeklärt worden und die Klägerin hätte über die Tumorerkrankung Bescheid gewusst. Das Vorliegen einer langjährigen Lebenspartnerschaft spreche nicht gegen das Vorliegen einer Versorgungsehe. Es liege auch keine konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht vor. Die Heiratsabsichten seien erst konkret geworden, nachdem beim Versicherten die schon fortgeschrittene Magenkrebserkrankung festgestellt worden sei. Auch eine Eheschließung aus moralischen Gründen könne angesichts eines über 18 Jahre währenden nichtehelichen Zusammenlebens nicht überzeugen. Die eigene ausreichende Versorgung spreche ebenfalls nicht gegen eine Versorgungsehe.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, die Ehe sei aus tiefer Zuneigung zueinander geschlossen worden. Der einzige Grund für diese Ehe sei die Liebe zweier Menschen gewesen, die zusammengelebt, zusammen das Kind des Versicherten aus erster Ehe großgezogen, die Mutter des Versicherten über Jahre gepflegt und die sich bei Krankheiten und Problemen immer gestützt hätten. In einer äußerst schweren Zeit hätten der Versicherte und die Klägerin eine öffentliche Bekräftigung der Ernsthaftigkeit ihrer Partnerschaft abgegeben. Das Eheversprechen sollte zeigen, wir stehen uns auch in schweren Zeiten bei und seitens der Klägerin, ich mache dir Mut, dass du die nächsten Jahre möglicherweise auch trotz der gesundheitlichen Beschränkungen mit mir rechnen kannst und wir diese schwierige Lebenssituation gemeinsam als Ehepaar durchstehen. Für die Klägerin sei der Tod ihres Ehemanns völlig überraschend und viel zu schnell eingetreten. Sie habe die Information erhalten, aufgrund der fragilen gegenwärtigen Situation könne er sowohl in den nächsten Wochen sterben, wenn er die Krise überwinde, könnten es aber auch noch mehrere Jahre werden. Die Heilung der wochenlang offenen Wunde vor der Hochzeit habe der Klägerin weitere Hoffnung gemacht. Der Versicherte sei nach der Wundheilung geradezu euphorisch gewesen, zumal nunmehr eine Reha-Maßnahme angestanden habe. Die Klägerin habe ihm mit der Einwilligung in die Heirat einen stark vorhandenen Wunsch erfüllt und habe geglaubt, dass dadurch der Wille gestärkt und die Gesundungschancen steigen würden. Ob es sich bei der Situation des Verstorbenen objektiv um eine Palliativsituation gehandelt habe oder nicht, sei unerheblich. Die Chance auf mehrere weitere Jahre habe die Klägerin mit einer Heilungsmöglichkeit gleichgesetzt. Von dieser sei man irrtümlicherweise weiterhin ausgegangen.
Nach dem Tod des Versicherten sei die Klägerin in eine sehr schwere Depression gefallen. Sie befinde sich bis zum heutigen Tag in ärztlicher Behandlung und sei mehrere Monate lang arbeitsunfähig gewesen. Nach langwieriger Wiedereingliederung gehe sie heute ihrem Beruf wieder nach.
Diese einschneidende Gefühlsreaktion sein weiteres starkes Indiz dafür, dass es geradezu unmöglich sei, dass die Klägerin ihren Ehemann lediglich oder überwiegend aus finanziellen Gründen geheiratet habe. Art. 6 Abs. 1 GG stelle die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und zwar unabhängig von ihrer Dauer. Die Beweislastumkehr erscheine verfassungsrechtlich bedenklich. Die pauschale Missbrauchsunterstellung müsse zumindest im Fall langjähriger nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen Hausstand eine Modifikation im Sinne einer Beweiserleichterung vorsehen. Wenn der Vortrag der Klägerin für eine Rentengewährung nicht ausreiche, müsse die Beweishürde als im Grunde genommen unüberwindbar bezeichnet werden.
Der Senat hat Befundberichte der den Versicherten behandelnden Internisten Dr. G. und Dr. M. sowie des Klinikums D. A-Stadt- beigezogen und gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch- gastroenterologischen Gutachtens nach Aktenlage von Dr. D. vom 7. Mai 2012. Danach hat der Versicherte zum Zeitpunkt der Hochzeit am 16. Oktober 2007 an folgende Gesundheitsstörungen gelitten:
1. Siegelringzellkarzinom des Magens, diffuser Typ, pT3, L1, pN3 (48-51), V1, M1, R1 (Lymphangiosis am Ösophagus-Anastomosenring) mit Zustand nach erweiterter Gastrektomie, Omentektomie, Splenektomie und Lymphadenektomie im Sinne einer Billroth II.-Situation nach Y-Roux; Zustand nach offener Cholezystektomie am 12. September 2007 und Revision am 13. September 2007, Zustand nach Abszessformation subhepatisch links
2. Arterielle Hypertonie
3. Morbus Menière mit Zustand nach Hörsturz links
4. LWS-Syndrom leichtgradiger Ausprägung
5. Sklerosierungen der hirnzuführenden Arterien.
Es habe eine hohe Wahrscheinlichkeit (ca. 75-90 %) bestanden, dass die vorliegende Magenkrebserkrankung innerhalb eines Jahres nach der Hochzeit zum Tode des Versicherten führen würde. Die Klägerin und der Versicherte seien über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen. Inwieweit von den behandelnden Ärzten genaue Angaben über den mutmaßlichen zeitlichen Verlauf der Erkrankung gemacht wurden, könne im Nachhinein nicht beantwortet werden. Es sei jedoch sehr unwahrscheinlich, dass den beiden mitgeteilt worden sei, dass die Erkrankung hoch wahrscheinlich innerhalb eines Jahres zum Tode führen werde. Solche Aussagen seien aus ärztlicher Sicht nicht angebracht, außer ein Patient bestehe explizit auf einer entsprechenden Auskunft. Auch in hochpalliativen Situationen seien solche Aussagen nicht gutzuheißen und angebracht. Es sei nicht ableitbar, dass es für die beiden Personen erkennbar gewesen sei, dass die Erkrankung binnen eines Jahres zum Tode des Versicherten führen würde. Es sei mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte zum Zeitpunkt der Hochzeit die Hoffnung und auch das Ziel hatten, noch ein Jahr und mehr zusammenzuleben.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, es habe seit Diagnosestellung und erst recht zum Zeitpunkt der Eheschließung ein bis zum Tode führendes Krebsleiden bestanden. Alle Abwägungen, ob dies zur Eheschließung führte oder nicht, seien spekulativer Art. Es könne wissenschaftlich nur die Feststellung gehen, dass ein entsprechendes Leiden vorgelegen habe.
Die Klägerin hat entgegnet, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei widerlegt. Der Vortrag, die Klägerin sei davon ausgegangen, der Versicherte könne, wenn er die Krise überwinde, auch noch mehrere Jahre leben, werde durch das Gutachten bestätigt. Im Gutachten sei vermerkt, es sei glaubhaft bzw. zu vermuten, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin zumindest bis zum Antritt der stationären Reha-Maßnahme die Hoffnung gehabt hätten, dass der Versicherte noch ein Jahr oder auch länger überleben könne. Nach langjähriger klinischer Tätigkeit sei festzustellen, dass Menschen mit auch schwersten Erkrankungen oft eine (medizinisch kaum zu begründende) Hoffnung auf Genesung haben und prognostisch negative Aspekte lange Zeit verdrängen. Die Klägerin und der Versicherten hätten daran geglaubt, noch länger zusammen leben zu können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Mai 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
5. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß Witwenrente entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 21. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2009 abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von großer Witwenrente gemäß § 46 Abs. 1, 2 Nr. 2 Sechstes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung der großen Witwenrente steht § 46 Abs. 2a SGB VI entgegen. Danach haben Witwen keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Es liegt bei Hochzeit am 16. Oktober 2007 und Tod des Versicherten am 1. November 2007 nur eine kurze Ehedauer iSd § 46 Abs. 2a SGB VI vor. Eine Rentengewährung kommt damit nur in Betracht, wenn die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe widerlegt ist. Dies ist nach Auffasssung des Senats nicht der Fall.
§ 46 Abs. 2a SGB VI enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Diese gesetzliche Vermutung ist allerdings widerlegbar. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. Kassler Kommentar, Band 1, § 46 SGB VI RdNr. 46b, m. w. N.).
Die gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Besondere Umstände sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst und geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen (BSGE 35, 272). Es sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von einer Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Hierbei hat eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R). Dabei reicht es grundsätzlich aus, wenn für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht keine Rolle spielte, gleich, ob dies der Versicherte oder der überlebende Ehegatte war (Kassler Kommentar, a.a.O., Rdnr. 46c). Die Annahme einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder ihm zumindest gleichwertig sind. Besondere Umstände, die die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen vermögen, können nur solche sein, die eindeutig darauf schließen lassen, dass die Ehe nicht zumindest überwiegend aus Gründen der Versorgung geschlossen wurde. Die Darlegung allgemeiner, bei einer Heirat regelmäßig mitentscheidender Gesichtspunkte wie der Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, und die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen oder die Miete einer entsprechenden Wohnung rechtfertigt nicht die Annahme besonderer Umstände im Sinne des Gesetzes (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.1.1972, L 8 V 202/71 - zu § 38 Abs. 2 BVG -).
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 5. Mai 2009 klargestellt, dass dem Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung eine gewichtige Bedeutung zukommt. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer äußerer Umstand ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt eingetreten ist. Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht erfüllt. Zwar ist bei einer schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit steigt jedoch der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen (BSG, a.a.O).
Der Versicherte war nach den Feststellungen des internistischen Sachverständigen
Dr. D. objektiv in einem Zustand, der nach wissenschaftlich-medizinischer Sicht innerhalb eines Jahres mit 75-90-prozentiger Wahrscheinlichkeit zum Tod führen würde.
Auffällig ist, dass der Versicherte und die Klägerin sehr zügig nach der Erstdiagnose dieser schwerwiegenden Krebserkrankung am 13. Juni 2007 geheiratet haben, während bis dahin keinerlei lebensbedrohliche Erkrankungen des Versicherten bekannt gewesen waren. Die Tatsache, dass die Klägerin und der Versicherte in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu der Erstdiagnose der lebensbedrohlichen Krebserkrankung geheiratet haben, begründet nach der Rechtsprechung des BSG ganz erhebliche Zweifel daran, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist.
Dr. D. hat auch darauf hingewiesen, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin über die Schwere der Erkrankung informiert gewesen waren. Dies ergibt sich etwa aus dem Befundbericht des Krankenhauses A-Stadt vom 17. Juli 2007, in dem von einem ausführlichen Gespräch mit dem Versicherten und der Klägerin über das Ausmaß der Erkrankung berichtet wird. Aus der Sicht des Senats ist es unerheblich, dass der Versicherte und die Klägerin noch die Hoffnung gehabt haben, der Gesundheitszustand des Klägers werde sich wieder zum Besseren wenden. Dies ist menschlich verständlich und nach den Erfahrungen des Senats aus gleichgelagerten Streitsachen typisch für derartige Fallkonstellationen. Nach dem Vortrag der Klägerin war aber bekannt, dass die Möglichkeit besteht, der Versicherte könne binnen weniger Wochen versterben. Der Gesetzgeber hat die Vermutung einer Versorgungsehe aber nicht nur dann angeordnet, wenn bereits in Angesicht des nahenden Todes quasi "auf dem Totenbett" noch eine Ehe geschlossen wird, sondern für alle Todesfälle innerhalb einer Frist von immerhin einem Jahr. Gerade bei Todesfällen, die kurz vor Ablauf der Einjahresfrist eintreten, wird sehr selten bereits zum Zeitpunkt des Eheschlusses der Tod in knapp einem Jahr sicher absehbar gewesen sein. Die Nichtvoraussehbarkeit des Todesfalles innerhalb der 1-Jahres-Frist des § 46 Abs. 2a SGB VI spricht also nur dann gewichtig gegen eine Versorgungsehe, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung keinerlei Anhaltspunkte für die Möglichkeit des vorzeitigen Ablebens des Versicherten bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen wurde (vgl. auch KassKomm, Bd. 1, § 46 SGB VI Rdnr. 46 c). Dies ist der Fall, wenn der Tod durch ein Unfallereignis (vgl. insoweit auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14/4595, S. 44) oder aufgrund einer plötzlich auftretenden, unerwarteten akuten Erkrankung (z.B. Infektion o.ä.) eintritt, nicht jedoch dann, wenn sich - wie hier - bei einem Menschen im Rahmen eines gravierenden Krankheitsgeschehens das dieser Erkrankung innewohnende sehr deutlich erhöhte Todesrisiko plötzlich realisiert. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass in dem hier vorliegenden Fall die Zeitspanne zwischen Heirat und Tod mit rund 2 Wochen extrem kurz ist.
Die von der Klägerin vorgetragenen weiteren (äußeren und inneren) Umstände, die ausschlaggebend für die Hochzeit gewesen sein sollen, können den Senat nicht mit der dafür erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe wenigstens eines Ehegattens insgesamt gesehen zumindest gleichwertig sind.
Ein besonderer, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstand liegt nicht darin, dass die Klägerin und der Versicherte schon seit vielen Jahren ununterbrochen in häuslicher und eheähnlicher Gemeinschaft lebten. Dieser Umstand spricht nach Auffassung des Senats vielmehr eher umgekehrt dafür, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Ehe war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen.
Auch in den geltend gemachten langjährigen Heiratsabsichten des Versicherten kann der Senat keinen besonderen Umstand erkennen, der zu einer Widerlegung der Versorgungsvermutung führen würde. Wie bereits das SG ausgeführt hat, können langjährige Heiratsabsichten nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen (Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 2003, L 2 U 360/01). Von einer konsequenten Verwirklichung von langjährigen Heiratsplänen kann hier nach dem Vortrag der Klägerin nicht die Rede sein. Es wurde kein überzeugender Grund dafür genannt, warum der Versicherte und die Klägerin nicht bereits (lange) vor dem Auftreten der Krebserkrankung geheiratet haben. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass trotz der von der Klägerin geschilderten Umstände (Probleme mit der Tochter, Auftreten von Schwerhörigkeit, Pflegebedürftigkeit insbesondere der Mutter, berufliche Belastung) sich im Zeitraum Sommer 1983 (Zeitpunkt des Kennenlernens) bis Sommer 2007 (Zeitpunkt der Erstdiagnose der Krebserkrankung) kein Termin finden ließ, zu dem eine Hochzeit möglich gewesen wäre. Dies umso mehr, als nach dem Auftreten der schwerwiegenden Erkrankung offensichtlich keiner dieser Faktoren mehr eine Rolle gespielt hat und der ersichtlich angegriffene Gesundheitszustand des Versicherten, der sehr viel deutlicher gegen eine sofortige Hochzeit zu diesem Zeitpunkt gesprochen hätte als etwa Probleme mit der Tochter oder die Pflegebedürftigkeit der Mutter zu einem früheren Zeitpunkt, für den Versicherten und die Klägerin kein Hindernis war, die Ehe einzugehen.
Die geltend gemachte Liebe zwischen den Beteiligten wird vom Senat nicht in Abrede gestellt. Damit ist auch für den Senat nachvollziehbar, dass nach dem Tod des langjährigen Lebenspartners die Klägerin - wie vorgetragen - unter Depressionen leidet. Es ist aber für den Senat nicht verständlich, warum die Beteiligten nicht schon früher aus Liebe geheiratet haben. Dasselbe gilt für das aus religiösen Gründen bestehende Bedürfnis, ein "geschlampertes Verhältnis" zu legitimieren. Die Klägerin hat hierzu angegeben, es sei von Anfang an auch aus religiösen Gründen eine Hochzeit angestrebt worden. Allerdings sprechen sowohl die lange Dauer der ehelosen Beziehung (19 Jahre) als auch die Tatsache, dass die bei religiöser Motivation zu erwartende kirchliche Eheschließung nicht erfolgte und im gesamten Vortrag der Klägerin nicht einmal Erwähnung findet, nicht dafür, dass religiöse Gründe für die erfolgte - rein standesamtliche - Eheschließung von wesentlicher Bedeutung waren.
Auch der vorgetragene Wunsch des Versicherten, sich durch die Heirat "Beistand in schweren Zeiten" zu sichern, ist nicht überzeugend. Denn die Klägerin hat selbst eingehend dargelegt, dass sich der Versicherte und die Klägerin in den vergangenen Zeiten der schweren Belastungen (Probleme mit der Tochter, Pflegebedürftigkeit der Mutter, vorherige Krankenhausaufenthalte des Versicherten aufgrund des Morbus Meniere) gegenseitig beigestanden haben, ohne dass hierfür ein Trauschein erforderlich gewesen wäre. Damit steht für den Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass diese Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder ihm zumindest gleichwertig sind.
Nach alledem konnte die Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 46 Abs. 2a SGB VI hat der Senat nicht. Insoweit schließt sich der Senat den ausführlichen und überzeugenden Erwägungen des BSG in seinem Urteil vom 5. Mai 2009, Az. B 13 R 53/08 R, an. Der Senat teilt auch nicht die Einschätzung der Klägerin, die Gewährung einer Witwenrente bei unter einjähriger Dauer komme praktisch überhaupt nicht in Betracht, wenn der Vortrag der Klägerin für eine Rentengewährung nicht ausreiche, die Beweishürde sei damit im Grunde genommen unüberwindbar. Zutreffend ist nach Ansicht des Senats vielmehr die umgekehrte Sicht: würde der Vortrag der Klägerin für eine Rentengewährung ausreichen, wäre praktisch immer eine Witwenrente zu gewähren und § 46 Abs. 2a SGB VI würde nahezu ohne Anwendungsbereich bleiben. Letzteres ist vom Gesetzgeber aber - wie sich bereits aus der im Sozialrecht eher ungewöhnlichen Umkehr der Beweislast ableiten lässt - sicher nicht gewollt. Fälle, in denen die gesetzliche Vermutung nicht zur Anwendung kommt, sind - wie ein Blick auf die oben zitierte Gesetzesbegründung zeigt - hinreichend möglich.
Zu einer Einvernahme des angebotenen Zeugen bestand kein Anlass. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die von der Klägerin insoweit unter Beweis gestellten Umstände zutreffend sind.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin auch in zweiter Instanz erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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