L 2 U 106/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 496/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 106/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage einer Irritation des unteren Armgelenks rechts als Folge eines Arbeitsunfalls i. S. v. § 8 SGB VII.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 2. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Der Rechtsstreit betrifft die Feststellung weiterer Unfallfolgen und den Anspruch auf Verletztenrente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 09.02.2006 im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuches Siebtes Buch (SGB VII).

Der Kläger, der als hauptamtlicher Rettungssanitäter beim ... angestellt ist, war am 09.02.2006 angeschnallter Beifahrer im Patientenraum eines Rettungswagens, als dieser bei einem Bremsmanöver wegen Vorfahrtsmissachtung eines anderen Verkehrsteilnehmers frontal mit einem entgegenkommenden VW-Bus zusammenstieß. Der Kläger saß im Rückraum des Rettungswagens bei einem auf der Trage liegenden Patienten. Der Kläger saß in einem vorschriftsmäßigen Sitz mit Gurt, Nackenstütze und Armlehnen mit Blickrichtung nach vorne. Bei der Kollision wurde er mit heftiger Wucht mit der rechten Schulter an die Trage des Patienten gestoßen und stürzte auch nach vorne in den Gurt. Im Durchgangsarztbericht bezüglich der Erstversorgung wurde eine Thorax-/Sternumkontusion diagnostiziert. In einem weiteren Durchgangsarztbericht vom 14.02.2006 wird eine Sternumprellung, Rippenprellung sowie Sternoclaviculargelenkssubluxation festgehalten. Es wurde ein deutlicher Druckschmerz im Gurtverlauf über dem Rippen- und Brustbein sowie Schwellung und Druckschmerz über der Clavicula und dem Sternoclaviculargelenk vermerkt. Die Schulterbeweglichkeit sei frei, aber schmerzhaft im Sternoclaviculargelenk rechts. Bei anhaltender Arbeitsunfähigkeit erfolgte am 06.04.2006 eine Kernspintomographie der Sternoclaviculargelenke. Beschrieben wurden dort Unfallfolgen im Bereich Knorpel-Knochenübergang erste Rippe rechts zum Sternum mit angrenzendem Knochenödem, diskrete nicht dislozierte Fraktur, Bone Bruise; es finde sich kein Nachweis einer Luxation im Sternoclaviculargelenk. Der behandelnde Orthopäde Dr. P. berichtete am 21.08.2006 von einer sehr zögerlichen Rückbildung der Beschwerdesymptomatik mit protrahierter Bewegungseinschränkung der rechten Schulter. Bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit erfolgte eine neurologische Untersuchung durch Dr. L. am 20.11.2006. Dieser führte in seinem Bericht vom 21.11.2006 an, dass die anamnestischen Angaben einer intermittierenden Gefühlsstörung am rechten Klein- und Ringfinger sich im Sinne einer sensiblen Irritation des rechtsseitigen unteren Armplexus deuten ließen. Die konservative Therapie sollte fortgesetzt werden. Der Kläger bezog Verletztengeld bis zum 30.11.2006.

In dem am 19.01.2007 erstellten ersten Rentengutachten des Dr. G. wurde eine Subluxation des Sternoclaviculargelenks rechts angeführt. Der Kläger sei seit 01.12.2006 wieder als Rettungssanitäter tätig. Als Beschwerden würden angegeben, dass beim Schwimmen die Rotation des rechten Armes eingeschränkt sei, beim Liegen mit abgewinkeltem Arm am Hinterkopf würden Schmerzen an der rechten Schulter verspürt. Die Untersuchung des Klägers ergab eine freie Beweglichkeit des rechten Schultergelenks, die bis auf eine geringe endgradige Einschränkung beim nach hinten geführten Arm identisch mit der Beweglichkeit des linken Schultergelenks sei. Der Kläger könne lediglich mit der rechten Hand am Rücken nicht so weit zwischen die Schulterblätter gelangen wie mit der linken Hand, das Defizit betrage circa 15 cm, und die Rückwärtsrotationseinschränkung sei mit circa 5° endgradig. Ein Vergleich der rechten mit der linken Clavicula, jeweils mit und ohne 5 kg Belastung, ergebe eine völlig achsengerechte Stellung der Clavicula beidseits ohne Auffälligkeiten im Sternoklavikulargelenk oder im Schultereckgelenk, bei Belastung ergebe sich kein Hinweis auf Schultereckgelenkslockerung. Im Bereich des Sternoklavikulargelenks rechts zeige sich eine geringgradige Erhebung, die auch deutlich tastbar sei, wobei allerdings kein Druck- oder Bewegungsschmerz auftrete. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit wird bis zum 31.12.2006 auf 10 % und danach auf Dauer unter 10 % eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 22.02.2007 erkannte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls an, lehnte aber die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als unfallbedingter Körperschaden infolge Unfalls wurde die Subluxation des Sternoclavikulargelenks rechts anerkannt, als weitere unfallbedingte Gesundheitsstörungen eine geringe Funktionseinschränkung des Schultergelenks beim rückwärtigen Anheben der linken Hand bzw. des Unterarms und eine narbige Verdickung der Gelenkkapsel des Sternoclavikulargelenks rechts. Die für die Gewährung einer Verletztenrente erforderliche MdE von 20 % werde nicht erreicht.

Mit hiergegen erhobenem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Einsatzfähigkeit des rechten Armes des Klägers ganz erheblich eingeschränkt sei, im Zusammenhang mit Sensibilitätsstörungen und einer wesentlichen Verringerung der Kraft im rechten Arm.

Bei einer weiteren Untersuchung bei Herrn Dr. L. am 23.04.2007 (Bericht vom 7. Mai 2007) wurde eine intermittierende Irritation des unteren Armplexus rechts ohne manifeste Ausfallsymptomatik festgestellt und diese Irritation mit einer costoclaviculären Enge in Verbindung gebracht. Bei bestimmten Haltungen des Armes, insbesondere beim Anheben über den Kopf, komme es zu Kribbeln und Taubheitsgefühl im rechten Arm und in der Hand, er müsse dann den Arm ausschütteln, worunter die Beschwerden besser würden. In anderen Situationen trete ein Taubheitsgefühl der Finger IV und V rechts auf.

Mit ablehnendem Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen einer Funktionsbegutachtung im Hinblick auf die durch die Unfallfolgen verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzuschätzen sei. Die von Dr. L. festgestellte Irritation des unteren Armplexusnervs mit Sensibilitätsstörung sei zwar auf das Unfallereignis zurückzuführen, sie wirkten sich jedoch nicht funktionsbeeinträchtigend und damit nicht MdE-erhöhend aus. Der im angegriffenen Bescheid beschriebene Unfallfolgezustand sei deshalb mit einer MdE von 10 v. H. befundangemessen bewertet.

Mit der hiergegen am 23.08.2007 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er arbeite zwar wieder als Rettungssanitäter, leide aber weiter unter den Unfallfolgen. Es seien sehr umfangreiche Behandlungen in Physio- und Ergotherapie in Anspruch genommen worden, jedoch eine Besserung der unfallbedingt erlittenen Gesundheits- und Körperschäden nur in eingeschränktem Umfang erreicht worden.

In einem am 09.11.2007 eingegangenen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. P. wird ausgeführt, dass sich der Kläger bei dem Verkehrsunfall eine Sternoclaviculargelenksluxation rechts, ein schweres HWS-Schleudertrauma sowie eine Prellung der Lendenwirbelsäule und Brustwirbelsäule zugezogen habe. Der Kläger schildere glaubhaft umfangreiche Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter. Bei der objektiven Untersuchung zeige sich folgender Befund: schmerzhaft multidirektionale Bewegungseinschränkung der rechten Schulter sowie Kraftdefizit im Oberarm rechts, Druckschmerz und stechende Schmerzen im Bereich des Sternums sowie im Bereich der ersten bis dritten Rippe rechts, leichte Atrophie mit Hypertonus des Pectoralis major, Muskulus trapezius und infraspinatus rechts mit schmerzhaften Triggerpunkten. Der Faustschluss sei vollständig möglich, die Kraft der Finger IV und V jedoch deutlich vermindert. Auch fänden sich Sensibilitätsstörungen im Bereich der Finger IV und V rechts. Der Spitzgriff zwischen D I und D V sei nicht vollständig und in D IV abgeschwächt.

Bei der neurologischen Untersuchung habe sich eine intermittierende Irritation des unteren Armplexus rechts im Bereich der costoclaviculären Enge gefunden. Nahezu eineinhalb Jahre nach dem Unfall bestehe immer noch eine erhebliche und schmerzhafte Einschränkung der rechten Schulter sowie eine Kraftminderung des rechten Armes und der rechten Hand, so dass von einer bleibenden Schädigung in diesem Bereich ausgegangen werden könne. Insgesamt sei eine MdE von 20 % gegeben.

Das SG hat den Unfallchirurgen Dr. E. zum Sachverständigen ernannt, der in seinem Gutachten vom 29.01.2008 ausgeführt hat, dass der Kläger als subjektive Beschwerden u.a. eine gestörte Statik des Schultergürtelbereichs mit Schmerzen schildere, der Kopf werde mit unter nach links gezogen. Es fehle der kraftvolle Faustschluss rechts, so dass eine Glühbirne rechts nicht eingeschraubt werden könne. Bezüglich des körperlichen Befundes hat der Gutachter ausgeführt, Nacken- und Schürzengriff seien mit dem rechten Arm zögerlich ausübbar, der Nackengriff inkomplett praktikabel. Bei Schulterblattgleichstand sei die kräftig angelegte Schultergürtelmuskulatur von gutem Grundtonus ohne Zeichen einer muskulären Seitenasymmetrie. Die Beweglichkeit beider Schulterblätter sei gut. Das rechte Schultereckgelenk sowie das Schlüsselbein-Brustbeingelenk seien druckschmerzhaft. Es finde sich eine freie Beweglichkeit beider Ellenbogen und Handgelenke, ein bei der Untersuchung gezeigtes Kraftmuster unter Darlegung eines deutlich abgeschwächten Kraftbildes rechts überzeuge nicht. Bezüglich des Thorax fänden sich keine Zeichen einer knöchernen Thoraxasymmetrie bei normalen Atemexkursionen. Bezüglich der Wirbelsäule seien klinisch relevante Zeichen einer wirbelsäulenbedingten Fehlstatik nicht festzustellen. Der Gutachter ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des rechten Schlüsselbein-Brustbeingelenkes sowie des rechten Schultereckgelenkes mit einer daraus leichtgradigen Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes bestünden. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit lasse sich für die Dauer von zwei Jahren mit 10 v. H. bemessen. Es sei die Einholung eines neurologischen Fachgutachtens nicht erforderlich. Dr. L. habe die intermittierende Irritation des unteren Armplexus rechts mit einer costo-clavikulären Enge begründet, eine solche stehe nicht als Unfallfolge zur Diskussion, sondern sei allenfalls als anlagebedingt zu bezeichnen. Der Gutachter Dr. E. weist darauf hin, dass im Hinblick auf die Behandlungsintensität zu diskutieren sei, ob sich ein Schmerzsyndrom verselbständigt habe. Jedenfalls ließen sich als primäre Unfallfolgen allenfalls eine Subluxation des rechten Schlüsselbein-Brustbein-Gelenkes und unterstellender Weise eine Zerrung des rechten Schultereckgelenkes anführen. Die im Zwischenbericht des Dr. P. vom 21.08.2006 angeführte Luxation des Schlüsselbein-Brustbeingelenkes sei nicht gegeben. Die im Kurzbericht des Dr. P. vom 24.01.2008 genannte Instabilität des Schultereckgelenks und Schlüsselbein-Brustbeingelenks sowie schmerzhafte Blockaden der Brustwirbelsäule seien bei der hiesigen Begutachtung nicht nachvollziehbar gewesen. Das auf Veranlassung von Dr. E. eingeholte Röntgengutachten des Prof. Dr. G. vom 04.02.2008 hat eine unauffällige Stellung und Darstellung der Schultergelenke beidseits ergeben. Weder degenerative Veränderungen, die über die Altersnorm ausgeprägt seien, noch posttraumatische Veränderungen seien darstellbar. In der Aufnahme nach Belastung mit 15 kg zeige sich eine sehr diskrete Aufweitung des acromio-clavikularen Gelenkes links im Vergleich zu rechts, jedoch keine Zeichen einer Acromio-Clavicular-Gelenksarthrose, keine vermehrten Sklerosierungen und keine Dislokation.

In dem auf Antrag des Klägers eingeholten Sachverständigengutachten nach § 109 SGG von Herrn Dr. P. vom 16.02.2009 hat der Sachverständige als vom Kläger angeführte Beschwerden u. a. angegeben, dass ohne Analgetica-Einnahme und regelmäßige Behandlung eine deutliche Einschränkung bezüglich der rechten Schulter bestehe. Die Kraft im rechten Arm sei insgesamt abgeschwächt. Bezüglich des körperlichen Befunds schildert der Gutachter einen Schultergeradestand bei kräftig angelegter Schultergürtelmuskulatur mit gutem Grundtonus ohne wesentliche muskuläre Seitenasymmetrie. Der Schürzen- und Nackengriff sei rechts eingeschränkt. Es befinde sich ein mäßiger Druckschmerz über dem Schultereckgelenk und eine leichte Prominenz des rechten Schlüsselbeinbrustgelenkes mit auch hier deutlicher Druckschmerzhaftigkeit. Es finde sich keine wesentliche Luxation oder Federungsphänomen. Das Schultergelenk sei ansonsten frei beweglich und zeige keine vordere, hintere oder untere Instabilität und keinen Anhalt für die Verletzung der Rotatorenmanschette. Bezüglich der Halswirbelsäule berichte der Kläger bei endgradiger Linksrotation über deutliche Schmerzen im Bereich der vorderen Thoraxapparatur. Der Gutachter Dr. P. nennt als Unfallfolgen die Subluxation des Sternumclaviculargelenks rechts mit resultierender schmerzhafter Bewegungseinschränkung der rechten Schulter sowie Schmerzen im Bereich des rechten Schultereckgelenks. Außerdem bestehe eine Verletzung des unteren Armplexus rechts mit Kraftminderung der rechten Hand sowie motorischen Funktionsstörungen und Sensibilitätsstörungen der Finger IV und V rechts, ein HWS-Schleudertrauma und eine Brustbeinprellung. Es könne eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % für die Dauer von zwei Jahren in Ansatz gebracht werden mit anschließend neuerlicher Nachuntersuchung. Der Kläger sei nach wie vor nicht in der Lage, bestimmte Sportarten zu betreiben, und sei in der Motorik und Kraft des rechten Armes sowie der rechten Hand eingeschränkt. Neben der Subluxation des Schlüsselbein-Brustbeingelenkes habe der Kläger eine Nervenschädigung im Bereich des rechten Armes erlitten, die die Beweglichkeit und die Kraft der rechten Schulter sowie der rechten Hand einschränke und ihn sowohl in seiner Berufsausübung als auch im täglichen Leben beeinträchtige.

Mit ergänzender Stellungnahme vom 26.03.2009 hat Dr. E. darauf verwiesen, dass auch Dr. P. die Beweglichkeit beider Schultergelenke als unauffällig beschrieben und keine Zeichen einer muskulären Seitenasymmetrie bei Schulterblattgleichstand festgestellt habe. Die Beschwerden seien auch von Dr. P. nur als subjektiv gefühlt dargestellt worden. Eine Mitbeteiligung des unteren Armplexus scheide aus, da eine Subluxation oder Luxation des Schulterhauptgelenks zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion gestanden habe.

Auf weiteren Antrag des Klägers hat das SG ein unfallchirurgisches Gutachten von Prof. Dr. R. vom 02.09.2009 eingeholt. Danach sei Unfallfolge eine anhaltende Schmerzsymptomatik bei nachweisbarer posttraumatischer Arthrose des Sternoklavikulargelenks links, welche sich durch die Osteophytenbildung bei der Kernspintomographie vom 07.03.2008 sowie durch eine chronische Reizung im Sinne einer Gelenkkapselverdickung nachweisen lasse. Dies führe sowohl zum Spannungsgefühl als auch zur Behinderung bei der Innen- und Außendrehung und bei der Überkopfarbeit im Bereich der rechten Schulter. Eine Kraftminderung lasse sich im Seitenvergleich nicht feststellen. Die Beweglichkeit der Schultern liege rechts wie links gleichermaßen Arm seitwärts/ körperwärts bei 180/0/40 und Arm rückwärts/vorwärts bei 40/0/180. Für die untere Armplexussymptomatik hat Dr. L. eine MdE von unter 10 % festgestellt. Insgesamt betrage die MdE vom 01.12.2006 bis zwei Jahre nach dem Unfall, das heißt, bis zum 09.02.2008 20 v. H. und für die Zeit ab dem 10.02.2008 auf Dauer 10 v. H.

Mit Schriftsatz vom 21.10.2009 hat der Kläger gegen das Gutachten von Prof. Dr. R. eingewandt, dass dessen Messwerte zur Schulterbeweglichkeit nicht auf einer eigenen Untersuchung beruhten. Er hat hierzu ein Attest seines behandelnden Orthopäden Dr. P. vom 09.10.2009 vorgelegt, in dem dieser bestätigt, dass er die von Prof. R. zur Beweglichkeit des rechten Schultergelenks gemessenen Daten nicht nachvollziehen könne. Es bestünden weitere Bewegungseinschränkungen, insbesondere könne der rechte Arm seitwärts nur bis auf 90°, statt auf 180° gehoben werden, und nach vorne könne der Arm nur auf 100 statt 180° angehoben werden, nach hinten auf 10 statt 40°. Weiter moniert der Kläger, dass das Gutachten von Prof. Dr. R. vom 02.09.2009 in Widerspruch stehe zu seinem eigenen Gutachten vom 31.03.2008, das er für die Kfz-Haftpflicht-Versicherung erstellt habe. Dieses Gutachten hat der Kläger in Kopie vorgelegt. Darin wurde eine dauerhafte MdE von 20 % ab dem 01.12.2006 bescheinigt. Als Unfallfolgen wurden bezeichnet: eine anhaltende intermittierende Irritation des unteren Armplexus, vermutlich im Bereich einer costoclavikulären Enge (im Kernspintomogramm vom 07.03.2008 nicht nachweisbar), ein intermittierendes Taubheitsgefühl in den Fingern vier

und fünf mit Kribbelparaesthesien bei bestimmter Haltung des Armes und eine Verzögerung der cervicalen SEP des Nervus-ulnaris im Sinne der oben genannten Armplexuslä-
sion.

In einer weiteren Stellungnahme des Dr. E. vom 14.10.2009 verweist dieser darauf, dass auch Prof. Dr. R. eine regelrecht ausgebildete Muskulatur im Bereich der oberen Extremitäten und seitengleiche Beweglichkeit der Schulter, Ellenbogen und Handgelenke ohne Kraftminderung zu Ungunsten rechts beschrieben habe. Bezüglich der von Prof. Dr. R. genannten Arthrose des rechten Schlüsselbein-Brustbeingelenkes verweist der Gutachter darauf, dass bei der Kernspintomographie vom 06.04.2006 eine Luxation mit konsekutiver Bandverletzung des Sternoclaviculargelenks ausgeschlossen worden war.

Mit ergänzender Stellungnahme vom 29.12.2009 hat Prof. Dr. R. das Ergebnis seiner Begutachtung vom 09.02.2009 verteidigt. Es sei richtig, dass er im Vorgutachten vom 31.03.2008 noch eine MdE auf Dauer in Höhe von 20 % empfohlen habe. Er schließe sich jedoch den Vorgutachtern an, die bei objektiver Besserung eine MdE von maximal 10 % festgesetzt hätten. Die Messungen durch Dr. P. seien nicht nachvollziehbar.

In dem vom Kläger mit Schreiben vom 11.03.2010 vorgelegten undatierten Schreiben der staatlich anerkannten Ergotherapeutin U. K. wird ausgeführt, dass die Hauptschwierigkeiten des Klägers in der vollständigen Flexion der Finger D V und D IV der rechten Hand sowie in der Beeinträchtigung der Fingerkraft und Koordination bestünden.

In dem gem. § 106 SGG eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Dr. P. vom 03.12.2010 schildert der Gutachter als jetzige aufgeführte Beschwerden des Klägers Kribbeln und Pelzigkeit im Bereich des 4. und 5. Fingers rechts sowie eingeschränkte Feinbeweglichkeit der rechten Hand, weiter Schmerzen im Schulterbereich und Schwierigkeiten beim Durchatmen. Bezüglich des neurologischen Untersuchungsbefunds wird eine Hypästhesie und Hypalgesie im Bereich des 4. und 5. Fingers rechts angegeben, am ehesten dem Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris entsprechend, bei etwas unsicheren und vagen Angaben wird eine nicht eindeutige Zuordnung geschildert. Bei der elektromyographischen und elektroneurographischen Untersuchung hätten sich keine ausreichenden Befunde für eine - unfallunabhängige - Irritation des Nervus ulnaris gefunden. Der Befund sei deshalb mit der bislang angenommenen intermittierenden Irritation des unteren Armplexus rechts ohne manifeste Ausfallsymptomatik vereinbar. Es sei also offensichtlich im Zusammenhang mit Unfallfolgen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet zu passageren Irritationen unterer Anteile des Plexus brachialis rechts gekommen. Funktionell bedeutsame neurologische Ausfälle könnten nicht festgestellt werden. In Übereinstimmung mit den Feststellungen des Dr. L. werde eine Einzel-MdE in Höhe von wenigstens 10 % nicht erreicht. Eine unfallunabhängige Irritation des Nervus ulnaris sei nach einigen Untersuchungsbefunden jedoch nicht definitiv auszuschließen.

Mit ärztlichem Attest vom 22.11.2010 hat der behandelnde Arzt Dr. P. vom 22.11.2010 nochmals umfangreiche Einschränkungen bezüglich der Beweglichkeit des Arms und der rechten Hand beschrieben. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit sei mit 20 % anzusetzen.

In der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2011 hat der Kläger seine Einschränkungen geschildert und darauf verwiesen, dass er vor dem Unfallgeschehen uneingeschränkt Sport, u.a. auch Kraftsport, habe treiben können. Aktuell sei er bereits beim Radfahren eingeschränkt, da die Schulter bei Erschütterungen anschwelle und schmerze. Er könne auch beispielsweise nicht mehr eine Glühbirne über Kopf einschrauben.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Anerkennung folgender Unfallfolgen beantragt:
Subluxation des Sternoklavikulargelenks rechts mit erheblicher Funktionseinschränkung des Schultergelenks,
schmerzhaft multidirektionale Bewegungseinschränkung der rechten Schulter sowie Kraftdefizit im Oberarm rechts
Druckschmerz und stechende Schmerzen im Bereich des Sternums sowie im Bereich der ersten bis dritten Rippe rechts,
leichte Atrophien mit Hypertonus des Pectoralis major, Muskulus trapezius und infraspinatus rechts mit schmerzhaften Triggerpunkten,
Kraftminderung der Finger IV und V mit Sensibilitätsstörungen, Abschwächung des spitzen Griffs zwischen D I und D V nicht vollständig und in D IV abgeschwächt und
intermittierende Irritation des unteren Armplexus rechts.

Der Kläger hat erstinstanzlich weiter beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm ab der 27. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalles vom 09.02.2006 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu bezahlen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.02.2011 (Az. S 9 U 496/07) abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage weniger als 20 %, so dass ein Anspruch auf Verletztenrente gemäß § 56 SGB VII nicht bestehe. Das SG hat sich dabei den Ausführungen der Sachverständigen Dr. E. und Dr. P. angeschlossen. Auf den Unfall sei nur eine leichtgradige Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks zurückzuführen. Auch Dr. P. habe hinsichtlich des rechten Schultergelenks keine vordere, hintere oder untere Instabilität festgestellt. Die von Prof. Dr. R. aufgrund der Kernspintomographie vom 07.03.2008 angenommene Arthrose im Sternoklavikulargelenk rechts habe der Sachverständige Dr. E. mit ergänzender Stellungnahme vom 14.10.2009 zutreffend mit der Überlegung ausschließen können, dass beim Kläger mit MRT vom 06.04.2006 lediglich eine Subluxation und keine Luxation des Sternoklavikulargelenks nachgewiesen worden sei. Außerdem habe Dr. P. ohne Begründung weitere Gesundheitsstörungen, wie ein HWS-Schleudertrauma, als Unfallfolgen einbezogen. Zusätzlich zu den im Bescheid vom 22.02.2007 aufgeführten Unfallfolgen habe die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 auch eine Irritation des unteren Armplexusnervs rechts mit Sensibilitätsstörungen der Finger IV und V rechts als auf das Unfallereignis zurückzuführend bezeichnet, jedoch zutreffend festgestellt, dass daraus keine Funktionsbeeinträchtigung folge, die sich MdE-erhöhend auswirke.

Der Kläger hat gegen das Urteil vom 02.02.2011, das ihm am 07.03.2011 zugestellt worden ist, am 10.03.2011 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.

Der Kläger hat ein Attest seines Orthopäden Dr. P. vom 14.04.2011 vorgelegt, in dem dieser die Einschränkungen in der Funktion der rechten Hand sowie der Finger der rechten Hand auf einen Zustand nach HWS-Schleudertrauma mit C8-Syndrom rechts bei traumatisch bedingtem Bandscheibenprolaps zurückführt.

Auf Antrag des Klägers hat das LSG den Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. D. zum Sachverständigen ernannt, der in seinem Gutachten vom 16.01.2012 die MdE mit 20 % angibt. Als Unfallfolgen seien neben einem Zustand nach Subluxation des Sternoklavikulargelenks rechts mit persistierender schmerzhafter Bewegungseinschränkung auch ein C8-Syndrom rechts bei traumatisch bedingtem Bandscheibenprolaps bei Plexuszerrung rechts seit 2006 mit Reduktion der Kraft im Bereich der rechten Hand des rechten Armes, Einschränkung der Opponierbarkeit sowie reduzierte Sensibilität im Bereich der Digiti 4 und 5 anzuerkennen sowie ein Verdacht auf ein komplexes regionales Schmerzsyndrom im Bereich der rechten Schulter und des Sternoklavikulargelenks mit begleitender reaktiver depressiver Verstimmung. Die Beweglichkeit der Schultergelenke betrage Arm seitwärts/körperwärts rechts 90-0-20 und links 180-0-30, Arm rückwärts vorwärts rechts 20-0-100 und links 45-0-170.

Der Sachverständige Dr. E. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.05.2012 wiederholt, dass die Armseitwärts- und -vorwärtsbewegung des rechten Schultergelenks leichtgradig eingeschränkt sei, eine Atrophie im Bereich der Muskulatur und im Bereich des rechten Ober- und Unterarmes sei jedoch ausgeschlossen als Ausdruck einer durchaus als normal zu bezeichnenden Gebrauchsfähigkeit. Maßgeblich sei im Bereich der Unfallbegutachtung eine Funktionsbegutachtung, in welche auch glaubwürdige Schmerzsymptome einfließen können. Angesichts des Unfallmechanismus verlasse Dr. D. den Boden der traumatologischen Realität, wenn er nunmehr erstmals differenzialdiagnostisch auch einen traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall C8 in die Überlegungen einfließen lässt, da der von ihm angesprochene Bandscheibenvorfall anlässlich der klinischen Bestandsaufnahme vom 09.02.2006 überzeugende klinische Spuren hinterlassen hätte; solche seien aber ausschließbar. Die von Dr. D. genannte Verdachtsdiagnose eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms im Bereich der rechten Schulter und des Schlüsselbein-Brustbein-Gelenks sei eine Verdachtsdiagnose, die nicht in die MdE-spezifischen Überlegungen einfließen könne. Das Gleiche gelte hinsichtlich des von ihm genannten C8-Syndroms, einer Reduktion der Kraft im Bereich der rechten Hand, des rechten Armes, einer eingeschränkten Opponierbarkeit, einer reduzierten Sensibilität im Bereich des vierten und fünften Fingers, welche neurologisch-psychiatrisch in keinem Unfallzusammenhang gesehen werde.

Das LSG hat den Orthopäden Dr. C. zum Sachverständigen ernannt, der in seinem Gutachten vom 09.02.2013 bei der Bewegungsprüfung der Schultern eine freie Beweglichkeit der Scapulae feststellte mit unauffälligem scapula-thorakalen Rhythmus ohne Hinweis für eine Scapula alata oder Bewegungshemmung der Schulterblätter. Die Schultergelenks-Silhouette sei in der Aufsicht von vorn symmetrisch ohne auffällige Prominenz, weder des Schultereck- noch des Sternoklavikulargelenks. Deltamuskel und Rotatorenmanschettenmuskulatur seien normal entwickelt. Die Bewegung über den Kopf sei rechts aktiv um circa 20° gegenüber links eingeschränkt, die passive Beweglichkeit es sei jedoch frei mit endgradiger Schmerzangabe. Beim passiven Durchbewegen finde sich jedoch ein völlig freies Gelenkspiel im Schultergelenksbereich. Die Schultergelenksbeweglichkeit betrage aktiv bei der Vorhebung und Seithebung rechts jeweils 160° und links jeweils 180°. Passiv betrage die Beweglichkeit bei der Vorhebung/Rückhebung rechts 170-0-20 und links 170-0-20, in der Abduktion rechts 90 und links 90, in der Elevation rechts 170 und links 170, in der Außen- und Innenrotation bei maximal abduziertem Oberarm rechts 80-0-40 und links 80-0-40. Im MRT vom 06.04.2006 habe sich im Bereich der Sternoklavikulargelenke weder ein Bone Bruise noch eine Flüssigkeitsansammlung ergeben, deshalb sei eine Sternoklavikulargelenksverletzung beidseits auszuschließen, sowohl im Sinne der Luxation als auch im Sinne der Subluxation. Aus dem MRT der Halswirbelsäule vom 27.01.2010 ergebe sich im Segment HWK 5/6 ein geringgradigerer Verschleißprozess im Sinne einer Osteochondrose, geringgradig aktiviert (erosive); ein etwas links verlagerter Bandscheibenvorfall im Segment HWK 5/6, Anteile bis zum Neuroforamen reichend mit leichter Verdrängung der Nervenwurzeln C6 links, keine Spinalkanalstenose. Die übrigen Segmente der HWS seien unauffällig gewesen. Es ergebe sich kein Hinweis für eine stattgehabte Fraktur im gesamten HWS-Bereich. Biomechanisch sei das Unfallereignis weder in der Lage gewesen, eine Schädigung der Rotatorenmanschette noch Verletzungen der Sternoklavikulargelenke zu verursachen. Die im Durchgangsarztbericht vom 14.02.2006 enthaltene Diagnose einer Sternoklavikulargelenks-Subluxation müsse infrage gestellt werden, da der Befundbericht keinerlei Hinweise für eine klinisch oder bildgebend festgestellte Subluxation enthalte. Die klinischen und bildgebenden Erstbefunde zeigten vielmehr ausschließlich Prellungsfolgen durch den Gurt im Bereich des Brustbeins und des oberen Thorax unter Einschluss der Rippen und des rechten Schlüsselbeins. Auch dem Nachschaubericht des Durchgangsarztes vom 06.04.2006 müsse widersprochen werden, soweit es darin heiße, dass im MRT eine Subluxation des Sternoklavikulargelenks nachweisbar gewesen sei. Die Verdachtsdiagnose von Dr. L. bezüglich einer sensiblen unteren Armplexus-Irritationen rechts habe sich auf anamnestische Angaben des Klägers, dass er bereits in den auf den Unfall vom 09.02.2006 folgenden Tagen ein Taubheitsgefühl am rechten Klein- und Ringfinger verspürt habe, sowie auf die falsche diagnostische Annahme einer Sternoklavikulargelenks-Luxation gestützt. In einem zwischen dem Sachverständigen und Dr. L. am 05.12.2012 geführten ausführlichen Telefonat habe Dr. L. zugegeben, dass seine klinischen und insbesondere elektroapparativen Untersuchungen keine Auffälligkeiten und damit keine Hinweise auf eine untere Armplexusschädigung ergeben hätten. Sämtliche Nervenleitgeschwindigkeiten zeigten sich im Normbereich. Nicht nachvollziehbar sei der Bericht des behandelnden Arztes Dr. P. vom 18.08.2008 an die Beklagte, soweit darin erstmals als Unfallfolgen auch eine Verletzung der Halswirbelsäule und der rechten Clavicula bezeichnet würden. Solche Verletzungen seien unfallzeitpunktnah nie dokumentiert worden. Ebenso wenig sei dokumentiert die im selben Schreiben berichtete Erstbehandlung im Kreiskrankenhaus A., in der angeblich das Sternoclaviculargelenk nach Luxation reponiert worden sei. Eine solche Behandlung hätte im Übrigen entsprechende narbige Veränderungen beziehungsweise Auffälligkeiten im MRT vom 06.04.2006 hinterlassen müssen. Die von Dr. L. neurologisch festgestellte Affektion des rechten Oberarmplexus sei nicht haltbar, da sich weder klinisch noch elektroapparativ Auffälligkeiten im Bereich des rechten Oberarmplexus gefunden hätten und sich die von Dr. L. beschriebene Irritation ausschließlich auf subjektive anamnestische Angaben des Klägers sowie der rückblickend falschen Diagnose einer Sternoclaviculargelenks-Luxation rechts gestützt hätten. Für die multiformen und wechselnden Beschwerden des Klägers mit einschießenden Schmerzen im Bereich des Brustbeins und des rechten Schlüsselbeins sowie die Verspannungen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur und im Bereich der oberen Brustwirbelsäule sowie das Kraftdefizit im Bereich der rechten Hand gebe es keinerlei organische Grundlagen. Auch bei der Kontrolluntersuchung durch Dr. L. am 23.04.2007 hätten sich weder klinisch noch elektroapparativ krankhafte Befunde im Bereich des Armplexus bei unauffälliger Motorik ohne Muskelatrophien ergeben. Eine Schädigung des Armplexus rechts müsse somit eindeutig und endgültig ausgeschlossen werden. Soweit Prof. Dr. R. im MRT vom 07.03.2008 eine Arthrose des rechten Sternoclaviculargelenks festgestellt habe, sei ihm entgegenzuhalten, dass das unfallzeitpunktnahe Kernspintomogramm vom 06.04.2006 keinerlei Auffälligkeiten am rechten Sternoclaviculargelenk ergeben habe, so dass die fraglichen Veränderungen im MRT vom 07.03.2008 nicht auf das Unfallgeschehen vom 09.02.2006 bezogen werden könnten. Soweit Prof. R. von einer Verzögerung der cervikalen SEP des Nervus-Ulnaris im Sinne einer Armplexusläsion ausgehe, habe eine Rücksprache mit Herrn Dr. L. ergeben, dass eine krankhafte Nervenleitgeschwindigkeit im Bereich des Nervus-ulnaris rechtsseitig im Erstbefund vom 21.11.2006 nicht nachweisbar gewesen sei. Auch der Sachverständige Dr. P. habe kein organisches Korrelat für die vom Kläger angegebenen Beschwerden gefunden. Das SG München habe in den Gründen seines Urteils vom 02.02.2011 dargestellt, dass der Sachverständige Dr. E. von einer Subluxation des rechten Schlüsselbein-/Brustbeingelenkes und einer Zerrung des rechten Schultereckgelenkes als Unfallfolgen ausgegangen sei; dem sei zu widersprechen, vielmehr seien diese Unfallfolgen auszuschließen. Zu widersprechen sei auch dem Sachverständigen Dr. D., soweit dieser das C8-Syndrom rechts auf einen traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall bezogen habe. Dr. D. habe diese Diagnose offensichtlich dem neurologischen Befundbericht des Dr. K. vom 29.03.2011 entnommen. Die gesamte seriöse Begutachtungsliteratur sei sich jedoch darin einig, dass isolierte Bandscheibenvorfälle traumatischer Genese nicht möglich seien, sondern dass diese immer mit Begleitverletzung im disco-ligamentären und knöchernen Bereich verbunden seien, die in einer Kernspintomographie nachweisbar sein müssten. Beides habe aber in der MRT der Halswirbelsäule vom 27.01.2010 nicht gefunden werden können. Zwar sei diese MRT erst mit erheblichem zeitlichen Abstand zum Unfall aufgenommen worden, jedoch hätten sich auch hier die traumatischen Unfallfolgen im disco-ligamen-
tären und knöchernen Bereich wenigstens noch in Form von narbigen Umbauprozessen zeigen müssen. Isolierte traumatische Verletzungen der Bandscheiben hätten auch zu Zerreißungsbefunden am Aufhängeapparat des Anulus fibrosus führen müssen, was nicht der Fall sei. Beweisbar seien deshalb nur folgende Unfallfolgen: Prellung des Brustbeins ohne Frakturnachweis und Prellung der oberen Rippen rechts ohne nachweisbare Fraktur. Solche Verletzungen heilten in der R. in einem Zeitintervall von 6 - 8 Wochen folgenlos aus. Es ergebe sich unfallbedingt keine messbare MdE. Eine Zusatzbegutachtung sei nicht erforderlich.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 02.05.2013 umfangreiche Einwände gegen das Gutachten des Dr. C. vorgebracht. Insbesondere hat er sich am 25.04.2013 einer MRT der Sternoclaviculargelenke unterzogen. Die Beurteilung durch die Radiologie am Krankenhaus A. vom selben Tag ergab am ehesten eine posttraumatische Deformierung der medialen Clavicula rechts und des Knorpels des Sternoklavikulargelenks rechts sowie des Knorpelknochenübergangs von Costa 1 rechts zum Sternum, dabei am ehesten reaktives Spongyosaödem der medialen Clavicula rechts, keine Sternum-Luxation. Weiter hat der Kläger das Attest seines behandelnden Orthopäden Dr. P. vom 03.04.2013 vorgelegt, der über eine "4D-WS-Vermessung" berichtet, die eine erhebliche unfallbedingte Fehlstellung im Bereich der oberen Wirbelsäule mit massiver Fehlhaltung, Schulterblatttiefstand rechts 15 mm mit konsekutiver Muskelverspannung berichtet sowie über eine stark verminderte Kraftentwicklung im Bereich der HWS, BWS und Schultergürtelmuskulatur. Schließlich hat der Kläger eine Bestätigung des erstbehandelnden Physiotherapeuten vorgelegt, wonach dieser bereits bei der Erstbehandlung eine Gelenkfunktionsstörung und Fehlstellung im sternoclavicularen Gelenk sowie im acromio-clavicularen Gelenk aufgewiesen habe. Der Kläger erwähnt auch, dass es am 31.12.2009 zu einem weiteren Arbeitsunfall gekommen sei, bei dem er wieder als Rettungssanitäter sich in einem Einsatzfahrzeug befunden habe, das in eine Frontalkollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer verwickelt worden sei.

Das LSG hat zu diesen Einwänden den Sachverständigen Dr. C. um ergänzende Stellungnahme gebeten, die dieser mit Schreiben vom 06.07.2013 abgegeben hat. Soweit aufgrund der Controll-Kernspintomographie vom 25.04.2013 der Verdacht auf eine posttraumatische Deformierung der medialen Clavicula rechts und des Knorpels des Sterno-claviculargelenks rechts beschrieben worden sei, äußert sich der Sachverständige, dass eine posttraumatische Deformierung ohne vorangegangene Luxationen, allein auf dem Boden einer Prellung mit geringgradigem Bone bruise, in keiner Weise nachvollziehbar sei. Wiederum sei festgestellt worden, dass kein Nachweis einer Luxation im Sternoklavikulargelenk beidseits bestanden habe, auch kein Gelenkerguss. Insgesamt habe sich an beiden Sternoclaviculargelenken eine reizlose Signalgebung auch in der Umgebung gefunden. Die asymmetrische Knorpeldecke mit deutlicher Einbuchtung des Manubrium sterni im Vergleich zur Gegenseite müsse als anlagebedingte Variation gewertet werden. Die vom Radiologen beschriebene hypothetische posttraumatische Wachstumsstörung des Knorpels sei medizinisch nicht möglich. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt ausgewachsen gewesen, ein Knorpelwachstum sei zu diesem Zeitpunkt generell ausgeschlossen. Eine posttraumatische Wachstumsstörung des Knorpels sei medizinisch generell nicht bekannt, insbesondere nicht im Erwachsenenalter. Insgesamt zeige das MRT nur diskrete Veränderungen im Sinne eines reaktiven Spongiosaödems an der innenseitigen Clavicula sowie am Übergang der ersten Rippe zum Brustbein. Auch hier sei keine Dislokation erkennbar. Auffällig sei, dass diese Befunde auch schon in der ersten Kernspindiagnostik von April 2006 vorgelegen hätten. Kontusions- beziehungsweise traumatisch bedingte Knochenödeme verschwänden jedoch üblicherweise innerhalb von drei Monaten. Persistierende Knochenödeme seien immer verdächtig auf zugrunde liegende arthrotische (verschleißbedingte) Veränderungen oder Überlastungsphänomene, die unfallunabhängig seien. Die von Dr. P. durchgeführte sog. 4D-Wirbelsäulenvermessung sei eine Untersuchung, die nicht evidenzbasiert und zur Diagnostik in der Sachverständigenbegutachtung nicht anerkannt sei.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 29.08.2013 die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG durch Dr. P. S., Facharzt für Chirurgie, beantragt. Im Übrigen seien die Feststellungen von Dr. C. fehlerhaft. Beispielsweise habe dieser dem Kläger eine aufrechte Körperhaltung mit geraden Schultern und Schulterblättern attestiert, was erwiesenermaßen unzutreffend sei. Hierfür werden Fotos vorgelegt. Außerdem hat der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des Allgemeinarztes Dr. Z. vom 24.08.2013 beigelegt, in der ein Schulterblatttiefstand rechts sowie eine Auftreibung des Sternoclaviculargelenks rechts beschrieben werden. Mit Schreiben vom 19.09.2013 hat der Kläger das Attest des Orthopäden Dr. K. vom 12.09.2013 vorgelegt, das eine posttraumatische Sternoklavikulararthrose rechts als Diagnose angibt.

In der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2013 hat der Kläger angegeben, bei dem zweiten Unfall am 31.12.2009 folgende Gesundheitsstörungen erlitten zu haben: einen Bandscheibenvorfall an der HWS, Beschwerden im Rücken, Einschränkungen der Kopfbewegung sowie der Beweglichkeit des Oberkörpers. Ein Bescheid der Beklagten hierzu liege noch nicht vor. Über den Arbeitgeber sei der Unfall jedoch gemeldet worden. Der Vertreter der Beklagten hat hierzu keine Angaben machen können. Weiter hat der Kläger angegeben, dass er den rechten Arm seitwärts nur bis in die Waagrechte heben könne. Er leide unter erheblichen Einschränkungen und Schmerzen, die ihn auch beruflich einschränkten, sowie an einem Schultertiefstand rechts.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 02.02.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 22.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2007 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01.12.2006 eine Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu bezahlen, und die mit Schriftsatz vom 09.03.2011 genannten Körperschäden als Folgen des Arbeitsunfalls des Klägers vom 09.02.2006 festzustellen mit Ausnahme der bereits anerkannten Subluxation des Sternoclaviculargelenks rechts, so dass die Folge beim ersten Spiegelstrich des Antrages lautet: erhebliche Funktionseinschränkung des Schultergelenks.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Streitgegenständlich ist allein der Arbeitsunfall vom 09.02.2006.

Ein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen besteht nicht. Als Unfallfolgen anerkannt hat die Beklagte im Bescheid vom 22.02.2007 eine Subluxation der Sternoklavikulargelenks rechts, eine geringe Funktionseinschränkung des Schultergelenks beim rückwärtigen Anheben der linken Hand bzw. des Unterarms und eine narbige Verdickung der Gelenkkapsel des Sternoklavikulargelenks.

Die Anerkennung der Unfallfolgen im Bescheid vom 22.02.2007 ist sogar zu weitgehend. Unfallfolgen sind nämlich nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. C. vom 09.02.2013 nur eine Prellung des Brustbeins sowie eine Prellung der oberen Rippen, die beide innerhalb von sechs bis acht Wochen folgenlos ausgeheilt sind.

Zu den Unfallfolgen, deren Feststellung der Kläger beantragt, im Einzelnen:

1. Erhebliche Funktionseinschränkung des Schultergelenks

Die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks ist nicht erheblich, sondern allenfalls leichtgradig eingeschränkt. Der Sachverständige Dr. E. hat nur eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks bei der Armseitwärts- und -vorwärtsbewegung festgestellt. Der Sachverständige Dr. C. hat bei der aktiven Bewegung über den Kopf eine Einschränkung der Beweglichkeit um 20 Grad rechts im Vergleich zu links festgestellt, die passive Beweglichkeit sei frei mit endgradiger Schmerzangabe. Die Vor- und Seithebung gelingt nach den Messungen von Dr. C. aktiv bis auf 160 Grad. Dr. L. stellte in seinem Rentengutachten vom 19.01.2007 eine freie Beweglichkeit der Schultern fest, lediglich die Rückwärtsrotation der rechten Schulter sei schmerzbedingt um 5 Grad eingeschränkt. Dr. L. berichtete am 07.05.2007 von keinen Einschränkungen der Schulterbeweglichkeit, lediglich komme es bei bestimmten Stellungen zu Kribbeln und Taubheit des Ring- und kleinen Fingers der rechten Hand. In dem vom Sachverständigen Dr. E. veranlassten Röntgen-Gutachten von Dr. G. vom 04.02.2008 waren weder traumatische noch degenerative Veränderungen nachweisbar, lediglich bei der Belastung mit 15 kg zeigte sich eine sehr diskrete Ausweitung des Akromioklavikulargelenks links im Vergleich zu rechts. Auch Dr. E. hat klinisch nur belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des rechten Schlüsselbein-Brustbeingelenks sowie des rechten Schultergelenkes mit einer daraus resultierenden leichtgradigen Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes festgestellt. Selbst der behandelnde Orthopäde Dr. P. hat - abgesehen von einer deutlichen Druckschmerzhaftigkeit im rechten Schlüsselbeinbrustbeingelenk - eine ansonsten freie Beweglichkeit des Schultergelenks ohne Instabilität und ohne Anhalt für eine Verletzung der Rotatorenmanschette beschrieben. Lediglich "subjektiv" werde eine Zunahme der Beschwerden bei einer Armhebung über 90 Grad beklagt. Der auf Antrag des Klägers zum Sachverständigen bestellte Prof. Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 02.09.2009 sogar eine völlig uneingeschränkte Beweglichkeit des rechten Schultergelenks seitwärts bis auf 180 Grad festgestellt. Die Ergotherapeutin U. K. erwähnt in ihrem am 15.03.2010 eingegangenen Attest keine Bewegungseinschränkungen der Schulter, sondern nur Störungen der Kraft in den Fingern IV und V rechts sowie Störungen beim Faustschluss und Greifen. Angesichts dieser eindeutigen Untersuchungsergebnisse können die Messungen durch Dr. D. in seinem Gutachten vom 16.01.2012 nicht überzeugen, der ein Anheben des Armes seitwärts nur bis auf 90 Grad für möglich hält.

Seinen mit Schriftsatz vom 19.03.2011 gestellten Antrag, auch eine Subluxation des Sternoklavikulargelenks rechts als Unfallfolge anzuerkennen, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2013 ausdrücklich nicht mehr aufrecht erhalten. Ein diesbezüglicher Antrag wäre auch unzulässig, weil die entsprechende Unfallfolge bereits im Bescheid vom 22.02.2007 anerkannt worden ist.

2. Schmerzhafte multidirektionale Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und Kraftdefizit im Oberarm rechts

Beim Kläger besteht allenfalls eine leichtgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, wie bereits vorstehend unter Nr. 1 begründet wurde. Auch ein Kraftdefizit im Oberarm rechts ist angesichts der von allen Gutachtern und Untersuchern festgestellten gleichmäßigen und starken Bemuskelung der Schultern auszuschließen.

Auch die leichtgradige Bewegungseinschränkung ist aber nicht als Unfallfolge festzustellen, weil es insoweit an der Ursächlichkeit des Unfalls fehlt. Als mögliche Ursachen für die leichtgradige Bewegungseinschränkung kommen sowohl eine intermittierende Irritation des unteren Armplexus rechts als auch Bandscheibenprobleme im Bereich der Halswirbelsäule in Betracht (die letztere Variante wird vom behandelnden Orthopäden Dr. P. in dessen Attest vom 14.04.2011 vertreten sowie vom Sachverständigen Dr. D. in dessen Gutachten vom 16.01.2012). Eine Irritation des unteren Armplexus rechts ist jedoch im Zusammenhang mit dem Unfall vom 09.02.2006 nicht eingetreten (siehe unten zu Nr. 6). Auch die Schäden an der Halswirbelsäule stehen in keinem Zusammenhang mit dem Unfall vom 09.02.2006. Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 09.02.2013 zu Recht darauf hingewiesen, dass ein traumatisch bedingter Bandscheibenvorfall niemals ohne Begleitverletzungen auftritt, die sich entweder in Form einer begleitenden disco-ligamentären Verletzung oder einer Fraktur der knöchernen Strukturen zeigen können. Beides konnte aber in der MRT der Halswirbelsäule vom 27.01.2010 nicht gefunden werden. Zwar wurde diese MRT erst mit erheblichem zeitlichen Abstand zum Unfall aufgenommen, jedoch hätten sich auch hier die traumatischen Unfallfolgen im disco-ligamentären und knöchernen Bereich wenigstens noch in Form von narbigen Umbauprozessen zeigen müssen. Isolierte traumatische Verletzungen der Bandscheiben hätten auch zu Zerreißungsbefunden am Aufhängeapparat des Anulus fibrosus führen müssen, was nicht der Fall war. Auch der Sachverständige Dr. E. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.05.2012 darauf hingewiesen, dass Dr. D. mit seinen Überlegungen bezüglich eines traumatisch bedingten Bandscheibenvorfalls C 8 den Boden der traumatologischen Realität eindeutig verlasse, weil hierfür Begleitverletzungen nachweisbar sein müssten, die aber auszuschließen seien.

3. Druckschmerz und stechende Schmerzen im Bereich des Sternums sowie im Bereich der ersten bis dritten Rippe rechts

Solche Schmerzen können keine Unfallfolgen sein, weil Sternum und Rippen nur geprellt waren und solche Unfallfolgen innerhalb von sechs bis acht Wochen abheilen. Soweit Prof. Dr. R. in der MRT vom 07.03.2008 eine Arthrose des rechten Sternoklavikulargelenks erkennen will, muss sich diese unfallunabhängig entwickelt haben, weil im MRT vom 06.04.2006 keine Verletzungsanzeichen für das Sternoklavikulargelenk erkennbar waren. Nicht nachvollziehbar ist der erstmals im Bericht von Dr. P. vom 18.08.2008 an die Beklagte enthaltene Hinweis, dass das Sternoklavikulargelenk bei der Erstbehandlung im Kreiskrankenhaus A. nach Luxation reponiert worden sei, was bis dahin nirgendwo dokumentiert worden war. Ein solches Vorgehen ist auch auszuschließen, weil sich hierfür Anzeichen im MRT vom 06.04.2006 hätten finden müssen, wie Dr. C. ausgeführt hat.
Soweit aufgrund der jüngsten MRT vom 25.04.2013 der Verdacht einer posttraumatischen Deformierung der medialen Clavicula rechts und des Knorpels der Sternoclaviculargelenks rechts beschrieben wurde, hat Dr. C. in seiner Stellungnahme vom 06.07.2013 überzeugend erklärt, dass und warum es sich dabei um degenerative Phänomene handeln muss. Im Abgleich mit den Aufnahmen vom April 2006 zeigten sich insgesamt keine posttraumatischen Veränderungen im Sinne einer Verwachsung oder Fehlstellung.

4. Leichte Atrophien mit Hypertonus des Pectoralis major, Muskulus trapezius und infraspinatus rechts mit schmerzhaften Triggerpunkten

Ein muskuläres Defizit an der rechten Schulter wurde von allen Gutachtern ausgeschlossen. Die streitgegenständlichen Arthrophien wurden einzig im Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. P. vom 09.11.2007 erwähnt. Dr. P. selbst erwähnt diese Folgen dagegen in seinem eigenen Gerichtsgutachten vom 16.02.2009 nicht mehr. Im Gegenteil, wird darin ausdrücklich die symmetrische, kräftig angelegte Schultergürtelmuskulatur, bei Schultergeradestand und gutem Grundtonus, aufgeführt, ohne Anhalt für eine Verletzung der Rotatorenmanschette. Der Muskulus pectoralis wird ausdrücklich als beidseits kräftig und ohne Seitendifferenz bezeichnet.
Auch der behandelnde Neurologe Dr. L. hat in seinem Untersuchungsbericht vom 07.05.2007 eine umschriebene Muskelatrophie ausgeschlossen.

5. Kraftminderung der Finger IV und V mit Sensibilitätsstörungen, Abschwächung des Spitzgriffs zwischen D I und D V nicht vollständig und in D IV abgeschwächt.

Diese Gesundheitsstörung ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 09.02.2006 zurückzuführen. Hier gelten die gleichen Überlegungen wie oben unter Nr. 2 zur Ursächlichkeit des Unfalls für die leichtgradige Bewegungseinschränkung. Als Ursachen kommen mit gleicher Wahrscheinlichkeit sowohl die Irritation des unteren Armplexus als auch der Bandscheibenschaden der HWS in Betracht. Beide Konkurrenzursachen sind jedoch nicht unfallbedingt. Selbst der behandelnde Arzt Dr. P. führt die Sensibilitätsstörungen im 4. und 5. Finger der rechten Hand auf einen Bandscheibenprolaps im Bereich der Halswirbelsäule zurück (Schreiben vom 14.04.2011). Eine Ursächlichkeit des Unfalls für den Bandscheibenvorfall in der HWS konnte der Sachverständige Dr. C. überzeugend ausschließen. Es fehlt sowohl an Anzeichen für Begleitverletzungen im MRT als auch an der Dokumentation entsprechender klinischer Symptome in den ärztlichen Befunden aus der ersten Zeit nach dem Unfall. Eine Verletzung der HWS als Unfallfolge taucht erstmals im Bericht des Dr. P. vom 18.08.2008 an die Beklagte auf und lässt sich nicht begründen.

6. Intermittierende Irritation des unteren Armplexus rechts

Dr. C. hat ausführlich und überzeugend begründet, dass sich die Annahme einer unfallbedingten Schädigung des unteren Armplexus rechts nicht halten lässt. Er hat in seinem Gutachten vom 02.09.2009 ausführlich dargestellt, dass weder vom behandelnden Neurologen Dr. L. noch von dem zum Sachverständigen bestellten Neurologen Dr. P. klinisch oder elektroapparativ krankhafte Befunde im Bereich des Armplexus festgestellt worden sind. Die Verdachtsdiagnose von Dr. L. bezüglich einer sensiblen unteren Armplexus-Irritation rechts hat sich auf die anamnestische Angabe des Kägers, dass er bereits in den ersten Tagen nach dem Unfall vom 09.02.2006 ein Taubheitsgefühl am rechten Klein- und Ringführer verspürt habe, in Verbindung mit der diagnostischen Annahme einer Sternoklavikulargelenks-Luxation gestützt. Das Auftreten von Taubheitsgefühlen am rechten Klein- und Ringfinger nach dem Unfall ist jedoch zeitnah nicht dokumentiert, und die Annahme einer Verletzung des Sternoklavikulargelenks ist nach Überzeugung des Senats nicht haltbar. Der Senat folgt insoweit der Argumentation des Sachverständigen Dr. C ... Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 09.02.2013 überzeugend dargestellt, dass aufgrund der unfallnahen MRT vom 06.04.2006 eine Verletzung des rechten Sternoklavikulargelenks auszuschließen ist und zwar sowohl im Sinne der Luxation als auch der Subluxation und der Zerrung. Denn im Bereich der Sternoklavikulargelenke waren im MRT vom 06.04.2006 weder ein Bone bruise noch eine Flüssigkeitsansammlung nachweisbar. Auch der Unfallmechanismus war nicht geeignet, eine Verletzung der Sternoklavikulargelenke zu bewirken. Hierzu wäre nämlich ein Sturz auf die Vorder- oder Oberseite der Schulter erforderlich gewesen, um das Schlüsselbein durch Hebelwirkung an der ersten Rippe aus dem Gelenk mit dem Brustbein herauszuheben. Möglich sind Verrenkungen vor und hinter das Brustbein, wobei das Band zwischen Brust- und Schlüsselbein (Ligamentum sternoclavikulare) zerrissen wird.

Dementsprechend hat Dr. L. in einem Telefonat mit dem Sachverständigen Dr. C. auch eingeräumt, dass seine klinischen und elektroapparativen Untersuchungen für sich genommen keinen Hinweis auf eine Schädigung des unteren Armplexus geliefert hätten. Soweit Dr. L. die Irritation des Armplexus auf eine costoclavikuläre Enge zurückgeführt hat, steht - worauf Dr. E. zu Recht hingewiesen hat - keine unfallbezogene, sondern eine anlagebedingte Ursache zur Diskussion. Auch Dr. E. hat in seiner eigenen Stellungnahme vom 26.03.2009 darauf hingewiesen, dass eine Verletzung des unteren Armplexus ausscheidet, weil eine Luxation oder Subluxation des Schulterhauptgelenks nicht in Betracht kommt.

Soweit mit Bescheid vom 22.02.2007 die Subluxation des Sternoklavikulargelenks als Unfallfolge anerkannt wurde, geht die Bestandskraft dieses Bescheides nicht so weit, dass auch bei der Frage, ob weitere Unfallfolgen anzuerkennen sind, davon auszugehen ist, dass der Unfall zu einer Subluxation des Sternoklavikulargelenks Unfallfolge geführt hatte (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2007 Az. B 2 U 38/05 R, SozR 4-1300 § 48 Nr. 10, LS und Rdnr. 18 bei Juris zur Anwendung der Aussparungsregelung des § 48 Abs. 3 SGB X, wenn aufgrund der bestandskräftigen Feststellung einer Unfallfolge die Bewilligung einer Leistung beantragt wird).

Da keine weiteren Unfallfolgen anzuerkennen sind, lässt sich eine MdE in Höhe von 20 % nicht begründen. Es besteht kein Anspruch auf Verletztenrente i. S. d. § 56 SGB VII. Die mit Bescheid vom 22.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2007 anerkannten Unfallfolgen begründen keine MdE von wenigstens 10 %. Anspruch auf Verletztenrente haben Versicherte nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Weiter regelt § 56 Abs. 3 SGB VII, dass bei Verlust der Erwerbsfähigkeit Vollrente und bei einer MdE Teilrente geleistet wird, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der dem Grad der MdE entspricht. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Dies ist vorliegend ebenfalls nicht der Fall, wie sich insbesondere durch das Gutachten des Dr. C. ergibt. Da vorliegend nicht einmal eine MdE von 10 % erreicht wird, kann offenbleiben, ob der vom Kläger mit Schriftsatz vom 02.05.2013 erstmals erwähnte Unfall vom 31.12.2009 einen Arbeitsunfall darstellte und zu einem Stützrententatbestand im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII geführt hat.

Dem mit Schriftsatz vom 30.08.2013 gestellten Antrag des Klägers, den Chirurgen Dr. S. gemäß § 109 SGG zum Sachverständigen zu bestellen, brauchte der Senat nicht nachzukommen, weil das SG bereits auf Antrag des Klägers den Orthopäden Dr. P. und den Unfallchirurgen Prof. Dr. R. auf gleichem bzw. artverwandtem Fachgebiet gutachtlich gehört hat. Im Übrigen hat der rechtskundig vertretene Kläger diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2013 nicht aufrecht erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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