L 1 LW 1/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 LW 13/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 LW 1/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Höhe der Altersrente aus der Altersversorgung der Landwirte hängt maßgeblich von der Anzahl der tatsächlich zurückgelegten Monate mit Pflichtbeitragszeiten ab. Ohne Bedeutung für die Rentenberechnung ist das vom Rentenberechtigten in diesen Jahren tatsächlich erzielte Einkommen.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 7. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Mit Schreiben vom 1. August 2001 und 12. Februar 2002 sowie im Rahmen von persönlichen Vorsprachen am 16. April und 21. Mai 2002 informierte die Beklagte den 1936 geborenen Kläger über einen möglichen Anspruch auf Altersrente nach dem ALG sowie die Notwendigkeit, hierfür das landwirtschaftliche Unternehmen abzugeben. Nachdem ein Landpachtvertrag der Eheleute A. mit dem Sohn des Klägers vom 30. Oktober 2001 vorgelegt worden war und der Kläger am 29. Mai 2002 Antrag auf Regelaltersrente gestellt hatte, bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 8. August 2002 Altersrente nach dem ALG ab 1. Mai 2002 mit einem anfänglichen Netto-Rentenbetrag in Höhe von 378,23 Euro. Der Rentenberechnung zu Grunde gelegt wurden insgesamt 399 Monate mit Beiträgen als Landwirt und hierbei vom 1. August 1968 bis 31. Dezember 1994 317 Monate und vom 1. Januar 1995 bis 31. Oktober 2001 82 Monate. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde zurückgenommen, nachdem Nachforschungen der Beklagten nach weiteren Beitragszahlungen in Hessen und Rheinland-Pfalz ergebnislos geblieben sind. In der Folgezeit wurde die Altersrente des Klägers aufgrund genereller Rentenanpassungen sowie infolge des Tods der Ehefrau des Klägers am 23. Juli 2009 durch diverse bestandskräftig gewordene Bescheide neu berechnet (u.a. Bescheide vom 16. Juni 2007, 18. August 2009). Am 12. September 2012 begehrte der Kläger die Überprüfung seiner laufenden Altersrente. Zur Begründung führte er aus, er habe seit 1966 bis 2001 landwirtschaftliche Unternehmen betrieben, und dabei von 1966 bis 1968 einen Betrieb mit ca. 20 ha in G. und von 1968 bis 2001 den Betrieb S ... Darüber hinaus habe er auch erfolgreich Pferde gezüchtet sowie einen zusätzlichen Betriebszweig "Ferien auf dem Bauernhof" geführt. Ferner verwies er auf die Ausbildungszeit seiner Kinder und die Pflegezeiten in Zusammenhang mit der von ihm von 2006 bis 2009 übernommenen Pflege seiner Ehefrau. Sein wirtschaftliches Einkommen sei mit durchschnittlich 75.000.- Euro zu bewerten. Dies müsse bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Der Antrag wurde mit angefochtenem Bescheid vom 21. Januar 2013 abgelehnt. Die Berechnung der Altersrente erfolge gemäß 23 ALG pauschal nach der Anzahl der eingezahlten Beiträge, die für alle Landwirte gleich seien (ggf. bezuschusst). Eine individuelle Berechnung der Rente nach dem tatsächlich erzielten Einkommen sei im ALG nicht vorgesehen. Auch gebe es keine Möglichkeit der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten oder Pflegezeiten. Für das Unternehmen G. habe bei der damaligen LAK Rheinland-Pfalz und der Alterskasse der rheinischen Landwirtschaft keine Mitgliedschaft festgestellt werden können. Ein diesbezüglicher Widerspruch sei vom Kläger am 2. Oktober 2002 zurückgenommen worden. Neue Erkenntnisse lägen nicht vor, die eine Überprüfung rechtfertigen würden. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit dem Antrag, den Bescheid vom 8. August 2002 zurückzunehmen und die Regelaltersrente unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens neu zu berechnen. Der Kläger rügte ferner die Verpflichtung zur Abgabe seiner Landwirtschaft. Ohne die Abgabepflicht hätte er seine finanzielle Situation regeln können. Durch die Abgabeverpflichtung seien finanzielle Schwierigkeiten entstanden, die nicht korrigierbar seien. Auch die Alterssicherung für Landwirte müsse seine Existenz in finanzieller Hinsicht sichern. Dies sei nur anhand des tatsächlich erzielten Einkommens möglich. Damit sich die Lebensleistung im Rentenbezug widerspiegele (wirtschaftliches Einkommen durchschnittlich 75.000 Euro), müsse die Altersrente entsprechend dem tatsächlich erzielten Einkommen berechnet werden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2013 zurückgewiesen. Das Begehren des Klägers entbehre jeder Grundlage. Dagegen hat der Kläger unter Wiederholung seines Vortrags Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Er hat weiter ausgeführt, durch die Abgabe habe er seine gesamte Existenz verloren, ein Millionen-Objekt sei für wenige 1.000.- Euro verschleudert worden. Er habe selbst 40 Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet und müsse nun mit sehr wenig Geld auskommen. Seine Lebensleistung werde nicht honoriert. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2015 abgewiesen. Die Beklagte habe die Altersrente richtig berechnet. Die Höhe der Monatsrente richte sich grundsätzlich nach der Anzahl der rentenrechtlichen Zeiten im Sinne von § 23 Abs. 2 S. 1 ALG. Es lägen erhebliche Unterschiede zur gesetzlichen Rentenversicherung vor. Dort würden die zu entrichtenden Beiträge nach einem Prozentsatz der beitragspflichtigen Einnahmen bestimmt. Mit der Höhe des Einkommens erhöhten sich auch die zu entrichtenden Beiträge. Im Bereich der Alterssicherung der Landwirte werde jedoch ein fester Monatsbeitrag gemäß § 68 ALG entrichtet. Hier handele es sich um unterschiedliche Sachverhalte. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz lasse sich nicht feststellen. Auch die Pflicht zu Hofabgabe sei nicht zu beanstanden. Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Auch die Alterssicherung für Landwirte müsse eine Existenz in finanzieller Hinsicht sichern. Dies sei nur durch die Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens möglich. Die Verpflichtung zur Abgabe werde ebenfalls gerügt. Ohne die Abgabeverpflichtung hätte er seine finanzielle Situation regeln können. Er sei seinerzeit durch die Beklagte überredet worden, den Betrieb abzugeben. Auf die sich hieraus ergebende Konsequenzen sei er nicht hingewiesen worden. In der Beratung hätte er auch auf andere Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. Gründung einer GmbH) hingewiesen werden müssen. Durch die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens habe er den Einfluss auf den Betrieb verloren, was im weiteren Verlauf der wirtschaftlichen Tätigkeit in die Zwangsversteigerung geführt habe. Ohne Abgabe des Betriebs hätte er seine Existenz erhalten, nunmehr habe er ein Millionenobjekt verloren. Sein Schaden sei daher durch die bestehende Abgabeverpflichtung entstanden. Der Lauf der Dinge sei für den Kläger belastend und vernichtend gewesen. Es müssten daher alle betreffenden Unterlagen der Verwaltungen, Gerichte und Staatsanwaltschaften beigezogen werden. Die vielfältigen strafrechtlich relevanten Sachverhalte müssten bei der Beurteilung des Gesamtsachverhalts bekannt sein. Auch müsse das Bundesverfassungsgericht hiermit befasst werden. Durch die Abgabeverpflichtung verliere ein Landwirt seine Lebensgrundlage. Dies sei verfassungswidrig. Seine Lebensleistung werde nicht honoriert. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Bayreuth vom 7. Januar 2015 sowie des Bescheids vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 8. August 2002 und dessen Folgebescheide zurückzunehmen sowie die Regelaltersrente unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens zu berechnen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2013 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 8. August 2002 sowie dessen Folgebescheide und Neuberechnung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. §124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Bei Erlass des Bescheids vom 8. August 2002 und der ergangenen Folgebescheide hat die Beklagte nicht das Recht unrichtig angewandt und ist auch nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Die Beklagte hat die Regelaltersrente des Klägers korrekt nach den gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Steigerungszahl, des Rentenartfaktors und des allgemeinen Rentenwerts ermittelt (vgl. § 23 Abs. 1 ALG). Die Rentenhöhe wird dabei maßgeblich durch die Steigerungszahl beeinflusst, die sich ergibt, indem die Anzahl der Kalendermonate mit Beitragszeiten, einer Zurechnungszeit und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Erwerbsminderung, die mit einer Zurechnungszeit zusammentreffen, und der vor dem Beginn dieser Rente liegenden Zurechnungszeit mit dem Faktor 0,0833 (für die in § 23 Abs. 3 Nr. 1 ALG angegebenen Beitrags-, Zurechnungs- und Rentenbezugszeiten) bzw. 0,0417 (für alle anderen Zeiten, § 13 Abs. 3 Nr. 2 ALG) vervielfältigt wird (vgl. § 23 Abs. 2 S. 1 ALG). Damit hängt die Höhe der Altersrente des Klägers maßgeblich von der Anzahl der tatsächlich zurückgelegten Monate mit Pflichtbeitragszeiten ab. Ohne jede Bedeutung für die Rentenberechnung ist hingegen nach den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen das von ihm in diesen Jahren tatsächlich erzielte Einkommen. Dies ist auch systemkonform. Denn die Bemessung der Beiträge in der Altersversorgung der Landwirte richtet sich - anders als im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung - nicht nach der Höhe des verbeitragten Arbeitsentgelts. Vielmehr ist von jedem Landwirt derselbe Beitrag zu entrichten (vgl. § 68 S. 1 ALG). Damit ist es nur folgerichtig, dass die Höhe der Regelaltersrente nicht von der Höhe des landwirtschaftlichen Einkommens, sondern wesentlich von der Zahl der Beitragsmonate abhängt. Für den Senat steht fest, dass weitere, bisher nicht berücksichtigte Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zur Beklagten nicht vorliegen. Weitere Beitragsmonate werden vom Kläger nicht mehr geltend gemacht. Bereits im Jahr 2002 erfolgte Nachforschungen durch die Beklagte haben keine Nachweise hierfür erbracht. Auch vom Kläger selbst wurden trotz der damaligen Nachfrage durch die Beklagte keine Belege für Beitragszahlungen vor 1. August 1968 vorgelegt. Für die Berücksichtigung von Pflege- oder Ausbildungszeiten gibt es keine rechtliche Grundlage. Soweit der Kläger der Auffassung ist, seine Lebensleistung werde durch die von der Beklagten gezahlte Rente nicht hinreichend honoriert, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Alterssicherung der Landwirte von vornherein auf eine bloße Teilabsicherung im Alter ausgerichtet war und ist, da Landwirten nach Abgabe ihres Betriebs typischerweise neben der Altersrente aus der landwirtschaftlichen Altersversorgung weitere Einkünfte wie etwa aus der Verpachtung des landwirtschaftlichen Unternehmens bei in der Regel gleichzeitig gesicherter Wohnsituation zustehen. Darüber hinaus sind Renten aus der Altersversorgung der Landwirte in erheblichem Umfang steuerfinanziert und gehen damit nicht allein auf Vorleistungen des Landwirts zurück. Die Lebensleistung des Klägers, die vom Senat nicht in Abrede gestellt wird, wird durch das stark fürsorgerisch ausgeprägte System der Altersversorgung der Landwirte also bereits in einem erheblich größeren Umfang gewürdigt, als es bei einer schlichten, versicherungsmathematisch basierten Umrechnung der Vorleistungen des Klägers in Form der von ihm entrichteten Beiträge in spätere Rentenleistungen der Fall wäre. Soweit der Kläger sich in diesem Verfahren gegen die in § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG niedergelegte Verpflichtung wendet, das Unternehmen der Landwirtschaft abzugeben, um einen Anspruch auf Regelaltersrente zu erlangen, so ist dieser Einwand in dem auf höhere Rentenleistungen gerichteten Rechtsstreit ohne Bedeutung. Die Hofabgabe ist nach der genannten Bestimmung Voraussetzung dafür, dass ein Altersrentenanspruch dem Grunde nach entstehen kann. Für die Rentenberechnung spielt er hingegen keine Rolle. Da der Kläger dem Grunde nach Rente erhält, kann es dahingestellt bleiben, ob die Hofabgabe-Klausel des § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG verfassungsgemäß ist oder nicht. Ein höherer Rentenanspruch ergibt sich selbst dann nicht, wenn man die Hofabgabe-Klausel für verfassungswidrig halten sollte. Abgesehen davon hat der Senat jedoch keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm (vgl. ausführlich Urteil des Senats vom selben Tag, Az. L 1 LW 4/15). Eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kommt damit nicht in Betracht. Ohne jede Bedeutung für den hier vorliegenden Rechtsstreit ist damit auch, ob der Kläger ohne Abgabe des landwirtschaftlichen Betriebs seine Existenz erhalten hätte und ob er im Zusammenhang mit der Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens durch die Beklagte unzureichend beraten worden ist. Die Beiziehung weiterer Akten anderer Behörden kam daher nicht in Betracht. Die bereits vor vielen Jahren vom Kläger und seiner Ehefrau selbst durchgeführte Abgabe ihres landwirtschaftlichen Unternehmens an seinen Sohn, die von ihm nunmehr offensichtlich als u.a. von der Beklagten veranlasste Fehlentscheidung eingestuft wird, kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. Schon gar nicht im Rahmen eines Rechtsstreits, dessen Gegenstand ein Bescheid der Beklagten ist, der einen Anspruch des Klägers auf höhere Rentenleistungen zu Recht verneint. Ein höherer Rentenanspruch ergibt sich selbst dann nicht, wenn man die Vorwürfe des Klägers gegenüber der Beklagten ("Überredung zur Hofabgabe ohne umfängliche Beratung") als zutreffend unterstellen würde. Davon abgesehen liegt ein Beratungsfehler der Beklagten nicht vor. Die Beklagte hat den Kläger vielmehr sachlich und ausführlich in diversen Schreiben und persönlichen Vorsprachen über die gesetzlich vorgeschriebene Notwendigkeit einer Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens informiert. Ein Grund zur Beanstandung liegt nicht vor.

Die Berufung war damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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