L 5 KR 414/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 131/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 414/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein eventuelles in der Vergangenheit von den Krankenkassen praktiziertes Durchwinken von Hilfsmittelabrechnungen schafft auf Seiten der Hilfsmittelerbringer kein schutzwürdiges Vertrauen, generell und dauerhaft werden auf Abrechnungsprüfungen und Erstattungsansprüche verzichtet.
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 17. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten auch der Berufung.

III. Der Streitwert wird auf 2.169,82 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin bezüglich der Abrechnung von Einlagenversorgungen streitig.

Der Beklagte ist ein nicht ärztlicher Leistungserbringer für orthopädische Hilfsmittel. Es bestand zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Krankenkassenverbände und der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik ein Rahmenvertrag vom 19.08.1981 über die Versorgung der Versicherten der Krankenkassen. Dieser wurde zum 31.12.2008 gekündigt. Die Beklagte hat in der vertragslosen Zeit vom 01.01.2009 bis 30.04.2013 nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten den vorgenannten Rahmenvertrag vom 19.08.1981 gegen sich gelten lassen und insbesondere Einlagenversorgungen des Beklagten nach Ziffer 08 (Produktgruppe Einlagenversorgung) des genannten Vertrages genehmigungsfrei abgerechnet sowie bezahlt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum 2007 bis 2011 bestand nach den Leistungserbringer-Regelungen keine vertragliche Normierung einer beschleunigten Prüfung vor Ablauf der Verjährungsfrist.

Die Klägerin führte im Jahr 2011 beim Beklagten erstmals eine Abrechnungsprüfung durch. Dabei kam die Klägerin zu dem Ergebnis, dass vom Beklagten in den Jahren 2007 bis 2011 Leistungspositionen bei der Einlagenversorgung abgerechnet wurden, für die Leistungs- und Abrechnungsausschlüsse bestehen. Daneben wurden auch teilweise unzulässige Mehrfachabrechnungen festgestellt. Diese Feststellungen folgen aus dem Rahmenvertrag über die Versorgung der Anspruchsberechtigten der Krankenkassen durch Orthopädieschuhmacher mit der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik vom 19.08.1981 unter Anwendung der Anlage 4 "Preisliste und der Aufschlüsselung der Prüfkriterien". Zu den Einzelheiten wird auf Bl. 17 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten hat die Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik ihren Mitgliedern empfohlen, die entsprechenden von der Klägerin gegenüber ihren Mitgliedern geforderten Beträge aus vergleichbaren Vorgängen zu bezahlen. Mit Schreiben vom 27.10.2011 bezifferte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die von ihr festgestellten Überzahlungen im Zeitraum vom Januar 2007 bis August 2011 mit 2.169,82 EUR und forderte diesen Betrag zurück. Die Klägerin hatte dabei die Einzelfälle aufgeschlüsselt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 6 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.

Hiergegen wandte sich der Beklagte mit Schreiben vom 02.12.2011 und vertrat die Auffassung, dass die Ansprüche ua. verwirkt seien.

Mit Schreiben vom 13.12.2011 erläuterte die Klägerin ihre Entscheidung mit Hinweisen zu den Prüfschlüsseln. Eine Verwirkung der geltend gemachten Zahlungsansprüche sei nicht eingetreten. Bei Verjährungsfristen unter zehn Jahren würde eine Verwirkung nur in äußersten Ausnahmefällen eintreten, weil es dem Gläubiger erlaubt sei, die Fristen auszuschöpfen.

Mit Schreiben vom 16.12.2011 wurde vom Beklagten für Abrechnungen aus den Jahren 2007 und 2008 bis einschließlich 30.06.2012 auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

In einem weiteren Schreiben vom 13.01.2012 zur nachgelagerten Prüfung abgerechneter Einlagenversorgungen verwies die Klägerin unter anderem darauf, dass die Landesinnung Bayern für die Orthopädie-Schuhtechnik ihren Mitgliedern empfohlen habe, die geforderten Beträge zu bezahlen.

Mit Schreiben vom 27.01.2012 lehnte der Beklagte die Zahlung ab und unterbreitete für ihn und weitere Hilfsmittelerbringer das Angebot einer Teilzahlung. Er vertrat wiederholt die Auffassung, dass bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Forderungen Verwirkung eingetreten sei. Es sei ein kurzer Zeitraum zur Rechnungsprüfung anzusetzen. Bei der Verpflichtung zur Prüfung der Abrechnungen in angemessener Zeit handle es sich um eine vertragliche Nebenpflicht der Klägerin. Der daraus resultierende Schadensersatz bestehe in der Freistellung von den auf Grund verspäteter Prüfung erhobenen Nachforderungen.

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 30.01.2012 ausdrücklich, keinen Anlass für einen Vergleich zu sehen und hat Klage erhoben zum Sozialgericht Regensburg.

Die Klägerin hat zur Klagebegründung hervorgehoben, dass Ursache für den Rückforderungsanspruch sei, dass der Beklagte nicht zutreffend abgerechnet habe. Diese vertragswidrige Schädigung habe der Beklagte zu vertreten. Ob und wie die Klägerin interne Rechnungsprüfungen durchführe sei nicht Gegenstand von Nebenpflichten. Vertragliche Regelungen, bis wann solche Rückforderungen möglich seien, bestünden nicht. Rückforderungen könnten im Rahmen der Verjährungsfristen geltend gemacht werden. Auf die in Rechnung gestellten und vergüteten Leistungen habe kein Anspruch bestanden. Eine rechtliche Unsicherheit hinsichtlich des Rückgewährungsanspruches habe nicht bestanden. Es habe zur Zeit der hier streitigen Prüfungen keine vertragliche Regelung über eine Ausschlussfrist (etwa von 6 Monaten) bestanden. Insgesamt habe die Klägerin vergleichbare Forderungen gegenüber 716 Vertragspartnern geltend gemacht, wobei zwischenzeitlich 93 % dieser Leistungserbringer die fehlerhafte Abrechnung erkannt und die Rückforderungen akzeptiert hätten.

Während des Klageverfahrens hat die Klägerin den Beklagten am 07.11.2012 eine Verwarnung erteilt, weil dieser wie bereits in der Vergangenheit von Januar 2007 bis 2011 auch im daran anschließenden Zeitraum bis Juni 2012 Falschabrechnungen getätigt habe. Dagegen hat der Kläger unter dem 09.07.2013 Widerklage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.07.2013 hat der Beklagte erklärt: "Ich weiß um meine vertraglichen Verpflichtungen zu ordnungsgemäßen Abrechnungen und werde alles in meinen Kräften stehende tun, um in Zukunft ordnungsgemäß abzurechnen." Daraufhin hat die Klägerin erklärt, aus der "Abmahnung vom 07.11.2012 keine Rechte mehr abzuleiten" und der Beklagte hat die Widerklage für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 17.07.2013 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 2.169,82 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass es in den von der Klägerin genannten Fällen zu Überzahlungen gekommen sei, welche die Klägerin in ihrem Schreiben vom 27.10.2011 und vom 13.12.2011 im Einzelnen angeführt hat. Vertragliche Regelungen stünden der Rückforderung nicht entgegen. Der Rahmenvertrag vom 19.08.1981 habe keine Regelung darüber enthalten, dass die Prüfungen und Beanstandungen innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen bzw. geltend zu machen wären. Erst mit dem ab 01.05.2013 gültigen Vertrag nach § 127 Abs. 2 SGB V sei in § 7 Ziffer 14 geregelt worden, dass Beanstandungen der Krankenkasse innerhalb von sechs Monaten nach Rechnungseingang geltend gemacht werden müssen. Der Auffassung des Beklagten könne nicht gefolgt werden, dass auch für die Beanstandungen der Prüffälle vor dem 01.05.2013 die Regelung des § 7 Ziffer 14 (Vertrag 2013) als Parteiwille zu Grunde zu legen sei. Für die Zeit bis 31.12.2008 stünde dem bereits der Umstand entgegen, dass der Rahmenvertrag vom 19.08.1981 bis dahin galt. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten der neuen vertraglichen Regelungen seien keine Vereinbarungen getroffen worden. Der bestehende Anspruch der Klägerin sei auch nicht durch Aufrechnung erfüllt worden. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehe kein Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf Schadensersatz (§ 69 S. 3 SGB V i. V. m. § 249 BGB). Eine Aufrechnung scheitere bereits an einer bestehenden Gegenforderung. Der Anspruch sei auch nicht durch Verwirkung erloschen. Im vorliegenden Fall sei bereits kein widersprüchliches Verhalten der Klägerin zu erkennen.

Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Zwischen den Vertragsparteien gelte der sog. "Beschleunigungsgrundsatz". Dieser Beschleunigungsgrundsatz sei auch nicht von der jüngeren Rechtsprechung des BSG im Verhältnis Krankenkassen und Leistungserbringer in Frage gestellt worden. Die Beteiligten seien auf Grund des dauerhaften Vertragsrahmens auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Honorierung angewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG gelte das Beschleunigungsgebot auch für das Abrechnungswesen in der Hilfsmittelversorgung. Der Beklagte habe gegen die klägerische Forderung auch mit einem Freistellungsanspruch wirksam aufgerechnet. Dieser ergebe sich daraus, dass die Klägerin innerhalb von sechs Monaten die Abrechnungen überprüfen müsse. Das Unterlassen führe zu einer Nebenpflichtverletzung, die einen Schadensersatzanspruch begründen würde. Dem geltend gemachten Erstattungsanspruch stehe auch der Einwand der Verwirkung entgegen. Vorliegend habe der Beklagte auf Grund des jahrelangen "Durchwinkens" der Rechnungen darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin keine Ansprüche mehr geltend mache. Es sei zu erwarten gewesen, dass Krankenkassen ihre Korrekturmöglichkeiten bis zum Ende des auf die Abrechnung folgenden Kalenderjahres vorgenommen haben werden würden.

Ein auf Anraten des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 24.3.2015 geschlossener Vergleich wurde von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13.4.2015 widerrufen. Der Beklagte hat mit sich Schriftsatz vom 14.07.2015 sich gegen die Rechtmäßigkeit der Nachforderung verwahrt und darauf hingewiesen, dass der Beklagte Abrechnungsausschlüsse und Festbetragsregelungen missachtet habe. Diese seien zudem nicht wirksam Vertragsgegenstand der Beteiligten geworden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 17.07.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verweist auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts Regensburg.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 24.3.2015 und vom 21.7.2015.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom 17.07.2013 stattgegeben und die Beklagte verurteilt an die Klägerin einen Betrag von 2.169,82 EUR nebst Zinsen zurückzuzahlen.

1. Streitgegenstand ist der Anspruch einer Krankenkasse (Klägerin) gegen einen Leistungserbringer für orthopädische Hilfsmittel (Beklagte) auf Rückzahlung einer Vergütung in Höhe von 2.169, 82 EUR Euro für Leistungspositionen bei der Einlagenversorgung, für die Leistungs- und Abrechnungsausschlüsse sowie-einwendungen geltend gemacht wurden. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der Zahlungsklage einer Krankenkasse gegen einen Leistungserbringer um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 20 mwN; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10), auch wenn es um die Abrechnung von Kosten für Hilfsmittel zur Versorgung von Versicherten geht. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. In der Sache streiten die Beteiligten somit über einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.169, 82 EUR auf Grund einer im Jahre 2011 durchgeführten Abrechnungsprüfung für den Zeitraum vom Januar 2007 bis August 2011.

2. Rechtsgrundlage der von der Klägerin geltend gemachten Forderung auf Rückzahlung des überzahlten Betrages von 2.169, 82 Euro ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 9 f; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. nur BSG Beschluss v. 27.11.2014 - B 3 KR 22/14; BSG Urteil vom 18.6.2014 - B 3 KR 10/13 R - juris und BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 2/13 R - juris, jeweils mwN) kann eine Krankenkasse eine Überzahlung, die auf einer fehlerhaften Abrechnung des Leistungserbringers beruht, im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückerstattet verlangen, wenn die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgte. Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur), der aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hergeleitet wird (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27), setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach den §§ 812 ff BGB (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zu Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl. zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 AFG aF BSGE 45, 38, 47 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; 112, 351, 353 f).

a) Die Klägerin hat an den Beklagten einen Betrag von 2.169, 82 EUR Euro für die vom Beklagten genehmigungsfrei abgerechneten Einlagenversorgungen (PG 08) ohne Rechtsgrund bezahlt.

aa) Maßgebend für die Vergütung der hier streitigen Einlagenversorgung ist der Rahmenvertrag über die Versorgung der Anspruchsberechtigten der Krankenkassen durch Orthopädieschuhmacher mit der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik vom 19.08.1981 insbesondere unter Anwendung der Anlage 4 "Preisliste". Dieser wurde zwar zum 31.12.2008 gekündigt, jedoch nach unstreitigem Vortrag der Beteiligten auch in der vertragslosen Zeit zwischen den Beteiligten angewandt. Hierzu ist in Auswertung des übereinstimmenden Beteiligtenvorbringens beider Instanzen festzustellen, dass sich Klägerin und Beklagter entsprechend der bayernweiten Übung der zugelassenen orthopädischen Leistungserbringer im Interesse der Versichertenversorgung im streitgegenständlichen Zeitraum an die seit 19.08.1981 geltenden Regelungen auch über die Kündigung zum 31.12.2008 hinaus gehalten haben. Der Beklagte hat auf dieser Grundlage insbesondere Einlagenversorgungen als Sachleistung erbracht, diese gegenüber der Klägerin auf der gehandhabten Grundlage abgerechnet und die entsprechenden Festbetragsvergütungen der Klägerin anstandsfrei entgegengenommen. In diesem Zusammenhang ist weiter festzustellen, dass der Beklagte sich gegen die wegen der bereits 2007 - 2001 beanstandeten und damit 2011 - 2012 wiederholten Falschabrechnung ausgesprochene Verwarnung vom 07.11.2012 im Wege der Widerklage zur Wehr gesetzt hatte, diese aber mit dem gerichtlich am 17.07.2013 protokollierten Bemerken, er wisse um seine Pflichten, der unstreitigen Erledigung zugeführt hat. Daraus ist zu folgern, dass der Rahmenvertrag vom 19.08.1981 einschließlich der dortigen Festbetragsregelungen und Leistungsausschlüsse gelebter unstreitiger Bestandteil sowie Rechtsgrundlage der Beteiligten im gegenständlichen Zeitraum war. Dem entspricht auch die Feststellung der ersten Instanz, dass es "zwischen den Beteiligten unstreitig bei den von der Klägerin genannten Fällen zu Überzahlungen kam, welche die Klägerin in ihrem Schreiben vom 27.10.2011 und vom 13.12.2011 im Einzelnen angeführt hat." Von der gelebten Übung (Abrechnung auf Basis der Rahmenvertrages 1981) umfasst waren somit die Ausführungen des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V zur Produktgruppe 08 "Einlagen" und die allgemeinen Erläuterungen zum Festbetragsgruppensystem zu den Festbeträgen, die gemäß § 36 SGB V für Einlagen festgesetzt und im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Im Einzelnen wird zu den nicht ansetzbaren und abrechenbaren Zusätzen auf die Aufschlüsselung der Klägerin im Schriftsatz vom 13.12.2011 an den Beklagtenvertreter verwiesen.

bb) Diese Leistungs- und Vergütungsgrundlagen sind sachgerecht und in sich schlüssig, sie waren jahrelang Tätigkeits- und Einkommensgrundlage des Beklagten, substantiell Greifbares dagegen hat der Beklagte nicht in das Verfahren eingeführt. Vielmehr ist nochmals festzustellen, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht wörtlich erklärt hat. "Ich weiß um meine vertraglichen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Abrechnung und werde alles in meinen Kräften stehende tun, um in Zukunft ordnungsgemäß abzurechnen". Auch im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 17.09.2014 beschäftigt sich der Beklagte alleine mit dem Beschleunigungsgrundsatz bei dauerhaften Abrechnungsverhältnissen, mit einem Freistellungsanspruch des Beklagten aus Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB mit dem die Aufrechnung erklärt wurde und mit dem Einwand die Forderung sei verwirkt. Der Schriftsatz endet mit dem Hinweis, dass auf Grund der Verwirkung die Klage mit Ausnahme von 6,62 EUR abzuweisen sei. Gegen den Anspruchsgrund der Rückforderung hat der Beklagte lediglich generalisierende Einwendungen ins Feld geführt. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach den unstreitigen Vortrag beider Beteiligter sich die Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik der Rechtsansicht der Klägerin angeschlossen und ihren Mitgliedern empfohlen, die von der Klägerin geforderten Beträge zu bezahlen. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 14.07.2015 vorträgt, dass die Festbetragsregelung nicht wirksam zwischen den Parteien vereinbart wurde (S. 108 LSG Akte unten) und auf der anderen Seite darauf hinweist, dass sich die Festbeträge für Einlagen in der Preisliste, im Anschluss an die Preise für PG 31, auf den Seiten 20 - 22 befinden (S. 109 LSG Akte oben) ist dieser Vortrag bereits in sich widersprüchlich. In wieweit diese Klausel für den Beklagten überraschend gewesen sein soll, wenn diese Regelung in der Vergangenheit von den Beteiligten so angewandt wurde, erschließt sich nicht, unabhängig von der Frage Anwendbarkeit der §§ 305c, 306 BGB auf den Rahmenvertrag.

cc) Zudem ergeben sich in Auswertung der als Anlage 1 zur Klageschrift vorgelegten Aufschlüsselungen in Zusammenhang mit den Regelungen im Gefolge des anzuwendenden Rahmenvertrages sowie des Hilfsmittelverzeichnisses, dass die Beanstandungen der Klägerin gemäß Blatt 7 - Blatt 13 der erstinstanzlichen Gerichtsakte namentlich benannte Versichertenversorgungen erfasst hatten, bei denen der Beklagte insbesondere zugleich die Fertigung einer neuen Ledereinlage sowie die Herstellung einer neuen Lederdecke der Einlage abgerechnet hatte ebenso wie die Fertigung mehrerer Abdrücke an einem einzigen Abgabetag. Die zu den jeweiligen Kunden des Beklagten gehörenden Überzahlungsbeträge hat die Klägerin einzeln in Euro und Cent aufgeschlüsselt und listenmäßig aufgestellt sowie in einer Gesamtsumme den Rückforderungsbetrag zutreffend beziffert. Zwar hat der Beklagte demgegenüber eingewandt, dies sei für ihn nicht nachvollziehbar. Mit diesem unspezifischen Einwand kann jedoch die zutreffend erstellte und errechnete Beanstandung und Nachforderung der Beklagten nicht entkräftet werden. Dies gilt umso mehr, als festzustellen ist, dass der Beklagte gegen keinen einzigen der mit Vor- und Nachnamen sowie mit Geburtsdatum und Versicherungsnummer und Abgabetag bezeichneten Rückforderungsfälle geltend gemacht hat, er habe etwa für den Versicherten nicht Einlage und Deckleder zusätzlich abgerechnet, keine mehrfachen Abdrücke am gleichen Abgabetag abgerechnet, eine Zusatzleistung aus besonderen Gründen abrechnen dürfen oder aber zB den Versicherten gar nicht versorgt.

b) Der Anspruch ist für die streitgegenständlichen Jahre 2007 bis 2011 ist nicht verjährt. Das BSG hat bereits entschieden, dass die sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren für alle gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern und damit auch für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen etwaiger Überzahlung von Vergütungsansprüchen als Kehrseite des Leistungsanspruchs gilt (für die Vergütung von Krankenhausbehandlung sowie die Mitteilungspflichten des Leistungserbringers nach § 276 Abs. 2 S 1 SGB V: BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25; für die Vergütung von Krankenhaustransporten: BSG SozR 4-1200 § 45 Nr 4 RdNr 22). Die Verjährungsvorschriften des BGB kommen auch über § 69 Satz 3 SGB V nicht zur Anwendung, weil die Verjährungsfrage schon aus dem Vierten Kapitel des SGB V selbst und den hierfür geltenden allgemeinen Rechtsprinzipien zu beantworten ist (BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 1 RdNr 17 ff; BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 8 S 30). Denn das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die in § 45 SGB I bestimmte Verjährungsfrist von vier Jahren Ausdruck eines allgemeinen Prinzips ist, das der Harmonisierung der Vorschriften über die Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche dient. Die Regelung ist aus praktischen und haushaltsrechtlichen Gründen geboten, um jahrzehntelange Auseinandersetzungen einer beschleunigten gerichtlichen Klärung zuzuführen (so bereits BSGE 42, 135 = SozR 3100 § 10 Nr 7 S 10; BSGE 69, 158 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1 S 5; Übertragung auf das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer: BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 8 S 30; BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 1 RdNr 17; BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 11; BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 25; BSG SozR 4-1200 § 45 Nr 4 RdNr 22). Im Zeitpunkt der vorliegend im Jahre 2011 für die Jahre 2007 bis 2011 durchgeführte Abrechnungsprüfung waren die Ansprüche der Klägerin somit nicht verjährt. Mit Schreiben vom 16.12.2011 wurde vom Bevollmächtigten des Beklagten für Abrechnungen aus den Jahren 2007 und 2008 bis einschließlich 30.06.2012 auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Die Klageerhebung vom 29.03.2012 hat somit die Verjährung rechtswirksam unterbrochen.

c) Der Anspruch ist nicht verwirkt bzw. auch nicht nach den Grundsätzen eines "Beschleunigungsgebots" ausgeschlossen. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl. zuletzt BSG Urteil. v. 23.06.2015 - B 1 KR 26/14 R; BSG Urteil v. 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R; Urteil vom 12.11.2013 - B 1 KR 56/12 R - Juris RdNr 15,), etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der KK und später als ein ganzes Rechnungsjahr erfolgt (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 14, 21). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist auch für das Sozialversicherungsrecht grundsätzlich anerkannt. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösende "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr; BSG Urt. 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R; vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37; BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr 14, RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 31; BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 36; BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 17; BSG SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 13; BSG Urteil vom 30.7.1997 - 5 RJ 64/95 - Juris RdNr 27; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f; BSG Urteil vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - FEVS 44, 478, 483 = Juris RdNr 23; BSG SozR 2200 § 520 Nr 3 S 7; BSG Urteil vom 29.7.1982 - 10 RAr 11/81 - Juris RdNr 15; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSG Urteil vom 25.1.1972 - 9 RV 238/71 - Juris RdNr 17; vgl auch Hauck, Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in Brand/Lembke (Hrsg), Der CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, 2012, S 147 ff, 167 f). Solche die Verwirkung auslösende Umstände sind vorliegend nicht feststellbar. Selbst dem Beklagtenvortrag lässt sich nichts entnehmen, was auf ein Umstandsmoment hindeuten könnte. Allein der Zeitablauf stellt ein solches Verwirkungsverhalten noch nicht dar. Denn die Verwirkung unterscheidet sich von der Verjährung dadurch, dass der bloße Zeitablauf nicht genügt, um die Ausübung des Rechts als unzulässig anzusehen (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten Entscheidungen BSGE 51, 260, 262 = SozR 2200 § 730 Nr 2 S 4; BSG Urteil vom 30.10.1969 - 8 RV 53/68 - USK 6983 S 345 = Juris RdNr 23; BSGE 38, 187, 194 = SozR 2200 § 664 Nr 1 S 9; BSGE 34, 211, 214 = SozR Nr 14 zu § 242 BGB; BSGE 7, 199, 200 f; vgl auch BGH NJW 2011, 445, 446). Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (stRspr, vgl nur BSG Urteil vom 21.4.2015 - B 1 KR 7/15 R - Juris RdNr 19 mwN; vgl. auch BSG Urteil vom 19.6.1980 - 7 RAr 14/79 - USK 80292 S 1312 = Juris RdNr 32; BSGE 47, 194, 197 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55). Hiervon kann bei nicht vorgenommener Prüfung innerhalb der kurzen, vierjährigen Verjährungsfrist nicht ausgegangen werden (vgl. zum Ganzen BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 38 f). Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechnungen des Beklagten ohne Erklärung eines Vorbehalts zahlte, ergibt sich nichts anderes (so ausdrücklich BSG Urt. v. 14.10.2014 - B 1 R 27/13 R). Zusammenfassend steht auf Grund des übereinstimmenden Beteiligtenvortrags fest, dass die Klägerin alleine Prüfungen unterlassen hat, ein zusätzliches Vertrauen erzeugendes aktives Umstandsmoment wird eben nicht einmal von der Beklagten vorgetragen. Zur einer beschleunigten Geltendmachung wäre die Beklagte nur dann verpflichtet gewesen, wenn dies gesetzlich oder vertraglich geregelt wäre (so ausdrücklich BSG Urteil v. 08.10.2014 - B 3 KR 7/14 R). Vorliegend besteht keine ausdrückliche gesetzliche bzw. vertragliche Normierung eines Beschleunigungsgrundsatzes: Der Rahmenvertrag 1981 enthält keine diesbezügliche Regelung, § 7 Nr. 14 Rahmenvertrag 2013 ist auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht anwendbar. Nicht geklärt werden muss, ob sich die Beklaget überhaupt auf einen Vertrauensschutz berufen könnte - hier fehlt jedoch bereits am aktiven Setzten eines Umstands durch die Klägerin - da es ja gerade der Beklagte war, der "vertragswidrig" abrechnete.

d) Der Anspruch ist auch nicht durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch des Beklagten aus einer Nebenpflichtverletzung gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V, §§ 387 ff BGB i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB erloschen. Es fehlt offenkundig bereits an einem Schaden des Beklagten.

aa) Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem möglichen Schadensersatzanspruch ist § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Grundsätzlich ist eine Aufrechnung auch im Verhältnis von Hilfsmittelerbringern und Krankenversicherern zulässig, denn es besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung entgegenzutreten. Dabei sind die zivilrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung (§§ 387 ff BGB) anzuwenden (vgl. bereits BSG, Urteil vom 17.03.2005 - B 3 KR 11/04 R, Rnr. 15 m.w.N., juris). Voraussetzung dieses einseitigen Gestaltungsrechts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der wirksamen Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige, und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung muss dabei uneingeschränkt wirksam und fällig sein, die Hauptforderung muss jedoch lediglich erfüllbar sein (Gursky in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2011, § 387 Rnr. 136 f; BSG, Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R- Rnr. 13, juris).

bb) Vorliegend fehlt es jedoch bereits an einer bestehenden Gegenforderung und somit an einer Aufrechnungslage. Der Beklagte kann sich nicht auf einem Anspruch gem. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 249 Abs. 1 BGB berufen. Das Sozialgericht hat diesbezüglich im Urteil vom 17.07.2013 bereits zutreffend festgestellt, dass keine Nebenpflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) erkennbar ist. Insoweit wird auf die ausführlichen und überzeugenden Feststellungen und Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es auch offenkundig an einem Schaden des Beklagten fehlt. Nach der Differenzhypothese besteht der Schaden im Sinne des § 249 BGB nämlich in der Differenz zwischen zwei Güterlagen (Palandt-Grüneberg, Vorb. v. § 249 Rn 10). Ein Vermögensschaden ist danach gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde (BGH NJW 2011, 1962; 2009, 1870; 1994, 2357; Palandt-Grüneberg a.a.O.). Unterstellt man eine Verpflichtung der Klägerin, die Abrechnungen zeitnah prüfen zu müssen und wird diese Pflicht verletzt, dann stellt diese Pflichtverletzung das die Ersatzpflicht begründende Ereignis dar. Zu vergleichen sind somit die Güterlagen mit und ohne das die Ersatzpflicht auslösende Ereignis. Denkt man aber das schädigende Ereignis hinweg, hätte die Klägerin den Anspruch also rechtzeitig gelten gemacht bzw. bei den Rechnungen in Abzug gebracht, so entspricht dieser Wert demjenigen der jetzt mit dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltend gemacht wird. Ein Schaden im Sinne des § 249 BGB liegt somit nicht vor. Die Berufung ist daher vollumfänglich zurückzuweisen.

3. Die Kostentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1und 2 VwGO.

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teils 1 SGG § 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da ua. die Frage der Verwirkung von Vergütungsansprüchen bzw. der von öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen sowie die Anwendung des sog. "Beschleunigungsgrundsatzes" höchstrichterlich geklärt ist (vgl. nur BSG Urteil vom 08.10.2014 - B 3 KR 7/14 R und Urteil vom 14.10.2014 B 1 KR 27/13).
Rechtskraft
Aus
Saved