L 14 R 820/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 27 R 1664/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 820/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Künstlersozialabgabenpflichtig als Unternehmer der Anstellung von bespielten Bild- und Tonträgern kann auch die GmbH sein, die fremdsprachtige Filme ankauft, die durch beauftragten Dritten synchronisieren lässt und den Film dann vermarktet, wenn der beauftragte Dritte in Wahrnehmung der Aufgabe des Synchronregisseurs künstlerischer Oberleiter ist.
2. Selbst dann, wenn der beauftragte Dritte bei Koordination der (selbständigen) Synchronsprecher sich nur auf organisatorisch-technische Arbeiten ohne Mitwirkung an der eigentlichen Synchronarbeit beschränkt, ist bei Möglichkeit der künstlerischen Einwirkung von der Erschaffung eines Gesamtkunstwerks auszugehen (vgl. BSG v. 24.07.2003, B 3 KR 37/02, juris).
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit einer Nachforderung von Künstlersozialabgabe in Höhe von 31.964,05 EUR. Die berufungsführende GmbH, die nach Mitteilung ihres Bevollmächtigten am 07.08.2017 ihre Auflösung beschloss und sich in Liquidation befindet, betrieb ein Unternehmen zum An- und Verkauf von Filmlizenzen sowie zur Produktion von Filmen. Sie war mit diesem Unternehmensgegenstand seit dem 16.11.2001 in das Handelsregister des Amtsgerichts A-Stadt unter der Nummer HRB xxx eingetragen. Zur Vermarktung angekaufter fremdsprachiger Filme nebst Sendelizenz in Deutschland vergab die Klägerin Aufträge zur Synchronisation der Filme an Dritte, unter anderem an den Alleininhaber der Einzelfirma L. (i. f. L.). Nach Rückerhalt des Filmes mit aufgespielter deutscher Fassung wurde dieser in vorgegebenem technischen Format an Fernsehsender verkauft und zusätzlich eine entsprechende Sendelizenz erteilt. Auf ihrer Homepage beschrieb die Klägerin damals ihre Geschäftsfelder unter anderem wie folgt: " ...von der DVD Hochpreisvermarkung bis hin zum großvolumigen Bundledeal werden diverse Videotitel auf den Markt gebracht. RRS akquiriert und vergibt Synchronaufträge."

Nach einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 07.09.2009 bis zum 31.12.2010 erließ die Berufungsbeklagte nach vorangegangener Anhörung gemäß § 28p Abs. 1a SGB IV am 12.09.2011 einen Prüfbescheid, mit dem dem Grunde nach Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz festgestellt und eine Künstlersozialabgabe in Höhe von 31.964,05 EUR für den Prüfzeitraum 01.01.2004 bis 31.12.2010 festgesetzt wurde. Überdies wurden Vorauszahlungen nach § 27 KSVG ab Juni 2011 in Höhe von 45,50 EUR pro Monat und eine "Nachvorauszahlung" 1/ 2011-5/2011 von 605,80 EUR festgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KSVG bestehe. Da die Prüfung bereits 2009 begonnen habe, seien Beiträge ab 2004 nachzufordern. Frühere Beiträge seien wegen der vierjährigen Verjährungsfrist nicht nachzufordern. Der Bemessungsgrundlage für die Sozialabgabe unterliegen alle an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte einschließlich Auslagen und Nebenkosten. Der Beitragsforderung liegen nur die an die Firma L. gezahlten Entgelte für die Synchronisation ausländischer Filme zu Grunde.

Im Widerspruchsverfahren trug die Berufungsführerin vor, dass RRS laufend Synchron- aufträge an diverse Firmen vergebe. Einer dieser Firmen sei die Fa. L., die eine Personengesellschaft sei. Die Fa. L. sei praktisch ein Synchronvermittler bzw. Betreuer, der das Dialogbuch zur Übersetzung gebe, die Synchronsprecher organisiere und auswähle, das Aufnahmestudio anmiete, die Produktion überwache, den Regisseur beauftrage sowie Tonmeister et cetera. Die Fa. L. bezahle für das von ihr beauftragte Personal Künstlersozialabgabe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2012 wies die Berufungsbeklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat die Berufungsführerin Klage zum Sozialgericht München erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass man für die Leistung der Synchronsprecher, die die Fa. L. beauftrage, nicht abgabepflichtig sei. Die Fa. L. erbringe selbst keine künstlerische Leistung, sondern nur organisatorische und technische Leistungen. Durch die Forderung würde die künstlerische Leistung der Synchronsprecher mit einer Doppelabgabe belegt werden, da die Fa. L. auf diese bereits Abgaben bezahle.

Das Sozialgericht München lehnte mit Beschluss vom 18.03.2013 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Die Beschwerde dagegen wurde mit Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13.06.2013 (L 5 R 403/13 B ER) zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 25.07.2014 hat das Sozialgericht München sodann die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass nach den klägerischen Angaben und bestätigt durch den gehörten Zeugen H. die Klägerin das von der Fa. L. gelieferte Gesamtkunstwerk zusammen mit den Lizenzen verwerte. Die Klägerin deute allerdings den Ausdruck "Verwertung" falsch und komme zur ihrer irrigen Ansicht, nicht der Abgabepflicht zu unterliegen. Es liege auch keine Doppelerhebung vor. Die beauftragte Fa. L. zahle Künstlersozialabgabe auf die einzelnen schöpferischen Leistungen der beauftragten Synchronsprecher, da sie die einzelnen Synchronleistungen verwerte. Die Klägerin verwerte das Gesamtkunstwerk des von der Fa. L. synchronisierten Films, den sie zusammen mit den Lizenzen verkaufe. Auch die Verwertung des Gesamtkunstwerks falle unter den Begriff der Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern, auch wenn die Klägerin selbst keine konkrete künstlerische Tätigkeit ausübe und keinen künstlerischen Einfluss auf die Fa. L. ausübe.

Im Termin hatte die Kammer zuvor R. H. als Zeugen vernommen. Der Zeuge, der als Beruf "Filmregisseur" angab, sagte u. a. folgendes aus: "Ich bekomme von meinen Kunden einen Film in ausländischer Sprache. Diesen synchronisiere ich mit entsprechenden Synchronsprechern, mische mit der Originalmusik und Geräuschbändern und sende dann das Band an die Kunden zurück. Die Klägerin nimmt auf die Synchronisation des Filmes keinerlei, auch keinen künstlerischen Einfluss."

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin zum Bayerischen Landessozialgericht. Die Berufung ging zunächst beim 16. Senat ein und wurde nach Beschluss des Präsidiums 2016 vom 14. Senat übernommen. Erneut wird ausgeführt, dass die Berufungsführerin ausschließlich Konsumentin sei, während die Fa. L. alleine Erstverwerter der streitgegenständlichen Kunstwerke sei.

Die Berufungsführerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.07.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2012 aufzuheben.

Die Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene hat kein Antrag gestellt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.01.2014 ließ die Berufungsführerin ausführen, dass sie die Synchronisation komplett aus der Hand gebe und keinerlei künstlerischen oder sonst gearteten Einfluss auf die Fertigstellung der Synchronisation habe. Dies mache Herr H., der im Prinzip die künstlerische Oberleitung habe.

Synchronsprechertätigkeiten seien im Übrigen handwerkliche und nicht künstlerische Tätigkeiten. Hilfsweise sei vorzutragen, dass allenfalls die Differenz der Entgelte der Klägerin an die Fa. L. und deren Entgelte an die selbständigen Synchronsprecher Bemessungsgrundlage sein dürfte. Art. 3 GG erscheine verletzt. Denn wenn die Fa. L. keine Einzelfirma, sondern eine juristische Person des Privatrechts gewesen wäre, wäre eine Abgabepflicht nicht entstanden. Mit dieser gesetzgeberischen Konstruktion dränge man Personengesellschaften und Einzelfirmen aus dem Markt.

Mit Beschluss des Senats vom 12.01.2016 wurde die Künstlersozialkasse zum Rechtsstreit beigeladen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, der Akten des Sozialgerichtes sowie der Verfahrensakte des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen. Beigezogen ist auch die Akte des Beschwerdeverfahrens L 5 R 403/13 B ER.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.07.2014 im Ergebnis und in der Begründung zutreffend abgewiesen, weil der angefochtene Prüfbescheid vom 12.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2012 rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage des angefochtenen Prüfbescheids ist § 28p Abs. 1a SGB IV in Verbindung mit §§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 25 Abs. 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Die so genannte Arbeitgeberprüfung des § 28p SGB IV umfasst nach Abs. 1a auch die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe (Satz 1). Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem KSVG einschließlich der Widerspruchsbescheide.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 KSVG ist zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet, der ein Unternehmen der Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung) betreibt. Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind nach § 25 Abs. 1 KSVG die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler und Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind.

Unter den Begriff "Herstellung von bespielten Ton- und Bildträgern" fällt der gesamte Prozess einer Audio- und Videoproduktion. Der Begriff kennzeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch nach seinem Wortsinn in erster Linie die einzelne Schallplatte, MC oder CD, wobei deren Herstellung den gesamten Arbeitsablauf von der Aufzeichnung bis zum Vertrieb der Tonträger umfasst. Er entspricht damit zum Beispiel dem Begriff des Produzenten (BSG, Urteil vom 28.02.1996, 3 RK 12/95). Hersteller ist nicht nur der Ersteller der Erstaufnahme sondern vielmehr jedes Unternehmen, dessen Zweck auf Vervielfältigung und Vertrieb gerichtet ist. Herstellung ist nicht auf den technischen Vorgang beschränkt. Auch eine Produktionsfirma kann Hersteller sein (LSG NRW, Urteil vom 05.02.1992 L 11 KR 55/90). Nicht abgabepflichtig sind Unternehmen, die Ton- und Bildträgern ausschließlich vervielfältigen, also weder an der Aufnahme noch am Vertrieb beteiligt sind (zum Beispiel Kopierwerk). Soweit die Klägerin nicht selbst hergestellte fremdsprachige Filme eine in deutscher Sprache synchronisierte Fassung hinzufügt und damit die Tonfassung in geänderter Sprache neu erschafft, ist sie Hersteller von bespielten Ton- und Bildträgern.

Auch ist sie Unternehmer in Ansehung der Vorschrift. Es handelt sich hier um einen sozialversicherungsrechtlichen Unternehmerbegriff, der sich am Zweck des KSVG ausrichtet. Das BSG hat den Unternehmensbegriff in ständiger Rechtsprechung in Anlehnung an die Begründung zum Entwurf des KSVG (BT-Drucks 9/26 S 16) dahingehend definiert, dass die Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, ständig Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen und verwerten (vgl. BSGE 64, 221, 224 = SozR 5425 § 24 Nr. 2). Hierzu rechnet eine nachhaltige und nicht nur gelegentliche Tätigkeit. Unternehmer sind daher alle natürlichen oder juristischen Personen, deren Tätigkeit einem der in dieser Vorschrift genannten Zwecke dient. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3-5425 § 24 Nrn. 2, 3) nicht erforderlich. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Tätigkeit, die zur Abgabepflicht führt, den Hauptzweck des Unternehmens bildet. Die Verfolgung mehrerer, sogar vorrangig anderer Zwecke spielt für die Abgabepflicht keine Rolle, wenn tatsächlich künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch genommen werden (BSG vom 20.04.1994 SozR 3-5425 § 24 Nr. 6).

Der Senat ist davon überzeugt, dass damals die Synchronisation von Filmen nebst weiterer Vermarktung des synchronisierten Films einer der Hauptzwecke der Berufungsführerin darstellte. So war Unternehmensgegenstand nach dem Eintrag in das Handelsregister u. a. die Produktion von Filmen. Ergänzend wurde auf ihrer Homepage in der damalige Fassung die Erstellung von deutschsynchronisierten Filmfassungen (durch beauftragte Dritte) beschrieben. Soweit die Berufungsführerin noch vor dem Sozialgericht pauschal vorgetragen hat, diese Angaben seien im Prüfzeitraum bereits veraltet und nur nicht korrigiert worden, glaubt dem der Senat - auch angesichts des an die Fa. L. gezahlten Entgeltvolumens - nicht.

Der Senat verkennt nicht, dass die Berufungsführerin nicht für die schöpferischen Einzelleistungen der von der Fa. L. beauftragten Synchronsprecher abgabepflichtig ist. Diese erhalten das Entgelt für die von ihnen erbrachte künstlerische Leistung von der genannten Einzelfirma. Im Verhältnis zu den schöpferischen Leistungen der Synchronsprecher ist die Berufungsführerin daher allenfalls Zweitverwerter (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.2000, B3 KR 31/99 R, zitiert nach juris Rn. 19).

Die Abgabepflicht beruht jedoch darauf, dass der beauftragte Firmeninhaber R. H. (L.) selbst künstlerische Werke in Gestalt der synchronisierten Filmfassungen erschuf, indem er unter Einbeziehung der schöpferischen Einzelleistungen der Synchronsprecher ein so genanntes Gesamtkunstwerk entstehen ließ, mithin den künstlerischen Leistungen der Synchronsprecher durch Wahrnehmung der Aufgabe eines Synchronregisseurs bzw. der künstlerischen Oberleitung eine eigene künstlerische Leistung hinzufügte, so dass als Ergebnis eine eigene persönliche Schöpfung mit eigenem geistigem Gehalt, Ausdruck und Individualität entstand. Dieses sich von den einbezogenen künstlerischen Beiträgen der Synchronsprecher abhebende eigenständigen Gesamtkunstwerk, das die Berufungsführerin jeweils verwertete, begründet die Abgabepflicht nach dem KSVG (vgl. BSG, Urteil vom 24.07.2003, B 3 KR 37/02, juris).

Dazu hat die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG vom 24.07.2003 a. a. O.) ausgeführt, dass es für die Abgabepflicht bereits ausreiche, dass die Beigeladene (Anm. des vom BSG entschiedenen Verfahrens) als selbstständige Unternehmerin für Werbezwecke künstlerische oder publizistische Leistungen erbracht habe, auch wenn sie nicht eigenhändig, sondern nur als Leiterin des Unternehmens verantwortlich daran mitwirkt habe. Die eigenhändige Mitwirkung sei zwar der Regelfall, ihr - völliges oder partielles - Fehlen schließe aber die Einstufung als künstlerische oder publizistische Tätigkeit dann nicht aus, wenn eine Person - wie hier die Inhaberin einer einzelkaufmännisch geführten Werbeagentur - sich zur Erbringung eines künstlerischen oder publizistischen Werks verpflichte und dabei trotz der Mitarbeit von Dritten die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehabe, also jedenfalls die Möglichkeit besitze, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen. Insbesondere im Bereich Publizistik werde auch derjenige als Publizist nach der Verkehrsanschauung, aber auch im Sinne des Presserechts angesehen, wer bei der Publikation eines Druckwerks nur die geistige Oberleitung inne habe ( ...). Es werde also nicht verlangt, dass ein Publizist eigenhändig Texte formuliere oder sich in sonstiger Form sprachlich äußere. Für den künstlerischen Bereich sei allerdings einzuräumen, dass nach der Verkehrsanschauung ein Künstler, der nicht selbst "Hand anlege", sondern die Ausführung seiner Werke vollständig auf Mitarbeiter übertrage, in heutiger Zeit (anders noch in historischer Zeit) eher fremd sein dürfte. Diese Vorstellung sei aber vom Leitbild des bildenden Künstlers geprägt. Unter der vom KSVG vorgegebenen Prämisse, dass auch Grafiker und Layouter zu den Künstlern zu rechnen seien, weil es auf die künstlerische Gestaltungshöhe nicht ankomme, sei eine vollständige Delegation der ausführenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter denkbar, ohne dass die verbleibende geistige Oberleitung bei niedrigerem Anspruchsniveau die Qualifizierung als künstlerische Leistung dadurch verliere.

Für den Senat steht aufgrund der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen H. und auch der insoweit nicht mehr bestreitenden Einlassung der Klägerseite im Termin fest, dass Hr. H. in Wahrnehmung der Synchronregisseuraufgaben aktiv als künstlerische Oberleitung bei der Erschaffung der synchronisierten Filmfassung tätig wurde. Die Tätigkeit des Synchronregisseurs stellt grundsätzlich eine künstlerische Tätigkeit dar (so auch LSG Berlin, Urteil vom 22.10.2003, L 9 KR 31/99 R). Ist doch die Tätigkeit des Regisseurs bereits definiert als verantwortlicher künstlerischer Leiter einer Film- oder Theaterproduktion. Dialogregie, auch Synchronregie genannt, ist ein Arbeitsfeld in der Filmkunst und eine spezielle Form von Regie. Synchronregisseure sind Personen, die Dialogregie bei der Synchronisation von Film- und Fernsehproduktionen führen und die Gesamtverantwortung für das Ergebnis der Sprachfassung tragen. Jener hat die Aufgabe, bei der Synchronisation von Filmen und Fernsehserien die einzelnen Synchronsprecher zu koordinieren. Er achtet auf Timing und Timbre der Sprecher und überprüft, ob die synchronisierten Dialoge die gleiche Wirkung haben wie in der Originalfassung. So muss er die fremde Sprache in Klang, Emotion und Ausdruck auf die Lippenbewegungen des Schauspielers der Originalsprache sowie die Handlung nebst Geräuschen des Films anpassen, was erhebliches künstlerisches Geschick erfordert. Der Synchronregisseur überwacht auch die Bearbeitung und den Schnitt von Dialogen in der Postproduktion.

Aber selbst dann, wenn und soweit, was der Senat für keinen Film annimmt, die Tätigkeit des Firmeninhabers H. sich auf rein organisatorisch-technische Dinge ohne Mitwirkung an der Synchronarbeit beschränken würde, ist, auch aufgrund seiner Regisseurausbildung, von der Möglichkeit der künstlerischen Einwirkung auszugehen, was eine künstlerische Oberleitung begründen würde und die Erschaffung eines Gesamtkunstwerks annehmen ließe (BSG a. a. O.).

Fehler hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Abgabe bzw. der Höhe der festgesetzten Vorauszahlung sind nicht erkennbar.

Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für künstlerische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG). Zur Bemessungsgrundlage zählen auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 KSVG). Entgelt ist nach § 25 Abs. 2 Satz 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon sind die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden sowie steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen (§ 25 Abs. 2 Satz 2 KSVG; BSG, Urteil vom 30.09.2015, B 3 KS 1/14 R, zitiert nach juris Rn. 32).

Soweit die Berufungsführerin versucht, den Begriff des Entgelts, mithin des Preises bzw. Honorars, durch den Begriff des Gewinns zu ersetzen und Kosten des Firmeninhaber H. in Abzug zu bringen, ist ihr aufgrund des Wortlauts der Norm nicht zu folgen. Auch ist die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe nicht ähnlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer auf die Heranziehung des "künstlerischen Mehrwerts" in Gestalt der Differenz der Entgelte für künstlerische Werke/Leistungen zwischen Verwerter und Gesamtkunstwerkersteller einerseits sowie Gesamtkunstwerkhersteller und "zuliefernden" künstlerischem Einzelleistern andererseits ausgestaltet. Auch liegt keine unzulässige Doppelabgabe vor. Die Berufungsführerin schuldet die Abgabe aufgrund der eigenständigen (Gesamt-)kunstwerke, die der Firmeninhaber H. erschuf und die Berufungsführerin dann erwarb. Im Übrigen hat der Steuerberater der Berufungsführerin auf Anforderung die für Synchrontätigkeiten gestellten Rechnungen der Fa. L. (in Kopie) nebst einer Aufstellung der dafür gezahlten Beträge (mit Filmtitel) vorgelegt. Auch ist die Abgabeforderung für das Kalenderjahr 2004 nicht verjährt, weil nach § 27 Abs. 1 KSVG die Abgabe für das Kalenderjahr 2004 am 31.03.2005 fällig wurde.

Auch vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die hier maßgeblichen Normen des KSVG gegen den Gleichheitssatz des Grundrechts verstießen. Das KSVG zieht die Unternehmer, die Leistungen von Künstlern erwerben, zu einer Abgabe heran, die der Finanzierung der sozialen Sicherung der Personengruppe der selbstständige Künstler dient, ohne dass die Abgabe individualisiert dem beauftragten Künstler zugeschrieben wird. Wenn Kunst von einer juristischen Person des Privatrechts erworben wird, die naturgemäß nicht Künstler sein kann, entfallt jede Rechtfertigung für eine Abgabenbelastung, zumal die juristische Person ihrerseits gegenüber den Kunstschaffenden beitragspflichtig (sozialversicherte Beschäftigte) bzw. abgabenpflichtig (selbstständige Künstler) sein wird.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO und folgt aus dem Unterliegen der Berufungsführerin.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
Saved