L 9 AL 202/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 36 AL 1054/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 202/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinn setzt voraus, dass die tatsächliche Beschäftigung faktisch beendet ist.
2.) Hieran fehlt es, wenn sowohl der (vorübergehend arbeitsunfähige) Beschäftigte als auch sein Arbeitgeber die tatsächliche Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit fortsetzen möchten.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 1. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Arbeitslosengeld über den 08.10.2013 hinaus hat.

Der 1965 geborene Kläger stand seit Oktober 1991 in einem Arbeitsverhältnis als Küchenhelfer im Klinikum C-Stadt.

Ab 13.04.2012 war der Kläger arbeitsunfähig. Er bezog von der AOK Bayern vom 25.05.2012 bis zur Aussteuerung am 28.08.2013 Krankengeld - innerhalb dieses Zeitraumes bezog er vorübergehend vom 27.06.2012 bis 29.08.2012 während einer Maßnahme zu seiner medizinischen Rehabilitation in der I-Klinik S-Stadt Übergangsgeld.

Laut dem Entlassungsbericht der I-Klinik wurde der Kläger aus der Rehamaßnahme am 29.08.2012 als vorübergehend arbeitsunfähig entlassen, aus sozialmedizinischer Sicht sei jedoch auf Dauer sowohl für die letzte Tätigkeit als Küchenhilfe als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von einem Leistungsvermögen von täglich über sechs Stunden auszugehen. Am 25.03.2013 beantragte der Kläger bei der Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd (DRV) Erwerbsminderungsrente.

Am 26.07.2013 wurde der Kläger durch den Rentenversicherungsträger ärztlich untersucht. Mit Bescheid vom 30.08.2013 lehnte die DRV den Antrag des Klägers auf Erwerbsminderungsrente ab. Der Kläger erfülle die medizinischen Voraussetzungen nicht. Beim Kläger bestehe eine mittelgradige depressive Episode, der Kläger könne aber dennoch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Hiergegen erhob der Kläger erfolglos Widerspruch und anschließend Klage zum Sozialgericht (SG) München (Az. S 56 R 478/14), die er nach Einholung eines psychiatrischen und eines orthopädischen Gutachtens durch das SG am 06.03.2015 zurücknahm.

Bereits am 11.07.2013 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit C-Stadt arbeitslos. Auf dem Antragsformular bejahte er die Fragen (Nr. 2 a und e), ob er alle Möglichkeiten nutzen werde, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und ob er bereit sei, sich im Rahmen eines durch den ärztlichen Dienst festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung stellen. Der Kläger gab an, weiterhin arbeitsunfähig krank geschrieben zu sein und reichte in der Folgezeit weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seiner behandelnden Ärzte ein. Am 10.09.2013 sprach er persönlich bei der Beklagten vor; die Beklagte hielt in einem Vermerk fest, dass derzeit nicht abgeklärt werden könne, ob der Kläger nur für seinen Beruf als Küchenhelfer oder für den allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsunfähig sei; es sei daher eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes abzuwarten. Ebenfalls am 10.09.2013 wurde der ärztliche Dienst mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Mit Bescheid vom 23.09.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 11.07.2013 ab. Der Kläger sei seit dem 04.03.2013 arbeitsunfähig und stehe der Arbeitsvermittlung daher nicht zur Verfügung.

Am 27.09.2013 erstellte der Ärztliche Dienst der Beklagten nach Einholung mehrerer Befundberichte ein Gutachten nach Aktenlage. Der Kläger sei derzeit nur in der Lage, weniger als drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Diese Prognose gelte voraussichtlich aber nur für einen Zeitraum bis zu sechs Monaten.

Am 08.10.2013 wurde dem Kläger das Gutachten bei einer persönlichen Vorsprache eröffnet. Laut dem Aktenvermerk der Beklagten gab der Kläger hierbei wiederholt an, krank zu sein und nicht arbeiten zu können. Der Kläger wurde laut Vermerk darauf hingewiesen, dass er dann nicht zur Verfügung stehe und kein Arbeitslosengeld erhalten könne. Am 11.10.2013 ließ der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.09.2013 erheben. Er sei zwar arbeitsunfähig, die AU beziehe sich aber nach den AU-Richtlinien aufgrund des weiter bestehenden Arbeitsverhältnisses nur auf die laut Arbeitsvertrag zu erbringende Tätigkeit. Laut Bescheid der DRV vom 30.08.2013 bestehe ein Restleistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insoweit stelle sich der Kläger der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Laut Gutachten des Ärztlichen Dienstes sei der Kläger weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig. Außerdem habe der Kläger auch angegeben, krank zu sein und nicht arbeiten zu können.

Hiergegen hat der Kläger am 23.12.2012 Klage zum Sozialgericht München (SG) erheben lassen. Die DRV Bayern Süd habe ein Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt, insoweit habe sich der Kläger auch zur Verfügung gestellt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 01.07.2015 hat der Kläger erklärt, dass er seit Ende April 2015 wieder auf seiner alten Arbeitsstelle arbeite.

Mit Urteil vom 01.07.2015 hat das SG hat der Klage teilweise stattgegeben.

Der Kläger habe Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur persönlichen Vorsprache am 08.10.2013, danach fehle seine subjektive Verfügbarkeit. Der Kläger sei - entgegen den Feststellung des ärztlichen Dienstes der Beklagten vom 27.09.2013 - im streitigen Zeitraum für die Vermittlung objektiv verfügbar gewesen. Während das ärztliche Gutachten der Beklagten nur nach Aktenlage erfolgt und in seinen Aussagen (mit drei Sätzen) wenig konkret und nicht nachvollziehbar sei, sei der Kläger im Rentenverfahren sowohl am 26.07.2013 von den Ärzten der DRV als auch später von den Gerichtsgutachtern im Verfahren S 56 R 478/14 persönlich untersucht worden. Danach der Kläger seit März 2013 - und somit auch im streitigen Zeitraum ab dem 29.08.2013 - in der Lage gewesen, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben.

Der Kläger sei bis zum 08.10.2013 auch subjektiv verfügbar gewesen. Er habe im Antragsformular bestätigt, dass er bei einer ärztlichen Begutachtung bereit sei, sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Ausweislich des Vorsprachevermerks vom 10.09.2013 sei diese Angabe glaubhaft.

Der Kläger habe daher im Zeitraum 29.08.2013 bis 08.10.2013 Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Ab der persönlichen Vorsprache am 08.10.2013 habe der Kläger jedoch keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld, da er sich nicht mehr der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe. Es fehlt daher an der subjektiven Verfügbarkeit, die auch nicht durch die Regelung des § 145 Sozialgesetzbuch (SGB) III ersetzt werden könne.

Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Kläger - nach Eröffnung des ärztlichen Gutachtens am 08.10.2013, wonach er nach Auffassung der Beklagten auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in der Lage sei, drei Stunden und mehr täglich zu arbeiten - selbst und ernsthaft dieser Einschätzung der Beklagten widersprochen und darauf bestanden habe, vermittelt zu werden.

Ferner habe er die Frage, welche Eigenbemühungen er in diesem Zeitraum unternommen habe, in der mündlichen Verhandlung unbeantwortet gelassen. Dem Kläger sei - aufgrund des ablehnenden Bescheids der Beklagten vom 23.09.2013 und der Auskunft der Beklagten vom 08.10.2013 - bekannt gewesen, dass er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, wenn sich die Annahme, er sei nicht erwerbsfähig, als richtig herausstelle. Dennoch sei der Kläger dieser Aussage gefolgt und habe weiterhin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der behandelnden Ärzte vorgelegt. Nach § 2 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses seien Versicherte, die arbeitslos seien, arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage seien, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt hätten. Dass der Kläger nach Arbeitslosmeldung weiterhin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt habe, sei daher nach dem objektiven Empfängerhorizont dahingehend auszulegen, dass er sich tatsächlich nicht der Arbeitsvermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe zur Verfügung stellen wollen.

Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass auch die Beklagte der Auffassung gewesen sei, er sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erwerbsfähig. Die Frage der Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme liege im eigenen Verantwortungsbereich des Arbeitslosen bzw. Versicherten. Dem Kläger sei aus dem Bescheid der DRV vom 30.08.2013 bekannt gewesen, dass die Rentenversicherung nicht von einer Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen sei.

Der Kläger habe daher ab dem 09.10.2013 mangels subjektiver Verfügbarkeit keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld. Dem Kläger stehe Arbeitslosengeld auch nicht unter Anwendung der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung des § 145 SGB III zu. Die Beklagte habe vorliegend nicht die Prognose getroffen, dass beim Kläger eine Minderung der Leistungsfähigkeit von mehr als sechs Monaten bestehe. Nur dann aber käme die Nahtlosigkeitsregelung des § 145 SGB III zur Anwendung.

Hiergegen hat der Kläger mit Eingang am 11.08.2015 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung durch seine damaligen Prozessbevollmächtigten vortragen lassen, er habe sich entgegen der Feststellung des SG dem Arbeitsmarkt eindeutig zur Verfügung gestellt. Aus der Feststellung, er habe nicht ernsthaft den gutachterlichen Einschätzungen der Beklagten widersprochen, könne nicht geschlossen werden, dass er sich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestellt habe. Als medizinischem Laien sei dem Kläger eine Diskussion über seine gesundheitliche Leistungsfähigkeit weder zumutbar noch möglich gewesen. Im übrigen seien auch die bei der Antragstellung beteiligten Mitarbeiter der Beklagten medizinische Laien, so dass deren Beurteilungsfähigkeit in medizinischen Fragen ebenfalls eingeschränkt sei.

Der Kläger habe sich im Rahmen der Antragstellung eindeutig mit seinem Restleistungsvermögen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt. Mit der Abgabe weiterer AU-Bescheinigungen habe der Kläger lediglich seine Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten erfüllt, ohne hierbei eine Willenserklärung über seine subjektive Verfügbarkeit abzugeben.

Nach telefonischer Auskunft des Personalleiters im Klinikum C-Stadt, Herrn D., gegenüber dem Senat habe das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger lediglich wegen seiner Erkrankung vorübergehend geruht. Das Klinikum C-Stadt sei jederzeit bereit gewesen, den Kläger wieder einzusetzen. Am 28.04.2015 habe der Kläger seine Arbeit wiederaufgenommen bis zu erneuten Erkrankung ab Januar 2016.

In einem Erörterungstermin am 11.01.2018 wurde den Beteiligten mit richterlichem Hinweis dargelegt, dass sich der Kläger entgegen der Auffassung des SG München auch über den 08.10.2013 hinaus subjektiv der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe. Es bestünden jedoch erhebliche Zweifel an seiner objektiven Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung, da der Kläger nicht dauerhaft vom Klinikum C-Stadt freigestellt worden sei.

Mit Eingang am 26.01.2018 hat das Klinikum C-Stadt den Arbeitsvertrag mit dem Kläger vorgelegt. Danach bestand ein Arbeitsverhältnis mit dem Kläger im Umfang von wöchentlich 38,5 Stunden. Angaben, ob es dem Kläger gestattet war, seine Arbeitskraft außerhalb dieser Zeit anderweitig einzusetzen, enthält der Arbeitsvertrag nicht.

Mit Schriftsatz vom 28.02.2018 hat der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kläger dem Klinikum C-Stadt die Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz angeboten habe. Zu diesem Zwecke sei bereits im Mai 2013 ein betriebliches Eingliederungsmanagement eingeleitet worden. In einem ersten Gespräch hierzu am 13.06.2013 habe es der Arbeitgeber abgelehnt, den Kläger auf einen anderen, seinen gesundheitlichen Einschränkungen entsprechenden Arbeitsplatz umzusetzen, da ein solcher nicht existiere.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.05.2018 hat der Kläger erklärt, er hätte damals auch einen anderen Beruf lernen wollen, aber man habe es abgelehnt. Er hätte, wenn er gekonnt hätte, wieder als Spüler gearbeitet; er hätte aber auch andere Tätigkeiten angenommen.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 01.07.2015 und unter Aufhebung des Bescheids vom 23.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2013 zu verurteilen, Arbeitslosengeld über den 08.10.2013 hinaus zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 01.07.2015 ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 23.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2013, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 29.08.2013 abgelehnt hat.

Das SG hat festgestellt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nur einen Anspruch auf Arbeitslosengeld vom 29.08.2013 bis 08.10.2013, aber nicht darüber hinaus hat.

Dabei hat die Sachaufklärung des Senats im Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld über den 08.10.2013 hinaus hat.

Gemäß §§ 136 Abs. 1 Nr. 1, 137 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Arbeitslos ist nach § 138 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 138 Abs. 5 SGB III zur Verfügung, wer
- Nr. 1 eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
- Nr. 2 Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
- Nr. 3 bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer eins anzunehmen und auszuüben und
- Nr. 4 bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Nach § 145 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos ist, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt worden ist. Die Feststellung, ob verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, trifft der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, war der Kläger - trotz vorübergehender Arbeitsunfähigkeit - im streitigen Zeitraum ab 29.08.2013 in der Lage, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Der Kläger erfüllte daher die oben dargelegten Voraussetzungen des § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III für seine sogenannte objektive Verfügbarkeit.

Das SG hat weiterhin zutreffend dargelegt, dass die so genannte Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III im vorliegenden Fall keine Anwendung finden kann, da diese gerade das Fehlen der objektiven Verfügbarkeit des Arbeitslosen aufgrund einer mehr als sechsmonatigen Minderung der Leistungsfähigkeit voraussetzt, was aus den oben dargelegten Gründen zu verneinen ist.

Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld - im noch streitigen Zeitraum über den 08.10.2013 hinaus - scheitert jedoch an der fehlenden Beschäftigungslosigkeit des Klägers.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) tritt die hier maßgebliche Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinn gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nur dann ein, wenn die tatsächliche Beschäftigung ihr faktisches Ende gefunden hat. Auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses kommt es insoweit nicht an. Es sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2007 - Az. B 11a AL 31/06/R).

Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen Sinn ist daher die faktische Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die sich auf der einen Seite in der tatsächlichen Verfügungsmacht bzw. Verfügungsbefugnis (Direktionsrecht) des Arbeitgebers und auf der anderen Seite in der faktischen Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 09.02.2006 - Az. B 7a AL 58/05 R).

Dabei erfordern sowohl die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers als auch die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers keine Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Willen haben, das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers fortzusetzen. Von einer tatsächlichen Lösung des Beschäftigungsverhältnisses kann daher nur ausgegangen werden, wenn beide Seiten das Beschäftigungsverhältnis als dauerhaft gelöst ansehen (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.1997 - Az. 12 BK 63/97; sowie LSG Niedersachen, Urteil vom 13.12.2001 - Az. L 8 AL 368/00).

Nach den Feststellungen des Senats ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass sowohl der Kläger als auch das Klinikum C-Stadt an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers interessiert waren. Eine dauerhafte Aufgabe der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers ist - aus prognostischer Sicht zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung des Klägers am 11.07.2013 - nicht ersichtlich. So hat der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung keine Angaben zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gemacht, sondern handschriftlich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hingewiesen.

Nach Auskunft des Personalleiters des Klinikums C-Stadt gegenüber dem Senat war der Arbeitgeber auch jederzeit bereit, den Kläger nach seiner Gesundung tatsächlich wieder einzusetzen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger hat insoweit nur vorübergehend geruht.

Laut dem vorliegenden Entlassungsbericht der I-Klinik bestand am 29.08.2012 zwar noch eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers, auf Dauer bestand jedoch aus sozialmedizinischer Sicht bereits zum damaligen Zeitpunkt ein Leistungsvermögen von täglich über sechs Stunden auch für seine Tätigkeit als Küchenhelfer. Die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war dem Kläger daher aus prognostischer ärztlicher Sicht langfristig möglich.

Nach den Angaben des Klägers ist bereits im Mai 2013 ein betriebliches Eingliederungsmanagement eingeleitet worden, wenn auch aus tatsächlichen Gründen anfänglich ohne dauerhaften Erfolg. Ferner hat der Kläger erklärt, er hätte damals, wenn er gekonnt hätte, sowohl wieder als Spüler gearbeitet als auch einen anderen Beruf erlernt.

Der Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers im leistungsrechtlichen Sinn wird vor allem dadurch bestätigt, dass der Kläger am 28.04.2015 seine Arbeit beim Klinikum C-Stadt tatsächlich wiederaufgenommen hat.

Der Senat sieht hierin sowohl einen Beleg für die oben dargelegte fortbestehende Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers als auch einen Beleg für die fortbestehende Dienstbereitschaft des Klägers im noch streitigen Zeitraum ab 09.10.2013.

Nach alledem bedeutete der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Überzeugung des Senats im hier streitigen Zeitraum nicht nur eine sog. "leere Hülse", was dann der Fall gewesen wäre, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar eine weitere Ausübung der Verfügungsgewalt gewollt hätten, aber aufgrund der Erkrankung des Arbeitnehmers eine weitere Beschäftigung prognostisch gesehen auf unabsehbare Zeit nicht möglich gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1993, Az. 7 RAr 96/92).

Von einer tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit kann daher vorliegend nicht ausgegangen werden, der Kläger hat daher im noch streitigen Zeitraum ab 09.10.2013 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 01.07.2015 ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved