L 7 BA 37/20 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 1 BA 11/19
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 BA 37/20 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine nachträgliche Bewilligung von PKH nach Erledigung der Hauptsache durch Vergleich, insbesondere über Kosten.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 05.02.2020 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens war eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen aus Betriebsprüfung in Höhe von insgesamt 28.716,43 Euro.

Ursprünglich hatte die Beklagte für den genannten Zeitraum eine Beitragsschuld in Höhe von 39.750,18 Euro (zuzüglich Säumniszuschläge) errechnet. Als Ergebnis einer Besprechung zwischen der Staatsanwaltschaft A-Stadt, der Klägerin und ihrem Ehemann sowie der Beklagten wurde die Nachforderung inklusive der Säumniszuschläge von ursprünglich 59.529,69 Euro auf 28.716,43 Euro reduziert.

Gegen den Bescheid vom 27.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2019 erhob die Klägerin am 26.02.2019 Klage zum Sozialgericht Landshut.

Das Sozialgericht setzte einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage für den 15.01.2020 an. Am 14.01.2020 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht Landshut unter Vorlage des ausgefüllten Vordrucks, allerdings ohne die notwendigen Anlagen hierzu, die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines von Klägerseite benannten Rechtsanwaltes.

Im Erörterungstermin vom 15.01.2020, bei dem die anwesende Klägerin durch den ebenfalls benannten Rechtsanwalt vertreten war, schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich:

"1. Der Beklagte erklärt sich unter Abänderung des Bescheides vom 27.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2019 bereit, die Beitragsforderung, soweit sie ihre Grundlage in einer Schätzung hat, um 1/3 zu reduzieren. Die Säumniszuschläge werden entsprechend der prozentualen Reduzierung der Hauptforderung ebenfalls reduziert. Die personenbezogene Beitragsforderung bleibt von dieser Regelung unberührt.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in voller Höhe.

3. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nimmt dieses Vergleichsangebot im ausdrücklichen Einverständnis mit der Klägerin und ihrem Ehemann an.

4. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass mit dieser Regelung das Verfahren S 1 BA 11/19 seine vollständige Erledigung findet."

Mit Beschluss vom 05.02.2020 lehnte das Sozialgericht den Antrag vom 14.01.2020 auf Bewilligung von PKH ab. Es habe an der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht gefehlt.

Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Erfolgsaussichten ergäben sich schon aus dem Vergleichsabschluss.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Begehren der Klägerseite, PKH für das durch Vergleich erledigte Hautsacheverfahren zu erhalten, scheitert daran, dass der PKH-Antrag, der am 14.01.2020 und damit erst einen Tag vor dem Tag der Erledigung, noch nicht entscheidungsreif war. Erledigt sich die Hauptsache, bevor ein PKH-Antrag entscheidungsreif ist, kann PKH nicht gewährt werden (vgl BayLSG Beschluss vom 19.03.2009, L 7 AS 64/09 B PKH). Weder lagen die Unterlagen zur Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Erörterungstermin, dem Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache durch Vergleich, vollständig vor (vgl BayLSG aaO).

Darüber hinaus scheitert das Begehren der Klägerseite, PKH für das durch Vergleich erledigte Hauptsacheverfahren zu erhalten, an Ziff. 2 des Vergleichs, wonach die Klägerin die Kosten des Verfahrens in voller Höhe trägt. Wenn die Beteiligten im Rahmen eines Vergleichs eine Kostenregelung treffen, führt diese Kostenregelung zu einer Situation, die der einer rechtskräftigen isolierten gerichtlichen Entscheidung über die Kosten vergleichbar ist (OLG Celle, Beschluss vom 16.05.2014, 10 WF 136/14 Rz 10). Dies gilt zumindest dann, wenn der PKH-Antrag zum Zeitpunkt des Vergleichs noch nicht entscheidungsreif ist und bei Abschluss des Vergleichs von Seiten des Antragsstellers der noch offene PKH-Antrag - wie hier - nicht weiter thematisiert wird.

Der Vergleich über die Kosten lässt dann dem Gericht keinen Spielraum mehr für eine von der im Vergleich getroffenen Kostenregelung abweichende Kostenentscheidung, auch nicht im Wege eines PKH-Verfahrens (OLG Celle aaO). In derartigen Fällen der ausdrücklichen freiwilligen Kostenübernahme eines Beteiligten wäre es widersprüchliches Verhalten, einerseits die Kosten im Rahmen des Vergleichs freiwillig zu übernehmen, andererseits aber eine nachträgliche Erstattung dieser übernommenen Kosten durch die Allgemeinheit zu betreiben (OLG Celle aaO Rz 11). Hat ein Kläger bis zur Erledigung der Hauptsache nicht alles ihm Zumutbare getan, eine Entscheidung über den PKH-Antrag noch vor Erledigung der Hauptsache zu erreichen, stattdessen vielmehr an der Erledigung durch den Vergleichsabschluss sogar selbst mitgewirkt (OLG Lüneburg, Beschluss vom 05.50.2009, 4 PA 70/09 Rz 4,5), besteht keine Möglichkeit mehr, PKH zu bewilligen; vor Vergleichsabschluss muss in so einem Fall auf eine Entscheidung über den PKH-Antrag hingewirkt werden (OLG Lüneburg aaO Rz 5).

Ob das Begehren der Klägerseite, PKH für das durch Vergleich erledigte Hautsachverfahren zu erhalten, zudem an Ziff. 4 des Vergleichs scheitert, kann dahingestellt bleiben. Danach hat das "Verfahren" seine "vollständige Erledigung" gefunden, was dahingehend ausgelegt werden könnte, dass das Hauptsacheverfahren samt seiner Nebenverfahren, wie es das PKH-Verfahren darstellt, seine Erledigung gefunden hat. Durch Ziff 4 des Vergleichs hat die Klägerseite hier mittels Erledigungserklärung für das gesamte Verfahren möglicherweise auch den offenen PKH-Antrag als offenes Nebenverfahren für erledigt erklärt, nachdem der PKH-Antrag zum Zeitpunkt des Vergleichs noch nicht entscheidungsreif war.

Aus den genannten Gründen konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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