L 12 KA 8/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 962/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 8/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Rechtsgrundlage der Aufhebung einer Anstellungsgenehmigung aus Gründen, die beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V führen, ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
2. Ist der angestellte Arzt mangels abgeschlossener Weiterbildung nicht berechtigt, fachärztliche Leistungen zu Lasten der GKV zu erbringen, wird der mit der Anstellungsgenehmigung verbundene Versorgungsauftrag nicht erfüllt. Dies berechtigt die Zulassungsgremien zur Aufhebung der Anstellungsgenehmigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgericht München vom 19.12.2018, S 38 KA 962/16, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1).

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Widerruf der dem Kläger erteilten Genehmigung zur Anstellung von Frau A. als ganztags beschäftigte Ärztin mit dem Anrechnungsfaktor 1,0.

Der Zulassungsausschuss Ärzte Schwaben (nachfolgend: ZA) erteilte dem Kläger mit Beschluss vom 16.11.1993 die Genehmigung zur Anstellung seiner Ehefrau A., Beigeladene zu 8), als ganztags beschäftigte Ärztin in seiner Vertragsarztpraxis R-Straße 20, A-Stadt ab 01.11.1993. Die Beigeladene zu 8) verfügt mangels Weiterbildung über keine Facharztanerkennung. Die Beigeladene zu 1) hatte den Kläger mit Schreiben vom 11.02.2009 darauf hingewiesen, dass in den EBM eine Vielzahl neuer Abrechnungsvoraussetzungen aufgenommen worden seien und unter anderem eine strikte Gliederung in hausärztliche und fachärztliche Leistungen erfolgt sei. Als Facharzt könne der Kläger nur noch Leistungen aus seinem fachärztlichen Arztgruppenkapitel des EBM abrechnen. Die Beigeladene zu 8) könne als Ärztin ohne Gebietsbezeichnung Leistungen aus diesem fachärztlichen Arztgruppenkapitel nicht abrechnen. Überdies würden der Kläger und die Beigeladene zu 8) seit dem 01.07.2008 eigene lebenslange Arztnummern führen, die bei den in der Abrechnung erfassten Gebührenordnungspositionen hinzugefügt werden müssen.

Dies habe zur Folge, dass die Beigeladene zu 8) Leistungen des Fachgebietes des Klägers nicht erbringen und abrechnen dürfe und von ihr erbrachte und mit ihrer lebenslangen Arztnummer gekennzeichnete Leistungen bei der Abrechnung ohne Vergütung herausfallen würden. Gleiches gelte auch für qualifikationsgebundene Leistungen, die eine besondere Genehmigung erforderten.

Mit weiterem Schreiben vom 08.04.2009 wies die Beklagte den Kläger nochmals darauf hin, dass ab dem 01.01.2010 keine fachärztlichen Leistungen durch die Beigeladene zu 8) abrechenbar seien.

In der Folgezeit gab es einen ausführlichen Schriftwechsel zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1), unter anderem auch mit dem Vorstand der Beigeladenen zu 1), in dem der Kläger seine Verärgerung über die aus seiner Sicht falsche Rechtsanwendung der Beigeladenen zu 1) deutlich machte. Er vertrat die Auffassung, dass der Status quo für die Beigeladene zu 8) auch ab dem 01.01.2010 erhalten bleibe.

In der Folgezeit teilte die Beigeladene zu 1) dem Kläger mit den Schreiben vom 26.11.2010 und 19.12.2011 mit, dass die weitere Abrechnung von Leistungen der Beigeladenen zu 8) bis 31.12.2013 geduldet werde, weil davon auszugehen sei, dass wegen des bestehenden Ärztemangels eine Nachbesetzung der Assistentenstelle nicht möglich gewesen sei. Die Beigeladene zu 1) beantragte am 22.03.2016 beim ZA den Widerruf der Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8).

Der ZA lehnte den Antrag der Beigeladenen zu 1), die Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8) zu widerrufen, mit Beschluss vom 13.04.2016 ab.

Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1) vom 01.06.2016 hat der Beklagte mit Beschluss vom 04.10.2016 den Beschluss des ZA vom 13.04.2016 aufgehoben und die dem Kläger erteilte Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8) als ganztags beschäftigte Ärztin (Bedarfsplanungsfaktor 1,0) gemäß § 95 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit §§ 21, 27 Abs. 1, Abs. 3 Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit widerrufen. Die Entscheidung begründete der Beklagte damit, dass fachärztliche Leistungen von Dauerassistenten ohne Gebietsbezeichnung nicht mehr erbracht werden dürften. Es handle sich um eine rechtliche Unmöglichkeit, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Dies stelle zwar einen Eingriff in die Berufsausübung nach Art. 12 Grundgesetz - allerdings auf der untersten Stufe - dar, der aber aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls, konkret im Hinblick auf die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung der Versicherten, zulässig sei. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei gewahrt. Für die angestellte Dauerassistentin bestünden alternative Möglichkeiten zur Ausübung ihres Berufs.

Gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten ließ der Kläger Klage zum Sozialgericht München einlegen. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers vertrat die Auffassung, es sei eine Differenzierung zwischen der nicht mehr vorhandenen Abrechnungsmöglichkeit von fachärztlichen Leistungen und dem Status als Dauerassistent geboten. Es gehe um den Bestand der Genehmigung zur Anstellung als Dauerassistentin nach altem Recht. Die Beigeladene zu 8) erbringe gerade keine fachärztlichen Leistungen. In dem Zusammenhang sei auf ein Urteil des Sozialgerichts München vom 16.12.2014 (Az. S 38 KA 36/14) hinzuweisen. Dort sei klargestellt worden, dass die Existenz einer erteilten Genehmigung nicht in Zweifel gezogen werden könne. Im Einzelfall sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beigeladene zu 8) immerhin 25 Jahre tätig sei, weshalb von einem Bestandschutz auszugehen sei. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers vertrat die Auffassung, die Beigeladene zu 8) nehme an der vertragsärztlichen Versorgung nach Maßgabe des alten Rechts teil. Sie und der Kläger hätten ihre gesamte Lebensplanung auf den seit 1993 bestehenden Status ausgerichtet. Selbst eine Weiterbildung hätte die Aufgabe dieses Status bedeutet. In der Klageerwiderung führte der Beklagte aus, die Klägerseite könne sich auf das von ihr zitierte Urteil des Sozialgerichts München vom 16.12.2014 (Az. S 38 KA 36/14) nicht berufen. Denn dort sei Gegenstand gewesen, ob die Befugnis bestand, fachärztliche Leistungen, die von einer Ärztin ohne Gebietsbezeichnung als Dauerassistentin erbracht wurden, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung weiter abzurechnen. Vielmehr habe das Gericht ausdrücklich ausgeführt, die Berechtigung, eine erteilte Genehmigung zu verändern oder zu entziehen, sei den Zulassungsgremien vorbehalten.

Ferner sei darauf aufmerksam zu machen, dass die Beigeladene zu 8) bedarfsplanerisch bei den "Nervenärzten" mitzähle, was es zwingend zu bereinigen gelte, um entsprechend weitergebildeten Ärzten den Zugang zur fachärztlichen Versorgung zu ermöglichen. Der Kläger sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass seine Ehefrau die Leistungen des Fachgebiets weder erbringen noch abrechnen dürfe (Schreiben der KVB vom 11.01.2009). Es verwundere, dass sie sich nicht weiter fortgebildet habe.

Der Beklagte wies darauf hin, dass dem Kläger lange Zeit Bestandschutz eingeräumt worden sei. Die Abrechnung fachärztlicher Leistungen sei bis zum 31.12.2013 geduldet worden. Es gebe keinen zeitlich unbefristeten Bestandschutz.

Das Sozialgericht München hat die Klage mit Urteil vom 19.12.2018 abgewiesen.

Rechtsgrundlage für den Widerruf sei § 95 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit § 27 Zulassungsverordnung Ärzte (Ärzte-ZV) in entsprechender Anwendung. § 95 Abs. 9 S. 4 SGB V verweise nur auf die Vorschrift des § 95 Abs. 5, nicht jedoch auf § 95 Abs. 6 SGB V. Auch § 27 Ärzte-ZV spreche lediglich von einem Zulassungsentzug. Dass eine Genehmigung zur Beschäftigung einer Dauerassistentin widerrufen werden könne, ergebe sich aus § 95d Abs. 5 SGB V. Ausdrücklich sei ein spezieller Widerrufstatbestand nicht geregelt. Nachdem auch bei einer Ermächtigung die Vorschrift des § 95 Abs. 6 SGB V entsprechend anzuwenden sei - § 95 Abs. 4 S. 3 SGB V verweise auf Abs. 5-7 - sei kein Grund ersichtlich, § 95 Abs. 6 SGB V nicht auch auf einen Widerruf einer Anstellungsgenehmigung entsprechend anzuwenden, auch wenn hier keine direkte Verweisung stattgefunden habe. Die allgemeinen Regeln im SGB X fänden daher auf den Widerruf der Anstellungsgenehmigung keine Anwendung. Demnach sei in analoger Anwendung die Genehmigung unter anderem zu widerrufen, wenn der angestellte Arzt seine Tätigkeit nicht mehr ausübe.

Die Änderung des EBM zum 01.04.2005 habe dazu geführt, dass auch eine Dauerassistentin ohne Gebietsbezeichnung keine fachärztlichen Leistungen erbringen und abrechnen könne. Arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen könnten nur von den in der Präambel des entsprechenden Kapitels bzw. Abschnitts genannten Vertragsärzten abgerechnet werden, sofern sie die dort aufgeführten Kriterien erfüllen oder einen Arzt angestellt haben, der die dort aufgeführten Kriterien erfüllt (vgl. EBM, Teil I.1.5). Das bedeute, dass es rechtlich nicht mehr möglich sei, dass die Beigeladene zu 8) in ihrer Eigenschaft als Dauerassistentin fachärztliche Leistungen erbringe, die dann bei der KVB abgerechnet werden könnten. Im Übrigen habe auch der Kläger ausgeführt, die Beigeladene zu 8) erbringe keine fachärztlichen Leistungen mehr. Es bestehe eine Verknüpfung zwischen Abrechnungsmöglichkeit und dem Status. Denn der Angestelltensitz müsse "gelebt" und betrieben werden. Würden aus rechtlichen Gründen Leistungen nicht mehr abgerechnet werden, könne der Angestelltensitz nicht mehr "gelebt" werden, weshalb ein Widerruf in entsprechender Anwendung von § 95 Abs. 6 SGB V zu erfolgen habe. Die ausschließliche Erbringung delegationsfähiger Leistungen genüge nicht.

Der vom Kläger geltend gemachte Bestandsschutz greife nicht durch. Es könne grundsätzlich nicht darauf vertraut werden, dass eine günstige Rechtslage unverändert bleibe. Auch sei die maßgebliche Änderung des EBM bereits zum 01.04.2005 erfolgt, so dass die Ehefrau des Klägers nur ca. 12 Jahre berechtigterweise fachärztliche Leistungen habe erbringen können. Faktisch sei dem Kläger auch eine sehr lange Übergangszeit bis 2013 eingeräumt worden. Der mit dem Widerruf der Anstellungsgenehmigung verbundene Grundrechtseingriff sei durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt.

Dagegen richtet sich die am 25.02.2019 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers, die mit Schriftsatz vom 10.05.2019 begründet wurde.

Die Anstellungsgenehmigung sei entgegen der Annahme des Sozialgerichts keine "leere Hülse", auch wenn die Beigeladene zu 8) keine fachärztlichen Leistungen mehr erbringen und abrechnen könne. Es verblieben ihr delegationsfähige Tätigkeiten, die es dem Kläger erlauben würden, im eigentlichen fachärztlichen Kernbereich in einem Umfang tätig zu sein, der einen zweiten Vertragsarztsitz ausfülle. Bei den delegationsfähigen Tätigkeiten handele es sich beispielsweise um die komplette Sondierung der von den Patienten mitgebrachten Unterlagen sowie deren zielgerichtete Zusammenfassung, die erste Anamneseerhebung, vorbereitende Untersuchungen, das Legen von Zugängen, Nachbereitungen, Sicherungsaufklärungen sowie die Überprüfung von Briefen. Diese Tätigkeiten seien durch den Kläger supervidiert und er führe persönlich die gezielte fachärztliche Tätigkeit aus. Der Status der Dauerassistentin ermögliche der Praxis eine erweiterte fachärztliche Tätigkeit über einen Vertragsarztsitz/ein Arbeitsbudget hinaus und der Beigeladenen zu 8) eine ärztliche Tätigkeit. Es sei für deren Tätigkeit und auch für die Versorgung der Patienten unerheblich, ob über die eigene Abrechnung oder über das Budget des Facharztes abgerechnet werde. Mit dem Widerruf der Anstellungsgenehmigung hätte die Beigeladene zu 8) keine Möglichkeit der ärztlichen Tätigkeit im kassenärztlichen System.

Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit durch objektive Berufszugangsvoraussetzungen seien nur zur Abwehr schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt. Eine konkrete Verhältnismäßigkeitsabwägung sei durch das Sozialgericht nicht erfolgt. Zu berücksichtigen sei, dass die Beigeladene zu 8) die letzte Dauerassistentin bayernweit sei, es könne von einer Einzelkonstellation gesprochen werden. Ein Notstand der fachneurologischen Versorgung im Landkreis sei nicht behauptet und bestehe auch nicht. Davon unabhängig könne durch eine Sonderbedarfszulassung als milderes Mittel Abhilfe geschaffen werden.

Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) schon angesichts ihres Alters zeitliche Grenzen gesetzt seien. Es seien keine Gründe ersichtlich, die gegen eine Übergangszeit für diese Einzelkonstellation bis zum Ruhestand sprächen.

Im Übrigen bestehe Bestandsschutz, nachdem die Tätigkeit als Dauerassistentin bereits seit 1993 ausgeübt werde. Die maßgebliche Änderung des EBM sei im Jahr 2005 erfolgt und seitdem sei über 10 Jahre hinweg kein Widerruf der Genehmigung erfolgt. Zu verweisen sei auf die Situation der Psychotherapeuten, die bereits vor der Einbeziehung der psychotherapeutischen Versorgung in die Bedarfsplanung tätig gewesen seien. Für diese seien in § 95 Abs. 10 und 11 SGB V Bestandsschutzregelungen zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes getroffen worden.

Vorliegend müsse daher zumindest der Status als Dauerassistentin für die Beigeladene zu 8) als Minimalgrundlage der Berufsausübung erhalten bleiben. Es werde hingenommen, dass eine Betätigung im fachneurologischen Bereich und die Abrechnung nicht möglich sei. Es bestehe jedoch kein höherrangiges Interesse, ihr auch jegliche Beschäftigungsmöglichkeiten in der Praxis des Klägers zu entziehen. Dies sei schlicht eine Einschränkung der beruflichen Entfaltung ohne anerkennenswerten schwerwiegenden Grund im Sinne der Gefährdung eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes. Mit weiterem Schriftsatz vom 30.10.2019 machte die Klägerseite geltend, dass es für den Widerruf der Genehmigung an einer gesetzlichen Grundlage fehle. § 95 Abs. 6 SGB V und § 27 Ärzte-ZV würden Anstellungen nicht betreffen und eine analoge Anwendung von § 95 Abs. 5 SGB V käme mangels einer planwidrigen Regelungslücke und in Anbetracht der erheblichen Grundrechtsrelevanz nicht in Betracht. Die allgemeinen Regelungen des SGB X könnten nicht herangezogen werden, weil sie Vertrauensschutztatbestände darstellen würden.

Es wurde nochmals betont, dass die Beigeladene zu 8) auf der Grundlage der Genehmigung in vollem Umfang in der Praxis des Klägers tätig sein könne. Die Tätigkeit bestehe "u.a. in der Untersuchung von Patienten, dabei auch neurologischer Untersuchung in dem Rahmen, wie jeder Arzt hierzu befähigt sein muss und berechtigt ist, sowie in der Erhebung der Anamnese und gegebenenfalls auch der Fremdanamnese". Anschließend würden die Patienten dem Facharzt vorgestellt, der eine Nachuntersuchung vornehme und den diesbezüglichen Umfang nach seiner fachärztlichen Einschätzung bemesse. Die Frage der Abrechnung sei davon unabhängig.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers führte weiter aus, dass die Beigeladene zu 8) die erforderliche Weiterbildung wegen der Anforderungen der Weiterbildungsordnung auch nicht neben der Tätigkeit beim Kläger hätte absolvieren können. Mit der Beendigung der Tätigkeit beim Kläger wäre die Aufgabe ihres bisherigen Status verbunden gewesen.

Der Kläger beantragt gemäß Schriftsatz vom 10.05.2019:
1. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.12.2018 wird aufgehoben.
2. Der Beschluss des Beklagten vom 04.10.2016 wird aufgehoben.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte für den Fall des Unterliegens die Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt gemäß Schriftsatz vom 22.03.2019,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Aufgrund der Regelungen im EBM sei es dem Kläger nicht erlaubt, die Beigeladene zu 8) mit besonderen ärztlichen Tätigkeiten einzusetzen und zu beschäftigen, um GKV-Patienten zu behandeln, weil sie mangels Facharztanerkennung die Angestelltenarztstelle als Facharzt für Nervenheilkunde nicht ausfülle. Sie dürfe keine ärztlichen Leistungen vornehmen, die dann über den Kläger abgerechnet würden. Der Rechtsgrund für die Ausübung der Dauerassistententätigkeit sei mit der neuen Abrechnungsregelung entfallen, so dass die folgende Untätigkeit zwangsweise zu einem Widerruf der Anstellungsgenehmigung in entsprechender Anwendung von § 95 Abs. 6 SGB V führen müsse. In Anbetracht der langen Übergangszeit liege auch keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vor. Der Vergleich mit der rechtlichen Situation der Psychotherapeuten bei Neuregelung der psychotherapeutischen Versorgung gehe fehl, da die Beigeladene zu 8) nie hätte fachärztlich tätig sein dürfen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt mit Schriftsatz vom 26.03.2019,
die Berufung zurückzuweisen.

Entgegen der klägerischen Auffassung könne zwischen dem Genehmigungsstatus an sich und der Möglichkeit der fachärztlichen Leistungserbringung und -abrechnung nicht differenziert werden. Der angestellte Arzt erfülle in fachlicher Hinsicht dieselbe Funktion wie ein Vertragsarzt und werde bei der Feststellung des Versorgungsgrades nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 8 SGB V berücksichtigt. Mit der Anstellungsgenehmigung werde der Versorgungsauftrag und daraus resultierend auch die Sprechstundenverpflichtung des anstellenden Vertragsarztes erweitert. Die Beigeladene zu 8) könne weder in fachlicher Hinsicht dieselbe Funktion wie der Kläger wahrnehmen noch könne sie einen Beitrag zur Erfüllung des fachärztlichen Versorgungsauftrages des Klägers und der hieraus resultierenden Sprechstundenverpflichtung leisten. Die vom Kläger angeführten delegationsfähigen Leistungen seien zur Erfüllung des Versorgungsauftrages und der Sprechstundenverpflichtung nicht geeignet. Bei den vom Kläger angeführten Leistungen handele es sich überdies größtenteils um Leistungen, die nach dem Beispielkatalog zur Delegationsvereinbarung (Anhang zu Anlage 24 BMV-Ä) auch an nichtärztliches Personal delegiert werden könnten. Wie diese Tätigkeiten der Beigeladenen zu 8) dazu beitragen sollten, erweiterte fachärztliche Tätigkeiten im Umfang von zwei vollen Versorgungsaufträgen zu erbringen, sei nicht ansatzweise nachvollziehbar. Zu berücksichtigen sei, dass nach der Rechtsprechung des BSG ein Arzt ohnehin nur einen vollen Versorgungsauftrag erfüllen könne und dürfe (BSG, Urteil vom 28.09.2016 - B 6 KA 1/16 R - Rn 30 juris). In diesem Urteil habe das BSG klargestellt, dass ein Vertragsarzt nicht mehr zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt sei, wenn er den mit der Zulassung verbundenen Versorgungsauftrag nicht erfüllen könne bzw. der Umfang eines vollen Versorgungsauftrages überschritten werde. Nichts anderes könne für einen angestellten Arzt gelten.

Die erteilte Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8) sei daher zu widerrufen gewesen. Sofern eine analoge Anwendung des Widerrufstatbestandes des § 95 Abs. 6 SGB V nicht möglich sei, werde auf die Voraussetzungen für einen Widerruf auf Grundlage der allgemeinen Regelungen für das Sozialverwaltungsverfahren in § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X hingewiesen. Mit Blick auf die Änderungen des EBM2000plus zum 01.04.2005 könne auch von einer Erledigung auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X ausgegangen werden.
Erwägungen zum Vertrauensschutz und Bestandsschutz würden zu keiner anderen Beurteilung führen.

Die Beigeladene zu 1) teilte mit Schriftsatz vom 14.01.2020 mit, dass für die Beigeladene zu 8) vom Quartal 1/2014 bis zum Quartal 3/2019 durchgehend keine Leistungen abgerechnet worden seien.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Dem Senat lagen die beigezogenen Verwaltungsakten des ZA und des Beklagten, die Gerichtsakte zum Verfahren S 38 KA 962/16 sowie die Berufungsakte vor, auf die ergänzend verwiesen wird.

Entscheidungsgründe:

I. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts München sowie der Beschluss des Beklagten vom 04.10.2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Die mit Beschluss des ZA vom 16.11.1993 erteilte Anstellungsgenehmigung war rechtswidrig und hätte nicht erteilt werden dürfen. Die Beigeladene zu 8) verfügte nicht über eine abgeschlossene Weiterbildung auf demselben Gebiet wie der Kläger. Die Beschäftigung bei einem für ein bestimmtes Fachgebiet zugelassenen Vertragsarzt war unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen nach dem bei Erteilung der Genehmigung geltenden Recht nur zulässig, wenn auch der zur Anstellung vorgesehene Arzt die für dieses Fachgebiet vorgeschriebene Weiterbildung durchlaufen hat und die betreffende Gebietsbezeichnung führen darf (BSG, Urteil vom 19.06.1996 - 6 RKa 84/95). Das BSG hat dazu ausgeführt, dass es mit dem System einer fachlich gegliederten ärztlichen Versorgung nicht zu vereinbaren sei, wenn der für ein bestimmtes Fachgebiet zugelassene Vertragsarzt einen angestellten Arzt beschäftige, der die für dieses Gebiet vorgeschriebene Qualifikation nicht erworben habe. Der angestellte Arzt erfülle unbeschadet seiner arbeitsrechtlichen Stellung in fachlich-medizinischer Hinsicht dieselbe Funktion wie der zugelassene Vertragsarzt, er führe die medizinische Behandlung des Patienten nicht nach Anordnung und unter Aufsicht des Vertragsarztes, sondern selbstständig in eigener Verantwortung durch. Auch die Vorschriften zur vertragsärztlichen Bedarfsplanung seien nur dann sinnvoll zu praktizieren, wenn Praxisinhaber und angestellter Arzt derselben Gebietsgruppe angehören würden. Der angestellte Arzt könne seiner Aufgabenstellung zur bedarfsgerechten Sicherstellung in dem vom Praxisinhaber vertretenen Fachgebiet nicht gerecht werden, wenn er nicht selbst in dem Fachgebiet weitergebildet sei (BSG, a.a.O.). Eine Rücknahme der somit rechtswidrig erteilten Anstellungsgenehmigung nach § 45 SGB X scheitert aber an der in § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X vorgesehenen Frist von zwei Jahren nach der Bekanntgabe der Entscheidung.

2. Rechtsgrundlage der Entscheidung des Beklagten ist § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Auch wenn Einigkeit darüber herrscht, dass für die Zulassungsgremien eine Möglichkeit bestehen muss, die für einen bestimmten Arzt/eine bestimmte Ärztin erteilte Anstellungsgenehmigung im Nachhinein wegen gröblicher Pflichtverletzung, Nichtausübung der Tätigkeit oder Wegfall der Eignung zu widerrufen (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 R, Rn. 29 für den Fall der Anstellung in einem MVZ nach § 95 Abs. 2 S. 7 SGB V), ist umstritten, welche Rechtsgrundlage dafür anzuwenden ist. Das SGB X bietet mit den §§ 45 - 48 SGB X allgemeine Korrekturvorschriften, die grundsätzlich auch im Vertragsarztrecht anwendbar sind, soweit nicht speziellere Regelungen entgegenstehen (so SG Marburg, Urteil vom 17.01.2014 - S 12 KA 2/13 und Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 27 Rn. 60 und § 32b Rn. 43). Andererseits ist auch erwogen worden, die spezielleren Vorschriften zur Entziehung vertragsärztlicher Zulassungen nach § 95 Abs. 6 SGB V und § 27 Ärzte-ZV entsprechend anzuwenden, auch wenn es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung gibt (Kremer/Wittmann, 3. Aufl. 2018, Rn. 1655; Meschke, in: Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 27 Rn. 63 unter Verweis auf § 1 Abs. 3 Ärzte ZV; Schallen, Ärzte-ZV, 9. Aufl. 2018, § 32b Rn. 106). Für den Fall der Verletzung der vertragsärztlichen Fortbildungspflicht im Hinblick auf den angestellten Arzt sieht § 95d Abs. 5 S. 6 SGB V vor, dass die Kassenärztliche Vereinigung einen Antrag auf Widerruf der Genehmigung der Anstellung stellt. Selbst wenn § 95d Abs. 5 S. 6 SGB V eine Zulassung des Widerrufs im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X darstellen würde, setzt die analoge Anwendung von § 95 Abs. 6 SGB V voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die bei vergleichbarer Interessenlage die entsprechende Anwendung der Rechtsnorm erfordert, d.h. dass eine Beseitigung der Bindungswirkung der erteilten Anstellungsgenehmigung mit Wirkung für die Zukunft nicht nach den bereits bestehenden Regelungen möglich ist. Es sind bereits Zweifel an der Planwidrigkeit der Regelungslücke angebracht, weil trotz fortlaufender Änderungen und Reformen im Vertragsarztrecht keine Regelung zum Widerruf der Genehmigung zur Anstellung eines Arztes erfolgt ist. Auch die Notwendigkeit einer analogen Anwendung ist nicht gegeben, weil die Korrektur für die Zukunft mit den bestehenden Vorschriften des SGB X möglich ist. Eine Korrektur für die Vergangenheit scheidet wegen der statusbegründenden Wirkung der Anstellungsgenehmigung ohnehin aus (LSG Sachsen, Urteil vom 09.12.2015 - L 8 KA 2/13).

a) Ein Widerruf der mit Beschluss des ZA vom 16.11.1993 erteilten Genehmigung zur Anstellung von Frau A. als ganztags beschäftigte Ärztin ist nach §§ 47 Abs. 1 SGB X, 95 Abs. 9 SGB V nicht vorgesehen. Nach § 47 Abs. 1 SGB X darf ein rechtmäßiger, begünstigender Verwaltungsakt, um den es sich bei der erteilten Anstellungsgenehmigung handelt, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, soweit
1. der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2. mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.

Der Widerruf der Anstellungsgenehmigung scheitert nicht daran, dass diese bereits rechtswidrig erteilt worden war. Auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann widerrufen werden, wenn sein Adressat sonst bessergestellt würde als derjenige eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 23.03.1988, Az. 3 RK 987 = BSGE 63, 107, 109). Allerdings ist der Widerruf in der Anstellungsgenehmigung weder vorbehalten worden noch war mit dieser eine Auflage verbunden. Auch ist der Widerruf nicht durch Rechtsvorschrift zugelassen. Allein § 95d Abs. 5 S. 6 SGB V enthält eine Sonderregelung für den Fall des nicht erbrachten Fortbildungsnachweises für einen angestellten Vertragsarzt. § 95d Abs. 5 S. 6 SGB V geht zwar ersichtlich von der Möglichkeit des Widerrufs der Anstellungsgenehmigung aus, stellt aber selbst auch keine Zulassung des Widerrufs durch Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X dar (in diesem Sinne wohl SG Marburg, Urteil vom 17.01.2014 - S 12 KA 2/13). b) Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Auch hier steht die Rechtswidrigkeit der erteilten Anstellungsgenehmigung der Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht entgegen (Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand 106. EL September 2019, § 48 SGB X Rn. 7, 25ff.).

Entscheidend ist, dass hinsichtlich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des Ausgangsbescheides im Vergleich zur aktuellen Sach- und Rechtslage eine wesentliche Änderung eingetreten ist mit der Folge, dass der Verwaltungsakt jetzt so nicht mehr erlassen werden dürfte. Bei Verwaltungsakten, die von Anfang an rechtwidrig waren, liegt eine wesentliche Änderung vor, wenn sich - die falsche frühere Subsumtion als richtig unterstellt - jetzt eine andere Rechtsfolge ergäbe (Merten, in: Hauck/Noftz, SGB, 11/18, § 48 SGB X, Rn. 24). Den der vertragsärztlichen Zulassung und Anstellungsgenehmigung nach § 95 SGB V immanenten Besonderheiten kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Tatbestände, die nach § 95 Abs. 6 SGB V zur Zulassungsentziehung führen, als wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X behandelt werden. Damit wird auch der vom Gesetzgeber offenbar vorausgesetzten Korrekturmöglichkeit für eine Anstellungsgenehmigung bei Vorliegen von Gründen nach § 95 Abs. 6 SGB V entsprochen, ohne dass auf die mangels Planwidrigkeit schwer zu begründende analoge Anwendung von § 95 Abs. 5 S. 6 SGB V zurückgegriffen werden muss.

2. Die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, bedingt durch die rechtliche Unmöglichkeit zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen durch die Beigeladene zu 8), erfüllt die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 Abs. 6 SGB V und berechtigt damit zum Widerruf der mit Beschluss des ZA vom 16.11.1993 erteilten Anstellungsgenehmigung.

Die Beigeladene zu 8) erbringt nach den vom Kläger bei der Beigeladenen zu 1) eingereichten Abrechnungen seit dem Quartal 1/2014 keine vertragsärztlichen Leistungen. Sofern die Beigeladene zu 8) fachärztliche Leistungen für gesetzlich krankenversicherte Patienten erbringen sollte, die unter der LANR des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) abgerechnet würden, wäre dies unbeachtlich, denn die Beigeladene zu 8) ist aus Rechtsgründen nicht berechtigt, ärztliche Leistungen für gesetzlich krankenversicherte Personen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen.

a) Mit der Anstellungsgenehmigung werden dem zugelassenen Vertragsarzt die vom angestellten Arzt erbrachten Leistungen als persönlich erbrachte Leistungen zugerechnet (§ 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä). Die Anstellungsgenehmigung ist mit der Erteilung eines Versorgungsauftrages verbunden und wird bedarfsplanungsrechtlich bei einer Vollzeit-Anstellung mit dem Anrechnungsfaktor 1,0 in der Bedarfsplanung berücksichtigt (§ 101 Abs. 1 S. 6 SGB V, §§ 17, 21 Abs. 3, 58 Abs. 2 Bedarfsplanungsrichtlinie-Ärzte). Der zugelassene Vertragsarzt hat die bei ihm angestellten Ärzte zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten (Hannes, in: Hauck/Noftz, SGB, 06/17, § 95 SGB V, Rn. 216), zu denen auch die Pflicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 Abs. 3 SGB V im Umfang der erteilten Anstellungsgenehmigung gehört. Das bedeutet, dass der zugelassene Vertragsarzt verpflichtet ist, für die Ausfüllung des mit der Anstellungsgenehmigung verbundenen Versorgungsauftrages durch den angestellten Arzt Sorge zu tragen. Hierzu gehört u.a. die Sprechstundenverpflichtung in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1a BMV-Ä (Altmiks, in: Schiller (Hrsg.), Bundesmantelvertrage Ärzte, 2014, § 17 Rn. 10), nach der die Beigeladene zu 8) für mindestens 20 Stunden Sprechstundenzeit zur Verfügung stehen müsste. Daraus folgt für den Kläger, dass es in seiner Verantwortung liegt, dass der mit der Anstellungsgenehmigung vom 16.11.1993 übertragene volle Versorgungsauftrag für das nervenärztliche Fachgebiet auch erfüllt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.09.2016 - B 6 KA 1/16 - Rn. 30 juris) persönlich nur einen Versorgungsauftrag erfüllen kann und darf. Er ist also rechtlich nicht in der Lage, den mit der Anstellungsgenehmigung vom 16.11.1993 verbundenen Versorgungsauftrag zusätzlich zu dem mit seiner Zulassung erteilten Versorgungsauftrag zu erfüllen.

b) Die Beigeladene zu 8) ist rechtlich nicht mehr in der Lage, den aus der Anstellungsgenehmigung resultierenden Versorgungsauftrag zu erfüllen. Mit dem EBM2000plus ist zum 01.04.2005 eine strikte Trennung der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung vorgenommen worden. Dies entspricht der aus § 73 Abs. 1 SGB V, § 87 Abs. 2a Satz 1 SGB V (§ 87 Abs. 2a Satz 5 SGB V in der vom 01.01.2004 bis 31.03.2007 geltenden Fassung) resultierenden Vorgabe, dass alle im EBM-Ä aufgeführten Leistungen in Leistungen der hausärztlichen Versorgung und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern sind und Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgungen teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten, gegliedert nach Fachgruppen, abgerechnet werden dürfen.

Die Berechtigung zur Abrechnung von Leistungen nach dem EBM-Ä beinhaltet auch deren Berechtigung zur Erbringung der Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 09.04.2008 - B 6 KA 40/07). Das bedeutet, dass der Vertragsarzt innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung zur Leistungserbringung nur insoweit berechtigt ist, als er diese nach dem EBM-Ä auch abrechnen kann. Gleiches gilt auch für den angestellten Arzt, auch dieser ist zur Leistungserbringung nur insoweit berechtigt, als er die im EBM-Ä geregelten Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt.

Anders als in dem bis zum Quartal 1/2005 geltenden EBM-Ä ist die Abrechnung von arztgruppenspezifischen Leistungen seit dem Quartal 2/2005 nur für diejenigen Vertragsärzte gestattet, in deren Gebiet die jeweilige GOP fällt. Die neurologischen Leistungen nach Abschnitt III.16 EBM-Ä und die psychiatrischen und psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt III.21 EBM-Ä können nach jeweils Ziffer 1. der Präambel nur von Fachärzten für Neurologie, Nervenheilkunde sowie Neurologie und Psychiatrie berechnet werden. Da die Beigeladene zu 8) die notwendige Weiterbildung für eine dieser Facharztbezeichnungen nicht absolviert hat, ist sie von der Erbringung und Abrechnung dieser Leistungen ausgeschlossen.

Auch die arztgruppenübergreifenden allgemeinen Leistungen können von ihr nicht erbracht und abgerechnet werden. Denn nach der Präambel zu Abschnitt II. ist die Möglichkeit zur Berechnung dieser Leistungen für die in den Präambeln zu einem arztgruppenspezifischen Kapitel genannten Vertragsärzte grundsätzlich nur gegeben, wenn sie in der Präambel des arztgruppenspezifischen Kapitels auch aufgeführt sind. Danach ist für die Erbringung und Abrechnung dieser Leistungen ebenfalls die Facharztanerkennung Voraussetzung.

Gleiches gilt für die arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen, die nach Abrechnungsvoraussetzungen zu den Leistungen des Abschnitts IV. die Facharztanerkennung fordern.

Die Beigeladene zu 8) ist somit mangels einer Facharztanerkennung von der Erbringung sämtlicher Leistungen nach dem EBM-Ä ausgeschlossen und der Kläger ist nicht berechtigt, von der Beigeladenen zu 8) erbrachte Leistungen gegenüber der Beigeladenen zu 1) abzurechnen. Damit ist die Beigeladene zu 8) nicht fähig, den mit der Anstellungsgenehmigung verbundenen Versorgungsauftrag auf nervenärztlichem Fachgebiet zu erfüllen. Daraus ergibt sich zum einen, dass die Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8) wegen der fehlenden Möglichkeit, Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung zur erbringen und den mit der Genehmigung verbundenen Versorgungsauftrag zu erfüllen, zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung des Beklagten nicht mehr hätte erteilt werden dürfen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt damit vor.

Zum anderen ergibt sich aus der fehlenden Berechtigung zur Leistungserbringung auch die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V. Dem Kläger steht auch keine rechtlich zulässige Möglichkeit offen, bei unveränderter Sachlage den mit der Anstellungsgenehmigung verbundenen weiteren Versorgungsauftrag zu erfüllen.

c) Die von der Klägerseite vorgetragenen Zuarbeiten der Beigeladenen zu 1) umfassen im Wesentlichen delegationsfähige Leistungen nach der Delegations-Vereinbarung (Anlage 24 BMV-Ä), die nicht geeignet sind, den Versorgungsauftrag zu erfüllen. Soweit die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) über diesen Bereich delegationsfähiger Leistungen hinausgehen würden, wäre dies von den Regelungen zur Erbringung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen nicht mehr gedeckt.

d) Die vom Kläger vorgetragenen Gründe für eine Berücksichtigung von Vertrauensschutz stehen einer Aufhebung der Anstellungsgenehmigung mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht entgegen. Die Aufhebung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ohne Berücksichtigung von Vertrauensschutzgründen zulässig und im hier zu entscheidenden Fall auch nicht unverhältnismäßig. Die Beigeladene zu 1) hat den Kläger erstmals im Jahr 2009 darauf hingewiesen, dass eine weitere Tätigkeit der Beigeladenen zu 8) im vertragsärztlichen System nicht möglich ist. Der Kläger hatte bis zur Entscheidung des Beklagten im Jahr 2016 über 7 Jahre Zeit, sich durch die Anstellung eines anderen Arztes oder durch die Veranlassung der Weiterbildung der Beigeladenen zu 8) auf diese Rechtslage einzustellen. Wenn er dies in der Überzeugung von einer anderen Rechtslage nicht tut, begründet dies keinen Vertrauensschutz und keine Unverhältnismäßigkeit.

Die vom Kläger vorgetragenen eigenen Interessen an einem Erhalt der Anstellungsgenehmigung führen zu keiner anderen Beurteilung. Das Interesse, Plausibilitätsprüfungen wegen auffälligem Zeitaufwandes nach § 106d Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V wegen des Ansatzes eines Zeitaufwandes für zwei Vertragsärzte zu entgehen, ist nicht schützenswert. Denn wenn die Beigeladene zu 8) mangels abgeschlossener Weiterbildung im Fachgebiet des Klägers nicht berechtigt ist, fachärztliche Leistungen zu erbringen, muss der Kläger allein sämtliche fachärztlichen Leistungen, soweit es sich nicht um delegationsfähige Leistungen handelt, die bereits bei der Vorgabe der Prüfzeiten nach Anlage 3 EBM berücksichtigt werden, erbringen. Soweit hiermit der Zeitaufwand von 12 Stunden pro Tag bzw. 780 Stunden pro Monat nach der § 8 Abs. 4 der Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106d Abs. 6 SGB V (Abrechnungsprüfungs-Richtlinien) überschritten wird, steht einer eingehenden Prüfung der Einhaltung der vertragsärztlichen Vorgaben für die Leistungserbringung nichts entgegen.

Die vom Kläger erwarteten Vorteile bei der Honorarverteilung bedingen kein schützenswertes Interesse des Klägers. Wie die Beigeladene zu 1) bereits zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.09.2016 - B 6 KA 1/16 R - Rn. 30 juris) vorgetragen hat, kann und darf ein Arzt nur einen vollen Versorgungsauftrag erfüllen. Damit kann der Kläger auch im Rahmen der Honorarverteilung keinen Anspruch haben, mit seinem eigenem und dem nicht ausgefüllten Versorgungsauftrag der Beigeladenen zu 8) berücksichtigt zu werden.

Auch die vorgetragene "Einzelkonstellation" begründet keine andere Beurteilung, da diese allein der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage und der Verfahrensdauer geschuldet ist.

Soweit ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers, der auch nach Aufhebung der Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8) weiterhin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt ist, überhaupt vorliegen würde, wäre dieser jedenfalls durch Gemeinwohlbelange wie der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, fachlich gegliederten ärztlichen Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Patienten gerechtfertigt.

3. Ein Eingriff in die Grundrechte der Beigeladenen zu 8) liegt nicht vor. Die Beigeladene zu 8) ist durch die Erteilung der Anstellungsgenehmigung und deren Widerruf möglicherweise in ihren persönlichen und beruflichen, nicht aber in ihren rechtlichen Interessen berührt.

Die Möglichkeit zur Anstellung ist als Recht des zugelassenen Praxisinhabers, nicht aber als Recht des anzustellenden Arztes ausgestaltet (BSG, Urteil vom 19.06.1996 - 6 RKa 84/95, und vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R). § 32b Ärzte-ZV ist als ausschließliches Recht des Praxisinhabers ausgestaltet, weshalb die Versagung der Anstellungsgenehmigung ebenso wie der Widerruf der Anstellungsgenehmigung keinen Eingriff in die Grundrechte der Beigeladenen zu 8) darstellt (BSG, Urteil vom 19.06.1999 - 6 RKa 84/95). Zu berücksichtigen ist, dass die Beigeladene zu 8) auch ohne die Aufhebung der Genehmigung von jeglicher Erbringung ärztlicher Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen ist und die Aufhebung der Genehmigung zur Anstellung diesen Ausschluss von der Leistungserbringung nur zulassungsrechtlich nachvollzieht. Selbst wenn in der Aufhebung der Genehmigung zur Anstellung der Beigeladenen zu 8) ein Eingriff in die Grundrechte der Beigeladenen zu 8) liegen würde, wäre dieser ebenso wie ein etwaiger Eingriff in Grundrecht des Klägers durch Gemeinwohlbelange wie die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, fachlich gegliederten ärztlichen Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Patienten gerechtfertigt.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

III. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, welche Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Genehmigung zur Anstellung heranzuziehen ist, nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
Saved