L 17 U 311/18

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 5020/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 311/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nicht als versicherter "Wie-Beschäftigter", sondern unternehmerähnlich handelt derjenige, dem vom Nachbarn aufgrund seiner Fachkenntnisse und praktischen Fertigkeiten als gelernter Maurer eine Aufgabe (Maurerarbeiten von zweieinhalb Reihen Steine) übertragen wird, der das Handwerkszeug selbst mitbringt und der eine andernfalls nötige Firma ersetzt.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.08.2018 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2017 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des Ereignisses vom 24.06.2010 als Arbeitsunfall streitig.

Der 1968 geborene Kläger ist gelernter Maurer. Sein Nachbar, Herr G. T. (T), war zum Unfallzeitpunkt als forstwirtschaftlicher Unternehmer bei der Land- und Forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Franken und Oberbayern veranlagt, deren Rechtsnachfolger die Beklagte ist.

Am 24.06.2010 half der Kläger seinem Nachbarn T bei Maurerarbeiten beim Bau einer neuen Halle. Dabei zog sich der Kläger eine Kniegelenksluxation rechts zu. Laut Unfalluntersuchungsbericht vom 22.05.2017 war T Besitzer einer zum damaligen Zeitpunkt rein landwirtschaftlich genutzten Halle, die zum Unfallzeitpunkt nur aus der Dachkonstruktion bestand. Die Halle befand sich noch in der Errichtungs-/Bauphase. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde aber das Dach schon für das Unterstellen von Maschinen und danach als Maschinen- und Brennholzlagerhalle genutzt. Die zum Unfallzeitpunkt montierte Photovoltaikanlage gehörte dem Sohn des T, M. T. (M). In die Maschinenhalle wurde von T mit Unterstützung des Klägers ein Raum gemauert.

Nach den Angaben des T vom 15.08.2010 im Fragebogen Bauarbeiten, in der Unfallanzeige vom 15.08.2010 und in der Auskunft vom 14.09.2010 sollte eine neue Halle für Holzlagerung und ein Betriebsraum für Stromanschluss gebaut werden. In dieser Halle seien Brennholz für den Eigenbedarf, ein Holzspalter, ein Traktor sowie landwirtschaftliche Kleingeräte aufbewahrt worden. Im Rahmen des Neubaus sei innerhalb der Hallenkonstruktion ein ummauerter Raum errichtet worden. Die Arbeiten seien im Betriebsraum für Stromanschluss erfolgt. Hierfür hätten nach Durchführung des Großteils der Maurerarbeiten durch eine Drittfirma noch die oberen zweieinhalb Reihen Steine des Raumes gemauert werden müssen, in dem unter anderem der Wechselrichter für die auf dem Dach der Halle installierte Photovoltaik-Anlage aufgehängt werden sollte.

Er habe seinen Nachbarn, den Kläger, gebeten, ob dieser ihm hier sehr kurzfristig helfen könne, da er Schlosser sei und ihm diese Arbeit fremd sei. Ansonsten hätte er versuchen müssen, eine Maurerfirma für diese Arbeiten zu finden. Da dies aber in der Bauhochsaison und auch noch so kurzfristig sehr schwierig gewesen wäre, habe sich der Kläger ausnahmsweise dazu bereit erklärt, ihm zu helfen. Dies sei unentgeltlich geschehen. Am 24.06.2010 sei der Kläger um ca. 16 Uhr gekommen und habe in dem kleinen Raum in der Holzlagerhalle die Gerüstböcke aufgestellt, die ca. 1,30 m hoch gewesen seien, und darauf die Tüllen gelegt. Er habe ca. ein- bis eineinhalb Stunden einige Steine gesetzt und gemauert. Er hätte höchstens noch ca. eine Stunde gebraucht, bis er fertig gewesen wäre, aber um ca. 17.30 Uhr sei er dann plötzlich vom Gerüstbock herabgestürzt. Es sei sofort der Notarzt informiert worden, weil der Kläger über starke Schmerzen im rechten Bein geklagt habe.

Gegenüber der Krankenkasse (AOK) schilderte der Kläger das Unfallgeschehen mit Schreiben vom 16.08.2010 dahingehend, dass er am Unfalltag seinem Nachbarn T geholfen habe, ein Gerüst aufzustellen, um nachfolgende Maurerarbeiten durchzuführen. Dieser habe gerade eine Maschinen- bzw. Lagerhalle für Holz bauen lassen. Kleinigkeiten habe T in Eigenleistung noch fertig stellen wollen. T habe ihn um Hilfe gebeten, weil er gewusst habe, dass er gelernter Maurer sei. Hätte T ihn nicht um Hilfe gebeten, dann hätte T erneut die Firma, die die Halle erbaut habe, mit den Arbeiten beauftragen müssen. Beim Durchführen der Maurerarbeiten auf dem Gerüst sei plötzlich eine Diele gekippt und er sei von ca. 1,30 Meter nach unten gesprungen. Dabei habe er sich das rechte Bein verletzt. Um ca. 16.00 Uhr habe er angefangen zu arbeiten und um ca. 17.45 Uhr sei der Unfall passiert. Der geplante Zeitaufwand habe insgesamt ca. zwei bis drei Stunden betragen. Wäre der Unfall nicht passiert, hätten die Arbeiten noch ca. eine Stunde angedauert. Die Arbeit für seinen Nachbarn sei zum ersten und einzigen Mal und unentgeltlich erfolgt. Er selbst habe dessen Hilfe nie in Anspruch genommen. Die notwendigen Gerüstböcke, Dielen sowie das Maurerhandwerkszeug seien von ihm selbst mitgebracht worden.

Mit Bescheid vom 20.09.2010 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls vom 24.06.2010 ab, weil es sich nicht um einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Bauarbeiten des Landwirts für den Wirtschaftsbetrieb im Sinne des § 124 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien nur solche, die der Landwirtschaft wesentlich dienten und die vom Umfang her vom landwirtschaftlichen Unternehmer mit den Mitteln und Kräften seines Unternehmens durchgeführt werden könnten. Dies sei regelmäßig nicht mehr der Fall, wenn die für die Bauarbeiten aufzuwendende Arbeitszeit diejenige im land- bzw. forstwirtschaftlichen Unternehmen übersteige oder wenn die Bauarbeiten nur durch den Einsatz besonderer, d. h. fremder, nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb angehörender Arbeitskräfte, bewältigt werden könnten. Für den Bau der Lagerhalle sollten nur 15% der Arbeiten in Eigenleistung des Unternehmers durchgeführt werden. Die Bauarbeiten hätten somit nur durch den Einsatz betriebsfremder Arbeitskräfte bewältigt werden können. Außerdem übersteige die für die Bauarbeiten aufzuwendende Arbeitszeit diejenige im forstwirtschaftlichen Unternehmen.

Den gegen den Bescheid vom 20.09.2010 am 11.10.2010 vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2011 zurück. Das anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) (Az. 2 U 5009/14) endete am 10.04.2017 mit Vergleich. Darin verpflichtete sich die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2011 weitere Ermittlungen durchzuführen und einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erlassen.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen (u. a. Ermittlungen des technischen Außendienstes der Beklagten, Besuch bei T am 22.05.2017) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2017 die Anerkennung des Ereignisses vom 24.06.2010 als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall ab. Der errichtete Raum in der bereits bestehenden Maschinenhalle habe zunächst die Wechselrichter der dem M gehörenden Photovoltaik-Anlage aufnehmen sollen, später sei für das private Wohnhaus des Sohnes ebenfalls noch eine Strom- und Wasserversorgung untergebracht worden. Die Baumaßnahme habe ihren Anknüpfungspunkt zum verbliebenen forstwirtschaftlichen Unternehmen verloren. Eine Betriebsdienlichkeit zugunsten der bei der Beklagten veranlagten forstwirtschaftlichen Fläche liege nicht vor.

Den hiergegen am 20.07.2017 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2017 zurück. Die Tätigkeit des Klägers habe sich auf das Mauern eines abgetrennten Raumes in der Halle beschränkt. Dieser Teil der gesamten Baumaßnahmen sei aber nicht zum Zwecke der Forstwirtschaft durchgeführt worden, sondern zur Errichtung eines Betriebsraumes für die Photovoltaik-Anlage des Sohnes des Klägers. Gäbe es diese Anlage nicht, hätte auch kein eigenständiger Raum geschaffen werden müssen.

Hiergegen hat der Kläger am 22.12.2017 Klage zum SG erhoben und zur Begründung insbesondere vorgetragen, dass der neue Raum die Aufnahme der Wechselrichter nicht als einzigen Zweck gehabt habe. Diese hätten ebenso an der Außenfassade aufgehängt werden können. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei der Raum von T zur Lagerung von landwirtschaftlichen Kleingeräten und Werkzeugen genutzt worden.

Mit Urteil vom 14.08.2018 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2017 verurteilt, das Ereignis vom 24.06.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zum Unfallzeitpunkt habe die Halle eine landwirtschaftliche Nutzung gehabt. Dies habe auch T, der Eigentümer der Halle, so vorgetragen. So sei bereits im Jahr 2010 vorgetragen worden, dass die Halle für die Holzlagerung und als Betriebsraum für Strom gebaut worden sei. Die Zweckbestimmung für das Gebäude sei die Holzlagerung gewesen. Es sei hier ganzheitlich zu betrachten, dass die Halle, bei der ein kleiner Raum zusätzlich gemauert werden sollte, insgesamt der land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung unterlegen habe. Die Vorschrift des § 124 Abs. 2 SGB VII trage dem Umstand Rechnung, dass es in der Landwirtschaft üblich sei, kleinere Bauarbeiten vom landwirtschaftlichen Unternehmer selbst zu erledigen. Dass ein landwirtschaftliches Gebäude in geringem Umfang auch zur Lagerung privater Gegenstände genutzt werde, schließe die Anwendbarkeit des § 124 Abs. 2 SGB VII nicht aus. Aus diesem Grund brauchten die Bauarbeiten dem landwirtschaftlichen Betrieb auch nicht ausschließlich oder überwiegend zu dienen, es genüge, wenn sie dem Betrieb wesentlich dienten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2014 - L 1 U 5465/13, zitiert nach Juris).

Hier sei ein sogenanntes "Wie-Beschäftigungsverhältnis" und damit eine versicherte Tätigkeit anzunehmen. Zwar spreche der Umfang der vom Kläger verrichteten Tätigkeit nicht unbedingt dafür, dass eine sogenannte "Wie-Beschäftigung" vorliege. Andererseits hätten sowohl T als auch der Kläger schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass es kein Näheverhältnis oder freundschaftliches Verhältnis zwischen ihnen gegeben habe und eine einmalige Hilfeleistung erfolgt sei. Verrichtungen aufgrund freundschaftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen schlössen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht von vornherein aus, sondern nur dann, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handele und die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher und nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen sei, wie sie bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden typischerweise zu erwarten wäre. Solche gesellschaftlichen Verpflichtungen oder gar ein freundschaftliches Verhältnis zu T habe nach den Aussagen des Klägers nie bestanden und bestehe auch jetzt nicht. T habe auch angegeben, dass er den Kläger nur gefragt habe, weil er auf die Schnelle niemanden gefunden habe, der für ihn tatsächlich professionell die Maurertätigkeiten habe durchführen können. Eine Baufirma habe wegen des Zeitdrucks nicht beauftragt werden können. Er hätte, falls der Kläger ihm damals nicht geholfen hätte, eine Baufirma beauftragen müssen, da er selbst diese Tätigkeit nicht habe durchführen können. Der Kläger habe hier geplant einige Stunden Maurertätigkeiten durchführen wollen, bevor er verunfallt sei. Die Tätigkeit sei auch gemeinsam mit T zu einer festgelegten Zeit, an einem festgelegten Ort und in einer festgelegten Art der Ausführung durchgeführt worden. Die Maurerarbeiten, welche vom Kläger durchgeführt worden seien, seien eine ernsthaft und wesentlich dem T dienende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert gewesen. Aufgrund der besprochenen Durchführung habe diese Tätigkeit dem Willen des T entsprochen. Der Kläger habe als Maurer auch die entsprechenden Fachkenntnisse. Die Kammer sehe die Tätigkeit des Klägers hier als eine Tätigkeit, die eine Nachbarschaftshilfe oder Gefälligkeit weit übersteige, aufgrund der spezifischen Erfahrungen, die der Kläger einbringe und aufgrund der Tatsache, dass solche Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten unter den Nachbarn bis auf diesen Einzelfall nicht üblich gewesen seien, welche grundsätzlich erwartet werden könnten. Hinzu komme, dass es vorliegend an einem Gegenseitigkeitsverhältnis gefehlt habe.

Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 18.09.2018 eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Berufungsbegründung trägt die Beklagte insbesondere vor, dass - selbst wenn man unterstelle, dass die Nutzung des errichteten Raumes wesentlich dem bei der Beklagten versicherten Unternehmen diene - festzuhalten bleibe, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht als versicherte Person im Sinne des § 2 SGB VII tätig gewesen sei. Eine versicherte Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liege nicht vor. Eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen dem Kläger und dem hier versicherten Unternehmer T sei nicht gegeben. Die sogenannte "Wie-Beschäftigung" im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII setze zwar keine persönliche Abhängigkeit zu einem Arbeitgeber voraus, sei aber an ganz konkrete Bedingungen zu knüpfen. Ein Versicherungsschutz scheitere hier daran, dass die Tätigkeit nicht konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen worden sei. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzung komme es auf das Gesamtbild der tatsächlichen Tätigkeit an (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 8). Die die Tätigkeit des Klägers kennzeichnenden Merkmale sprächen für eine unternehmerähnliche Tätigkeit. Er habe sein Fachwissen und seine Fertigkeit als gelernter Maurer zur Verfügung gestellt und auch die Arbeitsgeräte gestellt. Mehrfach sei bestätigt worden, dass T ohne die Mithilfe des Verunfallten eine Fachfirma hätte beauftragen müssen. Die dem Kläger übertragene Tätigkeit habe somit die Voraussetzungen eines Auftrags mit Werkvertragscharakter gemäß § 662 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfüllt. Wünsche zum Zeitrahmen eines Vorhabens und zur Ausgestaltung des Werks würden regelmäßig an den unternehmerisch Tätigen herangetragen und hätten mit einem Weisungsrecht, dem ein Arbeitnehmer typischerweise unterliege, nichts gemeinsam. Der Kläger habe als Maurer die fachliche Kompetenz gehabt, die übertragenen Aufgaben auszuführen. Insoweit komme es nicht auf die Vereinbarung von Ort und Zeit an, sondern ausschließlich auf die fachliche Kompetenz.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.08.2018 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 27.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2017 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Berufungserwiderung trägt der Kläger insbesondere vor, dass zwischen ihm und T kein Näheverhältnis oder derart enges freundschaftliches Verhältnis bestehe, dass ein reiner freundschaftlicher Hilfsdienst angenommen werden könne. Seine Beziehung zu T sei zu keinem Zeitpunkt so eng gewesen, dass eine Verpflichtung aus einer sogenannten Gefälligkeit heraus bestanden habe. Im Rahmen dieses Nachbarschaftsverhältnisses sei er gebeten worden, aufgrund seiner Fachkenntnisse eine Mauer zu errichten. Die durchzuführenden Maurerarbeiten habe der Bauherr nicht an eine Baufirma vergeben können, da zeitbedingt keine kurzfristige Beauftragung einer Firma möglich gewesen sei. Konkret seien die Nachbarn einen Tag zuvor auf ihn zugekommen, als er gerade seine Hecke zum Nachbargrundstück geschnitten habe. Eher aus dem Zufall heraus hätten die Nachbarn bei ihm angefragt, ob er ihnen eine Mauer errichten könne, sie würden keine Handwerker kurzfristig bekommen. Er habe zugesagt, ohne zuvor oder danach Planungen für die Errichtung der Mauer getroffen zu haben. Auch zuvor habe er noch nie seinem Nachbarn anderweitig Hilfe geleistet. Diese Tätigkeiten habe er dann zusammen mit dem Bauherrn zu einer festgelegten Zeit, an einem festgelegten Ort und in einer festgelegten Art der Ausführung verrichtet. Er habe nichts eingemessen, er habe nur noch die Steine aufeinander gemauert, der Nachbar habe den Mörtel gemacht, die Steine zugereicht und habe die Höhe bestimmt. Er habe die Arbeiten nicht geplant. Wenn jemand plane, müsse er den Raum erst einmal einmessen. Er habe nur auf Anweisung des Nachbarn gearbeitet. Im Übrigen sei die verrichtete Tätigkeit der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 124 SGB VII zuzuordnen.

Die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) stellen keinen eigenen Antrag.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.07.2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Beigeladenen zu 1), des SG (S 2 U 5009/14) und der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Das erstinstanzliche Urteil vom 14.08.2018 war daher aufzuheben und die auf Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Feststellungklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) abzuweisen. Der Kläger hat schon deshalb keinen Anspruch auf die Feststellung, dass er am 24.06.2010 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat, weil er zum Unfallzeitpunkt nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war.

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, S. 2.

Als versicherte Tätigkeit kommen vorliegend nur die Tätigkeit als Beschäftigter (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) oder als sogenannter "Wie-Beschäftigter" (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII) in Betracht.

Der Kläger erlitt den Unfall am 24.06.2010 nicht als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Nach § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R, Juris Rn. 14). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist hingegen nicht Bestandteil der für die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV allein maßgeblichen persönlichen Abhängigkeit, sondern kann allenfalls als Indiz für eine persönliche Abhängigkeit gewertet werden und zu weiteren Ermittlungen Anlass geben (BSG, Urteil vom 23.09.1982 - 10 RAr 10/81 = SozR 2100 § 7 Nr. 7 und vom 26.06.1980 - 8a RU 48/79 = SozR 2200 § 539 Nr. 68; Hauck/Noftz, SGB 02/16, § 7 SGB IV, Rn. 21).

Demgegenüber ist die selbstständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko, also das Tätigwerden auf eigene Rechnung, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr.; vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 16.08.2017 - B 12 KR 14/16 R, Juris Rn. 17 = BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 31 (Kreishandwerksmeister) und BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R, Juris Rn. 21 = BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 30 (Erziehungsbeistand)).

Hinweise auf ein Beschäftigungsverhältnis, d. h. auf eine persönliche Abhängigkeit des Klägers von T und auf eine Eingliederung des Klägers in das Unternehmen des T, ergeben sich bereits aus den eigenen Angaben des Klägers unzweifelhaft nicht.

Der Kläger stand auch nicht als sogenannter "Wie-Beschäftigter" gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Voraussetzung einer "Wie-Beschäftigung" nach dieser Vorschrift ist, dass es sich um eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt (Handlungstendenz), die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, und zwar unter solchen Umständen, die denen einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung, z. B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied, beruhen (BSGE 5, 168; BSG, Urteil vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R, Juris Rn. 25; BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 6/05 Rn.14 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 7 Rn. 7 m. w. N.; Bayer. LSG, Urteil vom 28.05.2008 - L 2 U 28/08 und Urteil des Senats vom 29.07.2009 - L 17 U 350/06).

Bei der Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als "Wie-Beschäftigter" und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit ist von der Abgrenzung zwischen Beschäftigtem und Unternehmer auszugehen, wobei jedoch gewisse Abstriche zu machen sind, weil nur eine arbeitnehmerähnliche und eine unternehmerähnliche Tätigkeit gegenüberzustellen sind. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild die Tätigkeit wie von einem Beschäftigten oder einem Unternehmer ausgeübt wurde (BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 5, zitiert nach Juris, m. w. N; BSG Urteil vom 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R, zitiert nach Juris).

Die Arbeitnehmerähnlichkeit im Sinne einer "Wie-Beschäftigung" verlangt nicht, dass alle Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses erfüllt sein müssen. Insbesondere braucht keine persönliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen vorzuliegen (s. BSG, Urteil vom 17.03.1992 - 2 RU 22/91 = SozR 3-2200 § 539 Nr. 16, Juris Rn. 15). Ebenso wenig ist eine Eingliederung des Verletzten in das unterstützte Unternehmen zwingend erforderlich. Für eine Unternehmerähnlichkeit spricht hingegen u.a., wenn der Verletzte Tätigkeiten erbringt, die mit einem anderen Vertragstyp vergleichbar sind, z. B. mit einem Werkvertrag nach § 631 BGB oder bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung mit einem Auftrag mit Werkvertragscharakter (§ 662 BGB). Hier wird dann dem Auftraggeber nicht die eigene Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, sondern ein Werk eigenverantwortlich hergestellt bzw. ein konkreter Auftrag erledigt (s. BSG, Urteil vom 27.10.1987 - 2 RU 9/87 = HVBG-Info 03/1988, 213). Dasselbe gilt, wenn der Verletzte die Ausführung der Tätigkeit im Wesentlichen frei planerisch gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen konnte.

Nach dem Gesamtergebnis der Würdigung des Akteninhalts, insbesondere der Angaben des Klägers und des T im Verwaltungs-, Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren einschließlich Darstellung des Unfallgeschehens durch den Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.07.2020, steht fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit (Mauern) zum Zeitpunkt des Unfalls am 24.06.2010 nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich tätig geworden ist.

Vorauszuschicken ist, dass an der Richtigkeit der Angaben des Klägers selbst und der hiermit übereinstimmenden Angaben des T zum wesentlichen Unfallhergang keine Zweifel bestehen.

Danach hat T eine Maschinen- bzw. Lagerhalle für Holz bauen lassen. Kleinigkeiten wollte T in Eigenleistung noch fertig stellen. An einem kleinen Raum in der Halle des T mussten dringend noch ca. zweieinhalb Reihen Steine gemauert werden. T hat seinen Nachbarn, den Kläger, gebeten, ob er ihm hier sehr kurzfristig helfen könne, weil er wusste, dass der Kläger Maurer ist, er selbst Schlosser ist und ihm diese Arbeit fremd ist. Ansonsten hätte T versuchen müssen, eine Maurerfirma für diese Arbeiten zu finden. Da dies aber in der Bauhochsaison und auch noch so kurzfristig sehr schwierig war, hat der Kläger sich ausnahmsweise dazu bereit erklärt, T zu helfen. Der Kläger hat T gesagt, dass er nach Feierabend kommen und helfen werde. Es hat sich um eine einmalige, unentgeltliche Tätigkeit gehandelt. Der Kläger hat um ca. 16 Uhr angefangen, zu arbeiten. Um ca. 17.30/17.45 Uhr ist auf dem Gerüst plötzlich eine Diele gekippt und der Kläger ist von ca. 1,30 Meter herabgestürzt. Dabei hat er sich eine Kniegelenksluxation rechts zugezogen.

Zur Überzeugung des Senats steht aufgrund einer Würdigung des gesamten Akteninhalts, insbesondere aufgrund der im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Beteiligten fest, dass das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers für T am Unfalltag gegen eine sogenannte "Wie-Beschäftigung" und für eine unternehmerähnliche Tätigkeit spricht. Zwar hatte die Tätigkeit, bei der der Kläger den Unfall erlitt, einen wirtschaftlichen Wert (s. BSG, Urteile vom 23.04.2015 - B 2 U 5/14 R = SozR 4-2700, § 2 Nr. 33 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 27). Auch diente die unfallbringende Verrichtung des Klägers einem fremden Unternehmen - dem Unternehmen des T - und entsprach zugleich dessen Willen (BSG, Urteil vom 26.01.1988 - 2 RU 23/87, Juris Rn. 16; Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 SGB VII, Rn. 391).

Der Kläger erbrachte die unfallbringende Verrichtung jedoch nicht arbeitnehmerähnlich und damit nicht "wie ein Beschäftigter" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, sondern unternehmerähnlich. Gegen die Einordnung der Tätigkeit des Klägers als arbeitnehmerähnlich spricht bereits, dass T keine beschäftigtenähnliche Weisungsbefugnis im Sinne einer Einzelweisungsbefugnis gegenüber dem Kläger ausgeübt hat (bzw. ausüben konnte), weil er selbst Schlosser und der Kläger gelernter Maurer ist. Zudem war der Leistungsinhalt entsprechend der Vereinbarung zwischen T und dem Kläger vom Vortag des Unfallgeschehens hinreichend bestimmt und nicht nur grob umrissen, sodass der Kläger seine Tätigkeit nicht aufgrund von Einzelweisungen des T ausgeführt hat (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R, Juris Rn. 80, wonach für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis eine arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis spricht, den nur grob umrissenen Inhalt einer Tätigkeit durch Einzelweisungen auszufüllen).

Soweit der Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.07.2020 die Auffassung vertritt, er habe nur auf Anweisung seines Nachbarn gearbeitet, weil er den Raum nicht eingemessen und nur noch die Steine aufeinander gemauert habe, der Nachbar habe den Mörtel gemacht, die Steine zugereicht und die Höhe bestimmt, er habe die Arbeiten nicht geplant, dazu müsse erst einmal der Raum eingemessen werden, rechtfertigt dieser Vortrag - ihn als wahr unterstellt - nicht die Annahme einer beschäftigtenähnlichen Weisungsgebundenheit des Klägers hinsichtlich der Art der vom Kläger durchzuführenden Maurerarbeiten. Denn die Vorgaben des T beziehen sich nicht auf diese Maurertätigkeit - hierzu wäre T aufgrund seiner fehlenden Fachkenntnisse auch nicht in der Lage gewesen -, sondern auf die Gesamtplanung und auf den Umfang der vom Kläger durchzuführenden Maurerarbeiten. Solche grundlegenden Verabredungen sind auch bei der Erbringung von Werkleistungen (hier Teilleistung) üblich und notwendig und ergeben sich aus der Natur der Sache. Im Rahmen der Erbringung von Werkleistungen muss der Besteller mit dem Unternehmer nämlich vereinbaren, welche Leistung dieser wann und wo erbringen muss.

Vielmehr hat der Kläger die Maurerarbeiten im vereinbarten Umfang selbstständig ausgeführt und die Arbeitszeit selbst bestimmt, was für eine unternehmerähnliche Tätigkeit spricht (vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2018 - B 2 U 16/16 R, Juris Rn. 26). Nach seinen Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.07.2020 hat der Kläger T nämlich am Vortag des Unfallgeschehens, d. h. am 23.06.2010, mitgeteilt, dass er "am nächsten Tag vom Feierabend" kommen werde. Die von T dem Kläger mitgeteilte Dringlichkeit der noch auszuführenden Maurerarbeiten begründet keine beschäftigtenähnliche zeitliche Weisungsgebundenheit des Klägers im Sinne eines "Zur-Verfügung-Stellens" seiner Arbeitskraft in einem verbindlich festgelegten zeitlichen Rahmen - wie es bei Beschäftigten üblich ist -, sondern ergab sich hier aus der zeitlichen Dringlichkeit der beim Bau noch zu verrichtenden Arbeiten.

Zur Überzeugung des Senats spricht schließlich maßgeblich gegen eine als arbeitnehmerähnlich und für eine als unternehmerähnlich einzuordnende Tätigkeit vor allem, dass T den Kläger gerade wegen seines Fachwissens und seiner praktischen Fertigkeiten als gelernter Maurer um Hilfe gebeten hat (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R, Juris Rn. 18; Urteil des Senats vom 07.05.2014 - L 17 U 5/13, Juris Rn. 22; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012 - L 2 U 223/09, Juris Rn. 25), dieser nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Krankenkasse die notwendigen Gerüstböcke, Dielen sowie das Maurerhandwerkszeug selbst mitgebracht hat und der Kläger eine ansonsten für die Maurerarbeiten nötige Firma, deren Beauftragung lediglich aus Zeitgründen nicht möglich war, ersetzt hat.

Dass der Kläger sämtliches Werkzeug selbst mitgebracht hat, ist typischerweise bei einem Unternehmer der Fall, während einem Arbeitnehmer in abhängiger Beschäftigung Werkzeug regelmäßig gestellt wird (BSG, Urteil vom 31.05.2005, a. a. O., Rn. 18; Thüringer LSG, Urteil vom 05.09.2019 - L 1 U 165/18, Juris Rn. 25; Hessisches LSG, Urteil vom 18.06.2013 - L 3 U 26/11, Juris Rn. 31; Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 SGB VII, Rn. 404).

Weiterhin brachte der Kläger seine theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten als gelernter Maurer bei den Maurerarbeiten ein. Auch wenn für sich genommen ein besonderes Fachwissen durchaus auch bei Arbeitnehmern erwartet werden kann und bei der Durchführung einer solchen Tätigkeit auch vorhanden sein muss, stellt sich die "Beauftragung" des Klägers durch T wegen des beim Kläger vorhandenen Fachwissens und der Notwendigkeit, ansonsten eine Fachfirma zu beauftragen, so dar, dass der Kläger nicht in untergeordneter weisungsabhängiger Position arbeitnehmerähnlich tätig wurde, sondern als ein für das Werk "Maurerarbeiten zwei Reihen" verantwortlicher Unternehmer. Insoweit ging es auch nicht um ein "Zur-Verfügung-Stellen" der Arbeitskraft des Klägers in einem vorgegebenen zeitlichen Rahmen, sondern der Kläger "versprach" durch seine Bereitschaft, zu helfen, dem T einen Erfolg, nämlich das Mauern von zweieinhalb Reihen Steine in der Halle.

Zudem hätte T ohne die Hilfe des Klägers eine Firma mit der Fertigstellung der Maurerarbeiten gesondert beauftragen müssen, gerade dieser Umstand spricht für eine unternehmerähnliche Tätigkeit.

Wenn aber die fragliche Tätigkeit nicht durch Beschäftigte im Unternehmen durchgeführt werden kann und hierfür ausschließlich nur unternehmensfremde Dritte die erforderlichen Kenntnisse haben, dann spricht dies maßgeblich dafür, dass ein solcher Dritter, der diese Tätigkeit ausführt, eben gerade nicht "wie ein Beschäftigter" dieses konkreten Unternehmens tätig ist, sondern wie ein eigenständiger Unternehmer, der eine Werkleistung erbringt.

Schließlich spricht die fehlende Entgeltlichkeit der Maurerarbeiten nicht gegen eine Unternehmerähnlichkeit, sondern gibt der Tätigkeit den Charakter eines Auftrags mit Werkvertragscharakter anstatt eines (entgeltlichen) Werkvertrags (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 SGB VII, Rn. 34.13 m. w. N.).

Auf die Frage, ob die Beklagte oder aber die Beigeladene zu 1) oder die Beigeladene zu 2) vorliegend zuständiger Unfallversicherungsträger wäre, kommt es demnach nicht mehr an. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Beklagte gemäß §§ 123, 124 Nr. 2 SGB VII zuständiger Unfallversicherungsträger wäre. Gemäß §§ 123, 124 SGB VII ist die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, zu denen auch Bauarbeiten für den Wirtschaftsbetrieb gehören (§ 124 Abs. 2 SGB VII). Entscheidend ist insofern, ob die jeweiligen Bauarbeiten dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich dienten. Unter "wesentlich" ist nicht "überwiegend" oder gar "ausschließlich" zu verstehen (vgl. Koch/KassKomm, SGB VII, § 124 Rn. 15; Feddern in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., Stand 12.06.2017, § 124 SGB VII).

Vorliegend handelte es sich beim Hallenneubau um Bauarbeiten, die dem Wirtschaftsbetrieb des T wesentlich dienten, weil die Halle in der Errichtungsphase zum Zeitpunkt des Unfalls bereits als Unterstellplatz für Maschinen und Geräte fungierte. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Photovoltaik-Anlage, die auf dem Hallendach montiert wurde, keinen Bezug zum versicherten Unternehmen des T hatte. Anzeichen dafür, dass die Halle ganz überwiegend zum Zwecke der Stromgewinnung errichtet wurde und die Möglichkeit, Maschinen und Werkzeug unterzubringen, nur als Nebeneffekt genutzt wurde, sind nicht erkennbar. Das Vorhandensein mehrerer unterschiedlicher Zweckrichtungen ist jedenfalls - wie hier - dann unschädlich, wenn keine von diesen ganz überragend ist und mindestens durch einen Zweck die Voraussetzungen des § 124 Nr. 2 SGB VII erfüllt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 183 S. 3 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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