L 7 BA 20/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 BA 35/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 BA 20/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

II. Der Tenor des Gerichtsbescheides wird in Ziffer I wie folgt gefasst: "Der Bescheid vom 17.8.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2018 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Dozent bei der Klägerin seit 22.1.2014 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt."

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1 als Dozent bei der Klägerin für die Zeit ab 22.1.2014.

Die Klägerin betreibt eine private, staatlich anerkannte Berufsfachschule für Notfallsanitäter. Die Ausbildung dauert drei Jahre. In jedem Ausbildungsjahr gibt es eine Schulklasse. Die Klägerin beschäftigt fünf (ärztliche und nichtärztliche) Vollzeitlehrkäfte. Bei Personalausfall im Bereich medizinischer Ausbildungsinhalte werden freiberufliche Ärzte angefragt und im Einzelfall verpflichtet.

Der Beigeladene zu 1 ist hauptberuflich selbständiger niedergelassener Allgemeinarzt mit der Zusatzqualifikation Notfallmedizin. Er übernimmt an einzelnen Tagen Unterrichtsstunden im Fach medizinische Grundlagen und Notfallmedizin nach vorheriger telefonischer Vereinbarung auf der Grundlage des Dozentenvertrages vom 1.8.2012. Der Dozentenvertrag enthält u.a. folgende wesentliche Regelungen:
"1. Der/die Dozent/Dozentin unterrichtet ab September 2012 am Lehrinstitut das Fach Medizin und Notfallmedizin. Der/die Dozent/Dozentin ist jederzeit frei, den vom Lehrinstitut angebotenen Unterricht abzulehnen. Die Unterrichtsverpflichtung umfasst die Vor- und Nachbereitung, die Dokumentation sowie die Durchführung des Unterrichts einschließlich der Abnahme von Leistungsnachweisen im Rahmen des Unterrichts sowie deren Bewertung und Korrektur. Der/die Dozent/Dozentin ist zu keinerlei weitergehenden Nebenarbeiten (z.B. der Teilnahme an Lehrerkonferenzen, etc.) verpflichtet. Soweit der/die Dozent/Dozentin an der Abnahme von Prüfungen mitwirken soll, bedarf dies einer gesonderten Vereinbarung, in der insbesondere die Anzahl der abzunehmenden Prüfungen einschließlich deren Terminierung zu vereinbaren ist. Auch die Übernahme von Vertretungsstunden kann nur einvernehmlich vereinbart werden. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht.
2. Der/die Dozent/Dozentin ist noch für weitere Auftraggeber in nicht nur geringfügigem Umfang selbständig tätig.
3. Sämtliche Festlegungen, insbesondere die Lage der Unterrichtszeiten werden zwischen den Vertragsparteien einvernehmlich getroffen. Etwaige Veränderungen und Verlegungen der Unterrichtsstunden werden ebenfalls ausschließlich einvernehmlich getroffen. Eine entsprechende Weisungsgebundenheit des Dozenten/der Dozentin besteht nicht. Der/die Dozent/Dozentin ist auch in der Unterrichtsgestaltung sowie der von ihm gewählten didaktischen und methodischen Vorgehensweise frei von Weisungen.
4. Der/die Dozent/Dozentin informiert bei Verhinderungen unverzüglich das Lehrinstitut.
5. Der/die Dozent/Dozentin erhält ein Honorar von 45 EUR pro tatsächlich erteilter Unterrichtsstunde (60 Minuten) durch Überweisung auf sein Konto. Eine Vergütung für nicht erteilten Unterricht erfolgt nicht. Dies gilt insbesondere, wenn Kurse aufgrund geringer Teilnehmerzahl etc. nicht durchgeführt werden oder der Unterricht aufgrund von Abwesenheitszeiten der Schüler entfällt. Der/die Dozent/Dozentin stellt am Ende eines Kalendermonats die erteilten Unterrichtsstunden in Rechnung. Nach Prüfung der Abrechnung werden die geleisteten Stunden zum vereinbarten Stundensatz jeweils zum Ende des auf die Abrechnung und Prüfung folgenden Monats bezahlt.
6. Der/die Dozent/Dozentin verpflichtet sich, über alle während der Tätigkeit für die Schule bekannt werdenden Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Lehrinstituts auch über die Vertragsdauer hinaus, Stillschweigen zu bewahren. Dies umfasst insbesondere Inhalte von Lehrplänen und Lehrmethoden, Konzepte sowie Kursinhalte. Weiterhin ist dem Dozenten/Dozentin die Eigennutzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Lehrinstituts untersagt. Ein Betriebsgeheimnis liegt nicht vor, wenn dieses allgemein zugänglich ist. Eine Verschwiegenheitsverpflichtung besteht auch bei Vorliegen eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses nicht, wenn der/die Dozent/Dozentin durch oder aufgrund eines Gesetzes zur Auskunftserteilung verpflichtet ist. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung der Verschwiegenheit berechtigt das Lehrinstitut zu Schadensersatzansprüchen.
7. Das Vertragsverhältnis endet mit Ablauf des vereinbarten Zeitraums, für den es eingegangen worden ist, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Darüber hinaus kann das Vertragsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen zum Monatsende von beiden Vertragsparteien gekündigt werden. Das Recht beider Parteien zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt.
( ...)"
Aus den vorgelegten Rechnungen ergibt sich für 2014 eine individuell vereinbarte Vergütung pro Stunde von 55 EUR, ab Dezember 2015 pro Stunde von 50 EUR.

Am 30.3.2016 stellten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a SGB IV. Sie gaben an, dass der Beigeladene zu 1 als Fachdozent zu medizinischen Themen im Rahmen der Ausbildung zum Notfallsanitäter referiere und Prüfungstätigkeiten übernehme. Er richte sich nach dem Lehrplan gemäß dem Notfallsanitätergesetz. Sonst gebe es keine Vorgaben. Regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten seien nicht einzuhalten. Der Unterricht finde in den Schulungsräumen der Klägerin statt. Grundlage der Zusammenarbeit bilde der Dozentenvertrag vom 1.8.2012.

Auf Nachfrage durch die Beklagte erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 18.4.2016 ergänzend, dass die Lehrkraft in ihren methodischen und didaktischen Modellen frei in der Gestaltung sei. Ein Klassenbuch müsse aufgrund schulrechtlicher Vorgaben von jeder Lehrkraft geführt werden. Ansonsten habe der Beigeladene zu 1 keine weiteren Aufgaben im Rahmen von Nebenpflichten zu erfüllen. Die Klägerin könne nicht innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens nach ihren Bedürfnissen über die Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1 verfügen. Dieser könne nur unterrichten, wenn er Zeit habe. Der Beigeladene zu 1 könne bei Bedarf Noten vergeben. Die Teilnahme an Notenkonferenzen sei nicht erforderlich. Unterrichtsstunden, wie zum Beispiel Vertretungsstunden könnten nicht einseitig durch die Klägerin zugewiesen werden. Eine Evaluierung des Unterrichts sei gemäß DIN ISO 9001 zwingend vorgeschrieben. Eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern erfolge im Rahmen von Staatsexamensprüfungen, im Einzelunterricht jedoch nicht.

Nach Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 20.7.2016 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17.8.2016 fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Dozent bei der Klägerin seit dem 22.1.2014 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Eine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sei ausgeschlossen, da der Beigeladene zu 1 hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei (§ 5 Abs. 5 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Nach einer Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Dozententätigkeit sei weder zeitlich, noch sachlich beschränkt. Sie werde am Betriebssitz der Klägerin ausgeübt und vom Beigeladenen zu 1 persönlich erbracht. Der Unterrichtsgegenstand habe in Abstimmung mit dem allgemeinen Rahmenlehrplan zu erfolgen. Die Anwesenheitszeiten orientierten sich an den Kurszeiten. Der Beigeladene zu 1 führe innerhalb seines Fachgebietes Kenntnisprüfungen durch. Im Verhinderungsfall werde die Vertretung durch die Klägerin organisiert. Es finde eine Evaluation des Unterrichts statt. Die gleiche Tätigkeit werde auch von den fest angestellten Dozenten ausgeübt. Der Beigeladene zu 1 arbeite mit den fest angestellten Dozenten zusammen. Die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden, würden demgegenüber in den Hintergrund treten. Dies betreffe die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, die Freiheit in der methodischen und didaktischen Gestaltung des Unterrichts und die fehlende Nachholpflicht für ausgefallene Unterrichtsstunden.

Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin vom 24.8.2016 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.1.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Die Lehrverpflichtung sei nicht von vornherein zeitlich und sachlich beschränkt. Die Lehrtätigkeit werde im Rahmen des geltenden Rahmenlehrplans erbracht. Der Beigeladene zu 1 sei in die betriebliche Organisation der Berufsfachschule dienend eingegliedert. Die Gestaltungsfreiheit des Unterrichts gehe nicht über die pädagogische Freiheit im Rahmen der übernommenen Bildungsaufgaben hinaus. Hinsichtlich des Ortes der Dienstleistung sei der Beigeladene zu 1 an die Weisungen der Klägerin gebunden. Er setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein. Ein Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden sei, liege nicht vor. Das Fehlen einer Verpflichtung zur Teilnahme an schulischen Veranstaltungen stelle ein Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit dar, könne jedoch für sich allein genommen eine selbständige Tätigkeit nicht begründen.

Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.1.2018 Klage zum Sozialgericht München.

Nach Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG hob das Sozialgericht den streitgegenständlichen Bescheid auf und verurteilte die Beklagte zu der bescheidsmäßigen Feststellung, dass der Beigeladene zu 1 seine Aufgaben für die Klägerin in selbständiger Tätigkeit erbringe.

Hiergegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.1.2019 Berufung beim Bay. Landessozialgericht ein. Auf Antrag der Klägerin und der Beklagten wurde wegen des parallelen, beim Bay. Landessozialgericht anhängigen Verfahrens L 14 BA 63/18 mit Beschluss vom 29.4.2019 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 24.2.2020 beantragte die Beklagte die Wiederaufnahme des ruhenden Verfahrens. Zur Begründung der Berufung führte die Beklagte aus, dass nach der Rechtsprechung des BAG Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen regelmäßig als abhängig Beschäftigte anzusehen seien. Der stärkeren Einbindung von Schülern in ein Schul- oder Ausbildungssystem entspreche auch eine stärkere persönliche Abhängigkeit der Lehrkräfte vom Unterrichtsträger. So gebe es für Unterricht an allgemeinbildenden Schulen ein dichtes Regelwerk von Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen, die nicht nur die Unterrichtsziele, sondern auch Inhalt, Art und Weise des Unterrichts betreffen. Die Lehrkräfte unterlägen wegen der erheblichen Bedeutung der allgemeinen Schulbildung einer verstärkten Aufsicht und Kontrolle. Es fielen bei Unterricht an allgemeinbildenden Schulen regelmäßig mehr Nebenarbeiten an als bei der Abhaltung außerschulischer Lehrgänge. Entscheidend sei, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden sei, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden könne. Die von der Klägerin betriebene Berufsfachschule sei mit einer allgemeinbildenden Schule vergleichbar. Die Unterrichtsinhalte seien verbindlich im Lehrplan für die Berufsfachschule für Notfallsanitäter festgeschrieben. Außerdem sei der Beigeladene zu 1 vollumfänglich in das Prüfungsgeschehen der Klägerin eingebunden gewesen. Gerade die Mitwirkung an Prüfungen sei Ausdruck einer Einbindung in die Organisation der Bildungseinrichtung. Außerdem habe der Beigeladene zu 1 kein unternehmerisches Risiko getragen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erwiderte mit Schriftsatz vom 25.6.2020, dass die Berufung der Beklagten im Verfahren L 14 BA 63/18 rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 14.3.2018, B 12 R 3/17 R, hervorgehoben, dass dann, wenn wie hier Tätigkeiten sowohl in abhängiger als auch selbständiger Beschäftigung ausgeübt werden können, den vertraglichen Regelungen eine gewichtige Rolle bei der Abwägung zukomme. Im Dozentenvertrag hätten die Beteiligten ein selbständiges Dienstverhältnis vereinbart. Dies sei auch so praktiziert worden. Der Beigeladene zu 1 habe nicht zu Nebenarbeiten herangezogen werden können, noch sei er verpflichtet gewesen, Prüfungen abzunehmen. Hierzu bedurfte es gesonderter Vereinbarungen.

Am 23.10.2020 fand ein Erörterungstermin statt. Der Beigeladene zu 1 legte dar, dass er nie in die Organisation oder in den Aufbau der Schule eingebunden gewesen oder beratend tätig geworden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Im Erörterungstermin stimmten die Klägerin, die Beklagte und der Beigeladenen zu 1 jeweils einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG zu. Die Beigeladene zu 2 stimmte mit Schriftsatz vom 25.11.2020 einer solchen Entscheidung zu.

Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 7.1.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Der Bescheid vom 17.8.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Bescheid war daher aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 als Dozent selbstständig tätig ist und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt. Diesbezüglich wurde der Tenor zur Klarstellung neu gefasst.

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da die Beteiligten ihre Zustimmung am 23.10.2020 im nichtöffentlichen Erörterungstermin zu Protokoll gegeben bzw. mit Schriftsatz vom 25.11.2020 erteilt haben.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 17.8.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2018, in welchem eine abhängige Beschäftigung und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit ab 22.1.2014 festgestellt wurde.

Statthafte Klageart ist vorliegend die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Nr. 1 SGG, gerichtet auf die Aufhebung des Bescheides und Feststellung der Versicherungsfreiheit in der ausgeübten Tätigkeit als Dozent.

Rechtsgrundlage für die beantragte Statusfeststellung ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Hiernach entscheidet die Beklagte auf Antrag, ob eine Tätigkeit versicherungspflichtig in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird oder als selbständige Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. § 7a SGB IV ermächtigt nicht zu einer bloßen Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung, sondern verpflichtet nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Feststellung der Versicherungspflicht. Das Gesetz kennt eine reduzierte Feststellung der "Versicherungspflicht dem Grunde nach" ebenso wenig wie die isolierte Feststellung, dass eine unselbständige Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG vom 26.2.2019, B 12 R 8/18 R). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung knüpft an die "entgeltliche Beschäftigung" an (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (so z.B. BSG vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, Rn 16) setzt eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr. vgl. u.a. BSG vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn 15).

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn 16).

Die Abgrenzung von Versicherungspflicht auslösender Beschäftigung und Selbständigkeit erfolgt dabei anhand abstrakter Merkmale und auf der Grundlage der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit im Einzelfall und nicht anhand von Berufs- bzw. Tätigkeitskatalogen. Dienstleistungen können im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung als auch einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden. Insoweit kommt es auf die Gesamtschau der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BSG vom 7.6.2019, B 12 R 6/18 R, Rn 16; BSG vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, Rn 32). Dies gilt auch für den Beruf des Lehrers (vgl. BSG vom 14.3.2018, B 12 R 3/17 R, Rn 13).

Im hier zu entscheidenden Einzelfall überwiegen im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 sprechen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 14.3.2018, B 12 R 3/17 R, Rn 13) kann eine Tätigkeit als Lehrer sowohl in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, als auch als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden. Die Ausgestaltung als selbständige Tätigkeit ist nicht auf den Tätigkeitsbereich eines Dozenten an Hochschulen beschränkt. Fehlen, wie hier, zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben, kommt den vertraglichen Vereinbarungen eine gewichtige, wenn auch nicht ausschlaggebende Rolle zu.

Ausgangspunkt im vorliegenden Fall ist der schriftliche Rahmenvertrag vom 1.8.2012 über die Dozententätigkeit. Danach ist von den Vertragsparteien eine selbständige Tätigkeit gewollt, was insbesondere im umfassenden Ausschluss eines Weisungsrechts in Ziffer 1 und 3 des Vertrages zum Ausdruck kommt. Der Beigeladene zu 1 führt die Dozententätigkeit stets höchstpersönlich gegen eine feste Vergütung je geleisteter Stunde aus (45 EUR bzw. 50 EUR und 55 EUR). Die höchstpersönliche Dienstleistungserbringung ist grundsätzlich ein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Jedoch geht mit der persönlichen Leistungserbringung kein Weisungsrecht einher. Maßgebend sind bei der Frage, ob der Beigeladene zu 1 persönlich abhängig ist und einem nach Ort, Zeit und Art der Durchführung ggf. verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, die Verhältnisse nach Auftragsannahme. Hinsichtlich der Lage der Unterrichtszeiten und der Unterrichtsgestaltung einschließlich der gewählten didaktischen und methodischen Vorgehensweise ist ein Weisungsrecht durch die Klägerin vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Verlegung der Unterrichtsstunden ist einseitig nicht möglich. Darüberhinaus kann die Klägerin den Beigeladenen zu 1 nicht im Rahmen eines Direktionsrechts einseitig zur spontanen Übernahme von Vertretungsstunden verpflichten. Auch dies ist vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Ferner kann der Beigeladene zu 1 zur Übernahme von Nebenarbeiten, wie z.B. zur Teilnahme an Lehrerkonferenzen, nicht einseitig verpflichtet werden. Derartige Nebentätigkeiten hat der Beigeladene zu 1 in der Folgezeit tatsächlich nicht übernommen. Zu Prüfungstätigkeiten kann der Beigeladene zu 1 ebenfalls nicht einseitig herangezogen werden. Hierzu bedarf es einer gesonderten Vereinbarung, auch bzgl. der Vergütung. In tatsächlicher Hinsicht ist die Erteilung von Weisungen hinsichtlich Ort, Zeit und Art und Weise der Durchführung nach Auftragsannahme in Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen nicht feststellbar.

Die Geltung von Rahmenlehrplänen impliziert nicht per se eine Weisungsunterworfenheit (vgl. BSG vom 14.3.2018, B 12 R 3/17 R, Rn 20). Der Unterricht an der Berufsfachschule richtet sich zwar nach den Vorgaben des Rahmenlehrplanes für die Ausbildung der Notfallsanitäter. Die Geltung dieses Lehrplans ist jedoch im Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1 im Dozentenvertrag vertraglich nicht verankert worden. Vertraglich vereinbart ist lediglich, dass der Beigeladene zu 1 das Fach Medizin und Notfallmedizin unterrichtet. Im Rahmen der mündlichen Vereinbarung werden vorab der jeweilige konkrete Einsatztag und das zu unterrichtende Thema einvernehmlich festgelegt. Die Auswahl des Einsatztages und des Unterrichtsthemas ist demnach Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen und nicht Ausdruck einer einseitigen Weisungsunterworfenheit. Die Art und Weise der Unterrichtsgestaltung obliegt in vollem Umfang dem Beigeladenen zu 1. Weitere Vorgaben für den zu erteilenden Unterricht erfolgen von Seiten der Klägerin nicht. Insbesondere findet keine Ergebniskontrolle statt. Die vertraglich vereinbarte Pflicht zur Dokumentation resultiert letztlich aus der der Klägerin obliegenden Pflicht zur Einhaltung schulaufsichtlicher Anforderungen.

Eine bei der Abwägung ins Gewicht fallende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin und damit einhergehende Verfeinerung des Weisungsrechts zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess ist nicht festzustellen. Die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden beruht auf der Organisation der Berufsfachschule. Die Erbringung der Dienstleistung in den Räumlichkeiten der Betriebsstätte der Klägerin ergibt sich zwangsläufig aus dem Umstand, dass es sich um Unterricht an einer Berufsfachschule handelt. Soweit der Beigeladene zu 1 in seinem Rechnungsbriefkopf die Bezeichnung als "Ärztlicher Leiter des Lehrinstituts für präklinische Rettungsmedizin" verwendet, hat dieser im Erörterungstermin überzeugend dargelegt, dass dies für die Zeit ab 2014 keine Relevanz besitzt. Er ist weder für die Klägerin beratend tätig, war nicht am Aufbau der Berufsfachschule noch an der Organisation beteiligt. Er nimmt keine Leitungsfunktion innerhalb der Berufsfachschule wahr. Wie aus den schulaufsichtlichen Genehmigungen hervorgeht, ist Leiter der Schule der Geschäftsführer der Klägerin, Herr M. L. (Bescheide der Regierung von Oberbayern vom 2.9.2014 und vom 29.3.2004). Eine ärztliche Leitungsfunktion ist hierin nicht verankert.

Nach alledem hat sich der Beigeladene zu 1 zwar verpflichtet, am Ort der Betriebsstätte zu unterrichten und den Unterricht entsprechend dem Ausbildungsfortgang an bestimmte Themen auszurichten. Über diese äußeren Rahmenbedingungen hinaus hat sich der Beigeladene zu 1 jedoch nicht einem einseitigen Weisungsrecht unterworfen und war keinen arbeitskraftbezogenen Weisungen ausgesetzt.

Soweit die Beklagte einwendet, dass der Beigeladene zu 1 keinem erheblichen unternehmerischen Risiko unterlag, ist nach der Rechtsprechung des BSG zu berücksichtigen, dass das Unternehmerrisiko bei reinen Dienstleistungen, die außer Know-how, Arbeitszeit- und Arbeitsaufwand, keinen besonderen Einsatz von Arbeitsmitteln erfordern, bei Fehlen von Investitionen kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung darstellt (vgl. BSG vom 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, Rn 42). Dies gilt gleichermaßen für die Vereinbarung eines festen Honorars, wie hier einer festen Vergütung pro geleisteter Stunde. Eine erfolgsabhängige Vergütung ist bei reinen Dienstleistungen regelmäßig nicht zu erwarten (vgl. BSG vom 14.3.2018, B 12 KR 3/17 R, Rn 18 und 19).

Im Ergebnis unterstreichen die vertraglichen Vereinbarungen den Willen der Beteiligten, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht eingehen zu wollen. Dem Vertragswillen entsprechend wurde das Auftragsverhältnis in der tatsächlichen Umsetzung auch so gelebt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 2 GKG. In Statusfeststellungsverfahren bietet der Sach- und Streitstand regelmäßig keine Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts, so dass der Auffangstreitwert von 5.000 EUR zugrunde zu legen ist (vgl. BSG vom 14.3.2018, B 12 R 3/17 R, Rn 25; Bay. LSG vom 7.7.2015, L 7 R 4/15 B).
Rechtskraft
Aus
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