Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 RJ 256/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 RJ 256/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.11.1998 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Bewilligung einer Rente hat.
Die am ...1925 in D .../Ungarn geborene Klägerin besuchte von 1931 bis 1937 in ihrem Geburtsort die Volksschule, wo der Unterricht in ungarischer Sprache abgehalten und Deutsch als Fach unterrichtet wurde. Sie ist als Verfolgte nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) anerkannt und hat für die Zeit von April 1944 bis Januar 1945 eine Entschädigung wegen Freiheitsschaden erhalten. Anfang 1946 wanderte die Klägerin nach Israel aus, dessen Staatangehörigkeit sie seit 1948 besitzt.
Gegenüber der Beklagten gab sie mit ihrem Rentenantrag und Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen vom 08.08.1994 an, sie habe - von Oktober 1939 bis November 1940 als Verkäuferin in dem Lebensmittelgeschäft von K ... K ... in D ... - von Januar 1941 bis Februar 1942 als Modistin im Hutsalon von R ... M ... in K ... (K ...)/Ungarn, - von März 1942 bis März 1943 als Modistin im Hutsalon L ... (L ...) in N ... (N ...)/Ungarn und - von April 1943 bis März 1944 als Modistin im Hutsalon von S ... (S ...)/ N ... gearbeitet. Sie sei mit voller Arbeitszeit sowie Zahlung eines Gehaltes mit den gesetzmäßigen Abzügen beschäftigt gewesen.
Die Klägerin bezog sich auf Zeugenaussagen von A ... B ..., E ... W ..., M ... E ... und E ... G ... vom Juni 1996. Diese bestätigten die Angaben der Klägerin zu den Beschäftigungszeiten und führten aus, sie könnten angeben, dass im Elternhaus der Klägerin deutsch gesprochen worden sei. Die Umgangssprache im Elternhaus der Klägerin sei Deutsch gewesen.
Der ungarische Rentenversicherungsträger teilte mit Schreiben vom 28.07.1995 mit, die Klägerin sei in den Zeiten 10.04.1940 bis 23.12.1940, 10.05.1943 bis 08.04.1944 und 15.08.1945 bis 31.12.1945 bei der ungarischen Sozialversicherung gemeldet gewesen.
Zu ihrer Muttersprache führte die Klägerin in einem Vordruck der Beklagten vom 04.01.1995 aus, ihre Eltern und sie selbst seien deutscher Muttersprache. Der persönliche Sprachgebrauch im Herkunftsgebiet sei ebenfalls die deutsche Sprache gewesen.
Die Beklagte veranlasste eine Sprachprüfung im israelischen Finanzministerium in Tel Aviv. Nach dem Protokoll der Sprachprüfung vom 30.07.1995 gab die Klägerin an, Umgangssprache im Elternhaus und im persönlichen Lebensbereich seien Deutsch und Ungarisch gewesen. Ihr Vater, der Inhaber eines Delikatessen geschäfts gewesen sei, sei deutscher Muttersprache gewesen und habe zusätzlich die ungarische Sprache beherrscht. Ihre Mutter sei wahrscheinlich ungarischer Muttersprache mit den zusätzlichen Sprachen Deutsch und Tschechisch. Nach dem Prüfungsprotokoll sprach die Klägerin Deutsch unbefangen, frei und mit leichtem ungarischen Akzent, beherrschte die deutsche Schriftsprache und las Deutsch perfekt mit Ausdruck und Verständnis. Der Sprachprüfer hielt fest, die im ehemaligen Österreich-Ungarn geborenen Eltern der Klägerin hätten untereinander Deutsch, mit den ursprünglich sechs Kindern daneben auch Ungarisch gesprochen. Auf Wunsch der Eltern hätten die Kinder neben dem schulischen Deutschunterricht Deutsch im Privatunterricht bei einem Lehrer namens J ... K ... gelernt. Die Klägerin sei mit Kindern zweier deutscher Familien in der Nachbarschaft befreundet gewesen und habe mit diesen Deutsch gesprochen. Im Ergebnis hege er keinen Zweifel, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Verfolgung dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört habe.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Heimatauskunftsstelle beim Landesausgleichsamt Baden-Württemberg mit Schreiben vom 11.06.1996 mit, bei der Volkszählung im Jahre 1930 hätten von den 3.729 Einwohner der Stadt D ... nur 6 angegeben, sie seien deutscher Muttersprache. Die übrigen hätten die ungarische Muttersprache angeführt.
Das israelische Finanzministerium teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, beim Amt für Rehabilitation der Invaliden der NS-Verfolgung in Israel habe die Klägerin in einer Erklärung vom 16.03.1967 als Muttersprache "Ungarisch" angegeben. Der Internationale Suchdienst führte mit Schreiben vom 25.04.1997 aus, in den dort vorhandenen Orginal-Konzentrationslager-Unterlagen sei die ungarische Sprache angeführt.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, ihre bei den in Israel lebenden Schwestern sowie ihr verstorbener Bruder hätten keinerlei Anträge auf Entschädigungsleistungen gestellt.
Mit Bescheid vom 26.05.1997 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen und Zahlung einer Rente mit der Begründung ab, ihre Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Ein überwiegender deutscher Sprachgebrauch im persönlichen Lebensbereich sei trotz des Ergebnisses der Sprachprüfung nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Das fremdsprachige Umfeld lasse allenfalls darauf schließen, dass die Klägerin mehrsprachig aufgewachsen sei. Gegen die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sprächen auch die Angaben der Klägerin beim Amt für Invalidenrehabilitation.
Den Widerspruch der Klägerin vom 17.06.1997, mit dem sie auf das positive Ergebnis der Sprachprüfung Bezug nahm, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.1997 zurück.
Mit ihrer zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage vom 10.12.1997 hat die Klägerin vorgetragen, im israelischen Invalidenverfahren sei den Antragstellern aufgrund einer unklaren Gesetzeslage vermittelt worden, dass die Angabe einer deutschen Muttersprache sofort den Ausschluss aus der israelischen Rentenleistung bedeute. Das positive Ergebnis der Sprachprüfung sei wesentlich höher zu werten als die Auskunft der Heimatauskunftsstelle. Einfache Schulkenntnisse reichten jedenfalls nicht aus, Deutsch wie eine Muttersprache zu sprechen und perfekt zu lesen.
Die Klägerin übersandte eine weitere Zeugenerklärung der im Jahre 1927 geborenen S ... T ... vom 14.06.1998 zu den Akten. Diese führte aus, sie und die Klägerin seien Freunde aus der Kindheit. Folglich könne sie bestätigen, dass die Umgang sprache im Elternhaus der Klägerin Deutsch gewesen sei. Sie habe selbst gehört, dass die Familienmitglieder untereinander Deutsch gesprochen hätten. Der Vater der Klägerin habe mit einer sehr angesehenen Familie der Stadt, die Kunden in dessen Geschäft gewesen seien, Deutsch gesprochen. Sie könne auch bestätigen, dass es oft Besuch im Elternhaus der Klägerin gegeben habe und auch mit diesem nur Deutsch gesprochen worden sei.
Die im Jahre 1923 geborene R ... M ... (geb. F ...) führte in einer Erklärung vom 28.06.1998 aus, sie kenne die Klägerin seit dem Jahr 1930, als die Familie nach D ... übergesiedelt sei. Sie habe sich sehr oft im Elternhaus der Klägerin befunden und gehört, dass Deutsch die überwiegende Umgangssprache gewesen sei. Sie hätten untereinander nur Deutsch gesprochen.
Das SG zog Auskünfte des israelischen Finanzministeriums über die Bedeutung der Angabe einer deutschen Muttersprache für die Erlangung einer Rentenleistung nach dem israelischen Gesetz über die Invaliden der NS-Verfolgung bei.
Mit Urteil vom 12.11.1998 hat das SG die Klage im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Angaben im israelischen Invalidenverfahren und die von der Heimatauskunftsstelle erteilte Auskunft abgewiesen.
Gegen das ihr am 03.12.1998 zugestellte Urteil hat die Kläger am 08.12.1998 Berufung eingelegt und auf Einzelheiten der Sprachprüfung Bezug genommen. Ihre eingestandenermaßen unnötige interessengeleitete Angabe im israelischen Invalidenverfahren aus dem Jahre 1967 entspreche nicht der Wahrheit. Ihr sei damals dringend nahegelegt worden, wider den tatsächlichen Gegebenheiten Deutsch nicht als Muttersprache anzugeben. Die Klägerin führte in einer Erklärung vom 04.01.1999 ergänzend aus, die Umgangssprache in ihrem Elternhaus sei weit überwiegend die deutsche Sprache gewesen. Deutsch habe als Kommunikationsmittel zwischen allen Familienmitgliedern gedient. Sie habe einen deutschsprachigen Freundeskreis gehabt, dem Juden und Christen angehört hätten. Sie stelle klar, dass sie zu Hause nur dann mit den Geschwistern ungarisch gesprochen habe, wenn es um die Schulaufgaben gegangen sei. Auch heute nach über 50jähriger Anwesenheit in Israel spreche sie noch Deutsch wie eine Muttersprache.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.11.1998 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.05.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1997 zu verurteilen, ihr Altersruhegeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Ersuchen des Senats hat das Amtsgericht Tel Aviv die im Gerichtsverfahren benannte S ... T ... vernommen. Wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf die Niederschrift der Anhörung der Zeugin vor dem Amtsgericht Tel Aviv Bezug genommen. Im Wege der Rechtshilfe sollten auch die weiteren Zeugen A ... B ..., E ... W ..., M ... E ..., I ... E ... G ... und R ... M ... (F ...) zu dem Sprachgebrauch im Eltern haus und persönlichen Lebensbereich der Klägerin als Zeugen durch das Amtsgericht Tel Aviv vernommen werden. Ohne eine Rücksprache mit dem Senat und ohne Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen beantragte die Klägerin bei dem Amtsgericht in Tel Aviv die Aufhebung der Vorladungen dieser fünf weiteren Zeugen mit der Begründung, die Zeugen seien alt und krank und hätten keine Möglichkeit, vor Gericht zu erscheinen. Das Amtsgericht Tel Aviv entsprach dem Antrag der Klägerin.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Rentenakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung und keinen Anspruch auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nach dem Zusatzabkommen zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen.
Nach § 35 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) erhält Altersrente ein Versicherter, der das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, also eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten (§ 50 Abs. 1 SGB VI) zurückgelegt hat. Anrechenbare Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung - als solche könnten zumindest die vom ungarischen Sozialversicherungsträger bestätigten Zeiten angesehen werden - können sich für die Klägerin nur nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI i.V.m den §§ 15, 16 FRG ergeben.
§ 15 Abs. 1 Satz 1 des Fremdrentengesetzes (FRG) sieht vor, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen. Nach Maßgabe des § 16 FRG gilt entsprechendes für Beschäftigungs zeiten. Da die Klägerin nicht zu dem gemäß § 1 FRG begünstig ten Personenkreis gehört, finden die §§ 15, 16 FRG auf sie nur dann Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) oder des § 17 a FRG vorliegen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 WGSVG stehen bei Anwendung des FRG den anerkannten Vertriebenen i.S. des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) vertriebene Verfolgte gleich, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen Volkstum bekannt haben. Soweit es für die Vertriebeneneigenschaft auf die deutsche Volkszugehörig keit ankommt, genügt es, dass Verfolgte im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehört haben (§ 20 Abs. 1 Satz 2 WGSVG i.V.m. § 19 Abs. 2 Buchst. a Halbsatz 2 WGSVG). Neben § 20 Abs. 1 Satz 1 WGSVG könnte sich im Falle der Klägerin auch aus § 17a FRG ein Anspruch auf Berücksichtigung der von dem ungarischen Sozialversicherungsträger anerkannten Beitragszeiten ergeben, wenn sie zum Zeitpunkt des Erstreckens des nationalsozialistischen Einflussbereichs auf ihr Heimatgebiet (06.04.1941) dem dSK angehört hat.
Ausreichend ist, dass die Zugehörigkeit zum dSK glaubhaft gemacht ist, wobei eine Tatsache glaubhaft gemacht ist, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 FRG; § 3 WGSVG).
Auch unter Berücksichtigung dieser Beweiserleichterung ist eine Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK nicht glaubhaft gemacht. Hierbei geht der Senat unter Berücksichtigung des guten Ergebnisses der Sprachprüfung vom 30.07.1995 davon aus, dass die Klägerin die deutsche Sprache beherrscht. Die dSK-Zugehörigkeit lässt sich jedoch nach der auch vom Senat zugrunde gelegten Rechtsprechung nicht allein nach der Sprachfertigkeit beurteilen, wenngleich festzuhalten ist, dass diese Rückschlüsse auf die quantitativ beherrschende Bedeutung der deutschen Sprache zulassen kann (vgl. Urteil des Senats vom 02.04.2001, L 3 RJ 25/99). Andererseits schließt die Kenntnis der deutschen Sprache nicht aus, dass mehrsprachige Personen wie die Klägerin in einer anderen Sprach- und Denkwelt stärker oder zumindest gleichstark verhaftet sind (Urteil des 13. Senats des LSG NRW vom 28.05.2001, L 13 RJ 128/99). Bei dem neben der Sprachbeherrschung geforderten Merkmal des überwiegenden Gebrauchs der deutschen Sprache im persönlichen Bereich sind grundsätzlich alle Formen der sprachlichen Kommunikation (Sprechen, Hören und Schreiben) in Betracht zu ziehen. Dazu können neben dem mündlichen Austausch in der Familie sowie im Freundes- und Bekanntenkreis auch die Lektüre von Büchern und Zeitschriften, das Verfassen persönlicher Aufzeichnungen sowie der Briefwechsel mit Verwandten und Bekannten gehören (BSG, Urteile vom 10.03.1999 - B 13 RJ 87/97 R -, B 13 RJ 25/98 R, B 13 RJ 65/98, B 13 RJ 81/98 sowie B 13 RJ 83/98; BSG, Urteil vom 11.05.1999 - B 13 RJ 11/99 -; BSG, Urteil vom 23.03.2000, - B 13 RJ 59/99 R -). Der Senat hält es unter Berücksichtigung dieser von ihm geteilten Kriterien nicht für glaubhaft gemacht, dass die Klägerin dem dSK angehört.
Bei Gesamtwürdigung aller Umstände lässt sich nicht feststellen, ob die Klägerin seinerzeit im persönlichen Bereich überwiegend Deutsch oder Ungarisch gesprochen hat. Da die vom Senat beabsichtige Anhörung von fünf Zeugen ohne Angabe von individuellen, auf die jeweiligen Zeugen bezogene Gründe auf Betreiben der Klägerin nicht durchgeführt wurde und auch sonstige Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht gesehen werden, geht die Nichterweislichkeit des überwiegenden Gebrauchs der deutschen Sprache zu Lasten der Klägerin.
Zwar sprechen die von der Klägerin behaupteten deutschsprachigen Freunde sowie das von der Zeugin T ... angegebene deut sche Kindermädchen für die Anwendung der deutschen Sprache im persönlichen Lebensbereich. Gegen eine größere Bedeutung eines deutschsprachigen Kindermädchens für die sprachliche Sozialisation im Elternhaus spricht jedoch der Umstand, dass dieses von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt erwähnt wurde. Weiter leidet die Glaubwürdigkeit der Zeugin T ... darunter, dass ihre Angaben Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten enthalten. Während sie in ihrer Erklärung vom 14.06.1998 angab, mit dem Besuch im Elternhaus der Klägerin sei aus schließlich Deutsch gesprochen worden, ergab ihre Anhörung vor dem Amtsgericht Tel Aviv, dass sie selbst ungarischer Mutter sprache war und die deutsche Sprache nicht beherrschte. Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass die Eltern der Klägerin sowie die Kinder in ihrer Gegenwart Ungarisch sprachen. Eine Verständigung in ungarischer Sprache war daher offenbar auch dem Vater möglich. Aus Anlass ihrer Vernehmung vor dem Friedensgericht konnte die Zeugin sich auch nicht mehr an deutsche Bücher und Zeitschriften im Elternhaus der Klägerin erinnern, obwohl sie deren Vorhandensein in ihrer Erklärung vom 14.06.1998 angab. Da die Zeugin T ... selbst ausschließlich die ungarische Sprache benutzte, konnte sie keine genaueren Angaben zu dem Inhalt und dem Umfang des behaupteten deutschsprachigen Austausches zwischen der Klägerin und ihren Angehörigen machen. Berücksichtigt man weiter die schriftlichen Angaben der Zeugin R ... M ... (geb. F ...) vom 28.06.1998, ergibt sich, dass offenbar auch in Anwesenheit von deutsch sprechenden Bekannten die ungarische Sprache herangezogen wurde. Diese führte aus, sie habe sich oft im Elternhaus der Klägerin befunden und (bei diesen Gelegenheiten) gehört, dass die überwiegende Umgangssprache in der Familie Deutsch gewesen sei. Eine nähere Befragung der nach Aktenlage deutschsprachigen Zeugin Frankfurter und der anderen in dem Rechtshilfeersuchen benannten Zeugen ist als Folge des Antrags der Klägerin vor dem Amtsgericht Tel Aviv unterblieben.
Auf die Eigenangaben der Klägerin kann eine Glaubhaftmachung des überwiegenden Gebrauchs der deutschen Sprache nicht gestützt werden, weil sie nicht als hinreichend zuverlässig erscheinen. Zwar hat die Klägerin eine deutsche Muttersprache beider Eltern zunächst in ihrem Rentenantrag angeführt. Bei der Sprachprüfung im israelischen Finanzministerium hat sie dies jedoch dahin korrigiert, dass ihre Mutter "wahrscheinlich ungarischer Muttersprache" gewesen sei. Da der Vater berufstätig war, die Mutter dagegen Hausfrau, spricht im Sinne einer naheliegenden, der Lebenserfahrung entsprechenden Vermutung (BSG, Urteil vom 17.12.1980 - 12 RK 42/80 -) viel dafür, dass aufgrund der ungarischen Muttersprache der Mutter mit den Kindern überwiegend die ungarische Sprache benutzt wurde, zumal dies die Sprache war, welche die Klägerin in der Schule und dem weit überwiegend ungarisch sprechenden Umfeld regelmäßig beherrschen musste. Nach den Angaben der Klägerin bei der Sprachprüfung haben die Eltern mit den Kindern "auch" ungarisch gesprochen, wobei der Sprachprüfer nicht weiter nachgefragt hat, in welchem Umfang und bei welchen Gelegenheiten die Klägerin mit ihren Eltern und Geschwistern Deutsch bzw Ungarisch gesprochen hat. Die Klägerin räumt ein, dass sie im persönlichen Bereich mit ihren Geschwistern ungarisch gesprochen habe, wobei sie - nicht überzeugend - ausführt, dies sei auf die Hausaufgaben beschränkt gewesen. Gegen die Zuverlässigkeit der Eigenangaben der Klägerin spricht auch, dass sie beim israelischen Amt für Rehabilitation nicht die deutsche, sondern die ungarische Sprache als Muttersprache angegeben hat. Schließlich ist auch festzuhalten, dass nach den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren offenbar weder ihre beiden noch lebenden Schwestern noch ihr verstorbener Bruder eine Entschädigung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum dSK beantragt haben. Die Klägerin hat diesbezüglich auch selbst zu keinem Zeitpunkt weitere Ermittlungen angeregt.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann im Ergebnis nicht festgestellt werden und geht daher zu Lasten der Klägerin, dass ein überwiegender deutscher Sprachgebrauch und damit eine dSK - Zugehörigkeit als Voraussetzung für die Anerkennung der anerkannten Beitragszeiten nicht glaubhaft gemacht ist. Dem entsprechend kommt auch die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Zusatzabkommen zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierzu eine Veranlassung gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben war.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Bewilligung einer Rente hat.
Die am ...1925 in D .../Ungarn geborene Klägerin besuchte von 1931 bis 1937 in ihrem Geburtsort die Volksschule, wo der Unterricht in ungarischer Sprache abgehalten und Deutsch als Fach unterrichtet wurde. Sie ist als Verfolgte nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) anerkannt und hat für die Zeit von April 1944 bis Januar 1945 eine Entschädigung wegen Freiheitsschaden erhalten. Anfang 1946 wanderte die Klägerin nach Israel aus, dessen Staatangehörigkeit sie seit 1948 besitzt.
Gegenüber der Beklagten gab sie mit ihrem Rentenantrag und Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen vom 08.08.1994 an, sie habe - von Oktober 1939 bis November 1940 als Verkäuferin in dem Lebensmittelgeschäft von K ... K ... in D ... - von Januar 1941 bis Februar 1942 als Modistin im Hutsalon von R ... M ... in K ... (K ...)/Ungarn, - von März 1942 bis März 1943 als Modistin im Hutsalon L ... (L ...) in N ... (N ...)/Ungarn und - von April 1943 bis März 1944 als Modistin im Hutsalon von S ... (S ...)/ N ... gearbeitet. Sie sei mit voller Arbeitszeit sowie Zahlung eines Gehaltes mit den gesetzmäßigen Abzügen beschäftigt gewesen.
Die Klägerin bezog sich auf Zeugenaussagen von A ... B ..., E ... W ..., M ... E ... und E ... G ... vom Juni 1996. Diese bestätigten die Angaben der Klägerin zu den Beschäftigungszeiten und führten aus, sie könnten angeben, dass im Elternhaus der Klägerin deutsch gesprochen worden sei. Die Umgangssprache im Elternhaus der Klägerin sei Deutsch gewesen.
Der ungarische Rentenversicherungsträger teilte mit Schreiben vom 28.07.1995 mit, die Klägerin sei in den Zeiten 10.04.1940 bis 23.12.1940, 10.05.1943 bis 08.04.1944 und 15.08.1945 bis 31.12.1945 bei der ungarischen Sozialversicherung gemeldet gewesen.
Zu ihrer Muttersprache führte die Klägerin in einem Vordruck der Beklagten vom 04.01.1995 aus, ihre Eltern und sie selbst seien deutscher Muttersprache. Der persönliche Sprachgebrauch im Herkunftsgebiet sei ebenfalls die deutsche Sprache gewesen.
Die Beklagte veranlasste eine Sprachprüfung im israelischen Finanzministerium in Tel Aviv. Nach dem Protokoll der Sprachprüfung vom 30.07.1995 gab die Klägerin an, Umgangssprache im Elternhaus und im persönlichen Lebensbereich seien Deutsch und Ungarisch gewesen. Ihr Vater, der Inhaber eines Delikatessen geschäfts gewesen sei, sei deutscher Muttersprache gewesen und habe zusätzlich die ungarische Sprache beherrscht. Ihre Mutter sei wahrscheinlich ungarischer Muttersprache mit den zusätzlichen Sprachen Deutsch und Tschechisch. Nach dem Prüfungsprotokoll sprach die Klägerin Deutsch unbefangen, frei und mit leichtem ungarischen Akzent, beherrschte die deutsche Schriftsprache und las Deutsch perfekt mit Ausdruck und Verständnis. Der Sprachprüfer hielt fest, die im ehemaligen Österreich-Ungarn geborenen Eltern der Klägerin hätten untereinander Deutsch, mit den ursprünglich sechs Kindern daneben auch Ungarisch gesprochen. Auf Wunsch der Eltern hätten die Kinder neben dem schulischen Deutschunterricht Deutsch im Privatunterricht bei einem Lehrer namens J ... K ... gelernt. Die Klägerin sei mit Kindern zweier deutscher Familien in der Nachbarschaft befreundet gewesen und habe mit diesen Deutsch gesprochen. Im Ergebnis hege er keinen Zweifel, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Verfolgung dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört habe.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Heimatauskunftsstelle beim Landesausgleichsamt Baden-Württemberg mit Schreiben vom 11.06.1996 mit, bei der Volkszählung im Jahre 1930 hätten von den 3.729 Einwohner der Stadt D ... nur 6 angegeben, sie seien deutscher Muttersprache. Die übrigen hätten die ungarische Muttersprache angeführt.
Das israelische Finanzministerium teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, beim Amt für Rehabilitation der Invaliden der NS-Verfolgung in Israel habe die Klägerin in einer Erklärung vom 16.03.1967 als Muttersprache "Ungarisch" angegeben. Der Internationale Suchdienst führte mit Schreiben vom 25.04.1997 aus, in den dort vorhandenen Orginal-Konzentrationslager-Unterlagen sei die ungarische Sprache angeführt.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, ihre bei den in Israel lebenden Schwestern sowie ihr verstorbener Bruder hätten keinerlei Anträge auf Entschädigungsleistungen gestellt.
Mit Bescheid vom 26.05.1997 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen und Zahlung einer Rente mit der Begründung ab, ihre Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Ein überwiegender deutscher Sprachgebrauch im persönlichen Lebensbereich sei trotz des Ergebnisses der Sprachprüfung nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Das fremdsprachige Umfeld lasse allenfalls darauf schließen, dass die Klägerin mehrsprachig aufgewachsen sei. Gegen die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sprächen auch die Angaben der Klägerin beim Amt für Invalidenrehabilitation.
Den Widerspruch der Klägerin vom 17.06.1997, mit dem sie auf das positive Ergebnis der Sprachprüfung Bezug nahm, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.1997 zurück.
Mit ihrer zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage vom 10.12.1997 hat die Klägerin vorgetragen, im israelischen Invalidenverfahren sei den Antragstellern aufgrund einer unklaren Gesetzeslage vermittelt worden, dass die Angabe einer deutschen Muttersprache sofort den Ausschluss aus der israelischen Rentenleistung bedeute. Das positive Ergebnis der Sprachprüfung sei wesentlich höher zu werten als die Auskunft der Heimatauskunftsstelle. Einfache Schulkenntnisse reichten jedenfalls nicht aus, Deutsch wie eine Muttersprache zu sprechen und perfekt zu lesen.
Die Klägerin übersandte eine weitere Zeugenerklärung der im Jahre 1927 geborenen S ... T ... vom 14.06.1998 zu den Akten. Diese führte aus, sie und die Klägerin seien Freunde aus der Kindheit. Folglich könne sie bestätigen, dass die Umgang sprache im Elternhaus der Klägerin Deutsch gewesen sei. Sie habe selbst gehört, dass die Familienmitglieder untereinander Deutsch gesprochen hätten. Der Vater der Klägerin habe mit einer sehr angesehenen Familie der Stadt, die Kunden in dessen Geschäft gewesen seien, Deutsch gesprochen. Sie könne auch bestätigen, dass es oft Besuch im Elternhaus der Klägerin gegeben habe und auch mit diesem nur Deutsch gesprochen worden sei.
Die im Jahre 1923 geborene R ... M ... (geb. F ...) führte in einer Erklärung vom 28.06.1998 aus, sie kenne die Klägerin seit dem Jahr 1930, als die Familie nach D ... übergesiedelt sei. Sie habe sich sehr oft im Elternhaus der Klägerin befunden und gehört, dass Deutsch die überwiegende Umgangssprache gewesen sei. Sie hätten untereinander nur Deutsch gesprochen.
Das SG zog Auskünfte des israelischen Finanzministeriums über die Bedeutung der Angabe einer deutschen Muttersprache für die Erlangung einer Rentenleistung nach dem israelischen Gesetz über die Invaliden der NS-Verfolgung bei.
Mit Urteil vom 12.11.1998 hat das SG die Klage im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Angaben im israelischen Invalidenverfahren und die von der Heimatauskunftsstelle erteilte Auskunft abgewiesen.
Gegen das ihr am 03.12.1998 zugestellte Urteil hat die Kläger am 08.12.1998 Berufung eingelegt und auf Einzelheiten der Sprachprüfung Bezug genommen. Ihre eingestandenermaßen unnötige interessengeleitete Angabe im israelischen Invalidenverfahren aus dem Jahre 1967 entspreche nicht der Wahrheit. Ihr sei damals dringend nahegelegt worden, wider den tatsächlichen Gegebenheiten Deutsch nicht als Muttersprache anzugeben. Die Klägerin führte in einer Erklärung vom 04.01.1999 ergänzend aus, die Umgangssprache in ihrem Elternhaus sei weit überwiegend die deutsche Sprache gewesen. Deutsch habe als Kommunikationsmittel zwischen allen Familienmitgliedern gedient. Sie habe einen deutschsprachigen Freundeskreis gehabt, dem Juden und Christen angehört hätten. Sie stelle klar, dass sie zu Hause nur dann mit den Geschwistern ungarisch gesprochen habe, wenn es um die Schulaufgaben gegangen sei. Auch heute nach über 50jähriger Anwesenheit in Israel spreche sie noch Deutsch wie eine Muttersprache.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.11.1998 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.05.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1997 zu verurteilen, ihr Altersruhegeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Ersuchen des Senats hat das Amtsgericht Tel Aviv die im Gerichtsverfahren benannte S ... T ... vernommen. Wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf die Niederschrift der Anhörung der Zeugin vor dem Amtsgericht Tel Aviv Bezug genommen. Im Wege der Rechtshilfe sollten auch die weiteren Zeugen A ... B ..., E ... W ..., M ... E ..., I ... E ... G ... und R ... M ... (F ...) zu dem Sprachgebrauch im Eltern haus und persönlichen Lebensbereich der Klägerin als Zeugen durch das Amtsgericht Tel Aviv vernommen werden. Ohne eine Rücksprache mit dem Senat und ohne Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen beantragte die Klägerin bei dem Amtsgericht in Tel Aviv die Aufhebung der Vorladungen dieser fünf weiteren Zeugen mit der Begründung, die Zeugen seien alt und krank und hätten keine Möglichkeit, vor Gericht zu erscheinen. Das Amtsgericht Tel Aviv entsprach dem Antrag der Klägerin.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Rentenakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung und keinen Anspruch auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nach dem Zusatzabkommen zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen.
Nach § 35 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) erhält Altersrente ein Versicherter, der das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, also eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten (§ 50 Abs. 1 SGB VI) zurückgelegt hat. Anrechenbare Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung - als solche könnten zumindest die vom ungarischen Sozialversicherungsträger bestätigten Zeiten angesehen werden - können sich für die Klägerin nur nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI i.V.m den §§ 15, 16 FRG ergeben.
§ 15 Abs. 1 Satz 1 des Fremdrentengesetzes (FRG) sieht vor, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen. Nach Maßgabe des § 16 FRG gilt entsprechendes für Beschäftigungs zeiten. Da die Klägerin nicht zu dem gemäß § 1 FRG begünstig ten Personenkreis gehört, finden die §§ 15, 16 FRG auf sie nur dann Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) oder des § 17 a FRG vorliegen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 WGSVG stehen bei Anwendung des FRG den anerkannten Vertriebenen i.S. des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) vertriebene Verfolgte gleich, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen Volkstum bekannt haben. Soweit es für die Vertriebeneneigenschaft auf die deutsche Volkszugehörig keit ankommt, genügt es, dass Verfolgte im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehört haben (§ 20 Abs. 1 Satz 2 WGSVG i.V.m. § 19 Abs. 2 Buchst. a Halbsatz 2 WGSVG). Neben § 20 Abs. 1 Satz 1 WGSVG könnte sich im Falle der Klägerin auch aus § 17a FRG ein Anspruch auf Berücksichtigung der von dem ungarischen Sozialversicherungsträger anerkannten Beitragszeiten ergeben, wenn sie zum Zeitpunkt des Erstreckens des nationalsozialistischen Einflussbereichs auf ihr Heimatgebiet (06.04.1941) dem dSK angehört hat.
Ausreichend ist, dass die Zugehörigkeit zum dSK glaubhaft gemacht ist, wobei eine Tatsache glaubhaft gemacht ist, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 FRG; § 3 WGSVG).
Auch unter Berücksichtigung dieser Beweiserleichterung ist eine Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK nicht glaubhaft gemacht. Hierbei geht der Senat unter Berücksichtigung des guten Ergebnisses der Sprachprüfung vom 30.07.1995 davon aus, dass die Klägerin die deutsche Sprache beherrscht. Die dSK-Zugehörigkeit lässt sich jedoch nach der auch vom Senat zugrunde gelegten Rechtsprechung nicht allein nach der Sprachfertigkeit beurteilen, wenngleich festzuhalten ist, dass diese Rückschlüsse auf die quantitativ beherrschende Bedeutung der deutschen Sprache zulassen kann (vgl. Urteil des Senats vom 02.04.2001, L 3 RJ 25/99). Andererseits schließt die Kenntnis der deutschen Sprache nicht aus, dass mehrsprachige Personen wie die Klägerin in einer anderen Sprach- und Denkwelt stärker oder zumindest gleichstark verhaftet sind (Urteil des 13. Senats des LSG NRW vom 28.05.2001, L 13 RJ 128/99). Bei dem neben der Sprachbeherrschung geforderten Merkmal des überwiegenden Gebrauchs der deutschen Sprache im persönlichen Bereich sind grundsätzlich alle Formen der sprachlichen Kommunikation (Sprechen, Hören und Schreiben) in Betracht zu ziehen. Dazu können neben dem mündlichen Austausch in der Familie sowie im Freundes- und Bekanntenkreis auch die Lektüre von Büchern und Zeitschriften, das Verfassen persönlicher Aufzeichnungen sowie der Briefwechsel mit Verwandten und Bekannten gehören (BSG, Urteile vom 10.03.1999 - B 13 RJ 87/97 R -, B 13 RJ 25/98 R, B 13 RJ 65/98, B 13 RJ 81/98 sowie B 13 RJ 83/98; BSG, Urteil vom 11.05.1999 - B 13 RJ 11/99 -; BSG, Urteil vom 23.03.2000, - B 13 RJ 59/99 R -). Der Senat hält es unter Berücksichtigung dieser von ihm geteilten Kriterien nicht für glaubhaft gemacht, dass die Klägerin dem dSK angehört.
Bei Gesamtwürdigung aller Umstände lässt sich nicht feststellen, ob die Klägerin seinerzeit im persönlichen Bereich überwiegend Deutsch oder Ungarisch gesprochen hat. Da die vom Senat beabsichtige Anhörung von fünf Zeugen ohne Angabe von individuellen, auf die jeweiligen Zeugen bezogene Gründe auf Betreiben der Klägerin nicht durchgeführt wurde und auch sonstige Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht gesehen werden, geht die Nichterweislichkeit des überwiegenden Gebrauchs der deutschen Sprache zu Lasten der Klägerin.
Zwar sprechen die von der Klägerin behaupteten deutschsprachigen Freunde sowie das von der Zeugin T ... angegebene deut sche Kindermädchen für die Anwendung der deutschen Sprache im persönlichen Lebensbereich. Gegen eine größere Bedeutung eines deutschsprachigen Kindermädchens für die sprachliche Sozialisation im Elternhaus spricht jedoch der Umstand, dass dieses von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt erwähnt wurde. Weiter leidet die Glaubwürdigkeit der Zeugin T ... darunter, dass ihre Angaben Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten enthalten. Während sie in ihrer Erklärung vom 14.06.1998 angab, mit dem Besuch im Elternhaus der Klägerin sei aus schließlich Deutsch gesprochen worden, ergab ihre Anhörung vor dem Amtsgericht Tel Aviv, dass sie selbst ungarischer Mutter sprache war und die deutsche Sprache nicht beherrschte. Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass die Eltern der Klägerin sowie die Kinder in ihrer Gegenwart Ungarisch sprachen. Eine Verständigung in ungarischer Sprache war daher offenbar auch dem Vater möglich. Aus Anlass ihrer Vernehmung vor dem Friedensgericht konnte die Zeugin sich auch nicht mehr an deutsche Bücher und Zeitschriften im Elternhaus der Klägerin erinnern, obwohl sie deren Vorhandensein in ihrer Erklärung vom 14.06.1998 angab. Da die Zeugin T ... selbst ausschließlich die ungarische Sprache benutzte, konnte sie keine genaueren Angaben zu dem Inhalt und dem Umfang des behaupteten deutschsprachigen Austausches zwischen der Klägerin und ihren Angehörigen machen. Berücksichtigt man weiter die schriftlichen Angaben der Zeugin R ... M ... (geb. F ...) vom 28.06.1998, ergibt sich, dass offenbar auch in Anwesenheit von deutsch sprechenden Bekannten die ungarische Sprache herangezogen wurde. Diese führte aus, sie habe sich oft im Elternhaus der Klägerin befunden und (bei diesen Gelegenheiten) gehört, dass die überwiegende Umgangssprache in der Familie Deutsch gewesen sei. Eine nähere Befragung der nach Aktenlage deutschsprachigen Zeugin Frankfurter und der anderen in dem Rechtshilfeersuchen benannten Zeugen ist als Folge des Antrags der Klägerin vor dem Amtsgericht Tel Aviv unterblieben.
Auf die Eigenangaben der Klägerin kann eine Glaubhaftmachung des überwiegenden Gebrauchs der deutschen Sprache nicht gestützt werden, weil sie nicht als hinreichend zuverlässig erscheinen. Zwar hat die Klägerin eine deutsche Muttersprache beider Eltern zunächst in ihrem Rentenantrag angeführt. Bei der Sprachprüfung im israelischen Finanzministerium hat sie dies jedoch dahin korrigiert, dass ihre Mutter "wahrscheinlich ungarischer Muttersprache" gewesen sei. Da der Vater berufstätig war, die Mutter dagegen Hausfrau, spricht im Sinne einer naheliegenden, der Lebenserfahrung entsprechenden Vermutung (BSG, Urteil vom 17.12.1980 - 12 RK 42/80 -) viel dafür, dass aufgrund der ungarischen Muttersprache der Mutter mit den Kindern überwiegend die ungarische Sprache benutzt wurde, zumal dies die Sprache war, welche die Klägerin in der Schule und dem weit überwiegend ungarisch sprechenden Umfeld regelmäßig beherrschen musste. Nach den Angaben der Klägerin bei der Sprachprüfung haben die Eltern mit den Kindern "auch" ungarisch gesprochen, wobei der Sprachprüfer nicht weiter nachgefragt hat, in welchem Umfang und bei welchen Gelegenheiten die Klägerin mit ihren Eltern und Geschwistern Deutsch bzw Ungarisch gesprochen hat. Die Klägerin räumt ein, dass sie im persönlichen Bereich mit ihren Geschwistern ungarisch gesprochen habe, wobei sie - nicht überzeugend - ausführt, dies sei auf die Hausaufgaben beschränkt gewesen. Gegen die Zuverlässigkeit der Eigenangaben der Klägerin spricht auch, dass sie beim israelischen Amt für Rehabilitation nicht die deutsche, sondern die ungarische Sprache als Muttersprache angegeben hat. Schließlich ist auch festzuhalten, dass nach den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren offenbar weder ihre beiden noch lebenden Schwestern noch ihr verstorbener Bruder eine Entschädigung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum dSK beantragt haben. Die Klägerin hat diesbezüglich auch selbst zu keinem Zeitpunkt weitere Ermittlungen angeregt.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann im Ergebnis nicht festgestellt werden und geht daher zu Lasten der Klägerin, dass ein überwiegender deutscher Sprachgebrauch und damit eine dSK - Zugehörigkeit als Voraussetzung für die Anerkennung der anerkannten Beitragszeiten nicht glaubhaft gemacht ist. Dem entsprechend kommt auch die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Zusatzabkommen zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierzu eine Veranlassung gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben war.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved