Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (6) RA 295/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 RA 38/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 RA 7/01 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.01.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Befreiung von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung, hilfsweise eine Verminderung der Beitragshöhe sowie eine Erstattung gezahlter Beiträge.
Der 1954 geborene Kläger ist verheiratet und Vater dreier in den Jahren 1990, 1993 und 1996 geborener Kinder. Seit 1990 ist er als angestellter Journalist beschäftigt, seine der zeitige Arbeitgeberin ist die Beigeladene zu 2). Nach eigenen Angaben betrug sein Monatsbruttoverdienst im Jahr 1997 5.000,- DM nebst Sonderzahlungen. Netto wurden ihm nach eigenen Angaben nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und ohne Berücksichtigung des Kindergeldes 3.530,- DM ausgezahlt. Seine 1960 geborene Ehefrau ist nicht erwerbstätig.
Am 13.03.1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten, auf die Erhebung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu verzichten. Er meinte, bei steigenden Beiträgen und sinkenden Leistungen sei private Vorsorge geboten, die sich eine fünfköpfige Familie mit durchschnittlichem Einkommen nicht leisten könne. Durch die Erziehung der Kinder trage er zudem zur Bestandssicherung der gesetzlichen Rentenversicherung bei. Schließlich sei die Generationengerechtigkeit nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 31.7.1997 und Widerspruchsbescheid vom 10.2.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil eine gesetzliche Grundlage zur Befreiung von der Versicherungspflicht nicht bestehe und die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht verfassungswidrig sei.
Der Kläger hat die hiergegen rechtzeitig erhobene Klage zusammengefasst wie folgt begründet:
1. Die Beitragserhebung verstoße schon deswegen gegen die durch Art 2 Abs 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit, weil die gesetzliche Grundlage formell rechtswidrig sei. Denn der Bundesgesetzgeber habe keine Kompetenz zum Erlass des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI - gehabt. Diese Kompetenz ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG. Zwar habe nach dieser Vorschrift der Bundesgesetzgeber die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung. Die gesetzliche Rentenversicherung sei hingegen keine Sozialversicherung mehr. Der Verfassungsgeber habe bei Verabschiedung von Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG das Bild der klassischen Sozialversicherung vor Augen gehabt. Die gesetzliche Rentenversicherung entspreche diesem Bild nicht mehr. Weil rund 85 % der Bevölkerung in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert seien, könne von einem für die Sozialversicherung typischen abgrenzbaren Solidarkollektiv nicht mehr die Rede sein. Die für jedes Sozialsystem typische Umverteilung von oben nach unten sei zu einer Umverteilung von unten nach oben geworden. Durch die Einbeziehung versicherungsfremder Leistungen werde die gesetzliche Rentenversicherung zusätzlich dazu missbraucht, allgemeine Staatsaufgaben zu finanzieren. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Rentenversicherung - entgegen ihrer ursprünglichen Konzeption - heute nicht mehr geeignet sei, eine angemessene Altersversorgung zu sichern.
Die formelle Rechtswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen für die Beitragserhebung resultiere auch aus einem Verstoß gegen die Finanzverfassung des Grundgesetzes. Beitragsfinanzierung sei nur für homogene Sondergruppen zulässig. Aus der Feststellung fehlender Gruppenhomogenität folge die prinzipielle Unzulässigkeit der beitragsfinanzierten Sozialversicherung. Die von der Rentenversicherung abgedeckten Gemeinschaftsaufgaben seien durch Steuern zu finanzieren. Schließlich sei das Umlagesystem bei gleichzeitigem eigentumsrechtlichem Schutz der Rentenanwartschaften der Sache nach eine Kreditaufnahme und damit ein Verstoß gegen Art. 115 GG.
2. Die Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verstoße auch materiell gegen die in Art. 2 Abs. 1 GG normierte allgemeine Handlungsfreiheit. Denn die gesetzliche Rentenversicherung sei kein zur Gewährleistung einer angemessenen Altersvorsorge geeignetes System. Während das Rentenniveau sinke, steige die Beitragslast. Eine angemessene Rendite werde durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr gewährleistet. Nicht einmal eine Verzinsung von 4 % werde erreicht. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass Beitragspflichtige Einzahlungen nicht nur über Beiträge, sondern auch durch Steuern leisteten, weil der Bundeszuschuss zur Finanzierung der Rentenversicherung beitrage.
Die mangelhafte Rendite ließe sich auch nicht durch einen Solidarausgleich rechtfertigen, weil sowohl die Finanzierungs- als auch die Leistungsseite des Sozialbudgets Verteilungsasymmetrien zu Lasten der ökonomisch Schwächeren beinhalteten.
Da durch die Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen sein Existenzminimum gefährdet sei, verstoße diese auch gegen die Garantie der Menschenwürde gem. Art 1 Abs 1 S. 1 GG.
3. Die Beitragslast habe unter Einbeziehung der direkten und der indirekten Steuern, die Familien besonders träfen, für ihn erdrosselnde Wirkung, so dass die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, jedenfalls aber die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ergebe sich auch daraus, dass seine verfassungsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften entwertet würden.
4. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG sei verletzt. Dieser gebiete auch "Gleichheit in der Zeit", wo mit eine Benachteiligung der jetzigen Beitragszahler gegenüber den jetzigen Rentenempfängern nicht vereinbar sei.
5. Insbesondere jedoch sei die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG zu rügen, weil Familien mit Kindern gegenüber Kinderlosen in verfassungswidriger Weise benachteiligt würden: Während kinderlose Ehepaare keine Unterhaltsverpflichtungen, stattdessen aber in der Regel zwei Einkommen hätten, damit zwei eigenständige Rentenansprüche erwerben würden und zusätzliche Mittel zur privaten Altersvorsorge hätten, hätten Eltern in der Regel nur ein Einkommen, hohe Unterhaltsaufwendungen und keine Möglichkeit zur Kapitalbildung sowie im Alter in der Regel keine doppelten Rentenansprüche. Andererseits kämen die Kinder der heutigen Eltern später auch für die (gegenüber der Rente ihrer eigenen Eltern höhere) Altersrente der Kinderlosen auf. Dies entwerte zugleich die Unterhaltsansprüche der heutigen Eltern gegenüber ihren Kindern im Alter, da diese vorrangig ihre Beitragspflicht zur Rentenversicherung zu erfüllen hätten. Vollkommen ungerecht sei, dass kindererziehende Eltern im Leistungsrecht die negativen Folgen der demographischen Entwicklung mitzutragen hätten.
Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber u.a. in der Entscheidung vom 07.07.1992 (BVerfGE 87, 1 ff) aufgegeben, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liege, in weiterem Umfang als bisher auszugleichen. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber auch nicht dadurch nachgekommen, dass die Kindererziehung bei der Gewährung von Leistungen berücksichtigt werde. Denn hierbei handele es sich um einen "In-sich Transfer" der Familien, weil die durch die Berücksichtigung von Kindererziehung höheren Renten von den jetzigen Kindern, nicht von den Kinderlosen finanziert würden.
6. Aus alledem resultiere auch ein Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 1 GG.
7. Zudem sei auch die auf § 160 Nr. 1 SGB VI gestützte Verordnung über die Beitragssätze in der Rentenversicherung rechtswidrig. Denn die Beitragshöhe richte sich nach der Rentenhöhe, mithin auch nach dem aktuellen Rentenwert gemäߧ 68 SGB VI. Für dessen Ermittlung sei die Entwicklung des Durchschnittsentgeltes aller Arbeitnehmer maßgeblich. Bei der Ermittlung dieses Wertes würde die Zahl der tatsächlich geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer zu gering veranschlagt. Bei zutreffender Berechnung ergebe sich ein geringerer Rentenwert, was zu einem geringeren Beitragssatz führe. Sofern die der Ermittlung des Beitragssatzes zugrunde liegenden Vorschriften des SGB VI insoweit unklar seien, liege ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vor.
8. Auch die Gewährung von Hinterbliebenenrenten an Hinterbliebene aus kinderlosen Ehen sei rechtswidrig. Hinterbliebenenrenten dienten allein dem Zweck, Erziehungsleistungen zu honorieren und dürften deshalb nur an Versicherte gezahlt werden, die auch Erziehungsleistungen erbracht haben. Insoweit seien seine Beiträge zu vermindern.
9. Schließlich verstoße das Dienstleistungs- und Versicherungsmonopol der gesetzlichen Rentenversicherung gegen die Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts zum freien Wettbewerb und zur Freiheit des Dienstleistungsverkehrs, weil das Rentenversicherungsystem dem sozialen Ausgleich nicht mehr diene.
Die Beklagte hat wie folgt erwidert:
1. Der Gesetzgeber habe gemäß Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG die Kompetenz zum Erlass der Regelungen des SGB VI über die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gehabt, denn das BVerfG habe zwei Merkmale - gemeinsame Deckung eines schätzbaren Bedarfs und organisatorische Bewältigung dieser Aufgabe durch beitragsfinanzierte selbstständige Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts - für wesentlich gehalten. Beide Merkmale seien für die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt. Deshalb verstoße die Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen auch nicht gegen die Grundsätze der Finanzverfassung, zumal die Beiträge nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, sondern zur Durchführung der Rentenversicherung verwandt würden. Insoweit hat sich die Beklagte auf die Entscheidung des BSG vom 29.01.1998 - B 12 Kr 35/95 - berufen.
2. Die gesetzliche Rentenversicherung sei eine verfassungsrechtlich erlaubte Zwangskörperschaft.
Sie erbringe eine hinreichende Rendite. Die Summe der individuellen Rentenleistungen würde auch in Zukunft die Summe der einzuzahlenden Beiträge deutlich übersteigen.
Das Rentenversicherungsrecht verteile nicht von "unten nach oben". Die Beitragsbemessungsgrenze sei durch die entsprechende Leistungsbemessungsgrenze gerechtfertigt. Die Gesamtleistungsbewertung entspreche dem der gesetzlichen Rentenversicherung zugrundeliegenden Lebensleistungsprinzip, vergrößere den relativen Abstand zwischen den Einkommensgruppen aber nicht.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur die Risiken Alter und Tod, sondern auch das Risiko verminderter Erwerbsfähigkeit abdecke. Zu vermuten sei, dass gerade Geringerverdienende hiervon besonders profitierten.
3. Ein Verstoß gegen einen Anspruch auf "Gleichheit in der Zeit" liege allein deswegen nicht vor, weil die jüngere Generation gegenüber der älteren nicht benachteiligt werde.
Denn trotz der gestiegenen Abgabensätze sei das reale Nettoeinkommen heute erheblich höher als in den 50er oder 60er Jahren. Zudem dürfe ein Vergleich nicht nur zwischen verschiedenen Altersklassen gezogen werden, sondern es müsse der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt werden. Leistungen, die eine Generation bereits erhalten habe und Leistungen, die zu erwarten seien, seien im Sinne einer Gesamtbilanz mit einer anderen Generation zu vergleichen. Bei einem solchen Vergleich schnitten die heute Jüngeren gegenüber den heute Älteren nicht schlechter ab.
4. Ein Verfassungsauftrag auf eine intragenerationelle Umverteilung zwischen Eltern und Nichteltern existiere nicht. Ein solcher lasse sich auch nicht aus dem Urteil des BVerfG vom 07.07.1992 ableiten. Deshalb sei eine Gleichsetzung von Erziehungs- und Beitragsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich nicht geboten. Die leistungsrechtliche Priviligierung von Personen mit Kindern sei daher ausreichend. Zudem lasse der Kläger außer Acht, dass Erziehungsleistungen nicht von Eltern alleine erbracht würden, sondern eine kollektive Leistung der Gesellschaft seien. Auch sei die Honorierung von Kindererziehung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe nicht allein innerhalb der Rentenversicherung zu erbringen. Vielmehr seien auch andere gesellschaftliche Gruppen (Beamte, Selbstständige) einzubeziehen.
Auch das BVerfG habe in der Entscheidung vom 07.07.1992 ausdrücklich festgehalten, dass Kindererziehung und Beitragszahlung im umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem nicht gleichbehandelt werden könnten.
5. Schließlich sei die Beitragshöhe nicht wegen einer fehlerhaften Ermittlung des aktuellen Rentenwertes rechtswidrig. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten sei bei der Ermittlung des aktuellen Rentenwertes zutreffend aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung entnommen worden.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.01.1999 die Klage teils als unzulässig, teils als unbegründet abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen diese, am 13.03.1999 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 07.04.1999 erhobene Berufung.
Der Kläger meint, das Sozialgericht sei seinen Einwänden nicht gerecht geworden. Er wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführung und ist ergänzend der Auffassung, die Klage sei insgesamt zulässig. Der Kläger stützt sich zudem nunmehr auf die Entscheidung des BVerfG vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 -. Diese Entscheidung betätige, dass das Hauptproblem der gesetzlichen Rentenversicherung eine verfassungswidrige Transferausbeutung von Familien mit Kindern durch Kinderlose sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.01.1999 abzuändern und festzustellen, dass er Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht oder nicht in jetziger Höhe zu zahlen hat, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 1) zur Erstattung der zu Unrecht erhobenen Beiträge zu verurteilen, hilfsweise das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht mit der Frage vorzulegen: "Ist die Beitragspflicht des Klägers gemäß §§ 1 Nr. 1, 157 ff., 162 Nr. 1 SGB VI - zugleich unter Berücksichtigung der von ihm nach den einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften zu leistenden Steueranteile - noch mit seinen Grundrechten aus Art. 2, 3, 6, 14 GG sowie dem Sozialstaatsprinzip und den Grundsätzen der Finanzverfassung, Art. 104a ff., 109 ff. GG vereinbar und ist sie von der Kompetenz des Art. 74 Abs. 1 Ziff. 12 GG gedeckt?", hilfsweise gemäß Art. 234 EGV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu der Frage einzuholen, ob die angegriffenen Vorschriften mit den Grundsätzen der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs - Art. 59 f. EGV - und dem Schutz des freien Wettbewerbs - Art. 85 ff., insbesondere Art. 90 EGV - vereinbar sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und hält die Entscheidung des Sozialgerichts für richtig. Sie meint ergänzend, dass die im Urteil des BVerfG vom 03.04.2001 zur Pflegeversicherung aufgestellten Grundsätze zur Berücksichtigung von Kindererziehungsleistungen bei der Beitragsbemessung auf die gesetzliche Rentenversicherung nicht übertragbar seien. In der gesetzlichen Rentenversicherung sei - im Gegensatz zur Pflegeversicherung - eine Honorierung der Kindererziehung im Leistungsrecht möglich, geboten und ausreichend verwirklicht.
Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Beigeladenen entscheiden, weil diese mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die Berufung ist nicht deshalb gemäß § 151 Abs. 1 SGG unzulässig, weil der Berufungsschriftsatz, der entsprechend der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Urteil als "Beschwerde" bezeichnet wurde, nicht unterschrieben ist. Zwar verlangt die Schriftform gem. § 151 Abs. 1 SGG grundsätzlich einen unterschriebenen Schriftsatz (§ 126 BGB). Da die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft war, ist jedoch gem. § 66 Abs. 2 SGG eine Berufungsfrist von einem Jahr eröffnet und der am 25.5.1999 beim Sozialgericht Köln eingegangene unterschriebene Schriftsatz als formgerechte fristwahrende Berufung anzusehen.
Die Zulässigkeit des Übergangs zur Feststellungsklage in der Berufungsinstanz ergibt sich aus § 99 Abs. 3 Nr 2 SGG (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl. RNr 4 zu § 99). Hierbei handelt es sich um den interessengerechten Klageantrag und zu dem auch dasjenige Klagebegehren, das bei verständiger Würdigung dem ausführlichen Vortrag des Klägers mit hinreichen der Deutlichkeit zu entnehmen war. Dem steht die vom Kläger gewählte sprachliche Bezeichnung nicht entgegen, weil die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht an konkreten Wortlaut, sondern vor dem Hintergrund der Sachdienlichkeit des Antrags gehalten sind, das Begehren nach seinem wirklichen Gehalt auszulegen. Das Begehren des Klägers ist eindeutig auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gerichtet. Auf die Frage, ob ein Anspruch auf den erstinstanzlich geltend gemachten "Beitragsverzicht" selbst bei unterstellter Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlagen zur Beitragserhebung existiert, kommt es somit nicht an.
1) Der Feststellungsantrag ist zulässig, soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen für die Beitragserhebung rügt. Es fehlt insbesondere nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger gegen den Beitragseinzug - der als Verwaltungsakt anzusehen ist - Widerspruch und Anfechtungsklage erheben könnte. Denn er macht einen hiervon unabhängigen und insbesondere nicht auf jede einzelne Beitragserhebung beschränkten grundsätzlichen Anspruch auf beitragsfreie oder beitragsgeminderte Versicherung bei der Beklagten geltend. Diese Frage könnte im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen einzelnen Beitragsbescheid nicht dauerhaft geklärt werden (hierzu BSG vom 22.3.2001 - B 12 P 3/00 R).
2) Die Berufung und der zulässige Feststellungsantrag sind jedoch unbegründet. Der Kläger ist sowohl der Beklagten als auch der Beigeladenen zu 1) als Einzugsstelle (§§ 28 d, h SGB IV) gegenüber beitragspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist gem. § 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtiger Beschäftigter. Als solcher ist er gemäß § 168 Nr. 1 SGB VI neben dem Beigeladenen zu 2) verpflichtet, die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen.
Die der Beitragserhebung zugrundeliegenden Vorschriften sind weder formell noch materiell verfassungswidrig.
a) Ein Verstoss gegen Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
aa) Allerdings ist die durch dieses Grundrecht garantierte allgemeine Handlungsfreiheit verletzt, wenn eine Belastung - wie hier die vom Kläger gerügte Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - sich nicht auf eine verfassungsmäßige gesetzliche Vorschrift stützen kann. Denn zur verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG gehörten nur formell und materiell verfassungsmäßige Gesetze (Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 5. Aufl. Rdnr. 23 zu Art 2).
aaa) Im Gegensatz zur Meinung des Klägers hat der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für das SGB VI und für die Beitragserhebung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese beruht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG n.F. (früherer Art. 74 Nr. 12 GG, der bisherige Text von Art. 74 wurde durch Gesetz vom 27.10.1994 - BGBl. I S. 3146 - zu Abs. 1).
Nach dieser Vorschrift hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung für die Sozialversicherung. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um "Sozialversicherung" in diesem Sinne:
Das BVerfG geht von einem klassischen, historisch entwickelten und weit gefassten Begriff der "Sozialversicherung" aus. Im Wesentlichen müssen zwei Elemente zusammenkommen, um ein Versicherungssystem als "Sozialversicherung" bezeichnen zu können: Zur Sozialversicherung gehört die gemeinsame Deckung eines möglichen, in seiner Gesamtheit schätzbaren Bedarfs durch Verteilung auf eine organisierte Vielheit. Maßgeblich ist zudem, dass diese Bedarfsdeckung durch Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts erfolgt, die ihre Mittel durch Beiträge der Beteiligten aufbringen (BVerfG SozR 5425 § 1 Nr. 1; Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 171 zu Art. 84).
Die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt diese Merkmale. Sie gehört zur klassischen Sozialversicherung, verteilt die finanziellen Risiken von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod auf die Vielzahl ihrer Mitglieder, insbesondere der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer, und wird durch selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts durchgeführt.
Im Gegensatz zur Meinung des Klägers ist die Größe des in die Sozialversicherung einbezogenen Personenkreises verfassungsrechtlich nicht relevant. Entscheidend ist vielmehr allein, ob eine von der übrigen Bevölkerung abgrenzbare Solidargemeinschaft feststellbar ist. Dies ist der Fall. Der von der gesetzlichen Rentenversicherung erfasste Personenkreis ist in Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsgruppen klar definiert (§§ 1 bis 8 SGB VI). Da die abhängige Arbeit seit Beginn der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland Haupteinnahmequelle für einen Großteil der Bevölkerung ist, hat sich das klassische Bild der Sozialversicherung seitdem auch nicht gewandelt.
Im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Rentenversicherung auch versicherungsfremde Leistungen - d. h. auch Leistungen, die außerhalb der Äquivalenz von Beitrag und Leistung stehen - erbringt, wird der formale und offene Begriff der Sozialversicherung allerdings kritisiert, und es wird stattdessen eine stärkere Orientierung am Versicherungsprinzip durch Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln gefordert (z. B. Ruland, DRV 1995, 28 f.). Diese - sozialpolitisch eventuell gerechtfertigte - Forderung führt indes nicht zum Wegfall des Kompetenztitels für den Bundesgesetzgeber gemäß Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG. Denn das "Versicherungsprinzip" hat innerhalb der Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung keinen Verfassungsrang und ist im Grundgesetz nicht inhaltlich bestimmt (BSG vom 29.01.1998 - B 12 Kr 35/95 R -). Demzufolge hat das BVerfG mit Beschluss vom 29.12.1999 die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 29.01.1998 nicht zur Entscheidung angenommen und sich den kompetenzrechtlichen Ausführungen des BSG ausdrücklich angeschlossen.
Im Hinblick auf den formell geprägten verfassungsrechtlichen Begriff der Sozialversicherung ist es für die Gesetzgebungskompetenz irrelevant, dass nach Meinung des Klägers ein sozialer Ausgleich durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht stattfindet.
bbb) Die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoßen nicht gegen die Grundsätze der Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG); denn Sozialversicherungsbeiträge sind keine Sonderabgaben im Sinne der finanzverfassungsrechtlichen Rechtsprechung des BVerfG. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG räumt dem Bundesgesetzgeber mit dem Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts bereits aus sich heraus auch ein Recht zur Regelung zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen ein (BVerfG SozR 5425 § 1 Nr. 1; BSG vom 29.01.1998 a.a.O.; Merten, NZS 1998, 545 f.).
Einen Verstoß gegen Art. 115 GG liegt allein deswegen nicht vor, weil es sich bei der Begründung von Rentenanwartschaften nicht um eine Kreditaufnahme im Sinne dieser Vorschrift handelt: Das Grundgesetz setzt einen finanzwissenschaftlichen Kreditbegriff voraus. Nicht erfasst sind hiervon die Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben und die Begründung öffentlich-rechtlicher Ansprüche (im Einzelnen Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 10 f. zu Art. 115 GG).
bb) Die Mitgliedschaft und Beitragspflicht des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung verstößt auch nicht als materiell unzulässige Zwangsmitgliedschaft gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit.
Eine Zwangsmitgliedschaft in öffentlich rechtlichen Verbänden ist nur zulässig, wenn der Verband legitime öffentliche Aufgaben erfüllt und die Mitgliedschaft zur Erfüllung der übertragenen öffentlichen Aufgaben erforderlich und angemessen ist (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rdnr. 25 zu Art. 2 m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die gesetzliche Rentenversicherung gerecht, sie belastet den Kläger nicht unverhältnismäßig.
Die Annahme des Klägers, dass das Beitragsrecht zur Sozialversicherung gegenüber dem Steuerrecht Geringerverdienende gegenüber Besserverdienenden tendenziell benachteilige, spricht allenfalls gegen eine übermäßige Belastung der Gemeinschaft der Beitragszahler mit versicherungsfremden Aufgaben der Allgemeinheit, also mit solchen Aufgaben, für die grundsätzlich der Steuerzahler aufzukommen hat. Die Bildung einer spezifischen Solidargemeinschaft, die wechselseitige Risikoentlastung außerhalb des allgemeinen Staatshaushaltes betreibt, wird hierdurch nicht ausgeschlossen (so auch Ruland, a.a.O.).
Das BVerfG hat die Zulässigkeit kollektiver Altersversorgungssysteme bereits mehrfach betont (BVerfG NJW 1991, 746 f. m.w.N.). Die mit der Einbeziehung des Klägers in die gesetzliche Rentenversicherung einhergehende Freiheitsbeschränkung ist gerechtfertigt, weil sozialer Schutz gegen die versicherten Risiken nicht mit einem milderen Mittel erreichbar ist. Nur die Sozialversicherung gewährleistet, dass Beiträge nicht nach einem individuellen Risiko, sondern - geknüpft an das erzielte Arbeitsentgelt - nach typisierter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erhoben werden (so auch Merten, NZS 1998, 545 f.). Die erzielbare "Rendite" steht vor diesem Hintergrund bei der Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Beitragserhebung nicht im Vordergrund, zumal beim derzeitigen Beitragssatz die durchschnittlichen Rentenleistungen die Einzahlungen übersteigen (Kufner, NZS 1996, 559 f.).
Zu berücksichtigen ist zudem, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur ein Altersversorgungssystem ist, sondern auch die Risiken verminderte Erwerbsfähigkeit und Tod abgedeckt werden. Gerade die Abdeckung der letztgenannten Risiken kommt Familien bzw. Geringerverdienenden besonders zugute, weshalb die These des Klägers, im Rentenversicherungsrecht finde sozialer Ausgleich nicht statt, nicht stichhaltig ist.
Aus den dargelegten Gründen verletzt die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung auch nicht das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG), unabhängig davon, welcher normative Gehalt dieser Vorschrift zukommt (zu dieser Diskussion vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O. Rdnr. 103 zu § 20 m.w.N.).
b) Der Schutzbereich von Art. 14 GG wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht beeinträchtigt, denn Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches (BVerfG, NJW 1991, 746 f.). Anderes gilt, wenn eine Abgabe den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würde, die Abgabe also "erdrosselnde Wirkung" hätte (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rdnr. 15 zu Art. 14). Dies ist bei den Rentenversicherungsbeiträgen allein deshalb nicht der Fall, weil - anders als im Steuerrecht, für das das BVerfG als Grenze der steuerlichen Gesamtbelastung den Grundsatz hälftiger Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand aufgestellt hat (BVerfGE 93, 121 (138)) - im Rentenversicherungsrecht der Zahlung von Beiträgen die Begründung von Versicherungsanwartschaften gegenübersteht, für die ein vernünftiger Bürger ansonsten privat aufkommen müsste (Merten, NZS 1998, 545 f.). Für die Frage einer evtl. "erdrosselnden Wirkung" von Sozialversicherungsbeiträgen kommt es daher nicht auf den Gesamtbeitrag, sondern allenfalls auf den Beitragsanteil an, der dem Kläger unwirtschaftlich und durch ein anderes Versicherungssystem einsparbar erscheint. Dieser - vom Kläger nicht bezifferte und wohl auch kaum bezifferbare Anteil - dürfte jedenfalls "erdrosselnde Wirkung" nicht haben. Deshalb greift auch die Rüge des Klägers gegen die behauptete Verletzung des Existenzminimums durch Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen nicht durch.
Die vom Kläger angenommene Verfassungswidrigkeit zu geringer Rentenanwartschaften ist bei einer Klage gegen die Beitragserhebung irrelevant.
c) Die Beitragspflicht des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung verstößt auch nicht wegen einer angeblichen Benachteiligung der jetzigen Beitragszahler gegenüber den jetzigen Rentenempfängern gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird, ohne dass es hierfür einen sachlichen, d. h. durch vernünftige Erwägungen getragenen Grund gibt (Jarass/Pieroth, GG, Rdn. 7, 16 zu Art. 3).
Nach Auffassung des Senates handelt es sich bei den jetzigen Beitragszahlern und den jeztigen Rentenempfängern nicht um wesentlich gleiche Personengruppen. Denn die Beklagte wendet hiergegen zu Recht ein, dass bei einem Belastungsvergleich nicht nur verschiedene Altersklasssen zu einem bestimmten Zeitpunkt beobachtet werden dürfen, sondern - sofern überhaupt eine Vergleichbarkeit für möglich gehalten wird - der gesamte Lebenszyklus mit seinen Belastungen und Vergünstigungen zu berücksichtigen ist. Leistungen, die eine Generation bereits erhalten hat und die zu erwarten sind, sind im Sinne einer Gesamtbilanz mit einer anderen Generation zu vergleichen; die von den jeweiligen Generationen getragenen Belastungen sind zu saldieren. So verstanden hat der Kläger nicht plausibel darlegen können und ist auch sonst nicht ersichtlich, weshalb heutige Beitragszahler gegenüber heutigen Rentnern benachteiligt sein sollen (Stichwort z. B.: "Generation der Erben", zu berücksichtigen sind auch der Konsumverzicht und die Aufbauleistung der heutigen älteren Generation in der Nachkriegszeit).
Der Senat kann daher offen lassen, ob es die vom Kläger in Anspruch genommene "Gleichheit in der Zeit" als Verfassungsgebot gibt. Dagegen spricht, dass das BVerfG die Anwendung des Gleichheitssatzes abgelehnt hat, wenn die Vergleichsfälle anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen (BVerfGE 40, 121/139 f.; 11, 283/293).
d) Schließlich verstößt die uneingeschränkte Heranziehung des Klägers zu den Rentenversicherungsbeiträgen - im Gegensatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung - nicht gegen Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Vorschriften sind nicht dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder des Klägers bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden.
Als Freiheitsrecht verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Zwar ist der Gesetzgeber grundsätzlich darin frei zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm nur, Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Eine weitergehende Einschränkung kann sich allerdings aus anderen Verfassungsnormen ergeben. Insbesondere ist bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne Kinder gleichbehandeln, der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schuldet (hierzu und im folgenden BVerfG vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 -).
Hiervon ausgehend hat das BVerfG für die gesetzliche Pflegeversicherung entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG dadurch verletzt ist, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung von Beiträgen keine Berücksichtigung findet. Dadurch werde die Gruppe Versicherter mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus der Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die heutigen Beitragszahler der erwerbsfähigen Generation im Umlageverfahren darauf vertrauen, dass in der Zukunft in ausreichendem Umfang neue Beitragsschuldner vorhanden sind, welches nur die heutigen Kinder sein können. Damit erwachse Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Vermögensbildung verzichten. Dieser aus der Konzeption der sozialen Pflegeversicherung den kinderlosen Versicherten erwachsene systemspezifische Vorteil unterscheide sich vom Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und ihre Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwachse. Die benachteiligende Wirkung des generativen Beitrages führe zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, die innerhalb des Systems aus zugleichen sei.
Diese Ausführungen des BVerfG sind indes nach Auffassung des Senates auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übertragbar.
Zuzugestehen ist dem Kläger allerdings, dass das gesetzliche Rentenversicherungs- und das gesetzliche Pflegeversicherungssystem viele Gemeinsamkeiten aufweisen, die es - wie auch vom BVerfG ausdrücklich gefordert - erforderlich machen zu prüfen, ob die Entscheidung des BVerfG auch auf die gesetzliche Rentenversicherung zu übertragen ist:
Wie die Pflegeversicherung ist auch die Rentenversicherung umlagefinanziert (§ 153 Abs. 1 SGB VI). Damit ist auch das Rentenversicherungssystem darauf angewiesen, dass heute Kinder geboren und großgezogen werden, um später als Beitragszahler die Renten der dann Alten zu finanzieren. Hierbei handelt es sich - wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung - um einen systemspezifischen Vorteil, der über den Vorteil, der der Allgemeinheit durch Kinder erwächst, hinausgeht. Damit leisten Versicherte, die Kinder erziehen, einen systemerhaltenden generativen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Beitragsseite nicht ausgeglichen wird, weil die Kinder bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden.
Dennoch sind die Grundsätze, die das BVerfG für die Pflegeversicherung aufgestellt hat, nicht auf die gesetzliche Rentenversicherung übertragbar. Im Gegensatz zur Pflegeversicherung als Risikoversicherung ist es im Rentenversiche rungsrecht möglich, die Kindererziehung leistungsrechtlich - insbesondere durch die Anerkennung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§§ 56, 57 SGB VI) - zu honorieren. Ein beitragsreichtlicher Ausgleich braucht im Rentenversicherungsrecht nicht zu erfolgen.
Allerdings hat das BVerfG in der erwähnten Entscheidung vom 03.04.2001 gefordert, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich durch Regelungen erfolgen muss, die die Elterngeneration während der Zeit der Betreuung und Erziehung entlasten. Die mit der Kindererziehung verbundene Belastung trete in der Erwerbsphase auf, sie sei deshalb auch in diesem Zeitraum auszugleichen. Für die Pflegeversicherung hat das BVerfG entschieden, dass der verfassungsgebotene Ausgleich zwischen erziehenden und nichterziehenden Mitgliedern nicht durch unterschiedliche Leistungen im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erfolgen kann.
Diese Erwägungen sind indes nicht auf das Rentenversicherungsrecht übertragbar:
Seit der Entscheidung des BVerfG vom 28.02.1980 - 1 BvL 17/77 u. a. - ist es mittlerweile ständige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung, dass Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz beruht insbesondere darauf, dass der Umfang der Rentenanwartschaften durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird. Deshalb müssen Berechtigung und Eigenleistung einander zwar nicht entsprechen, je höher indessen der einem Anspruch zugrundeliegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. auch BVerfGE 100, 59 f. zum Schutz von in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften; ähnlich BVerfG vom 01.11.1995 - 1 BvR 892/88 - und BVerfG vom 24.05.2000 - 1 BvL 1/98 u. a. wonach bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen zwar eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen nicht geboten ist, der Gesetzgeber jedoch nicht berechtigt ist, bei der Leistungsbemessung sämtliche bei tragspflichtigen Entgeltbestandteile außer Betracht zu lassen).
In der Konsequenz bedeutet dies, dass es unzulässig wäre, kinderlose Versicherte mit höheren Beiträgen zu belegen, ohne ihnen gleichzeitig höherwertige Rentenanwartschaften und höhere Renten zuzubilligen, wodurch der vom Kläger gewünschte Ausgleich wieder zunichte gemacht würde.
Die Erhöhung der Beitragsleistung für Kinderlose wäre jedoch die zwangsläufige Folge einer Verminderung der Beitragsleistung für Kindererziehende, weil ansonsten die finanzielle Basis der Rentenversicherung nicht gewährleistet wäre (so auch Rürup, Sonderdruck "Wirtschaftsdienst" 05/2000, 259 f.). Einem Ausgleich der Beitragsminderleistung der Kindererziehenden durch Steuermittel steht entgegen, dass das BVerfG - wie ausgeführt - in der Entscheidung vom 3.4.2001 fordert, dass der Belastungsausgleich systemimmanent, also gerade nicht durch die Inanspruchnahme von Steuermitteln zu erfolgen hat.
Das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung genügt - im Gegensatz zur Meinung des Klägers - indes den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das BVerfG im Urteil vom 07.07.1992 - 1 BvL 51/96 u. a. - aufgestellt hat. Das BVerfG hat den Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in dem durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, über die Regelungen des Hinterbliebenen- und Erziehungszeiten gesetz - HEZG - und des Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 - RVKLG - hinaus zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsauftrag ist der Gesetzgeber durch die zeitliche Ausdehnung der KEZ für Kinder mit einem Geburtsdatum ab dem 01.01.1992 nachgekommen (BVerfG vom 29.03.1996 - 1 BvR 1238/95 -, vgl. Entscheidung des Senats vom 05.03.2001 - L 3 RJ 133/00 -). Verfassungswidrig war allein die Regelung zur Bewertung von KEZ bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten, diese verfassungswidrige Rechtslage ist seit der Entscheidung des BVerfG vom 12.03.1996 - 1 BvR 609/90 u. a. - korrigiert (§ 70 Abs. 2 SGB VI).
3) Sofern der Kläger die Herabsetzung seiner Beiträge begehrt, indem er die teilweise Rechtswidrigkeit von Leistungen der Beklagten rügt, ist die Klage als Popularklage unzulässig. Dies hat das BSG für die Kranken- und Rentenversicherung entschieden (BSGE 57, 184; BSG vom 29.01.1998, a.a.O.) und dabei der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung getragen, das Klagen gegen Krankenversicherungsträger auf Unterlassung von angeblich verfassungwidrigen Leistungen als unzulässig angesehen hat (BverfG SozR 1500 § 54 Nr 60, 84 und BSGE 60, 248). Unerheblich ist hierbei, ob der Kläger die Berechnung des allgemeinen Rentenwertes oder die Gewährung von Hinterbliebenenrente an Kinderlose rügt. In beiden Fällen will er über eine Verminderung seiner Beitragslast die Bewilligung von Leistungen an Dritte bekämpfen, wofür ihm ein Rechtsschutzanspruch nicht zusteht.
Zudem ist mit dem Sozialgericht darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung gemäß § 153 Abs. 1 SGB VI nach dem Bedarf richtet. Der Bedarf wird u. a. durch die zu erbringenden Rentenleistungen bestimmt. Solange also die leistungsberechtigten Versicherten zu Recht Rentenzahlungen verlangen können, wird dieser Bedarf zu Recht auf die Beitragszahler umgelegt (BSGE 57, 184), so dass der Feststellungsantrag auch in dieser Hinsicht unbegründet ist.
4) Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass eine auf Beitragserstattung gerichtete Klage mangels eines Verwaltungsverfahrens unzulässig ist.
5) Weil die Rechtslage nicht verfassungswidrig ist, kommt eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 GG nicht in Betracht.
6) Schließlich ist auch eine Vorlage an den EuGH nicht geboten. Gemäß Art. 234 EGV kann über die Auslegung des EG-Vertrages eine Vorabentscheidung des EuGH eingeholt werden, wenn ein Gericht eine Entscheidung über die Auslegung des EG-Vertrages zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Eine Vorlagepflicht ergibt sich für den Senat nicht (Art. 234 Satz 3 EGV).
Es ist nicht zweifelhaft, dass das deutsche gesetzliche Rentenversicherungsrecht mit dem EGV vereinbar ist.
Insbesondere liegt ein Verstoß gegen Art. 81 EGV (Verbotwettbewerbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen) sowie Art. 86 EGV (öffentliche und monopolartige Unternehmen) nicht vor. Denn bei der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich nicht um ein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften.
Eine nähere Definition des europarechtlichen Unternehmensbegriffs gibt es nicht. In der Gemeinschaftspraxis wird der Unternehmensbegriff schon angesichts der unterschiedlichen nationalen Rechtslage flexibel verstanden, ohne aber auf rechtliche Eckwerte zu verzichten. Wesentlich ist das Vorhandensein einer juristischen Persönlichkeit, die am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (Oppermann, Europarecht, Rdnr. 907 zu § 14). Für die Frage, ob Sozialversicherungsträger als Unternehmen im Sinne des EGV auszulegen sind, ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Gegensatz zur Meinung des Klägers nicht in erster Linie von Belang, ob das System einem sozialen Zweck dient und auf dem Grundsatz der Solidarität beruht, sondern maßgeblich ist die Art der Finanzierung. Für die traditionellen Pensionssysteme, die nach dem Umlageverfahren funktionieren, wäre es nicht denkbar, dass private Unternehmen ohne eine dauerhafte Intervention des Staates auf dem Markt ähnliche Produkte anbieten können, die auf dem Prinzip der Solidarität der Generationen beruhen. Damit ist die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung mit Elementen des sozialen Ausgleichs kein Unternehmen im Sinne der Art. 81, 86 EGV (ausführlich hierzu und mit zahlreichen weiteren Nachweisen auf die einschlägigen Urteile des EuGH: Fuchs/Giubboni, BG 2001, 320 f., zur Abgrenzung hierzu vergl. EuGH vom 16.11.1995 - C-244/94 -, wonach eine auf Freiwilligkeit beruhende Rentenversicherung, die nach dem Kapitalisierungsprinzip arbeitet, ein Unternehmen im Sinne des EGV ist).
Auch der vom Kläger gerügte Verstoß gegen den durch Art 49 EGV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehr liegt nicht vor, weil der EuGH bereits mehrfach entschieden hat, dass das Marktrecht der Gemeinschaft nicht auf die Existenz öffentlicher Monopole der sozialen Sicherheit anzuwenden ist, soweit diese keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben (Bieback in Fuchs, Kommentar zum europäischen Sozialrecht, Art 22 Rnr 30 m.w.N.), was bei der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung - wie dargelegt - nicht der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gem. § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache insbesondere unter Beachtung der Entscheidung des BVerfG vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 - grundsätzliche Bedeutung hat.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Befreiung von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung, hilfsweise eine Verminderung der Beitragshöhe sowie eine Erstattung gezahlter Beiträge.
Der 1954 geborene Kläger ist verheiratet und Vater dreier in den Jahren 1990, 1993 und 1996 geborener Kinder. Seit 1990 ist er als angestellter Journalist beschäftigt, seine der zeitige Arbeitgeberin ist die Beigeladene zu 2). Nach eigenen Angaben betrug sein Monatsbruttoverdienst im Jahr 1997 5.000,- DM nebst Sonderzahlungen. Netto wurden ihm nach eigenen Angaben nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und ohne Berücksichtigung des Kindergeldes 3.530,- DM ausgezahlt. Seine 1960 geborene Ehefrau ist nicht erwerbstätig.
Am 13.03.1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten, auf die Erhebung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu verzichten. Er meinte, bei steigenden Beiträgen und sinkenden Leistungen sei private Vorsorge geboten, die sich eine fünfköpfige Familie mit durchschnittlichem Einkommen nicht leisten könne. Durch die Erziehung der Kinder trage er zudem zur Bestandssicherung der gesetzlichen Rentenversicherung bei. Schließlich sei die Generationengerechtigkeit nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 31.7.1997 und Widerspruchsbescheid vom 10.2.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil eine gesetzliche Grundlage zur Befreiung von der Versicherungspflicht nicht bestehe und die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht verfassungswidrig sei.
Der Kläger hat die hiergegen rechtzeitig erhobene Klage zusammengefasst wie folgt begründet:
1. Die Beitragserhebung verstoße schon deswegen gegen die durch Art 2 Abs 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit, weil die gesetzliche Grundlage formell rechtswidrig sei. Denn der Bundesgesetzgeber habe keine Kompetenz zum Erlass des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI - gehabt. Diese Kompetenz ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG. Zwar habe nach dieser Vorschrift der Bundesgesetzgeber die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung. Die gesetzliche Rentenversicherung sei hingegen keine Sozialversicherung mehr. Der Verfassungsgeber habe bei Verabschiedung von Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG das Bild der klassischen Sozialversicherung vor Augen gehabt. Die gesetzliche Rentenversicherung entspreche diesem Bild nicht mehr. Weil rund 85 % der Bevölkerung in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert seien, könne von einem für die Sozialversicherung typischen abgrenzbaren Solidarkollektiv nicht mehr die Rede sein. Die für jedes Sozialsystem typische Umverteilung von oben nach unten sei zu einer Umverteilung von unten nach oben geworden. Durch die Einbeziehung versicherungsfremder Leistungen werde die gesetzliche Rentenversicherung zusätzlich dazu missbraucht, allgemeine Staatsaufgaben zu finanzieren. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Rentenversicherung - entgegen ihrer ursprünglichen Konzeption - heute nicht mehr geeignet sei, eine angemessene Altersversorgung zu sichern.
Die formelle Rechtswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen für die Beitragserhebung resultiere auch aus einem Verstoß gegen die Finanzverfassung des Grundgesetzes. Beitragsfinanzierung sei nur für homogene Sondergruppen zulässig. Aus der Feststellung fehlender Gruppenhomogenität folge die prinzipielle Unzulässigkeit der beitragsfinanzierten Sozialversicherung. Die von der Rentenversicherung abgedeckten Gemeinschaftsaufgaben seien durch Steuern zu finanzieren. Schließlich sei das Umlagesystem bei gleichzeitigem eigentumsrechtlichem Schutz der Rentenanwartschaften der Sache nach eine Kreditaufnahme und damit ein Verstoß gegen Art. 115 GG.
2. Die Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verstoße auch materiell gegen die in Art. 2 Abs. 1 GG normierte allgemeine Handlungsfreiheit. Denn die gesetzliche Rentenversicherung sei kein zur Gewährleistung einer angemessenen Altersvorsorge geeignetes System. Während das Rentenniveau sinke, steige die Beitragslast. Eine angemessene Rendite werde durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr gewährleistet. Nicht einmal eine Verzinsung von 4 % werde erreicht. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass Beitragspflichtige Einzahlungen nicht nur über Beiträge, sondern auch durch Steuern leisteten, weil der Bundeszuschuss zur Finanzierung der Rentenversicherung beitrage.
Die mangelhafte Rendite ließe sich auch nicht durch einen Solidarausgleich rechtfertigen, weil sowohl die Finanzierungs- als auch die Leistungsseite des Sozialbudgets Verteilungsasymmetrien zu Lasten der ökonomisch Schwächeren beinhalteten.
Da durch die Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen sein Existenzminimum gefährdet sei, verstoße diese auch gegen die Garantie der Menschenwürde gem. Art 1 Abs 1 S. 1 GG.
3. Die Beitragslast habe unter Einbeziehung der direkten und der indirekten Steuern, die Familien besonders träfen, für ihn erdrosselnde Wirkung, so dass die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, jedenfalls aber die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ergebe sich auch daraus, dass seine verfassungsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften entwertet würden.
4. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG sei verletzt. Dieser gebiete auch "Gleichheit in der Zeit", wo mit eine Benachteiligung der jetzigen Beitragszahler gegenüber den jetzigen Rentenempfängern nicht vereinbar sei.
5. Insbesondere jedoch sei die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG zu rügen, weil Familien mit Kindern gegenüber Kinderlosen in verfassungswidriger Weise benachteiligt würden: Während kinderlose Ehepaare keine Unterhaltsverpflichtungen, stattdessen aber in der Regel zwei Einkommen hätten, damit zwei eigenständige Rentenansprüche erwerben würden und zusätzliche Mittel zur privaten Altersvorsorge hätten, hätten Eltern in der Regel nur ein Einkommen, hohe Unterhaltsaufwendungen und keine Möglichkeit zur Kapitalbildung sowie im Alter in der Regel keine doppelten Rentenansprüche. Andererseits kämen die Kinder der heutigen Eltern später auch für die (gegenüber der Rente ihrer eigenen Eltern höhere) Altersrente der Kinderlosen auf. Dies entwerte zugleich die Unterhaltsansprüche der heutigen Eltern gegenüber ihren Kindern im Alter, da diese vorrangig ihre Beitragspflicht zur Rentenversicherung zu erfüllen hätten. Vollkommen ungerecht sei, dass kindererziehende Eltern im Leistungsrecht die negativen Folgen der demographischen Entwicklung mitzutragen hätten.
Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber u.a. in der Entscheidung vom 07.07.1992 (BVerfGE 87, 1 ff) aufgegeben, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liege, in weiterem Umfang als bisher auszugleichen. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber auch nicht dadurch nachgekommen, dass die Kindererziehung bei der Gewährung von Leistungen berücksichtigt werde. Denn hierbei handele es sich um einen "In-sich Transfer" der Familien, weil die durch die Berücksichtigung von Kindererziehung höheren Renten von den jetzigen Kindern, nicht von den Kinderlosen finanziert würden.
6. Aus alledem resultiere auch ein Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 1 GG.
7. Zudem sei auch die auf § 160 Nr. 1 SGB VI gestützte Verordnung über die Beitragssätze in der Rentenversicherung rechtswidrig. Denn die Beitragshöhe richte sich nach der Rentenhöhe, mithin auch nach dem aktuellen Rentenwert gemäߧ 68 SGB VI. Für dessen Ermittlung sei die Entwicklung des Durchschnittsentgeltes aller Arbeitnehmer maßgeblich. Bei der Ermittlung dieses Wertes würde die Zahl der tatsächlich geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer zu gering veranschlagt. Bei zutreffender Berechnung ergebe sich ein geringerer Rentenwert, was zu einem geringeren Beitragssatz führe. Sofern die der Ermittlung des Beitragssatzes zugrunde liegenden Vorschriften des SGB VI insoweit unklar seien, liege ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vor.
8. Auch die Gewährung von Hinterbliebenenrenten an Hinterbliebene aus kinderlosen Ehen sei rechtswidrig. Hinterbliebenenrenten dienten allein dem Zweck, Erziehungsleistungen zu honorieren und dürften deshalb nur an Versicherte gezahlt werden, die auch Erziehungsleistungen erbracht haben. Insoweit seien seine Beiträge zu vermindern.
9. Schließlich verstoße das Dienstleistungs- und Versicherungsmonopol der gesetzlichen Rentenversicherung gegen die Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts zum freien Wettbewerb und zur Freiheit des Dienstleistungsverkehrs, weil das Rentenversicherungsystem dem sozialen Ausgleich nicht mehr diene.
Die Beklagte hat wie folgt erwidert:
1. Der Gesetzgeber habe gemäß Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG die Kompetenz zum Erlass der Regelungen des SGB VI über die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gehabt, denn das BVerfG habe zwei Merkmale - gemeinsame Deckung eines schätzbaren Bedarfs und organisatorische Bewältigung dieser Aufgabe durch beitragsfinanzierte selbstständige Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts - für wesentlich gehalten. Beide Merkmale seien für die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt. Deshalb verstoße die Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen auch nicht gegen die Grundsätze der Finanzverfassung, zumal die Beiträge nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben, sondern zur Durchführung der Rentenversicherung verwandt würden. Insoweit hat sich die Beklagte auf die Entscheidung des BSG vom 29.01.1998 - B 12 Kr 35/95 - berufen.
2. Die gesetzliche Rentenversicherung sei eine verfassungsrechtlich erlaubte Zwangskörperschaft.
Sie erbringe eine hinreichende Rendite. Die Summe der individuellen Rentenleistungen würde auch in Zukunft die Summe der einzuzahlenden Beiträge deutlich übersteigen.
Das Rentenversicherungsrecht verteile nicht von "unten nach oben". Die Beitragsbemessungsgrenze sei durch die entsprechende Leistungsbemessungsgrenze gerechtfertigt. Die Gesamtleistungsbewertung entspreche dem der gesetzlichen Rentenversicherung zugrundeliegenden Lebensleistungsprinzip, vergrößere den relativen Abstand zwischen den Einkommensgruppen aber nicht.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur die Risiken Alter und Tod, sondern auch das Risiko verminderter Erwerbsfähigkeit abdecke. Zu vermuten sei, dass gerade Geringerverdienende hiervon besonders profitierten.
3. Ein Verstoß gegen einen Anspruch auf "Gleichheit in der Zeit" liege allein deswegen nicht vor, weil die jüngere Generation gegenüber der älteren nicht benachteiligt werde.
Denn trotz der gestiegenen Abgabensätze sei das reale Nettoeinkommen heute erheblich höher als in den 50er oder 60er Jahren. Zudem dürfe ein Vergleich nicht nur zwischen verschiedenen Altersklassen gezogen werden, sondern es müsse der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt werden. Leistungen, die eine Generation bereits erhalten habe und Leistungen, die zu erwarten seien, seien im Sinne einer Gesamtbilanz mit einer anderen Generation zu vergleichen. Bei einem solchen Vergleich schnitten die heute Jüngeren gegenüber den heute Älteren nicht schlechter ab.
4. Ein Verfassungsauftrag auf eine intragenerationelle Umverteilung zwischen Eltern und Nichteltern existiere nicht. Ein solcher lasse sich auch nicht aus dem Urteil des BVerfG vom 07.07.1992 ableiten. Deshalb sei eine Gleichsetzung von Erziehungs- und Beitragsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich nicht geboten. Die leistungsrechtliche Priviligierung von Personen mit Kindern sei daher ausreichend. Zudem lasse der Kläger außer Acht, dass Erziehungsleistungen nicht von Eltern alleine erbracht würden, sondern eine kollektive Leistung der Gesellschaft seien. Auch sei die Honorierung von Kindererziehung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe nicht allein innerhalb der Rentenversicherung zu erbringen. Vielmehr seien auch andere gesellschaftliche Gruppen (Beamte, Selbstständige) einzubeziehen.
Auch das BVerfG habe in der Entscheidung vom 07.07.1992 ausdrücklich festgehalten, dass Kindererziehung und Beitragszahlung im umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem nicht gleichbehandelt werden könnten.
5. Schließlich sei die Beitragshöhe nicht wegen einer fehlerhaften Ermittlung des aktuellen Rentenwertes rechtswidrig. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten sei bei der Ermittlung des aktuellen Rentenwertes zutreffend aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung entnommen worden.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.01.1999 die Klage teils als unzulässig, teils als unbegründet abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen diese, am 13.03.1999 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 07.04.1999 erhobene Berufung.
Der Kläger meint, das Sozialgericht sei seinen Einwänden nicht gerecht geworden. Er wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführung und ist ergänzend der Auffassung, die Klage sei insgesamt zulässig. Der Kläger stützt sich zudem nunmehr auf die Entscheidung des BVerfG vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 -. Diese Entscheidung betätige, dass das Hauptproblem der gesetzlichen Rentenversicherung eine verfassungswidrige Transferausbeutung von Familien mit Kindern durch Kinderlose sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.01.1999 abzuändern und festzustellen, dass er Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht oder nicht in jetziger Höhe zu zahlen hat, die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 1) zur Erstattung der zu Unrecht erhobenen Beiträge zu verurteilen, hilfsweise das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht mit der Frage vorzulegen: "Ist die Beitragspflicht des Klägers gemäß §§ 1 Nr. 1, 157 ff., 162 Nr. 1 SGB VI - zugleich unter Berücksichtigung der von ihm nach den einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften zu leistenden Steueranteile - noch mit seinen Grundrechten aus Art. 2, 3, 6, 14 GG sowie dem Sozialstaatsprinzip und den Grundsätzen der Finanzverfassung, Art. 104a ff., 109 ff. GG vereinbar und ist sie von der Kompetenz des Art. 74 Abs. 1 Ziff. 12 GG gedeckt?", hilfsweise gemäß Art. 234 EGV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu der Frage einzuholen, ob die angegriffenen Vorschriften mit den Grundsätzen der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs - Art. 59 f. EGV - und dem Schutz des freien Wettbewerbs - Art. 85 ff., insbesondere Art. 90 EGV - vereinbar sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und hält die Entscheidung des Sozialgerichts für richtig. Sie meint ergänzend, dass die im Urteil des BVerfG vom 03.04.2001 zur Pflegeversicherung aufgestellten Grundsätze zur Berücksichtigung von Kindererziehungsleistungen bei der Beitragsbemessung auf die gesetzliche Rentenversicherung nicht übertragbar seien. In der gesetzlichen Rentenversicherung sei - im Gegensatz zur Pflegeversicherung - eine Honorierung der Kindererziehung im Leistungsrecht möglich, geboten und ausreichend verwirklicht.
Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Beigeladenen entscheiden, weil diese mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die Berufung ist nicht deshalb gemäß § 151 Abs. 1 SGG unzulässig, weil der Berufungsschriftsatz, der entsprechend der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Urteil als "Beschwerde" bezeichnet wurde, nicht unterschrieben ist. Zwar verlangt die Schriftform gem. § 151 Abs. 1 SGG grundsätzlich einen unterschriebenen Schriftsatz (§ 126 BGB). Da die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft war, ist jedoch gem. § 66 Abs. 2 SGG eine Berufungsfrist von einem Jahr eröffnet und der am 25.5.1999 beim Sozialgericht Köln eingegangene unterschriebene Schriftsatz als formgerechte fristwahrende Berufung anzusehen.
Die Zulässigkeit des Übergangs zur Feststellungsklage in der Berufungsinstanz ergibt sich aus § 99 Abs. 3 Nr 2 SGG (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl. RNr 4 zu § 99). Hierbei handelt es sich um den interessengerechten Klageantrag und zu dem auch dasjenige Klagebegehren, das bei verständiger Würdigung dem ausführlichen Vortrag des Klägers mit hinreichen der Deutlichkeit zu entnehmen war. Dem steht die vom Kläger gewählte sprachliche Bezeichnung nicht entgegen, weil die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht an konkreten Wortlaut, sondern vor dem Hintergrund der Sachdienlichkeit des Antrags gehalten sind, das Begehren nach seinem wirklichen Gehalt auszulegen. Das Begehren des Klägers ist eindeutig auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gerichtet. Auf die Frage, ob ein Anspruch auf den erstinstanzlich geltend gemachten "Beitragsverzicht" selbst bei unterstellter Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlagen zur Beitragserhebung existiert, kommt es somit nicht an.
1) Der Feststellungsantrag ist zulässig, soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen für die Beitragserhebung rügt. Es fehlt insbesondere nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger gegen den Beitragseinzug - der als Verwaltungsakt anzusehen ist - Widerspruch und Anfechtungsklage erheben könnte. Denn er macht einen hiervon unabhängigen und insbesondere nicht auf jede einzelne Beitragserhebung beschränkten grundsätzlichen Anspruch auf beitragsfreie oder beitragsgeminderte Versicherung bei der Beklagten geltend. Diese Frage könnte im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen einzelnen Beitragsbescheid nicht dauerhaft geklärt werden (hierzu BSG vom 22.3.2001 - B 12 P 3/00 R).
2) Die Berufung und der zulässige Feststellungsantrag sind jedoch unbegründet. Der Kläger ist sowohl der Beklagten als auch der Beigeladenen zu 1) als Einzugsstelle (§§ 28 d, h SGB IV) gegenüber beitragspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist gem. § 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtiger Beschäftigter. Als solcher ist er gemäß § 168 Nr. 1 SGB VI neben dem Beigeladenen zu 2) verpflichtet, die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen.
Die der Beitragserhebung zugrundeliegenden Vorschriften sind weder formell noch materiell verfassungswidrig.
a) Ein Verstoss gegen Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
aa) Allerdings ist die durch dieses Grundrecht garantierte allgemeine Handlungsfreiheit verletzt, wenn eine Belastung - wie hier die vom Kläger gerügte Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - sich nicht auf eine verfassungsmäßige gesetzliche Vorschrift stützen kann. Denn zur verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG gehörten nur formell und materiell verfassungsmäßige Gesetze (Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 5. Aufl. Rdnr. 23 zu Art 2).
aaa) Im Gegensatz zur Meinung des Klägers hat der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für das SGB VI und für die Beitragserhebung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese beruht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG n.F. (früherer Art. 74 Nr. 12 GG, der bisherige Text von Art. 74 wurde durch Gesetz vom 27.10.1994 - BGBl. I S. 3146 - zu Abs. 1).
Nach dieser Vorschrift hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung für die Sozialversicherung. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um "Sozialversicherung" in diesem Sinne:
Das BVerfG geht von einem klassischen, historisch entwickelten und weit gefassten Begriff der "Sozialversicherung" aus. Im Wesentlichen müssen zwei Elemente zusammenkommen, um ein Versicherungssystem als "Sozialversicherung" bezeichnen zu können: Zur Sozialversicherung gehört die gemeinsame Deckung eines möglichen, in seiner Gesamtheit schätzbaren Bedarfs durch Verteilung auf eine organisierte Vielheit. Maßgeblich ist zudem, dass diese Bedarfsdeckung durch Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts erfolgt, die ihre Mittel durch Beiträge der Beteiligten aufbringen (BVerfG SozR 5425 § 1 Nr. 1; Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 171 zu Art. 84).
Die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt diese Merkmale. Sie gehört zur klassischen Sozialversicherung, verteilt die finanziellen Risiken von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod auf die Vielzahl ihrer Mitglieder, insbesondere der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer, und wird durch selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts durchgeführt.
Im Gegensatz zur Meinung des Klägers ist die Größe des in die Sozialversicherung einbezogenen Personenkreises verfassungsrechtlich nicht relevant. Entscheidend ist vielmehr allein, ob eine von der übrigen Bevölkerung abgrenzbare Solidargemeinschaft feststellbar ist. Dies ist der Fall. Der von der gesetzlichen Rentenversicherung erfasste Personenkreis ist in Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsgruppen klar definiert (§§ 1 bis 8 SGB VI). Da die abhängige Arbeit seit Beginn der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland Haupteinnahmequelle für einen Großteil der Bevölkerung ist, hat sich das klassische Bild der Sozialversicherung seitdem auch nicht gewandelt.
Im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Rentenversicherung auch versicherungsfremde Leistungen - d. h. auch Leistungen, die außerhalb der Äquivalenz von Beitrag und Leistung stehen - erbringt, wird der formale und offene Begriff der Sozialversicherung allerdings kritisiert, und es wird stattdessen eine stärkere Orientierung am Versicherungsprinzip durch Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln gefordert (z. B. Ruland, DRV 1995, 28 f.). Diese - sozialpolitisch eventuell gerechtfertigte - Forderung führt indes nicht zum Wegfall des Kompetenztitels für den Bundesgesetzgeber gemäß Art. 74 Abs 1 Nr. 12 GG. Denn das "Versicherungsprinzip" hat innerhalb der Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung keinen Verfassungsrang und ist im Grundgesetz nicht inhaltlich bestimmt (BSG vom 29.01.1998 - B 12 Kr 35/95 R -). Demzufolge hat das BVerfG mit Beschluss vom 29.12.1999 die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 29.01.1998 nicht zur Entscheidung angenommen und sich den kompetenzrechtlichen Ausführungen des BSG ausdrücklich angeschlossen.
Im Hinblick auf den formell geprägten verfassungsrechtlichen Begriff der Sozialversicherung ist es für die Gesetzgebungskompetenz irrelevant, dass nach Meinung des Klägers ein sozialer Ausgleich durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht stattfindet.
bbb) Die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoßen nicht gegen die Grundsätze der Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG); denn Sozialversicherungsbeiträge sind keine Sonderabgaben im Sinne der finanzverfassungsrechtlichen Rechtsprechung des BVerfG. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG räumt dem Bundesgesetzgeber mit dem Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts bereits aus sich heraus auch ein Recht zur Regelung zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen ein (BVerfG SozR 5425 § 1 Nr. 1; BSG vom 29.01.1998 a.a.O.; Merten, NZS 1998, 545 f.).
Einen Verstoß gegen Art. 115 GG liegt allein deswegen nicht vor, weil es sich bei der Begründung von Rentenanwartschaften nicht um eine Kreditaufnahme im Sinne dieser Vorschrift handelt: Das Grundgesetz setzt einen finanzwissenschaftlichen Kreditbegriff voraus. Nicht erfasst sind hiervon die Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben und die Begründung öffentlich-rechtlicher Ansprüche (im Einzelnen Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 10 f. zu Art. 115 GG).
bb) Die Mitgliedschaft und Beitragspflicht des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung verstößt auch nicht als materiell unzulässige Zwangsmitgliedschaft gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit.
Eine Zwangsmitgliedschaft in öffentlich rechtlichen Verbänden ist nur zulässig, wenn der Verband legitime öffentliche Aufgaben erfüllt und die Mitgliedschaft zur Erfüllung der übertragenen öffentlichen Aufgaben erforderlich und angemessen ist (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rdnr. 25 zu Art. 2 m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die gesetzliche Rentenversicherung gerecht, sie belastet den Kläger nicht unverhältnismäßig.
Die Annahme des Klägers, dass das Beitragsrecht zur Sozialversicherung gegenüber dem Steuerrecht Geringerverdienende gegenüber Besserverdienenden tendenziell benachteilige, spricht allenfalls gegen eine übermäßige Belastung der Gemeinschaft der Beitragszahler mit versicherungsfremden Aufgaben der Allgemeinheit, also mit solchen Aufgaben, für die grundsätzlich der Steuerzahler aufzukommen hat. Die Bildung einer spezifischen Solidargemeinschaft, die wechselseitige Risikoentlastung außerhalb des allgemeinen Staatshaushaltes betreibt, wird hierdurch nicht ausgeschlossen (so auch Ruland, a.a.O.).
Das BVerfG hat die Zulässigkeit kollektiver Altersversorgungssysteme bereits mehrfach betont (BVerfG NJW 1991, 746 f. m.w.N.). Die mit der Einbeziehung des Klägers in die gesetzliche Rentenversicherung einhergehende Freiheitsbeschränkung ist gerechtfertigt, weil sozialer Schutz gegen die versicherten Risiken nicht mit einem milderen Mittel erreichbar ist. Nur die Sozialversicherung gewährleistet, dass Beiträge nicht nach einem individuellen Risiko, sondern - geknüpft an das erzielte Arbeitsentgelt - nach typisierter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erhoben werden (so auch Merten, NZS 1998, 545 f.). Die erzielbare "Rendite" steht vor diesem Hintergrund bei der Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Beitragserhebung nicht im Vordergrund, zumal beim derzeitigen Beitragssatz die durchschnittlichen Rentenleistungen die Einzahlungen übersteigen (Kufner, NZS 1996, 559 f.).
Zu berücksichtigen ist zudem, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur ein Altersversorgungssystem ist, sondern auch die Risiken verminderte Erwerbsfähigkeit und Tod abgedeckt werden. Gerade die Abdeckung der letztgenannten Risiken kommt Familien bzw. Geringerverdienenden besonders zugute, weshalb die These des Klägers, im Rentenversicherungsrecht finde sozialer Ausgleich nicht statt, nicht stichhaltig ist.
Aus den dargelegten Gründen verletzt die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung auch nicht das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG), unabhängig davon, welcher normative Gehalt dieser Vorschrift zukommt (zu dieser Diskussion vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O. Rdnr. 103 zu § 20 m.w.N.).
b) Der Schutzbereich von Art. 14 GG wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht beeinträchtigt, denn Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches (BVerfG, NJW 1991, 746 f.). Anderes gilt, wenn eine Abgabe den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würde, die Abgabe also "erdrosselnde Wirkung" hätte (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rdnr. 15 zu Art. 14). Dies ist bei den Rentenversicherungsbeiträgen allein deshalb nicht der Fall, weil - anders als im Steuerrecht, für das das BVerfG als Grenze der steuerlichen Gesamtbelastung den Grundsatz hälftiger Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand aufgestellt hat (BVerfGE 93, 121 (138)) - im Rentenversicherungsrecht der Zahlung von Beiträgen die Begründung von Versicherungsanwartschaften gegenübersteht, für die ein vernünftiger Bürger ansonsten privat aufkommen müsste (Merten, NZS 1998, 545 f.). Für die Frage einer evtl. "erdrosselnden Wirkung" von Sozialversicherungsbeiträgen kommt es daher nicht auf den Gesamtbeitrag, sondern allenfalls auf den Beitragsanteil an, der dem Kläger unwirtschaftlich und durch ein anderes Versicherungssystem einsparbar erscheint. Dieser - vom Kläger nicht bezifferte und wohl auch kaum bezifferbare Anteil - dürfte jedenfalls "erdrosselnde Wirkung" nicht haben. Deshalb greift auch die Rüge des Klägers gegen die behauptete Verletzung des Existenzminimums durch Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen nicht durch.
Die vom Kläger angenommene Verfassungswidrigkeit zu geringer Rentenanwartschaften ist bei einer Klage gegen die Beitragserhebung irrelevant.
c) Die Beitragspflicht des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung verstößt auch nicht wegen einer angeblichen Benachteiligung der jetzigen Beitragszahler gegenüber den jetzigen Rentenempfängern gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird, ohne dass es hierfür einen sachlichen, d. h. durch vernünftige Erwägungen getragenen Grund gibt (Jarass/Pieroth, GG, Rdn. 7, 16 zu Art. 3).
Nach Auffassung des Senates handelt es sich bei den jetzigen Beitragszahlern und den jeztigen Rentenempfängern nicht um wesentlich gleiche Personengruppen. Denn die Beklagte wendet hiergegen zu Recht ein, dass bei einem Belastungsvergleich nicht nur verschiedene Altersklasssen zu einem bestimmten Zeitpunkt beobachtet werden dürfen, sondern - sofern überhaupt eine Vergleichbarkeit für möglich gehalten wird - der gesamte Lebenszyklus mit seinen Belastungen und Vergünstigungen zu berücksichtigen ist. Leistungen, die eine Generation bereits erhalten hat und die zu erwarten sind, sind im Sinne einer Gesamtbilanz mit einer anderen Generation zu vergleichen; die von den jeweiligen Generationen getragenen Belastungen sind zu saldieren. So verstanden hat der Kläger nicht plausibel darlegen können und ist auch sonst nicht ersichtlich, weshalb heutige Beitragszahler gegenüber heutigen Rentnern benachteiligt sein sollen (Stichwort z. B.: "Generation der Erben", zu berücksichtigen sind auch der Konsumverzicht und die Aufbauleistung der heutigen älteren Generation in der Nachkriegszeit).
Der Senat kann daher offen lassen, ob es die vom Kläger in Anspruch genommene "Gleichheit in der Zeit" als Verfassungsgebot gibt. Dagegen spricht, dass das BVerfG die Anwendung des Gleichheitssatzes abgelehnt hat, wenn die Vergleichsfälle anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen (BVerfGE 40, 121/139 f.; 11, 283/293).
d) Schließlich verstößt die uneingeschränkte Heranziehung des Klägers zu den Rentenversicherungsbeiträgen - im Gegensatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung - nicht gegen Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Vorschriften sind nicht dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder des Klägers bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden.
Als Freiheitsrecht verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Zwar ist der Gesetzgeber grundsätzlich darin frei zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm nur, Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Eine weitergehende Einschränkung kann sich allerdings aus anderen Verfassungsnormen ergeben. Insbesondere ist bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne Kinder gleichbehandeln, der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schuldet (hierzu und im folgenden BVerfG vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 -).
Hiervon ausgehend hat das BVerfG für die gesetzliche Pflegeversicherung entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG dadurch verletzt ist, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung von Beiträgen keine Berücksichtigung findet. Dadurch werde die Gruppe Versicherter mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus der Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die heutigen Beitragszahler der erwerbsfähigen Generation im Umlageverfahren darauf vertrauen, dass in der Zukunft in ausreichendem Umfang neue Beitragsschuldner vorhanden sind, welches nur die heutigen Kinder sein können. Damit erwachse Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Vermögensbildung verzichten. Dieser aus der Konzeption der sozialen Pflegeversicherung den kinderlosen Versicherten erwachsene systemspezifische Vorteil unterscheide sich vom Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und ihre Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwachse. Die benachteiligende Wirkung des generativen Beitrages führe zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, die innerhalb des Systems aus zugleichen sei.
Diese Ausführungen des BVerfG sind indes nach Auffassung des Senates auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übertragbar.
Zuzugestehen ist dem Kläger allerdings, dass das gesetzliche Rentenversicherungs- und das gesetzliche Pflegeversicherungssystem viele Gemeinsamkeiten aufweisen, die es - wie auch vom BVerfG ausdrücklich gefordert - erforderlich machen zu prüfen, ob die Entscheidung des BVerfG auch auf die gesetzliche Rentenversicherung zu übertragen ist:
Wie die Pflegeversicherung ist auch die Rentenversicherung umlagefinanziert (§ 153 Abs. 1 SGB VI). Damit ist auch das Rentenversicherungssystem darauf angewiesen, dass heute Kinder geboren und großgezogen werden, um später als Beitragszahler die Renten der dann Alten zu finanzieren. Hierbei handelt es sich - wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung - um einen systemspezifischen Vorteil, der über den Vorteil, der der Allgemeinheit durch Kinder erwächst, hinausgeht. Damit leisten Versicherte, die Kinder erziehen, einen systemerhaltenden generativen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Beitragsseite nicht ausgeglichen wird, weil die Kinder bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden.
Dennoch sind die Grundsätze, die das BVerfG für die Pflegeversicherung aufgestellt hat, nicht auf die gesetzliche Rentenversicherung übertragbar. Im Gegensatz zur Pflegeversicherung als Risikoversicherung ist es im Rentenversiche rungsrecht möglich, die Kindererziehung leistungsrechtlich - insbesondere durch die Anerkennung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§§ 56, 57 SGB VI) - zu honorieren. Ein beitragsreichtlicher Ausgleich braucht im Rentenversicherungsrecht nicht zu erfolgen.
Allerdings hat das BVerfG in der erwähnten Entscheidung vom 03.04.2001 gefordert, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich durch Regelungen erfolgen muss, die die Elterngeneration während der Zeit der Betreuung und Erziehung entlasten. Die mit der Kindererziehung verbundene Belastung trete in der Erwerbsphase auf, sie sei deshalb auch in diesem Zeitraum auszugleichen. Für die Pflegeversicherung hat das BVerfG entschieden, dass der verfassungsgebotene Ausgleich zwischen erziehenden und nichterziehenden Mitgliedern nicht durch unterschiedliche Leistungen im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erfolgen kann.
Diese Erwägungen sind indes nicht auf das Rentenversicherungsrecht übertragbar:
Seit der Entscheidung des BVerfG vom 28.02.1980 - 1 BvL 17/77 u. a. - ist es mittlerweile ständige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung, dass Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz beruht insbesondere darauf, dass der Umfang der Rentenanwartschaften durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird. Deshalb müssen Berechtigung und Eigenleistung einander zwar nicht entsprechen, je höher indessen der einem Anspruch zugrundeliegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. auch BVerfGE 100, 59 f. zum Schutz von in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften; ähnlich BVerfG vom 01.11.1995 - 1 BvR 892/88 - und BVerfG vom 24.05.2000 - 1 BvL 1/98 u. a. wonach bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen zwar eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen nicht geboten ist, der Gesetzgeber jedoch nicht berechtigt ist, bei der Leistungsbemessung sämtliche bei tragspflichtigen Entgeltbestandteile außer Betracht zu lassen).
In der Konsequenz bedeutet dies, dass es unzulässig wäre, kinderlose Versicherte mit höheren Beiträgen zu belegen, ohne ihnen gleichzeitig höherwertige Rentenanwartschaften und höhere Renten zuzubilligen, wodurch der vom Kläger gewünschte Ausgleich wieder zunichte gemacht würde.
Die Erhöhung der Beitragsleistung für Kinderlose wäre jedoch die zwangsläufige Folge einer Verminderung der Beitragsleistung für Kindererziehende, weil ansonsten die finanzielle Basis der Rentenversicherung nicht gewährleistet wäre (so auch Rürup, Sonderdruck "Wirtschaftsdienst" 05/2000, 259 f.). Einem Ausgleich der Beitragsminderleistung der Kindererziehenden durch Steuermittel steht entgegen, dass das BVerfG - wie ausgeführt - in der Entscheidung vom 3.4.2001 fordert, dass der Belastungsausgleich systemimmanent, also gerade nicht durch die Inanspruchnahme von Steuermitteln zu erfolgen hat.
Das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung genügt - im Gegensatz zur Meinung des Klägers - indes den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das BVerfG im Urteil vom 07.07.1992 - 1 BvL 51/96 u. a. - aufgestellt hat. Das BVerfG hat den Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in dem durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, über die Regelungen des Hinterbliebenen- und Erziehungszeiten gesetz - HEZG - und des Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 - RVKLG - hinaus zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsauftrag ist der Gesetzgeber durch die zeitliche Ausdehnung der KEZ für Kinder mit einem Geburtsdatum ab dem 01.01.1992 nachgekommen (BVerfG vom 29.03.1996 - 1 BvR 1238/95 -, vgl. Entscheidung des Senats vom 05.03.2001 - L 3 RJ 133/00 -). Verfassungswidrig war allein die Regelung zur Bewertung von KEZ bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten, diese verfassungswidrige Rechtslage ist seit der Entscheidung des BVerfG vom 12.03.1996 - 1 BvR 609/90 u. a. - korrigiert (§ 70 Abs. 2 SGB VI).
3) Sofern der Kläger die Herabsetzung seiner Beiträge begehrt, indem er die teilweise Rechtswidrigkeit von Leistungen der Beklagten rügt, ist die Klage als Popularklage unzulässig. Dies hat das BSG für die Kranken- und Rentenversicherung entschieden (BSGE 57, 184; BSG vom 29.01.1998, a.a.O.) und dabei der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung getragen, das Klagen gegen Krankenversicherungsträger auf Unterlassung von angeblich verfassungwidrigen Leistungen als unzulässig angesehen hat (BverfG SozR 1500 § 54 Nr 60, 84 und BSGE 60, 248). Unerheblich ist hierbei, ob der Kläger die Berechnung des allgemeinen Rentenwertes oder die Gewährung von Hinterbliebenenrente an Kinderlose rügt. In beiden Fällen will er über eine Verminderung seiner Beitragslast die Bewilligung von Leistungen an Dritte bekämpfen, wofür ihm ein Rechtsschutzanspruch nicht zusteht.
Zudem ist mit dem Sozialgericht darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung gemäß § 153 Abs. 1 SGB VI nach dem Bedarf richtet. Der Bedarf wird u. a. durch die zu erbringenden Rentenleistungen bestimmt. Solange also die leistungsberechtigten Versicherten zu Recht Rentenzahlungen verlangen können, wird dieser Bedarf zu Recht auf die Beitragszahler umgelegt (BSGE 57, 184), so dass der Feststellungsantrag auch in dieser Hinsicht unbegründet ist.
4) Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass eine auf Beitragserstattung gerichtete Klage mangels eines Verwaltungsverfahrens unzulässig ist.
5) Weil die Rechtslage nicht verfassungswidrig ist, kommt eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 GG nicht in Betracht.
6) Schließlich ist auch eine Vorlage an den EuGH nicht geboten. Gemäß Art. 234 EGV kann über die Auslegung des EG-Vertrages eine Vorabentscheidung des EuGH eingeholt werden, wenn ein Gericht eine Entscheidung über die Auslegung des EG-Vertrages zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Eine Vorlagepflicht ergibt sich für den Senat nicht (Art. 234 Satz 3 EGV).
Es ist nicht zweifelhaft, dass das deutsche gesetzliche Rentenversicherungsrecht mit dem EGV vereinbar ist.
Insbesondere liegt ein Verstoß gegen Art. 81 EGV (Verbotwettbewerbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen) sowie Art. 86 EGV (öffentliche und monopolartige Unternehmen) nicht vor. Denn bei der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich nicht um ein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften.
Eine nähere Definition des europarechtlichen Unternehmensbegriffs gibt es nicht. In der Gemeinschaftspraxis wird der Unternehmensbegriff schon angesichts der unterschiedlichen nationalen Rechtslage flexibel verstanden, ohne aber auf rechtliche Eckwerte zu verzichten. Wesentlich ist das Vorhandensein einer juristischen Persönlichkeit, die am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (Oppermann, Europarecht, Rdnr. 907 zu § 14). Für die Frage, ob Sozialversicherungsträger als Unternehmen im Sinne des EGV auszulegen sind, ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Gegensatz zur Meinung des Klägers nicht in erster Linie von Belang, ob das System einem sozialen Zweck dient und auf dem Grundsatz der Solidarität beruht, sondern maßgeblich ist die Art der Finanzierung. Für die traditionellen Pensionssysteme, die nach dem Umlageverfahren funktionieren, wäre es nicht denkbar, dass private Unternehmen ohne eine dauerhafte Intervention des Staates auf dem Markt ähnliche Produkte anbieten können, die auf dem Prinzip der Solidarität der Generationen beruhen. Damit ist die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung mit Elementen des sozialen Ausgleichs kein Unternehmen im Sinne der Art. 81, 86 EGV (ausführlich hierzu und mit zahlreichen weiteren Nachweisen auf die einschlägigen Urteile des EuGH: Fuchs/Giubboni, BG 2001, 320 f., zur Abgrenzung hierzu vergl. EuGH vom 16.11.1995 - C-244/94 -, wonach eine auf Freiwilligkeit beruhende Rentenversicherung, die nach dem Kapitalisierungsprinzip arbeitet, ein Unternehmen im Sinne des EGV ist).
Auch der vom Kläger gerügte Verstoß gegen den durch Art 49 EGV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehr liegt nicht vor, weil der EuGH bereits mehrfach entschieden hat, dass das Marktrecht der Gemeinschaft nicht auf die Existenz öffentlicher Monopole der sozialen Sicherheit anzuwenden ist, soweit diese keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben (Bieback in Fuchs, Kommentar zum europäischen Sozialrecht, Art 22 Rnr 30 m.w.N.), was bei der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung - wie dargelegt - nicht der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gem. § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache insbesondere unter Beachtung der Entscheidung des BVerfG vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 - grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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