L 4 RA 54/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 19/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 54/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 28/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.07.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres.

Nach Beendigung der Schulausbildung nahm die am 23.08.1941 geborene Klägerin am 15.08.1958 eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte auf. Sie war von da an durchgehend beschäftigt. Ihre Arbeitgeberin, die Firma S ... N ... I ... AG, beantragte 1995 die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle Rheinland zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Am 07.08.1995 unterzeichnete die Klägerin eine Aufhebungsvereinbarung, in der das Ende des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen zum Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist am 30.09.1996 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 202.404,- DM brutto vereinbart wurde. Grundlage der Vereinbarung war eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die vorzeitige Pensionierung im Tarifkreis ab 55. Die Klägerin bezog bis zum 28.08.1999 Arbeitslosengeld. Anschließend war sie arbeitslos ohne Leistungsbezug. Die Arbeitgeberin zahlte ein Ruhegeld in Höhe von 555,- DM monatlich sowie einen Übergangszuschuß für die Zeit vom 1.10.1996 - 31.3.1997 in Höhe von 7.001,- DM monatlich. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 40 anerkannt.

Im Mai 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten vorzeitig die Gewährung von Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres zum frühestmöglichen Zeitpunkt im September 2001. Mit Bescheid vom 20.06.2001 gewährte die Beklagte der Klägerin Altersrente nach § 237 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in Höhe von 2.480,79 DM monatlich. Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente um 20 Kalendermonate verminderte die Beklagte den Zugangsfaktor von 1,0 um 0,060 auf den Zugangsfaktor 0,940. Beitragszeiten wurden ab dem 15.08.1958 berücksichtigt, wobei die Zeit von August 1958 bis Juli 1961 als beitragsgeminderte Zeit gewertet wurde. Zeiten der Schulausbildung für die Zeit vor dem 15.08.1958 wurden nicht berücksichtigt.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Der entwertende Eingriff des Gesetzgebers in ihren Rentenanspruch durch das Wachstums- und Beschäftigungsgesetz vom 25.09.1996 (WFG) sei verfassungswidrig. Die Übergangsvorschrift des § 237 a Abs. 3 SGB VI verstosse gegen das Rückwirkungsverbot gesetzlicher Maßnahme sowie wegen der Ungleichbehandlung gegenüber Beschäftigten eines Betriebes der Montanindustrie gegen das Gleichbehandlungsgebot. Am 03.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit der am 28.01.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung einer höheren Rente begehrt. Sie hat ihr Vorbringen wiederholt, dass die Übergangsvorschrift des § 237 a Abs. 3 SGB VI verfassungswidrig sei. Sie habe im Vertrauen auf die Regelungen des Rentenreformgesetz von 1992 hinsichtlich der Anhebung von Altersgrenze für die Altersrente von Frauen Dispositionen getroffen. Die durch das WFG bewirkten Änderungen habe sie dabei nicht mehr berücksichtigen können. Ihr Arbeitsverhältnis sei am 13.06.1995 betriebsbedingt im Rahmen eines umfangreichen Personalabbaues gekündigt worden. Wegen ihres Alters habe sie keinen neuen Arbeitsplatz mehr finden können. Das BSG habe in mehreren Urteilen vom 30.10.2001 (Az.: B 4 RA 10/00 R, B 4 RA 13/00 R und B 4 RA 15/00 R) festgestellt, dass die Vertrauensschutzregelung des § 237 SGB VI auch auf die jenigen Arbeitnehmer ausgedehnt werden müsse, die am Stichtag (14.02.1996) die im Gesetz vorgesehenen Bedingungen nicht voll erfüllten, aber ihren Arbeitsplatz aufgrund betrieblicher Regelung nicht behalten konnten und wegen ihres Alters keine Möglichkeit mehr hatten, auf die neue Gesetzeslage zu reagieren. Dies gelte auch für sie. Mit der Aufnahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung habe zwischen ihr und dem Rentenversicherungsträger gleichsam ein Vertrag bestanden, dessen Grundlage die Regelungen des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) gewesen seien. Bereits 1963 sei nach den Bestimmungen der AVG die Anerkennung von 53 Monaten beruflicher Ausbildung und 24 Monaten mit schulischer Ausbildung als Ausfallzeiten verbindlich per Gesetz zugesichert worden. Das AVG 1963 enthalte keine Einschränkungen oder Vorbehalte dahingehend, dass bereits verbindlich zugesagte Ansprüche rückwirkend zum Nachteil der Versicherten verändert werden könnten. Die nachträgliche rückwirkende Änderung von vertraglich verbindlich erworbenen Ansprüchen widerspreche rechtsstaatlichen Grundsätzen und sei damit rechtswidrig. Die Eingriffe in ihre erworbenen Rentenansprüche seien weder durch Gründe des öffentlichen Interesses noch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Die Maßnahmen belasteten sie übermäßig und seien deshalb für sie unzumutbar. Die geänderten Bewertungen der Ausbildungszeiten, die auf etwa sechs Rechtsänderungen seit 1963 beruhten, hätten eine zusätzliche Kürzung ihres Rentenanspruches um mehr als 17 Prozent (mehr als 420,00 DM) bewirkt.

Mit Urteil vom 06.07.2002 hat das SG Köln die Klage abgewiesen.

Der Rentenanspruch der Klägerin richte sich entsprechend § 300 Abs. 1 SGB VI nach den Vorschriften des SGB VI i.d.F. vom 01.01.1997, da der Rentenanspruch erst am 01.09.2001 entstanden sei. Die Ausnahmevorschrift des § 300 Abs. 2 SGB VI greife nicht ein. Die Bestimmungen der §§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 237 a SGB VI verstießen nicht gegen Art. 14 und 3 GG. Die Neuregelung der Berücksichtigung von schulischen Ausbildungszeiten sowie die Anhebung der Altersgrenze bei der Altersrente für Frauen, mit denen in die Rentenanwartschaft der Klägerin eingegriffen werde, stellten verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Bestimmungen über den Inhalt und die Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz(GG) dar. Die Eingriffe in die Rentenanwartschaft seien zulässig, da sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt seien. Sie seien zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich, insbesondere belasteten sie die Klägerin nicht übermäßig und seien deswegen für sie zumutbar. Die Übergangsregelung des § 237 a Abs. 3 SGB VI verstoße nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und Art. 3 GG.

Gegen das am 13.08.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.08.2002 Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt.

Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, bei der Zustimmung zu der Aufhebungsvereinbarung im Juni 1995 sei sie von der damals geltenden Rechtslage ausgegangen. Sie habe aufgrund der Rentenanwartschaft und dem Vertrauen auf die geltenden gesetzlichen Regelungen, wonach sie wegen Arbeitslosigkeit das Recht auf eine Altersrente bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres hätte erlangen können, Dispositionen getroffen, die zur Arbeitslosigkeit führten und die sie nicht mehr rückgängig machen konnte.

Die Berechnung ihrer Rente ausschließlich nach den Vorschriften des SGB VI i.d.F. vom 01.01.1997 stelle einen Verstoß gegen den Eigentumsschutz dar. Sie habe 34 Jahre lang Beiträge nach den Bestimmungen des AVG, 5 Jahre nach den Bestimmungen des SGB VI in der Fassung von 1992 und drei Jahre nach den Bestimmungen des SGB VI in der Fassung von 1997 gezahlt. Deshalb sei bei der Bewertung von rentenrechtlichen Zeiten auf die Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt der Beitragszahlung gegolten habe. Die bisherigen Urteile für die Ausbildungszeiten bewerteten jeweils nur eine Rechtsänderung, sie sei jedoch von vier bzw. fünf Rechtsänderungen betroffen.

Anschließend beantragt die Klägerin,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.07.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2002 zu verurteilen, ihr eine höhere Altersrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors vom 0,994 und der Bewertung der schulischen Ausbildungszeiten und der Bewertung der Pflichtbeitragszeiten in den ersten 5 Versicherungsjahren entsprechend dem Angestelltenversicherungsgesetz 1963 zu bewilligen, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Streitsache dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Grundgesetz vorzulegen.

Die Vertreterin der Beklagten beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie sei nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden und habe keine eigene Prüfungskompetenz hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente zu.

Die Beklagte hat zutreffend bei der Berechnung der Höhe der Altersrente, die zum Zeitpunkt der Entstehung des Rentenanspruchs, d. h. am 01.09.2001, geltenden Vorschriften des SGB VI zugrundegelegt. Nach § 300 Abs. 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an - vorliegend die Änderungen des SGB VI durch das WFG am 01.01.1997 oder spätere Rechtsänderungen - auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits zum Zeitpunkt der Rechtsänderung der Sachverhalt und der Anspruch bestanden hat. Sachverhalte sind alle rentenrechtlich erheblichen Tatbestände, wie z.B. Anrechnungszeiten nach § 58 SGB VI (Niesel, KassKomm, § 300 Rdnr. 6). Demnach gilt für eine nach einer Rechtsänderung neubeginnenden Rente - wie im Falle der Klägerin - das neue Recht (BSG, Urteil vom 24.09.1999, B 5 RJ 28/98 R, SozR 3-2600 § 300 Nr. 14). Die Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes aus dem Jahre 1963 sind somit bei der Berücksichtigung und Bewertung der schulischen Ausbildungszeiten und der ersten drei Pflichtbeitragsjahren vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht anwendbar, vielmehr ist auf die Vorschrift des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung (i.d.F.) vom 01.01.1997 und des § 54 Abs. 3 SGB VI i.d.F. vom 01.01.1998 abzustellen.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf ungekürzte Altersrente für Frauen mit Vollendung des 60. Lebensjahres zu. Die Beklagte hat zutreffend den Zugangsfaktor von 1,0 nach § 77 Abs. 2 SGB VI um 0,060 Punkte auf den Faktor 0,940 wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente um 20 Monate gemindert.

Nach § 237 a Abs. 2 SGB VI, eingeführt durch Art. 1 des WFG vom 25.09.1996, wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei Altersrenten für Frauen für Versicherte, die nach dem 31.12.1939 geboren sind, angehoben. Bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente nach § 237 Abs. 1 SGB VI mit Vollendung des 60. Lebensjahres - wie vorliegend bei der Klägerin - wird die Rente um die in der Anlage 20 ausgewiesenen Abschläge gekürzt. Nach Anlage 20 zum SGB VI beläuft sich der Abschlag bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente um 20 Monate auf 0,060 Punkte. Die Übergangsvorschrift des § 237 a Abs. 3 SGB VI greift zugunsten der Klägerin nicht ein. Zwar ist das Arbeitsverhältnis nach dem 06.05.1996 aufgrund einer Vereinbarung, die vor dem 07.05.1996 geschlossen wurde, beendet worden. Jedoch ist die Klägerin erst nach dem 07.05.1941 geboren (Nr. 1), nicht im Betrieb der Montanindustrie beschäftigt gewesen (Nr. 2) und hat keine 45 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt (Nr. 3). Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich aus der Rechtssprechung des 4. Senates zum Anwendungsbereich der inhaltlich identischen Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB VI (Urteile vom 23.10.2001, B 4 RA 10/00 R, B 4 RA 15/00 R) keine günstigere Regelung für sie ableiten. Nach der Rechtssprechung des 4. Senates greift § 237 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bei einer Versicherten, die vor dem Stichtag das 55. Lebensjahr vollendet hatte, die Vertrauensschutz regelung auch ein, wenn sie aufgrund einer kollektiven Vereinbarung vor dem 14.02.1996 einen sie bindenden und zur Beendigung führenden Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gestellt hat.

Vorliegend greift § 237 a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB VI aber nicht wegen der Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein, sondern wegen Vollendung des 55. Lebensjahres nach dem Stichtag "07.05.1941".

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstösst § 237 a Abs. 2 und 3 SGB VI nicht gegen Art. 14 GG und Art. 3 GG.

Die Klägerin hatte bei Inkrafttreten der Änderungen des SGB VI durch das WFG zum 01.01.1997 einen Rentenanwartschaftsrecht i. S. eines vermögenswerten subjektiven öffentlichen Rechts auf zukünftige Teil habe an den Einnahmen des Rentenversicherungsträgers nach Eintritt des Versicherungsfalls erworben, da der Klägerin vor dem 01.01.1997 die allgemeine Wartezeit erfüllt und am 23.08.1996 das 55. Lebensjahr vollendet hatte (vgl. BSG, Beschluss vom 16.12.1999, Az.: B 4 RA 11/99 R). Das Rentenanwartschaftsrecht selbst unterfällt dem Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG, nicht jedoch die einzelnen Anspruchs- bzw. Berechnungselemente, wie z. B. die Festlegung des Rentenalters (vgl. BSG, Urteil vom 18.04.1996, Az.: 4 RA 36/94, SozR 3-2600 § 71 Nr. 1). Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich aus den Bestimmungen über Inhalt und Schrankungen des Eigentums, die Aufgabe des Gesetzgebers ist (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Die durch § 237 a Abs. 2 SGB VI verfügte beschleunigte Anhebung der Altersgrenze bei der Altersrente für Frauen schon ab dem Jahr 2001 und der damit verbundenen Verminderung der Rentenanwartschaft der Klägerin stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verleiht dem Gesetzgeber die Befugnis, den Inhalt und die Schranken eigentumsrechtlich geschützter Positionen, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, zu kürzen oder umzugestalten, wenn dies durch Gründe des öffentlichen Interesses und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (BVerfG, Beschluss vom 28.04.1999, Az.: 1 BvL 32/95, BVerfGE 100, 1(37)). Bei Eingriffen in bestehende Rentenanwartschaften steht dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu, da in den Rentenanwartschaften die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Das Rentenversicherungsverhältnis beruht nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auf den Gedanken der Solidrität und des sozialen Ausgleichs (BSG, Urteil vom 24.02.1999, Az: B 5 RJ 28/98 R, SozR 3-2600 § 300 Nr. 14; Urteil vom 18.04.1996, Az.: 4 RA 36/94, a.a.O; Urteil vom 29.01.1998, Az.: B 12 KR 35/95 R, SozR 3-2600 § 158 Nr. 1). Regelungen die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder an veränderte wirtschaftliche Interessen anzupassen, sind im Hinblick auf den sozialen Bezug des Rentenversicherungsverhältnisses grundsätzlich im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig. Damit sind Beschränkungen der Rentenanwartschaft zum Zwecke des Allgemeinwohls unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglich. Mit den Änderungen des SGB VI durch das WFG wurden im Allgemeinwohl liegende Regelungszwecke verfolgt. Durch die Stärkung des Versicherungsprinzips, des Prinzips der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente und der Verlängerung der Lebensarbeitszeit sollte die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten und durch die Vermeidung des weiteren Anstiegs der Lohnzusatzkosten in Folge erheblicher Beitragssatzerhöhungen mittelbar auf eine Konjunkturverstärkung mit wiederum positiven Auswirkungen auf die gesetzliche Rentenversicherung eingewirkt werden (BT-Drucks13/4618 S. 16).

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Als Mittel der Ausgabenkürzung ist die vorgezogene beschleunigte Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente für Frauen geeignet und erforderlich gewesen. Eine Ausgabenkürzung als Folge des späteren Eintritts des Versicherungsfalles - vorliegend das Erreichen eines bestimmten Lebensalters - bewirkt eine Konsolidierung der Rentenversicherung. Es liegt in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob und wie er notwendige Einsparungen vornimmt (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1987, Az.: 1 BvR 488/86, BVerfGE 76, 240, (241 ff).). Er kann also frei wählen, ob er zur Konsolidierung der Rentenversicherung auf das Mittel der Ausgabenkürzung, der Beitragserhöhung oder der Erweiterung des Kreises der Beitragspflichtungen zurückgreift. Der vom Gesetzgeber angeführte Gesichtspunkt, einen weiteren Anstieg der Lohnzusatzkosten durch eine ansonsten erforderliche erhebliche Beitragserhöhung und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Konjunkturentwicklung und mit mittelbaren negativen Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen zu vermeiden ist, nicht zu beanstanden. Die vorgezogene und beschleunigte Anhebung der Altersgrenze ist auch erforderlich gewesen. Eine Strukturveränderung muss bei den Neuzugängen einsetzen, damit die Erfolge der Entlastung sich sogleich und in den folgenden Jahren immer stärker auswirken. Es ist nicht erkennbar, dass die angestrebten Ansparungen mit weniger einschneidenden Mitteln hätten erreicht werden können.

Das Vorziehen der Beschleunigung der Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente für Frauen ist auch für die Klägerin zumutbar. Eine Pflichtversicherte, die der gesetzlichen Rentenversicherung beitritt, kann im Hinblick auf die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems nicht erwarten und darf mithin auch nicht darauf vertrauen, dass bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, die zur Minderung der Einnahmen der Versichertengemeinschaft führen, die gesetzlichen Vorschriften während ihres gesamten Versicherungslebens bis zum Eintritt des Leistungsfalls unverändert fortbestehen; die Versicherte muss, sowohl was die Chancen als auch was die Risiken anbelangt, mit Änderungen der Vorschriften rechnen (BSG, Urteil vom 18.04.1996, Az.: 4 RA 36/94 a.a.O). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Altersrente für Frauen im Vergleich zu der Regelaltersrente für Männer nach Vollendung des 65. Lebensjahres um eine vorzeitige Altersrente, und insofern um eine versicherungsfremde Leistung handelt (vgl. zum Begriff versicherungsfremde Leistungen, BSG, Urteil vom 29.01.1998, B 12 KR 35/95 R, a.a.O.). Die Altersrente für Frauen zielt darauf ab, den Frauen einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass sie einen früheren als den regelhaften Rentenzugang (65. Lebensjahr) ansonsten durchschnittlich seltener hätten erreichen können als die männlichen Versicherten. Denn die Altersrente für langjährig Versicherte, die abgesehen von der Altersrente für Frauen die einzige regelhafte Möglichkeit für einen frühzeitigeren Rentenzugang bot, setzt eine Wartezeit von 35 Jahren voraus, die Frauen in wesentlich weniger Fällen als Männer erreichten, weil sie namentlich durch die Kindererziehung Unterbrechungen ihrer Erwerbsbiographie hinzunehmen hatten, die die Erfüllung der Wartezeit hinderten und die bei Männern weit seltener auftraten (LSG Niedersachen- Bremen, Urteil vom 27.06.2002, Az.: L 1 RA 239/01). Somit handelt es sich bei der Altersrente für Frauen nicht um eine ausschließlich beitragsbezogene Leistung, sondern sie beruht auch auf staatlicher Gewährung. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Regelungen des WFG nicht nur in die versicherungsfremde Leistung "Altersrente für Frauen" eingegriffen hat, sondern auch weitere versicherungsfremde Leistungen wie z. B. die Anhebung der Altersgrenzen für langjährig Versicherte sowie wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (§ 41 SGB VI i.d.F. vom 01.01.1997), durch geänderte Berücksichtigung und Bewertung von schulischen Zeiten, Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit, in denen keine Beitragszahlung zur Rentenversicherung erfolgt ist, der beruflichen Ausbildungszeiten, Absenkung der Tabellenwerte im FRG - eingeschränkt hat. Desweiteren ist der vom Gesetzgeber angeführte Gesichtspunkt, dass die Anhebung der Altersgrenze für Frauen zur Vermeidung von Ausweichreaktionen im Hinblick auf die Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Überganges in den Ruhestand vom 23.07.1996 (BGBl. I S. 1078 - Gleitegesetz) erforderlich sei, sachgerecht (BT-Drucks.13/4618 S. 22). Arbeitslosen Frauen hätte ohne Anhebung der Altersgrenze die Möglichkeit offen gestanden, mit Vollendung des 60. Lebensjahr eine Regelaltersrente ohne Abschläge in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche dem mit dem Gleitegesetz verfolgten Zweck, die Ausweitung der Frühverrentungspraxis einzuschränken. Das vorzeitige und beschleunigte Anheben der Altersgrenze für die Altersrente für Frauen wird desweiteren durch die Übergangsvorschriften des § 237 a Abs. 2 SGB VI über die Anhebung der Altersgrenze in Monatsschritten und des § 237 a Abs. 3 SGB VI über den Vertrauensschutz für Frauen, die vor dem 07.05.1941 geboren sind, entsprechend der Bestimmung des § 237 Abs. 4 SGB VI, sowie die Einräumung der Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente mit Abschlägen verbunden mit der Möglichkeit des Ausgleichs durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen (§ 187 a SGB VI) abgemildert.

Entgegen der Auffassung der Klägerin entsprechen die Übergangsvorschriften des § 237 a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI dem im Rahmen des Art. 14 gebotenen Vertrauensschutz, der dem aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 GG abgeleiteten Vertrauensschutzes entspricht (BSG, Beschluss vom 21.11.2002, Az.: B 11 AL 1/02 R). Die Bestimmungen des § 237 a Abs. 2 SGB VI in Verbindung mit Anlage 20 zum SGB VI und des§ 237 a Abs. 3 SGB VI verstossen insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Eine im Regelfall unzulässige echte Rückwirkung liegt nur dann vor, wenn der Gesetzgeber in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift. § 237 a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI entfalten ihre Rechtswirkungen jedoch erst ab ihrem Inkrafttreten ab 01.01.1997. Sie wirken lediglich auf Rechtsbeziehungen, d. h. auf Versicherungsverhältnisse, ein, die in der Vergangenheit begründet worden sind. Dies führt dazu, dass der Altersrente für Frauen bei vorzeitiger Inanspruchnahme ein niedriger Zugangsfaktor zugrunde zu legen ist, falls nicht § 237 a Abs. 3 SGB VI zugunsten der Klägerin eingreift. Damit kommt § 237 a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI lediglich eine sogenannte unechte Rückwirkung zu. Die unechte Rückwirkung einer Norm ist in der Regel verfassungsrechtlich zulässig, da das Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Vorschriften regelmäßig nicht geschützt ist. Eine nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbarende unechte Rückwirkung kommt deshalb ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn das Vertrauen des Betroffenen in den Bestand einer begünstigenden Regelung generell schutzwürdiger ist als das öffentliche Interesse an einer Änderung (BSG, Beschluss vom 21.11.2002, Az.: B 11 AL 1/02 R). Die Stichtagsregelung des § 237 a Abs. 2 SGB VI, wonach die Geburt nach dem 31.12.1939 maßgeblich ist, hat zur Folge, dass die bewilligte Altersrente sowie Renten, die innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Vorschrift bewilligt werden, weiterhin nach altem Recht berechnet werden, wohingegen bei der Klägerin das neue ungünstigere Recht anzuwenden ist. Das ist jedoch das Ergebnis jeder Stichtagsregelung. Dadurch bedingte Härten müssen hingenommen werden, wenn sich die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist. Jedenfalls durfte der Gesetzgeber den Bestandsrenten sowie den Rentenanwartschaften der rentennahen Jahrgänge ab vollendeten 58. Lebensjahr auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes den Vorzug vor dem Schutz der Rentenanwartschaften jüngerer Anwartschaftberechtigter geben, um die beabsichtigte rasche Verbesserung der finanziellen Situation des sozialen Sicherungssysteme herbeizuführen.

Auch der in § 237 a Abs. 3 Nr. 1 SGB VI gewählte Stichtag - Vollendung des 55. Lebensjahres der Versicherten am 07.05.1996, dem Tag des Beschlusses des Bundeskabinetts über das dem Gesetzesentwurf zugrundeliegende Eckpunktepapier -, ist gemessen an dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG hinreichend sachlich gefertigt. Eine Stichtagsregelung ist als zeitliche Differenzierung in der Form der Typisierung grundsätzlich hinzunehmen, sofern sie sich als notwendig erweist, sich am gegebenen Sachverhalt orientierten und sachlich vertretbar ist (BSG, Beschluss vom 21.11.2002, Az.: B 11 AL 1/02 R m.w.N.). Mit der Stichtagsregelung sollte es nach dem Willen des Gesetzgebers bei der bisherigen Regelung bleiben, wenn die Versicherte am Stichtag bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatte und an diesem Tag arbeitslos war oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen hatte oder aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem Stichtag erfolgt ist, ihr Arbeitsverhältnis beendet worden war. Damit sollten insbesondere Frauen erfasst werden, die nach dem im Gleitegesetz vorgesehenen Stichtag "14.02.1996" im Vertrauen auf eine ungekürzte Altersrente für Frauen ab Vollendung des 60. Lebensjahres entsprechend disponiert und ihr Arbeitsverhältnis beendet hatten (BT-Drucks. 13/4610 S. 25). Die vom Gesetzgeber angeführten Gesichtspunkte sind sachlich nicht unvertretbar.

Mit Erreichen des 55. Lebensjahres hat eine Versicherte bei Erfüllung der allgemeinen Wartezeit eine Rentenanwartschaft erworben, deren Schutz nach Art. 14 GG im Hinblick auf die von der Rechtsordnung anerkannte und typisierend mit Vollendung des 55. Lebensjahres wegen der Nähe zum Versicherungsfall angenommenen besonderen Schutzbedürftigkeit mit dem eines Rentenanspruches vergleichbar ist (BSG, Beschluss vom 16.12.1999, Az.: B 4 RA 11/99 R), während Rentenanwartschaften einer Versicherten, die das 55. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, geringer geschützt sind. Im Hinblick auf den mit dem Gesetz verfolgten Zweck, die Vermeidung von Ausweichreaktionen im Hinblick auf die Änderungen der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit durch das Gleitegesetz, insbesondere im Hinblick auf die Stichtagsregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI, ist es sachlich vertretbar, den Stichtag so zu wählen, dass ab Kenntnis der Öffentlichkeit von den Plänen der Bundesregierung zur Änderung der Altersrente für Frauen keine Sachverhalte zu Lasten der Rentenversicherung mehr eintreten können (vgl. zum Stichtag zur Vermeidung eines Ankündigungseffektes: LSG NW, Urteil vom 29.11.2002, Az.: L 13 RJ 30/02 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 08.02.1993, Az.: 2 BvR 1765/92; siehe auch zur inhaltlich identischen Stichtagsregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI: LSG NRW, Urteil vom 08.11.2002, Az.: L 4 RJ 79/02, Urteil vom 29.11.2002, Az.: L 4 RA 28/02; Urteil vom 25.10.2002, Az.: L 4 RA 103/01; BSG, Beschluss vom 04.03.2003, Az.: B 13 RJ 2/03 B, LSG Niedersachen- Bremen, Urteil vom 27.06.2002, Az.: L 1 RA 239/01).

Die abweichende Regelung für Beschäftigte der Montanindustrie in § 237 a Abs. 3 Nr. 2 SGB VI verstösst auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die abweichende Altersgrenze für Beschäftigte der Montanindustrie, die aufgrund einer vor dem 14.02.1996 genehmigten Maßnahme noch Art. 56 des Vertrages über die Gründung der europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V) aus dem Betrieb ausgeschieden sind, beruht auf Gründen des europäischen Gemeinschaftsrechts (LSG NRW, Urteil vom 25.10.2002, Az.: L 4 RA 103/01; Urteil vom 08.11.2002, Az.: L 4 RJ 79/02; Urteil vom 29.11.2002 Az.: L 4 RA 28/02, Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (Verbandskommentar), § 237 SGB VI Rdnr. 24). Nicht jedes Ausscheiden aus dem Betrieb bei Vollendung des 52. Lebensjahres vor dem Stichtag führt bei Beschäftigten der Montanindustrie zum Eingreifen der günstigeren Vertrauensschutzregelung, sondern nur das Ausscheiden im Rahmen von Maßnahmen, bei denen es sich regelmäßig um die Gewährung von nicht rückzahlungspflichtigen Beihilfen der europäischen Gemeinschaft an den Arbeitgeber zur Finanzierung der Abfindungen handelt, die vor dem 07.05.1996 genehmigt worden sind. Nur in solchen Fällen, in denen Beihilfen bereits vor dem Zeitpunkt des Beschlusses des Bundeskabinetts zum WFG bewilligt worden waren, sollte in die innerstaatlichen Regelungen des SGB VI, die "Geschäftsgrundlage" der Beihilfengewährung waren, durch das WFG nicht nachträglich ändernd eingegriffen werden. Dies stellt einen hinlänglichen sachlichen Grund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG dar, der die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung rechtfertigt.

Die Beklagte hat die Anrechnungszeiten für die schulische Ausbildung der Klägerin nach §§ 58 Abs. 1 Nr. 4, 263 Abs. 3, 74 SGB VI in zeitlicher Hinsicht zutreffend berechnet und richtig bewertet. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI i.d.F. des WFG werden Zeiten der schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres, und nicht mehr wie bis her nach Vollendung des 16. Lebensjahres berücksichtigt. Desweiteren wurde die Übergangsregelung zur begrenzten Geamtleistungsbewertung nach § 74 SGB VI durch das WFG gestrafft (§ 263 Abs. 3 SGB VI). Die Begrenzung auf 75 % des Gesamtleistungswertes bzw. auf höchstens 75 % des Durchschnittsentgeltes aller Versicherten wird bereits im Jahr 2001 - dem Rentenbeginn der Klägerin - und nicht erst im Jahre 2004 erreicht.

§ 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ist mit Art. 14 GG und Art. 3 GG vereinbar. Die durch das WFG geänderte Berücksichtigung und Bewertung von Zeiten der schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten und die damit verbundene Minderung der Rentenanwartschaft stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Der mit dem WFG verfolgte Regelungszweck hat im öffentlichen Interesse gelegen und damit dem Allgemeinwohl gedient. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der verfassungsrechtliche Schutz von Schulzeiten als Rentenzeiten verhältnismäßig gering ist, weil für sie von der Versicherten keine Beiträge entrichtet worden sind und es sich damit um versicherungsfremde Leistungen handelt. Bei Anrechnungszeiten, die einer Versicherten gewährt werden, ohne dass sie dafür Beiträge gezahlt hat, ist der Eigentumsschutz geringer ausgeprägt als bei solchen Leistungen, die im Wesentlichen durch eigene Beiträge erworben sind. Wegen der fehlenden Beitragsbezogenheit beruhen Anrechnungszeiten überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind Ausdruck einer besonderen staatlichen Fürsorge für die mit der Ausbildung für den Einzelnen verbundene Minderung der sozialen Sicherung. Auch sorgt die in § 207 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI eingeräumte Nachentrichtungsmöglichkeit für eine weitere Abmilderung der Auswirkung des WFG. Der vom Gesetzgeber gewählte Stichtag, bei dem der Gesetzgeber dem Schutz vom Bestandsrenten Vorrang eingeräumt hat, ist unter Berücksichtigung der Zielsetzung des WFG sachlich vertretbar und verletzt daher nicht den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. LSG NW, Urteil vom 19.04.2002, Az.: L 14 RA 81/00; Urteil vom 28.06.2002, Az.: L 14 RA 17/02; Urteil vom 30.04.2001, Az.: L 3 RA 16/00).

Desweiteren hat die Beklagte die versicherungspflichtige Beschäftigung in der Zeit von August 1958 bis Juli 1961 als beitragsgeminderte Zeit in zeitlicher Hinsicht zutreffend und richtig bewertet. Nach § 54 Abs. 3 Satz 3 SGB VI in der seit dem 01.01.1998 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - RRG 1999 - vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2998) gelten die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen bis zum 25. Lebensjahr stets als Zeiten der beruflichen Ausbildung und damit als beitragsgeminderte Zeiten. Die Vorschrift des § 54 Abs. 3 Satz 3 SGB VI in der seit dem 01.01.1998 geltenden Fassung entspricht inhaltlich der gleichzeit aufgehobenen Vorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, die mit den WFG eingeführt worden war. § 58 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der seit dem 01.01.1997 geltenden Fassung hat § 70 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ersetzt, wonach die ersten 48 Kalendarmonate mit Pflichtbeitragszeiten als Zeit einer Berufsausbildung gelten. Desweiteren wurde die Übergangsregelung zur begrenzten Gesamtleistungsbewertung (§ 74 SGB VI) durch das WFG gestrafft (§ 263 Abs. 3 SGB VI). Die Begrenzung auf § 75 % des Gesamtleistungswertes bzw. auf höchstens 75 % des Durchschnittsentgeltes aller Versicherten wird bereits im Jahre 2001 - dem Rentenbeginn der Klägerin - und nicht erst im Jahre 2004 erreicht. Hinsichtlich der Bewertung der mit Pflichtbeiträgen belegten Zeit vom August 1958 bis Juli 1961 als beitragsgeminderte Zeit entsprechend § 54 Abs. 3 Satz 3 SGB VI in der Fassung vom 01.01.1998 i.V.m. § 71 Abs. 2, 74, 263 Abs. 3 SGB VI in der Fassung vom 01.01.1997 hat die Klägerin keine Einwände erhoben.

Durch die Verkürzung der Zeitdauer, in der Pflichtbeitragszeiten mit Zeiten der beruflichen Ausbildung gleichgestellt werden, von 48 auf 36 Monate und der geänderten Bewertung dieser Zeit hat der Gesetzgeber in das Rentenanwartschaftsrecht der Klägerin eingegriffen. Die Regelungen der §§ 54 Abs. 3 Satz 3 (früher: § 58 Abs. 1 Satz 2), 71 Abs. 2, 74, 263 Abs. 3 SGB VI stellen eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 SGG dar. Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat in der Entscheidung vom 24.02.1999, B 5 RJ 28/98 R (SozR 3-2600, § 300 Nr. 14), die durch das WFG eingeführten Bestimmungen hinsichtlich der Berücksichtigung und Bewertung von Zeiten der Berufsausbildung und gleichgestellter Zeiten als verfassungsrechtlich zulässig erachtet. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG läge nicht vor. Die durch das WFG geänderte Berücksichtigung und Bewertung der ersten Versicherungsjahre als Zeiten der Berufsausbildung beruhe nicht ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen, sondern auch auf staatliche Gewährung. Die Befugnis des Gesetzgebers für Inhalts- und Schrankenbestimmung gehe umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug stehe, wie eine Position, die beitragsunabhängig eine Vergünstigung gibt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Der Gesetzgeber habe die mit der höhere Bewertung der Pflichtbeitragszeit für Berufsausbildung verbundene Vergünstigung durch das WFG nicht völlig gestrichen, sondern lediglich vermindert und dabei generell mehr an die eigene Beitragsleistung herangeführt (a.A. BSG, Beschluss vom 16.12.1999, B 4 RA 11/99 R). Auch sei der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere im Hinblick auf die Stichtagslösung, gewahrt. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung dieser Rechtssprechung des 5. Senates an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil den entscheidungserheblichen verfassungsrechtlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Streitsache dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG vorzulegen, weil er die anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften für verfassungsgemäß erachtet.
Rechtskraft
Aus
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