Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 27 RA 128/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 28/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.02.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein Begehren auf Zahlung einer höheren Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres unter Berücksichtigung der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI mit dem Zugangsfaktor 1,0 weiter.
Der am ...1939 geborene und 1987 aus Polen zugezogene Kläger war seit dem 01.01.1991 bei der Firma ... abhängig beschäftigt. In Nr. 8 Satz 3 des am 30.10.1990 geschlossenen Anstellungsvertrages heißt es:
"Das Angestelltenverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet."
Diese Beschäftigung gab der Kläger am 31.12.1997 auf. Er hat 422 Monate - also 35 Jahre und 2 Monate - Beitragszeiten zurückgelegt.
Am 24.08.2000 beantragte der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Als Rentenbeginn bestimmte er den 01.09.2000.
Mit Bescheid vom 11.10.2000 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.09.2000. Gemäß Anlage 6 zum Bescheid verminderte die Beklagte wegen vorzeitiger Inanspruchnahme dieser Rente um 22 Kalendermonate den Zugangsfaktor 1,0 um 0,066 auf 0,934.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Zugangsfaktor sei nicht zu mindern. Denn gemäß Nr. 8 Satz 3 des Anstellungsvertrages handele es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis, das die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung erfülle.
Auf Grund des von der Beklagten im Verfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf zu Az.: S 27 RA 242/99 abgegebenen Anerkenntnisses, in dem es um die Einstufung von in Polen zurückgelegten Zeiten ging, berechnete die Beklagte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 31.01.2001 ab dem 01.09.2000 neu. Auch diesem Bescheid legte die Beklagte den Zugangsfaktor 0,934 zugrunde. Der Kläger hielt seinen Widerspruch aufrecht.
Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2001 als unbegründet zurück. Eine Befristung nach § 237 Abs. 4 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) liege nicht vor. Denn in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis auf ein bestimmtes Lebensalter befristet wurde, sei zu prüfen, ob diese Befristung bereits bei Abschluss des Arbeitsverhältnisses erfolgt sei. Sei dies der Fall, handele es sich nicht um eine Befristung, sondern um eine auflösende Bedingung. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Der Kläger hat am 18.05.2001 Klage erhoben. Er hat vorgetragen: Die Befristung sei vor dem 14.02.1996 vereinbart worden, so dass die Vertrauensschutzregelung greife. Denn durch die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem er das 60. Lebensjahr vollende, habe als Beendigungszeitpunkt der 30.09.1999 festgestanden. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BAG (Urteil vom 20.12.1984, Az.: 2 AZR 3/84) greife demgegenüber nicht, weil es einen anderen rechtlichen Tatbestand betreffe. In seinem Betrieb habe nämlich kein Tarifvertrag gegolten. Auch habe es keine dienst rechtlichen bzw. arbeitsrechtlichen Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Sein Betrieb habe auch nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterlegen. Es könne ferner nicht darauf ankommen, ob die Befristung bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder während der Dauer des Arbeitsverhältnisses erfolgt sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 11.10.2000 und des Rentenbescheides vom 31.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2001 zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab September 2000 mit dem Zugangsfaktor 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.
Mit Urteil vom 19.02.2002 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Denn nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20.12.1984) handele es sich bei der Abrede, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird, nicht um eine Befristung, sondern um eine auflösende Bedingung. Zudem verstoße die getroffene Vereinbarung gegen § 41 Satz 2 SGB VI. Das Urteil wurde dem Kläger am 23.03.2002 zugestellt.
Der Kläger hat am 22.04.2002 beim Sozialgericht Düsseldorf Berufung eingelegt. Diese begründet er unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens wie folgt: Nach der neueren Rechtsprechung des BAG seien Altersgrenzen im Arbeitsvertrag arbeitsrechtliche Befristungsabreden. Dies habe das BAG mit Urteil vom 26.04.1995 so entschieden. Das entspreche auch der überwiegenden Meinung in der Literatur. Diese Befristung sei auch nicht nach § 41 SGB VI unwirksam, weil er, der Kläger, bei Vollendung des 60. Lebensjahres noch gar keine Möglichkeit gehabt habe, den Antrag auf Altersrente zu stellen. § 41 SGB VI finde im Übrigen auf den Kleinbetrieb, in dem er gearbeitet habe, keine Anwendung, weil dort gemäß § 23 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz nicht gegolten habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.02.2002 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 11.10.2000 und 31.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2001 zu verurteilen, ihm ab dem
01.09.2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit dem Zugangsfaktor 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und den Inhalt des sozialgerichtlichen Urteils.
Der Kläger hat Auszüge aus dem Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht und der Dissertation Oliver Vollstädts "Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Vereinbarung einer Altersgrenze" in Kopie vorgelegt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten und der Verfahrensakte des Sozialgerichts Düsseldorf zu Az.: S 27 RA 242/99 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Insbersondere wurde die Berufungsfrist durch Einlegung der Berufung beim Sozialgericht am 22.04.2002 gewahrt (§ 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz/SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI greift nicht ein. In Betracht kommen allein § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b sowie § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI. Die Voraussetzungen beider Vorschriften liegen jedoch nicht vor.
In der Vereinbarung gemäß Nr. 8 Satz 3 des am 30.10.1990 geschlossenen Anstellungsvertrages liegt keine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI. Denn hiermit sind nur Aufhebungsverträge nach § 305 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemeint (Klattenhoff in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI, Bd. II, Rn. 74 zu § 237 SGB VI). Aufhebungsverträge aber setzen einen zeitlich vorher geschlossenen (Arbeits-)Vertrag voraus (vgl. nur Heinrichs in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 60. Auflage, Rdn. 7 zu § 305 BGB). Die Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurde aber bereits im Arbeitragsvertrag selbst geschlossen. Von daher kommt es entgegen der Auffassung des Klägers sehr wohl darauf an, ob die Beendigung des Arbeitverhältnisses bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder später vereinbart wurde.
Bei der streitigen Abrede handelt es sich auch nicht - wie das SG im Ergebnis zu Recht feststellt - um eine Befristung nach § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI, die wie eine Vereinbarung nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI zu behandeln wäre.
Zur Beantwortung der Frage, ob eine "Befristung" im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze befristeter Arbeitsverhältnisse abzustellen (Landessozialgericht Neubrandenburg, Urteil vom 28.02.2001, Az.: L 4 RA 65/00). Dabei ist die Rechtsprechung des BAG zugrundezulegen. Hiernach aber haben Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze eine auflösende Bedingung zum Gegenstand (BAG, Urteil vom 20.12.1984, Az.: 2 AZR 3/84; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 39; Richardi im Münchener-Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 2. Aufl., Rn. 32 zu § 44).
Diese Rechtsprechung hat das BAG entgegen der Ansicht des Klägers nicht aufgegeben. Insbesondere kann dem vom Kläger zitierten Urteil des BAG vom 26.04.1995 (Az.: 7 AZR 984/93) nicht entnommen werden, das BAG sehe nunmehr Altersgrenzen im Arbeitsvertrag als Befristungen an. Diese Frage war im Gegensatz zu dem Fall, den das BAG 1984 entschieden hat, nicht streitentscheidend. Vielmehr ging es allein darum, ob der seinerzeitige § 41 Abs. 4 SGB VI - also die Vorgängervorschrift des jetzigen § 41 SGB VI - auch bei einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen anwendbar ist. Im Übrigen wäre zu erwarten gewesen, dass das BAG, wenn es sich in Widerspruch zur Rechtsprechung eines anderen Senats hätte setzen und Altersgrenzen nicht mehr als auflösende Bedingung hätte ansehen wollen, sich mit dem o.g. Urteil des 2. Senats auseinandergesetzt hätte. Auch hieran fehlt es aber.
Die danach vorliegende auflösende Bedingung ist auch nicht einer Befristung gleichzustellen (so aber - ohne Begründung - Klattenhoff in Hauck/Haines, Rn. 74 - Fußnote 210 - zu § 237 SGB VI). Denn dies würde eine analoge Anwendung des § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI auf auflösende Bedingungen bedeuten. Dem steht jedoch bereits entgegen, dass § 237 Abs. 4 SGB VI Sonderregelungen zur Anhebung der Altersgrenze enthält (Niesel in Kass.Komm. zum Sozialversicherungsrecht, Bd. II, Rn. 35 zu § 237 SGB VI) und damit eine Ausnahmevorschrift darstellt. Bereits nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind Ausnahmevorschriften nicht analogiefähig (vgl. nur BSG, NJW 1959, S. 168).
Auch die vom Kläger übersandten Auszüge aus der Dissertation Vollstädts und dem Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Literaturstellen befassen sich nicht damit, ob Altersgrenzen im Arbeitsvertrag Befristungen gemäß § 237 SGB VI sind. Vielmehr nehmen sie allein dazu Stellung, ob die "Befristungskontrolle" des § 41 SGB VI auch in Kleinbetrieben Anwendung findet.
Diese Fragestellung ist vorliegend jedoch nicht relevant, da keine Befristung im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI vorliegt. Ob den Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts zu § 41 SGB VI (ab Seite 4, letzter Absatz) zu folgen ist, kann daher dahinstehen. Ebenso kann dahinstehen, ob der Kläger in einem Kleinbetrieb im Sinne des § 23 Abs. 1 KschG gearbeitet hat und ob er bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente gehabt hätte.
Da die Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 SGB VI nicht vorliegen, war die Rente gemäß den §§ 77 Abs. 2 Nr. 2 a, 237 Abs. 3 Satz 3 SGB VI in Verbindung mit Anlage 19 zum SGB VI um den Zugangsfaktor 0,066 auf 0,934 zu kürzen. Denn der Kläger hat die Rente mit 60 Jahren und 11 Monaten und damit laut Anlage 19 zum SGB VI um 22 Monate "zu früh" in Anspruch genommen.
§ 237 Absätze 3 und 4 SGB VI sind auch verfassungsmäßig.
Mit § 237 Abs. 3 SGB VI i.V.m. der Anlage 19 zum SGB VI verstößt der Gesetzgeber insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Eine - im Regelfall unzulässige - echte Rückwirkung liegt nämlich nur dann vor, wenn der Gesetzgeber in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986, Az.: 1 BvR 461/85 in BVerfGE 72, 175 (197)). Das ist jedoch nicht der Fall. Denn § 237 Abs. 3 SGB VI entfaltet Rechtswirkungen erst ab seinem Inkrafttreten.
Die Vorschrift wirkt lediglich auf Rechtsbeziehungen, nämlich auf das Versicherungsverhältnis, ein, die in der Vergangenheit begründet wurden. Dies führt dazu, dass der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei vorzeitiger Inanspruchnahme ein niedriger Zugangsfaktor zu Grunde zu legen ist. Damit kommt § 237 Abs. 3 SGB VI unechte Rückwirkung zu. Regelungen mit unechter Rückwirkung sind jedoch grundsätzlich zulässig. Schranken ergeben sich für den Gesetzgeber allerdings aus dem Prinzip der Rechtssicherheit, was für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet. Dieses Vertrauen ist dann enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Bürger nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, a.a.O.).
Soweit aber - wie hier - in bestehende Rentenanwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist (BVerfGE Beschluss vom 01.07.1998, Az.: 1 BvR 874/77 u.a., in BVerfGE 58, 81 (110)). Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass ihm im Jahre 2001 die Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht des Rentenreformgesetzes 1992 gewährt werden würde. Denn ein Versicherter kann nicht erwarten und darf mithin auch nicht darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Vorschriften über Leistungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalles unverändert fortbestehen (BSG, Urteil vom 18.04.1996, Az.: 4 RA 36/94, in LVA Rheinprovinz - Mitteilungen 1996, 427 (430)). Dies gilt zumal deshalb, weil die letzte einschneidende Änderung des Rentenrechts durch das Rentenreformgesetz 1992 bei Inkrafttreten des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes am 01.01.1997 gerade fünf Jahre zurück lag.
Schon aus diesem Grunde vermögen auch die von Löns ("Zur Diskussion: Die Verfassungsmäßigkeit des § 41 SGB VI in der seit dem 01.01.1997 geltenden Fassung", in NZS 1998, Seite 461 ff.) formulierten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz bewirkte Vorziehung und Beschleunigung der Anhebung der Altersgrenze auch für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nicht zu überzeugen. Denn die Tatsache, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit letztmalig mit Wirkung ab dem Jahre 1992 geändert wurden, musste entgegen der von Löns vertretenen Auffassung (Seite 462 f.) gerade den seinerzeit nicht "rentennahen" Versicherten vor Augen führen, dass sie vor ihrem Renteneintritt mit weiteren Rechtsänderungen und damit ggf. auch mit weiteren Kürzungen zu rechnen hatten.
Die Änderung hält sich für den Kläger innerhalb verfassungsrechtlich zulässiger Grenzen. Hervorzuheben ist zunächst, dass der Rentenanspruch für den Kläger nicht etwa abgeschafft, sondern lediglich modifiziert wurde. Diese Modifikation wurde zudem durch die in § 237 Abs. 3 Satz 3 SGB VI i.V.m. Anlage 19 zum SGB VI enthaltene Übergangsregelung ebenso wie durch die in § 237 Abs. 4 SGB VI enthaltene Vertrauensschutzregelung für rentennahme Jahrgänge abgemildert. Selbst den Entzug der Aussicht, in einigen Jahren das Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit nach § 25 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) beziehen zu können, hat das Bundessozialgericht aber für verfassungsmäßig erachtet (Urteil vom 13.10.1992, Az.: 4 RA 10/92). Im Übrigen hält das Bundessozialgericht sogar Anwartschaftskürzungen in Höhe von etwa 40 % für zumutbar (BSG, Urteil vom 18.04.1996, a.a.O., Seite 430). Damit bewegt sich die über § 237 Abs. 3 i.V.m. Anlage 19 zum SGB VI eintretende Minderung der Rentenanwartschaft des Klägers um 6,6 % in den verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Denn die hier entscheidungserhebliche Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 237 Abs. 3 und 4 SGB VI ist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art, die bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Gleiches gilt für die ebenfalls entscheidungserhebliche Rechtsfrage, nach welchen Grundsätzen der Begriff der "Befristung" in § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI auszulegen ist. Ferner hat die Rechtssache auch allgemeine Bedeutung (zu dieser Voraussetzung: Meyer-Ladewig, Komm. zum Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage, Rn. 6 a zu § 160 SGG), weil insbesondere die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 237 Abs. 3 und 4 SGB VI in einer Vielzahl von Verfahren streitentscheidend ist (vgl. nur Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.10.2002, Az.: L 4 RA 103/01; Landessozialgericht für das Land Nordrheinwestfalen, Urteil vom 15.05.2001, Az.: L 18 (8) RA 61/00; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.06.2002, Az.: L 1 RA 239/01; Landessozialgericht für den Freistaat Sachsen, Urteil vom 29.11.2001, Az.: L 6 RJ 291/00).
Tatbestand:
Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein Begehren auf Zahlung einer höheren Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres unter Berücksichtigung der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI mit dem Zugangsfaktor 1,0 weiter.
Der am ...1939 geborene und 1987 aus Polen zugezogene Kläger war seit dem 01.01.1991 bei der Firma ... abhängig beschäftigt. In Nr. 8 Satz 3 des am 30.10.1990 geschlossenen Anstellungsvertrages heißt es:
"Das Angestelltenverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet."
Diese Beschäftigung gab der Kläger am 31.12.1997 auf. Er hat 422 Monate - also 35 Jahre und 2 Monate - Beitragszeiten zurückgelegt.
Am 24.08.2000 beantragte der Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Als Rentenbeginn bestimmte er den 01.09.2000.
Mit Bescheid vom 11.10.2000 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.09.2000. Gemäß Anlage 6 zum Bescheid verminderte die Beklagte wegen vorzeitiger Inanspruchnahme dieser Rente um 22 Kalendermonate den Zugangsfaktor 1,0 um 0,066 auf 0,934.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Zugangsfaktor sei nicht zu mindern. Denn gemäß Nr. 8 Satz 3 des Anstellungsvertrages handele es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis, das die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung erfülle.
Auf Grund des von der Beklagten im Verfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf zu Az.: S 27 RA 242/99 abgegebenen Anerkenntnisses, in dem es um die Einstufung von in Polen zurückgelegten Zeiten ging, berechnete die Beklagte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 31.01.2001 ab dem 01.09.2000 neu. Auch diesem Bescheid legte die Beklagte den Zugangsfaktor 0,934 zugrunde. Der Kläger hielt seinen Widerspruch aufrecht.
Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2001 als unbegründet zurück. Eine Befristung nach § 237 Abs. 4 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) liege nicht vor. Denn in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis auf ein bestimmtes Lebensalter befristet wurde, sei zu prüfen, ob diese Befristung bereits bei Abschluss des Arbeitsverhältnisses erfolgt sei. Sei dies der Fall, handele es sich nicht um eine Befristung, sondern um eine auflösende Bedingung. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Der Kläger hat am 18.05.2001 Klage erhoben. Er hat vorgetragen: Die Befristung sei vor dem 14.02.1996 vereinbart worden, so dass die Vertrauensschutzregelung greife. Denn durch die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem er das 60. Lebensjahr vollende, habe als Beendigungszeitpunkt der 30.09.1999 festgestanden. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BAG (Urteil vom 20.12.1984, Az.: 2 AZR 3/84) greife demgegenüber nicht, weil es einen anderen rechtlichen Tatbestand betreffe. In seinem Betrieb habe nämlich kein Tarifvertrag gegolten. Auch habe es keine dienst rechtlichen bzw. arbeitsrechtlichen Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Sein Betrieb habe auch nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterlegen. Es könne ferner nicht darauf ankommen, ob die Befristung bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder während der Dauer des Arbeitsverhältnisses erfolgt sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 11.10.2000 und des Rentenbescheides vom 31.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2001 zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab September 2000 mit dem Zugangsfaktor 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.
Mit Urteil vom 19.02.2002 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Denn nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20.12.1984) handele es sich bei der Abrede, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird, nicht um eine Befristung, sondern um eine auflösende Bedingung. Zudem verstoße die getroffene Vereinbarung gegen § 41 Satz 2 SGB VI. Das Urteil wurde dem Kläger am 23.03.2002 zugestellt.
Der Kläger hat am 22.04.2002 beim Sozialgericht Düsseldorf Berufung eingelegt. Diese begründet er unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens wie folgt: Nach der neueren Rechtsprechung des BAG seien Altersgrenzen im Arbeitsvertrag arbeitsrechtliche Befristungsabreden. Dies habe das BAG mit Urteil vom 26.04.1995 so entschieden. Das entspreche auch der überwiegenden Meinung in der Literatur. Diese Befristung sei auch nicht nach § 41 SGB VI unwirksam, weil er, der Kläger, bei Vollendung des 60. Lebensjahres noch gar keine Möglichkeit gehabt habe, den Antrag auf Altersrente zu stellen. § 41 SGB VI finde im Übrigen auf den Kleinbetrieb, in dem er gearbeitet habe, keine Anwendung, weil dort gemäß § 23 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz nicht gegolten habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.02.2002 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 11.10.2000 und 31.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2001 zu verurteilen, ihm ab dem
01.09.2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit dem Zugangsfaktor 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und den Inhalt des sozialgerichtlichen Urteils.
Der Kläger hat Auszüge aus dem Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht und der Dissertation Oliver Vollstädts "Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Vereinbarung einer Altersgrenze" in Kopie vorgelegt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten und der Verfahrensakte des Sozialgerichts Düsseldorf zu Az.: S 27 RA 242/99 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Insbersondere wurde die Berufungsfrist durch Einlegung der Berufung beim Sozialgericht am 22.04.2002 gewahrt (§ 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz/SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI greift nicht ein. In Betracht kommen allein § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b sowie § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI. Die Voraussetzungen beider Vorschriften liegen jedoch nicht vor.
In der Vereinbarung gemäß Nr. 8 Satz 3 des am 30.10.1990 geschlossenen Anstellungsvertrages liegt keine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI. Denn hiermit sind nur Aufhebungsverträge nach § 305 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemeint (Klattenhoff in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI, Bd. II, Rn. 74 zu § 237 SGB VI). Aufhebungsverträge aber setzen einen zeitlich vorher geschlossenen (Arbeits-)Vertrag voraus (vgl. nur Heinrichs in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 60. Auflage, Rdn. 7 zu § 305 BGB). Die Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wurde aber bereits im Arbeitragsvertrag selbst geschlossen. Von daher kommt es entgegen der Auffassung des Klägers sehr wohl darauf an, ob die Beendigung des Arbeitverhältnisses bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder später vereinbart wurde.
Bei der streitigen Abrede handelt es sich auch nicht - wie das SG im Ergebnis zu Recht feststellt - um eine Befristung nach § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI, die wie eine Vereinbarung nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI zu behandeln wäre.
Zur Beantwortung der Frage, ob eine "Befristung" im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist auf die arbeitsrechtlichen Grundsätze befristeter Arbeitsverhältnisse abzustellen (Landessozialgericht Neubrandenburg, Urteil vom 28.02.2001, Az.: L 4 RA 65/00). Dabei ist die Rechtsprechung des BAG zugrundezulegen. Hiernach aber haben Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze eine auflösende Bedingung zum Gegenstand (BAG, Urteil vom 20.12.1984, Az.: 2 AZR 3/84; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., Rn. 49 zu § 39; Richardi im Münchener-Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 2. Aufl., Rn. 32 zu § 44).
Diese Rechtsprechung hat das BAG entgegen der Ansicht des Klägers nicht aufgegeben. Insbesondere kann dem vom Kläger zitierten Urteil des BAG vom 26.04.1995 (Az.: 7 AZR 984/93) nicht entnommen werden, das BAG sehe nunmehr Altersgrenzen im Arbeitsvertrag als Befristungen an. Diese Frage war im Gegensatz zu dem Fall, den das BAG 1984 entschieden hat, nicht streitentscheidend. Vielmehr ging es allein darum, ob der seinerzeitige § 41 Abs. 4 SGB VI - also die Vorgängervorschrift des jetzigen § 41 SGB VI - auch bei einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen anwendbar ist. Im Übrigen wäre zu erwarten gewesen, dass das BAG, wenn es sich in Widerspruch zur Rechtsprechung eines anderen Senats hätte setzen und Altersgrenzen nicht mehr als auflösende Bedingung hätte ansehen wollen, sich mit dem o.g. Urteil des 2. Senats auseinandergesetzt hätte. Auch hieran fehlt es aber.
Die danach vorliegende auflösende Bedingung ist auch nicht einer Befristung gleichzustellen (so aber - ohne Begründung - Klattenhoff in Hauck/Haines, Rn. 74 - Fußnote 210 - zu § 237 SGB VI). Denn dies würde eine analoge Anwendung des § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI auf auflösende Bedingungen bedeuten. Dem steht jedoch bereits entgegen, dass § 237 Abs. 4 SGB VI Sonderregelungen zur Anhebung der Altersgrenze enthält (Niesel in Kass.Komm. zum Sozialversicherungsrecht, Bd. II, Rn. 35 zu § 237 SGB VI) und damit eine Ausnahmevorschrift darstellt. Bereits nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind Ausnahmevorschriften nicht analogiefähig (vgl. nur BSG, NJW 1959, S. 168).
Auch die vom Kläger übersandten Auszüge aus der Dissertation Vollstädts und dem Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Literaturstellen befassen sich nicht damit, ob Altersgrenzen im Arbeitsvertrag Befristungen gemäß § 237 SGB VI sind. Vielmehr nehmen sie allein dazu Stellung, ob die "Befristungskontrolle" des § 41 SGB VI auch in Kleinbetrieben Anwendung findet.
Diese Fragestellung ist vorliegend jedoch nicht relevant, da keine Befristung im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI vorliegt. Ob den Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts zu § 41 SGB VI (ab Seite 4, letzter Absatz) zu folgen ist, kann daher dahinstehen. Ebenso kann dahinstehen, ob der Kläger in einem Kleinbetrieb im Sinne des § 23 Abs. 1 KschG gearbeitet hat und ob er bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente gehabt hätte.
Da die Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 SGB VI nicht vorliegen, war die Rente gemäß den §§ 77 Abs. 2 Nr. 2 a, 237 Abs. 3 Satz 3 SGB VI in Verbindung mit Anlage 19 zum SGB VI um den Zugangsfaktor 0,066 auf 0,934 zu kürzen. Denn der Kläger hat die Rente mit 60 Jahren und 11 Monaten und damit laut Anlage 19 zum SGB VI um 22 Monate "zu früh" in Anspruch genommen.
§ 237 Absätze 3 und 4 SGB VI sind auch verfassungsmäßig.
Mit § 237 Abs. 3 SGB VI i.V.m. der Anlage 19 zum SGB VI verstößt der Gesetzgeber insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Eine - im Regelfall unzulässige - echte Rückwirkung liegt nämlich nur dann vor, wenn der Gesetzgeber in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986, Az.: 1 BvR 461/85 in BVerfGE 72, 175 (197)). Das ist jedoch nicht der Fall. Denn § 237 Abs. 3 SGB VI entfaltet Rechtswirkungen erst ab seinem Inkrafttreten.
Die Vorschrift wirkt lediglich auf Rechtsbeziehungen, nämlich auf das Versicherungsverhältnis, ein, die in der Vergangenheit begründet wurden. Dies führt dazu, dass der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei vorzeitiger Inanspruchnahme ein niedriger Zugangsfaktor zu Grunde zu legen ist. Damit kommt § 237 Abs. 3 SGB VI unechte Rückwirkung zu. Regelungen mit unechter Rückwirkung sind jedoch grundsätzlich zulässig. Schranken ergeben sich für den Gesetzgeber allerdings aus dem Prinzip der Rechtssicherheit, was für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet. Dieses Vertrauen ist dann enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Bürger nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, a.a.O.).
Soweit aber - wie hier - in bestehende Rentenanwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist (BVerfGE Beschluss vom 01.07.1998, Az.: 1 BvR 874/77 u.a., in BVerfGE 58, 81 (110)). Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass ihm im Jahre 2001 die Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht des Rentenreformgesetzes 1992 gewährt werden würde. Denn ein Versicherter kann nicht erwarten und darf mithin auch nicht darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Vorschriften über Leistungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalles unverändert fortbestehen (BSG, Urteil vom 18.04.1996, Az.: 4 RA 36/94, in LVA Rheinprovinz - Mitteilungen 1996, 427 (430)). Dies gilt zumal deshalb, weil die letzte einschneidende Änderung des Rentenrechts durch das Rentenreformgesetz 1992 bei Inkrafttreten des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes am 01.01.1997 gerade fünf Jahre zurück lag.
Schon aus diesem Grunde vermögen auch die von Löns ("Zur Diskussion: Die Verfassungsmäßigkeit des § 41 SGB VI in der seit dem 01.01.1997 geltenden Fassung", in NZS 1998, Seite 461 ff.) formulierten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz bewirkte Vorziehung und Beschleunigung der Anhebung der Altersgrenze auch für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nicht zu überzeugen. Denn die Tatsache, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit letztmalig mit Wirkung ab dem Jahre 1992 geändert wurden, musste entgegen der von Löns vertretenen Auffassung (Seite 462 f.) gerade den seinerzeit nicht "rentennahen" Versicherten vor Augen führen, dass sie vor ihrem Renteneintritt mit weiteren Rechtsänderungen und damit ggf. auch mit weiteren Kürzungen zu rechnen hatten.
Die Änderung hält sich für den Kläger innerhalb verfassungsrechtlich zulässiger Grenzen. Hervorzuheben ist zunächst, dass der Rentenanspruch für den Kläger nicht etwa abgeschafft, sondern lediglich modifiziert wurde. Diese Modifikation wurde zudem durch die in § 237 Abs. 3 Satz 3 SGB VI i.V.m. Anlage 19 zum SGB VI enthaltene Übergangsregelung ebenso wie durch die in § 237 Abs. 4 SGB VI enthaltene Vertrauensschutzregelung für rentennahme Jahrgänge abgemildert. Selbst den Entzug der Aussicht, in einigen Jahren das Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit nach § 25 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) beziehen zu können, hat das Bundessozialgericht aber für verfassungsmäßig erachtet (Urteil vom 13.10.1992, Az.: 4 RA 10/92). Im Übrigen hält das Bundessozialgericht sogar Anwartschaftskürzungen in Höhe von etwa 40 % für zumutbar (BSG, Urteil vom 18.04.1996, a.a.O., Seite 430). Damit bewegt sich die über § 237 Abs. 3 i.V.m. Anlage 19 zum SGB VI eintretende Minderung der Rentenanwartschaft des Klägers um 6,6 % in den verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Denn die hier entscheidungserhebliche Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 237 Abs. 3 und 4 SGB VI ist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art, die bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Gleiches gilt für die ebenfalls entscheidungserhebliche Rechtsfrage, nach welchen Grundsätzen der Begriff der "Befristung" in § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI auszulegen ist. Ferner hat die Rechtssache auch allgemeine Bedeutung (zu dieser Voraussetzung: Meyer-Ladewig, Komm. zum Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage, Rn. 6 a zu § 160 SGG), weil insbesondere die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 237 Abs. 3 und 4 SGB VI in einer Vielzahl von Verfahren streitentscheidend ist (vgl. nur Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.10.2002, Az.: L 4 RA 103/01; Landessozialgericht für das Land Nordrheinwestfalen, Urteil vom 15.05.2001, Az.: L 18 (8) RA 61/00; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.06.2002, Az.: L 1 RA 239/01; Landessozialgericht für den Freistaat Sachsen, Urteil vom 29.11.2001, Az.: L 6 RJ 291/00).
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