L 8 RJ 3/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 3 RJ 69/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 RJ 3/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 203/02 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.11.2001 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Altersrente des Klägers. Insbesondere ist die Obergrenzenregelung des § 22b Fremdrentengesetz (FRG) streitig.

Der am ...1923 geborene Kläger stammt aus Russland. Dort bezog vom 27.01.1983 bis 31.12.1996 eine Altersrente.

Am 26.12.1996 reiste er in die Bundesrepublik ein. Er ist als Spätaussiedler anerkannt. Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung hat er nicht entrichtet. Er bezog in der Bundesrepublik zunächst Sozialhilfe.

Der Kläger ist mit M ... S ... geb. L ... (geb. 10.11.1922) verheiratet; die Ehefrau bezieht seit dem 26.11.1996 von der Beklagten selbst Regelaltersrente.

Am 28.01.1997 beantragte er bei der Beklagten eine Versichertenrente.

Mit vorläufigem Vorschussrentenbescheid vom 18.03.1998 bewilligte die Beklagte Regelaltersrente (monatlich 877,17 DM). Dabei errechnete sie aus anrechenbaren Zeiten nach dem FRG 32,6615 Entgeltpunkte (EP); ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergäben sich keine EP. Die EP aus FRG-Zeiten seien auf 25 EP zu begrenzen. Nach weiterer Begrenzung unter Berücksichtigung aller Renten (Rente der Ehefrau) betrage die Summe der persönlichen EP des Klägers 20.

Mit weiterem Bescheid vom 05.05.1999 erklärte die Beklagte nach Ermittlungen in Rußland diesen Bewilligungsbescheid für endgültig.

Der Kläger legte Widerspruch ein, mit dem er auf sein schweres Leben in Russland hinwies.

Mit Bescheid vom 25.08.1999 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers (im Anschluss an die Anhörung eines Zeugen betr. weitere Zeiten in der Sowjetunion, den der Kläger im Widerspruch benannt hatte, von Anfang an unter Änderung des Bescheides vom 18.03.1998 neu - monatliche Rente 892,88 DM). Sie ermittelte 32,7440 EP; in der Summe verblieben jedoch nach wie vor 20 EP.

Am 06.09.2000 beantragte der Kläger die Überprüfung des Rentenbescheides vom 25.08.1999 nach § 44 SGB X. Er wandte sich gegen die Vervielfältigung der maßgeblichen Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 (§ 22 Abs. 4 FRG) sowie gegen die Obergrenzenregelung des § 22b FRG; beide Regelungen seien verfassungswidrig. Durch die "Deckelungsregelung" werde die Rente eines anerkannten Spätaussiedlers zwangsläufig auf Sozialhilfeniveau gedrückt, unabhängig von der Lebensarbeitsleistung. So erhalte er mit über 43 Versicherungsjahren nur eine Rente von 892,88 DM; das sei nicht gerechtfertigt.

Mit Bescheid vom 08.11.2000 lehnte die Beklagte eine Änderung ihrer bisherigen Bescheide ab. Die angewandten Vorschriften seien verfassungsgemäß. Das Existenzminimum sei i.S.d. Sozialhilfe gewährleistet. Der Kläger habe lediglich Zeiten nach dem FRG zurückgelegt und keinen Beitrag zur Finanzierung der deutschen Rentenversicherung geleistet.

Der Kläger legte Widerspruch ein mit der Begründung, aus Art. 116 Grundgesetz (GG) sei ein Integrationsgebot zugunsten der anerkannten Vertriebenen und Spätaussiedler herzuleiten. Deshalb müsse die fremdrentenrechtliche Anerkennung in angemessenem Verhältnis zur erbrachten Lebensarbeitsleistung stehen. Dies sei nicht der Fall. Die geringe Rentenhöhe rechtfertige sich auch nicht dadurch, dass keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet worden seien; hierzu habe bis zur Aussiedlung doch gar keine Möglichkeit bestanden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2001 zurück. Die Rente sei den gesetzlichen Bestimmungen gemäß berechnet worden. An diese sei der Rentenversicherungsträger gebunden; Ausführungen zur Vereinbarkeit der Bestimmungen mit dem GG seien daher nicht beabsichtigt.

Hiergegen hat der Kläger am 27.02.2001 Klage erhoben und seinen Vortrag aus dem Widerspruch vertieft. Er verwies insoweit auf ein Rechtsgutachten Podlech/Azzola/Dieners "Die Vereinbarkeit fremdrentenrechtlicher Kürzungsregelungen mit dem Grundgesetz" (Die Rentenversicherung, Okt./Nov. 1998, 177 ff., 195).

Der im Termin weder erschienene noch vertretene Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2001 dahingehend abzuändern, dass die Rente ohne die Obergrenze von 25 EP (bzw. 40 EP für ein Ehepaar) und ohne die 40%ige Kürzung bezüglich der FRG-Zeiten neu festgestellt wird, dem Bundesverfassungsgericht den Rechtsstreit nach Art. 100 GG zur Entscheidung vorzulegen, ob die hier maßgeblichen Vorschriften (§§ 22 Abs. 4 FRG, 22b FRG, 4 Abs. 5 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neurregelungsgesetz (FANG) jeweils in der durch das Wachstums- und Beschäftigungsföderungsgesetz (WFG) bestimmten Fassung) mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Entscheidung Bezug genommen.

Mit Urteil vom 28.11.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 14.12.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.12.2001 Berufung eingelegt. Es treffe nicht zu, dass seine FRG- Rentenanwartschaften nicht durch Eigenleistung erworben seien. Er habe in Russland Beitrags- und Beschäftigungszeiten zurückgelegt, weshalb die FRG-Rentenanwartschaften auf eigener Leistung beruhten. Die Beitragsleistung zur bundesdeutschen Rentenversicherung sei eine Möglichkeit der eigenen Leistung, jedoch nicht die ausschließliche. Die angegriffenen Vorschriften verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar sei eine unterschiedliche Bewertung von FRG-Zeiten und Bundesgebiets-Beitragszeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Es gebe jedoch eine Reihe von Personengruppen, für deren rentenrechtliche Zeiten keine Beiträge zur bundesdeutschen Rentenversicherung entrichtet worden seien, und die gleichwohl höchst unterschiedlich bewertet würden. Zu nennen seien hier in erster Linie Berechtigte mit Zeiten aus dem Beitrittsgebiet. Diese würden mit 85% des Westniveaus bewertet. Demgegenüber würden FRG-Zeiten nur mit 60% des Westniveaus bewertet und zusätzlich noch gem. § 22b FRG auf 25 Entgeltpunkte (bzw. 40 Entgeltpunkte für ein Ehepaar) heruntergekürzt. Die angegriffenen Vorschriften seien darüber hinaus deshalb willkürlich, weil es ab einem bestimmten Sockelbetrag egal sei, wieviele Versicherungsjahre zurückgelegt worden seien. Ebenso sei es gleichgültig, ob der Betroffene in herausgehobener Stellung oder als Hilfsarbeiter tätig gewesen sei. § 22b FRG bewirke, dass keinerlei Relation mehr zwischen der erbrachten Lebensarbeitsleistung und der Höhe der Rente bestehe. Die angegriffenen Vorschriften verstießen zudem gegen Art. 116 GG. Zwar könne aus diesem Artikel kein Anspruch auf eine bestimmte Rentenhöhe abgeleitet werden. Die fremdrenten rechtliche Anerkennung der von dem Personenkreis des Art. 116 GG zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten müsse jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Lebensarbeitsleistung stehen. Dies sei, wie dargelegt, nicht der Fall.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.11.2001 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2001 dergestalt abzuändern, dass die Rente des Klägers ohne die Obergrenze von 25 Entgeltpunkten bzw. 40 Entgeltpunkten für ein Ehepaar und ohne die 40%ige Kürzung bezüglich der FRG-Zeiten neu festgestellt wird, hilfsweise, die Revision zuzulassen, weiter hilfsweise, dem Bundesverfassungsgericht den Rechtsstreit nach Art. 100 GG zur Entscheidung vorzulegen, ob die Vorschrif ten § 22 Abs. 4, § 22b FRG und Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG, jeweils in der Fassung des WFG, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ausführungen zur Vereinbarkeit der fremdrentenrechtlichen Kürzungsregelungen mit dem Grundgesetz seien nicht beabsichtigt.

Der Senat hat beim Bundesverfassungsgericht angefragt, ob dort Verfassungsbeschwerden bzw. Normenkontrollverfahren betreffend § 22 Abs. 4 FRG, § 22b FRG oder Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG anhängig seien. Auf das Antwortschreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 15.04.2002 wird Bezug genommen. Der Kläger hat hierzu mitgeteilt, das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werde nicht beantragt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beizogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert.

Dabei besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass die Beklagte das einfachgesetzliche Fremdrentenrecht korrekt angewandt hat. Fehler sind insoweit nicht ersichtlich; der Kläger hält allerdings die von der Beklagten gesetzeskonform umgesetzten Regelungen für verfassungswidrig.

Ausweislich seines Antrags geht es ihm dabei um drei Vorschriften:

1. § 22b FRG (Begrenzung der EP auf 25 für Singles, 40 für ein Ehepaar - damit 20 EP beim Kläger)

2. § 22 Abs. 4 FRG (Vervielfältigung der EP mit dem Faktor 0,6)

3. Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG

Das von der Beklagten fehlerfrei angewandte Fremdrentenrecht ist nach Auffassung des Senats nicht verfassungswidrig:

Zu 1. Nach näherer Maßgabe des § 22b FRG werden für einen Berechtigten höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zugrunde gelegt (Abs. 1 Satz 1); für Ehegatten werden die EP auf insgesamt 40 begrenzt (Abs. 3 Satz 1).

Das Bundessozialgericht (BSG) hat, soweit ersichtlich, bisher in zwei Entscheidungen (jeweils vom 30.08.2001) zu dieser Vorschrift Stellung genommen. Dabei lässt die Entscheidung B 4 RA 118/00 R deren Verfassungsmäßigkeit dahinstehen. Die Entscheidung B 4 RA 87/00 R sieht § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG als verfassungsgemäß an (Leitsatz 3):

Der Gesetzgeber habe mit § 22b FRG eine besondere Sozialrente für Spätaussiedler geschaffen, die als Fürsorgeleistung nur dem äußeren Anschein nach noch dem System der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet sei.

Art. 14 GG sei nicht verletzt: Bei Zuzug in die BRD (im entschiedenen Fall genau wie vorliegend nach dem 07.05.1996 - vgl. Art. 6 § 4b FANG) sei für die betreffende Person keine eigentumsgeschützte Position ausgestaltet gewesen. Die (im übrigen erst bei Zuzug gewährte und damit von vornherein kaum i.S. einer Enteignung entziehbare) Gewährung einer Grundsicherung in Form der Spätaussiedlerrente sei als Fürsorgeleistung zur elementaren Existenzsicherung keine Eröffnung grundrechtlicher Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten im Vermögensbereich als eigentumsgeschützter Position.

Eine gleichheitswidrige Benachteiligung (Art. 3 GG) liege ebenfalls nicht vor. Die - nachhaltige - Ungleichbehandlung gegenüber den bis zum 07.05.1996 Zugezogenen legitimiere sich in der zukunftsbezogenen Befugnis des Gesetzgebers zu abweichender Gestaltung und in den besonderen Verhältnissen des jetzt zu behandelnden Personenkreises. Denn 51 Jahre nach Kriegsende sei die ursprüngliche Zielsetzung des FRG, gerade einen durch Vertreibung eingetretenen Schaden in der Alterssicherung auszugleichen, hinfällig. Es sei nicht mehr ersichtlich, dass in den früheren Vertreibungsgebieten ein deutscher Volkszugehöriger wegen seiner Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum oder zum deutschen Sprach- und Kulturkreis einem Vertreibungsdruck ausgesetzt sei, der ihn zur Aufgabe seiner Heimat und seiner dort erworbenen Anwartschaften für Alter oder Invalidität und zum Zuzug nach Deutschland zwinge. Der Gesetzgeber sei deshalb nicht gehindert gewesen, die Alterssicherung für Neuzuzügler durch einen Systemwechsel grundsätzlich anders auszugestalten als für den von der bisherigen Regelung begünstigten Personenkreis und damit den Differenzierungsgrund des allenfalls noch lockeren Zusammenhangs des Zuzugs mit dem Grund der Entschädigung auch in den Rechtsfolgen "abzubilden". Auch eine sachwidrige Ungleichbehandlung zu Rentnern im Beitrittsgebiet bestehe nicht; insoweit handele es sich um eine andere Ausgangslage. Denn die Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nach dem Beitritt habe eine bundesrechtliche Berücksichtigung bisher innegehabter Anwartschaften und Ansprüche erfordert, während es im verbleibenden FRG gerade nicht darum gehen könne, früher im Ausland erworbene "Anwartschaften" zu übernehmen.

Art. 116 GG sei nicht verletzt. Denn er bestimme nicht, dass die soziale Sicherung der einreisenden Volksdeutschen gerade in der gesetzlichen Rentenversicherung und ferner nach Inhalt und Umfang so zu erfolgen habe, als hätten sie im Inland zu den Lasten der deutschen Rentenversicherung beigetragen. Die Norm begründe lediglich einen Status als Deutscher; aus ihr lasse sich keine wie auch immer geartete Pflicht der deutschen Rentenversicherungsträger zu Leistungen mit Beitragsrelevanz oder etwa eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers herleiten, auf Kosten der Beitragszahler Rechte gegen diese Träger zu schaffen.

Aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) ergebe sich schließlich keine Rechtspflicht zu einem Tätigwerden des Gesetzgebers gerade in der mit der Klage begehrten Weise. Dessen Vorgaben wären erst verletzt, wenn den Neuzuzüglern nicht mehr das soziale Sicherungsniveau gegeben würde, das allen anderen gewährleistet sei, die kein eigenes Vermögen und keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Inland gezahlt oder getragen hätten. Das sei aber nicht der Fall. Denn soweit die Bundesfürsorgerente für Spätaussiedler das Sozialhilfeniveau des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) unterschreite, seien Betroffene durch das BSHG geschützt. Zudem sei die Fürsorgerente so ausgestaltet, dass sie im Einzelfall in der deutschen Rentenversicherung originär erworbene Rechtspositionen stützen könne (Kompatibilität).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sofern der Kläger Art. 116 GG (mit Hinweis auf den Aufsatz von Podlech/Azzola/Dieners, den das BSG bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat) ein weiter reichendes "Integrationsversprechen" mit der Folge entnehmen will, dass (im Ausland) zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Lebensarbeitsleistung berücksichtigt werden müssten, so kann der Senat dem nicht folgen. Das BSG hat die "Spätaussiedlerrente" nach § 22 FRG zu treffend als reine Fürsorgerente charakterisiert, da bezogen auf die FRG-Zeiten keinerlei Vorleistung des Rentenbeziehers in die deutsche Rentenversicherung erbracht worden ist. Im Falle einer fürsorgeweise erbrachten Grundsicherung aber besteht für eine Differenzierung nach früherer Stellung im Beruf, erbrachter Lebensarbeitsleistung usw. kein Anlass. Im Übrigen sichert die Sozialhilfe nach dem BSHG im Bedarfsfall den notwendigen Mindestbedarf, soweit sonstige Fürsorge leistungen wie z.B. die "Spätaussiedlerrente" diesen Bedarf nicht decken sollten. Es ist jedoch - gerade unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung - nicht einsehbar, dass im Rahmen der Fürsorgerenten für Spätaussiedler eine Differenzierung mit Rücksicht auf die Lebensarbeitsleistung zwingend sein soll, wenn z.B. ehemals Selbständige, die durch berufliches Schicksal im Alter einkommens- und vermögenslos geworden sind, ohne Rücksicht auf ihre individuellen beruflichen Lebensanstrengungen einheitlich nach dem Bedarf entsprechend dem BSHG fürsorgemäßig versorgt sind.

Soweit der Kläger (in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat) mit Blick auf Art. 6 GG eine Verfassungswidrigkeit deshalb annimmt, weil nach § 22 Abs. 3 FRG bei Ehepaaren insgesamt nur 40 EP zugrunde gelegt werden, so folgt dem der Senat ebenfalls nicht. Denn auch bei Ehepaaren wird der Mindestbedarf ggf. jedenfalls über Leistungen nach dem BSHG gedeckt. Eine über diesen Mindestbedarf hinausgehende fürsorgeweise Versorgung kann jedoch von Verfassungs wegen auch unter dem Gesichtspunkt des besonderen Schutzes der Ehe nicht gefordert werden.

Unerfindlich ist dem Senat daneben der Hinweis des Klägers (in der mündlichen Verhandlung) auf eine Ungleichbehandlung gegenüber einem "STASI-Ehepaar" im Beitrittsgebiet. Es handelt sich bei Renten, die auf im Beitrittsgebiet erworbenen Anwartschaften beruhen, und "Spätaussiedlerrenten" i.S.v. § 22 Abs. 1 FRG von vornherein um nicht vergleichbare Sachverhalte (s.o.). Daran ändert es nichts, wenn ein Ehepartner im Beitrittsgebiet im Rahmen einer früheren Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der ehem. DDR Anwartschaften erworben hat.

Zu 2. Nach § 22 Abs. 4 FRG werden die zur Ermittlung der Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Abs. 1 - 3 der Vorschrift gebildeten EP mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt. Der Senat lässt dahinstehen, ob angesichts des Ergebnisses zu 1. eine etwaige Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs. 4 FRG ohne Auswirkung bliebe. Denn im Falle des Klägers sind verfassungswidrige Auswirkungen von § 22 Abs. 4 FRG schon aus anderen Gründen nicht denkbar:

Die Rechtsprechung des BSG erscheint zur Frage einer Verfassungswidrigkeit der Vorschrift ohnehin nicht einheitlich. Der 5. Senat, auf dessen Urteil (vom 01.12.1999 - B 5 RJ 26/98 R) sich das SG bezogen hat, scheint im Ausland erworbenen Rechtspositionen für die Alterssicherung von Vornherein nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG hineinzuziehen, selbst wenn FRG-Zeiten mit hiesigen Beitragszeiten zusammenfallen. Letztlich hat er die Frage jedoch offengelassen, weil anderenfalls das Eigentum jedenfalls entsprechend habe beschränkt werden dürfen.

Der 4. Senat des BSG nimmt allerdings bei Zusammentreffen von FRG-Zeiten mit originären Bundesgebietesbeitragszeiten ein insgesamt eigentumsgeschütztes Anwartschaftsrecht auf Altersrente an, bei dem die einzelnen rechtlichen Elemente nicht losgelöst voneinander wie selbständige Rechte oder Ansprüche bewertet werden könnten. Dementsprechend hat der 4. Senat in mehreren Vorlagebeschlüssen i.S.v. Art. 100 GG (vom 16.12.1999 - B 4 RA 18/99 R, 49/99 R und 49/98 R) § 22 Abs. 4 FRG zur Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht gestellt. Das Verfassungsgericht hat hierüber noch nicht entschieden. Damit unterfällt nach Ansicht des 4. Senats auch ein FRG-Zeiten-Anteil im Versicherungskonto dem Eigentumsschutz. Ob dieser Ansicht zu folgen ist, kann im Falle des Klägers dahinstehen: Denn auch der 4. Senat des BSG verzichtet für einen Eigentumsschutz nicht auf einen nicht unerheblichen eigenen Leistungsanteil in Form von im Bundesgebiet erworbenen Beitragszeiten. Dem Kläger fehlt jedoch jegliche eigene Beitragsleistung zur deutschen Rentenversicherung; er war bereits in Russland Altersrentner und hat auch hier nach Zuzug unmittelbar Altersrente beantragt. Jedenfalls in solchen Fällen besteht für verfassungswidrige Auswirkungen des § 22 Abs. 4 FRG auch nach Ansicht des entscheidenden Senats kein Anhaltspunkt.

3. Soweit der Kläger eine Verfassungswidrigkeit des Art. 6 § 4 Abs. 5 FANG rügt, ist dem Senat nicht ersichtlich, welche Bedeutung diese Norm für seinen Rentenanspruch haben soll: Sie regelt bestimmte Fälle der Berücksichtigung in Polen zurückgelegter Zeiten. Der Kläger stammt jedoch nicht aus Polen.

Möglicherweise wendet er sich gegen Art. 6 § 4c FANG. Danach ist für Berechtigte, die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, für die Berechnung der Rente u.a. § 22 Abs. 4 FRG in der ab dem 01.01.1992 geltenden Fassung anzuwenden. Der Kläger fällt wegen späteren Zuzugs in die Bundesrepublik nicht unter diese begünstigende Stichtagsregelung. Die Vorschrift begegnet jedoch aus den gleichen Gründen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, aus dem auch Art. 6 § 4b FANG keinen Bedenken begegnet (siehe oben zu 1.).

Sind verfassungswidrige Auswirkungen des Fremdrentenrechts im Falle des Klägers unter keinem Gesichtspunkt vorhanden, kommt die hilfsweise beantragte Vorlage zur Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht. Der Senat weicht insbesondere nicht von einer höchstrichterlichen Entscheidung i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG ab. Grundsätzliche Rechtsfragen i.S.v. Nr. 1 der Vorschrift stellen sich nicht, da das BSG zu allen verfassungsrechtlichen Erwägungen bereits Stellung genommen hat.
Rechtskraft
Aus
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