L 14 An 23/95

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 An 18/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 An 23/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 88/97 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13. April 1995 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Berufungsverfahren nur noch, ob die Beklagte von der Klägerin die Erstattung eines Betrages von 2.707,02 DM verlangen kann, den die Klägerin im Wege der Rentenpfändung insbesondere aufgrund von Unterhaltsansprüchen aus der Rente ihres geschiedenen Ehemannes (Versicherter) erhalten hat.

Die im Jahre 1928 geborene Klägerin wurde durch Urteil des Amtsgerichts Düren vom 19.04.1990 von dem Versicherten geschieden. Der Versicherte bezieht seit 1980 von der Beklagten Altersruhegeld. Da er seiner Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt ab Mai 1993 nicht mehr nachkam, erließ das Amtsgericht Euskirchen unter dem 20.10.1993 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, mit dem die monatliche Rentenforderung des Versicherten gegen die Beklagte zugunsten der Klägerin gepfändet wurde, soweit sie die Pfändungsfreigrenze bzw. einen Nettobetrag von monatlich 1.100,-- DM überstieg. Mit Schreiben vom 16.11.1993 erklärte die Beklagte entsprechend § 840 Zivilprozeßordnung (ZPO)/§ 316 Abgabenordnung (AO), die Forderung werde anerkannt und die Beklagte sei zur Zahlung bereit. Pfändungen für andere Gläubiger lägen nicht vor. Bei einem für die Pfändung maßgeblichen monatlichen Zahlbetrag von 2.002,34 DM ergäbe sich unter Berücksichtigung des festgestellten Freibetrages von 1.100,-- DM ein pfändbarer Betrag von 902,34 DM. Dieser Betrag werde ab Februar 1994 laufend monatlich überwiesen. Die Nachzahlung für Dezember 1993 und Januar 1994 werde gesondert angewiesen.

Bereits mit Schreiben vom 05.10.1993 (Eingang bei der Beklagten: 11.10.1993) hatte die Stadt Köln (Beigeladene) der Beklagten mit geteilt, daß sich der Versicherte seit 15.06.1993 in einem Altenheim befinde und die Heimkosten aus Sozialhilfemitteln übernommen würden. Die Beigeladene meldete zugleich einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der laufenden Rentenzahlung ab November 1993 entsprechend § 104 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) an.

Mit Ablauf des Monats Februar 1994 stellte die Beklagte daraufhin die Zahlungen an die Klägerin ein. Mit Schreiben vom 21.02.1994 teilte sie der Klägerin u.a. mit, entgegen den Ausführungen im Schreiben vom 16.11.1993 hätten der Klägerin die bisher gezahlten Beträge nicht zugestanden. Die Rente werde vom zuständigen Sozialhilfeträger im Wege eines Erstattungsanspruchs nach § 104 SGB X in Anspruch genommen. Diesem Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers sei nunmehr der Vorrang vor dem Anspruch der Klägerin einzuräumen. Die Zahlung an die Klägerin sei daher mit Ablauf des Monats Februar 1994 eingestellt worden. Weitere Zahlungen könnten nicht mehr erfolgen. Der Grund für den nunmehrigen Vorrang des Erstattungsanspruches des Sozialhilfeträgers sei eine Gesetzesänderung, nämlich der mit Wirkung vom 01.01.1994 in das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) eingefügte § 122 a. Danach gingen Erstattungsansprüche der Träger der Sozialhilfe gegen andere Leistungsträger nach § 104 SGB X u.a. einer Pfändung vor, auch wenn diese vor Entstehen des Erstattungsanspruches erfolgt sei. Aufgrund der in § 106 SGB X genannten Rangfolge stehe dem Sozialamt auch für den Monat Dezember 1993 die volle Rente zu, da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nach dem Beginn der Sozialleistungen zugestellt worden sei (Leistungsbeginn: 15.06.1993, Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses: 28.10.1993). Die der Klägerin für die Monate Dezember 1993 bis Februar 1994 zu Unrecht zugeflossenen Beträge in Höhe von 2.707,02 DM (Vollstreckungskosten: 1.937,71 DM und 769,31 DM Unterhalt) würden hiermit gemäß § 50 SGB X zurückgefordert. Das Schreiben vom 21.02.1994 enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

Bereits mit Schreiben vom 07.02.1994 hatte die Klägerin die Beklagte aufgefordert, den pfändbaren Teil der Altersrente des Versicherten weiterhin an sie auszuzahlen. Am 04.03.1994 hat die Klägerin eine Leistungsklage erhoben, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung rückständiger Beiträge aus der Rentenpfändung sowie zur laufenden monatlichen Zahlung begehrt hat. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, die Zahlungen seien einfach eingestellt worden. Die beigeladene Stadt Köln habe von ihr verlangt, auf ihre Unterhaltsansprüche zu verzichten, im Weigerungsfalle werde eine Unterhaltsabänderungsklage erhoben. Eine solche Verzichtserklärung sei nicht abgegeben worden. Im übrigen sei die neue Vorschrift des § 122 a BSHG auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.

Auf Anregung des Sozialgerichts hat die Beklagte die Klage vom 04.03.1994 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.02.1994 gewertet. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.1994 hat die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wird in dem Bescheid - soweit jetzt noch streiterheblich - ausgeführt, der Anspruch des Sozialamtes der Stadt Köln genieße Priorität. Die zu Unrecht gezahlten Beträge an die Klägerin und ihren Prozeßbevollmächtigten seien im Rahmen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsausgleichs zurückzufordern. Ein Vertrauensschutz im Sinne von §§ 45, 48 SGB X bestehe in diesem Falle nicht. Ab 01.01.1994 stehe dem Sozialhilfeträger durch Einführung des § 122 a BSHG unabhängig von der vorherigen Priorität ohnehin die volle Rente zu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen (s. Bl. 49 ff. der Akten).

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides - am 12.01.1995 gesondert Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Bescheides vom 21.02.1994 und des Widerspruchsbescheides vom 09.12.1994 begehrt hat. Das Sozialgericht hat das neue Klageverfahren mit dem bereits anhängigen Verfahren verbunden (Beschluss vom 03.02.1995, Bl. 60 der Akten).

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 21.02.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie für November 1993 und ab März 1994 den jeweils pfändbaren Betrag der Rente des versicherten E ... St ... auszuzahlen, zuzüglich 4 % Jahreszinsen aus dem monatlich jeweils abzuführenden Betrag sowie die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im voraus zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich i. w. auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und im übrigen auf § 122 a BSHG und ihren Erstattungsanspruch gemäß § 104 SGB X verwiesen.

Durch Urteil vom 13.04.1995 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 21.02.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.1994 insoweit aufgehoben, als darin die Erstattung von 2.707,02 DM geltend gemacht worden ist. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es i. w. ausgeführt, die Bescheide der Beklagten seien insoweit rechtmäßig, als es die Beklagte abgelehnt habe, der Klägerin weiterhin den pfändbaren Betrag der Rente des Versicherten auszuzahlen. Rechtswidrig seien die Bescheide hingegen, soweit die Beklagte darin die Erstattung von 2.707,02 DM geltend gemacht habe. Da der Erstattungsanspruch der Beigeladenen gemäß § 104 SGB X bereits am 15.06.1993 entstanden sei, sei die Auszahlung des pfändbaren Teils der Rente an die Klägerin in den Monaten Dezember 1993 bis Februar 1994 jeweils rechtswidrig gewesen. Ein Anspruch der Beklagten auf Erstattung der bereits gezahlten 2.707,02 DM bestehe jedoch nicht, da die gemäß § 45 Abs. 1 SGB X erforderliche Ermessensausübung weder im Bescheid vom 21.02.1994 noch im Widerspruchsbescheid vom 09.12.1994 erfolgt sei. Bei ihrer Ermessensentscheidung hätte die Beklagte aber insbesondere berücksichtigen müssen, daß die Auszahlung des pfändbaren Teils der Rente auf ihrem alleinigen Verschulden beruht habe. Denn sie habe durch das Schreiben der Beigeladenen vom 05.10.1993 bereits Kenntnis von der Heimunterbringung des Versicherten und vom Bestehen des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen gehabt. Im Hinblick hierauf sei der angefochtene Bescheid wegen fehlender Ermessenserwägungen zumindest formell rechtswidrig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 04.05.1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.06.1995 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, nach ihrer Auffassung sei die Rückforderung von materiell-rechtswidrig an Pfändungsgläubiger ausgekehrten Zahlungen nicht nach § 50 SGB X, sondern nach dem nicht kodifizierten Rechtsinstitut des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zu beurteilen. Dieses Rechtsinstitut sehe im Gegensatz zu § 50 SGB X, der letztlich auf die Schuldnerschutzvorschriften der §§ 45, 48 SGB X verweise, nicht vor, daß eine Erstattung davon abhängig wäre, ob das öffentliche Interesse des Leistungsträgers an der Rückforderung das schutzwürdige Vertrauen des Zahlungsempfängers überwiege. Vielmehr gebiete das Rechtsinstitut eine Rückforderung, ohne daß der Leistungsträger Ermessen ausüben müßte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten im Schriftsatz vom 09.06.1995 verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13. April 1995 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Selbst wenn entsprechend den Ausführungen der Beklagten der geltend gemachte Rückerstattungsanspruch nach dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu beurteilen wäre, müsse sich die Beklagte den Einwand der Entreicherung vorhalten lassen. Sie habe den erhaltenen Betrag nämlich bereits verbraucht - und zwar in erster Linie zur Abdeckung von außergerichtlichen Anwaltskosten -, bevor die Beklagte den Rückforderungsanspruch geltend gemacht habe.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und eine Stellungnahme für entbehrlich gehalten, da der gemäß § 104 SGB X bestehende Erstattungsanspruch durch die Berufung der Beklagten nicht angegriffen werde.

Aus einem Schreiben der Beklagten vom 19.10.1995 geht hervor, daß seit dem 01.03.1995 der Klägerin wieder die pfändbaren Beträge aus der Rente des Versicherten gezahlt werden, da dieser sich seitdem nicht mehr auf Kosten der Beigeladenen in dem Altenheim aufhält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen (betreffend jeweils den Versicherten E ... St ...), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene im Termin nicht vertreten gewesen ist. In der ordnungsgemäß zugestellten Terminsbenachrichtigung (Empfangsbekenntnis der Beigeladenen vom 11.09.1997) ist nämlich auf diese zulässige Verfahrensweise (§ 124 Abs. 1, 153 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz SGG) hingewiesen worden.

Einer Beiladung des Versicherten gemäß § 75 Abs. 2 SGG bedurfte es nach Auffassung des Senats nicht, weil dieser nicht derart an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Eine Auszahlung des streitigen Rentenbetrages unmittelbar an den Versicherten kommt nämlich keinesfalls in Betracht, da entweder die Klägerin oder aber die Beigeladene einen Anspruch auf diesen Betrag hat.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Beklagte - soweit jetzt noch streitig - von der Klägerin die Rückzahlung von 2.707,02 DM begehrt, sind auch nach Auffassung des Senats rechtswidrig.

Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Erstattung der wegen der gemäß § 104 SGB X vorrangigen Ansprüche der Beigeladenen zu Unrecht aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Klägerin ausgezahlten Beträge aus der Rente des Versicherten entgegen der jetzigen Auffassung der Beklagten nach § 50 Abs. 2 SGB X i.V. mit § 45 SGB X richtet. Von der Anwendbarkeit des § 50 SGB X ist die Beklagte offensichtlich auch noch in ihrem Schreiben vom 21.02.1994 ausgegangen.

Gemäß § 50 Abs. 2 SGB X sind ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachte Leistungen unter entsprechender Anwendung der §§ 45 und 48 SGB X zu erstatten. Die streitigen Rentenbeträge sind von der Beklagten an die Klägerin aufgrund des Pfändung- und Überweisungsbeschlusses und damit ohne einen Verwaltungsakt der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgezahlt worden. Aufgrund der vorrangigen Ansprüche der Beigeladenen erfolgte die Zahlung unstreitig zu Unrecht. Im Gegensatz zur jetzigen Auffassung der Beklagten liegt auch im Verhältnis zur Klägerin eine "Leistung" der Beklagten im Sinne von § 50 Abs. 2 SGB X vor, deren Rückabwicklung sich nach dieser Vorschrift richtet. § 50 SGB X regelt nach seinem Inkrafttreten nämlich umfassend die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen. Daß die Leistung in die Hand eines Dritten wie hier der Klägerin gelangt ist, beseitigt den öffentlich-rechtlichen Charakter des Leistungsvorganges nicht. Mit der Entgegennahme der Leistung entsteht daher eine öffentliche Rechtsbeziehung zwischen Leistungsempfänger und Leistungsträger und damit auch ein öffentlich-rechtliches Erstattungsverhältnis (Hauck/Haines, SGB X, § 50 Rdn. 10). Zwar wird von den Rentenversicherungsträgern die Auffassung der Beklagten vertreten, insbesondere im Falle fehlerhafter Auszahlung gepfändeter Rentenbeträge sei Rechtsgrundlage für die Rückforderung nicht § 50 SGB X, sondern ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (Komm. zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, herausgegeben vom Verband deutscher Rentenversicherungsträger, § 50 SGB X Rdn. 4; ebenso die Arbeitsanweisungen der Beklagten und anderer Versicherungsträger zu § 50 SGB X). Demgegenüber hat sich jedoch in der Rechtsprechung zu den vergleichbaren Fällen der Abtretung von Ansprüchen auf Sozialleistungen oder einen Übergang solcher Ansprüche im Rahmen der Vermögensübernahme die Auffassung gefestigt, daß dadurch der Charakter einer "Leistung" im Sinne von § 50 Abs. 2 SGB X nicht verloren geht, so daß sich die Rückabwicklung nach dieser Vorschrift richtet (vgl. Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, 3. Aufl. 1996, § 50 Rdn. 6 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Dies gilt nach Auffassung des Senats auch bei der Erstattung zu Unrecht gepfändeter Rentenbeträge durch den Pfändungsgläubiger. Der Anspruch des Pfändungsgläubigers - hier der Klägerin - aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der sich normalerweise nach der ZPO richtet, ist hier nämlich durch sozialrechtliche Vorschriften erheblich modifiziert worden. So unterliegt die Pfändung von Sozialleistungen den besonderen Beschränkungen gemäß §§ 54, 55 des 1. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I). Zudem ergibt sich aus §§ 104 ff SGB X, daß Erstattungsansprüche von Sozialleistungsträgern im Gegensatz zu Ansprüchen anderer Gläubiger deutlich privilegiert sind, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. Dies ist für Träger der Sozialhilfe durch die neue Regelung in § 122 a BSHG noch verstärkt worden. Diese sozialrechtliche Modifizierung des Anspruch aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß rechtfertigt es nach Auffassung des Senats erst recht, eine Leistung im Sinne des § 50 Abs. 2 SGB X anzunehmen und demgemäß die Rückerstattung nach § 50 Abs. 2 i.V.m. §§ 45 und 48 SGB X zu beurteilen.

Davon ausgehend hatte die Beklagte die Vorschriften über den Vertrauensschutz im § 45 Abs. 2 SGB X zu beachten und insbesondere ihr Ermessen auszuüben, ob und in welchem Umfang eine Rückforderung erfolgen sollte. Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, sind weder dem als Verwaltungsakt zu wertenden Schreiben vom 21.02.1994 noch dem Widerspruchsbescheid vom 08.12.1994 irgendwelche Ermessenserwägungen zu entnehmen. Dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Da die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Ermessensbetätigung nicht erfolgt ist, hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide insoweit zu Recht als rechtswidrig angesehen und sie aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat entsprechend der Anregung der Beklagten wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved