L 14 RA 80/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 168/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 RA 80/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.08.1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin Beiträge für die Krankenversicherung einzubehalten sind.

Die im ... geborene Klägerin war bis zum 19.02.1995 als Büroangestellte bei der Stadt K. tätig und insoweit bei der Debeka privat krankenversichert. Ab dem 20.02.1995 meldete sich die Klägerin arbeitslos und erhielt Arbeitslosengeld (vgl. Bescheid Arbeitsamt B. vom 07.03.1995). Nunmehr war die Klägerin pflichtversichert bei der Beigeladenen gem. § 155 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Mit Bescheid vom 13.02.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01.03.1995 bis zum 28.02.1998. Hierbei wurde wegen des Zusammentreffens mit Arbeitslosengeld hinsichtlich des Zeitraums vom 01.03.1995 bis zum 31.03.1997 das gezahlte Arbeitslosengeld auf die Rente angrechnet.

Beiträge zur Krankenversicherung wurden vom Rentenzahlbetrag nicht abgeführt. Der Bescheid enthielt in Anlage 10 den Hinweis, dass die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne zu einer freiwilligen bzw. privaten Krankenversicherung einen Beitragszuschuss gemäß § 106 SGB VI beantragen. Sie möge die jeweils gültigen Beiträge zur Krankenversicherung ab Januar 1995 von ihrer Krankenversicherung bestätigen lassen.

Mit Bescheid vom 30.05.1997 stellte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin neu fest und gewährte ihr nunmehr ab dem 01.04.1997 einen Beitragszuschuß zur freiwilligen Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe von 164,92 DM/21,08 DM.

Mit Schreiben vom 02.07.1997 bat die Klägerin um Prüfung, inwieweit ihr die Ruhensbeiträge, die sie ihrer privaten Krankenversicherung wegen Eintritts in die gesetzliche Krankenversicherung mit Beginn der Arbeitslosigkeit gezahlt habe, vom Rentenversicherungsträger erstattet werden könnten.

Dies nahm die Beklagte zum Anlass, das Versicherungsverhältnis der Klägerin zu überprüfen.

Mit dem Bescheid vom 22.08.1997 berechnete sie die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.03.1995 neu und stellte nunmehr einen Beitragsanteil zur Krankenversicherung in Höhe von 33,24 DM und einen Beitragsanteil zur Pflegeversicherung in Höhe von 2,48 DM fest. Dies ergab für die Zeit vom 01.03.1995 bis zum 31.03.1997 eine Überzahlung von insgesamt 926,95 DM.

In ihrem hiergegen am 15.09.1997 erhobenen Widerspruch führte die Klägerin aus, ihr sei nicht bekannt, dass sie als Bezieherin von Arbeitslosengeld Beiträge zur Krankenversicherung entrichten müsse. Auch die rückwirkende Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente ändere daran nichts. Die Vorschrift des § 232 a Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V), die eine derartige Einbeziehung von Rentnern, die zunächst Arbeitslosengeld erhalten hätten, erlaube, sei erst ab dem 01.01.1998 in Kraft.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, die Feststellung des Vorliegens von Krankenversicherungspflicht obliege der Krankenkasse. Von der Beigeladenen sei bestätigt worden, dass die Klägerin als Bezieher von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01.03.1995 bis zum 31.03.1997 pflichtversichert gewesen sei. Pflichtversichert in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung seien die in § 5 Abs. 1 SGB V aufgeführten Personen. Hierzu gehörten auch die Leistungsempfänger nach dem Arbeitsförderungsgesetz (§ 155 AFG). Die Beitragspflicht aus der Rente ende grundsätzlich mit dem Tag der Beendigung der Krankenversicherungspflicht. Die Tragung der Beiträge bei Versicherungspflichtigen mit Rentenbezug sei in § 249 a SGB V geregelt.

Danach trügen Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu bemessenden Beiträge je zur Hälfte. Aufgrund der Krankenversicherungspflicht in der Zeit vom 01.03.1995 bis zum 31.03.1997 sei die Beklagte gesetzlich verpflichtet gewesen, die Rente neu zu berechnen und damit den fehlerhaften Bescheid vom 30.05.1997 zu korrigieren. Dabei führten die nachträglich einzubehaltenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zur Überzahlung von 926,95 DM, welche nach § 255 Abs. 2 SGB V zu erstatten sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.06.1998 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt, bis zum 31.12.1997 seien Renten bei Arbeitslosengeldbeziehern keine beitragspflichtigen Einnahmen gewesen und hätten nicht der Beitragspflicht unterlegen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. August 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 1998 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, da der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bei versicherungspflichtig Beschäftigten als beitragspflichtige Einnahme der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung zugrunde gelegt werde (§ 226 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V); so gelte dies auch für Leistungsempfänger nach dem AFG und damit für die Klägerin. Dies folge auch aus § 155 Abs. 2 Satz 2 AFG, wonach, soweit es sich um die Rechte und Pflichten aus der Krankenversicherung handele, an die Stelle der versicherungspflichtigen Beschäftigung der Bezug von Leistungen nach dem AFG trete.

Mit Urteil vom 12.08.1999 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, in dem hier streitigen Zeitraum vom 01.03.1995 bis zum 31.03.1997 habe eine Beitragspflicht der Klägerin für ihre Rente nicht vorgelegen. Für den streitigen Zeitraum stellten Renten bei Beziehern von Arbeitslosengeld mangels entsprechender gesetzlicher Regelung nämlich keine beitragspflichtigen Einnahmen dar. Dies folge daraus, dass der Gesetzgeber mit der (während des hier streitigen Zeitraums geltenden) Vorschrift des § 157 Abs. 3 AFG eine eigenständige Berechnungsgrundlage für die Beitragspflicht aufgrund Arbeitslosengeldbezuges geschaffen hatte, die jedoch eventuelle Einnahmen der versicherten Arbeitslosengeldbezieher aus der Rente nicht miterfasste. Insbesondere stelle entgegen den Ausführungen der Beklagten die Vorschrift des § 249 a SGB V keine weitere die Beitragspflicht für Einkommen aus der Rente begründende Regelung dar. Diese Vorschrift regele nur die Tragung der Beiträge, die nach der Rente zu bemessen seien, sie treffe jedoch keine Bestimmung darüber, in welchen Fällen Beiträge nach der Rente zu bemessen seien. Entgegen der Ansicht der Beklagten finde hier auch § 226 Abs. 1 Nr. 2 SGB V keine Anwendung. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift, die nur die der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter bestimme; die der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Einnahmen von Beziehern von Arbeitslosengeld würden von dieser Vorschrift nach ihrem Wortlaut jedoch nicht umfasst. Eine Anwendbarkeit des § 226 Abs. 1 Nr. 2 SGB V könne auch nicht im Wege der Analogie erfolgen. Im Beitragsrecht bestehe nämlich aus Gründen der Rechtsklarheit und des Vertrauensschutzes ein Ananlogieverbot zu Lasten der Versicherten. Für die Beitragspflicht von Renten bei krankenversicherungspflichtigen Empfängern von Arbeitslosengeld sei vielmehr eine eindeutige gesetzliche Regelung erforderlich. Eine solche Regelung für die Beitragspflicht von Renten bei krankenversicherungspflichtigen Arbeitslosen habe der Gesetzgeber erstmals mit Wirkung vom 01.01.1998 mit § 232 a Abs. 4 SGB V geschaffen; für die Zeit vorher scheide die Erhebung solcher Beiträge aus. Dies sei auch dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.07.1997 in SozR 3-4100 § 155 AFG Nr. 5 zu entnehmen.

Gegen das am 14.09.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.10.1999 Berufung eingelegt.

Die Beklagte trägt vor, es dürfte unstreitig sein, dass die Klägerin infolge der Konkurrenzregelung des § 5 Abs. 8 SGB V für die Zeit des Parallelbezugs von Arbeitslosengeld und Erwerbsunfähigkeitsrente nicht in der Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 SGB V pflichtversichert gewesen sei. Vielmehr sei der ausschließliche Anknüpfungspunkt für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Bezug des Arbeitslosengeldes (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Fraglich sei also, welche Einkünfte Bemessungsgrundlage für die Krankenversicherungsbeiträge seien, die aufgrund der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bestehenden Krankenversicherungspflicht abzuführen seien. Dabei müsse sie konzedieren, dass die seinerzeit maßgebliche Bestimmung des § 157 Abs. 3 AFG insoweit keine ausdrückliche Aussage enthalte. Vielmehr seien dort lediglich die Berechnungsmodalitäten geregelt, nach denen das letzte Arbeitsentgelt vor Bezug des Arbeitslosengeldes berücksichtigt worden sei. Diese Bestimmung enthalte indes keine explizite Aussage dahingehend, dass weitere, in § 226 SGB V genannte Einkünfte nicht berücksichtigt werden könnten.

Sie vertrete die Auffassung, dass auch für die Zeit vor Inkrafttreten des ausdrücklich auf § 226 SGB V Bezug nehmenden § 232 a Abs. 4 SGB V (also für Zeiten vor dem 01.01.1998) die dort genannten Einkünfte der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden könnten. Dies gelte insbesondere für den Zahlbetrag einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, erst § 232 a Abs. 4 SGB V habe konstitutiv Rentenzahlungen in den Kreis beitragspflichtiger Einnahmen bei der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V einbezogen, sei nicht zu belegen. Allerdings habe das Bundessozialgericht im Urteil vom 17.07.1997 - 12 RK 16/96 - im Zusammenhang mit der Einführung der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen die Auffassung vertreten, bei krankenversicherungspflichtigen Arbeitslosen bedürfe die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen einer klaren Rechtsgrundlage, wie sie inzwischen mit Wirkung vom 01.01.1998 geschaffen worden sei. Für die Zeit vorher scheide bei dem genannten Personenkreis daher eine Erhebung solcher Beiträge aus.

Doch sei zu berücksichtigen, dass die zitierte Aussage in einem Rechtsstreit, der um die Befreiung von Krankenversicherungspflicht für Bezieher von Arbeitslosengeld, die bisher privat krankenversichert gewesen seien, lediglich ein den erkennenden Senat nicht bindendes obiter dictum darstelle. Außerdem sei diese Rechtsprechung, wie das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Urteil vom 26.02.1998 - L 1 RA 810/97 - zutreffend ausgeführt habe, deswegen auf den parallelen Bezug von Arbeitslosengeld und Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übertragbar, weil vorhandene Versorgungsbezüge für sich genommen im Rahmen des § 5 SGB V nicht zur Versicherungs- und Beitragspflicht führen könnten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.08.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene im Termin nicht vertreten gewesen ist. In der ordnungsgemäß zugestellten Terminsbenachrichtigung der Beigeladenen (Empfangsbekenntnis vom 19.05.2000) ist nämlich auf diese zulässige Verfahrensweise hingewiesen worden.

Die Berufung ist zulässig, da sie eine wiederkehrende Leistung für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (01.03.1995 bis 31.03.1997) betrifft, so dass die Beschränkung des § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht greift (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet. Nach eigener Sach- und Rechtsprüfung ist der Senat auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide mit zutreffender Begründung aufgehoben hat. Mit Rücksicht darauf wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:

Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist streng zwischen dem Bestehen der Versicherungspflicht (§§ 5 ff. SGB V), der daraus resultierenden Beitragspflicht (Beitragslast/Beitragsschuld - §§ 249 ff. SGB V) und der anschließenden Beitragsbemessung zu unterscheiden. Dabei stehen die Begründung der Versicherungspflicht wie auch die Beitragspflicht und die Beitragsbemessung (§ 226 ff. SGB V) - da es sich hierbei um Bereiche der Eingriffsverwaltung handelt - unter dem Vorbehalt des Gesetzes. Aus Vorschriften, die lediglich die Beitragsbemessung zum Inhalt haben, können Beitragspflichten nicht hergeleitet werden. Außerdem sind spezialgesetzliche Sonderbestimmungen zu beachten.

Die Versicherungspflicht der Klägerin resultierte ab dem 20.02.1995 (Beginn der Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld) allein aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Danach sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld beziehen, versicherungspflichtig in der Krankenversicherung. Hieran änderte sich auch durch die rückwirkende Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 01.03.1995 nichts. Insbesondere gehörte die Klägerin nicht zum Personenkreis, der nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in die sogenannte Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gehörte. Dies nicht nur deshalb, weil ihr die entsprechenden Vorversicherungszeiten als bislang Privatversicherte fehlten, sondern auch, weil in § 5 Abs. 1 Nr. 8 SGB V ausdrücklich geregelt ist, dass nach Abs. 1 Nr. 11 oder 12 nicht versicherungspflichtig ist, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Damit geht das Gesetz selbst von einem Vorrang der Pflichtversicherung (Krankenversicherung) bei Arbeitslosengeldbeziehern aus.

Daraus folgt zugleich, dass sich auch die Beitragspflicht grundsätzlich nicht nach solchen Vorschriften bestimmen kann, welche die Krankenversicherungspflicht der Rentner zum Gegenstand haben bzw. diese voraussetzen, sondern allein nach den Vorschriften, welche die Beitragspflicht der Krankenversicherung von Arbeitslosengeldbeziehern regeln.

Die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V geregelte Versicherungspflicht für Empfänger von Arbeitslosengeld fand bis zum 31.12.1997 ihre Entsprechung in § 155 Abs. 1 AFG, in dem der Grundsatz der Pflichtversicherung normiert war. Nach § 157 Abs. 1 AFG hatte die Bundesanstalt für Arbeit die Beiträge für die nach § 155 AFG Versicherten zu tragen. § 157 Abs. 3 AFG enthielt insoweit lediglich eine Regelung hinsichtlich der Berechnung der Beiträge, also dem Beitragssatz und der beitragspflichtigen Einnahmen. Die Bezugnahme auf beitragspflichtige Einnahmen (§ 223 SGB V) knüpfte an eine bestehende Beitragspflicht an und setzte diese zwingend voraus. § 157 Abs. 3 AFG enthielt also nur eine Regelung dahingehend, in welcher Höhe die Bundesanstalt für Arbeit Krankenversicherungsbeiträge abzuführen hatte, da sie die nach § 155 AFG Beitragstragungspflichtige war. Dementsprechend konnten auch die folgenden Beitragsbemessungsvorschriften, wie der von der Beklagten ebenfalls herangezogene § 226 SGB V eine Beitragspflicht von arbeitslosen Rentenbeziehern gerade nicht begründen. Auch § 226 Abs. 1 SGB V, in dem es heißt: "Bei versicherungspflichtig Beschäftigten werden der Beitragsbemessung zugrunde gelegt:

1. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung,

2. der Zahlbetrag der der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung,

3. der Zahlbetrag der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge),

4. das Arbeitseinkommen, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird,"

regelt gerade nicht die Versicherungspflicht und Beitragslast, sondern setzt diese Regelungen voraus. Sie gilt unmittelbar nur bei versicherungspflichtig Beschäftigten.

Die mit § 157 AFG wiederum korrespondierende Regelung hinsichtlich der Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung war § 232 a SGB V, in dem als beitragspflichtige Einnahmen der Bezieher von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Winterausfallgeld in Abs. 1 bis 3 ausdrücklich nur die Höhe der jeweiligen Leistung zu einem bestimmten Prozentsatz für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge herangezogen wird. Eine Regelung hinsichtlich der Beitragsberechnung bei Zusammentreffen von Leistungen nach dem AFG und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung enthielt auch diese Vorschrift bis zum 31.12.1997 nicht. In dem seit dem 01. Januar 1998 geltenden Abs. 4 des § 232 a SGB V wird nunmehr ausdrücklich auf § 226 SGB V Bezug genommen ("§ 226 gilt entsprechend"), so dass hier nunmehr tatsächlich auch über § 226 Abs. 1 Nr. 3 SGB V auf den Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zugegriffen werden kann.

Das vom Sozialgericht zitierte BSG-Urteil enthält hierzu eine eindeutige Aussage. Gegenstand dieser Entscheidung war zwar die Frage, inwieweit die Möglichkeit einer Befreiung von der in § 155 Abs. 1 AFG normierten Versicherungspflicht gegeben war. Der Kläger war hier ein früher privatversicherter Arbeitsloser, der sich gegen die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung mit Beginn seiner Arbeitslosigkeit wandte. Das BSG hat in diesem Zusammenhang zum einen herausgestellt, dass der Gesetzgeber die Leistungsempfänger im Sinne des § 155 Abs. 1 AFG als besonders schutzbedürftig ansieht und daher weiterhin eine ausnahmslose Versicherungspflicht für notwendig erachtet. Die Einführung der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen (§ 180 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2, Abs. 8 RVO; § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 229 SGB V) rechtfertige eine solche Befreiung von der Versicherungspflicht nicht. Das BSG nahm hier Bezug auf ein anderes Urteil vom 11.06.1992 - 12 RK 45/90) -, in dem derartige Überlegungen angestellt worden waren, nachdem Krankenkassen von versicherungspflichtigen Arbeitslosen Beiträge auf vorhandene Versorgungsbezüge verlangten, weil dieses bei allen anderen Gruppen Versicherungspflichtiger vorgeschrieben ist (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 229 SGB V und Bezugnahme hierauf in § 232 Abs. 1 Satz 2, § 233 Abs. 3, § 234 Abs. 2, 235 Abs. 4 Halbsatz 1, 236 Abs. 2 Satz 1, § 237 Satz 2 SGB V).

In der Entscheidung vom 17.07.1997 Az: 12 RK 16/96 heißt es weiter ausdrücklich: "Nach weiterer Prüfung ist der Senat nunmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass bei krankenversicherungspflichtigen Arbeitslosen die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen einer klaren Rechtsgrundlage bedarf, wie sie inzwischen mit Wirkung vom 01. Januar 1998 geschaffen worden ist (§ 232 a Abs. 4 SGB V in der Fassung des Art. 5 Nr. 9, Art. 83 Abs. 1 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes - AFRG - vom 24. März 1997, BGBl. I 594). Für die Zeit vorher scheidet bei dem genannten Personenkreis die Erhebung solcher Beiträge aus. Damit besteht auch kein Grund mehr, wegen einer drohenden eigenen Beitragslast der Versicherten ein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in Erwägung zu ziehen".

Damit ist das Bundessozialgericht der Annahme einer Beitragspflicht für Renten, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen bei Beziehern von Arbeitslosengeld vor Geltung des § 232 a Abs. 4 SGB V klar entgegengetreten (vgl. auch Peters in Kasseler-Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 232 a SGB V Rn. 11).

Die Argumentation des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 26.02.1998 hält der Senat aus den dargestellten Gründen nicht für überzeugend.

Aus alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen - im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 17.07.1997 - 12 RK 16/96 - und wegen der Tatsache, dass die hier anstehende Rechtsfrage durch die Neuregelung des § 232 a SGB V mit Wirkung vom 01.01.1998 entfallen ist, nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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