L 18 KN 41/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 4/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 41/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26. April 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Ergänzung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24.11.1999 - S 6 KN 191/99 -, mit dem das Sozialgericht die am 19.08.1999 erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.06.1999 - S 6 KN 92/98 - als unzulässig verworfen hat. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung - L 18 KN 50/99 - hat die Klägerin am 19.04.2000 zurückgenommen. Die gegen das Urteil vom 24.11.1999 auch eingelegte Berufung - L 2 KN 264/99 - hat sie am 02.05.2000 ebenfalls zurückgenommen.

Ihren am 21.12.1999 gestellten Ergänzungsantrag hat die Klägerin damit begründet, das Sozialgericht habe mit dem Urteil vom 24.11.1999 "lediglich prozessual" über die Nichtigkeitsklage gegen das vorhergehende Urteil vom 30.06.1999 entschieden. Übersehen worden sei, dass sie die Berufung gegen das Urteil vom 30.06.1999 nur hilfsweise eingelegt und mithin der erhobenen Nichtigkeitsklage den Vorrang eingeräumt habe. Es stehe dem Sozialgericht nicht zu, die erhobene Nichtigkeitsklage unter Hinweis auf die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Daraus folge, dass nunmehr über die Nichtigkeitsklage im Rahmen eines Ergänzungsurteils sachlich zu entscheiden sei und zwar hinsichtlich der Feststellung der Nichtigkeit des Urteils vom 30.06.1999, der Anfechtungsklage gegen den ergänzenden Bescheid vom 17.09.1999 und der Untätigkeitsklage wie im Antrag Nr. 11 im Tatbestand des Urteils vom 24.11.1999 im einzelnen aufgelistet. Sollte es unzulässig sein, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage über einen weiteren Streitgegenstand zu entscheiden, so müsse über diesen durch Abtrennung im Rahmen einer gesonderten Klage entschieden werden.

Hilfsweise hat die Klägerin die Abtrennung desjenigen Teils des Streitgegenstandes der Nichtigkeitsklage beantragt, worüber die Kammer bisher noch nicht entschieden hatte.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Anträge gestellt,

I. In Bezug auf die kombinierte Nichtigkeits- und Anfechtungsklage

1. festzustellen,daß das Urteil der Kammer vom 30.06.1999 - Az.: S 6 KN 92/98 - nichtig ist, hilfsweise, das angefochtene Urteil wegen Nichtigkeit aufzuheben;

2. festzustellen, daß das in der gegen das Urteil vom 30.06.1999 - Az.: S 6 KN 92/98 - gerichteten Nichtigkeitsklage ergangene Prozeß-Urteil vom 24.11.1999 - Az.: S 6 KN 191/91 - aufgrund Änderung der Tatsachen zwischenzeitlich hinfällig und daher nicht mehr zu beachten ist;

3. festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 26.02.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.1998 nichtig ist, hilfsweise, den vorgenannten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben;

4. festzustellen, daß der Ergänzungsbescheid vom 17.09.1999 nichtig ist, hilfsweise, den vorgenannten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben;

II.- In Bezug auf die vorrangig zu entscheidende Untätigkeitsklage - 1. die Beklagte vorab durch Teil-Urteil zu verurteilen, einen neuen verfahrensbegleitenden rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen, welcher zu allen gestellten Anträgen - wie nachfolgend unter Ziffer III aufgeführt - und erhobenen entscheidungserheblichen Einwendungen ausführlich Stellung nimmt;

2. hilfsweise, die Beklagte vorab durch Teil-Urteil zu verurteilen, einen weiteren ergänzenden Bescheid zu erlassen, soweit die Beklagte bisher noch nicht entschieden hat, mithin zu den Anträgen a) Nr. 4 a); b) Nr. 6 a); c) Nr. 9 a) bis 9 c); lt. Schriftsatz vom 06.06.1998 - Az.: S 6 KN 92/98 - bzw. lt. Schriftsatz vom 25.09.1999 - Az.: S 6 KN 191/99 -;

3. weiter hilfsweise, die Beklagte vorab durch Teil-Urteil zu verurteilen, eine er neute Entscheidung zu den Anträgen Nr. 6 b) bis 6 d) lt. Schriftsatz vom 06.06.1998 - Az.: S 6 KN 92/98 - bzw. lt. meinem Schriftsatz vom 25.09.1999 - Az.: S 6 KN 191/99 - unter Beachtung der Wahrheitspflicht zu erlassen;

III.- In Bezug auf die Anfechtungsklage - 1. Anrechnung eines Bruttoarbeitsverdienstes des Versicherten in Höhe von 100,32 statt - wie bisher - in Höhe von 79,-- für den Zeitraum vom 11.10.1950 bis zum 07.11.1950 zur Witwenrente der Klägerin; 2. Anrechnung eines Hauerzuschlages für die Zeit vom 26.10.1906 bis zum 31.12.1930 zur Witwenrente der Klägerin; 3. Anrechnung nachfolgend aufgeführter Zeiten der Krankheit und der Arbeitslosigkeit des Versicherten zur Witwenrente der Klägerin; a) die in der Zeit vom 02.03.1921 bis zum 25.03.1935 liegenden Krankheitszeiten lt. besonderer Aufstellung vom 01.03.1998 = 14 Monate, hilfsweise 15 Monate; b) die Zeit vom 01.07.1949 bis zum 30.09.1947 (Zeit der Arbeitslosigkeit des Versicherten) = 15 Monate; c) die Zeit vom 20.04.1945 bis zum 30.06.1947 als Zeit der Arbeitslosigkeit des Versicherten = 27 Monate; hilfsweise, die Zeit vom 01.04.1947 bis zum 30.06.1947 als Zeit des Bezuges einer Unterstützung seitens der Kriegsopferversorgung; 4. Anrechnung der zeit vom 01.10.1943 bis zum 19.04.1945 als Pflichtversicherungszeit, hilfsweise, als Zeit der Arbeitslosigkeit = 19 Monate; 5. Anrechnung der zeit vom 29.09.1918 (Tag der Verwundung des Versicherten) bis zum 26.10.1950 (= Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten) als Zurechnungszeit zur Witwenrente und zwar unterteilt wie folgt:

a) die Zeit vom 29.09.1918 bis zum 28.02.1921 - welche bereits angerechnet worden ist - aa) als Anschlußersatzzeit oder bb) als Zurechnungszeit nach dem Günstigkeitsprinzip durch Erstellung einer Alternativberechnung der Witwenrente; b) die Zeit vom 01.03.1921 bis zum 31.05.1949 als Zurechnungszeit wegen Bezuges einer Invalidenpension; c) die Zeit vom 01.06.1949 bis zum 26.10.1950 als Zurechnungszeit wegen Anspruches aa) auf eine Knappschaftsvollrente hilfsweise, bb) auf eine EU-Rente im Sinne des § 1254 RVO in der Fassung vom 01.06.1949;

6. die Berücksichtigung einer pauschalen Anrechnungszeit zur Witwenrente gemäß dem BSG-Urteil vom 26.06.1991 - Az.: 8 RKn 7/89 - in BSGE 69, 82;

7. die Anrechnung von zusammen lediglich 24,25 knappschaftlicher Versicherungsjahre statt - wie bisher - zusammen 24,50 knappschaftlicher Versicherungsjahre und zwar unabhängig von den vorstehenden Anträgen Nr. 3 und 5 bzw. dem nachfolgenden Antrag Nr. 8;

8. a) die ersatzlose Streichung des Monats 11/1923 als Inflationszeit bei der bisherigen Rentenberechnung; b) Anrechnung des Monats 5/1924 als Krankheitszeit statt - wie bisher geltend gemacht - als Pflichtversicherungszeit; c) Streichung der Monate 3/1921 und 4/1921 bei der Rentenberechnung als Inflationszeit und statt dessen nunmehr Anrechnung der vorgenannten Zeit als Zeit der Krankheit;

9. die sich aus den noch ausstehenden Entscheidungen ergebenden Rechtsfolgen zu ziehen, mithin Neufeststellung der Witwenrente. IV.- Auskunftsklage gemäß § 15 SGB I - Die Beklagte zu verurteilen, nachfolgend aufgeführte Erklärung - schriftlich oder zu Protokoll des Gerichts - abzugeben: Es entspricht den Tatsachen, dann der Versicherte vom 29.09.1918 bis zum 07.11.1950 (Datum des Ablebens) nachfolgend aufgeführte Leistungen bezogen hat: a) vom 29.09.1918 bis zum 29.03.1919 - eine Krankenrente vom Allgemeinen Knappschaftsverein zu Bochum - b) vom 30.03.1919 bis zum 31.05.1949 - eine Invalidenpension vom Allgemeinen Knappschaftsverein zu Bochum, von der Reichsknappschaft und später von der Ruhrknappschaft - c) vom 01.06.1949 bis zum 07.11.1950 - bestand Anspruch auf eine Knappschaftsvollrente hilfsweise auf eine EU-Rente gemäß § 1254 RVO in der ab 01.06.1949 geltenden Fassung von der Ruhrknappschaft Bochum -.

V. 1. Hilfsweise eine Trennung von vier zuvor unter den Ziffern I bis IV erhobenen Klagen durch einen mit Gründen versehenen Beschluss, sofern eine verbundene Entscheidung über alle vier vorerwähnten Klagen seitens des Gerichtes als unzulässig angesehen wird;

2. Darüber hinaus dringend meine zuvor unter den Ziffern I bis IV aufgeführten Anträge sowohl im Protokoll als auch im Urteil einzeln vollständig aufzulisten.

VI. Dem Verfahren - Az.: S 6 KN 4/00 - ein neues Aktenzeichen zuzuteilen gemäß dem Schriftsatz vom 23.04.2000.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage als unzulässig zu verwerfen.

Durch Urteil vom 26.04.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren bekräftigt die Klägerin ihr Vorbringen, dass es sich bei dem Urteil vom 24.11.1999 lediglich um ein Prozeßurteil handele, welches aufgrund zwischenzeitlicher Änderungen der Tatsachen nicht mehr aktuell und damit als hinfällig zu betrachten sei. Im übrigen räume das Sozialgericht selbst auf Seite 6 der Urteilsgründe ein, einzelne Punkte bewußt ausgeklammert zu haben, wobei die dazu gegebene Begründung weder nachvollziehbar noch glaubhaft gemacht sei.

Mit Schriftsatz vom 09.09.2000 hat sie beantragt,

1. festzustellen, dass das Prozessurteil des Sozialgerichts vom 24.11.1999 - Az.: S 6 Kn 191/99 - auf Grund Änderung der Tatsachen zwischenzeitlich hinfällig geworden und daher nicht mehr zu beachten ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, einen ergänzenden rechtsmittelfähigen Bescheid zu meinen bisher nicht - bzw. nicht vollständig - beschiedenen Anträgen Nr. 4a; 6a und 9a - 9c lt. meinem Klageschriftsatz vom 06.06.1998 - Az. S 6 Kn 92/98 - zu erlassen;

3. die Beklagte zu verurteilen, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und zwar a) aus ihrem ergänzenden Bescheid vom 17.09.1999 und b) aus dem zu vorstehender Ziffer 2 noch zu erlassenden weiteren Teilbescheid, d.h., Neufeststellung der Witwenrente.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt die Klägerin, das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26. April 2000 zu ändern und nach den Anträgen im Schriftsatz vom 09. September 2000 Seite 1 zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Prozeßakten (S 6 KN 191/99, S 6 KN 92/98 und S 6 KN 4/00) Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin eine Ergänzung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24.11.1999 (S 6 KN 191/99) nicht verlangen kann, weil die Voraussetzungen des § 140 Sozialgerichtsgesetz - SGG - nicht erfüllt sind.

In dem besonderen Verfahren auf Urteilsergänzung kann nach § 140 Abs. 1 Satz 1 SGG nur erreicht werden, daß über ganz oder teilweise übergangene erhobene Ansprüche entschieden wird.

Das Urteil vom 24.11.1999, mit dem die Nichtigkeitsklage - S 6 KN 191/81 - als unzulässig abgewiesen worden ist, hat keinen erhobenen Anspruch nur teilweise oder gänzlich übergangen. Geltend gemacht war die Feststellung der Nichtigkeit des vorausgegangenen Urteils vom 30.06.1999 - S 6 KN 92/98 -. Zu prüfen war deshalb zunächst, ob die Nichtigkeitsklage zulässig ggf. auch begründet wäre. Ist die Nichtigkeitsklage wie vorliegend unzulässig, weil das vorausgegangene Verfahren (noch) mit der Berufung (L 18 KN 50/99) angefochten und deshalb (noch) nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (§ 179 Abs. 1 SGG i. V. m. § 578 Abs. 1 ZPO), können andere Begehren zulässigerweise nicht geltend gemacht werden. Denn in einem solchen Falle ist nicht einmal der Weg zur Überprüfung der Wiederaufnahmegründe des § 579 Abs. 1 ZPO geschweige denn zur Fortführung des Hauptprozesses eröffnet. Erst wenn letzterer wieder eröffnet wäre, könnte über einen ersetzenden oder ändernden Bescheid (§ 96 SGG) mitentschieden werden.

Das Vorbringen der Klägerin läßt zudem nicht erkennen, über welchen von ihr zwar geltend gemachten aber übergangenen Anspruch denn ergänzend entschieden werden solle. Sie versucht vielmehr mit ihrem, ihren sehr eigenen Vorstellungen zum Verfahrensrecht folgenden Vorbringen und ihren Anträgen einen Zugang zu dem ursprünglichen (inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen) Verfahren (S 6 KN 92/98) zu erreichen. Dies auch schon zu einem Zeitpunkt als noch das Berufungsverfahren (L 18 KN 50/00) anhängig war, in dem eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung hätte erfolgen können.

Alle weiteren in diesem Verfahren gestellten Anträge sind unzulässig, weil in dem besonderen Verfahren auf Urteilsergänzung nach § 140 SGG nur über die im Hauptverfahren - hier Nichtigkeitsklage - erhobenen Ansprüche, die übergangen worden sind, befunden werden kann (vgl. § 140 Abs. 3 SGG in dem dies für den Fall, daß aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird, ausdrücklich geregelt ist). Über die erhobenen Ansprüche ist - wie oben dargelegt - zur Gänze entschieden. Neue Ansprüche können deshalb in dem Verfahren auf Urteilsergänzung nicht geltend gemacht werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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