L 15 U 131/97

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 U 190/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 131/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 7/01 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
+ B 2 U 97/01 B
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 2. April 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit wird um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen geführt. Die Klägerin ist die Witwe des am ...1923 geborenen und am 12.02.1994 an den Folgen eines rupturierten Aneurysmas der Bauchaorta verstorbenen F ... L ..., der als selbstständiger Kfz-Meister bei der Beklagten versichert war.

Die Klägerin beantragte im März 1994 die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen zunächst mit der Begründung, der Tod des Versicherten sei auf Gesundheitsschäden zurückzuführen, die er sich bei Arbeitsunfällen vom 11.11.1968, 24.09.1971, 20.12.1973, 08.11.1976, 02.06.1980, 21.08.1982, 08.12.1982, 07.10.1983, 11.12.1984 und 03.10.1988 zugezogen habe. Mit Schreiben vom 14.06.1994 führte die Klägerin den Tod des Versicherten dann auf einen Arbeitsunfall vom 08.02.1994 zurück. An diesem Tage habe er gegen 10 Uhr an einem Kundenfahrzeug einen Ölwechsel vorgenommen. Dabei sei er auf der Eisentreppe der Anlage zu Fall gekommen und habe sich schwer verletzt. Er habe die Unfallfolgen zunächst in seiner robusten Art unterschätzt, dann aber, da die Schmerzen immer schlimmer geworden seien, mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht werden müssen, wo er verstorben sei.

Die Beklagte holte einen Befundbericht des St ... Hospitals in E ... (Chefarzt Priv.-Doz. Dr. K ...) ein. Danach wurde der Versicherte am 11.02.1994 mit unspezifischen abdominellen Beschwerden aufgenommen. Ein am 12.02.1994 angefertigtes Computertomogramm ergab den Verdacht auf ein rupturiertes Bauchaortenaneurysma. Dieser Verdacht wurde bei einer anschließen den Notfalloperation bestätigt. Der Versicherte verstarb noch am selben Tage an den Folgen des rupturierten Bauchaortenaneurysmas. Außerdem zog die Beklagte den Operationsbericht vom 12.02.1994, ein histologisches Gutachten von Prof. Dr. M ... vom 21.02.1994, die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes A ..., Vorerkrankungsverzeichnisse der Zentral-Krankenversicherungs AG und der DAK sowie einen Bericht über die stationäre Behandlung in der gefäßchirurgischen Klinik des Ev. Krankenhauses M ... wegen einer cerebrovaskulären Insuffizienz und einer Stenose der Aorta carotis interna bei.

Der Beratungsarzt der Beklagten, Prof. Dr. T ..., vertrat zu nächst die Auffassung, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den nachgewiesenen Arbeitsunfällen aber auch mit einem möglichen Unfall vom 08.02.1994 sei mit hinreichender Wahrscheinlickeit zu verneinen. Vielmehr sei hinreichend wahrscheinlich, dass der Tod in Folge eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas aufgetreten sei, das Folge der Fettleibigkeit, Zuckererkrankung, Bluthochdruckerkrankung und Gefäßarteriosklerose gewesen sei. Gegen die Annahme eines Ursachenzusammenhangs mit dem Ereignis vom 08.02.1994 spreche der zeitliche Ablauf. Wenn es am 08.02.1994 zu einem Riss des Bauchaortenaneurysmas gekommen wäre, so sei davon auszugehen, dass es in zeitlich direktem Zusammenhang zu einem Verbluten des Versicherten durch die Rissbildung gekommen wäre. Er empfahl gleichwohl Ermittlungen zum Unfallhergang am 08.02.1994.

Die Beklagte hörte zum Unfallhergang den Zeugen E ... H ... Auf dessen Aussage vom 08.06.1995 wird Bezug genommen.

Mit Stellungnahme vom 21.09.1995 vertrat der Oberarzt S ... des Instituts für Pathologie der Städtischen Kliniken K ... die Ansicht eine Exhumierung des Versicherten mit nachfolgender Obduktion sei zur Klärung des Ursachenzusammenhangs nicht mehr sinnvoll. Er könne nach Aktenlage nicht beurteilen, ob ein Unfallereignis zu einer richtungweisenden Verschlimmerung bzw. zu einer Ruptur eines vorbestehenden Aneurysmas geführt haben könnte. Der Operateur, Priv. Doz. Dr. K ..., teilte der Beklagten am 04.06.1996 mit, es habe sich kein äußeres Zeichen einer Gewalteinwirkung auf den Körper des Versicherten gefunden und intraoperativ auch kein Hinweis auf eine unfallbedingte Zerreissung der Bauchaorta.

Mit Bescheid vom 15.07.1996 lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen mit der Begründung ab, der Tod des Versicherten sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit Folge eines Arbeitsunfalls. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.09.1996). Dagegen hat die Klägerin am 11.10.1996 Klage zum Sozialgericht Aachen erhoben. Sie hat vorgetragen, im St. A ...-Hospital sei nicht bekannt gewesen, dass der Versicherte Opfer eines Arbeitsunfalls sei. Deshalb habe man auch kein Augenmerk auf äußere Anzeichen einer Unfallverletzung gelegt. Vor dem Unfallgeschehen am 08.02.1994 habe es nicht die geringsten Anzeichen für eine ernsthafte Erkrankung des Versicherten gegeben. Der Unfall müsse deshalb für den Tod des Versicherten mit Wahrscheinlichkeit als ursächlich angesehen werden.

Das Sozialgericht hat ohne weitere Ermittlungen die Klage durch Gerichtsbescheid vom 02.04.1997 abgewiesen und auf die Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.

Gegen den ihr am 16.04.1997 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.05.1997 Berufung eingelegt, ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Eintritt einer Ruptur sei in der Regel mit starken Schmerzen verbunden. Solche Schmerzen habe der Zeuge H ... auch bestätigt. Bei Rupturen könne die Blutung auch durch das umgebende Gewebe für Stunden bis Tage tamponiert werden, so dass zunächst keine großen Blutverluste einträten. Die Feststellungen im Operationsbericht sprächen für eine unfallbedingte Ruptur, weil sich das Blut im Bauchraum schon seit Tagen gesammelt und gestaut haben müsse.

Auf Anfrage des Gerichts hat die Klägerin vorgebracht, der Versicherte sei am Unfalltag vom Zeugen H ... mit dessen Pkw nach Hause gefahren worden. Er habe sich auf seinen Sessel zurückgezogen und sei dort mehrfach eingenickt. Feste Nahrung habe er nicht zu sich genommen, nur ein Glas Mineralwasser. Das ihm angebotene Mittagessen habe er kategorisch abgelehnt und eine Spalt-Tablette eingenommen. Er sei ungewöhnlich früh ins Bett gegangen, das Ausziehen der Kleidung sei ihm schwergefallen, er habe es vermieden, sich auf die linke Seite, seine Einschlafseite, zu legen. An den Folgetagen sei er nicht wie gewohnt zur Arbeit gegangen, habe aber wieder feste Nahrung zu sich genommen.

Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 02. April 1997 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 1996 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat zunächst Befund- und Behandlungsberichte des Allgemeinmediziners Dr. W ... aus E ... vom 15.07.1997 und vom 20.08.1997 eingeholt. Der Arzt hat mitgeteilt, der Versicherte habe u. a. an einer arteriellen Hypertonie, einem latenten Diabetes mellitus und an Krampfadern gelitten. Von einem Unfall am 08.02.1994 sei ihm nichts bekannt. Am 11.02.1994 habe er bei der körperlichen Untersuchung eine Schocksymptomatik, Hautblässe, bläuliche Lippenverfärbung, Kaltschweiss, Herzbeschleunigung und Blutdruckabfall festgestellt. Im Zeitraum September 1993 bis 11.02.1994 seien aus seiner Sicht keine Besonderheiten zu verzeichnen gewesen. Des weiteren sind die Zeugen E ... H ... und H ... M ... uneidlich zum Unfallhergang vernommen worden. Insoweit wird auf die Terminsniederschrift vom 17.11.1997 Bezug genommen.

Der Senat hat ein Gutachten eingeholt von Prof. Dr. W ..., dem Leitenden Arzt der Klinik für Kardiologie und Angiologie des E ... Krankenhauses in E ... vom 12.05.1998 mit ergänzender Stellung nahme vom 18.11.1998. Prof. Dr. W ... ist zu dem Ergebnis gekom men, er stimme mit der Einschätzung von Prof. Dr. T ... vollkommen überein. Der Tod sei mit Wahrscheinlickeit in Folge eines rupturierten arteriosklerotischen Bauchaortenaneurysmas aufgetreten, das typischerweise die Folge einer Fettleibigkeit, Zuckererkrankung, Bluthochdruckerkrankung und einer Gefäßarteriosklerose sei. Gegen die Annahme eines Zusammenhangs mit dem Ereignis vom 08.02.1994 spreche der zeitliche Verlauf. Wenn es am 08.02.1994 zu einem Riss des Bauchaortenaneurysmas gekommen wäre, so hätte es im zeitlich direkten Zusammenhang zu einem Verbluten des Versicherten durch die Rissbildung geführt.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat sodann den Chirurgen Dr. H ..., Gemeinschaftskrankenhaus St. E in Bonn, als Sachverständigen gehört. Dieser ist zu dem Ergebnis gekommen, die länger zurückliegenden Arbeitsunfälle, die zu Prellungen und Verletzungen im Bereich der Bauchdecken und des Rückens sowie der Nieren geführt hätten, seien weder für den Tod des Versicherten, noch für die Ruptur des Bauchaortenaneurysmas, noch für die Entstehung des Aortenaneurysmas ursächlich. Das Bauchaortenaneurysma sei zweifelsfrei in Folge der arterioskleriotischen Gefäßveränderungen bei Bluthochdruck und Hypercholesterinämie entstanden. Der Tod des Versicherten sei aber mit Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalles vom 08.02.1994. Bei dem Sturz sei es zu einer Prellung des Bauchraumes mit Erhöhung des intraabdominalen Druckes, in Folge dieser Druckerhöhung zu einem Einriss des vorbestehenden Aortenaneurysmas im Bereich der inneren Gefäßwand mit zunehmender Einblutung in die Gefäßwand gekommen. Für die Annahme dieses Ursachenzusammenhangs spreche, dass eine auf das Bevorstehen einer spontanen Ruptur des Aneurysmas hinweisende Beschwerdeanamnese fehle, sowie der zeitliche Ablauf der Erkrankung, die Beschreibung des Verdachts auf eine Aortendisektion im Computertomogramm und die statistische Wahrscheinlichkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb eines Jahres auf Grund des bestehenden Aortenaneurysmas mit einem maximalen Durchmesser von 7,5 cm zu einer spontanen Ruptur gekommen wäre, liege für den Zeitraum eines Jahres bei maximal 20 %.

Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, der von dem Sachverständigen bejahte Zusammenhang und die Unterstellung, dass der Bauchraum unfallbedingt geprellt worden sei, könne nicht bewiesen werden. Ebenso sei nicht nachweisbar, dass es hierdurch zu einer Erhöhung des intraabdominalen Drucks und im Gefolge davon zu einem Einriss des Aorten-Aneurysmas gekommen sei. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass es bei dem Versicherten erst Tage nach dem Ereignis vom 08.02.1994 zu einer kritischen Druckerhöhung beim Stuhlgang gekommen sei. Eine solche Druckerhöhung hätte dann die gleiche Kausalkette auslösen können. Die Beklagte gehe von einem Fall der Beweislosigkeit aus.

Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. T ...vorgelegt, der nunmehr zu dem Ergebnis gekommen ist, bei Abwägung des Für und Wider spreche mehr dafür als dagegen, dass es zu einer unfallbedingten Schädigung der Bauchaorta bei Vorschaden im Sinne einer richtungweisenden Verschlimmerung eines anlagebedingten Leidens gekommen sei. Der Sturz aus einem Meter Höhe könne grundsätzlich eine Druckerhöhung erheblichen Ausmaßes im Bauchraum erzeugen, selbst dann, wenn der Versicherte nicht direkt auf den Bauch gefallen sei. Vor dem 08.02.1994 hätten keine Zeichen für eine vorbestehende Dissektion des Bauchaortenaneurysmas bestanden. Für eine unfallbedingte Dissektion des Aneurysmas spreche das Ergebnis der Computertomographie, das Auffinden von Thromben in den von der Aorta abgehenden Gefäßen anläßlich der Operation und der zeitliche Verlauf mit Eintreten einer intraabdominellen Druckerhöhung im Rahmen des Sturzes sowie die Beschwerdesymptomatik nach dem Ereignis.

Der Senat hat ein weiteres Gutachten des Kardiologen Dr. B ... vom 23.02.2000 eingeholt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, der Versicherte sei an den Operationsfolgen eines Bauchaortenaneurysmas verstorben. Bei ihm habe zudem ein schwerer Herz-Kreislaufvorschaden bei allgemeiner Gefäßerkrankung und Pleuraergüssen bestanden. Schließlich habe sich ein Multiorganversagen entwickelt, wobei ein Nierenversagen schon vor der Operation bestanden habe. Für den Tod des Versicherten sei das Grundleiden, das heißt die allgemeine Gefäßsklerose und die Entwicklung des Bauchaortenaneurysmas von überwiegender und entscheidender Bedeutung gewesen. Der Treppensturz sei aus ärztlicher Sicht nicht von so wesentlicher Bedeutung, dass er als wesentliche Teilursache einzustufen sei. Angesichts der vom Unfall unabhängigen Multimorbidität des Versicherten gehe er - der Sachverständige - von einer Lebenserwartung unter einem Jahr aus.

Der Senat hat ferner die Krankenakte des Ev. Krankenhauses in M ... über die stationäre Behandlung des Klägers vom 18.07.1993 bis 27.07.1993 beigezogen. Dr. H ... und Dr. B ... sind in ihren Stellungnahmen vom 10.07.2000 bzw. vom 07.09.2000 bei ihren Ansichten verblieben. Die Klägerin sieht ihren Standpunkt durch das Gutachten des Dr. H ... bestätigt. Die Beklagte hat noch eine ergänzende Stellungnahme ihres beraten den Arztes Prof. Dr. T ... vom 11.09.2000 vorgelegt, der weiterhin die von Dr. H ... vertretene Auffassung teilt. Der Senat hat die Sachverständigen Dr. H ... und Dr. B ... im Termin zur Beweisaufnahme durch den Berichterstatter am 15.11.2000 ergänzend gehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Terminsniederschrift, des weiteren Vorbringens der Beteiligten, des Sach- und Streitstandes im Einzelnen auf den sonstigen Inhalt der Streitakten und der vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu.

Die Ansprüche der Klägerin bestimmen sich noch nach den Vorschriftenbereich der Reichsversicherungsordnung (RVO). Das am 01.01.1997 in Kraft getretene Siebte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) findet keine Anwendung, weil der geltend gemachte Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 liegt (Artikel 36 des Unfallversicherungs-Anordnungsgesetztes, § 212 SGB VII).

Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen besteht nach § 589 Abs. 1 RVO bei Tod durch Arbeitsunfall. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass der Tod des Versicherten durch einen Arbeitsunfall verursacht worden ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Versicherte an den Folgen einer Ruptur der Bauchaorta gestorben. Allein ursächlich im Rechtssinne dafür war mit Wahrscheinlichkeit ein Aneurysma - das heißt eine Ausweitung - der Bauchaorta mit einem maximalen Durchmesser von 7,5 cm. Diese Erkrankung ist beim Versicherten unter besonderer Berücksichtigung des pathologischen Befundes mit einem an Sicherheit grenzenden Grad der Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Sie ist - insoweit stimmen alle mit der Sache befassten Ärzte überein - nicht Folge eines der Arbeitsunfälle, die der Versicherte zwischen 1968 und 1988 erlitten hat.

Das im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen de Ereignis vom 08.02.1994 hat allenfalls einen Kausalbeitrag im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn geleistet. Danach sind ursächlich alle Bedingungen, die nicht weggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Der Senat geht dabei nach der Aussage des Augenzeugen Hammes davon aus, dass der Versicherte auf der Treppe einer circa 1,50 m tiefen Montagegrube beim Herabgehen auf der zweiten oder dritten Stufe von oben ausgerutscht ist. Wie er genau zu Fall gekommen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Der Zeuge H ... hat vor Gericht ausgesagt, er habe nicht gesehen, "wie der Versicherte dann gefallen, d. h. wie er genau aufgekommen" sei. Der Zeuge M ... ist erst hinzugetreten, als der Versicherte schon in der Grube lag. Es ist am ehesten davon auszugehen, dass er auf dem Rücken die Treppenstufen hinuntergerutscht ist. Dafür spricht, dass der Versicherte mit dem Rücken zur Treppe hinuntergestiegen ist und dem Zeugen H ... nach dessen Aussage er im Verwaltungsverfahren auf die Frage, was los sei, geantwortet hat, er sei die Treppe "herunter gerutscht".

Der Senat unterstellt - trotz verbleibender Zweifel wegen des im Einzelnen ungeklärten Unfallhergangs - zugunsten der Klägerin, dass dieses Geschehen mit Wahrscheinlichkeit folgende Komplikationen ausgelöst hat: Es ist zu einer Druckerhöhung im Bereich des Abdomens gekommen und in Folge dessen zu einem Einriss des vor bestehenden Aortenaneurysmas im Bereich der inneren Gefäßwand mit zunehmender Einblutung in die Gefäßwand. Am 11.02.1994 hat dann eine starke Blutung in das Bauchfell stattgefunden, die wiederum für die Operation mit tödlichem Ausgang verantwortlich war.

Dieser durch den Unfall verursachten äußeren Einwirkung kommt aber nach der in der gesetzlichen Unfallversicherung herrschenden Kausallehre neben der festgestellten inneren körpereigenen Ursache nicht das Gewicht einer wesentlichen Teilursache für den Tod des Versicherten zu. Daran fehlt es, wenn die Erkrankung so schwer, d. h. die Krankheitsanlage zu ansprechbar gewesen ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (BSGE 62, 220, 221 ff; BSG Urteil vom 04.12.1991 - 2 R U 14/91 -, vom 18.03.1997 - 2 R U 8/96 und vom 02.02.1999 - B 2 U 6/98 R -). Rechtlich wesentlich allein ursächliche Bedeutung für den Eintritt des tödlichen Erfolges hat eine Krankheitsanlage dann, wenn die akuten Erscheinungen zu der selben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auf treten könnten oder auch jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte (BSG vom 02.02.1999). Das ist hier der Fall.

Maßgebend abzustellen ist auf die verbliebene individuelle Belastbarkeit des Versicherten unmittelbar vor dem Unfall (BSG vom 04.12.1991). Diese war insbesondere durch das Aneurysma, den Bluthochdruck und eine allgemeines Gefäßsklerose hochgradig eingeschränkt. Wäre damals bereits die Diagnose eines Aortenaneurysmas mit einem Durchmesser von 7,5 cm bekannt gewesen, so wäre eine sofortige Operation zwingend erforderlich geworden. Insoweit stimmen die Sachverständigen Dr. B ... und Dr. H ... aus drücklich überein.

Es war zum Zeitpunkt des Unfalls nach den Regeln der ärztlichen Kunst auch nicht zu verantworten, den Versicherten überhaupt noch den Belastungen des allgemeinen Erwerbslebens auszusetzen (s. dazu BSG vom 04.12.1991). Dabei folgt der Senat der Beurteilung des Sachverständigen Dr. B ..., die angesichts der hohen Gefahr einer Spontanruptur des Aneurysmas mit zumeist tödlichem Ausgang über zeugt. Nach der von den Sachverständigen Dr. B ... und Dr. H ... referierten Fachliteratur besteht bei Aneurysmen mit einem Durchmesser von mehr als 6 cm die Gefahr der Ruptur innerhalb eines Dreijahreszeitraumes zwischen 24% und 59%, bei einem Durchmesser von 7 bis 10 cm wird sogar eine jährliche Rupturfrequenz von 45 % im Jahreszeitraum angegeben. Die entgegenstehende Meinung des Sachverständigen Dr. H ... ist demgegenüber nicht plausibel, weil ihr eine widersprüchliche Argumentation zugrunde liegt. Einerseits führt er aus, bereits beim Fernsehen hätte es zu einer Ruptur der Bauchaorta kommen können. Andererseits will er aber dem Kläger noch Erwerbstätigkeiten mit höheren körperlichen und ggf. auch psychischen Belastungen zumuten.

Das von dem Sachverständigen Dr. H ...l gewählte Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass auch nach seiner Ansicht bereits alltägliche Verrichtungen von äußerst geringem Belastungsgrad geeignet waren, zu einer Ruptur der Bauchaorte zu führen. Darüber hinaus ist auch die zweite Alternative des aufgezeigten Prüfungskriteriums erfüllt. Die Medizinalstatistik zeigt, dass es in einer erheblichen Zahl von Fällen zu Spontanrupturen ohne jede äußere Einwirkung kommt.

Unter dem Gesichtspunkt der Lebensverkürzung um ein Jahr kann dem Treppensturz ebenfalls keine rechtlich wesentlich ursächliche Bedeutung beigemessen werden. Auf Grund der vorliegenden Befunde lässt sich nicht zumindest mit Wahrscheinlichkeit absehen, zu welchem Zeitpunkt die vorbestehenden unfallunabhängigen Erkrankungen zum Tod geführt hätten (vgl. BSGE 62, 220, 223 ff.; Urteile des BSG vom 04.12.1991 und vom 02.02.1999). Wäre die Erkrankung des Versicherten nicht entdeckt worden, so hätte er noch eine Erlebenserwartung mit einer Schwankungsbreite von einem Monat bis neunzig Monaten gehabt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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