L 17 U 77/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 118/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 77/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28. Januar 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) sowie von Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.

Der 1959 geborene Kläger erlernte von 1976 bis 1978 bei der ... West AG in M ... den Beruf eines Einzelhandelskaufmanns. Von April 1980 bis Mai 1985 war er als solcher bei der R ... West in K ... beschäftigt. Von Juni 1985 bis Ende 1995 war er bei der Firma K ... K.-Geschäft AG in V ... zunächst bis 1990 als sog. Springer in diversen Filialen im Raum M ... in der Funktion eines Filialleiters bzw. stellvertretenden Filialleiters eingesetzt. Von Juni 1990 bis Oktober 1995 leitete er die Filiale in M ..., ...straße. Nach der Arbeitgeberauskunft vom 08.07.1996 mußte der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit Büroarbeiten verrichten, Kassenkontrollen durchführen, Telefonate führen und die Arbeit auf Mitarbeiter delegieren. Außerdem oblag ihm die Warenannahme und das Einsortieren von Waren und Kartons.

Im März 1996 beantragte er die Anerkennung seines Bandscheibenschadens als BK. Er gab an, seit 1993 unter Bandscheibenbeschwerden im Lendenwirbelsäulen(LWS)-Bereich zu leiden, die Anfang 1994 eine Bandscheibenoperation erforderlich gemacht hätten. Diese Beschwerden seien durch ständiges Heben und Tragen von Lasten und häufige Arbeiten in gebückter Haltung verursacht worden. Zu seiner beruflichen Tätigkeit gab er an, daß er während der Lehrzeit täglich etwa dreimal Lasten von 20 bis 25 kg und fünfmal solche darüber getragen habe. Während seiner Tätigkeit bei der Firma R ... seien durchschnittlich pro Tag fünf Hebe- und Tragevorgänge mit Lasten von 20 bis 25 kg und zehnmal solche darüber angefallen. Zuletzt habe er bei der Firma K ... K.-Geschäft etwa 50 Hebe- und Tragevorgänge mit Gewichten von über 25 kg absolviert.

Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen die Erkrankungsverzeichnisse der Kaufmännischen Krankenkasse und der Landeskrankenhilfe - Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit -, einen Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. R ... vom 07.10.1996 sowie Entlassungsberichte von Dr. M ..., Rehabilitationsklinik S ... in A ... vom 27.07.1994 und von Oberarzt Dr. D ..., R. Orthopädische Landesklinik in V ... vom 25.10.1995 bei. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, daß beim Kläger am 28.02.1994 wegen eines großen Bandscheibenvorfalls im Bereich L5/S1 eine Nukleotomie vorgenommen worden war. 1995 wurde in diesem Bereich ein medio-lateral gelegener Rezidivvorfall mit Tangierung der intraspinalen S1-Wurzel links diagnostiziert, eine Operationsindikation indes verneint. Der behandelnde Orthopäde Dr. R ... berichtete außerdem über eine seit 1991 erfolgte Behandlung wegen Beckentiefstand rechts mit diskreter Rechtsausbiegung und angedeuteter Wirbelsäulenskoliose.

Anfragen der Beklagten bei der Firma ... West und der R ... AG zu Hebe- und Tragebelastungen des Klägers konnten nicht beantwortet werden, weil dort Unterlagen nicht mehr vorhanden waren. Von der K. K ...-Geschäft AG wurde die o.a. Auskunft vom 08.07.1996 eingeholt. In seinem Ermittlungsbericht vom 29.11.1996 kam der Technische Aufsichtsbeamte (TAB) der Beklagten, Dipl.-Ing. G ..., zu dem Ergebnis, daß der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit manuelle Hebe- und Tragearbeiten durchgeführt habe, wobei die Gegenstände in der Regel ein Gewicht von weniger als 25 kg hatten. Die maximale Belastungsdauer der einzelnen Hebe- und Tragevorgänge lag durchschnittlich unter 12 Sekunden, die mit Lasten zurückgelegten Wege betrugen regelmäßig weniger als 3 m. Die Belastungsdauer für Hebe- und Tragevorgänge einschließlich Transportwege lag in der Summe für alle Tätigkeiten, die in der Filiale des Klägers für alle dort vorhandenen 10 Mitarbeiter anfielen, insgesamt bei täglich maximal 64 Minuten für Lasten zwischen 10 und 25 kg. Für den Kläger ergab sich eine maximale Belastungsdauer von 13 Minuten arbeitstäglich für das Heben und Tragen von Lasten zwischen 10 und mehr als 25 kg bei durchschnittlich 83 Hüben pro Arbeitsschicht. Dr. B ... kam abschließend in seiner arbeitstechnischen Stellungnahme vom 06.12.1996 zu dem Schluß, nach den Ermittlungen lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK nach Nr. 2108 nicht vor.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Landesanstalt für Arbeitsschutz Nordrhein-Westfalen vom 08.01.1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.02.1997 die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen einer Wirbelsäulenerkrankung als BK ebenso ab wie die Gewährung vorbeugender Maßnahmen nach § 3 BKV. Sie begründete dies damit, daß die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung der streitigen BK nicht gegeben seien. Deshalb könnten auch keine Leistungen nach § 3 BKV beansprucht werden. - Den dagegen am 19.02.1997 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte am 08.04.1997 als unbegründet zurück.

Am 12.05.1997 (Montag) hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, seine Rückenerkrankung sei beruflich verursacht. Nach der durchgeführten Bandscheibenoperation habe sich sein körperlicher Zustand noch verschlechtert. Zur Sachaufklärung sei ein arbeitstechnisches und arbeitsmedizinisches Gutachten erforderlich.

Mit Urteil vom 28.01.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 25.02.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.03.1999 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, dem Wortlaut der streitigen BK sei nicht zu entnehmen, daß eine Mindestdauer der Hebe- und Tragebelastung sowie eine bestimmte Größenordnung der Lastgewichte zu fordern sei. Es werde bestritten, daß bei einer Rechtsverordnung die Sachverständigenkommission die BKV derart aushöhlen dürfe, wie dies bei dieser BK geschehen sei. Der Sachverhalt sei durch ein arbeitstechnisches und ein arbeitsmedizinisches Gutachten weiter aufzuklären.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.01.1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.02.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.04.1997 zu verurteilen, ihm wegen einer BK nach Nr. 2108 Verletztenrente sowie Übergangsleistungen nach § 3 BKV zu gewähren,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Die Verwaltungsakte lag vor und war Gegenstand der Beratung.

II.

Die Berufsrichter sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, daß eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich und die Berufung offensichtlich unbegründet ist. Sie haben sie daher - nachdem die Beteiligten unter dem 16.04.1999 auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden sind - durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Übergangsleistungen nach § 3 BKV noch auf die Gewährung von Verletztenrente, denn die im Bereich der LWS bestehenden krankhaften Veränderungen stellen keine BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar.

Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da er Verletztenrente auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zum 01.01.1997 begehrt (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], § 212 SGB VII). Nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch eine BK. BK en sind nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Mit der am 01.01.1993 in Kraft getretenen 2. Verordnung zur Änderung der BKVO (jetzt: BKV) vom 18.12.1992 (2. ÄndVO) ist die Liste der BK en um die Nrn. 2108 bis 2109 erweitert worden. Damit ist der Weg eröffnet, bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS und der HWS als BK en anzuerkennen.

Die hier allein streitige BK 2108 erfaßt bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus (vgl. zum folgenden: Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - Stand 6/96 § 551 RVO Rdn. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung - Kommentar - E § 9 SGB VII Rdn. 14), daß zum einen in der Person des Versicherten die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, d.h., daß der Betreffende im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen i.S.d. BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muß ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; § 551 Nr. 1; Mehrtens/Perlebach, a.a.O. Rdn. 26). Bezüglich der hier streitigen BK müssen also i.S.d. Vollbeweises eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS (Gesundheitsschaden) und die arbeitstechnischen Voraussetzungen "langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung" (=haftungsbegründende Kausalität) nachgewiesen sein, und dieser Gesundheitsschaden muß i.S.d. unfallrechtlichen Kausalitätslehre (vgl. BSG SozR 2200 § 551 Nr. 1; SozR 3-2200 § 548 Nrn. 4, 11, 14; Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, a.a.O. § 548 RVO Rdn. 3 und Rdn. 3.4; Mehrtens/Perlebach, a.a.O. Rdn. 17 ff.) wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückzuführen sein (haftungsausfüllende Kausalität).

Die Regelung der BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV ist auslegungsbedürftig, weil zahlreiche Zweifelsfragen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anerkennung dieser BK bestehen und der Verordnungsgeber sich abstrakter und unbestimmter Begriffe bedient hat, um - so das BSG - die Berücksichtigung neuer medizinischer Erkenntnisse zu ermöglichen (BSG SozR 3-5680 Art. 2 Nr. 1; vgl. auch BSG Urteil vom 18.12.1997 - 2 RU 84/94 - = SGb 1999, 39 ff. sowie zuletzt - die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bejahend -: BSG Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R -). Zum einen ist nämlich weitgehend ungeklärt, was z.B. unter "langjährigem Heben und Tragen schwerer Lasten" zu verstehen ist, zum anderen fehlen auch gesicherte Erkenntnisse darüber, ab wenn denn nun derartige Belastungen bandscheibenbedingte Erkrankungen im Bereich der LWS verursachen können, zumal sich das Schadensbild auch ohne körperliche Belastung schicksalhaft entwickeln kann und derartige Erkrankungen in der Bevölkerung allgemein weit verbreitet sind (vgl. z.B. Ludolph/Spohr/Echtermeyer, BG 1994, 349, 352; Plagemann/Hontschik, Medizinische Begutachtung im Sozialrecht, 3. Aufl. S. 180).

Von diesen Voraussetzungen ausgehend hat das SG zu Recht festgestellt, daß nicht wahrscheinlich zu machen ist, daß beim Kläger eine BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV vorliegt, weil insofern schon die haftungsbegründende Kausalität nicht gegeben ist. Das zur BK Nr. 2108 vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebene Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (abgedruckt bei Mehrtens/Perlebach, a.a.O. M 2108 S. 1 ff.), das zwar keine verbindliche, im Range der Verordnung stehende Erläuterung darstellt, aber Hinweise für die Beurteilung von möglichen Zusammenhängen aus arbeitsmedizinischer Sicht gibt und eine arbeitstechnische und medizinische Konkretisierung der BK beinhaltet (vgl. BSG Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R -), weshalb es als wertvolles Hilfsmittel für das Erkennen einer BK anzusehen ist (Urteil des erkennenden Senats vom 11.11.1998 - L 17 U 141/96 -), führt in seinem Abschnitt IV Anhaltspunkte für den Begriff "schwere Lasten" auf. Die - aus präventiv-medizinischen Gründen festgelegten - Lastgewichte betragen bei Männern im Alter zwischen 18 und 39 Jahren 25 und ab dem Alter von 40 Jahren 20 kg. Diese Lastgewichte müssen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten gehoben und getragen werden, um als Ursache von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS in Frage kommen zu können. "Langjährig" bedeutet danach, daß regelmäßig zehn Berufsjahre als untere Grenze der Dauer der belastenden Tätigkeit zu fordern sind. Unter "Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung" sind nach dem Merkblatt nur Arbeiten in Arbeitsräumen mit einer Höhe von weniger als 100 cm oder solche Arbeiten zu verstehen, bei denen der Oberkörper aus der aufrechten Haltung um mehr als 90° gebeugt wird.

Daß der Kläger derartigen Belastungen im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann von 1976 bis 1995 ausgesetzt war, hat die Beklagte aufgrund der im Verwaltungsverfahren durchgeführten arbeitstechnischen Feststellungen zu Recht verneint.

Wenn insoweit für die Lehrzeit und für die ersten Berufsjahre bei der ... West AG bzw. bei der R ... West Feststellungen hinsichtlich der Hebe-, Trage- und Bückbelastungen mangels vorhandener Personalunterlagen nicht getroffen werden konnten, so ergibt sich aber aus den eigenen Angaben des Klägers, daß Lastgewichte über den vorgenannten Grenzwerten allenfalls gelegentlich und vereinzelt, nicht aber in dem erforderlichen zeitlichen Umfang regelmäßig während der Arbeitsschicht getragen wurden. Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung fielen insoweit gar nicht an.

Hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als stellvertretender Filialleiter bzw. Filialleiter bei der Firma K ... K.-Geschäft AG ist durch den ausführlichen Bericht des TAB Dipl.-Ing. G ... vom 29.11.1996, der sich insoweit auf eine Analyse der Hebe- und Tragevorgänge in der vom Kläger zuletzt geleiteten Filiale sowie eine Befragung der jetzigen Filialleiterin gründet, nachgewiesen, daß Hebe- und Tragebelastungen über 25 kg nur ganz vereinzelt anfielen und dies auch für Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung galt. Daß damit die arbeitstechnischen Voraussetzungen der streitigen BK nicht gegeben sind, weil es insofern an der notwendigen Häufigkeit des Tragens und Bewegens "schwerer Lasten" und an dem Merkmal der Regelmäßigkeit fehlt, hat dementsprechend zu Recht die Beklagte auch auf der Grundlage der Stellungnahme des Dr. B ... vom 06.12.1996 dargelegt. Dies entspricht auch den Erkenntnissen, die der Senat in vergleichbaren Verfahren von Verkäufern bzw. Verkäuferinnen im Lebensmittel einzelhandel gewonnen hat (Beschluss vom 04.12.1996 - L 17 U 145/96 -; Urteil vom 09.06.1999 - L 17 U 27/99 -). Daß die Tätigkeit als Verkäufer bzw. Verkäuferin oder Filialleiter/Filialleiterin im Lebensmitteleinzelhandel nach arbeitsmedizinischer Erkenntnis normalerweise keine Belastungen beinhaltet, wie sie für die BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV erforderlich sind, zeigt auch ein Vergleich mit den Berufsgruppen, bei denen vom Vorliegen entsprechender Belastungen auszugehen ist (vgl. die Beispiele bei Mehrtens/Perlebach, a.a.O. M 2108 Rdn. 2.3). Es sind dies z.B. Arbeiten im untertägigen Bergbau bei regelmäßigem Transport schwerer Gegenstände, Arbeiten im Baugewerbe (z.B. Maurertätigkeit), Arbeiten in der Metallherstellung (Gießerei, Senkschmiede, Gußputzbetriebe), Arbeiten im Werftbetrieb, beim Transport oder Verarbeitung schwerer Werkstücke oder Geräte in beengten räumlichen Verhältnissen, Schlosserarbeiten oder Tätigkeiten im Kraftfahrzeughandwerk bei eigenhändigem Umgang mit schweren Werkstücken (Getrieben, Motoren, Achsen), Arbeiten im Lagerei- und Transportgewerbe z.B. beim Ladearbeiter am Flughafen oder im Hafenumschlag, Transportfahrer bei regelmäßiger Durchführung von Be- und Entladearbeiten, Möbelträger, Kohle- und andere Lastenträger, Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft, im Fischereibetrieb, im Garten- und Landschaftsbau sowie im Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege beim regelmäßigen Heben, Umlegen und Mobilisieren von Patienten oder pflegebedürftigen Personen.

Nach alledem ist somit schon nicht nachgewiesen, daß der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit Belastungen ausgesetzt gewesen ist, wie sie für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch berufliche Tätigkeit aus arbeitstechnischer und arbeitsmedizinischer Sicht gefordert werden. Sein diesbezügliches - unsubstantiiertes - Klage- und Berufungsvorbringen macht weitere Ermittlungen weder in arbeitstechnischer noch in medizinischer Hinsicht erforderlich. Die Beklagte hat daher zu Recht die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt, weil es schon an der haftungsbegründenden Kausalität mangelt.

Auch die Gewährung von Maßnahmen nach § 3 BKV, insbesondere von Übergangsleistungen nach Abs. 2, ist zutreffend abgelehnt worden, weil mangels entsprechender beruflicher Belastungen beim Kläger nicht die Gefahr bestand, daß die streitige BK entstehen konnte. Abgesehen davon, daß es hier schon an der generellen Gefahr mangelte, ist nach der Rechtsprechung erforderlich, daß der Betreffende durch seine Arbeit besonderen schädigenden Einwirkungen ausgesetzt ist und deswegen unter einer in zeitlich zunehmendem Maße anwachsenden, konkreten, individuellen Gefahr steht, an einer BK zu erkranken (vgl. BSG Urteil vom 16.03.1995 - 2 RU 18/94 - = HV-Info 1995, 1505; Mehrtens/Perlebach, a.a.O. G § 3 BKVO Rdn. 2.5). Daran fehlt es vorliegend erst recht.

Da somit der angefochtene Verwaltungsakt der Sach- und Rechtslage entspricht, mußten Klage und Berufung erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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