L 17 U 76/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 23 (21) U 225/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 76/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 42/00 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.01.1999 geändert; die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.

Die Klägerin ist die Witwe des 1942 geborenen und zwischen dem 16. und dem 17.02.1996 verstorbenen Versicherten L ... B ... (B.), der als Cheffahrer bei der Firma ... Zwieback-Schokoladen GmbH & CoKG in ... beschäftigt war.

Der Verstorbene, der am Freitag, den 16.02.1996, in der Firma zuletzt lebend gesehen worden war, wurde am Samstag, den 17.02.1996 gegen etwa 14.00 Uhr auf dem Betriebsgelände am Fuße einer in ein Kellergeschoß führenden Wendeltreppe tot aufgefunden; der Leichnam lag zwischen der Treppe und dem Treppenschacht auf dem Rücken. Auffällig am Fundort war, daß an einem Handtuchhalter, der sich an einer Wand oberhalb der Wendeltreppe neben einem Waschbecken befand, ein Handtuch abgerissen war. Ein Überrest eines Stoffhandtuches befand sich in der linken Hand des Verstorbenen. Rechts neben dem Kopf des Versicherten lag ein Messer mit mehrfach nachgeschliffener Klinge. Zudem befand sich eine große Blutlache unter der Leiche.

Bei dem Fundort handelte es sich um einen nicht benutzten Teil des Firmengeländes, der über einen Gang zwischen dem Garagentrakt und dem Isolierraum zu erreichen ist. In diesem Gang wurde Isoliermaterial gelagert. Am Ende des Ganges führt - hinter einer Tür - unmittelbar neben dem in einer Niesche angebrachten Waschbecken eine Wendeltreppe in die Kellerräume. Dort befinden sich - wie die erstinstanzliche Beweisaufnahme ergeben hat - seit Jahren unbenutzte und stark verschmutzte Sanitärräume sowie ein Zugang zu einem weiteren Raum, in dem die Heizungsrohre zusammenlaufen. Auch dort wurde Isoliermaterial gelagert.

Nach dem Ergebnis der Befragung von Angehörigen der Firma Brandt, u.a. der Pförtner P ... und K ..., der Sekretärin N ..., des Betriebsleiters B ... und der Klägerin stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar: Der Versicherte war nach Beendigung einer Dienstfahrt zu Hause vorbeigekommen. Er habe, so die Klägerin, beabsichtigt, den Firmenwagen, das Handy und den Piepser in der Firma abzugeben. Sie selbst habe um 16.10 Uhr das Haus verlassen, um zu einer Hochzeit zu gehen, zu der ihr Mann nicht habe nachkommen wollen, da er gerade eine neue Zimmerdecke in der Diele gelegt habe. Als sie die Wohnung verlassen habe, hätten sich noch der Schwiegersohn und ein Bekannter mit den Renovierungsarbeiten befaßt. Beide wollten später B. von der Firma abholen.

Der Pförtner K ... bestätigte bei seiner Vernehmung, daß B. am 16.02.1996 im Zeitraum von 15.00 bis 16.00 Uhr mit dem Firmenwagen auf das Gelände der Firma gefahren sei. Die Sekretärin Frau N ... gab bei ihrer Vernehmung am 17.02.1996 an, sie habe den Versicherten an dem betreffenden Tage kurz vor 16.00 Uhr vor dem Aufzug in der zweiten Etage getroffen. Sie habe dann für ihn Post weggebracht. Er habe seinen Arbeitskittel getragen und sei dann zu den gegenüberliegenden Garagen gegangen; sie habe ihn dann nicht mehr gesehen. Da B. noch mit ihr habe sprechen wollen, sei sie gegen 16.20 Uhr zu den Garagen gegangen und habe ihn aber weder dort noch in dem angrenzenden Isolierraum gefunden, wo er sich gelegentlich aufgehalten habe.

Der Hinweis der Klägerin am 17.02.1996, der Versicherte sei nicht nach Hause gekommen, führte zum Durchsuchen des Firmengeländes, bei dem der Verstorbene dann, wie beschrieben, aufgefunden wurde.

Die Kriminalpolizei bzw. Staatsanwaltschaft ermittelte zunächst wegen eines Tötungsdeliktes, da die zuerst am Unfallort eingetroffenen Polizeibeamten im Hinblick auf das neben B. liegende Messer und die Blutlache eine Gewalttat für möglich erachteten. Die durchgeführten Ermittlungen ergaben jedoch als Todesursache ein akutes Herz-Kreislaufversagen. Ein Fremdverschulden am Tod des Versicherten konnte ausgeschlossen werden.

Bei der am 18.02.1996 veranlaßten Obduktion unter Leitung von Dr. Z ..., Leitender Arzt am Institut für Rechtsmedizin der Stadt D ..., wurde zunächst keine eindeutige Todesursache gefunden. Laut Obduktionsbericht ließen sich die an der Leiche gefundenen äußeren Verletzungen durch einen Sturz über das Geländer der Wendeltreppe erklären, während sich weder Hinweise auf Gewalteinwirkungen durch Dritte noch durch Stichverletzungen fanden. Knöcherne Verletzungen des Schädels bestanden nicht. Es wurde ein akutes Herz- und Kreislaufversagen bei krankhafter Vorschädigung des Herzens mit Zeichen der chronischen Rechts- und Linksherzbelastung vermutet.

In dem von der Staatsanwaltschaft veranlaßten rechtsmedizinischen Gutachten wurde von Dr. Z ... am 21.09.1996 unter kritischer Wertung der vorgefundenen Spuren am Fundort und der Ergebnisse der Obduktion sowie der weiteren histologischen Untersuchung ein finaler Treppensturz angenommen, ausgelöst durch eine akute Herz- und Kreislaufregulationsstörung bei bestehender ischämischer Herzmuskelerkrankung, die letztlich in ein akutes Herzversagen i.S. eines plötzlichen Herztodes eingemündet sei. - Aufgrund dessen stellte die Staatsanwaltschaft H ... das Ermittlungsverfahren ein.

Die Beklagte veranlaßte eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. O ..., Pathologischen Institut in D ... vom 06.01.1996. Dieser führte aus, daß der Tod durch Kreislaufinsuffizienz mit dem Effekt eines akuten Herztodes auch durch eine schwere körperliche Anstrengung mit Überforderung der persönlichen Leistungsreserve mitbedingt sein könne, sich aber keine konkreten Hinweise über eine derartige Tätigkeit den Akten entnehmen ließen. Der Tod sei unmittelbar nach einer Nahrungsaufnahme aufgetreten, der Magen sei prall mit weitgehend unverdauten Nahrungsbestandteilen gefüllt gewesen. Es sei möglich, daß das gleiche Ereignis des Versicherten in Kontakt mit aufmerksamen Mitarbeitern oder gar bei Anwesenheit eines Arztes ggf. mit intensiv-medizinischen Maßnahmen überlebt worden wäre. Es könne daher nach dem vorliegenden Unterlagenmaterial nur der Schluß gezogen werden, daß der Tod aus endogener Ursache erfolgt sei, der Sturz mit Hautabschürfungen und blutenden Schädelplatzwunden sei nur als nebensächliches Folgegeschehen ohne wesentliche Mitbedeutung für die zum Tode führende Coronarinsuffizienz anzusehen.

Mit Bescheid vom 18.06.1997 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen mit der Begründung ab, der Tod des Versicherten sei nicht infolge eines Unfallereignisses oder einer schweren betrieblichen Tätigkeit eingetreten, sondern vielmehr auf eine anlagebedingte Erkrankung, nämlich einer Coronarinsuffizienz bei Coronarsklerose und Bluthochdruck, zurückzuführen, mithin bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Sturz und seinen Folgen und dem Eintritt des Todes.

Den von der Klägerin am 22.07.1997 hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.1997 als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 14.10.1997 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben. Sie hat im wesentlichen geltend gemacht, daß der Versicherte aufgrund eines Arbeitsunfalles gestorben sei. Sie könne der Aussage von Dr. Z ..., daß der Sturz aufgrund eines akuten Herzversagens eingetreten sei, nicht folgen, da weder der behandelnde Hausarzt Dr. R ... aus G ... noch im Rahmen eines im Oktober/ November 1995 durchgeführten Heilverfahrens Symptome für das Vorliegen einer coronaren Herzerkrankung und auch nicht für eine chronische Bronchitis festgestellt worden seien. Die Klägerin hat einen Bescheid des Versorgungsamtes D ... vom 25.01.1995, mit dem ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 bescheinigt wird, sowie einen Entlassungsbericht der Reha-Klinik A ... aus W ... vom 09.11.1995 zu den Akten gereicht. Ferner hat sie angegeben, daß ihrer Auffassung nach der Versicherte am Unfalltage die Kellerräume unter Umständen deshalb aufgesucht habe, um dort nach der Heizungsanlage zu sehen.

Die Beklagte hat demgegenüber an ihrer Auffassung festgehalten und auf den Inhalt ihrer Verwaltungsentscheidung verwiesen.

Das SG hat von dem Allgemeinmediziner Dr ... einen Befund- und Behandlungsbericht vom 14.04.1998 sowie eine Auskunft der Firma B ... vom 30.09.1998 zur Heizungsanlage und deren Steuerung einschließlich der Gebäudepläne eingeholt. Es hat ferner am 12.11.1998 eine Ortsbesichtigung vorgenommen, bei der die Zeugen G ... und H ..., verantwortlich für die Haustechnik der Firma B ..., vernommen worden sind. Bei ihrer Vernehmung haben die Zeugen angegeben, daß sich in Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Unfallereignis vorher oder nachher Probleme an der Heizungsanlage, wie beispielsweise Wasserverlust o.ä. nicht ergeben hätten. Wenn es eine Störung im Heizungssystem gebe, sei es, so der Zeuge H ..., seine Aufgabe, entweder Wasser aufzufüllen oder dem Fehler nachzugehen. Es sei ihm allerdings bekannt, daß B. öfter den Wasservorrat der Heizungsanlage aufgefüllt habe; er habe ihm gegenüber jedenfalls wiederholt davon berichtet. Beide Zeugen schlossen nicht aus, daß das Messer, welches seinerzeit neben dem Verstorbenen lag, ein Werkzeug war, das die Isolierer zum Zuschneiden der Stein- bzw. Glaswolle benutzt haben. Wegen des weiteren Ergebnisses der Ortsbesichtigung und der Zeugenvernehmung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.11.1998 verwiesen.

Mit Urteil vom 26.01.1999, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin aus Anlaß des Todes ihres Ehemannes Hinterbliebenenleistung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Gegen das ihr am 12.03.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.03.1999 Berufung eingelegt. Sie hält das angefochtene Urteil für unzutreffend, weil der Tod des Versicherten nicht infolge eines Versicherungsfalles eingetreten sei. Das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit müsse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen werden (Vollbeweis), was hier nicht der Fall sei. Das SG unterstelle lediglich an Hand gewisser Indizien, daß sich B. um die Heizungsanlage habe kümmern wollen. Eine versicherte Tätigkeit sei dadurch jedoch nicht nachgewiesen. Genauso gut sei möglich, daß B. sich aus eigenwirtschaftlichen Gründen am Unfallort aufgehalten habe. Zudem sei nicht erwiesen, ob der Tod des Versicherten vor oder nach dem vermuteten Treppensturz eingetreten sei. Dafür, daß der Tod nach dem Sturz eingetreten sei, trage die Klägerin die Beweislast. Schließlich stehe auch gar nicht fest, daß betriebliche Umstände den Zeitpunkt des Todes wesentlich mitbestimmt hätten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.01.1999 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

Ergänzend trägt sie vor, die vernommenen Zeugen H ... und G ... hätten bestätigt, daß zu Zeiten, zu denen die eigentlich hierfür zuständigen Personen dienstfrei hatten, der Versicherte häufiger die Heizungsanlage mit Wasser aufgefüllt habe, damit auch die Garagen beheizt waren. Im übrigen hätte der Versicherte bei rechtzeitigem Auffinden u.U. gerettet werden können. Der Versicherte sei jedenfalls nicht vor dem Sturz verstorben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung von Hinterbliebenenleistungen verurteilt, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin daher nicht i.S.d. § 54 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zutreffend die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus Anlaß des Todes des Ehemannes (Versicherter) der Klägerin abgelehnt, weil B. nicht an den Folgen eines Arbeitsunfalls verstorben ist.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da das streitige Ereignis vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zum 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG -, § 212 SGB VII).

Nach Maßgabe des § 589 Abs. 1 Nr. 3 RVO werden Hinterbliebenenrente und Sterbegeld gewährt sowie die Überführungskosten übernommen, wenn der Tod des Versicherten durch einen Arbeitsunfall i.S.d. § 548 RVO herbeigeführt worden ist. Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Nach der herkömmlichen Definition ist Unfall ein zeitlich begrenztes, auf den Körper wirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führt. Soweit daneben gefordert wird, das Ereignis müsse von "außen" auf den Menschen einwirken, soll damit lediglich ausgedrückt werden, daß ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis nicht als Unfall anzusehen ist (s. Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar -, § 548 RVO Rdn. 2.1, Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., S. 479 b). Bestand im Unfallzeitpunkt eine Krankheitsanlage des geschädigten Körperteils, muß abgegrenzt werden, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis durch andere alltäglich vorkommende Ereignisse hätte verursacht werden können oder ob der Krankheitsanlage eine solch überragende Bedeutung nicht beigemessen werden kann und daher dem Unfallgeschehen ein wesentlicher Ursachenbeitrag zuzuerkennen ist (BSGE 62, 220, 222; BSG Breithaupt 1968, 823, 824; Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, a.a.O. Rdn. 3.3 Stichwort "Gelegenheits-(Anlaß-)Ursache".

Für die Annahme eines "Arbeitsunfalles" ist ferner erforderlich, daß das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und daß diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (s. BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Es muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog. innerer Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn. 5, 9 und 17 sowie BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 22).

Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 22; Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens a.a.O. Rdn. 3.1). Im Rahmen dieser Wertung kommt der Handlungstendenz des Versicherten, dem Zweck seines Handelns maßgebliche Bedeutung zu (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 sowie SozR 3-2200 § 548 Nr. 19 und 22). Im Falle eines Beschäftigungsverhältnisses muß das den Unfall herbeiführende Verhalten dazu bestimmt sein, den Zwecken des Unternehmens zu dienen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 96; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 1 sowie SozR 3-2200 § 548 Nr. 22). Für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung über das Vorliegen des inneren Zusammenhangs ist grundsätzlich der volle Nachweis zu erbringen; d.h. es muß bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können, es muß also sicher feststehen, daß eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 58, 80 m.w.N.). In diesem Sinne als "bewiesen" anzusehen ist eine Tatsache dann, wenn sie in so hohem Grad wahrscheinlich ist, daß alle Umstände des Falles - nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung - geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 8, 59, 61; 48, 285; 58, 80, 83; vgl. auch Bereiter-Hahn/Schieke/ Mehrtens, a.a.O. Rdn. 3.4). Es besteht auch keine "Rechtsvermutung" des Inhalts, daß der mit tödlichen Verletzungen an der Betriebsstätte Aufgefundene einem Arbeitsunfall erlegen sei, und zwar selbst dann nicht, wenn eine Betriebseinrichtung als mitwirkende Todesursache in Betracht kommt (BSG SozR Nr. 28 zu § 548 RVO; s.a. BSGE 19, 52).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze läßt sich hier entgegen der Auffassung des SG nicht feststellen, daß der Tod des Versicherten durch einen Arbeitsunfall bzw. die Folgen eines Arbeitsunfalles herbeigeführt (verursacht) worden ist. Für diese vom erkennenden Senat vorgenommene Beurteilung sind im einzelnen folgende Gründe und Erwägungen anzuführen:

Fest steht zunächst nur, daß der Versicherte am 16.02.1996 die Unfallstelle betreten, ein Herzversagen erlitten hat und die Wendeltreppe herabgestürzt ist. Ob er die Unfallstelle betreten hat, um Wasser auf die Heizungsanlage zu füllen, ist möglich, aber zweifelhaft und keinesfalls erwiesen. Die Sekretärin Frau N ... hat den Versicherten zuletzt lebend gesehen. Dies war nach ihren Angaben ein erstes Mal um 16.00 Uhr und ein zweites Mal um 16.10 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt trug der Versicherte noch seinen grauen Arbeitskittel. Nachdem er Frau N ... verlassen hatte, ging er über den Hof zu den gegenüberliegenden Garagen. Um 16.20 Uhr suchte die Zeugin erfolglos den Versicherten sowohl im Garagenbereich als auch im danebengelegenen Isolierraum. In der Garage stellte sie fest, daß der Spind geöffnet war und der Arbeitskittel des B. über der Tür hing. Offensichtlich hatte sich der Versicherte nach dem Gespräch mit Frau N ... zu der Treppe am Ende des Ganges zwischen dem Garagenbereich und dem Isolierraum begeben. Nach den Angaben des Zeugen H ... endete üblicherweise die Dienstzeit des Versicherten freitags um 15.45 Uhr. Dies und auch das Ausziehen des Kittels können als Indiz dafür gewertet werden, daß B. sich nunmehr einer "eigenwirtschaftlichen" statt "betrieblichen" Tätigkeit widmen wollte. Insbesondere läßt sich nicht feststellen, daß der Versicherte im Unfallzeitpunkt tatsächlich nach der Heizung sehen wollte. Die Wartung der Heizungsanlage oblag den Zeugen H ... und G ... und nicht dem Versicherten. Dieser hatte zwar auch Zugang zu den Räumlichkeiten, von denen die Heizungsanlage gesteuert wird. Jedoch sind diese über den Kellergang am Fuße der Wendeltreppe nicht zu erreichen. Über ihn kann nur ein Raum erreicht werden, in dem die Heizungsrohre zusammenlaufen und wo Wasser aufgefüllt werden kann.

Zwar wird der Garagenteil mit beheizt, die Heizung fährt jedoch voll automatisch und bei Störungen im Heizsystem führt dies zunächst zu einem Temperaturrückgang in den Obergeschossen. Für die Beseitigung derartiger Störungen waren die vorgenannten Zeugen zuständig; ihnen oblag auch das Auffüllen der Anlage mit Wasser. Die normale Arbeitszeit des Zeugen H ... endete an dem Unfalltage - wie immer freitags - um 15.45 Uhr. Der Versicherte hätte somit ggf. den Zeugen H ... noch am Unfalltage, spätestens aber am darauffolgenden Montag erreichen können. Der Zeuge G ... hat vor dem SG bekundet, daß es ein Problem mit der Heizungsanlage, wie beispielsweise Wasserverlust an oder nach dem Unfalltage, nicht gegeben habe; eine solche Störung wird auch in den polizeilichen Ermittlungsberichten nicht erwähnt. Ein Aufsuchen der Kellerräume dieses kaum genutzten Gebäudetraktes durch B. aus dienstlichen Gründen, wird gar nicht erörtert. Die Notwendigkeit, eine sofortige Wartung der Heizungsanlage einzuleiten, bestand mithin nicht. Der Versicherte führte auch kein Werkzeug bei sich, das bei Wartungsarbeiten hätte benutzt werden können. Im übrigen hatte B. wohl auch nicht vor, sich am Unfalltage noch länger im Betrieb aufzuhalten, da er nach den Angaben der Klägerin bei den Renovierungsarbeiten in seiner Wohnung beim Einziehen einer Zwischendecke mitarbeiten wollte und deshalb von dem Schwiegersohn von seiner Arbeitsstelle abgeholt werden sollte.

Daß B. den Kellerbereich aufsuchen wollte, um die dort befindlichen Sanitärräume zu benutzen, scheidet ebenfalls aus. Die Toilettenanlage wurde nach den Angaben der Zeugen H ... und G ... sowie den Feststellungen des SG seit Jahren nicht mehr benutzt und waren in einem verwahrlosten Zustand. Vom Versicherten wurde nach den Bekundungen der Zeugen üblicherweise die gegenüber auf dem Hof befindlichen Toiletten benutzt.

Mit dem SG ist auch der erkennende Senat der Ansicht, daß gleichfalls unwahrscheinlich ist, daß sich B. in den Teil des Gebäudetraktes zwischen Garagen- und Pförtnerbereich begeben hat, um sich am Waschbecken gegenüber der Wendeltreppe die Hände zu waschen. Auch dieses Waschbecken war nach den polizeilichen Feststellungen stark verschmutzt und wies keine neueren Gebrauchsspuren auf. Zudem gibt es nach der erst instanzlichen Beweisaufnahme im linken Teil des Garagenbereiches eine Ecke, in der sich neben dem Spind, in dem B. seine persönlichen Sachen hatte, ein Waschbecken mit kaltem und warmem Wasser, ein Spiegel, ein Seifen- sowie ein Handtuchspender befinden. Dort hielt sich B. nach Angaben der Zeugen G ... und H ... auch sonst auf. Von daher bestand erst recht keine Notwendigkeit, den Garagenbereich zur Körperreinigung zu verlassen.

Denkbar und zumindest genauso gut möglich wie das Auffüllen von Wasser auf die Heizungsanlage und damit die Ausübung einer versicherten Tätigkeit ist nach Auffassung des Senats, daß B. sich nach Dienstschluß noch altes Isoliermaterial aus den Kellerräumen für die begonnenen Renovierungsarbeiten in seiner Wohnung holen wollte, er also eigenwirtschaftlich tätig war. Es fanden sich im Kellerbereich im Abgang auf der rechten Seite Säcke mit gebrauchter Glaswolle. Dies würde auch das Vorhandensein des Messers, das neben dem Versicherten gefunden wurde, erklären. Die Zeugen H ... und G ... schlossen bei ihrer Vernehmung nicht aus, daß das Messer, welches neben dem verstorbenen Versicherten lag, ein Werkzeug war, das die Isolierer zum Zuschneiden der Stein- bzw. Glaswolle benutzten. Im Tatortfundbericht vom 17.02.1996 wird darauf hingewiesen, daß sich in dem Isolierraum ein selbstgemachter Messerblock mit alukaschiertem Schaumstoff befand. Es wäre daher gut möglich, daß der Versicherte sich in diesem Raum zunächst das Messer geholt hatte, um sich sodann in den Kellerraum zu begeben. Ein innerer Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bestünde dann nicht. Dieses nach den Gesamtumständen nicht fernliegende Motiv für das Aufsuchen dieses wenig benutzten Betriebsbereiches durch B. hat das SG überhaupt nicht erörtert.

Es kann allerdings nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, daß der Versicherte tatsächlich Heizungswasser auffüllen wollte. Hierbei handelt es sich jedoch um nicht mehr als um eine Möglichkeit. Denn dafür, daß bei dem Versicherten diese Absicht tatsächlich bestand und seine Handlungstendenz darauf ausgerichtet war, den Zwecken des Unternehmens zu dienen, fehlt es an einem konkreten, objektiven Anhalt bzw. Anknüpfungspunkt.

Nach Würdigung aller aus dem Ermittlungsergebnis resultierenden Umstände läßt sich daher nicht feststellen, daß B. zur Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit den Bereich der Wendeltreppe aufgesucht hat. Damit fehlt es aber schon am Nachweis der haftungsbegründenden (Unfall-)Kausalität.

Schließlich rechtfertigt sich eine andere Entscheidung auch nicht dadurch, daß der Unfall möglicherweise durch betriebliche Einflüsse mitverursacht worden ist, weil die Unfallstelle bzw. die Treppe nicht genügend abgesichert oder in einem bauordnungswidrigen Zustand war. Zum einen gibt es hierfür keine Anhaltspunkte, zum anderen würde dies nicht genügen, um sie als gefahrbringende betriebliche Einrichtungen anzusehen und als eine wesentliche Bedingung für das Zustandekommen des Unfalles zu werten (BSG Urteil vom 05.02.1980 - 2 RU 75/79- , m.w.N.). Denn in der allgemeinen gesetzlichen Unfallversicherung ist grundsätzlich kein Raum für die Annahme eines sog. "Betriebsbannes", nachdem der Versicherungsschutz im Fall einer besonderen, einem Betrieb eigentümerlichen Gefahr auch auf Tätigkeiten erstreckt wird, die sonst dem privaten Lebensbereich zugerechnet werden (BSG a.a.O.). Entscheidend ist, daß der Versicherte sich, ohne, daß dafür nachweisbar betriebliche Gründe festgestellt werden konnten, in den Bereich der Treppe und damit in den "Gefahrenbereich" dieser betrieblichen Einrichtung begeben hat (s.a. BSG vom 30.06.1999 - B 2 U 28/98 R -). Maßgebend ist danach für den Versicherungsschutz nicht, ob betriebliche Gefahren beim Unfall mitgewirkt haben, sondern ob der Unfall bei der versicherten Tätigkeit, also während einer Verrichtung, geschah, die im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Dies ist, wie dargelegt, hier nicht erwiesen.

Da bereits aufgrund der vorstehend beschriebenen Sach-, Beweis- und Rechtslage die für die Annahme eines Arbeitsunfalles erforderlichen Voraussetzungen nicht als erfüllt angesehen werden können, brauchte der Senat an sich nicht mehr näher auf die Ausführungen im rechtsmedizinischen Gutachten des Dr. Z ... und die Darlegungen des Pathologen Dr. O ... und damit der Frage der haftungsausfüllenden (Schadens-)Kausalität einzugehen. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, daß beide Gutachter, deren Ausführungen urkundsbeweislich zu verwerten waren, von einem Tod aus innerer Ursache, nämlich einer akuten Herz- und Kreislaufregulationsstörung bei bestehender ischämischer Herzmuskelerkrankung ausgegangen sind, die zu dem finalen Treppensturz führte. Daß eine schwere Herzschädigung bei B. bestand, kann nach dem Ergebnis der Obduktion nicht zweifelhaft sein, auch wenn dies dem Versicherten bzw. dem behandelnden Arzt nicht bekannt war. Dr. Z ... hat einen deutlich vergrößerten Herzmuskel mit Zeichen einer chronischen Belastung des rechten und linken Herzens bei generalisierten Veränderungen der Herzkranzgefäße diagnostiziert. Die Kranzschlagaderäste zeigten deutliche, teilweise höchstgradige arteriosklerotische Wandeinlagerungen mit Lichtungseinengungen auf Restlumina von 10 bis 20 %. An dem Gefäßprozeß waren auch die Arteriolen beteiligt. Als Zeichen der chronischen Durchblutungsstörung des hypertrophierten Herzmuskels waren Fibrosebezirke - insbesondere in der linken Kammerhinterwand und an den Stellmuskeln - vorhanden. Dieses Bild mit dem mittelgradig bis in die Peripherie stark stenosierten Herzkranzgefäßen, der Hypertrophie mit Dilation der Herzkammern und der diffusen Vernarbung ist - wie der Gutachter einleuchtend dargelegt hat - charakteristisches Substrat der sog. ischämischen Kardiomyopathie, bei der - neben dem Herzmuskelinfarkt und der Angina pectoris - der plötzliche Herztod als dramatischste Verlaufsform bekannt ist. Bei letzterem ist - ohne sicheren Nachweis akuter Herzmuskelschädigung - die Zeit zur morphologischen Manifestation einer akuten kardialen Ischämie (Durchblutungsstörung) in Form eines Infarktes zu kurz, so daß - wie hier - der Tod als Folge einer elektrischen Instabilität des Herzens (Rhythmusstörung) eintritt.

Daß bei einer derartigen Befundkonstellation ein akut tödliches Ereignis jederzeit möglich ist, hat auch Prof. Dr. O ... dargelegt. Da zudem keine Hinweise auf beruflich bedingte akute physische oder psychische Überbelastungen des B. vorhanden sind (vgl. dazu und zum Herztod als Unfallfolge: Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit 6. Aufl. S. 811 ff, 814), die äußeren Verletzungszeichen als Folge des Sturzes nach Auffassung von Dr. Z ... und Prof. Dr. O ... unwesentlich waren und nicht als wesentliche Teilursache des Todes im Vergleich zu der vorbestehenden schweren Herzleiden anzusehen sind, ist davon auszugehen, daß der Versicherte aus innerer Ursache verstorben ist.

Soweit das SG zur Begründung seiner gegenteiligen Bewertung auf Bl. 11 des Gutachtens von Dr. Z ... verwiesen hat, ist dessen (beiläufige) Anmerkung, "das eingetretene Herzversagen (könne) durch die eingeengte Lage des Verstorbenen im Schacht am Fuß der Wendeltreppe noch begünstigt worden sein" eine Mutmaßung. Sie setzt zum einen voraus, daß der Tod nicht schon vor dem Sturz eingetreten ist und läßt - wie aus den übrigen Darlegungen dieses Gutachters und insbesondere denen von Prof. Dr. O ...folgt - zum anderen gerade nicht den Schluß zu, daß medizinischerseits der Nachweis des Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis bzw. dabei mitwirkenden betrieblichen Umständen und dem Tod des B. gegeben ist. Dieser muß i.S.d. unfallrechtlichen Kausalitätslehre zumindest wahrscheinlich gemacht sein, was erst dann der Fall ist, wenn - wie oben näher dargelegt - die auf die unfallbedingte Verursachung deutenden Faktoren so stark überwiegen, daß darauf eine Entscheidung gestützt werden kann. Eine medizinische Möglichkeit verdichtet sich danach dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach geltender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG Breithaupt 1963, 60, 61; BSG SozR 2200 § 551 Nr. 1, Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, a.a.O. § 548 RVO Rdn. 3.4). Zur Annahme einer Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne kommt aber auch Dr. Z ... nicht.

Entgegen der Auffassung des SG ist daher nicht erwiesen, daß besondere betriebliche Verhältnisse hier am Eintritt des Todes des B. wesentlichen Anteil hatten.

Lassen sich aber trotz Ausschöpfung aller erkennbaren Beweismöglichkeiten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen - wie im vorliegenden Fall - nicht feststellen, so geht dies nach dem auch im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz der objektiven Feststellungs- und Beweislast zu Lasten desjenigen, der aus bestimmten Tatsachen ihm günstige Rechtsfolgen herleiten will, hier also zu Lasten der Klägerin (vgl. dazu z.B. BSGE 13, 52, 54; 58, 76, 79; BSG in Breithaupt 1992, 285).

Die Berufung konnte nach allem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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