Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 30 Ar 136/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 (13) AL 98/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 35/00 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1997 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.1995 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 04.02. bis 05.10.1995 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im übrigen werden die Berufung und die Anschlußberufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.10.1994 bis 05.10.1995 (51 Wochen) verlangen kann.
Der 1948 geborene Kläger beantragte am 12.10.1994 Arbeitslosenhilfe im Anschluß an seinen ab 14.10.1994 erschöpften Arbeitslosengeldanspruch. Diesem lag ein wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 1.470,-- DM zugrunde. Nach eigenen Angaben verfügten der Kläger sowie seine Ehefrau über folgendes Vermögen:
Kläger Ehefrau (geb. 1951)
gemeinsames der Alterssicherung dienendes, 1982 fertiggestelltes Haus
Bankguthaben 19.445,-- DM 136,-- DM
Bausparverträge 2.504,-- DM 2.504,-- DM
Kapitallebensversicherung (Rückkaufwert) 15.535,-- DM 1.849,-- DM
Wertpapiere 58.753,-- DM 55.000,-- DM
abzüglich Schulden - 46.946,-- DM - 46.946,-- DM
Der Kläger reichte darüber hinaus eine Kopie der Anlage V zur Einkommenssteuererklärung 1992 (Steuer-Nr. 338/954/1893 ein. Daraus ergibt sich u.a., daß er in dieser - das Haus in L., betreffende - Schuldzinsen in Höhe von 1.701,-- DM geltend machte.
Der Kläger gab seine Einnahmen und die seiner Ehefrau wie folgt an:
Kläger Ehefrau
Erträge aus Haus- und Grundbesitz 1.489,-- DM 1.489,-- DM
Kapitalerträge 5.863,-- DM 1.502,-- DM
Auf Anforderung durch die Beklagte übersandte der Kläger Kopien von Sparbüchern, einer Wertpapier-Ankaufabrechnung vom 27.07.1994 sowie eine Bescheinigung der Sparkasse L., wonach der Sollzinssatz eines KK-Kredites gegen Beleihung der Wertpapiere am 21.12.1994 12,25 % p.a. betrug.
Auf der Grundlage der angegebenen Vermögensverhältnisse lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.01.1995 den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Der Kläger sei aufgrund seiner Vermögensverhältnisse für einen Zeitraum von 32 Wochen und aufgrund der Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau für 19 Wochen nicht bedürftig. Dies ergebe sich bei einer Teilung der zu berücksichtigenden Vermögen durch das Bemessungsentgelt (1.470,-- DM).
Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch verwies der Kläger darauf, daß er kein Vermögen in der angenommenen Höhe habe.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.1995 mit der Begründung zurück: Dem Kläger sei es zumutbar, seine Wertpapiere mit insgesamt 37.000,-- DM zu beleihen. Unter Berücksichtigung seines Sparguthabens und des Freibetrages von 8.000,-- DM habe er ein Vermögen von 48.427,41 DM. Dieses sei durch das Bemessungsentgelt zu dividieren. Daraus ergebe sich, daß er für 32 Wochen nicht bedürftig sei. Desweiteren sei zumutbar, die Wertpapiere seiner Ehefrau ebenfalls in Höhe von insgesamt 37.000,-- DM zu beleihen. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von 8.000,-- DM verbleibe bei ihr eine verwertbare Summe in Höhe von 29.000,--- DM. Daraus errechne sich ein Zeitraum von 19 Wochen, in welchem dem Kläger keine Arbeitslosenhilfe zustehe. Er sei somit insgesamt 51 Wochen nicht bedürftig.
Der Kläger hat am 08.06.1995 vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben und ausgeführt: Er habe die Wertpapiere zu 100 % mit Fremdmitteln finanziert. Nach Abzug der Schulden habe er kein Vermögen. Zwar hätte er die Darlehn nicht ohne das Haus bekommen. Die Darlehen seien jedoch nicht für das Haus benutzt worden. Dies sei auch zeitlich nicht möglich gewesen. So sei der Hausbau im Jahre 1981 gewesen, während die Darlehn erst 1992 bis 1994 geflossen seien. Somit gebe es auch keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Hausbau und der Auszahlung der Darlehn. Da er die Darlehn in Wertpapiere angelegt habe, weil er sie zu diesem Zeitpunkt für das Haus nicht mehr gebraucht habe, müßten sie auch bei der Feststellung des Vermögens berücksichtigt werden. Seine Ehefrau und er hätten die Wertpapiere nach der Darlehensaufnahme gekauft, weil ihnen 1991 von der Bank vorgeschlagen worden sei, Bauspardarlehen (Schuldzinsen 4,5 %) sowie die ratenweise bis 1994 ausgezahlten, zinsfreien Kredite der Wohnungsbauförderungsanstalt (WfA) in Anspruch zu nehmen und dieses Geld wieder in Wertpapieren (Zinssatz 8 % bzw. 8,5 %) anzulegen. Die Ablehnung seiner Bedürftigkeit beruhe nur darauf, daß er in der Steuererklärung die Zinsaufwendungen für die Darlehn bei den Mieteinnahmen angegeben habe. Dies sei ein Fehler gewesen, den man ihm verzeihen möge. Einen Steuervorteil habe er dadurch aber nicht gehabt, weil er gar keine Steuern bezahlt habe. - Der Kläger hat Kopien der Wertpapierkaufabrechnungen eingereicht (Kläger: 8 % Österreich-Anleihe von 1992, Kurswert 38.517,-- DM, Wert 21.06.1994; Bundesschatzbriefe, 20.000,-- DM, 10.02.1992; Ehefrau: 8,5 % Kaufhof-Anleihe von 1992, Kurswert 37.012,50 DM, Wert 27.07.1994; Bundesschatzbriefe, 20.000,-- DM, 10.02.1992).
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.1995 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 14.10.1994 bis 05.10.1995 Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre bisher vertretene Auffassung aufrecht erhalten und zusätzlich ausgeführt: Die gewährten Kredite seien nicht im Zusammenhang mit dem Wertpapiervermögen zu sehen. So habe der Kläger im Zusatzfragebogen zum Antrag auf Arbeitslosenhilfe unter dem 17.11.1994 u.a. die Schuldzinsen als Kosten für den Hausbesitz angegeben. Folglich seien die Darlehen im Zusammenhang mit dem Immobilienvermögen und nicht mit den Wertpapieren zu sehen. Dafür spreche auch, daß die Darlehnsmittel über das Haus abgesichert worden seien.
Für die Zeit ab 06.10.1995 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von 368,22 DM wöchentlich bewilligt (Bescheid vom 25.12.1995; Bemessungsentgelt 1.040,-- DM nach fiktiver Einstufung gemäß §§ 136 Abs. 2, b, 112 Abs. 7 AFG).
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 22.10.1997 unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.1995 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 11.08.1995 bis 05.10.1995 Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Es hat die Auffassung vertreten: Der Kläger sei ab 14.10.1994 für insgesamt 43 Wochen nicht bedürftig. Vermögen sei nicht etwa der Überschuß der Aktiva über die Passiva, sondern vielmehr jeder Vermögensgegenstand, durch dessen Verwertung die Bedürftigkeit ganz oder teilweise beseitigt werden könne. Entgegen der Berechnung der Beklag- ten sei die Bedürftigkeit aufgrund des Vermögens des Klägers nur für 24 Wochen (und nicht für 32 Wochen) zu verneinen. Der Unterschied im Vergleich zur Berechnung der Beklagten resultiere dar- aus, daß die Beklagte die Beleihungssumme bezüglich der Wertpapiere zu hoch angesetzt habe. Bei ihrer Berechnung habe sie nämlich außer acht gelassen, daß der Kläger den Darlehnsanteil der Bauspardarlehn mit 4,5 % zu verzinsen habe. Die zu zahlenden Zinsen in Höhe von 1.571,93 DM seien von seinen Zinserträgen in Höhe von 2.988,07 DM abzuziehen. Bei einem Beleihungszins von 12,25 % sei es dem Kläger zumutbar, seine Wertpapiere mit insgesamt 24.392,40 DM (anstelle von 37.000,-- DM) zu beleihen. Die Differenz zwischen dem richtigen Beleihungsbetrag und dem von der Beklagten errechneten sei mache 12.607,60 DM aus. Subtrahiere man diese Zahl von dem angenommenen Vermögen des Klägers, so verbleibe ein Betrag von 35.819,81 DM. Eine Division dieses Betrages durch das Bemessungsentgelt von 1.470,-- DM ergebe, daß der Kläger für 24 Wochen aufgrund der Berücksichtigung seines Vermögens nicht bedürftig sei. Das Vermögen der Ehefrau sei dagegen von der Beklagten zutreffend berechnet worden. Daher verbleibe es bei einem Zeitraum von 19 Wochen, in welchem dem Kläger unter Berücksichtigung des Vermögens der Ehefrau wegen fehlender Bedürftigkeit keine Arbeitslosenhilfe zustehe. Nach Ablauf des Zeitraumes von 43 Wochen habe der Kläger jedoch vom 11.08. bis 05.10.1995 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, da für diesen Zeitraum auch die übrigen Voraussetzungen für diese Leistung gegeben seien.
Der Kläger hat gegen das ihm am 06.11.1997 zugestellte Urteil am 28.11.1997 Berufung eingelegt und vorgebracht: Im angefochtenen Urteil seien die tatsächlichen Vermögensverhältnisse unberücksichtigt gelassen worden. Die Wertpapiere seien unmittelbar aus Darlehnsbeträgen gekauft worden. Sie seien also schon "beliehen". Es müsse eine Saldierung vorgenommen werden. Der Grund für die Darlehnsaufnahmen und die Wertpapierkäufe liege darin, einen Zinsüberschuß zu erwirtschaften. Es sei auch zu berücksichtigen, daß aus den Zinseinnahmen Tilgungsleistungen erbracht werden müßten, so daß diese Beträge insoweit zur Refinanzierung nicht zur Verfügung stünden. Außerdem seien auch die sonstigen laufenden Kosten von jährlich 16.394,63 DM (vgl. Aufstellung Bl. 115, 116 Gerichtsakten - GA -) in Abzug zu bringen. Das zu berücksichtigende Vermögen diene der angemessenen Altersversorgung. Die Auffassung der Beklagten in der Anschlußberufung zur nicht getrennten Vermögensberücksichtigung bei Ehegatten werde nicht geteilt, da sie grundlegenden Prinzipien der Rechtsordnung widerspreche. Die Vermögenswerte würden stets einem entsprechenden Rechtssubjekt zugeordnet. Die Vermögensmassen der Ehegatten seien getrennt. Eine Verschmelzung sei nicht möglich. Die Trennung der Vermögen müsse auch bei der Vermögensanrechnung im Rahmen der Arbeitslosenhilfeverordnung durchgehalten werden. Die Auffassung der Beklagten würde letztlich zu einer Verschmelzung der Vermögensmassen führen, die von der Rechtsordnung nicht gewollt sei. Diesbezüglich sei die Berechnungsweise der Beklagten im Widerspruchsbescheid und auch die des Sozialgerichts nicht zu beanstanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1997 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen und die Klage insoweit abzuweisen unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1997, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 11. bis 17.08.1995 zu gewähren.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten: Die Bedürftigkeit des Klägers sei entgegen der Berechnung des Sozialgerichts nicht nur bis zum 11.08.1995, sondern bis zum 17.08.1995 nicht gegeben. Es sei nämlich Vermögen des Klägers in Höhe von 35.819,81 DM sowie Vermögen der Ehefrau in Höhe von 29.000,-- DM zugrunde zu legen. Die Summe von 64.819,81 DM sei durch das Bemessungsentgelt 1.470,-- DM zu teilen, so daß das Ergebnis dieser Division 44,095 = gerundet 44 sei. Das Sozialgericht komme zu einem um eine Woche abweichenden Ergebnis, da es das Vermögen des Klägers und der Ehefrau getrennt berücksichtige. Hierfür gebe es jedoch keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Klägers könnten die Verbindlichkeiten von dem Wertpapiervermögen nicht in Abzug gebracht werden. Die Darlehnsforderungen bezögen sich nämlich nicht unmittelbar auf die positiven Vermögenswerte. Hinzu komme, daß im Beurteilungszeitraum nur fällige und rechtlich durchsetzbare Tilgungsforderungen überhaupt die Zumutbarkeit der Verwertung einschränken könnten. Vorliegend sei aber nicht davon auszugehen, daß der Kläger die zu berücksichtigenden Kapitalanlagen habe auflösen wollen, um davon im Abrechnungszeitraum fällige Tilgungsraten zu zahlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakten (Stamm-Nr ...) und der Einkommenssteuerakte des Finanzamtes L. für 1994/95 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und zum Teil begründet. Die Anschlußberufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts war zu ändern, weil der Anspruch des Klägers zu Unrecht auch für die Zeit vom 04.02.1995 bis zum 10.08.1995 verneint und lediglich für die Zeit vom 11.08. bis 05.10.1995 bejaht worden ist. Zutreffend ist vielmehr, daß dem Kläger wegen fehlender Bedürftigkeit Arbeitslosenhilfe (Alhi) lediglich für die Zeit vom 14.10.1994 bis 03.02.1995 nicht zusteht, während er in der Zeit vom 04.02. bis 05.10.1995 dem Grunde nach Alhi verlangen kann. Der Bescheid der Beklagten vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1995, durch welchen die Alhi vom 14.10.1994 bis 05.10.1995 abgelehnt wurde, ist teilweise rechtswidrig und beschwert den Kläger insoweit im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 AFG hat Anspruch auf Alhi nur derjenige, der u.a. bedürftig ist. Bedürftig im Sinne von § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG ist nach § 137 Abs. 1 AFG ein Arbeitsloser, soweit er er seinen Unterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. Nicht bedürftig ist nach § 137 Abs. 2 AFG ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, konkretisieren die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 137 Abs. 3 AFG beruhenden §§ 6 ff. Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV). Nach § 6 Abs. 1 AlhiV ist u.a. das Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar, die Verwertung zumutbar und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,-- DM übersteigt. Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV) Nicht zumutbar ist nach den in § 6 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 AlhiV aufgeführten Regelbeispielen u.a. die Verwertung von Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist (Nr. 3). Nach § 9 AlhiV besteht Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet.
Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften ergibt sich, daß zunächst (in einer ersten Stufe) das Vermögen des Klägers und dasjenige seiner Ehefrau festzustellen ist, und zwar bezogen auf den Beginn des streitigen Zeitraumes, hier: 14.10.1994. Es ergeben sich nämlich keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß sich die Vermögen der Eheleute nach diesem Zeitpunkt bis zum Ende des streitbefangenen Zeitraumes geändert haben. Nach Feststellung der Vermögen ist erst in einer getrennten, nachfolgenden Stufe zu prüfen, inwieweit die Vermögen zu berücksichtigen, d.h. zumutbar verwertbar über die Freibeträge von jeweils 8.000,-- DM hinaus sind.
Der Begriff des Vermögens ist im AFG nicht definiert. Er ist mehrdeutig. Einerseits kann darunter die Gesamtheit der Aktiva einer Person verstanden werden, andererseits aber auch der Differenzbetrag zwischen Aktiva und Passiva. Es wird zwar die Auffassung vertreten, dem AFG und der AlhiV ließen sich konkludente Hinweise für die Auslegung entnehmen. Es sei vom Vermögen insgesamt die Rede. Die konkreten Bestimmungen über die Vermögensberücksichtigung bezögen sich aber auf einzelne Vermögensgegenstände. Dies spreche dafür, daß der Verordnungsgeber von einem auf die Aktiva beschränkten Vermögensbegriff ausgegangen sei, da nur bei diesen das Vermögen als Gesamtbestand der einzelnen Vermögensgegenstände aufgefaßt werden könne. Auch hätte sich bei einem Vermögensbegriff im Sinne der Differenz zwischen Aktiva und Passiva eine ausdrückliche Regelung über die Art und Weise der Berücksichtigung von Verbindlichkeiten dermaßen aufgedrängt, daß deren Fehlen ebenfalls ein Indiz für den vom Verordnungsgeber gewollten Vermögensbegriff sei (Ebsen in Gagel, SGB III, § 193 Rdn. 113, auf dessen Kommentierung die Beklagte besonders Bezug nimmt). Andererseits weist dieser Autor (a.a.O. Rdn. 114) zu Recht darauf hin, daß sich aus § 137 Abs. 2 AFG (jetzt § 193 Abs. 2 SGB III) Argumente in die entgegengesetzte Richtung gewinnen ließen. Die Vorschrift verlange nämlich ein Billigkeitsurteil über die Angemessenheit der Gewährung einer bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistung im Hinblick auf vorhandenes Vermögen. Für dieses Billigkeitsurteil könne es nicht irrelevant sein, ob den zu berücksichtigenden positiven Vermögenswerten Verbindlichkeiten gegenüber stehen oder nicht. Denn für das Billigkeitsurteil komme es entscheidend auf die praktisch relevante wirtschaftliche Situation an. Es mache praktisch keinen großen Unterschied, ob ein Vermögen bereits durch Begleichung einer Verbindlichkeit gemindert worden sei oder ob dies erst noch bevorstehe. Die Relevanz auch von Verbindlichkeiten für die durch § 137 Abs. 2 AFG geforderte Beurteilung sei so sehr mit Händen zu greifen, daß auch die Ermächtigung des § 137 Abs. 3 AFG, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen sei, entsprechend eingeengt sei. Ebsen folgert zutreffend, eine Regelung durch Verordnung, daß Verbindlichkeiten bei der Vermögensberücksichtigung keine Rolle spielten, wäre durch die gesetzliche Ermächtigung nicht gedeckt (a.a.O. Rdn. 115). Nach seiner Auffassung läßt sich die AlhiV, auch wenn ihr der Verbindlichkeiten nicht umfassende Vermögensbegriff zugrunde liege, gesetzeskonform so auslegen, daß dem geforderten Billigkeitsurteil Rechnung getragen werden könne. Verbindlichkeiten könnten nämlich an mehreren Stellen im System der Vermögensberücksichtigung mit berücksichtigt werden. Hierzu seien allerdings - je nach Enge des Zusammenhangs mit konkreten Vermögensgegenständen - unterschiedliche Erwägungen von nöten. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Vermögensüberprüfung so einfach bleiben müsse, wie es für eine Massenverwaltung erforderlich sei und daß die mit der Begründung von Verbindlichkeiten gegebenen Dispositionsmöglichkeiten noch Manipulationen ermöglichten. Am einfachsten sei der Sachverhalt zu erfassen, wenn die Begründung von Verbindlichkeiten unmittelbar mit dem Erwerb von Vermögensgegenständen zusammenhänge (z. B. der Fall bei Kreditfinanzierung einer Immobilie). In diesem Fall könne bereits der Wert des Gegenstandes im Wege der Absetzung der für ihn eingegangenen Verbindlichkeiten bestimmt werden. So stelle bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine belastete Immobilie einen geringeren Wert im Vermögen des Eigentümers dar, als eine bereits "abgezahlte" (a.a.O. Rdn. 117). Bei allen anderen Verbindlichkeiten fehle dagegen der Bezug zu einem bestimmten zu verwertenden Gegenstand. Hier müsse dieser Bezug erst durch stattgefundene oder erwartete Handlungen des Vermögensinhabers, nämlich die Verwertung eines Gegenstandes zur Tilgung der Verbindlichkeit, hergestellt werden. Ferner gehe es nach Sinn und Zweck des § 6 AlhiV bei der Verwertung und der Zumutbarkeit der Verwertung nicht um irgendeine Verwertung - auch die Verwendung zur Tilgung von Schulden sei eine solche -, sondern um diejenige zum Lebensunterhalt des Arbeitslosen. Diese Verwertung könne ihm insofern zumutbar sein, als die Entscheidung des Vermögensinhabers zur vorrangigen Verwendung zur Schuldentilgung als bedürftigkeitserhöhend anzuerkennen sei (a.a.O. Rdn. 120). Die Tilgung selbst könne als entscheidendes Kriterium für den erforderlichen konkreten Zusammenhang zwischen der Verbindlichkeit und dem konkreten Vermögensgegenstand, um dessen Verwertung es gehe, angesehen werden. Es dürfte in Zweifelsfällen ein den Arbeitslosen nicht übermäßig belastendes und auch den Bedürfnissen der Massenverwaltung Rechnung tragendes Verfahren sein, eine Verbindlichkeit erst - gegebenenfalls nachträglich - zu berücksichtigen, wenn Vermögensgegenstände tatsächlich zu ihrer Tilgung verbraucht würden (a.a.o: Rdn. 122). Hinsichtlich der Kriterien des Billigkeitsurteils nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV sei zu fragen, unter welchen Voraussetzungen das Bestehen einer nicht mit einem Vermögensgegenstand unmittelbar zusammenhängenden Verbindlichkeit das Urteil rechtfertige, die Gewährung von Alhi sei nicht wegen der Zumutbarkeit der Verwertung des Gegenstandes zum Lebensunterhalt ungerechtfertigt. Hierfür ließen sich mehrere Kriterien nennen: Das erste sei der bereits angesprochene Aspekt, daß die Verwendung des Vermögensgegenstandes zur Tilgung der Verbindlichkeit hinreichend gesichert sei. Es sei nämlich nicht die Verbindlichkeit als solche bedürftigkeitsrelevant, sondern erst der durch sie bedingte Verbrauch von Vermögensgegenständen, die der Verwendung derselben Gegenstände für den Lebensunterhalt ausschließe. Auch das zweite Kriterium ergebe sich aus der Konkurrenz zwischen den beiden einander ausschließenden Verwendungszwecken für den Vermögensgegenstand: Tilgung der Verbindlichkeit und Verwertung für den Lebensunterhalt. Soweit diese Konkurrenz nicht aktuell und für den Vermögensinhaber praktisch zwingend sei, gehe es ebenfalls nicht darum, ob der Lebensunterhalt auch ohne Alhi gesichert sei, sondern um die Wahrung der Vermögenssituation für die Zukunft oder um die Wahrung der Gläubigerinteressen an der Erfüllung. Beides sei nicht die Aufgabe der bedürftigkeitsabhängigen Alhi. Hieraus folge, daß nur solche Verbindlichkeiten zur fehlenden Zumutbarkeit der Verwertung von Vermögensgegenstände führten, die sowohl fällig als auch rechtlich durchsetzbar seien (a.a.O. Rdn 124, 125). Den vorstehenden, im wesentlichen wiedergegebenen Ausführungen von Ebsen zur Relevanz von Verbindlichkeiten in der Vermögensberücksichtigung kann nach Auffassung des Senats nicht in jeder Hinsicht gefolgt werden. Denn es wird nicht zwischen der Grundsatzfrage, was überhaupt Vermögen im Sinne von § 137 Abs. 2 AFG ist (Stufe 1) und der sich dann anschließenden Frage, inwieweit bereits (festgestelltes) Vermögen zu berücksichtigen ist (Stufe 2: § 137 Abs. 3 AFG, §§ 6 ff. AlhiV), differenziert.
Ausgangspunkt für die Auffassung des Senats ist, daß der Vermögensbegriff im AFG nicht definiert ist. Es ist darüber hinaus nicht erkennbar, daß Vermögen im Sinne des AFG eine andere Bedeutung hat als im Wirtschaftsleben und sonstigen Rechtsverkehr. Daher ist zunächst als allgemein verwendeter Begriff des Vermögens die Differenz zwischen Aktiva und Passiva heranzuziehen (vgl.: u. a. Brockhaus, Encyklopädie, 19. Auflage 1994 - Stichwörter: Vermögensbilanz, Vermögensstatus, Vermögenssteuer, Vermögensbestand; Gabler, Wirtschaftslexikon, 14. Auflage 1997 - Stichwörter: Gesamtvermögen, steuerpflichtiges Vermögen, Vermögensstatus, Vermögensbilanz, Geldvermögen, Vermögensaufstellung). Hiernach werden vom Rohvermögen Schulden und Lasten abgezogen, um zum Begriff des Gesamtvermögens zu gelangen. Grundsätzlich geht es beim Vermögen im Sinne des § 137 Abs. 2 AFG um nichts anderes, denn Anhaltspunkte dafür, daß hier unter Vermögen lediglich ein Teil des Vermögens gemeint sein könnte, fehlen völlig. Zutreffend weist auch Brummerhoff, Finanzwissenschaft, 6. Auflage 1992 S. 352 darauf hin, daß die Vermögenssteuer die fiskalische Zielsetzung hatte, Vermögen als Indikator der Leistungsfähigkeit anzusehen (je größer das Vermögen, desto höher die steuerliche Leistungsfähigkeit). Daß die steuerliche Leistungsfähigkeit aber auch abhängig von der Höhe der Schulden ist, bedarf nach Auffassung des Senats keiner weiteren Ausführungen.
Ferner ist auf § 24 Abs. 4 Parteiengesetz hinzuweisen. In dieser Vorschrift ist definiert, welche Posten die Vermögensrechnung umfaßt. Dazu gehören sowohl Besitzposten (Nr. 1 als auch Schuldposten (Nr. 2).
Schließlich ist auch auf verschiedene Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu verweisen, nämlich auf §§ 1374, 1375 sowie § 1922. Darin sind die Begriffe Anfangs- und Endvermögen definiert. Verbindlichkeiten werden jeweils in Abzug gebracht. Nach der zuletzt genannten Vorschrift des BGB geht das Vermögen (= Erbschaft) als ganzes auf den Erben über. Nach § 1967 Abs. 1 BGB haftet der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten.
Nach diesen Darlegungen könnte die Auffassung vertreten werden, als Vermögen im Sinne des § 137 Abs. 2 AFG sei die Summe aller positiven und negativen Vermögenswerte, bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt, also der Saldo zwischen Aktiva und (unbegrenzten) Passiva, angesehen werden. Der Senat kann jedoch offen lassen, ob er tatsächlich von einem derartigen Vermögensbegriff im Sinne des AFG ausgeht. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß es sich bei der Beklagten um eine Massenverwaltung handelt und die Notwendigkeit besteht, Manipulationen auszuschließen. Daher sind nach der Auffassung des Senats bei der Feststellung des Vermögens iSd § 137 Abs. 2 AFG jedenfalls von den Aktiva die Passiva abzuziehen, die vor Anschaffung der Aktiva entstanden sind (Zeitmoment), soweit mit ihnen der Zweck verfolgt wird, die Aktiva anzuschaffen (subjektives Moment) und zusätzlich eine Kausalität zwischen Eingehen der Passiva und Anschaffen der Aktiva (objektives Moment) besteht. Bei Zugrundelegung dieses Vermögensbegriffes werden sachgerechte Ergebnisse im Rahmen des § 137 Abs. 2 AFG erzielt. Dies wäre dagegen nicht der Fall, wenn man losgelöst von etwaigen Passiva nur die positiven Vermögenswerte und damit nur ein Teilvermögen als Vermögen ansehen würde. In einem solchen Fall würde eine Situation zugrunde gelegt, die tatsächlich nicht gegeben ist.
Soweit das Bundessozialgericht (BSG Urteil vom 25.03.1999 - B 7 AL 28/98 R - S. 8) die Auffassung vertritt, es seien nur Schulden in Abzug zu bringen, soweit sie zur Tilgung fällig sind, folgt der Senat dieser Auffassung nicht, weil er - was sich aus den obigen Ausführungen ergibt - diese Auffassung für zu eng hält. Nicht nur zur Tilgung fällige Schulden beeinflussen die Bedürftigkeit des Arbeitslosen, sondern jedenfalls auch sonstige Schulden, die die drei oben aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen (Zeitmoment, subjektives und objektives Moment) erfüllen. Darüber hinaus erscheint dem Senat die Fälligkeit als Kriterium dafür, ob Schulden von einem Vermögenswert in Abzug zu bringen sind oder nicht, auch deshalb nicht geeignet, weil hierdurch Manipulationsmöglichkeiten durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner gegeben sein könnten und hierdurch die Beurteilung der Bedürftigkeit des Arbeitslosen beeinflußt werden könnte. Der Senat hält auch die Auffassung des BSG (Urteil vom 25.03.1999 - B 7 AL 28/98 R -), Verbindlichkeiten seien abzuziehen, die unmittelbar auf dem Vermögenswert (hier: Haus- und Grundbesitz) liegen, für zu einschränkend und wegen der dann entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten für nicht praktikabel. Wenn man nur die unmittelbaren Schulden berücksichtigen wollte, wäre jeweils im Einzelfall der konkrete Kapitalfluß (vom Darlehensgeber zum Darlehensnehmer und von diesem weiter) aufzuklären. Es könnte - je nach Fallgestaltung - von Zufälligkeiten abhängig sein, ob das Kriterium der Unmittelbarkeit zu bejahen ist oder nicht. Für eine Massenverwaltung wie die Beklagte ergäben sich bei einer derartigen Abgrenzung massive Schwierigkeiten.
Nach den vorstehenden Ausführungen ist das Vermögen (über das Haus, die Bausparverträge sowie die Rückkaufwerte der angegebenen Lebensversicherungen hinausgehende) des Klägers und dasjenige seiner Ehefrau wie folgt festzustellen:
1. Kläger:
- Bankguthaben 19.445,-- DM
(vgl. Angaben des Klägers im Arbeitslosenhilfeantrag vom 12.10.1994, die er hinsichtlich der Richtigkeit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.02.2000 vor dem Senat bestätigt hat. Dieses Guthaben aus verschiedenen Sparkonten ist dem Kläger aufgrund seiner Gläubigereigenschaft allein zuzurechnen; der Umstand, daß zu späteren Zeitpunkten Zinsen auch von seiner Ehefrau einem seiner Konten gutgeschrieben worden sind, führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, daß den Eheleuten das Guthaben aus diesem Konto jeweils zur Hälfte zuzuordnen ist. Im übrigen wäre eine solche hälftige Aufteilung auf beide Eheleute auch irrelevant, denn in einem solchen Fall wäre dem Vermögen seiner Ehefrau ein entsprechender Betrag hinzuzurechnen. Der Senat weist darauf hin, daß der Kläger mit Schriftsatz vom 13.01.2000 lediglich die Kopie eines seiner Sparbücher eingereicht hat und insoweit der vorgenannte höhere Betrag als (gesamtes) Bankguthaben anzusetzen ist).
- Bundesschatzbrief 20.000,-- DM
- Österreichanleihe, gekauft am 17.06.1994, Kurswert 38.517,-- DM
- Summe 77.962,-- DM
Von diesem Betrag sind die vor den Wertpapierkäufen eingegangenen Schulden abzuziehen, die der Kläger zu dem Zweck aufgenommen hat, anschließend die Wertpapiere zu kaufen und bei denen eine Kausalität zwischen der Schuldenaufnahme und den Wertpapierkäufen besteht. Die Voraussetzungen für einen Abzug liegen bei den Bauspardarlehen und dem Darlehen der WfA vor. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger in seiner Einkommenssteuererklärung für 1994 (Anlage V) Schuldzinsen aufgeführt hat. Hieraus folgt unter Berücksichtigung der im übrigen bekannten Gesichtspunkte (Fertigstellung des Hauses 1982, Darlehensaufnahme von 1992 bis 1994) nicht, daß eine Verbindung dieser Darlehen mit dem Haus besteht. Dies folgt allein aus dem dargestellten Zeitablauf. Der Umstand, daß der Kläger diese Darlehn möglicherweise ohne eine Absicherung auf seinem Haus nicht erhalten hätte, steht der vorgenommenen Beurteilung nicht entgegen. Ausschlaggebend ist, daß der Kläger die aufgenommenen Darlehen jedenfalls für den Bau oder Kauf des Hauses bzw. zur Ablösung von anderen Krediten weder benötigte noch entsprechend einsetzte.
- LBS-Vertragsnr. 5328998322 (Darlehensnehmer ist nur der Kläger) 11.006,65 DM
- LBS-Vertragsnr. 51093303128 21.859,20 DM: 2 = 10.929,60 DM
Darlehensnehmer und Kontoinhaber sind der Kläger und seine Ehefrau; daher sind diese Schulden beiden Ehegatten je zur Hälfte zuzuordnen, zumal nach Angaben des Klägers beide Eheleute davon Wertpapiere in erheblichem Umfang gekauft haben.
- WfA Schuldenstand per 27.07.1994; Wertstellung des letzten Wertpapierkaufs: 61.153,50 DM: 2 = 30.576,25 DM
Die Zuordnung jeweils der Hälfte dieses Schuldenstandes zum Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau ergibt sich daraus, daß beide Eheleute Schuldner sind und beide 1994 Wertpapiere etwa in gleichem Umfang gekauft haben.
- Summe 25.449,50 DM.
Von dem vorgenannten Betrag ist der Freibetrag nach § 6 Abs. 1 AlhiV von 8.000,-- DM abzuziehen, so daß sich ein Vermögen von 17.449,50 DM ergibt.
Dieses Vermögen ist auch zu berücksichtigen, weil es zumutbar verwertbar ist. Die Verwertung ist nicht etwa nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV nicht zumutbar, weil es zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist. Der Kläger hat zwar vorgetragen, sein Vermögen sei zu dem vorgenannten Zweck bestimmt gewesen. Diese subjektive Zweckbestimmung reicht jedoch zu der Annahme der Voraussetzungen dieser Vorschrift und zur Beurteilung dieses Vermögens als sogenanntes Schonvermögen (vgl. hierzu BSG Urteile vom 22.10.1998 - B 7 AL 118/97 R - und vom 25.03.1999 - B 7 AL 28/98 R -) nicht aus. Vielmehr müssen objektive Umstände hinzutreten, aus denen ersichtlich ist, daß die vorgenommene Vermögensanlage dem vorgetragenen Zweck dient. Insoweit muß der Zweck glaubhaft gemacht sein. Dies ist nach der Auffassung des Senats vorliegend bei dem Kauf der jederzeit zum Kurswert wieder zu verkaufenden Wertpapiere nicht der Fall. Allein aus dem Umstand, daß die gekauften Wertpapiere einen im Jahre 2002 liegenden Endzeitpunkt haben, läßt sich nicht entnehmen, daß die Wertpapiere solange gehalten werden sollten. Im übrigen zeigt der tatsächliche Geschehensablauf, daß der Kläger die Wertpapiere nicht einmal bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gehalten hat. Er hat vielmehr die Österreich-Anleihe zum 01.07.1997 bereits veräußert den Kapitalbetrag bei einer Lebensversicherung in einem Beitragsdepot verzinslich angelegt und führt die monatlichen Beiträge einer bestehenden Lebensversicherung aus diesem Beitragsdepot ab. Dieses Verhalten des Klägers belegt nach Auffassung des Senats, daß er erst aufgrund einer nach dem streitigen Zeitraum liegenden Entscheidung das Vermögen zum Zwecke einer angemessenen Alterssicherung eingesetzt hat bzw. noch einsetzt. Das Alter des Klägers (Jahrgang 1948) sowie sein Altersrentenanspruch von 1.754,91 DM (vgl. Schreiben der BfA vom 18.06.1998) führt nicht zu einer anderen Beurteilung in diesem Zusammenhang.
Um die Dauer der Berücksichtigung dieses Vermögens festzustellen, ist das Vermögen durch das Arbeitsentgelt zu teilen, nach dem sich die Alhi richtet (§ 9 AlhiV). Dies führt zu folgender Rechnung:
17.449,50 DM: 1.470 = 11,87; gerundet = 11 volle Wochen, in denen wegen des zu berücksichtigenden Vermögens des Klägers mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alhi besteht.
2. Ehefrau
- Bankguthaben 136,-- DM
(Angaben des Klägers im Antrag vom 12.10.1994, hinsichtlich der Richtigkeit bestätigt im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.02.2000).
- Bundesschatzbrief 20.000,-- DM
- Kaufhof-Anleihe, gekauft am 25.07.1994, Wert 27.07.1994, Kurswert 37.012,50 DM
- Summe 57.148,50 DM
Abzüglich Schulden
- LBS Nr. 5103303128 Hälfte des Schuldenstandes (s.o.) 10.929,60 DM
- WfA, Schuldenstand per 27.07.1994, Wert des letzten Wertpapierkaufs die Hälfte des Schuldenstandes (s.o.) 30.576,75 DM
- Ferner abzüglich des Freibetrages (§ 6 Abs. 1 AlhiV) in Höhe von 8.000,-- DM
- Summe 7.642,15 DM
Dieses Vermögen der Ehefrau des Klägers ist zu berücksichtigen, weil es zumutbar verwertbar ist. Es ist nicht als Schonvermögen im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV anzusehen. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in bezug auf den Kläger verwiesen. Für die 1951 geborene Ehefrau, die ebenfalls die gekauften Wertpapiere inzwischen zum Teil verkauft und den entsprechenden Betrag aufgrund einer neuen, späteren Entscheidung in anderer Weise angelegt hat und die nach dem Schreiben der BfA vom 19.06.1998 eine Altersrentenanwartschaft von 615,99 DM hat, gilt insoweit nichts abweichendes.
Die Dauer der Berücksichtigung dieses Vermögens ergibt sich durch folgende Rechnung:
7.642,15 DM: 1.470 = 5,2 = gerundet volle 5 Wochen, in denen der Kläger aufgrund des berücksichtigungsfähigen Vermögens seiner Ehefrau keine Alhi beanspruchen kann.
Die Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau stehen einer Gewährung von Alhi für zusammen 16 Wochen (11 + 5) ab 14.10.1994, also für die Zeit vom 14.10.1994 bis 03.02.1995, entgegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist bei der Dauer der Berücksichtigung von Vermögen nicht das Vermögen des Klägers und dasjenige seiner Ehefrau zu einem Gesamtvermögen der Eheleute zusammenzufassen, sodann durch das Bemessungsentgelt zu teilen und schließlich auf volle Wochen zu runden. Vielmehr sind - wie geschehen - die zwei Vermögen der Eheleute festzustellen (§ 137 Abs. 2 AFG). Anschließend ist zu prüfen, inwieweit die Vermögen der Eheleute zu berücksichtigen sind (§ 6 Abs. 1 AlhiV). Aus § 9 AlhiV ergibt sich nichts anderes. Zwar ist dort hinsichtlich der Dauer der Berücksichtigung ausgeführt, daß das zu berücksichtigende Vermögen (Singular) durch das Arbeitsentgelt zu teilen ist. Dies ist nach der Auffassung des Senats jedoch zu beziehen auf das jeweilige Vermögen des Vermögensinhabers. Dies bedeutet, daß die Berechnung der Dauer der Berücksichtigung für das jeweilige Vermögen des Arbeitslosen und seines Ehegatten getrennt vorzunehmen ist. Es ergibt sich jedenfalls aus der AlhiV kein Anhaltspunkt dafür, daß die Vermögen von Eheleuten bezüglich der Dauer der Berücksichtigung zu einem Gesamtvermögen vor der Teilung durch das Arbeitsentgelt zusammenzufassen sind. Dies würde im Ergebnis auch zu einer Benachteiligung von Ehegatten im Vergleich zu Alleinstehenden führen, weil die Abrundungen - wie der vorliegende Fall zeigt - bei Bildung eines Gesamtvermögens der Eheleute geringer ausfallen würden. Es dürfte dann nämlich nur eine Abrundung vorgenommen werden, was bei Eheleuten (zwei Vermögen) nicht sachgerecht ist.
Der Kläger hat dagegen einen Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 04.02. bis 05.10.1995 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (unter Berücksichtigung u.a. der §§ 137 Abs. 1, 138 AFG - Anrechnung von Einkommen: Zinsüberschüsse sowie Mieteinnahmen). Die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi liegen nämlich in diesem Zeitraum vor. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß die Beklagte dem Kläger ab 06.10.1995 (allerdings ohne die Anrechnung von Einkommen) Alhi bewilligt hat. Eine überschlägliche Berechnung des anzurechnenden Einkommens durch den Senat ergibt, daß der Anrechnungsbetrag geringer ist als der Leistungssatz ohne eine Anrechnung. Die exakte Berechnung des Anrechnungsbetrages und somit der Höhe der Alhi wird die Beklagte vorzunehmen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil von einer Entscheidung des BSG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. Nrn. 1 und 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.10.1994 bis 05.10.1995 (51 Wochen) verlangen kann.
Der 1948 geborene Kläger beantragte am 12.10.1994 Arbeitslosenhilfe im Anschluß an seinen ab 14.10.1994 erschöpften Arbeitslosengeldanspruch. Diesem lag ein wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 1.470,-- DM zugrunde. Nach eigenen Angaben verfügten der Kläger sowie seine Ehefrau über folgendes Vermögen:
Kläger Ehefrau (geb. 1951)
gemeinsames der Alterssicherung dienendes, 1982 fertiggestelltes Haus
Bankguthaben 19.445,-- DM 136,-- DM
Bausparverträge 2.504,-- DM 2.504,-- DM
Kapitallebensversicherung (Rückkaufwert) 15.535,-- DM 1.849,-- DM
Wertpapiere 58.753,-- DM 55.000,-- DM
abzüglich Schulden - 46.946,-- DM - 46.946,-- DM
Der Kläger reichte darüber hinaus eine Kopie der Anlage V zur Einkommenssteuererklärung 1992 (Steuer-Nr. 338/954/1893 ein. Daraus ergibt sich u.a., daß er in dieser - das Haus in L., betreffende - Schuldzinsen in Höhe von 1.701,-- DM geltend machte.
Der Kläger gab seine Einnahmen und die seiner Ehefrau wie folgt an:
Kläger Ehefrau
Erträge aus Haus- und Grundbesitz 1.489,-- DM 1.489,-- DM
Kapitalerträge 5.863,-- DM 1.502,-- DM
Auf Anforderung durch die Beklagte übersandte der Kläger Kopien von Sparbüchern, einer Wertpapier-Ankaufabrechnung vom 27.07.1994 sowie eine Bescheinigung der Sparkasse L., wonach der Sollzinssatz eines KK-Kredites gegen Beleihung der Wertpapiere am 21.12.1994 12,25 % p.a. betrug.
Auf der Grundlage der angegebenen Vermögensverhältnisse lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.01.1995 den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Der Kläger sei aufgrund seiner Vermögensverhältnisse für einen Zeitraum von 32 Wochen und aufgrund der Vermögensverhältnisse seiner Ehefrau für 19 Wochen nicht bedürftig. Dies ergebe sich bei einer Teilung der zu berücksichtigenden Vermögen durch das Bemessungsentgelt (1.470,-- DM).
Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch verwies der Kläger darauf, daß er kein Vermögen in der angenommenen Höhe habe.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.1995 mit der Begründung zurück: Dem Kläger sei es zumutbar, seine Wertpapiere mit insgesamt 37.000,-- DM zu beleihen. Unter Berücksichtigung seines Sparguthabens und des Freibetrages von 8.000,-- DM habe er ein Vermögen von 48.427,41 DM. Dieses sei durch das Bemessungsentgelt zu dividieren. Daraus ergebe sich, daß er für 32 Wochen nicht bedürftig sei. Desweiteren sei zumutbar, die Wertpapiere seiner Ehefrau ebenfalls in Höhe von insgesamt 37.000,-- DM zu beleihen. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von 8.000,-- DM verbleibe bei ihr eine verwertbare Summe in Höhe von 29.000,--- DM. Daraus errechne sich ein Zeitraum von 19 Wochen, in welchem dem Kläger keine Arbeitslosenhilfe zustehe. Er sei somit insgesamt 51 Wochen nicht bedürftig.
Der Kläger hat am 08.06.1995 vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben und ausgeführt: Er habe die Wertpapiere zu 100 % mit Fremdmitteln finanziert. Nach Abzug der Schulden habe er kein Vermögen. Zwar hätte er die Darlehn nicht ohne das Haus bekommen. Die Darlehen seien jedoch nicht für das Haus benutzt worden. Dies sei auch zeitlich nicht möglich gewesen. So sei der Hausbau im Jahre 1981 gewesen, während die Darlehn erst 1992 bis 1994 geflossen seien. Somit gebe es auch keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Hausbau und der Auszahlung der Darlehn. Da er die Darlehn in Wertpapiere angelegt habe, weil er sie zu diesem Zeitpunkt für das Haus nicht mehr gebraucht habe, müßten sie auch bei der Feststellung des Vermögens berücksichtigt werden. Seine Ehefrau und er hätten die Wertpapiere nach der Darlehensaufnahme gekauft, weil ihnen 1991 von der Bank vorgeschlagen worden sei, Bauspardarlehen (Schuldzinsen 4,5 %) sowie die ratenweise bis 1994 ausgezahlten, zinsfreien Kredite der Wohnungsbauförderungsanstalt (WfA) in Anspruch zu nehmen und dieses Geld wieder in Wertpapieren (Zinssatz 8 % bzw. 8,5 %) anzulegen. Die Ablehnung seiner Bedürftigkeit beruhe nur darauf, daß er in der Steuererklärung die Zinsaufwendungen für die Darlehn bei den Mieteinnahmen angegeben habe. Dies sei ein Fehler gewesen, den man ihm verzeihen möge. Einen Steuervorteil habe er dadurch aber nicht gehabt, weil er gar keine Steuern bezahlt habe. - Der Kläger hat Kopien der Wertpapierkaufabrechnungen eingereicht (Kläger: 8 % Österreich-Anleihe von 1992, Kurswert 38.517,-- DM, Wert 21.06.1994; Bundesschatzbriefe, 20.000,-- DM, 10.02.1992; Ehefrau: 8,5 % Kaufhof-Anleihe von 1992, Kurswert 37.012,50 DM, Wert 27.07.1994; Bundesschatzbriefe, 20.000,-- DM, 10.02.1992).
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.1995 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 14.10.1994 bis 05.10.1995 Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre bisher vertretene Auffassung aufrecht erhalten und zusätzlich ausgeführt: Die gewährten Kredite seien nicht im Zusammenhang mit dem Wertpapiervermögen zu sehen. So habe der Kläger im Zusatzfragebogen zum Antrag auf Arbeitslosenhilfe unter dem 17.11.1994 u.a. die Schuldzinsen als Kosten für den Hausbesitz angegeben. Folglich seien die Darlehen im Zusammenhang mit dem Immobilienvermögen und nicht mit den Wertpapieren zu sehen. Dafür spreche auch, daß die Darlehnsmittel über das Haus abgesichert worden seien.
Für die Zeit ab 06.10.1995 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von 368,22 DM wöchentlich bewilligt (Bescheid vom 25.12.1995; Bemessungsentgelt 1.040,-- DM nach fiktiver Einstufung gemäß §§ 136 Abs. 2, b, 112 Abs. 7 AFG).
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 22.10.1997 unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.1995 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 11.08.1995 bis 05.10.1995 Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Es hat die Auffassung vertreten: Der Kläger sei ab 14.10.1994 für insgesamt 43 Wochen nicht bedürftig. Vermögen sei nicht etwa der Überschuß der Aktiva über die Passiva, sondern vielmehr jeder Vermögensgegenstand, durch dessen Verwertung die Bedürftigkeit ganz oder teilweise beseitigt werden könne. Entgegen der Berechnung der Beklag- ten sei die Bedürftigkeit aufgrund des Vermögens des Klägers nur für 24 Wochen (und nicht für 32 Wochen) zu verneinen. Der Unterschied im Vergleich zur Berechnung der Beklagten resultiere dar- aus, daß die Beklagte die Beleihungssumme bezüglich der Wertpapiere zu hoch angesetzt habe. Bei ihrer Berechnung habe sie nämlich außer acht gelassen, daß der Kläger den Darlehnsanteil der Bauspardarlehn mit 4,5 % zu verzinsen habe. Die zu zahlenden Zinsen in Höhe von 1.571,93 DM seien von seinen Zinserträgen in Höhe von 2.988,07 DM abzuziehen. Bei einem Beleihungszins von 12,25 % sei es dem Kläger zumutbar, seine Wertpapiere mit insgesamt 24.392,40 DM (anstelle von 37.000,-- DM) zu beleihen. Die Differenz zwischen dem richtigen Beleihungsbetrag und dem von der Beklagten errechneten sei mache 12.607,60 DM aus. Subtrahiere man diese Zahl von dem angenommenen Vermögen des Klägers, so verbleibe ein Betrag von 35.819,81 DM. Eine Division dieses Betrages durch das Bemessungsentgelt von 1.470,-- DM ergebe, daß der Kläger für 24 Wochen aufgrund der Berücksichtigung seines Vermögens nicht bedürftig sei. Das Vermögen der Ehefrau sei dagegen von der Beklagten zutreffend berechnet worden. Daher verbleibe es bei einem Zeitraum von 19 Wochen, in welchem dem Kläger unter Berücksichtigung des Vermögens der Ehefrau wegen fehlender Bedürftigkeit keine Arbeitslosenhilfe zustehe. Nach Ablauf des Zeitraumes von 43 Wochen habe der Kläger jedoch vom 11.08. bis 05.10.1995 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, da für diesen Zeitraum auch die übrigen Voraussetzungen für diese Leistung gegeben seien.
Der Kläger hat gegen das ihm am 06.11.1997 zugestellte Urteil am 28.11.1997 Berufung eingelegt und vorgebracht: Im angefochtenen Urteil seien die tatsächlichen Vermögensverhältnisse unberücksichtigt gelassen worden. Die Wertpapiere seien unmittelbar aus Darlehnsbeträgen gekauft worden. Sie seien also schon "beliehen". Es müsse eine Saldierung vorgenommen werden. Der Grund für die Darlehnsaufnahmen und die Wertpapierkäufe liege darin, einen Zinsüberschuß zu erwirtschaften. Es sei auch zu berücksichtigen, daß aus den Zinseinnahmen Tilgungsleistungen erbracht werden müßten, so daß diese Beträge insoweit zur Refinanzierung nicht zur Verfügung stünden. Außerdem seien auch die sonstigen laufenden Kosten von jährlich 16.394,63 DM (vgl. Aufstellung Bl. 115, 116 Gerichtsakten - GA -) in Abzug zu bringen. Das zu berücksichtigende Vermögen diene der angemessenen Altersversorgung. Die Auffassung der Beklagten in der Anschlußberufung zur nicht getrennten Vermögensberücksichtigung bei Ehegatten werde nicht geteilt, da sie grundlegenden Prinzipien der Rechtsordnung widerspreche. Die Vermögenswerte würden stets einem entsprechenden Rechtssubjekt zugeordnet. Die Vermögensmassen der Ehegatten seien getrennt. Eine Verschmelzung sei nicht möglich. Die Trennung der Vermögen müsse auch bei der Vermögensanrechnung im Rahmen der Arbeitslosenhilfeverordnung durchgehalten werden. Die Auffassung der Beklagten würde letztlich zu einer Verschmelzung der Vermögensmassen führen, die von der Rechtsordnung nicht gewollt sei. Diesbezüglich sei die Berechnungsweise der Beklagten im Widerspruchsbescheid und auch die des Sozialgerichts nicht zu beanstanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1997 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen und die Klage insoweit abzuweisen unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1997, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 11. bis 17.08.1995 zu gewähren.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten: Die Bedürftigkeit des Klägers sei entgegen der Berechnung des Sozialgerichts nicht nur bis zum 11.08.1995, sondern bis zum 17.08.1995 nicht gegeben. Es sei nämlich Vermögen des Klägers in Höhe von 35.819,81 DM sowie Vermögen der Ehefrau in Höhe von 29.000,-- DM zugrunde zu legen. Die Summe von 64.819,81 DM sei durch das Bemessungsentgelt 1.470,-- DM zu teilen, so daß das Ergebnis dieser Division 44,095 = gerundet 44 sei. Das Sozialgericht komme zu einem um eine Woche abweichenden Ergebnis, da es das Vermögen des Klägers und der Ehefrau getrennt berücksichtige. Hierfür gebe es jedoch keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Klägers könnten die Verbindlichkeiten von dem Wertpapiervermögen nicht in Abzug gebracht werden. Die Darlehnsforderungen bezögen sich nämlich nicht unmittelbar auf die positiven Vermögenswerte. Hinzu komme, daß im Beurteilungszeitraum nur fällige und rechtlich durchsetzbare Tilgungsforderungen überhaupt die Zumutbarkeit der Verwertung einschränken könnten. Vorliegend sei aber nicht davon auszugehen, daß der Kläger die zu berücksichtigenden Kapitalanlagen habe auflösen wollen, um davon im Abrechnungszeitraum fällige Tilgungsraten zu zahlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakten (Stamm-Nr ...) und der Einkommenssteuerakte des Finanzamtes L. für 1994/95 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und zum Teil begründet. Die Anschlußberufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts war zu ändern, weil der Anspruch des Klägers zu Unrecht auch für die Zeit vom 04.02.1995 bis zum 10.08.1995 verneint und lediglich für die Zeit vom 11.08. bis 05.10.1995 bejaht worden ist. Zutreffend ist vielmehr, daß dem Kläger wegen fehlender Bedürftigkeit Arbeitslosenhilfe (Alhi) lediglich für die Zeit vom 14.10.1994 bis 03.02.1995 nicht zusteht, während er in der Zeit vom 04.02. bis 05.10.1995 dem Grunde nach Alhi verlangen kann. Der Bescheid der Beklagten vom 13.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1995, durch welchen die Alhi vom 14.10.1994 bis 05.10.1995 abgelehnt wurde, ist teilweise rechtswidrig und beschwert den Kläger insoweit im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 AFG hat Anspruch auf Alhi nur derjenige, der u.a. bedürftig ist. Bedürftig im Sinne von § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG ist nach § 137 Abs. 1 AFG ein Arbeitsloser, soweit er er seinen Unterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. Nicht bedürftig ist nach § 137 Abs. 2 AFG ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, konkretisieren die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 137 Abs. 3 AFG beruhenden §§ 6 ff. Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV). Nach § 6 Abs. 1 AlhiV ist u.a. das Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar, die Verwertung zumutbar und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,-- DM übersteigt. Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV) Nicht zumutbar ist nach den in § 6 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 AlhiV aufgeführten Regelbeispielen u.a. die Verwertung von Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist (Nr. 3). Nach § 9 AlhiV besteht Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet.
Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften ergibt sich, daß zunächst (in einer ersten Stufe) das Vermögen des Klägers und dasjenige seiner Ehefrau festzustellen ist, und zwar bezogen auf den Beginn des streitigen Zeitraumes, hier: 14.10.1994. Es ergeben sich nämlich keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß sich die Vermögen der Eheleute nach diesem Zeitpunkt bis zum Ende des streitbefangenen Zeitraumes geändert haben. Nach Feststellung der Vermögen ist erst in einer getrennten, nachfolgenden Stufe zu prüfen, inwieweit die Vermögen zu berücksichtigen, d.h. zumutbar verwertbar über die Freibeträge von jeweils 8.000,-- DM hinaus sind.
Der Begriff des Vermögens ist im AFG nicht definiert. Er ist mehrdeutig. Einerseits kann darunter die Gesamtheit der Aktiva einer Person verstanden werden, andererseits aber auch der Differenzbetrag zwischen Aktiva und Passiva. Es wird zwar die Auffassung vertreten, dem AFG und der AlhiV ließen sich konkludente Hinweise für die Auslegung entnehmen. Es sei vom Vermögen insgesamt die Rede. Die konkreten Bestimmungen über die Vermögensberücksichtigung bezögen sich aber auf einzelne Vermögensgegenstände. Dies spreche dafür, daß der Verordnungsgeber von einem auf die Aktiva beschränkten Vermögensbegriff ausgegangen sei, da nur bei diesen das Vermögen als Gesamtbestand der einzelnen Vermögensgegenstände aufgefaßt werden könne. Auch hätte sich bei einem Vermögensbegriff im Sinne der Differenz zwischen Aktiva und Passiva eine ausdrückliche Regelung über die Art und Weise der Berücksichtigung von Verbindlichkeiten dermaßen aufgedrängt, daß deren Fehlen ebenfalls ein Indiz für den vom Verordnungsgeber gewollten Vermögensbegriff sei (Ebsen in Gagel, SGB III, § 193 Rdn. 113, auf dessen Kommentierung die Beklagte besonders Bezug nimmt). Andererseits weist dieser Autor (a.a.O. Rdn. 114) zu Recht darauf hin, daß sich aus § 137 Abs. 2 AFG (jetzt § 193 Abs. 2 SGB III) Argumente in die entgegengesetzte Richtung gewinnen ließen. Die Vorschrift verlange nämlich ein Billigkeitsurteil über die Angemessenheit der Gewährung einer bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistung im Hinblick auf vorhandenes Vermögen. Für dieses Billigkeitsurteil könne es nicht irrelevant sein, ob den zu berücksichtigenden positiven Vermögenswerten Verbindlichkeiten gegenüber stehen oder nicht. Denn für das Billigkeitsurteil komme es entscheidend auf die praktisch relevante wirtschaftliche Situation an. Es mache praktisch keinen großen Unterschied, ob ein Vermögen bereits durch Begleichung einer Verbindlichkeit gemindert worden sei oder ob dies erst noch bevorstehe. Die Relevanz auch von Verbindlichkeiten für die durch § 137 Abs. 2 AFG geforderte Beurteilung sei so sehr mit Händen zu greifen, daß auch die Ermächtigung des § 137 Abs. 3 AFG, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen sei, entsprechend eingeengt sei. Ebsen folgert zutreffend, eine Regelung durch Verordnung, daß Verbindlichkeiten bei der Vermögensberücksichtigung keine Rolle spielten, wäre durch die gesetzliche Ermächtigung nicht gedeckt (a.a.O. Rdn. 115). Nach seiner Auffassung läßt sich die AlhiV, auch wenn ihr der Verbindlichkeiten nicht umfassende Vermögensbegriff zugrunde liege, gesetzeskonform so auslegen, daß dem geforderten Billigkeitsurteil Rechnung getragen werden könne. Verbindlichkeiten könnten nämlich an mehreren Stellen im System der Vermögensberücksichtigung mit berücksichtigt werden. Hierzu seien allerdings - je nach Enge des Zusammenhangs mit konkreten Vermögensgegenständen - unterschiedliche Erwägungen von nöten. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Vermögensüberprüfung so einfach bleiben müsse, wie es für eine Massenverwaltung erforderlich sei und daß die mit der Begründung von Verbindlichkeiten gegebenen Dispositionsmöglichkeiten noch Manipulationen ermöglichten. Am einfachsten sei der Sachverhalt zu erfassen, wenn die Begründung von Verbindlichkeiten unmittelbar mit dem Erwerb von Vermögensgegenständen zusammenhänge (z. B. der Fall bei Kreditfinanzierung einer Immobilie). In diesem Fall könne bereits der Wert des Gegenstandes im Wege der Absetzung der für ihn eingegangenen Verbindlichkeiten bestimmt werden. So stelle bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine belastete Immobilie einen geringeren Wert im Vermögen des Eigentümers dar, als eine bereits "abgezahlte" (a.a.O. Rdn. 117). Bei allen anderen Verbindlichkeiten fehle dagegen der Bezug zu einem bestimmten zu verwertenden Gegenstand. Hier müsse dieser Bezug erst durch stattgefundene oder erwartete Handlungen des Vermögensinhabers, nämlich die Verwertung eines Gegenstandes zur Tilgung der Verbindlichkeit, hergestellt werden. Ferner gehe es nach Sinn und Zweck des § 6 AlhiV bei der Verwertung und der Zumutbarkeit der Verwertung nicht um irgendeine Verwertung - auch die Verwendung zur Tilgung von Schulden sei eine solche -, sondern um diejenige zum Lebensunterhalt des Arbeitslosen. Diese Verwertung könne ihm insofern zumutbar sein, als die Entscheidung des Vermögensinhabers zur vorrangigen Verwendung zur Schuldentilgung als bedürftigkeitserhöhend anzuerkennen sei (a.a.O. Rdn. 120). Die Tilgung selbst könne als entscheidendes Kriterium für den erforderlichen konkreten Zusammenhang zwischen der Verbindlichkeit und dem konkreten Vermögensgegenstand, um dessen Verwertung es gehe, angesehen werden. Es dürfte in Zweifelsfällen ein den Arbeitslosen nicht übermäßig belastendes und auch den Bedürfnissen der Massenverwaltung Rechnung tragendes Verfahren sein, eine Verbindlichkeit erst - gegebenenfalls nachträglich - zu berücksichtigen, wenn Vermögensgegenstände tatsächlich zu ihrer Tilgung verbraucht würden (a.a.o: Rdn. 122). Hinsichtlich der Kriterien des Billigkeitsurteils nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV sei zu fragen, unter welchen Voraussetzungen das Bestehen einer nicht mit einem Vermögensgegenstand unmittelbar zusammenhängenden Verbindlichkeit das Urteil rechtfertige, die Gewährung von Alhi sei nicht wegen der Zumutbarkeit der Verwertung des Gegenstandes zum Lebensunterhalt ungerechtfertigt. Hierfür ließen sich mehrere Kriterien nennen: Das erste sei der bereits angesprochene Aspekt, daß die Verwendung des Vermögensgegenstandes zur Tilgung der Verbindlichkeit hinreichend gesichert sei. Es sei nämlich nicht die Verbindlichkeit als solche bedürftigkeitsrelevant, sondern erst der durch sie bedingte Verbrauch von Vermögensgegenständen, die der Verwendung derselben Gegenstände für den Lebensunterhalt ausschließe. Auch das zweite Kriterium ergebe sich aus der Konkurrenz zwischen den beiden einander ausschließenden Verwendungszwecken für den Vermögensgegenstand: Tilgung der Verbindlichkeit und Verwertung für den Lebensunterhalt. Soweit diese Konkurrenz nicht aktuell und für den Vermögensinhaber praktisch zwingend sei, gehe es ebenfalls nicht darum, ob der Lebensunterhalt auch ohne Alhi gesichert sei, sondern um die Wahrung der Vermögenssituation für die Zukunft oder um die Wahrung der Gläubigerinteressen an der Erfüllung. Beides sei nicht die Aufgabe der bedürftigkeitsabhängigen Alhi. Hieraus folge, daß nur solche Verbindlichkeiten zur fehlenden Zumutbarkeit der Verwertung von Vermögensgegenstände führten, die sowohl fällig als auch rechtlich durchsetzbar seien (a.a.O. Rdn 124, 125). Den vorstehenden, im wesentlichen wiedergegebenen Ausführungen von Ebsen zur Relevanz von Verbindlichkeiten in der Vermögensberücksichtigung kann nach Auffassung des Senats nicht in jeder Hinsicht gefolgt werden. Denn es wird nicht zwischen der Grundsatzfrage, was überhaupt Vermögen im Sinne von § 137 Abs. 2 AFG ist (Stufe 1) und der sich dann anschließenden Frage, inwieweit bereits (festgestelltes) Vermögen zu berücksichtigen ist (Stufe 2: § 137 Abs. 3 AFG, §§ 6 ff. AlhiV), differenziert.
Ausgangspunkt für die Auffassung des Senats ist, daß der Vermögensbegriff im AFG nicht definiert ist. Es ist darüber hinaus nicht erkennbar, daß Vermögen im Sinne des AFG eine andere Bedeutung hat als im Wirtschaftsleben und sonstigen Rechtsverkehr. Daher ist zunächst als allgemein verwendeter Begriff des Vermögens die Differenz zwischen Aktiva und Passiva heranzuziehen (vgl.: u. a. Brockhaus, Encyklopädie, 19. Auflage 1994 - Stichwörter: Vermögensbilanz, Vermögensstatus, Vermögenssteuer, Vermögensbestand; Gabler, Wirtschaftslexikon, 14. Auflage 1997 - Stichwörter: Gesamtvermögen, steuerpflichtiges Vermögen, Vermögensstatus, Vermögensbilanz, Geldvermögen, Vermögensaufstellung). Hiernach werden vom Rohvermögen Schulden und Lasten abgezogen, um zum Begriff des Gesamtvermögens zu gelangen. Grundsätzlich geht es beim Vermögen im Sinne des § 137 Abs. 2 AFG um nichts anderes, denn Anhaltspunkte dafür, daß hier unter Vermögen lediglich ein Teil des Vermögens gemeint sein könnte, fehlen völlig. Zutreffend weist auch Brummerhoff, Finanzwissenschaft, 6. Auflage 1992 S. 352 darauf hin, daß die Vermögenssteuer die fiskalische Zielsetzung hatte, Vermögen als Indikator der Leistungsfähigkeit anzusehen (je größer das Vermögen, desto höher die steuerliche Leistungsfähigkeit). Daß die steuerliche Leistungsfähigkeit aber auch abhängig von der Höhe der Schulden ist, bedarf nach Auffassung des Senats keiner weiteren Ausführungen.
Ferner ist auf § 24 Abs. 4 Parteiengesetz hinzuweisen. In dieser Vorschrift ist definiert, welche Posten die Vermögensrechnung umfaßt. Dazu gehören sowohl Besitzposten (Nr. 1 als auch Schuldposten (Nr. 2).
Schließlich ist auch auf verschiedene Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu verweisen, nämlich auf §§ 1374, 1375 sowie § 1922. Darin sind die Begriffe Anfangs- und Endvermögen definiert. Verbindlichkeiten werden jeweils in Abzug gebracht. Nach der zuletzt genannten Vorschrift des BGB geht das Vermögen (= Erbschaft) als ganzes auf den Erben über. Nach § 1967 Abs. 1 BGB haftet der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten.
Nach diesen Darlegungen könnte die Auffassung vertreten werden, als Vermögen im Sinne des § 137 Abs. 2 AFG sei die Summe aller positiven und negativen Vermögenswerte, bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt, also der Saldo zwischen Aktiva und (unbegrenzten) Passiva, angesehen werden. Der Senat kann jedoch offen lassen, ob er tatsächlich von einem derartigen Vermögensbegriff im Sinne des AFG ausgeht. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß es sich bei der Beklagten um eine Massenverwaltung handelt und die Notwendigkeit besteht, Manipulationen auszuschließen. Daher sind nach der Auffassung des Senats bei der Feststellung des Vermögens iSd § 137 Abs. 2 AFG jedenfalls von den Aktiva die Passiva abzuziehen, die vor Anschaffung der Aktiva entstanden sind (Zeitmoment), soweit mit ihnen der Zweck verfolgt wird, die Aktiva anzuschaffen (subjektives Moment) und zusätzlich eine Kausalität zwischen Eingehen der Passiva und Anschaffen der Aktiva (objektives Moment) besteht. Bei Zugrundelegung dieses Vermögensbegriffes werden sachgerechte Ergebnisse im Rahmen des § 137 Abs. 2 AFG erzielt. Dies wäre dagegen nicht der Fall, wenn man losgelöst von etwaigen Passiva nur die positiven Vermögenswerte und damit nur ein Teilvermögen als Vermögen ansehen würde. In einem solchen Fall würde eine Situation zugrunde gelegt, die tatsächlich nicht gegeben ist.
Soweit das Bundessozialgericht (BSG Urteil vom 25.03.1999 - B 7 AL 28/98 R - S. 8) die Auffassung vertritt, es seien nur Schulden in Abzug zu bringen, soweit sie zur Tilgung fällig sind, folgt der Senat dieser Auffassung nicht, weil er - was sich aus den obigen Ausführungen ergibt - diese Auffassung für zu eng hält. Nicht nur zur Tilgung fällige Schulden beeinflussen die Bedürftigkeit des Arbeitslosen, sondern jedenfalls auch sonstige Schulden, die die drei oben aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen (Zeitmoment, subjektives und objektives Moment) erfüllen. Darüber hinaus erscheint dem Senat die Fälligkeit als Kriterium dafür, ob Schulden von einem Vermögenswert in Abzug zu bringen sind oder nicht, auch deshalb nicht geeignet, weil hierdurch Manipulationsmöglichkeiten durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner gegeben sein könnten und hierdurch die Beurteilung der Bedürftigkeit des Arbeitslosen beeinflußt werden könnte. Der Senat hält auch die Auffassung des BSG (Urteil vom 25.03.1999 - B 7 AL 28/98 R -), Verbindlichkeiten seien abzuziehen, die unmittelbar auf dem Vermögenswert (hier: Haus- und Grundbesitz) liegen, für zu einschränkend und wegen der dann entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten für nicht praktikabel. Wenn man nur die unmittelbaren Schulden berücksichtigen wollte, wäre jeweils im Einzelfall der konkrete Kapitalfluß (vom Darlehensgeber zum Darlehensnehmer und von diesem weiter) aufzuklären. Es könnte - je nach Fallgestaltung - von Zufälligkeiten abhängig sein, ob das Kriterium der Unmittelbarkeit zu bejahen ist oder nicht. Für eine Massenverwaltung wie die Beklagte ergäben sich bei einer derartigen Abgrenzung massive Schwierigkeiten.
Nach den vorstehenden Ausführungen ist das Vermögen (über das Haus, die Bausparverträge sowie die Rückkaufwerte der angegebenen Lebensversicherungen hinausgehende) des Klägers und dasjenige seiner Ehefrau wie folgt festzustellen:
1. Kläger:
- Bankguthaben 19.445,-- DM
(vgl. Angaben des Klägers im Arbeitslosenhilfeantrag vom 12.10.1994, die er hinsichtlich der Richtigkeit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.02.2000 vor dem Senat bestätigt hat. Dieses Guthaben aus verschiedenen Sparkonten ist dem Kläger aufgrund seiner Gläubigereigenschaft allein zuzurechnen; der Umstand, daß zu späteren Zeitpunkten Zinsen auch von seiner Ehefrau einem seiner Konten gutgeschrieben worden sind, führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, daß den Eheleuten das Guthaben aus diesem Konto jeweils zur Hälfte zuzuordnen ist. Im übrigen wäre eine solche hälftige Aufteilung auf beide Eheleute auch irrelevant, denn in einem solchen Fall wäre dem Vermögen seiner Ehefrau ein entsprechender Betrag hinzuzurechnen. Der Senat weist darauf hin, daß der Kläger mit Schriftsatz vom 13.01.2000 lediglich die Kopie eines seiner Sparbücher eingereicht hat und insoweit der vorgenannte höhere Betrag als (gesamtes) Bankguthaben anzusetzen ist).
- Bundesschatzbrief 20.000,-- DM
- Österreichanleihe, gekauft am 17.06.1994, Kurswert 38.517,-- DM
- Summe 77.962,-- DM
Von diesem Betrag sind die vor den Wertpapierkäufen eingegangenen Schulden abzuziehen, die der Kläger zu dem Zweck aufgenommen hat, anschließend die Wertpapiere zu kaufen und bei denen eine Kausalität zwischen der Schuldenaufnahme und den Wertpapierkäufen besteht. Die Voraussetzungen für einen Abzug liegen bei den Bauspardarlehen und dem Darlehen der WfA vor. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger in seiner Einkommenssteuererklärung für 1994 (Anlage V) Schuldzinsen aufgeführt hat. Hieraus folgt unter Berücksichtigung der im übrigen bekannten Gesichtspunkte (Fertigstellung des Hauses 1982, Darlehensaufnahme von 1992 bis 1994) nicht, daß eine Verbindung dieser Darlehen mit dem Haus besteht. Dies folgt allein aus dem dargestellten Zeitablauf. Der Umstand, daß der Kläger diese Darlehn möglicherweise ohne eine Absicherung auf seinem Haus nicht erhalten hätte, steht der vorgenommenen Beurteilung nicht entgegen. Ausschlaggebend ist, daß der Kläger die aufgenommenen Darlehen jedenfalls für den Bau oder Kauf des Hauses bzw. zur Ablösung von anderen Krediten weder benötigte noch entsprechend einsetzte.
- LBS-Vertragsnr. 5328998322 (Darlehensnehmer ist nur der Kläger) 11.006,65 DM
- LBS-Vertragsnr. 51093303128 21.859,20 DM: 2 = 10.929,60 DM
Darlehensnehmer und Kontoinhaber sind der Kläger und seine Ehefrau; daher sind diese Schulden beiden Ehegatten je zur Hälfte zuzuordnen, zumal nach Angaben des Klägers beide Eheleute davon Wertpapiere in erheblichem Umfang gekauft haben.
- WfA Schuldenstand per 27.07.1994; Wertstellung des letzten Wertpapierkaufs: 61.153,50 DM: 2 = 30.576,25 DM
Die Zuordnung jeweils der Hälfte dieses Schuldenstandes zum Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau ergibt sich daraus, daß beide Eheleute Schuldner sind und beide 1994 Wertpapiere etwa in gleichem Umfang gekauft haben.
- Summe 25.449,50 DM.
Von dem vorgenannten Betrag ist der Freibetrag nach § 6 Abs. 1 AlhiV von 8.000,-- DM abzuziehen, so daß sich ein Vermögen von 17.449,50 DM ergibt.
Dieses Vermögen ist auch zu berücksichtigen, weil es zumutbar verwertbar ist. Die Verwertung ist nicht etwa nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV nicht zumutbar, weil es zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist. Der Kläger hat zwar vorgetragen, sein Vermögen sei zu dem vorgenannten Zweck bestimmt gewesen. Diese subjektive Zweckbestimmung reicht jedoch zu der Annahme der Voraussetzungen dieser Vorschrift und zur Beurteilung dieses Vermögens als sogenanntes Schonvermögen (vgl. hierzu BSG Urteile vom 22.10.1998 - B 7 AL 118/97 R - und vom 25.03.1999 - B 7 AL 28/98 R -) nicht aus. Vielmehr müssen objektive Umstände hinzutreten, aus denen ersichtlich ist, daß die vorgenommene Vermögensanlage dem vorgetragenen Zweck dient. Insoweit muß der Zweck glaubhaft gemacht sein. Dies ist nach der Auffassung des Senats vorliegend bei dem Kauf der jederzeit zum Kurswert wieder zu verkaufenden Wertpapiere nicht der Fall. Allein aus dem Umstand, daß die gekauften Wertpapiere einen im Jahre 2002 liegenden Endzeitpunkt haben, läßt sich nicht entnehmen, daß die Wertpapiere solange gehalten werden sollten. Im übrigen zeigt der tatsächliche Geschehensablauf, daß der Kläger die Wertpapiere nicht einmal bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gehalten hat. Er hat vielmehr die Österreich-Anleihe zum 01.07.1997 bereits veräußert den Kapitalbetrag bei einer Lebensversicherung in einem Beitragsdepot verzinslich angelegt und führt die monatlichen Beiträge einer bestehenden Lebensversicherung aus diesem Beitragsdepot ab. Dieses Verhalten des Klägers belegt nach Auffassung des Senats, daß er erst aufgrund einer nach dem streitigen Zeitraum liegenden Entscheidung das Vermögen zum Zwecke einer angemessenen Alterssicherung eingesetzt hat bzw. noch einsetzt. Das Alter des Klägers (Jahrgang 1948) sowie sein Altersrentenanspruch von 1.754,91 DM (vgl. Schreiben der BfA vom 18.06.1998) führt nicht zu einer anderen Beurteilung in diesem Zusammenhang.
Um die Dauer der Berücksichtigung dieses Vermögens festzustellen, ist das Vermögen durch das Arbeitsentgelt zu teilen, nach dem sich die Alhi richtet (§ 9 AlhiV). Dies führt zu folgender Rechnung:
17.449,50 DM: 1.470 = 11,87; gerundet = 11 volle Wochen, in denen wegen des zu berücksichtigenden Vermögens des Klägers mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alhi besteht.
2. Ehefrau
- Bankguthaben 136,-- DM
(Angaben des Klägers im Antrag vom 12.10.1994, hinsichtlich der Richtigkeit bestätigt im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.02.2000).
- Bundesschatzbrief 20.000,-- DM
- Kaufhof-Anleihe, gekauft am 25.07.1994, Wert 27.07.1994, Kurswert 37.012,50 DM
- Summe 57.148,50 DM
Abzüglich Schulden
- LBS Nr. 5103303128 Hälfte des Schuldenstandes (s.o.) 10.929,60 DM
- WfA, Schuldenstand per 27.07.1994, Wert des letzten Wertpapierkaufs die Hälfte des Schuldenstandes (s.o.) 30.576,75 DM
- Ferner abzüglich des Freibetrages (§ 6 Abs. 1 AlhiV) in Höhe von 8.000,-- DM
- Summe 7.642,15 DM
Dieses Vermögen der Ehefrau des Klägers ist zu berücksichtigen, weil es zumutbar verwertbar ist. Es ist nicht als Schonvermögen im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV anzusehen. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in bezug auf den Kläger verwiesen. Für die 1951 geborene Ehefrau, die ebenfalls die gekauften Wertpapiere inzwischen zum Teil verkauft und den entsprechenden Betrag aufgrund einer neuen, späteren Entscheidung in anderer Weise angelegt hat und die nach dem Schreiben der BfA vom 19.06.1998 eine Altersrentenanwartschaft von 615,99 DM hat, gilt insoweit nichts abweichendes.
Die Dauer der Berücksichtigung dieses Vermögens ergibt sich durch folgende Rechnung:
7.642,15 DM: 1.470 = 5,2 = gerundet volle 5 Wochen, in denen der Kläger aufgrund des berücksichtigungsfähigen Vermögens seiner Ehefrau keine Alhi beanspruchen kann.
Die Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau stehen einer Gewährung von Alhi für zusammen 16 Wochen (11 + 5) ab 14.10.1994, also für die Zeit vom 14.10.1994 bis 03.02.1995, entgegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist bei der Dauer der Berücksichtigung von Vermögen nicht das Vermögen des Klägers und dasjenige seiner Ehefrau zu einem Gesamtvermögen der Eheleute zusammenzufassen, sodann durch das Bemessungsentgelt zu teilen und schließlich auf volle Wochen zu runden. Vielmehr sind - wie geschehen - die zwei Vermögen der Eheleute festzustellen (§ 137 Abs. 2 AFG). Anschließend ist zu prüfen, inwieweit die Vermögen der Eheleute zu berücksichtigen sind (§ 6 Abs. 1 AlhiV). Aus § 9 AlhiV ergibt sich nichts anderes. Zwar ist dort hinsichtlich der Dauer der Berücksichtigung ausgeführt, daß das zu berücksichtigende Vermögen (Singular) durch das Arbeitsentgelt zu teilen ist. Dies ist nach der Auffassung des Senats jedoch zu beziehen auf das jeweilige Vermögen des Vermögensinhabers. Dies bedeutet, daß die Berechnung der Dauer der Berücksichtigung für das jeweilige Vermögen des Arbeitslosen und seines Ehegatten getrennt vorzunehmen ist. Es ergibt sich jedenfalls aus der AlhiV kein Anhaltspunkt dafür, daß die Vermögen von Eheleuten bezüglich der Dauer der Berücksichtigung zu einem Gesamtvermögen vor der Teilung durch das Arbeitsentgelt zusammenzufassen sind. Dies würde im Ergebnis auch zu einer Benachteiligung von Ehegatten im Vergleich zu Alleinstehenden führen, weil die Abrundungen - wie der vorliegende Fall zeigt - bei Bildung eines Gesamtvermögens der Eheleute geringer ausfallen würden. Es dürfte dann nämlich nur eine Abrundung vorgenommen werden, was bei Eheleuten (zwei Vermögen) nicht sachgerecht ist.
Der Kläger hat dagegen einen Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 04.02. bis 05.10.1995 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (unter Berücksichtigung u.a. der §§ 137 Abs. 1, 138 AFG - Anrechnung von Einkommen: Zinsüberschüsse sowie Mieteinnahmen). Die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi liegen nämlich in diesem Zeitraum vor. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß die Beklagte dem Kläger ab 06.10.1995 (allerdings ohne die Anrechnung von Einkommen) Alhi bewilligt hat. Eine überschlägliche Berechnung des anzurechnenden Einkommens durch den Senat ergibt, daß der Anrechnungsbetrag geringer ist als der Leistungssatz ohne eine Anrechnung. Die exakte Berechnung des Anrechnungsbetrages und somit der Höhe der Alhi wird die Beklagte vorzunehmen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil von einer Entscheidung des BSG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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