Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 4 (10) Ar 234/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 62/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 80/98 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 5. Februar 1997 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die im zweiten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist im zweiten Rechtszug, ob die Beklagte berechtigt ist, das der Klägerin bewilligte Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18.03. bis zum 11.05.1995 aufzuheben.
Die 1960 geborene Klägerin stand bei der Beklagten im Leistungsbezug. Gemäß Verfügung vom 23.06.1994 war ihr Arbeitslosengeld ab 01.06.1994 für 312 Tage bewilligt worden. Dieses ist zunächst bis zum 17.03.1995 gezahlt worden, so daß noch ein Restanspruch von 63 Tagen bestand. Am 17.03.1995 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei ab 18.03.1995 als Tagesmutter tätig. Sie hatte auf Vermittlung des Kreisjugendamtes P. die Tagespflege für die 1 1/2-jährigen Zwillinge T. und A. eines 17-jährigen Mädchens übernommen und zwar montags bis freitags in der Zeit von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Irgendwelche Vereinbarungen über die Durchführung der Pflege sind zwischen der Klägerin und Kindesmutter nicht getroffen worden. Die Klägerin erhielt vom Jugendamt für die Betreuung der beiden Kinder ein Pflegegeld von je 505,-- DM im Monat.
Mit Bescheid vom 20.03.1995 hob die Beklagte daraufhin ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 18.03.1995 gemäß § 48 SGB X in Verbindung mit § 152 Abs. 3 AFG auf, weil die Klägerin eine Arbeit aufgenommen habe. Der Widerspruch der Klägerin ist mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.1996 als unzulässig, weil verspätet, zurückgewiesen worden. Diese Entscheidung ist bindend geworden.
Am 12.05.1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung der Aufhebungsentscheidung vom 20.03.1995. Zur Begründung trug sie im wesentlichen vor: Sie habe am 18.03.1995 keine Arbeit aufgenommen. Vielmehr sei sie als Tagesmutter vom Kreisjugendamt P. eingesetzt worden und erhalte lediglich Pflegegeld.
Mit Bescheid vom 20.06.1995 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die Klägerin habe sich zum 18.03.1995 als Tagesmutter in Arbeit abgemeldet. Sie sei von diesem Tag an weder arbeitslos noch verfügbar gewesen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 30.06.1995 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf die von ihr in Kopie vorgelegten Schreiben d es Kreisjugendamtes P., des Versorgungsamtes B. sowie des Finanzministeriums des Landes Nordrhein- Westfalen, wonach die finanzielle Abgeltung des Pflegegeldes keine arbeits- bzw. steuerrechtliche Komponente habe, es sich insoweit vielmehr um eine Aufwandsentschädigung bzw. Unkostenerstattung handele. Bei der Betreuung von ein oder zwei Kindern sei regelmäßig davon auszugehen, daß es sich nicht um eine Erwerbstätigkeit handele, mit der Folge, daß weder ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe, noch eine Erwerbstätigkeit im Sinne des Erziehungsgeldgesetzes vorliege, noch eine Pflegeerlaubnis notwendig sei und auch keine Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts vorlägen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.1995 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die Klägerin habe sich in Arbeit abgemeldet. Durch ihre Tätigkeit als Tagesmutter sei sie objektiv nicht in der Lage, eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Ihre Betätigung als Tagesmutter sei auf Dauer angelegt und planvoll gestaltet und werde in der Art betrieben, daß sie die für eine Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nehme. Die Absicht der Klägerin, im Falle eines Arbeitsangebotes die Tätigkeit als Tagesmutter abzubrechen, reiche zur Begründung der objektiven Verfügbarkeit nicht aus. Bis zur erneuten Vorsprache der Klägerin beim Arbeitsamt am 12.05.1995 fehle es damit an der Arbeitslosigkeit bzw. einer Arbeitslosmeldung.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.08.1995 Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: Auch während ihrer Tätigkeit als Tagesmutter sei sie nach wie vor arbeitslos. Sie sei beim Jugendamt nicht beschäftigt. Ihre Tätigkeit erfülle weder die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses noch die eines sozialrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnisses. Die Aufwandsentschädigung diene in erster Linie dem Kostenersatz für Verpflegung und Unterhalt. Vertragliche Abreden beständen nicht. Da sie die Kinder jederzeit in die Obhut des Jugendamtes zurückgeben könne, sei sie ähnlich einer Mutter zu behandeln, die die Betreuung ihrer eigenen Kinder für den Fall einer Arbeitsaufnahme bereits geregelt habe. Ihre Tagespflegetätigkeit führe auch zu keiner tatsächlichen Bindung. Sie könne jederzeit die Pflegetätigkeit ohne Einhaltung irgendwelcher Fristen beenden. Allein das Jugendamt habe sich in einem solchen Fall um Ersatz zu bemühen. Sie betreibe die Tagespflegetätigkeit auch nicht erwerbsmäßig.
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.03.1995 sowie des Bescheides vom 20.06.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab 18.03.1995 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten.
Die Klägerin hat am 12.05.1995 die Widerbewilligung des Arbeitslosengeldes beantragt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 25.07.1995 abgelehnt. Hiergegen hat die Klägerin am 14.08.1995 Widerspruch eingelegt.
Nachdem die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen die Tagespflege aufgegeben hatte, hat sie am 13.11.1995 die Wiederbewilligung des Arbeitslosengeldes beantragt. Dies ist ihr von der Beklagten mit Verfügung vom 23.11.1995 am 13.11.1995 wiederbewilligt und bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 24.01.1996 weitergezahlt worden.
Das Sozialgericht hat bezüglich der Tagespflegetätigkeit der Klägerin eine Auskunft vom Jugendamt des Kreises P. eingeholt. Auf den Inhalt dieser Auskunft vom 05.06.1996 wird Bezug genommen.
Durch Urteil vom 05.02.1997 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.03.1995 sowie des Bescheides vom 20.06.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für die Zeit vom 18.03.1995 bis zum 11.05.1995 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe es zu Unrecht abgelehnt, den Aufhebungsbescheid vom 20.03.1995 gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien gegeben. Der Bescheid vom 20.03.1995 sei rechtswidrig. Die Arbeitslosengeldbewilligung habe nicht ab 18.03.1995 gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden dürfen. Die Klägerin habe auch über den 17.03.1995 hinaus die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG erfüllt. Insbesondere sei sie arbeitslos und verfügbar gewesen. Diese Voraussetzungen seien nicht dadurch entfallen, daß sich die Klägerin beim Kreisjugendamt P. für die Betreuung von zwei Kindern zur Verfügung gestellt habe. Zwar habe die Tagespflegetätigkeit der Klägerin (montags bis freitags) über 18 Stunden wöchentlich betragen. Die Klägerin habe jedoch weder in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden noch habe sie eine Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder Selbständige ausgeübt. Zwischen dem Jugendamt und der Klägerin hätten keine zivilrechtlichen bzw. arbeitsrechtlichen Vereinbarungen bestanden. Die Klägerin sei auch der Mutter der Tagespflegekinder nicht vertraglich verpflichtet gewesen. Bei der Klägerin könne weder eine abhängige Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit festgestellt werden. Die Tagesmuttertätigkeit der Klägerin weise zwar Elemente einer selbständigen Tätigkeit auf, doch fehle das einer solchen Tätigkeit immanente Kriterium der Gewinnerzielung. Die an die Klägerin gemäß § 23 - KJHG - zu zahlende monatliche Geldleistung von 505,-- DM je Tagespflegekind stelle eine Aufwandsentschädigung bzw. Unkostenerstattung dar. Diese Leistungen dienten dem Lebensunterhalt des zu betreuenden Kindes bzw. stellten einen Erziehungsbeitrag dar und kämen dem betreuten Kind während der Betreuungszeit zum größten Teil selbst wieder zugute. Die Zahlung des Pflegegeldes stelle für die Klägerin auch keine wesentliche Einkommensquelle dar und sei somit einem Arbeitseinkommen nicht vergleichbar. Bei der Betreuung von ein oder zwei fremden Kindern im Rahmen einer Tagespflege stehe nicht die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund, sondern vielmehr der Betreuungseffekt, so daß es sich nicht um eine erwerbsmäßige Tagespflegetätigkeit handele. Da die Klägerin weiterhin arbeitslos gewesen sei, stelle ihre Mitteilung vom 17.03.1995 auch keine Erklärung dar, nicht mehr arbeitslos zu sein. Die Klägerin habe der Arbeitsvermittlung auch zur Verfügung gestanden. Die von der Klägerin für zwei Kinder übernommene Tagespflege sei der Führung eines Familienhaushaltes mit Kindern gleichzustellen. Die Klägerin hätte jederzeit ohne Einhaltung irgendwelcher Fristen die Pflegetätigkeit beenden können und sich insoweit auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht. Bei Aufgabe der Pflegetätigkeit hätte es nicht der Klägerin, sondern dem Jugendamt oblegen, für die Betreuung der beiden Tagespflegekinder durch Stellung einer anderen Betreuungsperson zu sorgen. Die Klägerin sei auch jederzeit bereit gewesen, im Falle eines Arbeitsangebotes die Tagespflegetätigkeit aufzugeben, um eine ihr zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Im Rahmen von Tätigkeiten im kulturellen, karitativen, sportlichem oder gesundheitlichem Bereich könne der Aufgabewille, sofern auch die Verhältnisse die Aufgabe der Tätigkeit und die Aufnahme einer Arbeit zuließen, die Verfügbarkeit begründen. Das gelte auch für die Führung eines Familienhaushaltes mit Kindern und Pflege von Angehörigen. Entsprechendes gelte für die Klägerin. Die übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld seien nicht zweifelhaft.
Gegen das ihr am 13.03.1997 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.04.1997 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor: Die Tagespflegetätigkeit der Klägerin sei eine tatsächliche Bindung, die die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließe. Im übrigen handele es sich bei der Tagespflegetätigkeit um eine Tätigkeit als Selbständiger, die regelmäßig die Grenzen der Kurzzeitigkeit überschreite, weil die Tätigkeit in wirtschaftlicher Verantwortung und persönlicher Unabhängigkeit ausgeübt werde mit dem Ziel, aus dieser Tätigkeit Einkommen zu erzielen, so daß Arbeitslosigkeit nicht gegeben sei. Unerheblich sei, ob und in welchem Umfang durch die selbständige Tätigkeit tatsächlich Einkommen erzielt werde. Auch die Verfügbarkeit der Klägerin sei zu verneinen. Es genüge für die Erreichbarkeit der Klägerin nicht, daß sie täglich ihren Briefkasten hätte leeren können und demzufolge an dem den Eingang der Briefpost folgenden Tag einem entsprechenden Arbeitsangebot des Arbeitsamtes hätte Folge leisten können. Die aktuelle Verfügbarkeit des Arbeitslosen müsse an jedem Tag, für den Arbeitslosengeld erbracht werden solle, vorhanden sein. Das sei hier nicht der Fall. Telefonische Erreichbarkeit reiche nicht aus. Eine Betätigung auch in den Bereichen der kulturellen, caritativen, sportlichen oder gesundheitlichen Interessen stehe im Gegensatz zu den Anforderungen der objektiven Verfügbarkeit, wenn sie auf längere Dauer angelegt und planvoll gestaltet sei sowie derart betrieben werde, daß sie die für eine Berufstätigkeiterforderliche Zeit vollständig in Anspruch nehme. Dies treffe auf die Tätigkeit der Klägerin als Tagesmutter zu.
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.02.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, daß der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 25.07.1995 nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sein solle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Dabei hatte der Senat nur über die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 20.06.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 und des Aufhebungsbescheides vom 20.03.1995 für die Zeit vom 18.03.1995 bis zum 11.05.1995 zu befinden, weil die Beteiligten ihr Überprüfungsvorbringen hierauf beschränkt haben.
Die Klägerin ist in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Der Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 20.06.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 ist rechtswidrig.
Die Beklagte hat nämlich zu Unrecht das der Klägerin bewilligte Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 20.03.1995 für die hier streitige Zeit vom 18.03. bis zum 11.05.1995 aufgehoben.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß der Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Die Beklagte war nicht berechtigt, mit Bescheid vom 20.03.1995 das der Klägerin ab 01.06.1994 bewilligte Arbeitslosengeld ab 18.03.1995 gemäß § 48 SGB X aufzuheben. Denn eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen der Klägerin ist am 18.03.1995 für den streitigen Zeitraum nicht eingetreten. Die Klägerin erfüllte nach wie vor die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG. Insbesondere war sie im streitigen Zeitraum arbeitslos und stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.
Nach § 101 Abs. 1 AFG ist arbeitslos im Sinne dieses Gesetzes ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht arbeitslos, wenn er eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger oder Selbständiger ausübt, die die Grenze des § 102 AFG überschreitet. Gemäß § 102 Abs. 1 AFG ist kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Zwar betrug die Tätigkeit der Klägerin über 18 Stunden in der Woche. Jedoch war die Klägerin nicht mithelfende Familienangehörige im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG. Das ist nur derjenige, der im Betrieb eines Angehörigen mithilft (vgl. BSG SozR 4100 § 101 Nr. 8). Daran fehlt es hier eindeutig.
Mit dem Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, daß die Klägerin auch keine selbständige Tätigkeit ausübte. Selbständig ist, wer für unbestimmte Zeit - nicht nur gelegentlich - eine Tätigkeit in eigener wirtschaftlicher Verantwortung und in persönlicher Unabhängigkeit mit dem Ziel ausübt, aus dieser Zeit Einkommen zu erzielen. Persönliche Unabhängigkeit, eigene wirtschaftliche Verantwortung und Verfügungsmacht über die Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel sind die Hauptmerkmale einer selbständigen Tätigkeit. Ausgenommen sind Verrichtungen, die nur aus Liebhaberei, zum Zeitvertreib, aus Gründen der körperlichen Ertüchtigung, aus Nächstenliebe oder ähnlichen Motiven vorgenommen werden (vgl. BSG SozR 4100 § 102 Nr. 79 sowie weiter Wissing in Knigge u.a., § 101 AFG Anm. 22). Die Gewinnerzielungsabsicht ist kennzeichnend für die selbständige Tätigkeit. Eine solche Gewinnerzielungsabsicht kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden. Für die Betreuung eines Kindes in Tagespflege wird gemäß § 23 Abs. 3 SGB VIII lediglich ein Aufwendungsersatz gezahlt. Die nach dieser Vorschrift vom Jugendamt gezahlte Aufwandsentschädigung deckt nur Aufwendung, die durch das aufgenommene Kind und seinen notwendigen Lebensbedarf entstehen. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft vorgetragen, daß ihr bei der Betreuung der beiden Kleinstkinder für deren Versorgung besonders hohe Kosten (z. B. durch die notwendige Beschaffung von Pampers) entstanden seien, die die Aufwandsentschädigung im wesentlichen aufgezehrt hätten. Die Erziehungsarbeit selbst soll nach der Zielsetzung des SGB VIII als ideelle Leistung in Vertretung elterlicher Erziehung erbracht werden. Nach Auffassung des Senats stellt die Betreuung der beiden Kinder durch die Klägerin deshalb eine selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht nicht dar, da der erhaltene Aufwendungsersatz nur zur Deckung entstandener Aufwendungen verwendet werden konnte. Dies war der Klägerin von vornherein bewußt. Da es sich bei der Zahlung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII nur um eine Aufwandsentschädigung bzw. Unkostenerstattung handelt, erscheint auch das Motiv der Erzielung von Erwerbseinkommen nicht gegeben. Dafür sprechen weiter folgende Umstände: Nach BT-Drucksache 11/5948 S. 129 f. zu Nr. 23, 24 wird die Bundesregierung gebeten, Voraussetzungen zu schaffen, daß die Erziehungsleistung für Tagespflege nicht unter steuerliche Einkünfte fällt. Der Bundesfinanzhof hatte nämlich am 28.06.1994 (vgl. Krug/Grüner/Dalichau, § 23 SGB VIII S. 5) entschieden, daß bei einer Dauerpflegestelle das Entgelt nach § 3 Nr. 11 Einkommenssteuergesetz steuerfrei sei. Auch bei der Tagespflege leisten die Pflegeeltern umfassende Erziehung im Sinne von § 1 JWG. Deshalb kann die Aufwandsentschädigung für die Tagespflege auch nicht teilweise steuerpflichtiges Einkommen sein. Der Bundesminister für Finanzen hat hierzu am 07.02.1990 (vgl. Krug u. a., a.a.O.) darauf hingewiesen, erwerbsmäßig werde Pflege betrieben, wenn das Pflegegeld die wesentliche Erwerbsgrundlage darstelle. Bei ein bis zwei Kindern könne nicht Erwerbsmäßigkeit unterstellt werden. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwei Kinder betreut. Da ihr Ehemann voll beschäftigt war, stellt das Pflegegeld für die Klägerin nach Auffassung des Senats keine wesentliche Erwerbsgrundlage dar.
Die Klägerin war auch weder im Rahmen einer abhängigen noch einer selbständigen Tätigkeit für das Kreisjugendamt tätig. Das Betreuungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Kindesmutter ist zwar auf die Vermittlung durch das Jugendamt hin zustande gekommen. Diesem Umstand kommt jedoch keine Bedeutung zu, die für ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Kreisjugendamt sprechen könnte. Vermittlung in diesem Zusammenhang bedeutet, daß der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dem Personensorgeberechtigten eine Tagespflegeperson benennt, die zur Tagespflege bereit ist (vgl. BSG vom 17.02.1998 - B 2 U 3/97 R mit weiteren Nachweisen; Hauck/Haines, SGB VIII, § 23 Rdnr. 17). Über diesen Nachweis einer möglichen Betreuungsperson hinaus hat die Tätigkeit des Jugendamtes keine Auswirkung. Dem Gesetz kann daher nicht entnommen werden, daß durch die Vermittlung hierüber hinaus zwischen der Klägerin und dem Jugendamt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet werden sollte.
Die Klägerin stand auch nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Kindesmutter. Ein Beschäftigungsverhältnis setzt voraus, daß nicht selbständige, fremdbestimmte Arbeiten in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Kennzeichnend ist mithin das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf der einen Seite und die Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auf der anderen Seite (vgl. BSG SozR 3-5100 § 101 Nr. 6 mit weiteren Nachweisen). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, daß zwischen der Tagespflegeperson und dem Personensorgeberechtigten ein zivilrechtlicher Betreuungsvertrag zustande kommt (vgl. Hauck/Haines, a.a.O., § 23 Rdnr. 20). Ob ein solcher zwischen der Klägerin und der 17-jährigen Kindesmutter wirksam, eventuell nach Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter, geschlossen worden sein könnte, kann offenbleiben, da es in diesem Zusammenhang auf die tatsächlichen Umstände ankommt. Dabei ist die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses abhängig von der jeweiligen Gestaltung des Einzelfalls. Maßgebend ist, ob die konkret vorliegenden Umstände auf eine fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit hinweisen. Die Klägerin hat zwar aufgrund des zumindest faktisch bestehenden Betreuungsverhältnisses die Betreuung der beiden Kinder übernommen. Dies geschah aber ausschließlich in eigener Verantwortlichkeit. Denn zwischen der Klägerin und der Kindesmutter bestanden keine Absprachen hinsichtlich der Betreuung der beiden Kinder. Die Kindesmutter hatte der Klägerin keinerlei Weisungen hinsichtlich der Durchführung der Betreuung ihrer beiden Kinder erteilt. Von daher war die Klägerin in Gestaltung und Durchführung der Kindesbetreuung frei und nicht an Weisungen der Kindesmutter bezüglich Art, Ort und Zeit der Betreuung gebunden. Die Klägerin bestimmte Art und Umfang der gesamten Betreuung selbst. Die von ihr durchgeführte Betreuung war daher keine fremdbestimmte Arbeit und wurde insbesondere nicht in persönlicher Abhängigkeit von der Kindesmutter verrichtet. Die Klägerin war damit im streitigen Zeitraum arbeitslos im Sinne von § 101 AFG.
Darüber hinaus ist eine Beschäftigung nicht anzunehmen bei gemeinnützigen Arbeiten und zusätzlichen Arbeiten nach § 19 BSHG, wenn hierfür nicht das übliche Arbeitsentgelt gezahlt wird, sondern Hilfe zum Lebensunterhalt (vgl. Niesel, AFG, § 101 Rdnr. 15). Das Betreuungsverhältnis kann dem gleichgestellt werden. Von seiner Zielsetzung her überwiegt das Allgemeininteresse. Ein echtes Arbeitsentgelt wird nicht gezahlt.
Die Klägerin stand im streitigen Zeitraum auch der Arbeitsvermittlung im Sinne von § 103 AFG zur Verfügung. Sie hat die Kinder in der eigenen Wohnung betreut und war damit täglich zum üblichen Eingang der Briefpost erreichbar. Das stellt auch die Beklagte letztlich nicht mehr in Abrede. Die Klägerin stand auch der Arbeitsvermittlung objektiv zur Verfügung. Allerdings schließt nach der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG (BSG SozR 4100 § 103 Nr. 39) eine Betätigung, die auf längere Dauer angelegt und planvoll gestaltet ist sowie der Art betrieben wird, daß sie die für eine Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nimmt, die mithin für jeden Tag, an dem sie stattfindet, die Möglichkeit ausschließt, berufstätig zu sein, die objektive Verfügbarkeit auch dann aus, wenn der Arbeitslose jederzeit bereit war, im Falle eines Arbeitsangebotes diese Tätigkeit aufzugeben. Dies ist jedoch auch nach Auffassung des 7. Senats im Bereich der kulturellen, karitativen, sportlichen oder gesundheitlichen Bereiches anders zu beurteilen. Zum sozialen oder karitativen Bereich gehört im weiteren Sinne auch die Führung des Familienhaushalts mit Kindern und die Pflege eines Angehörigen (vgl. BSG in SozR 3-4100 § 103 Nr. 4, § 134 Nr. 7). Für diese Fälle hat der 11. Senat des BSG (a.a.O.) entschieden, daß der Wille, die Tätigkeit im Falle der Arbeitsvermittlung aufgeben zu wollen, beachtlich ist und objektive Verfügbarkeit in diesen Fällen daher weiter anzunehmen ist, wenn für den Fall der Arbeitsaufnahme sichergestellt ist, daß die Betreuung anderweitig erfolgt. Für die Übernahme einer Pflegetätigkeit und Betreuung fremder Kinder kann nach Auffassung des Senates nichts anderes gelten. Auch hier steht der karitative Zweck im Vordergrund, die Betreuung und Versorgung von Kleinstkindern durchzuführen und sicherzustellen. Die Klägerin hat versichert, daß sie die Betreuungstätigkeit im Falle einer Arbeitsvermittlung jederzeit aufgegeben hätte. Nach dem Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gewonnen hat, erscheint es glaubhaft, daß die Klägerin den ernsthaften Willen hatte, dies auch zu tun. Die Betreuung der beiden Kinder hätte auch jederzeit von anderen Betreuungspersonen übernommen werden können. Hierzu ergibt die Auskunft des Kreisjugendamtes P., daß eine jederzeitige Beendigung des Pflegeverhältnisses möglich war und daß das Jugendamt verpflichtet war, im Falle der Aufgabe der Betreuung durch die Klägerin sofort die Kinder in andere Obhut zu bringen. Bei Aufgabe der Pflegetätigkeit hätte es nicht der Klägerin, sondern dem Jugendamt oblegen, für die Betreuung der beiden Tagespflegekinder durch Stellung einer anderen Betreuungsperson zu sorgen. Die Klägerin war auch subjektiv bereit, jede ihr zumutbare Tätigkeit aufzunehmen, der persönliche Eindruck der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt die Glaubhaftigkeit dieser Angaben. Die Klägerin war daher im streitigen Zeitraum auch verfügbar im Sinne von § 103 AFG.
Da auch die übrigen Voraussetzungen für ein Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG vorliegen, hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 18.03. bis zum 11.05.1995 Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Aufwandsentschädigung von je 505,-- DM im Monat hat auch nicht zum teilweisen Wegfall des Arbeitslosengeldanspruches geführt, weil es sich bei der Aufwandsentschädigung nicht um Einkommen im Sinne von § 115 AFG handelt.
Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, daß der Aufhebungsbescheid vom 20.03.1995 jedenfalls für die Vergangenheit auch deshalb rechtswidrig ist, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB X nicht vorliegen. Dies würde den Zeitraum vom 18.03. bis zum 23.03.1995 (§ 37 SGB X) betreffen.
Die Berufung der Beklagten erweist sich somit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Umstritten ist im zweiten Rechtszug, ob die Beklagte berechtigt ist, das der Klägerin bewilligte Arbeitslosengeld für die Zeit vom 18.03. bis zum 11.05.1995 aufzuheben.
Die 1960 geborene Klägerin stand bei der Beklagten im Leistungsbezug. Gemäß Verfügung vom 23.06.1994 war ihr Arbeitslosengeld ab 01.06.1994 für 312 Tage bewilligt worden. Dieses ist zunächst bis zum 17.03.1995 gezahlt worden, so daß noch ein Restanspruch von 63 Tagen bestand. Am 17.03.1995 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei ab 18.03.1995 als Tagesmutter tätig. Sie hatte auf Vermittlung des Kreisjugendamtes P. die Tagespflege für die 1 1/2-jährigen Zwillinge T. und A. eines 17-jährigen Mädchens übernommen und zwar montags bis freitags in der Zeit von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Irgendwelche Vereinbarungen über die Durchführung der Pflege sind zwischen der Klägerin und Kindesmutter nicht getroffen worden. Die Klägerin erhielt vom Jugendamt für die Betreuung der beiden Kinder ein Pflegegeld von je 505,-- DM im Monat.
Mit Bescheid vom 20.03.1995 hob die Beklagte daraufhin ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 18.03.1995 gemäß § 48 SGB X in Verbindung mit § 152 Abs. 3 AFG auf, weil die Klägerin eine Arbeit aufgenommen habe. Der Widerspruch der Klägerin ist mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.1996 als unzulässig, weil verspätet, zurückgewiesen worden. Diese Entscheidung ist bindend geworden.
Am 12.05.1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung der Aufhebungsentscheidung vom 20.03.1995. Zur Begründung trug sie im wesentlichen vor: Sie habe am 18.03.1995 keine Arbeit aufgenommen. Vielmehr sei sie als Tagesmutter vom Kreisjugendamt P. eingesetzt worden und erhalte lediglich Pflegegeld.
Mit Bescheid vom 20.06.1995 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die Klägerin habe sich zum 18.03.1995 als Tagesmutter in Arbeit abgemeldet. Sie sei von diesem Tag an weder arbeitslos noch verfügbar gewesen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 30.06.1995 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf die von ihr in Kopie vorgelegten Schreiben d es Kreisjugendamtes P., des Versorgungsamtes B. sowie des Finanzministeriums des Landes Nordrhein- Westfalen, wonach die finanzielle Abgeltung des Pflegegeldes keine arbeits- bzw. steuerrechtliche Komponente habe, es sich insoweit vielmehr um eine Aufwandsentschädigung bzw. Unkostenerstattung handele. Bei der Betreuung von ein oder zwei Kindern sei regelmäßig davon auszugehen, daß es sich nicht um eine Erwerbstätigkeit handele, mit der Folge, daß weder ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe, noch eine Erwerbstätigkeit im Sinne des Erziehungsgeldgesetzes vorliege, noch eine Pflegeerlaubnis notwendig sei und auch keine Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts vorlägen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.1995 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die Klägerin habe sich in Arbeit abgemeldet. Durch ihre Tätigkeit als Tagesmutter sei sie objektiv nicht in der Lage, eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Ihre Betätigung als Tagesmutter sei auf Dauer angelegt und planvoll gestaltet und werde in der Art betrieben, daß sie die für eine Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nehme. Die Absicht der Klägerin, im Falle eines Arbeitsangebotes die Tätigkeit als Tagesmutter abzubrechen, reiche zur Begründung der objektiven Verfügbarkeit nicht aus. Bis zur erneuten Vorsprache der Klägerin beim Arbeitsamt am 12.05.1995 fehle es damit an der Arbeitslosigkeit bzw. einer Arbeitslosmeldung.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.08.1995 Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: Auch während ihrer Tätigkeit als Tagesmutter sei sie nach wie vor arbeitslos. Sie sei beim Jugendamt nicht beschäftigt. Ihre Tätigkeit erfülle weder die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses noch die eines sozialrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnisses. Die Aufwandsentschädigung diene in erster Linie dem Kostenersatz für Verpflegung und Unterhalt. Vertragliche Abreden beständen nicht. Da sie die Kinder jederzeit in die Obhut des Jugendamtes zurückgeben könne, sei sie ähnlich einer Mutter zu behandeln, die die Betreuung ihrer eigenen Kinder für den Fall einer Arbeitsaufnahme bereits geregelt habe. Ihre Tagespflegetätigkeit führe auch zu keiner tatsächlichen Bindung. Sie könne jederzeit die Pflegetätigkeit ohne Einhaltung irgendwelcher Fristen beenden. Allein das Jugendamt habe sich in einem solchen Fall um Ersatz zu bemühen. Sie betreibe die Tagespflegetätigkeit auch nicht erwerbsmäßig.
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.03.1995 sowie des Bescheides vom 20.06.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab 18.03.1995 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten.
Die Klägerin hat am 12.05.1995 die Widerbewilligung des Arbeitslosengeldes beantragt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 25.07.1995 abgelehnt. Hiergegen hat die Klägerin am 14.08.1995 Widerspruch eingelegt.
Nachdem die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen die Tagespflege aufgegeben hatte, hat sie am 13.11.1995 die Wiederbewilligung des Arbeitslosengeldes beantragt. Dies ist ihr von der Beklagten mit Verfügung vom 23.11.1995 am 13.11.1995 wiederbewilligt und bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 24.01.1996 weitergezahlt worden.
Das Sozialgericht hat bezüglich der Tagespflegetätigkeit der Klägerin eine Auskunft vom Jugendamt des Kreises P. eingeholt. Auf den Inhalt dieser Auskunft vom 05.06.1996 wird Bezug genommen.
Durch Urteil vom 05.02.1997 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.03.1995 sowie des Bescheides vom 20.06.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für die Zeit vom 18.03.1995 bis zum 11.05.1995 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe es zu Unrecht abgelehnt, den Aufhebungsbescheid vom 20.03.1995 gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien gegeben. Der Bescheid vom 20.03.1995 sei rechtswidrig. Die Arbeitslosengeldbewilligung habe nicht ab 18.03.1995 gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden dürfen. Die Klägerin habe auch über den 17.03.1995 hinaus die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG erfüllt. Insbesondere sei sie arbeitslos und verfügbar gewesen. Diese Voraussetzungen seien nicht dadurch entfallen, daß sich die Klägerin beim Kreisjugendamt P. für die Betreuung von zwei Kindern zur Verfügung gestellt habe. Zwar habe die Tagespflegetätigkeit der Klägerin (montags bis freitags) über 18 Stunden wöchentlich betragen. Die Klägerin habe jedoch weder in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden noch habe sie eine Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder Selbständige ausgeübt. Zwischen dem Jugendamt und der Klägerin hätten keine zivilrechtlichen bzw. arbeitsrechtlichen Vereinbarungen bestanden. Die Klägerin sei auch der Mutter der Tagespflegekinder nicht vertraglich verpflichtet gewesen. Bei der Klägerin könne weder eine abhängige Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit festgestellt werden. Die Tagesmuttertätigkeit der Klägerin weise zwar Elemente einer selbständigen Tätigkeit auf, doch fehle das einer solchen Tätigkeit immanente Kriterium der Gewinnerzielung. Die an die Klägerin gemäß § 23 - KJHG - zu zahlende monatliche Geldleistung von 505,-- DM je Tagespflegekind stelle eine Aufwandsentschädigung bzw. Unkostenerstattung dar. Diese Leistungen dienten dem Lebensunterhalt des zu betreuenden Kindes bzw. stellten einen Erziehungsbeitrag dar und kämen dem betreuten Kind während der Betreuungszeit zum größten Teil selbst wieder zugute. Die Zahlung des Pflegegeldes stelle für die Klägerin auch keine wesentliche Einkommensquelle dar und sei somit einem Arbeitseinkommen nicht vergleichbar. Bei der Betreuung von ein oder zwei fremden Kindern im Rahmen einer Tagespflege stehe nicht die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund, sondern vielmehr der Betreuungseffekt, so daß es sich nicht um eine erwerbsmäßige Tagespflegetätigkeit handele. Da die Klägerin weiterhin arbeitslos gewesen sei, stelle ihre Mitteilung vom 17.03.1995 auch keine Erklärung dar, nicht mehr arbeitslos zu sein. Die Klägerin habe der Arbeitsvermittlung auch zur Verfügung gestanden. Die von der Klägerin für zwei Kinder übernommene Tagespflege sei der Führung eines Familienhaushaltes mit Kindern gleichzustellen. Die Klägerin hätte jederzeit ohne Einhaltung irgendwelcher Fristen die Pflegetätigkeit beenden können und sich insoweit auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht. Bei Aufgabe der Pflegetätigkeit hätte es nicht der Klägerin, sondern dem Jugendamt oblegen, für die Betreuung der beiden Tagespflegekinder durch Stellung einer anderen Betreuungsperson zu sorgen. Die Klägerin sei auch jederzeit bereit gewesen, im Falle eines Arbeitsangebotes die Tagespflegetätigkeit aufzugeben, um eine ihr zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Im Rahmen von Tätigkeiten im kulturellen, karitativen, sportlichem oder gesundheitlichem Bereich könne der Aufgabewille, sofern auch die Verhältnisse die Aufgabe der Tätigkeit und die Aufnahme einer Arbeit zuließen, die Verfügbarkeit begründen. Das gelte auch für die Führung eines Familienhaushaltes mit Kindern und Pflege von Angehörigen. Entsprechendes gelte für die Klägerin. Die übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld seien nicht zweifelhaft.
Gegen das ihr am 13.03.1997 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.04.1997 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor: Die Tagespflegetätigkeit der Klägerin sei eine tatsächliche Bindung, die die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließe. Im übrigen handele es sich bei der Tagespflegetätigkeit um eine Tätigkeit als Selbständiger, die regelmäßig die Grenzen der Kurzzeitigkeit überschreite, weil die Tätigkeit in wirtschaftlicher Verantwortung und persönlicher Unabhängigkeit ausgeübt werde mit dem Ziel, aus dieser Tätigkeit Einkommen zu erzielen, so daß Arbeitslosigkeit nicht gegeben sei. Unerheblich sei, ob und in welchem Umfang durch die selbständige Tätigkeit tatsächlich Einkommen erzielt werde. Auch die Verfügbarkeit der Klägerin sei zu verneinen. Es genüge für die Erreichbarkeit der Klägerin nicht, daß sie täglich ihren Briefkasten hätte leeren können und demzufolge an dem den Eingang der Briefpost folgenden Tag einem entsprechenden Arbeitsangebot des Arbeitsamtes hätte Folge leisten können. Die aktuelle Verfügbarkeit des Arbeitslosen müsse an jedem Tag, für den Arbeitslosengeld erbracht werden solle, vorhanden sein. Das sei hier nicht der Fall. Telefonische Erreichbarkeit reiche nicht aus. Eine Betätigung auch in den Bereichen der kulturellen, caritativen, sportlichen oder gesundheitlichen Interessen stehe im Gegensatz zu den Anforderungen der objektiven Verfügbarkeit, wenn sie auf längere Dauer angelegt und planvoll gestaltet sei sowie derart betrieben werde, daß sie die für eine Berufstätigkeiterforderliche Zeit vollständig in Anspruch nehme. Dies treffe auf die Tätigkeit der Klägerin als Tagesmutter zu.
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.02.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, daß der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 25.07.1995 nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sein solle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Dabei hatte der Senat nur über die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 20.06.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 und des Aufhebungsbescheides vom 20.03.1995 für die Zeit vom 18.03.1995 bis zum 11.05.1995 zu befinden, weil die Beteiligten ihr Überprüfungsvorbringen hierauf beschränkt haben.
Die Klägerin ist in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Der Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 20.06.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995 ist rechtswidrig.
Die Beklagte hat nämlich zu Unrecht das der Klägerin bewilligte Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 20.03.1995 für die hier streitige Zeit vom 18.03. bis zum 11.05.1995 aufgehoben.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß der Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Die Beklagte war nicht berechtigt, mit Bescheid vom 20.03.1995 das der Klägerin ab 01.06.1994 bewilligte Arbeitslosengeld ab 18.03.1995 gemäß § 48 SGB X aufzuheben. Denn eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen der Klägerin ist am 18.03.1995 für den streitigen Zeitraum nicht eingetreten. Die Klägerin erfüllte nach wie vor die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG. Insbesondere war sie im streitigen Zeitraum arbeitslos und stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.
Nach § 101 Abs. 1 AFG ist arbeitslos im Sinne dieses Gesetzes ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt. Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht arbeitslos, wenn er eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger oder Selbständiger ausübt, die die Grenze des § 102 AFG überschreitet. Gemäß § 102 Abs. 1 AFG ist kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Zwar betrug die Tätigkeit der Klägerin über 18 Stunden in der Woche. Jedoch war die Klägerin nicht mithelfende Familienangehörige im Sinne von § 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFG. Das ist nur derjenige, der im Betrieb eines Angehörigen mithilft (vgl. BSG SozR 4100 § 101 Nr. 8). Daran fehlt es hier eindeutig.
Mit dem Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, daß die Klägerin auch keine selbständige Tätigkeit ausübte. Selbständig ist, wer für unbestimmte Zeit - nicht nur gelegentlich - eine Tätigkeit in eigener wirtschaftlicher Verantwortung und in persönlicher Unabhängigkeit mit dem Ziel ausübt, aus dieser Zeit Einkommen zu erzielen. Persönliche Unabhängigkeit, eigene wirtschaftliche Verantwortung und Verfügungsmacht über die Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel sind die Hauptmerkmale einer selbständigen Tätigkeit. Ausgenommen sind Verrichtungen, die nur aus Liebhaberei, zum Zeitvertreib, aus Gründen der körperlichen Ertüchtigung, aus Nächstenliebe oder ähnlichen Motiven vorgenommen werden (vgl. BSG SozR 4100 § 102 Nr. 79 sowie weiter Wissing in Knigge u.a., § 101 AFG Anm. 22). Die Gewinnerzielungsabsicht ist kennzeichnend für die selbständige Tätigkeit. Eine solche Gewinnerzielungsabsicht kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden. Für die Betreuung eines Kindes in Tagespflege wird gemäß § 23 Abs. 3 SGB VIII lediglich ein Aufwendungsersatz gezahlt. Die nach dieser Vorschrift vom Jugendamt gezahlte Aufwandsentschädigung deckt nur Aufwendung, die durch das aufgenommene Kind und seinen notwendigen Lebensbedarf entstehen. Hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft vorgetragen, daß ihr bei der Betreuung der beiden Kleinstkinder für deren Versorgung besonders hohe Kosten (z. B. durch die notwendige Beschaffung von Pampers) entstanden seien, die die Aufwandsentschädigung im wesentlichen aufgezehrt hätten. Die Erziehungsarbeit selbst soll nach der Zielsetzung des SGB VIII als ideelle Leistung in Vertretung elterlicher Erziehung erbracht werden. Nach Auffassung des Senats stellt die Betreuung der beiden Kinder durch die Klägerin deshalb eine selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht nicht dar, da der erhaltene Aufwendungsersatz nur zur Deckung entstandener Aufwendungen verwendet werden konnte. Dies war der Klägerin von vornherein bewußt. Da es sich bei der Zahlung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII nur um eine Aufwandsentschädigung bzw. Unkostenerstattung handelt, erscheint auch das Motiv der Erzielung von Erwerbseinkommen nicht gegeben. Dafür sprechen weiter folgende Umstände: Nach BT-Drucksache 11/5948 S. 129 f. zu Nr. 23, 24 wird die Bundesregierung gebeten, Voraussetzungen zu schaffen, daß die Erziehungsleistung für Tagespflege nicht unter steuerliche Einkünfte fällt. Der Bundesfinanzhof hatte nämlich am 28.06.1994 (vgl. Krug/Grüner/Dalichau, § 23 SGB VIII S. 5) entschieden, daß bei einer Dauerpflegestelle das Entgelt nach § 3 Nr. 11 Einkommenssteuergesetz steuerfrei sei. Auch bei der Tagespflege leisten die Pflegeeltern umfassende Erziehung im Sinne von § 1 JWG. Deshalb kann die Aufwandsentschädigung für die Tagespflege auch nicht teilweise steuerpflichtiges Einkommen sein. Der Bundesminister für Finanzen hat hierzu am 07.02.1990 (vgl. Krug u. a., a.a.O.) darauf hingewiesen, erwerbsmäßig werde Pflege betrieben, wenn das Pflegegeld die wesentliche Erwerbsgrundlage darstelle. Bei ein bis zwei Kindern könne nicht Erwerbsmäßigkeit unterstellt werden. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwei Kinder betreut. Da ihr Ehemann voll beschäftigt war, stellt das Pflegegeld für die Klägerin nach Auffassung des Senats keine wesentliche Erwerbsgrundlage dar.
Die Klägerin war auch weder im Rahmen einer abhängigen noch einer selbständigen Tätigkeit für das Kreisjugendamt tätig. Das Betreuungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Kindesmutter ist zwar auf die Vermittlung durch das Jugendamt hin zustande gekommen. Diesem Umstand kommt jedoch keine Bedeutung zu, die für ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Kreisjugendamt sprechen könnte. Vermittlung in diesem Zusammenhang bedeutet, daß der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dem Personensorgeberechtigten eine Tagespflegeperson benennt, die zur Tagespflege bereit ist (vgl. BSG vom 17.02.1998 - B 2 U 3/97 R mit weiteren Nachweisen; Hauck/Haines, SGB VIII, § 23 Rdnr. 17). Über diesen Nachweis einer möglichen Betreuungsperson hinaus hat die Tätigkeit des Jugendamtes keine Auswirkung. Dem Gesetz kann daher nicht entnommen werden, daß durch die Vermittlung hierüber hinaus zwischen der Klägerin und dem Jugendamt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet werden sollte.
Die Klägerin stand auch nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Kindesmutter. Ein Beschäftigungsverhältnis setzt voraus, daß nicht selbständige, fremdbestimmte Arbeiten in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Kennzeichnend ist mithin das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf der einen Seite und die Weisungsunterworfenheit des Arbeitnehmers auf der anderen Seite (vgl. BSG SozR 3-5100 § 101 Nr. 6 mit weiteren Nachweisen). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, daß zwischen der Tagespflegeperson und dem Personensorgeberechtigten ein zivilrechtlicher Betreuungsvertrag zustande kommt (vgl. Hauck/Haines, a.a.O., § 23 Rdnr. 20). Ob ein solcher zwischen der Klägerin und der 17-jährigen Kindesmutter wirksam, eventuell nach Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter, geschlossen worden sein könnte, kann offenbleiben, da es in diesem Zusammenhang auf die tatsächlichen Umstände ankommt. Dabei ist die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses abhängig von der jeweiligen Gestaltung des Einzelfalls. Maßgebend ist, ob die konkret vorliegenden Umstände auf eine fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit hinweisen. Die Klägerin hat zwar aufgrund des zumindest faktisch bestehenden Betreuungsverhältnisses die Betreuung der beiden Kinder übernommen. Dies geschah aber ausschließlich in eigener Verantwortlichkeit. Denn zwischen der Klägerin und der Kindesmutter bestanden keine Absprachen hinsichtlich der Betreuung der beiden Kinder. Die Kindesmutter hatte der Klägerin keinerlei Weisungen hinsichtlich der Durchführung der Betreuung ihrer beiden Kinder erteilt. Von daher war die Klägerin in Gestaltung und Durchführung der Kindesbetreuung frei und nicht an Weisungen der Kindesmutter bezüglich Art, Ort und Zeit der Betreuung gebunden. Die Klägerin bestimmte Art und Umfang der gesamten Betreuung selbst. Die von ihr durchgeführte Betreuung war daher keine fremdbestimmte Arbeit und wurde insbesondere nicht in persönlicher Abhängigkeit von der Kindesmutter verrichtet. Die Klägerin war damit im streitigen Zeitraum arbeitslos im Sinne von § 101 AFG.
Darüber hinaus ist eine Beschäftigung nicht anzunehmen bei gemeinnützigen Arbeiten und zusätzlichen Arbeiten nach § 19 BSHG, wenn hierfür nicht das übliche Arbeitsentgelt gezahlt wird, sondern Hilfe zum Lebensunterhalt (vgl. Niesel, AFG, § 101 Rdnr. 15). Das Betreuungsverhältnis kann dem gleichgestellt werden. Von seiner Zielsetzung her überwiegt das Allgemeininteresse. Ein echtes Arbeitsentgelt wird nicht gezahlt.
Die Klägerin stand im streitigen Zeitraum auch der Arbeitsvermittlung im Sinne von § 103 AFG zur Verfügung. Sie hat die Kinder in der eigenen Wohnung betreut und war damit täglich zum üblichen Eingang der Briefpost erreichbar. Das stellt auch die Beklagte letztlich nicht mehr in Abrede. Die Klägerin stand auch der Arbeitsvermittlung objektiv zur Verfügung. Allerdings schließt nach der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG (BSG SozR 4100 § 103 Nr. 39) eine Betätigung, die auf längere Dauer angelegt und planvoll gestaltet ist sowie der Art betrieben wird, daß sie die für eine Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nimmt, die mithin für jeden Tag, an dem sie stattfindet, die Möglichkeit ausschließt, berufstätig zu sein, die objektive Verfügbarkeit auch dann aus, wenn der Arbeitslose jederzeit bereit war, im Falle eines Arbeitsangebotes diese Tätigkeit aufzugeben. Dies ist jedoch auch nach Auffassung des 7. Senats im Bereich der kulturellen, karitativen, sportlichen oder gesundheitlichen Bereiches anders zu beurteilen. Zum sozialen oder karitativen Bereich gehört im weiteren Sinne auch die Führung des Familienhaushalts mit Kindern und die Pflege eines Angehörigen (vgl. BSG in SozR 3-4100 § 103 Nr. 4, § 134 Nr. 7). Für diese Fälle hat der 11. Senat des BSG (a.a.O.) entschieden, daß der Wille, die Tätigkeit im Falle der Arbeitsvermittlung aufgeben zu wollen, beachtlich ist und objektive Verfügbarkeit in diesen Fällen daher weiter anzunehmen ist, wenn für den Fall der Arbeitsaufnahme sichergestellt ist, daß die Betreuung anderweitig erfolgt. Für die Übernahme einer Pflegetätigkeit und Betreuung fremder Kinder kann nach Auffassung des Senates nichts anderes gelten. Auch hier steht der karitative Zweck im Vordergrund, die Betreuung und Versorgung von Kleinstkindern durchzuführen und sicherzustellen. Die Klägerin hat versichert, daß sie die Betreuungstätigkeit im Falle einer Arbeitsvermittlung jederzeit aufgegeben hätte. Nach dem Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gewonnen hat, erscheint es glaubhaft, daß die Klägerin den ernsthaften Willen hatte, dies auch zu tun. Die Betreuung der beiden Kinder hätte auch jederzeit von anderen Betreuungspersonen übernommen werden können. Hierzu ergibt die Auskunft des Kreisjugendamtes P., daß eine jederzeitige Beendigung des Pflegeverhältnisses möglich war und daß das Jugendamt verpflichtet war, im Falle der Aufgabe der Betreuung durch die Klägerin sofort die Kinder in andere Obhut zu bringen. Bei Aufgabe der Pflegetätigkeit hätte es nicht der Klägerin, sondern dem Jugendamt oblegen, für die Betreuung der beiden Tagespflegekinder durch Stellung einer anderen Betreuungsperson zu sorgen. Die Klägerin war auch subjektiv bereit, jede ihr zumutbare Tätigkeit aufzunehmen, der persönliche Eindruck der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt die Glaubhaftigkeit dieser Angaben. Die Klägerin war daher im streitigen Zeitraum auch verfügbar im Sinne von § 103 AFG.
Da auch die übrigen Voraussetzungen für ein Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 100 Abs. 1 AFG vorliegen, hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 18.03. bis zum 11.05.1995 Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Aufwandsentschädigung von je 505,-- DM im Monat hat auch nicht zum teilweisen Wegfall des Arbeitslosengeldanspruches geführt, weil es sich bei der Aufwandsentschädigung nicht um Einkommen im Sinne von § 115 AFG handelt.
Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, daß der Aufhebungsbescheid vom 20.03.1995 jedenfalls für die Vergangenheit auch deshalb rechtswidrig ist, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB X nicht vorliegen. Dies würde den Zeitraum vom 18.03. bis zum 23.03.1995 (§ 37 SGB X) betreffen.
Die Berufung der Beklagten erweist sich somit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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