L 12 AL 48/98

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 32 Ar 107/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 48/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 77/99 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13. November 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung eines höheren Übergangsgeldes. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob die Beklagte auf den Zahlungssatz des Übergangsgeldes die dem Kläger gezahlte Berufsunfähigkeitsrente anrechnen durfte.

Der Kläger ist am ...1958 geboren. Er verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker. Zuletzt war er vom 20.05.1986 bis zum 28.08.1992 beitragspflichtig beschäftigt. Nach seinen Angaben bildete er im Rahmen seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugschlosser Auszubildende aus und leitete vertretungsweise die Staplerwerkstatt. Er erhielt Arbeitslosengeld vom 17.10.1992 bis zum 02.10.1993 und im Anschluß hieran vom 04.10.1993 bis 29.03.1994 Krankengeld. Vom 02.01.1995 bis zum 13.01.1995 bezog der Kläger wiederum Arbeitslosengeld. Danach er hielt er vom 14.01.1995 bis zum 07.08.1995 Anschlußarbeitslosenhilfe, vom 08.08.1995 bis zum 05.09.1995 Übergangsgeld und vom 06.09.1995 bis zum 20.06.1996 Krankengeld. Mit Verfügung vom 18.07.1996 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld ab 27.06.1996, das bis zum 19.10.1996 gezahlt wurde. Dabei legte die Beklagte bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes gemäß § 112 Abs. 7 AFG ausgehend von dem Beruf eines Bereichsleiters in der Automobil/Metallindustrie nach dem Tarifvertrag für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen vom 01.11.1995 die Gehaltsgruppe T 4 zugrunde, was zu einem Arbeitsentgelt von 4.495,-- DM im Monat zuzüglich 52,-- DM vermögenswirksamer Leistungen und einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden führte.

Der Kläger bezog von der LVA Rheinprovinz Rente auf Zeit wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 03.05.1996, die mit Bescheid vom 07.08.1996 bis zum 31.10.1996 und mit Bescheid vom 14.11.1996 längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres verlängert wurde. Auf seinen Antrag vom 02.10.1992 bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 02.10.1996 als berufsfördernde Maßnahme der Rehabilitation eine Umschulung zum Versicherungskaufmann, die vom 21.10.1996 bis zum 04.02.1999 beim Berufsförderungswerk E. in R. stattfand. Mit Bescheid vom 11.11.1996 bewilligte das Arbeitsamt Regensburg dem Kläger Übergangsgeld vom 21.10.1996 bis zum 31.10.1996 in Höhe von kalendertäglich 73,89 DM und rechnete hierauf gemäß § 59 e AFG kalendertäglich die Berufsunfähigkeitsrente mit 40,04 DM an. Für die Zeit vom 01.11.1996 bis zum 31.12.1998 bewilligte sie dem Kläger vorläufig Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 73,89 DM.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers, mit dem er die volle Auszahlung des Übergangsgeldes begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16.04.1997). Der Kläger hat am 28.04.1997 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Nachdem aufgrund geänderter Zuständigkeitsregelung das Arbeitsamt Krefeld ab 01.11.1996 für die Zahlung des Übergangsgeldes an den Kläger zuständig geworden war, bewilligte ihm dieses mit Bescheid vom 11.12.1996 Übergangsgeld vom 01.11.1996 bis zum 30.06.1997 in Höhe von kalendertäglich 73,89 DM unter Anrechnung der Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 40,04 DM kalendertäglich, was zu einem Zahlbetrag von 33,85 DM kalendertäglich führte.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 23.12.1996 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.1997 zurück.

Der Kläger hat auch hiergegen am 09.07.1997 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Das Sozialgericht hat beide Streitsachen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe bei der Bemessung der Höhe des Übergangsgeldes zu Unrecht die ihm gewährte Berufsunfähigkeitsrente angerechnet. Die Beklagte habe ihm das Übergangsgeld aufgrund eines fiktiven Arbeitsentgelts bewilligt. Eine Anrechnung der Rente dürfe jedoch nach der gesetzlichen Regelung nur dann erfolgen, wenn dem Übergangsgeld ein vor dem Beginn der Rentengewährung erzieltes Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei.

Der Kläger hat die Maßnahme am 08.05.1997 aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen. Er bezog sodann ab 09.05.1997 Arbeitslosengeld und ab 13.09.1998 Krankengeld. Ab 01.08.1998 ist ihm rückwirkend Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit bewilligt worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.1997 und den Be scheid vom 11.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.1997 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm antragsgemäß ungekürztes Übergangsgeld zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, auch in den Fällen, in denen - wie beim Kläger - bei Bemessung der Höhe des Übergangsgeldes ein fiktives Arbeitsentgelt gemäß § 59 a AFG zugrunde zu legen sei, müsse nach Maßgabe des § 59 e AFG eine Berufsunfähigkeitrente angerechnet werden.

Durch Urteil vom 13.11.1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen; es hat die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgrün den hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe dem Kläger mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht Übergangsgeld unter Anrechnung der ihm zustehenden Berufsunfähigkeitsrente bewilligt. Unumstritten stehe ihm Übergangsgeld zu. Dieses sei aber nur unter Anrechnung der ihm geleisteten Berufsunfähigkeitsrente zu bewilligen. Dies folge aus § 59 e Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit § 59 a AFG. Insoweit habe der Kläger zwar zu Recht darauf verwiesen, ihm sei Übergangsgeld nicht auf der Grundlage eines vor der Rentengewährung erzielten Arbeitsentgelts bewilligt worden, sondern nach Maßgabe des § 59 a AFG auf der Grundlage einer fiktiven tariflichen Einstufung. Zu Unrecht meine der Kläger, aus der Formulierung "erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" in § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG sei zu folgern, daß eine entsprechende Anrechnung nicht erfolgen dürfe, wenn das Übergangsgeld nach Maßgabe des § 59 a AFG auf der Grundlage einer fiktiven tariflichen Einstufung - wie unumstritten in seinem Falle - erfolgt sei. § 59 a AFG schreibe u.a. vor, daß das Übergangsgeld aus 65 v.H. des auf ein Jahr bezogenen tariflichen oder, wenn es an einer tariflichen Regelung fehle, des ortsüblichen Arbeitsentgelts zu berechnen sei, das für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Behinderten gelte, sofern bei berufsfördernden Maßnahmen der Rehabilitation der letzte Tag des Bemessungszeitraums zu Beginn der Maßnahme länger als drei Jahre zurückliege. Diese Norm sei im Falle des Klägers zutreffend angewandt worden. Auf der Grundlage der von ihm zuletzt ausgeübten Tätigkeit sei nach Maßgabe dieser Vorschrift eine fiktive tarifliche Einstufung als Bereichsleiter in der Automobilindustrie/Metallindustrie erfolgt, was auch der Kläger für korrekt halte. Daß auch in einem solchen Falle die bezogene Berufsunfähigkeitsrente in Anrechnung zu bringen sei, folge trotz des Wortlautes "erzielt" aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 59 e AFG. Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung sei nämlich, Doppelleistungen auf der Basis einer nur möglicherweise gleichen Bemessungsgrundlage zu vermeiden. Hieraus folge u.a. auch, daß der Begriff Rente in der genannten Norm eingeschränkt auszulegen sei als Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit. Die Zahlung eines vollen Übergangsgeldes solle dann nicht erfolgen, wenn dem Übergangsgeld Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus der Zeit vor der Rentengewährung zugrunde zu legen sei. Dies müsse nach Sinn und Zweck der Regelung aber auch dann gelten, wenn die Höhe des Übergangsgeldes nach Maßgabe des § 59 a AFG nur aufgrund einer fiktiven tariflichen Einstufung erfolgen könne, die wiederum auf der Grundlage der letzten beruflichen Tätigkeit gegen Entgelt, d.h. ohne einschränkende Berücksichtigung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, auf denen später die Rentengewährung erfolgt sei, beruhe. Es sei dem Gesetzgeber bei dieser Regelung um den Fall gegangen, bei dem der Behinderte eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehe, keine Erwerbstätigkeit ausübe und nun an einer Reha-Maßnahme teilnehme und zur Berechnung des Übergangsgeldes auf ein früheres vor dem Rentenbezug liegendes Arbeitsentgelt zurückgegriffen werde. Das aber sei auch dann der Fall, wenn das Übergangsgeld nach Maßgabe des § 59 a AFG auf der Grundlage einer tariflichen Einstufung zu bestimmen sei, die für eine fiktive Beschäftigung, die der Behinderte ohne Behinderung vor Beginn der Maßnahme hätte ausüben können, gelte.

Gegen das ihm am 05.03.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.03.1998 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Die Berufsunfähigkeitsrente sei nicht gemäß § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG auf das Übergangsgeld anzurechnen. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei eindeutig. Im Falle des Klägers liege der Berechnung des Übergangsgeldes nicht ein erzieltes Arbeitsentgelt zugrunde, vielmehr sei es nach § 59 a AFG berechnet worden. Sinn und Zweck der Regelung des § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG geböten es nicht, das nach § 59 a AFG berechnete Übergangsgeld dem erzielten Arbeitsentgelt gleichzustellen. Durch die Regelung des § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG solle die Zahlung des vollen Übergangsgeldes neben einer Rente vermieden werden, wenn dem Übergangsgeld Arbeitsentgelt aus der Zeit vor der Rentengewährung zugrunde zu legen sei, weil das Übergangsgeld dann nämlich höher sei als ein Übergangsgeld, das aus dem nach der Rentengewährung erzielten Einkommen berechnet werde. Denn dieses Einkommen sei wegen der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Regel erheblich niedriger. Auch das fiktive Ein kommen des § 59 a AFG sei in der Regel erheblich niedriger als das Einkommen aus der Zeit vor der Rentengewährung. Maßgebend sei nämlich nach § 59 a AFG das Arbeitsentgelt im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Maßnahme für diejenige Beschäftigung, für die der Behinderte ohne die Behinderung nach seinen beruflichen Fähigkeiten und nach seinem Lebensalter in Betracht komme. Damit sei das gesetzlich fiktive Einkommen bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit niedriger als das Einkommen, welches der Kläger aus der Zeit vor der Rentengewährung erzielt habe, als noch keine gesundheitlichen Einschränkungen vorgelegen hätten. Entscheidend bleibe, daß das fiktive gesetzliche Einkommen des § 59 a AFG niedriger im Sinne des Gesetzeszweckes des § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG sei. Nicht entscheidend sei, wie die Beklagte tatsächlich das Übergangsgeld berechnet habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.11.1997 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.1997 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 11.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.1997 zu verurteilen, ihm Übergangsgeld bis zum 08.05.1997 ohne Anrechnung der Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung: Erst wenn neben einer Rente ein dann in der Regel aus gesundheitlichen Gründen vermindertes Arbeitsentgelt erzielt werde, dürfe eine Anrechnung der BU-Rente auf das Übergangsgeld nicht erfolgen. Denn dann diene die Rente der Kompensation des gesundheitsbedingten Minderverdienstes. Gerade diese am Sinn und Zweck des § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG orientierte Auslegung stütze ihre Auffassung. Bei der fiktiven Einstellung habe sie jedoch die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 59 a Satz 2 AFG außer Be tracht gelassen. Der Kläger sei daher wie ein gesunder Berufsgenosse fiktiv eingeschätzt, ihm sei ein volles, nicht aber ein gemindertes Arbeitsentgelt zugebilligt worden. Demzufolge verbleibe hinsichtlich dieser Einstufung kein über die Berufsunfähigkeitsrente zu kompensierender Einkommensverlust des Klägers, der zur Nichtanrechnung der Rente auf das Übergangsgeld führen müsse. Wegen der vollen fiktiven Einstufung müsse sich der Kläger wie ein Berufskollege behandeln lassen, dessen Übergangsgeld sich nach einem vor Rentenbeginn erzielten vollen Arbeitsentgelt berechne. Auf dessen Übergangsgeld werde nach § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG die BU-Rente angerechnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte in jedem Fall kraft Zulassung statthafte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Denn die an gefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig.

Der Kläger hat gemäß § 56 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AFG Anspruch auf Zahlung von Übergangsgeld. Die Beklagte hat dem Kläger mit binden dem Bewilligungsbescheid vom 02.10.1996 die berufsfördernde Rehabilitations Maßnahme - Umschulung zum Versicherungskaufmann - bewilligt. Damit sind die Behinderteneigenschaft des Klägers und die allgemeinen Förderungsvoraussetzungen anerkannt. Insoweit bedarf es keiner erneuten Prüfung durch den Senat (vgl. BSG vom 01.06.1994 - 7 RAr 40/92 und 7 RAr 106/93).

Da der Kläger innerhalb der letzten drei Jahre vor Maßnahmebeginn kein Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung erzielt hatte, hat die Beklagte zutreffend das Übergangsgeld gemäß § 59 a Satz 1 Nr. 1 AFG auf der Grundlage einer fiktiven tariflichen Einstufung mit kalendertäglich 73,89 DM berechnet. Der Senat nimmt insoweit auf die Berechnung der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden Bezug. Hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht.

Auf das sich hiernach ergebende ungekürzte kalendertägliche Übergangsgeld von 73,89 DM hat die Beklagte zu Recht die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers mit kalendertäglich 40,04 DM gemäß § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG angerechnet. Nach dieser Vorschrift ist das Übergangsgeld ferner zu kürzen um den um die gesetzlichen Abzüge verminderten Betrag von Renten, wenn dem Übergangsgeld ein vor der Rentengewährung erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde liegt. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, daß dem hier gezahlten Übergangsgeld kein tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt zugrunde lag. Das Übergangsgeld war hier vielmehr nach § 59 a S. 1 Nr. 1 AFG zu berechnen, weil im Falle des Klägers der letzte Tag des Bemessungszeitraumes zu Beginn der Maßnahme länger als drei Jahre zurücklag. Gleichwohl ist es auch nach Auffassung des Senats nach dem Normzweck des § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG geboten, diese Regelung erweiternd auszulegen und eine Kürzung des Übergangsgeldes auch in diesem Fall zuzulassen.

Durch die Regelung des § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG soll die Zahlung von vollem Übergangsgeld neben einer Rente vermieden werden, wenn dem Übergangsgeld Arbeitsentgelt oder Einkommen aus der Zeit vor der Rentengewährung zugrunde zu legen ist (vgl. Bundestags-Drucksache 7/1237 S. 619). Eine Anrechnung kommt daher in Betracht, wenn der Berechnung des Übergangsgeldes bei dem Bezieher einer BU-Rente, der keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, das vor dem Rentenbezug erzielte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird; dies gilt hingegen nicht, wenn das Übergangsgeld aus einem neben der Rente erzielten Arbeitsentgelt berechnet wurde (vgl. Niesel, AFG, § 59 e Rdnr. 15, 16; Gagel, AFG, § 59 e Rdnr. 12). Der gesetzlichen Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß das Übergangsgeld, das nach einem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus der Zeit vor der Rentengewährung berechnet würde, regelmäßig höher wäre, als wenn es auf dem nach der Gewährung der Rente erzielten Entgelt basieren würde (vgl. Gagel, AFG § 59 e Rdnr. 12). Denn es ist da von auszugehen, daß ein nach der Rentengewährung erzieltes Entgelt - wegen der Erwerbsminderung - im Regelfall niedriger ausfällt. Nur in diesem Fall ist es aber sachgerecht, die Rente außer Ansatz zu lassen. Vorliegend ist das Übergangsgeld jedoch nicht aus einem neben der Rente erzielten Arbeitseinkommen berechnet worden. Nach Auffassung des Senats gebietet es der Normzweck der genannten Bestimmung, daß dem tatsächlich erzielten Einkommen ein lediglich erzielbares Entgelt gleichgestellt wird. Denn durch die fiktive Bemessung des Übergangsgeldes nach § 59 a AFG wird der Kläger so gestellt, als hätte er vor Beginn der Maßnahme ein tarifliches Arbeitsentgelt erhalten, und zwar ohne Berücksichtigung der behinderungsbedingten Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit.

Grundsätzlich wäre auch im vorliegenden Fall gemäß § 59 AFG von dem im Bemessungszeitraum 1992 erzielten Arbeitsentgelt auszugehen gewesen. Der Gesetzgeber hat dies jedoch mit dem AFKG vom 22.12.1981 (BGBl. I S. 1497 - BT-Drucksache 9/846) nicht in jedem Fall für billig empfunden. Um eine ausreichende Höhe des Übergangsgeldes sicherzustellen, kann nicht in jedem Fall bei seiner Berechnung von dem vor der Rehamaßnahme erzielten Entgelt ausgegangen werden. Für die in § 59 a AFG genannten Tatbestände soll deshalb durch Bezugnahme auf das maßgebliche tarifliche oder mangels einer tariflichen Regelung ortsübliche Arbeitsentgelt eine gleichwertige Sicherstellung des Lebensunterhaltes erzielt werden. Aus dem Sinn dieser Regelung folgt nach Auffassung des Senats, daß das tarifliche Arbeitsentgelt im Sinne von § 59 a S. 1 Nr. 1 AFG an die Stelle des erzielten Arbeitentgeltes tritt, um insoweit den Arbeitnehmer nicht zu benachteiligen. Das fiktive Arbeitentgelt ist daher dem erzielten Arbeitsentgelt entsprechend. Der Hinweis des Klägers, das fiktive Einkommen des § 59 a AFG sei in der Regel erheblich niedriger als das Einkommen vor der Rentengewährung, trifft in dieser Form nicht zu. Ein niedrigeres Einkommen könnte nur als Folge der zur Rentengewährung führenden Behinderung erheblich sein. Gerade das schließt § 59 a Satz 2 AFG aber ausdrücklich aus, weil danach die gesundheitlichen Einschränkungen bei der fiktiven Einstufung außer Betracht bleiben. Der Kläger ist - wie auch ein Gesunder - fiktiv von der Beklagten eingestuft worden. Ihm ist ein volles Arbeitsentgelt zugebilligt worden. Wie die Beklagte zu treffend ausführt, verbleibt hinsichtlich der Einstufung kein über die BU-Rente zu kompensierender Einkommensverlust des Klägers, der zur Nichtanrechnung der Rente führen müßte.

Ist der Kläger aber derart gestellt, muß er sich auch so behandeln lassen, als wenn er vor Rentenbeginn ein volles Arbeitsentgelt erzielt hätte (vgl. auch Gagel AFG, zu § 59 e alter Fassung Rdnr. 12). Mit der fiktiven Berechnung wird auf eine Verdienstmöglichkeit abgestellt, die der Behinderte bei Maßnahmebeginn ohne die Behinderung hätte erzielen können. Die Anrechnung der BU-Rente soll nach dem erklärten Ziel des Gesetzgebers nur dann unterbleiben, wenn das Übergangsgeld schon behinderungsbedingt durch vorher abgesenktes Einkommen niedriger war. An letzterem fehlt es hier. Da der Kläger wegen der vollen fiktiven Einstufung in bezug auf das Arbeitsentgelt keinerlei Nachteilen ausgesetzt ist, muß er sich so behandeln wie ein Arbeitnehmer, dessen Übergangsgeld sich nach einem vor Rentenbeginn erzielten vollen Arbeitsentgelt berechnet hat. Auch auf dessen Übergangsgeld würde gemäß § 59 e Abs. 3 Nr. 2 AFG die BU-Rente angerechnet. Der Kläger ist daher insoweit nicht schlechter gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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