Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 27 Ar 217/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 121/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 A 256/00 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18. Juni 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichteintritts der Erstattungspflichten nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG.
Diesen Antrag stellte sie im Juni 1997. Hierbei gab sie an, bei ihr seien zum 01.08.1996 insgesamt 2.459 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, darunter 179, die zu diesem Zeitpunkt das 56. Lebensjahr vollendet gehabt hätten. Bis zum Tag der Antragstellung seien 122 Arbeitnehmer ausgeschieden. Demgegenüber seien 35 Arbeitnehmer eingetreten, so daß insgesamt ein Personalrückgang um 87 Arbeitnehmer - entsprechend einem prozentualen Personalabbau von 3,538 % - zu verzeichnen sei. Unter den Ausgeschiedenen befänden sich 9 Arbeitnehmer, die zum Stichtag 01.08.1996 das 56. Lebensjahr vollendet hätten und die aus personenbedingten Gründen ausgeschieden seien.
Mit Bescheid vom 17.06.1997 lehnte die Beklagte den Feststellungsantrag ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Neben den neun namentlich von der Klägerin genannten Arbeitnehmern seien vier weitere Arbeitnehmer bei der Zahl der älteren ausgeschiedenen Arbeitnehmer mitzurechnen. Diese müßten der Zahl der ausgeschiedenen älteren Arbeitnehmer zugeschlagen werden, obwohl für sie jeweils ein individueller Befreiungstatbestand nach § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG vorgelegen habe.
Der Widerspruch der Klägerin hiergegen ist erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 21.07.1997).
Die Klägerin hat am 07.08.1997 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: Nach ihrer Auffassung könne sie 10 im einzelnen namentlich benannte ältere Mitarbeiter im Hinblick auf die Regelung des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG freisetzen.
Inzwischen habe sich herausgestellt, daß im Jahreszeitraum (saldiert) insgesamt 124 Mitarbeiter ausgeschieden seien. Bei der zu Beginn des Jahreszeitraumes zu berücksichtigenden Beschäftigungszahl von 2.459 habe der Anteil der innerhalb des Jahreszeitraums ausscheidenden Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet hätten, nicht höher als 10 sein dürfen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, weitere drei bzw. vier Arbeitnehmer seien der Zahl der älteren ausscheidenden Arbeitnehmer zuzurechnen, sei unzutreffend. Bei den insoweit genannten Arbeitnehmer handele es sich zwar um Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt 01.08.1996 das 56. Lebensjahr vollendet gehabt hätten. Keiner dieser Arbeitnehmer sei jedoch von seiten der Klägerin gekündigt worden. Alle diese Arbeitnehmer hätten nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld bei der Beklagten Arbeitslosengeld beantragt und dieses gemäß § 105 a AFG erhalten. Arbeitnehmer, die bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis Leistungen nach § 105 a AFG bezögen, dürften nicht mit eingerechnet werden. Auch wenn dieser Personenkreis, für den eine Verzichtserklärung des Arbeitgebers im Hinblick auf das Direktionsrecht nicht vorliege, als anspruchsberechtigt auf Arbeitslosengeld anerkannt werde, so könne dies nicht dazu führen, daß dieser Personenkreis im Rahmen des § 128 AFG demjenigen gleichgestellt werde, der das Arbeitsverhältnis beendet habe. Die Beschäftigungsverhältnisse seien beendet worden, ohne daß sie, die Klägerin, hieran mitgewirkt habe. Es hänge also vom Zufall ab, zu welchem Zeitpunkt der jeweilige Arbeitnehmer Arbeitslosengeld beantrage. Allen vier Arbeitnehmer sei im Jahre 1997 rückwirkend Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt worden. Von diesem Zeitpunkt ab seien sie nicht mehr zu berücksichtigen, da sie auf Dauer keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr in Anspruch nähmen.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.07.1997 festzustellen, daß die Klägerin im Zeitraum vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1997 gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG von der Erstattungspflicht befreit ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Nach ihrer Auffassung sei im vorliegenden Fall entscheidend, ob der Anteil der innerhalb des Jahreszeitraums entlassenen Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet hätten, nicht höher als 10 sei. Insoweit seien die 10 entlassenen Arbeitnehmer von der Klägerin auch richtig benannt worden. Darüber hinaus seien auch drei namentlich benannte Arbeitnehmer der Zahl der älteren ausgeschiedenen Arbeitnehmer zuzuordnen. Bei diesen sei das Beschäftigungsverhältnis auf Dauer beendet und sie seien aus dem Betrieb ausgeschieden. Auf eine mögliche Fortdauer des Arbeitsverhältnisses komme es hierbei nicht an. Im übrigen sei auch eine weitere Arbeitnehmerin bei der Zahl der Austritte zu berücksichtigen. Mit Urteil vom 18.06.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei zwar gemäß § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG zulässig, jedoch nicht begründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht vorlägen. Nach dieser Vorschrift sei der Nichteintritt der Erstattungspflicht gemäß § 128 AFG für die Freisetzung von den älteren Arbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen festzustellen. Dies gelte u.a. dann, wenn sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt mindestens zwei Jahre beschäftigt gewesen sei, um mehr als 3 v.H. innerhalb eines Jahres vermindere und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmer der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet hätten, nicht höher sei als es ihrem Anteil an die Gesamtzahl der im Betriebbeschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraums entspreche.
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da zur Zahl der in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmer jedenfalls drei weitere Arbeitnehmer zuzurechnen seien. Jedenfalls diese drei Arbeitnehmer seien dem entscheidenden Jahreszeitraum (01.08.1996 bis 31.07.1997) zusätzlich zuzurechnen. Sie seien in diesem Zeitraum "ausgeschieden" im Sinne von § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG. Dies ergebe sich bereits aus dem Sinn der Vorschrift, nämlich eine Einzelfallprüfung nur dann möglich zu machen, wenn der Anteil der 56-jährigen und älteren Arbeitnehmer an der Anzahl der Ausscheidenden den Anteil der älteren Arbeitnehmer an der Zahl der Gesamtbelegschaft zu Beginn des Jahreszeitraumes nicht übersteige. Würden hierbei diese drei Arbeitnehmer - entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin - nicht berücksichtigt werden, so läge bei diesem Personenkreis nie ein "Ausscheiden" vor, obwohl die Anzahl der älteren Arbeitnehmer bei der Klägerin, die nicht direkt vom Beschäftigungsverhältnis in Altersrente überging, sich verringert habe. Daß dies nur davon abhängen solle, daß das Arbeitsverhältnis formal noch aufrecht erhalten werde, sei insofern nicht überzeugend. Denn der Kern bzw. der Sinn des § 128 AFG sei, eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Kosten der Arbeitslosenversicherung zu verhindern. Bei dieser Zielsetzung liege der Schwerpunkt insoweit jedoch nicht bei der von der Klägerin aufgeworfenen Frage des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses, sondern bei der Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung. Diese Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung erfolge jedoch auch von demjenigen, der lediglich das Beschäftigungsverhältnis beendet habe. Diese Erwägung rechtfertigt jedenfalls, die drei Arbeitnehmer gleichzustellen. Was den von der Klägerin angesprochenen Zeitpunkt der Berücksichtigung betreffe, so sei dieser dem im vorliegenden Fall relevanten Jahreszeitraum zuzuordnen. Hierein falle nämlich sowohl die Erklärung der Arbeitnehmer, daß sie das Direktionsrecht der Klägerin nicht mehr anerkennen, als auch der Beginn der Leistungszahlung von Arbeitslosengeld.
Gegen das ihr am 20.07.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.1998 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren. Ergänzend führt sie aus, daß auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht abgestellt werden könne, vielmehr aufgrund der gesetzlichen Regelungen nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Überprüfung der Tatbestände und auch der Ausnahmevorschriften ermögliche, zeige der Ausnahmekatalog des § 128 AFG. Nach der Dienstanweisung der Beklagten komme ein Erstattungsanspruch nach § 128 AFG nicht in Betracht, wenn der betreffende Arbeitnehmer auf Dauer keine Leistung der Bundesanstalt beziehe. Den drei namentlich genannten Arbeitnehmern sei rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt worden. Zwischen der Beklagten und dem Rentenversicherungsträger sei eine entsprechende Erstattung vorgenommen worden. Daraus folge, daß die nach § 105 a AFG gewährte Leistung nicht auf Dauer erfolge, sondern nur vorübergehend und befristet sei. Die verspätete Entscheidung des Rentenversicherungsträgers könne nicht dazu führen, sie mit einem Erstattungsanspruch nach § 128 AFG zu belasten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.06.1998 zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es sei nicht so, daß sie im Falle der Leistungsgewährung gemäß § 105 a AFG auf die Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 verzichte. Vielmehr entfalle in diesen Fällen möglicherweise die Erstattungspflicht, weil der Arbeitslose einen Anspruch auf eine andere Sozialleistung gemäß § 118 AFG habe. Im übrigen sei maßgeblich auf das Ende des Beschäftigungsverhältnisses des einzelnen Arbeitnehmers und auf die Zahlungspflicht der Beklagten bei der Beurteilung des Eintritts der Erstattungspflicht abzustellen. So spreche auch der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang lediglich von "ausscheidenden" Arbeitnehmern (§ 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG) und nicht - wie in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AFG - von der Beendigung des "Arbeitsverhältnisses". Im übrigen treffe die Klägerin an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses insoweit eine besondere Verantwortung, als sie zum einen auf die Verfügungsgewalt über die entsprechenden Arbeitnehmer verzichtet habe und zum anderen den Arbeitnehmern keine leidensgerechte Arbeitsplätze habe anbieten können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Das Sozialgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Feststellungsantrag der Klägerin zwar gemäß § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG zulässig, jedoch nicht begründet ist, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht vorliegen.
Nach § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG entscheidet das Arbeitsamt auf Antrag des Arbeitgebers im voraus, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 Nrn. 6 oder 7 erfüllt sind. Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, daß sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt mindestens zwei Jahre beschäftigt war, um mehr als 3 v.H. innerhalb eines Jahres vermindert und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmern der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, nicht höher ist als es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraums entspricht.
Zwar hat sich im maßgeblichen Zeitraum vom 01.08.1966 bis zum 31.07.1997 der Personalbestand bei der Klägerin um mehr als 3 % vermindert. Allerdings war unter den ausgeschiedenen Arbeitnehmern der Anteil der über 56-Jährigen höher als deren Anteil unter den im Betrieb zu Beginn des Jahreszeitraums Beschäftigten. Die maßgebliche Grenze betrug insoweit 10 Arbeitnehmer. Diesbezüglich nimmt der Senat auf die zutreffende Berechnung der Beteiligten Bezug. Ausgeschieden sind indessen im maßgeblichen Jahreszeitraum 13 Arbeitnehmer. Damit ist die entscheidende Grenze von 10 Arbeitnehmern überschritten. Der Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG greift nicht ein.
Der gegenteiligen Auffassung der Klägerin vermag der Senat nicht zu folgen. Entscheidend ist allein, ob die drei namentlich benannten weiteren Arbeitnehmer im Jahreszeitraum vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1997 ausgeschieden und damit diesem zuzurechnen sind. Das ist hier der Fall. Alle drei namentlich benannten Arbeitnehmer haben am 01.08.1996 das 56. Lebensjahr vollendet. Bei keinem dieser Arbeitnehmer ist von der Klägerin das Arbeitsverhältnis gekündigt worden. Das Arbeitsverhältnis bestand somit fort. Alle Arbeitnehmer haben nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld Arbeitslosengeld beantragt und dieses nahtlos gemäß § 105 a AFG erhalten. Alle drei Arbeitnehmer haben erklärt, daß sie das Direktionsrecht der Klägerin nicht mehr anerkennen.
Nach dem Normzweck des § 128 AFG soll der Übung von Unternehmen entgegengewirkt werden, Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung zur Verbesserung der betriebsüblichen Personalstruktur zu nutzen (Mißbrauchsverhinderungs-Funktion). Ferner soll die Kündigung älterer Arbeitnehmer verhindert werden (Kündigungsfunktion) und die Rentenversicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit entlastet werden (Entlassungsfunktion). Maßgeblich ist die Verantwortung des Arbeitgebers für die Beendigung der Tätigkeit des Arbeitnehmers, der kausal dadurch arbeitslos wird, und deshalb Arbeitslosengeld bezieht (vgl. dazu BVerfG NJW 1990 1230). Daraus folgt, daß es auf die Verantwortung für den Eintritt der tatsächlichen Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenen Arbeitslosengeldbezug ankommt. Maßgeblich ist daher nach Auffassung des Senats im Rahmen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG das tatsächliche Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb und der Eintritt der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 101 AFG. Das bedeutet, daß es auf die Beendigung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ankommt, nicht jedoch auf die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Knigge pp, AFG, § 128 Rdnr. 52; vgl. auch Gagel, AFG, § 128 Rdnr. 177). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß der Gesetzgeber in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG den Begriff des "Ausscheidens" verwendet und nicht - wie in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AFG - von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spricht. Der Gesetzgeber hat daher innerhalb der genannten Vorschrift bewußt zwischen dem Ausscheiden aus dem Betrieb einerseits und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses andererseits unterschieden. Daraus folgt aber zur Überzeugung des Senats, daß es bei § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommen kann. Anderenfalls hätte es der vorgenommenen Abgrenzung gegenüber § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AFG nicht bedurft. Im Rahmen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG ist daher auf die faktische Arbeitsaufgabe und die leistungspflichtige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen, weil nur diese zu den Anspruchsvoraussetzungen der §§ 100, 101 AFG und damit zum Leistungsbezug führt, der nach dem Normzweck des § 128 AFG gerade vermieden werden soll. Deshalb ist es unerheblich, daß die Klägerin die Arbeitsverhältnisse nicht gekündigt hat und diese deshalb fortbestehen. Im Sinne der vorstehenden Ausführungen waren die drei namentlich benannten Arbeitnehmer im November 1996 aus dem Betrieb der Klägerin tatsächlich ausgeschieden in dem Zeitpunkt, in dem der Krankengeldbezug endete und sich nahtlos die Zahlung von Arbeitslosengeld gemäß § 105 a AFG - ebenfalls im November 1996 - anschloß. Daß das Beschäftigungsverhältnis der Arbeitnehmer im November 1996 beendet worden ist, räumt auch die Klägerin ein. Denn die drei Arbeitnehmer hatten sich dem Direktionsrecht der Klägerin nicht unterworfen. Allein dies genügt schon für den Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses. Die Arbeitnehmer waren arbeitslos im Sinne von § 101 AFG. Das Ausscheiden der drei Arbeitnehmer erfolgte im maßgeblichen Jahreszeitraum vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1997. Die Festlegung des Jahreszeitraums ist Sache des Arbeitgebers. Er ist hieran gebunden und muß die sich hieraus ergebenden Konsequenzen tragen.
Auch der Hinweis der Klägerin auf den Dienstblattrunderlaß der Beklagten 11 U/93 S. 20 3.371 Abs. 6 führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach sind zwar bei der Ermittlung der Zahl der innerhalb des betreffenden Jahreszeitraums ausscheidenden Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, diejenigen nicht zu berücksichtigen, die auf Dauer keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen (vgl. dazu GK, AFG, § 128 Rdnr. 142). Allein schon der Wortlaut dieses Runderlasses trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Denn die drei namentlich benannten Arbeitnehmer haben gerade nicht auf Dauer keine Leistungen der Beklagten bezogen. Vielmehr haben alle drei Arbeitnehmer Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG bezogen. Die genannte Vorschrift ist allein eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Arbeitslosen bei nicht nur vorübergehender Minderung der Leistungsfähigkeit. Der Umstand, daß den drei Arbeitnehmern später rückwirkend Erwerbsunfähigkeitsrente mit dem Beginn vor der Arbeitslosengeldzahlung erhalten haben, steht nicht entgegen. Es ist zwar zutreffend, daß die Beklagte gemäß § 105 a Abs. 3 im Falle der Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitsrente durch einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung einen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X hat. Dadurch wird jedoch nur das Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen. Die von der Beklagten gemäß § 105 a AFG erbrachte Leistung sind hiervon nicht berührt. Die Zahlung von Arbeitslosengeld nach § 105 s AFG bleibt im Verhältnis zu dem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer eine rechtmäßige Zahlung von Arbeitslosengeld. Sie kann gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen des § 128 AFG nicht wegfingiert werden mit der Folge, daß ihmgegenüber die Sachlage so zu sehen wäre, als wenn die Arbeitnehmer nie Leistungen nach § 105 a AFG erhalten hätten. Der Arbeitgeber muß den einmal nach § 105 a AFG erfolgten Leistungsbezug gegenüber sich gelten lassen. Die in § 128 AFG normierte Erstattungspflicht knüpft nämlich auch an die abstrakten Regelungen für den Alg-Anspruch an, soweit diese Erleichterungen für den Bezug vorsehen, wie z. B. § 105 c AFG. Ferner trifft in diesem Fall das Schwergewicht der Verantwortung den Arbeitgeber, weil § 105 c AFG nur Ausdruck einer realistischen Einschätzung des Arbeitsmarktes für ältere Arbeitnehmer ist (vgl. Gagel, AFG, § 128 Rdnr. 5). Diese Überlegungen treffen nach Auffassung des Senats auch auf den Fall des § 105 a AFG zu. Damit müssen die drei namentlich benannten Arbeitnehmer der hier maßgeblichen Grenzzahl von 10 Arbeitnehmern hinzugerechnet werden, so daß diese überschritten ist und eine pauschale Befreiung nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht eintritt. Die Berufung der Klägerin erweist sich somit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichteintritts der Erstattungspflichten nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG.
Diesen Antrag stellte sie im Juni 1997. Hierbei gab sie an, bei ihr seien zum 01.08.1996 insgesamt 2.459 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, darunter 179, die zu diesem Zeitpunkt das 56. Lebensjahr vollendet gehabt hätten. Bis zum Tag der Antragstellung seien 122 Arbeitnehmer ausgeschieden. Demgegenüber seien 35 Arbeitnehmer eingetreten, so daß insgesamt ein Personalrückgang um 87 Arbeitnehmer - entsprechend einem prozentualen Personalabbau von 3,538 % - zu verzeichnen sei. Unter den Ausgeschiedenen befänden sich 9 Arbeitnehmer, die zum Stichtag 01.08.1996 das 56. Lebensjahr vollendet hätten und die aus personenbedingten Gründen ausgeschieden seien.
Mit Bescheid vom 17.06.1997 lehnte die Beklagte den Feststellungsantrag ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Neben den neun namentlich von der Klägerin genannten Arbeitnehmern seien vier weitere Arbeitnehmer bei der Zahl der älteren ausgeschiedenen Arbeitnehmer mitzurechnen. Diese müßten der Zahl der ausgeschiedenen älteren Arbeitnehmer zugeschlagen werden, obwohl für sie jeweils ein individueller Befreiungstatbestand nach § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG vorgelegen habe.
Der Widerspruch der Klägerin hiergegen ist erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 21.07.1997).
Die Klägerin hat am 07.08.1997 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: Nach ihrer Auffassung könne sie 10 im einzelnen namentlich benannte ältere Mitarbeiter im Hinblick auf die Regelung des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG freisetzen.
Inzwischen habe sich herausgestellt, daß im Jahreszeitraum (saldiert) insgesamt 124 Mitarbeiter ausgeschieden seien. Bei der zu Beginn des Jahreszeitraumes zu berücksichtigenden Beschäftigungszahl von 2.459 habe der Anteil der innerhalb des Jahreszeitraums ausscheidenden Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet hätten, nicht höher als 10 sein dürfen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, weitere drei bzw. vier Arbeitnehmer seien der Zahl der älteren ausscheidenden Arbeitnehmer zuzurechnen, sei unzutreffend. Bei den insoweit genannten Arbeitnehmer handele es sich zwar um Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt 01.08.1996 das 56. Lebensjahr vollendet gehabt hätten. Keiner dieser Arbeitnehmer sei jedoch von seiten der Klägerin gekündigt worden. Alle diese Arbeitnehmer hätten nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld bei der Beklagten Arbeitslosengeld beantragt und dieses gemäß § 105 a AFG erhalten. Arbeitnehmer, die bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis Leistungen nach § 105 a AFG bezögen, dürften nicht mit eingerechnet werden. Auch wenn dieser Personenkreis, für den eine Verzichtserklärung des Arbeitgebers im Hinblick auf das Direktionsrecht nicht vorliege, als anspruchsberechtigt auf Arbeitslosengeld anerkannt werde, so könne dies nicht dazu führen, daß dieser Personenkreis im Rahmen des § 128 AFG demjenigen gleichgestellt werde, der das Arbeitsverhältnis beendet habe. Die Beschäftigungsverhältnisse seien beendet worden, ohne daß sie, die Klägerin, hieran mitgewirkt habe. Es hänge also vom Zufall ab, zu welchem Zeitpunkt der jeweilige Arbeitnehmer Arbeitslosengeld beantrage. Allen vier Arbeitnehmer sei im Jahre 1997 rückwirkend Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt worden. Von diesem Zeitpunkt ab seien sie nicht mehr zu berücksichtigen, da sie auf Dauer keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr in Anspruch nähmen.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.07.1997 festzustellen, daß die Klägerin im Zeitraum vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1997 gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG von der Erstattungspflicht befreit ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Nach ihrer Auffassung sei im vorliegenden Fall entscheidend, ob der Anteil der innerhalb des Jahreszeitraums entlassenen Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet hätten, nicht höher als 10 sei. Insoweit seien die 10 entlassenen Arbeitnehmer von der Klägerin auch richtig benannt worden. Darüber hinaus seien auch drei namentlich benannte Arbeitnehmer der Zahl der älteren ausgeschiedenen Arbeitnehmer zuzuordnen. Bei diesen sei das Beschäftigungsverhältnis auf Dauer beendet und sie seien aus dem Betrieb ausgeschieden. Auf eine mögliche Fortdauer des Arbeitsverhältnisses komme es hierbei nicht an. Im übrigen sei auch eine weitere Arbeitnehmerin bei der Zahl der Austritte zu berücksichtigen. Mit Urteil vom 18.06.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei zwar gemäß § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG zulässig, jedoch nicht begründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht vorlägen. Nach dieser Vorschrift sei der Nichteintritt der Erstattungspflicht gemäß § 128 AFG für die Freisetzung von den älteren Arbeitnehmern unter bestimmten Voraussetzungen festzustellen. Dies gelte u.a. dann, wenn sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt mindestens zwei Jahre beschäftigt gewesen sei, um mehr als 3 v.H. innerhalb eines Jahres vermindere und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmer der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet hätten, nicht höher sei als es ihrem Anteil an die Gesamtzahl der im Betriebbeschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraums entspreche.
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da zur Zahl der in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmer jedenfalls drei weitere Arbeitnehmer zuzurechnen seien. Jedenfalls diese drei Arbeitnehmer seien dem entscheidenden Jahreszeitraum (01.08.1996 bis 31.07.1997) zusätzlich zuzurechnen. Sie seien in diesem Zeitraum "ausgeschieden" im Sinne von § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG. Dies ergebe sich bereits aus dem Sinn der Vorschrift, nämlich eine Einzelfallprüfung nur dann möglich zu machen, wenn der Anteil der 56-jährigen und älteren Arbeitnehmer an der Anzahl der Ausscheidenden den Anteil der älteren Arbeitnehmer an der Zahl der Gesamtbelegschaft zu Beginn des Jahreszeitraumes nicht übersteige. Würden hierbei diese drei Arbeitnehmer - entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin - nicht berücksichtigt werden, so läge bei diesem Personenkreis nie ein "Ausscheiden" vor, obwohl die Anzahl der älteren Arbeitnehmer bei der Klägerin, die nicht direkt vom Beschäftigungsverhältnis in Altersrente überging, sich verringert habe. Daß dies nur davon abhängen solle, daß das Arbeitsverhältnis formal noch aufrecht erhalten werde, sei insofern nicht überzeugend. Denn der Kern bzw. der Sinn des § 128 AFG sei, eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Kosten der Arbeitslosenversicherung zu verhindern. Bei dieser Zielsetzung liege der Schwerpunkt insoweit jedoch nicht bei der von der Klägerin aufgeworfenen Frage des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses, sondern bei der Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung. Diese Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung erfolge jedoch auch von demjenigen, der lediglich das Beschäftigungsverhältnis beendet habe. Diese Erwägung rechtfertigt jedenfalls, die drei Arbeitnehmer gleichzustellen. Was den von der Klägerin angesprochenen Zeitpunkt der Berücksichtigung betreffe, so sei dieser dem im vorliegenden Fall relevanten Jahreszeitraum zuzuordnen. Hierein falle nämlich sowohl die Erklärung der Arbeitnehmer, daß sie das Direktionsrecht der Klägerin nicht mehr anerkennen, als auch der Beginn der Leistungszahlung von Arbeitslosengeld.
Gegen das ihr am 20.07.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.1998 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren. Ergänzend führt sie aus, daß auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht abgestellt werden könne, vielmehr aufgrund der gesetzlichen Regelungen nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Überprüfung der Tatbestände und auch der Ausnahmevorschriften ermögliche, zeige der Ausnahmekatalog des § 128 AFG. Nach der Dienstanweisung der Beklagten komme ein Erstattungsanspruch nach § 128 AFG nicht in Betracht, wenn der betreffende Arbeitnehmer auf Dauer keine Leistung der Bundesanstalt beziehe. Den drei namentlich genannten Arbeitnehmern sei rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt worden. Zwischen der Beklagten und dem Rentenversicherungsträger sei eine entsprechende Erstattung vorgenommen worden. Daraus folge, daß die nach § 105 a AFG gewährte Leistung nicht auf Dauer erfolge, sondern nur vorübergehend und befristet sei. Die verspätete Entscheidung des Rentenversicherungsträgers könne nicht dazu führen, sie mit einem Erstattungsanspruch nach § 128 AFG zu belasten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.06.1998 zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es sei nicht so, daß sie im Falle der Leistungsgewährung gemäß § 105 a AFG auf die Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 verzichte. Vielmehr entfalle in diesen Fällen möglicherweise die Erstattungspflicht, weil der Arbeitslose einen Anspruch auf eine andere Sozialleistung gemäß § 118 AFG habe. Im übrigen sei maßgeblich auf das Ende des Beschäftigungsverhältnisses des einzelnen Arbeitnehmers und auf die Zahlungspflicht der Beklagten bei der Beurteilung des Eintritts der Erstattungspflicht abzustellen. So spreche auch der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang lediglich von "ausscheidenden" Arbeitnehmern (§ 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG) und nicht - wie in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AFG - von der Beendigung des "Arbeitsverhältnisses". Im übrigen treffe die Klägerin an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses insoweit eine besondere Verantwortung, als sie zum einen auf die Verfügungsgewalt über die entsprechenden Arbeitnehmer verzichtet habe und zum anderen den Arbeitnehmern keine leidensgerechte Arbeitsplätze habe anbieten können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Das Sozialgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Feststellungsantrag der Klägerin zwar gemäß § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG zulässig, jedoch nicht begründet ist, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht vorliegen.
Nach § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG entscheidet das Arbeitsamt auf Antrag des Arbeitgebers im voraus, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 Nrn. 6 oder 7 erfüllt sind. Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, daß sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt mindestens zwei Jahre beschäftigt war, um mehr als 3 v.H. innerhalb eines Jahres vermindert und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmern der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, nicht höher ist als es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraums entspricht.
Zwar hat sich im maßgeblichen Zeitraum vom 01.08.1966 bis zum 31.07.1997 der Personalbestand bei der Klägerin um mehr als 3 % vermindert. Allerdings war unter den ausgeschiedenen Arbeitnehmern der Anteil der über 56-Jährigen höher als deren Anteil unter den im Betrieb zu Beginn des Jahreszeitraums Beschäftigten. Die maßgebliche Grenze betrug insoweit 10 Arbeitnehmer. Diesbezüglich nimmt der Senat auf die zutreffende Berechnung der Beteiligten Bezug. Ausgeschieden sind indessen im maßgeblichen Jahreszeitraum 13 Arbeitnehmer. Damit ist die entscheidende Grenze von 10 Arbeitnehmern überschritten. Der Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG greift nicht ein.
Der gegenteiligen Auffassung der Klägerin vermag der Senat nicht zu folgen. Entscheidend ist allein, ob die drei namentlich benannten weiteren Arbeitnehmer im Jahreszeitraum vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1997 ausgeschieden und damit diesem zuzurechnen sind. Das ist hier der Fall. Alle drei namentlich benannten Arbeitnehmer haben am 01.08.1996 das 56. Lebensjahr vollendet. Bei keinem dieser Arbeitnehmer ist von der Klägerin das Arbeitsverhältnis gekündigt worden. Das Arbeitsverhältnis bestand somit fort. Alle Arbeitnehmer haben nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld Arbeitslosengeld beantragt und dieses nahtlos gemäß § 105 a AFG erhalten. Alle drei Arbeitnehmer haben erklärt, daß sie das Direktionsrecht der Klägerin nicht mehr anerkennen.
Nach dem Normzweck des § 128 AFG soll der Übung von Unternehmen entgegengewirkt werden, Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung zur Verbesserung der betriebsüblichen Personalstruktur zu nutzen (Mißbrauchsverhinderungs-Funktion). Ferner soll die Kündigung älterer Arbeitnehmer verhindert werden (Kündigungsfunktion) und die Rentenversicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit entlastet werden (Entlassungsfunktion). Maßgeblich ist die Verantwortung des Arbeitgebers für die Beendigung der Tätigkeit des Arbeitnehmers, der kausal dadurch arbeitslos wird, und deshalb Arbeitslosengeld bezieht (vgl. dazu BVerfG NJW 1990 1230). Daraus folgt, daß es auf die Verantwortung für den Eintritt der tatsächlichen Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenen Arbeitslosengeldbezug ankommt. Maßgeblich ist daher nach Auffassung des Senats im Rahmen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG das tatsächliche Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb und der Eintritt der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 101 AFG. Das bedeutet, daß es auf die Beendigung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ankommt, nicht jedoch auf die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Knigge pp, AFG, § 128 Rdnr. 52; vgl. auch Gagel, AFG, § 128 Rdnr. 177). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß der Gesetzgeber in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG den Begriff des "Ausscheidens" verwendet und nicht - wie in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AFG - von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spricht. Der Gesetzgeber hat daher innerhalb der genannten Vorschrift bewußt zwischen dem Ausscheiden aus dem Betrieb einerseits und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses andererseits unterschieden. Daraus folgt aber zur Überzeugung des Senats, daß es bei § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommen kann. Anderenfalls hätte es der vorgenommenen Abgrenzung gegenüber § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 AFG nicht bedurft. Im Rahmen des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG ist daher auf die faktische Arbeitsaufgabe und die leistungspflichtige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen, weil nur diese zu den Anspruchsvoraussetzungen der §§ 100, 101 AFG und damit zum Leistungsbezug führt, der nach dem Normzweck des § 128 AFG gerade vermieden werden soll. Deshalb ist es unerheblich, daß die Klägerin die Arbeitsverhältnisse nicht gekündigt hat und diese deshalb fortbestehen. Im Sinne der vorstehenden Ausführungen waren die drei namentlich benannten Arbeitnehmer im November 1996 aus dem Betrieb der Klägerin tatsächlich ausgeschieden in dem Zeitpunkt, in dem der Krankengeldbezug endete und sich nahtlos die Zahlung von Arbeitslosengeld gemäß § 105 a AFG - ebenfalls im November 1996 - anschloß. Daß das Beschäftigungsverhältnis der Arbeitnehmer im November 1996 beendet worden ist, räumt auch die Klägerin ein. Denn die drei Arbeitnehmer hatten sich dem Direktionsrecht der Klägerin nicht unterworfen. Allein dies genügt schon für den Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses. Die Arbeitnehmer waren arbeitslos im Sinne von § 101 AFG. Das Ausscheiden der drei Arbeitnehmer erfolgte im maßgeblichen Jahreszeitraum vom 01.08.1996 bis zum 31.07.1997. Die Festlegung des Jahreszeitraums ist Sache des Arbeitgebers. Er ist hieran gebunden und muß die sich hieraus ergebenden Konsequenzen tragen.
Auch der Hinweis der Klägerin auf den Dienstblattrunderlaß der Beklagten 11 U/93 S. 20 3.371 Abs. 6 führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach sind zwar bei der Ermittlung der Zahl der innerhalb des betreffenden Jahreszeitraums ausscheidenden Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, diejenigen nicht zu berücksichtigen, die auf Dauer keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen (vgl. dazu GK, AFG, § 128 Rdnr. 142). Allein schon der Wortlaut dieses Runderlasses trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Denn die drei namentlich benannten Arbeitnehmer haben gerade nicht auf Dauer keine Leistungen der Beklagten bezogen. Vielmehr haben alle drei Arbeitnehmer Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG bezogen. Die genannte Vorschrift ist allein eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Arbeitslosen bei nicht nur vorübergehender Minderung der Leistungsfähigkeit. Der Umstand, daß den drei Arbeitnehmern später rückwirkend Erwerbsunfähigkeitsrente mit dem Beginn vor der Arbeitslosengeldzahlung erhalten haben, steht nicht entgegen. Es ist zwar zutreffend, daß die Beklagte gemäß § 105 a Abs. 3 im Falle der Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitsrente durch einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung einen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X hat. Dadurch wird jedoch nur das Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen. Die von der Beklagten gemäß § 105 a AFG erbrachte Leistung sind hiervon nicht berührt. Die Zahlung von Arbeitslosengeld nach § 105 s AFG bleibt im Verhältnis zu dem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer eine rechtmäßige Zahlung von Arbeitslosengeld. Sie kann gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen des § 128 AFG nicht wegfingiert werden mit der Folge, daß ihmgegenüber die Sachlage so zu sehen wäre, als wenn die Arbeitnehmer nie Leistungen nach § 105 a AFG erhalten hätten. Der Arbeitgeber muß den einmal nach § 105 a AFG erfolgten Leistungsbezug gegenüber sich gelten lassen. Die in § 128 AFG normierte Erstattungspflicht knüpft nämlich auch an die abstrakten Regelungen für den Alg-Anspruch an, soweit diese Erleichterungen für den Bezug vorsehen, wie z. B. § 105 c AFG. Ferner trifft in diesem Fall das Schwergewicht der Verantwortung den Arbeitgeber, weil § 105 c AFG nur Ausdruck einer realistischen Einschätzung des Arbeitsmarktes für ältere Arbeitnehmer ist (vgl. Gagel, AFG, § 128 Rdnr. 5). Diese Überlegungen treffen nach Auffassung des Senats auch auf den Fall des § 105 a AFG zu. Damit müssen die drei namentlich benannten Arbeitnehmer der hier maßgeblichen Grenzzahl von 10 Arbeitnehmern hinzugerechnet werden, so daß diese überschritten ist und eine pauschale Befreiung nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht eintritt. Die Berufung der Klägerin erweist sich somit als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
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