L 12 AL 183/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AL 196/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 183/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 14.07.1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist, ob das ursprünglich unter dem Aktenzeichen ... SG Duisburg geführte Klageverfahren durch den am 29.05.1998 geschlossenen Vergleich beendet worden ist.

Mit der am 14.11.1997 vor dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage wandte sich der Kläger gegen einen Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 1.063,83 DM. Außerdem begehrte er die Auszahlung der Arbeitslosenhilfe, gegen die die Beklagte in der Zeit vom 21.12.1990 bis zum 05.06.1992 weitere Erstattungsansprüche in Höhe von insgesamt 756,-- DM aufgerechnet hatte.

Die Erstattungsansprüche der Beklagten resultierten aus einer Überzahlung von Arbeitslosenhilfe in den Jahren 1981, 1984 und 1986 sowie aus einem Darlehen zur Förderung der Arbeitsaufnahme aus dem Jahre 1979.

Bereits am 20.02.1997 hatte der Kläger beim Sozialgericht Duisburg - S ... - den Erlaß einer einstweilige Anordnung gegen die Beklagte, gerichtet auf die Einstellung der Aufrechnung sowie Auszahlung der bisher aufgerechneten Beträge, beantragt. Diese Antrag nahm der Kläger mit Schreiben vom 25.04.1997 zurück. Auf Anregung des Sozialgerichts wertete die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 25.04.1997 als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Diesen Antrag lehnte sie mit Bescheid vom 26.06.1997 ab. Hiergegen hat der Kläger am 14.11.1997 ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens unter dem Aktenzeichen S ... Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.05.1998 vor dem Sozialgericht haben die Beteiligten zur Beendigung des Rechtsstreits folgenden Vergleich geschlossen:

1. Der Kläger beantragt bei der Beklagten, über den Erlaß der noch offenen Forderung über 1.063,83 DM rechtsmittelfähig zu entscheiden.

2. Die Beklagte verzichtet bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erlaß der Forderung auf jegliche Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger.

3. Der Kläger seinerseits verzichtet auf die Geltendmachung eines Rückforderungsbetrages hinsichtlich bereits aufgerechneter Beträge für die Zeit bis zum 05.06.1992.

4. Die Beteiligten erklären sich mit vorstehender Regelung einverstanden und sehen den anhängigen Rechtsstreit hiermit als vollständig erledigt an.

In Ausführung dieses Vergleichs bat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 27.06.1998 um Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, um über den Antrag auf Erlaß der Erstattungsforderung gemäß Ziffer 1 des Vergleichs vom 29.05.1998 entscheiden zu können.

Mit Schreiben vom 02.07.1998 wandte sich der Kläger erneut an das Sozialgericht. Er wiederholte die Forderung auf Rückzahlung der aufgerechneten 756,-- DM und teilte auf Anfrage des Sozialgerichts mit, daß er den Vergleich vom 29.05.1998 ablehne. Nach seiner Auffassung sei ein wirksamer Vergleich zwischen ihm und der Beklagten nicht zustandegekommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die in der Zeit vom 21.12.1990 bis 05.06.1992 im Wege der Aufrechnung einbehaltenen Arbeitslosenhilfe an ihn nebst Zinsen auszuzahlen, sowie festzustellen, daß eine Erstattungsforderung der Beklagten gegen ihn in Höhe von 1.063,83 DM nicht besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

festzustellen, daß der Rechtsstreit infolge des Vergleichs vom 29.05.1998 erledigt ist.

Durch Gerichtsbescheid vom 14.07.1999 hat das Sozialgericht festgestellt, daß das Verfahren S ... durch den am 29.05.1998 geschlossenen Vergleich erledigt ist. In den Entscheidungsgründen ist im wesentlichen ausgeführt: Die auf Fortführung des Verfahrens S ... gerichtete Klage sei unbegründet. Das Verfahren sei durch Vergleich vom 29.05.1998 beendet worden. Der Vergleich vom 29.05.1998 habe den zugrundeliegenden Rechtsstreit unmittelbar beendet, denn dieser Vergleich sei wirksam. Wortlaut und Inhalt der abgegebenen und formulierten Erklärungen seien unstreitig. Nach dem beurkundeten Willen der Beteiligten sei der Vergleich "zur Beendigung des Rechtsstreits" geschlossen worden. Unter Ziffer 4 des Vergleichs heiße es noch einmal bestätigend: "Die Beteiligten ... sehen den anhängigen Rechtsstreit hiermit als vollständig erledigt an." Der geschlossene Vergleich beinhalte deshalb eine Verfügung über den Prozeßgegenstand im Sinne von § 101 Abs. 1 SGG und erledige damit den Rechtsstreit insgesamt.

Der Vergleich sei nicht unwirksam gemäß § 142 Abs. 1 BGB, denn dem Kläger stehe ein Anfechtungsrecht nach den §§ 119 ff. BGB nicht zu. Diesbezüglich trage der Kläger vor, daß er mit der Ausführung des Vergleichs durch die Beklagte nicht einverstanden sei, weil er nunmehr zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert werde. Insofern handele es sich jedoch nicht um einen nach den §§ 119 ff. BGB beachtlichen Irrtum. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger die Erklärung, seinerseits auf die Geltendmachung eines Rückforderungsbetrages hinsichtlich bereits aufgerechneter Beträge für die Zeit bis zum 05.06.1992 zu verzichten, in ihrer objektiven Bedeutung nicht erkannt haben sollte, seien nicht ersichtlich und würden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Vielmehr meine dieser offensichtlich, daß er wegen der in Ausführung des Vergleichs von der Beklagten vorgenommenen Verfahrensweise nunmehr seinerseits nicht mehr an die Einhaltung des Vergleichs gebunden sei. Dabei verkenne der Kläger, daß die näheren Modalitäten der Ausführung der Ziffer 1 des Vergleichs, d. h. der Entscheidung über einen Erlaßantrag des Klägers, in dem Vergleich gerade nicht geregelt worden sei, sondern nach der üblichen Verwaltungspraxis der Beklagten habe erfolgen sollen. Bereits aus den früher durchgeführten Einziehungs- und Vollstreckungsverfahren sowie der Natur der Sache habe dem Kläger klar sein müssen, daß seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse die maßgebliche Entscheidungsgrundlage für die Beklagte darstellen würden. Dies komme im übrigen auch durch die in der Niederschrift beurkundete Auskunft des Klägers über seine derzeitigen Einkommensverhältnisse zum Ausdruck.

Der Einwand des Klägers sei auch nicht geeignet, die Wirksamkeit des Vergleichs im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB in Zweifel zu ziehen. Denn er betreffe nicht die Vergleichsgrundlage, sondern lediglich die Ausführung des Vergleichs durch die Beklagte. Die Ausführung des Vergleichs, hier gemäß Ziffer 1, gehöre nicht zu dem nach dem Inhalt des Vergleichs als feststehend zugrundegelegten Sachverhalt. Gemäß Ziffer 2 des Vergleichs habe die Beklagte lediglich bis zur Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Erlaß der Forderung auf jegliche Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger verzichtet. Bei dem Schreiben vom 25.06.1998 handele es sich nicht um eine Vollstreckungsmaßnahme, sondern lediglich um eine die endgültige Entscheidung im Sinne der Ziffer 1 des Vergleichs vorbereitende Maßnahme. Die Beklagte habe auch nachfolgend keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger eingeleitet, sondern vielmehr mit dem Bescheid vom 20.08.1998 das Einziehungsverfahren gegen den Kläger unter der Voraussetzung, daß sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Zukunft nicht bessern würden, eingestellt. Auch ein Widerrufsrecht stehe dem Kläger nicht zu. Als Prozeßhandlung sei der gerichtliche Vergleich unwiderruflich, es sei denn, ein Beteiligter habe sich ein Widerrufsrecht vorbehalten oder es lägen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. § 578 ff. ZPO vor. Beides sei vorliegend nicht der Fall.

Gegen das ihm am 10.08.1999 zugestellte Urteil, hat der Kläger am 24.08.1999 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im wesentlichen aus sein früheres Vorbringen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 14.07.1999 abzuändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß das Klageverfahren S ... Duisburg, mit dem sich der Kläger gegen einen Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 1.063,83 DM gewandt und weiter die Auszahlung der Arbeitslosenhilfe in der Zeit vom 21.12.1990 bis zum 05.06.1992 in Höhe der von der Beklagten vorgenommenen Aufrechnung von insgesamt 726,-- DM geltend gemacht hat, durch den gerichtlichen Vergleich vom 29.05.1998 in jenem Verfahren erledigt worden ist. Dieser Vergleich ist zwischen dem Kläger und der Beklagten wirksam zustandegekommen. Gründe, aus denen sich eine Unwirksamkeit des Vergleichs herleiten könnten, sind auch dem Senat nicht ersichtlich. Der Senat hat dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts daher nichts hinzuzufügen. Er hält es in der Begründung und im Ergebnis nach eigener Überzeugung und Überprüfung in vollem Umfang für zutreffend. Es wird deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Vorbringen im Berufungsverfahren gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß. Irgendwelche neuen Tatsachen, die eine andere Beurteilung als die vom Sozialgericht vorgenommene rechtfertigen könnten, werden vom Kläger nicht vorgetragen. Die Berufung des Klägers erweist sich somit als unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlaß, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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