L 10 KA 31/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 (25) KA 205/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KA 31/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.05.2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch für das Berufungsverfahren die Kosten des Beklagten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Teilnahme des Klägers an der Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Menschen vom 01.07.1997 (Schmerztherapie - Vereinbarung 1997).

Der Kläger ist Chefarzt der Anästhesieabteilung des Ev. Krankenhauses "Herminghaus-Stift" in Wxxxxxxx. Zuvor war er von 1973 bis März 1993 in der Abteilung für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des Ev. Krankenhauses in Dxxxxxxxxx, zuletzt als Oberarzt, tätig. Der Kläger ist - befristet bis zum 30.09.2003 - ermächtigt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

Am 26.06.1998 beantragte er unter Beifügung zahlreicher Unterlagen über seinen beruflichen Lebensweg die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997. Er sei seit 1980 in der Schmerztherapie tätig, habe an regionalen/internationalen Anästhesiekongressen teilgenommen und sich auf dem Gebiet der Diagnose und Behandlung von akuten und chronischen Schmerzen fortgebildet. Im Ev. Krankenhaus, Dxxxxxxxxx sei er 15 Jahre als Oberarzt interdisziplinär als Schmerztherapeut für Patienten mit chronischen Schmerzen tätig gewesen.

Mit Beschluss vom 06.07.1999 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe keine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte nachgewiesen.

Mit seinem Widerspruch wies der Kläger auf seine schmerztherapeutische Tätigkeit seit 1983 sowie auf die seit 1993 erteilte Ermächtung zur vertragsärztlichen ambulanten Schmerztherapie hin. Seine jetzige Tätigkeit als Schmerztherapeut beinhalte eine interdisziplinäre Kooperation mit seinen den unterschiedlichsten Fachbereichen angehörenden niedergelassenen Kollegen. Seit über 2 Jahren befinde er sich in der berufsbegleitenden Weiterbildung für Psychotherapie der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung, Dxxxxxxxxx. Er sei berechtigt, in der psychosomatischen Grundversorgung tätig zu sein. Ihm sei es als Chefarzt der Anästhesie-Abteilung und Schmerztherapie in ungekündigter Stellung nicht möglich, eine einjährige fachbezogene Hospitation abzuleisten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.1999 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses zurück.

Hiergegen richtete sich die beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobene Klage (S 17 KA 215/99). In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2000 gab das SG den Hinweis, anders als bei den in freier Praxis niedergelassenen Vertragsärzten würde für ermächtigte Ärzte, die nur befristet an der Schmerztherapie-Vereinbarung teilnehmen könnten, die vollständige Erfüllung der Voraussetzungen der Vereinbarung nicht ausdrücklich gefordert. Dies könne nur dahin verstanden werden, dass auch den sog. Schmerztherapeuten der ersten Stunde die befristete Teilnahme ermöglicht werden solle und die Beklagte in ihrer Entscheidung, die eine Ermessensentscheidung sei, eine vergleichbare Qualifikation der ermächtigten Ärzte verlangen könne. Daraufhin erklärte sich die Beklagte zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Klägers bereit.

Mit Beschluss vom 11.04.2001 lehnte sie den Antrag wiederum ab. Die Möglichkeit zur Einräumung der befristeten Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung für ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 der Schmerztherapie-Vereinbarung, die ausschließlich für den Fall vorgesehen sei, dass die schmerztherapeutische Versorgung nicht bereits flächendeckend durch niedergelassene Vertragsärzte sichergestellt sei, beinhalte nicht erleichterte Zugangsvoraussetzungen hinsichtlich der Qualifikationserfordernisse. Der Kläger erfülle die auch für ihn geltenden Zugangsvoraussetzungen der §§ 2 ff. Schmerztherapien-Vereinbarung nicht, ebenso nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 der Vereinbarung.

Mit seinem rechtzeitig erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Entscheidung der Beklagten stehe im Widerspruch zu der in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2000 geäußerten Auffassung des Gerichts. Der angegriffene Bescheid setze sich in keiner Weise mit seiner bereits umfassend dargelegten Qualifikation auseinander. Die Beklagte habe entgegen dem gerichtlichen Hinweis in ihrer Entscheidung nicht eine "vergleichbare Qualifikation der ermächtigten Ärzte" geprüft und deshalb ermessensfehlerhaft entschieden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2001 unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses zurück.

Hiergegen richtet sich die am 14.12.2001 erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger im wesentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt hat.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 11.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung vom 01.07.1997 stattzugeben,
2. hilfsweise, unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Antrag zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat mit Urteil vom 08.05.2002 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, ein Verzicht auf das in den §§ 3, 2 Schmerztherapie-Vereinbarung genannte Qualifikationserfordernis komme nicht in Betracht; insbesondere könne dies nicht aus der Übergangsvorschrift des § 10 der Vereinbarung hergeleitet werden. Denn diese Vorschrift, die dem Besitzstandsschutz derjenigen Altrechtsinhaber diene, die nach der bisher geltenden Vereinbarung vom 09.09.1994 schmerztherapeutische Leistungen erbracht, im Rahmen der Kostenerstattung abgerechnet und daraus entsprechende Einnahmen erzielt hätten, würde nur für in freier Praxis niedergelassene Vertragsärzte gelten. Mit der durch die Schmerztherapie-Vereinbarung vom 01.07.1997 erfolgten Ausweitung des Teilnehmerkreises auf ermächtigte Ärzte bzw. ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen sei nicht eine Einschränkung des Niveaus der fachlichen Befähigung verbunden. Zur Erreichung des in § 1 Abs. 1 Schmerztherapie-Vereinbarung formulierten Ziels sei es den Vertragspartnern nicht verwehrt gewesen, zugleich mit der Erweiterung des Teilnehmerkreises auch die Qualifikationsanforderungen zu erhöhen. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Ärzte sei verfassungsgemäß, da die Qualifikationssicherung für ärztliche Leistungen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Leistungen, somit der Gesundheit und dem Leben von Menschen und damit einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut, diene.

Gegen das am 21.05.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.05.2002 Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, er erfülle zwar nicht die formellen Voraussetzungen des § 3 der Schmerztherapie-Vereinbarung. Diese müsse jedoch nach Sinn und Zweck so ausgelegt werden, dass man eine Teilnahme an der Vereinbarung lediglich für Ärzte habe ermöglichen wollen, die die entsprechende Qualifikation und vor allem entsprechende Erfahrung vorweisen könnten. Die Schmerztherapievereinbarung verstoße deshalb gegen Verfassungsrecht und sei verfassungskonform auszulegen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.05.2002 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2001 zu verurteilen, seinem Antrag auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung vom 01.07.1997 stattzugeben, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Antrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt unter Verweisung auf die angefochtene Entscheidung,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.05.2002 zurückzuweisen.

Wegen weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand mündlicher Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 noch auf eine erneute - ermessensfehlerfreie - Entscheidung der Beklagten.

Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Insbesondere führt die Mitwirkung des Vorstandsmitgliedes Dr. Hxxxxx sowohl an der Fassung des Beschlusses vom 11.04.2001 als auch an dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2001 weder zur Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung noch zu deren Aufhebung wegen eines Form- oder Verfahrensfehlers. Anders als im gerichtlichen Verfahren, in dem die Mitwirkung eines Richters an der vorinstanzlichen Entscheidung zwingend dessen Ausschluss nach sich zieht (§ 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 41 Nr. 6 Zivilprozessordnung - ZPO -), ist ein Bediensteter, der bereits am Verwaltungsverfahren der Vorinstanz teilgenommen hat, wie sich aus der enumerativen Aufzählung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - Verwaltungsverfahren - ergibt, von der Mitwirkung im Rechtsbehelfsverfahren nicht ausgeschlossen. Selbst wenn eine nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 SGB X ausgeschlossene Person an der Entscheidung mitgewirkt hat, führt dies gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 SGB X in der Regel nicht dazu, dass die Verwaltungsentscheidung keinerlei Wirkung entfaltet. Vielmehr ist die Entscheidung in einem solchen Fall lediglich anfechtbar.

Allerdings begründete allein dieser Verfahrensverstoß keinen Aufhebungsanspruch, wenn die in der Sache getroffene Entscheidung nicht anders ausfallen dürfte, § 42 SGB X (BSG, Urteil vom 28.09.1993 - 1 RR 3/92 -, SozR 3-1300 § 40 Nr. 1; Urteil vom 19.03.1997 - 6 R Ka 35/95 -, SozR 3-1300 § 16 Nr. 2). Das gleiche gilt für den Fall, dass ein Befangenheitsgrund vorliegt, also ein Grund der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen (§ 17 SGB X). Abgesehen davon, dass ein solcher Grund vorliegend nicht ersichtlich und auch nicht behauptet worden ist, wäre auch in diesem Fall Identität der Sachentscheidung i.S.d. § 42 S. 1 SGB X gegeben (BSG, Urteil vom 28.09.1993 - 1 RR 3/92 -, a.a.O.).

Ein Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 ist zu verneinen. Denn weder erfüllt er nach seinem eigenen Vortrag die in § 3 der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 geregelten Teilnahmevoraussetzungen noch die - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - in § 10 Abs. 2 und 3 Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 enthaltenen Übergangstatbestände. § 10 Abs. 2 sieht vor, dass Ärzte, die aufgrund der Schmerztherapie-Vereinbarung 1994 Kostenerstattung in Anspruch nehmen, diese Berechtigung behalten, wenn sie bis zum 01.07.1998 die Erfüllung der Voraussetzungen nach §§ 4 und 5 der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 nach weisen. Nach § 10 Abs. 3 der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 können die Vertragsärzte, die im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bereits schmerztherapeutisch tätig sind, aber noch nicht den Status als "schmerztherapeutisch tätiger Arzt" nach der Vereinbarung von 1994 erworben haben und die Bedingungen des § 3 der Vereinbarung 1997 nicht erfüllen, die Genehmigung zur Inanspruchnahme der Kostenerstattungsregelungen erhalten, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung nachweisen, dass sie neben der Erfüllung den Voraussetzungen der §§ 4 und 5 der Schmerztherapievereinbarung 1997 Dokumentationen entsprechend den Anforderungen gemäß § 2 Nr. 8 über 100 Patienten vorlegen sowie eine erfolgreiche Teilnahme an einem Kolloquium gemäß den Richtlinien der Kassen ärztlichen Bundesvereinigung für Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 135 Abs. 3 SGB V für der für die Kassenärztliche Vereinigung jeweils zuständigen Schmerztherapie-Kommission nachweisen. Bei diesen Vorschriften handelt es sich um Besitzstandsschutzregelungen, in denen bislang inne gehabte rechtliche (§ 10 Abs. 2) und tatsächliche (§ 10 Abs. 3) Positionen über den 30.06.1997 hinaus zur Inanspruchnahme der Kostenerstattung nach der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 berechtigen (Bayr. LSG, Urteil vom 25.04.2001 - L 12 KA 76/99). Demnach trifft § 10 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 auf den Kläger schon deshalb nicht zu, weil er nicht den Kreis der in freier Praxis niedergelassenen Vertragsärzte, für die die Schmerztherapie-Vereinbarung 1994 galt, angehörte und nicht aufgrund dieser Vereinbarung die Kostenerstattung in Anspruch genommen hat. Auch die Übergangsregelung des § 10 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 scheidet aus, weil diese nur für zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte gilt. Im übrigen hat der Kläger auch nicht innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 nachgewiesen, dass er neben den Voraussetzungen der §§ 4 und 5 die in § 10 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten weiteren Voraussetzungen erfüllt.

Die Berufung ist auch nicht mit dem Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine erneute (ermessensfehlerfreie) Entscheidung. Der Senat neigt - entgegen der vom SG in dem Verfahren S 17 KA 215/99 geäußer ten Auffassung - dazu, die Entscheidung der Beklagten über die Teilnahme des Klägers an der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 nicht als Ermessensentscheidung anzusehen. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 kann die Kassenärztliche Vereinigung zur Erbringung schmerztherapeutischer Leistungen ermächtigten Ärzten und ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen die befristete Teilnahme an dieser Vereinbarung einräumen, sofern die Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach Maßgabe der Vereinbarung durch niedergelassene Vertragsärzte nicht gewährleistet wird. Hiernach ist zunächst eine Bedürfnisprüfung durchzuführen. Ausweislich des Wortlauts "kann" die Kassenärztliche Vereinigung den betreffenden Arzt zulassen, sie muss es indessen nicht. Die Regelung weicht insoweit von § 31 a Abs. 1 Ärzte-ZV ab. Hiernach ist der antragstellende Krankenhausarzt zu ermächtigen, sofern eine quantitative und/oder qualitative Versorgungslücke festgestellt wird. Angesichts der vergleichbaren Sachlage liegt es nahe, auch die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung als Anspruch auszugestalten, wenn eine Versorgungslücke feststeht. Der Terminus "kann" hätte dann die Funktion eines "Kompetenz-Kann" (Hierzu BSG vom 26.09.1991 - 4/1 RA 33/90 -). Sein Regelungsgehalt würde sich darauf beschränken, dass die Entscheidung über die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung die Kassenärztliche Vereinigung und nicht der Zulassungsausschuß trifft. Letztlich kann dies dahinstehen, denn selbst wenn angenommen wird, auch nach Feststellung einer Versorgungslücke bestehe kein Teilnahmeanspruch, der Kassenärztlichen Vereinigung sei hinsichtlich des "Ob" der Teilnahme vielmehr ein Ermessensspielraum eingeräumt (Handlungsermessen), führt dies nicht zum Erfolg des Hilfsantrags. Die Kriterien hinsichtlich des "Ob" der Teilnahme kann die Beklagte naturgemäß erst dann abwägen und letztlich entscheiden, wenn alle sonstigen Teilnahmevoraussetzungen erfüllt sind. Denn ohne Rücksicht auf das Ergebnis der Bedürfnisprüfung kommt eine Ermächtigung dann nicht in Betracht, wenn der antragstellende Arzt die Leistung aus tatsächlichen Gründen nicht erbringen kann und/oder aus rechtlichen Gründen nicht ausführen und abrechnen darf (vgl. BSG vom 19.06.1996 - 6 RKa 26/95 - SozR 3-2500 § 116 Nr. 14). Letzteres ist der Fall. Der Kläger erfüllt - wie dargestellt - nicht die qualitativ-persönlichen Voraussetzungen der Schmerztherapie-Vereinbarung.

Entgegen der Auffassung des Klägers verstoßen - wie das SG ebenfalls zu treffend ausgeführt hat - die in der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 geforderten Qualifikationserfordernisse nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen Artikel 12 und 3 Grundgesetz (GG). Denn die Qualifikationsanforderungen begrenzen nicht den stärker geschützen Bereich der Berufswahl i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG sondern lediglich die Berufsausübung. Dabei sind an sog. berufswahlnahe, also statusrelevante im Vergleich zu nichtstatusrelevanten Ausübungsregelungen erhöhte Anforderungen zu stellen. Werden Ärzte durch neue Regelungen von der Erbringung und Abrechnung bestimmter, zu ihrem Fachgebiet gehörender Leistungen ausgeschlossen, so liegt eine statusrelevante Ausübungsregelung dann vor, wenn diese Leistungen für das Fachgebiet wesentlich sind (BSG, Urteil vom 18.03.1998 - B 6 KA 23/97 R -, SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 9; Urteil vom 06.09.2000 - B 6 KA 36/99 R -, SozR 3-2500 § 135 Nr. 15). Die Bestimmungen der Schmerztherapie-Vereinbarung stellen lediglich nichtstatusrelevante Berufsausübungsregelungen mit geringerer Eingriffsintensität dar. Denn der Kläger wird durch diese Regelungen nicht von der Erbringung und Abrechnung von Leistungen ausgeschlossen, die für das Fachgebiet der Anästhesiologie wesentlich oder sogar prägend sind. Er kann weiterhin schmerztherapeutische Leistungen, zu deren Erbringung er ermächtigt ist, abrechnen. So sind ihm lediglich die Leistungen der Nrn. 8450 und 8451 sowie evtl. weitere Vergünstigungen (A I. Allgemeine Bestimmungen - EBM Teil B 4.2." Bedarfsabhängige Zusatzbudgets") verwehrt. Bei den Nrn. 8450 und 8451 EBM, zu deren Leistungserbringung und Abrechnung die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung berechtigt, handelt es sich um Pauschalerstattungen für den zeitlichen, apparativen und personellen Aufwand bei einer Schmerztherapie, die nicht einem bestimmten Fachgebiet zuzuordnen sind. Den Qualitätsanforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung 1997 liegen, entsprechend den Anforderungen an Berufsausübungsregelungen, ausreichende Gründe des Gemeinwohls zugrunde; sie sind auch verhältnismäßig. Die Qualitätssicherung für ärztliche Leistungen dient der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung mit qualitativen hochwertigen Leistungen, somit der Gesundheit und dem Leben von Menschen und damit einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut. Anhaltspunkte dafür, dass die Regelungen zur Verwirklichung dieses maßgeblichen Gemeinwohlziels ungeeignet oder eindeutig nicht erforderlich sein könnten, bestehen nicht. Sie sind angesichts des der Regelung zugrundeliegenden Gemeinwohlinteresses auch nicht unangemessen und unzumutbar (BSG, Urteil vom 18.03.1998 - B 6 KA 23/97 R - a.a.O.; Urteil vom 06.09.2000 - B 6 KA 36/99 R -, a.a.O.; Bayr. LSG vom 25.04.2001 - L 12 KA 76/99 -).

Ebensowenig läßt sich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) erkennen. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Normgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG NJW 1999, 2357-2358 m.w.N.). M.a.W.: Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn für eine Differenzierung ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund nicht feststellbar ist, wenn also für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich bezeichnet werden muss (std. Rspr. des BVerfG seit E 1, 14 (52). "Willkür" ist dabei keine Frage der subjektiven Motivation, sondern der objektiven Unangemessenheit einer Maßnahme im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, der sie gilt (vgl. schon BVerfGE 4, 144, 155). Ausgehend hiervon ergibt sich: Den Zugang zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung haben die Vertragspartner davon abhängig gemacht, dass bestimmte Qualifikationsanforderungen erfüllt werden. Diese dienen der Sicherstellung der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten durch dafür besonders qualifizierte Ärzte (vgl. § 1 Abs. 1 der Vereinbarung). Damit ist ein hinreichender Differenzierungsgrund dargetan. Die qualifizierte ambulante Versorgung schmerzkranker Patienten lässt es nicht nur als "sachlich einleuchtend" erscheinen, dass Qualifikationsanforderungen aufgestellt werden. Vielmehr liegt es nahe, dass eine angemessene Versorgung dieses spezifischen Personenkreises nur möglich ist, wenn die in soweit zur ärztlichen Leistung befugten Vertragsärzte oder ermächtigten Ärzte, spezielle, dem Krankheitsbild entsprechende Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen. Wird schon hiernach der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG nicht tangiert, gilt dies umsomehr, als dem Kläger die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht grundsätzlich verwehrt ist. Denn ihm bleibt es unbenommen, durch eigenes Verhalten die Voraussetzungen zu schaffen, um an der Vereinbarung teilnehmen zu können. Soweit er darauf hinweist, hierzu aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage zu sein, begründet auch dies keine Verletzung des Gleichheitssatzes. Weder der Gesetzgeber noch sonstige Normgeber sind von Verfassungs wegen gehalten, für jedes auch nur denkbare individuelle Zugangserschwernis teilnahmeerleichternde Ausnahmetatbestände zu schaffen.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 183, 193 SGG a.F.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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