Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 25/02 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 B 12/02 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegnerin wird es untersagt, die von ihr mit Ersatzvornahme vom 05.07.2002 geänderten Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" bis zum Abschluss des Verfahrens L 10 B 12/02 KA ER (LSG Nordrhein -Westfalen) im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 05.07.2002 rechtmäßig ist.
Die substitutionsgestützte Therapie ist seit 1991 als vertragsärztliche Leistung anerkannt (Substitutionsrichtlinien vom 04.12.1990, BArbBl. Nr. 2/91 vom 31.01.1991). Der Antragsteller hatte am 07.12.1998 eine neue Fassung der Substitutionsrichtlinien als Bestandteil der NUB-Richtlinien beschlossen. Hierin waren Regelungen enthalten, nach denen eine Drogensubstitution zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur zulässig ist, wenn der Versicherte neben der Drogenabhängigkeit weitere Voraussetzungen erfüllt, namentlich eine Begleiterkrankung vorliegt. Mit Schreiben vom 09.02.1999 hat das BMG den entsprechenden Beschluss des Antragstellers beanstandet. Dieser habe sein ihm eingeräumtes Ermessen überschritten. Die begrenzte Zulassung der Substitution widerspreche dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, denn eine Befreiung von der Krankheit "Drogenabhängigkeit" sei auch durch schrittweises Herunterdosieren des Suchtmittels möglich. Die Substitution lindere darüber hinaus das Krankheitsbild und verhüte eine Verschlimmerung. Ferner seien die in den Richtlinien vorgesehenen Verfahrensregelungen zu beanstanden. Hierauf ergänzte der Antragsteller die Richtlinien in Abstimmung mit dem BMG um einen § 3a. Nachfolgend vertraten die Beteiligten zur Auslegung dieser Vorschrift unterschiedliche Ansichten. Mit Schreiben vom 30.10.2000 forderte das BMG den Antragsteller auf, in den Substitutionsrichtlinien bis spätestens zum 12.12.2000 zu regeln, dass eine Substitutionsbehandlung zur Therapie der Opiatabhängigkeit entsprechend der Ultima-ratio-Regelung in § 13 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zulässig ist, wenn
1. eine drogenfreie Therapie nicht durchgeführt werden kann und
2. begründete Aussichten bestehen, dass
a) durch die Behandlung eine Stabilisierung und Besserung des Gesundheitszustandes
und
b) durch das allmähliche Herunterdosieren schrittweise Drogenfreiheit erreicht werden kann.
Hiermit verbunden war der Hinweis, dass das BMG anderenfalls die Änderung der Richtlinien selbst erlassen werde. Der Antragsteller erklärte dem BMG, der Aufforderung nicht zu folgen (Schreiben vom 12.12.2000). Eine Reaktion des BMG hierauf erfolgte nicht.
Am 22.03.2002 erließ die Bundesärztekammer "Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" (Deutsches Ärzteblatt vom 24.05.2002). In Ziffer 2 dieser Richtlinien heißt es:
"Nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse kann eine substitutionsgestützte Behandlung bei manifester Opiatabhängigkeit durchgeführt werden."
Die Krankenkassenseite einerseits und die Ärzteseite andererseits vertraten im Arbeitsausschuss des Antragstellers unterschiedliche Auffassungen zur Frage, ob und inwieweit die Richtlinien der Bundesärztekammer den Antragsteller binden. In der Sitzung des Antragstellers vom 21.06.2002 standen zwei Beschlussentwürfe zur Abstimmung. Die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) brachten einen Änderungsentwurf ein; die Beschlussvorlage der Krankenkassen sah demgegenüber vor, dass es bei der bisherigen Indikationseingrenzung verbleiben solle. Beide Vorlagen wurden abgelehnt.
Unter dem 05.07.2002 hat das BMG die BUB-Richtlinien durch Ersatzvornahme geändert. Hierdurch wurde § 3a aufgehoben und § 3 dahin geändert, dass die Substitution auch Teil eines Therapiekonzeptes ohne Begleiterkrankung sein kann. Der Antragsteller wurde aufgefordert, eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger zu veranlassen. Mit Schreiben vom 31.07.2002 kündigte das BMG an, die Änderung selbst bekannt zu machen, falls der Antragsteller dies nicht bis zum 05.08.2002 veranlasse.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz. Er hat vorgetragen: Die Ersatzvornahme sei ein Verwaltungsakt. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage (S 19 KA 261/02 SG Köln) habe demzufolge aufschiebende Wirkung. Dies bedürfe der gerichtlichen Feststellung damit geklärt sei, dass die im Wege der Ersatzvornahme vorgenommene Änderung der BUB-Richtlinien bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht in Kraft treten könne. Formell sei die Ersatzvornahme rechtswidrig, weil sich das BMG nicht an die für das Beanstandungsverfahren geltenden Regeln gehalten habe. Der Ersatzvornahme müsse eine Beanstandung und eine Fristsetzung vorausgehen. Daran fehle es. Auch materiell-rechtlich sei die Ersatzvornahme fehlerhaft. §§ 91 Abs. 4 und 94 SGB V würden dem BMG lediglich eine Rechtsaufsicht zugestehen. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen seien daher nur zulässig, wenn die geltenden Substitutionsrichtlinien in den durch die Ersatzvornahme geänderten Bestandteilen rechtswidrig wären. Das sei nicht der Fall, denn er - der Antragsteller - habe den ihm zustehenden Gestaltungs- und Beurteilungsraum nicht überschritten, indem er die Drogensubstitution zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen als der Drogenabhängigkeit erlaubt habe. Die abweichenden Richtlinien nach § 5 Abs. 11 BtmVV würden ihn nicht binden. Die Bundesärztekammer sei nicht berechtigt, den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bei Drogenabhängigkeit festzulegen.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Klage des Antragstellers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.07.02 betreffend die Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" aufschiebende Wirkung hat und die Antragsgegnerin die geänderten Richtlinien nicht veröffentlichen darf,
2. für den Fall, dass der Klage keine aufschiebende Wirkung beigemessen werden sollte: Der Antragsgegnerin zu untersagen, die durch Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 " Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen, hilfsweise - sofern das Gericht dem Antrag zu 1.) des Antragstellers folge - die sofortige Vollziehung der Ersatzvornahme des BMG vom 05.07.2002 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzuordnen.
Sie hat vorgetragen: Die Ersatzvornahme nach § 94 SGB V sei einem Aufsichtsrecht nicht vergleichbar. Der Gesetzgeber habe in § 94 Abs. 1 SGB V ein gestuftes Normensetzungsverfahren geregelt. Der Antragsteller bringe hierin seinen besonderen Sachverstand ein. Das Beanstandungsrecht des BMG sichere der dem demokratischen Gesetzgeber verantwortlichen Exekutive eine Einwirkungs- und Überwachungsmöglichkeit. Insbesondere das Ersetzungsverfahren stelle sicher, dass die Richtlinien in einer das Demokratieprinzip wahrenden Art und Weise legitimiert werden. Die Ersatzvornahme sei keine hoheitliche in Rechte des Antragstellers eingreifende Anordnung. Sie sei Konsequenz aus dem Gestaltungsrecht des BMG, das dem Antragsteller übergeordnet sei. Sofern der Antragsteller in der Ersatzvornahme eine Rechtsverletzung sehe, könne er dies lediglich mit einer Feststellungsklage geltend machen. Eine aufschiebende Wirkung sehe § 86 a SGG insoweit nicht vor. Auch der Unterlassungsantrag sei unbegründet. Wenn dem Antragsgegner eine Klagebefugnis gegen die Ersatzvornahme nicht zustehe, könne er auch nicht verhindern, dass die Ersatzvornahme bekannt gemacht werde. Zudem könne der Antragsteller sich weder auf einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund stützen. Die Bundesärztekammer habe den Stand der medizinischen Wissenschaft für die Krankenbehandlung Opiatabhängiger festgeschrieben. Da die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger ohne Begleiterkrankung nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V widerspreche, müsse der Konflikt zwischen dem Bundesausschuss und dem BMG über die dem Stand des medizinischen Wissens entsprechende Krankenbehandlung opiatabhängiger Versicherter unverzüglich aufgelöst werden, zumal sich das Betäubungsmittelrecht zwischenzeitlich geändert habe. Schließlich sei es notwendig, die bisher geltenden niedrigeren krankenversicherungsrechtlichen Anforderungen an die Strukturqualität der substituierenden Ärzte an die Mindestanforderungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtmVV anzupassen, denn diese dürften auch von den in der vertragsärztlichen Versorgung substituierenden Ärzte nicht unterschritten werden. Einer Fristsetzung vor Ersatzvornahme habe es nicht bedurft.
Der Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag des Beklagten geschlossen. Er hat vorgetragen:
Durch die Ersatzvornahme habe der Antragsgegner in die Beschlussfreiheit des Antragstellers unmittelbar eingegriffen. Der Antragsgegner dürfe nur eine Rechtskontrolle ausüben. Die Substitution sei bislang keine von der Krankenkasse geschuldete Maßnahme gewesen, wenn sie nur Hilfe im Bereich der Lebensführung bieten solle. Der Leistungsanspruch der Versicherten sei hierdurch nicht unzulässig geschmälert worden. Demgegenüber führe die Ersatzvornahme dazu, dass die den Krankenkassen aufgebürdeten Leistungen in den Bereich der Unwirtschaftlichkeit ausgeweitet würden. Ohnehin prüfe der Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung", inwieweit die BUB-Richtlinien angesichts der Richtlinien der Bundesärztekammer geändert werden müssten.
Der Beigeladene zu 3) hat keinen Antrag gestellt. Er hat geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme aus den von dem Beigeladenen zu 1) vorgetragenen Gründen nicht gegeben seien.
Die Beigeladenen zu 2) und 4) haben auf die Begründung des Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
Die Beigeladene zu 9) hat darauf verwiesen, dass sich jeder Arzt bei der substitutionsgestützten Behandlung von opiatabhängigen Patienten an die zum 01.07.2002 in Kraft getretene Neufassung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) halten müsse. Anderenfalls mache er sich strafbar. Die in dieser Neufassung gesetzlich verankerten Richtlinien der Bundesärztekammer vom 23. März 2002 würden den derzeitigen gesicherten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Drogensubstitution wiedergeben. Im Widerspruch dazu würden die Methadon-Richtlinien des Bundesausschusses stehen, die eine Methadonbehandlung Opiatabhängiger von einer Begleiterkrankung abhängig machen; dies sei wissenschaftlich nicht länger haltbar.
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat den Antrag mit Beschluss vom 19.08.2002 zurückgewiesen. Der Antrag zu 1) sei unzulässig. Der Antragsteller sei zwar antragsbefugt, die Ersatzvornahme stelle indes keinen Verwaltungsakt dar, gegen den vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden könne. Der Antrag zu 2) sei nicht begründet. Die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage in der Hauptsache seien zweifelhaft. Die Ersatzvornahme sei auch verfahrensfehlerfrei vorgenommen worden. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Auch eine Folgenabwägung rechtfertige es nicht, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen.
Diese Entscheidung greifen der Antragsteller sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 5) mit der Beschwerde an.
Der Antragsteller macht u.a. geltend: Der Antrag zu 1) sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts zulässig, denn die Ersatzvornahme habe den Charakter eines Verwaltungsaktes. Denn ihm gegenüber stelle sich die Ersatzvornahme als Einzelfallregelung mit dem Ziel dar, seine Normsetzungsbefugnis einzuschränken. Der Regelungswille folge aus dem Schreiben des BMG vom 05.07.2002. Die Ersatzvornahme erfülle auch die weiteren Merkmale des Verwaltungsaktes. Der Auffassung des SG von den "zwei Ebenen der untergesetzlichen Normgebung" könne nicht gefolgt werden. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens für den Erlass der Richtlinien gebe es weder eine Ermächtigung noch Raum für einen eigenständigen "politischen Erwägungsspielraum" der Antragsgegnerin. Selbst wenn der Antragsgegnerin ein politischer Ermessensspielraum als zweite Ebene der Richtlinien-Beschlussfassung zukäme, müsse der Antragsteller nur rechtmäßige Beanstandungen hinnehmen. Die Ersatzvornahme sei jedoch rechtswidrig. Auch der Hilfsantrag sei begründet, denn die Veröffentlichung der Richtlinien-Änderung werde die Rechtsverfolgung im Hauptsacheverfahren wesentlich erschweren.
Der Antragsteller beantragt,
1. Der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.08.2002 (Aktenzeichen: S 19 KA 25/02 ER) wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass die Klage des Beschwerdeführers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 05.07.2002 betreffend die Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" aufschiebende Wirkung hat.
3. Hilfsweise für den Fall, dass der Klage keine aufschiebende Wirkung beigemessen werden sollte: Der Beschwerdegegnerin wird untersagt, die durch Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen.
4. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Er verweist darüber hinaus darauf, dass die Antragsgegnerin telefonisch mitgeteilt habe, sie beabsichtige, die Richtlinienänderung am 24.08.2002 im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, und beantragt deswegen, ihm vor dem 24.08.2002 mittels einer geeigneten Maßnahme einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren.
Die Antragsgegnerin trägt vor:
Das BMG handele bei der Ausübung der Rechte aus § 94 Abs. 1 SGB V nicht als Aufsichtsbehörde gegenüber einer Selbstverwaltungskörperschaft. Es mache mittels Ersatzvornahme von seiner gesetzlich eingeräumten Normsetzungsbefugnis Gebrauch; dies sei kein Verwaltungsakt. Die Mitwirkungsbefugnis nach § 94 Abs. 1 SGB V erlaube es dem BMG, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen. Unabhängig hiervon habe das BMG hier keine Zweckmäßigkeitserwägungen umgesetzt, sondern einen rechtswidrigen Zustand beseitigt, indem es den Leistungsanspruch der Versicherten ausgestaltet habe. Dies sei notwendig gewesen, weil die Mehrheit im Bundesausschuss sich geweigert habe, diese Änderung vorzunehmen. Das BMG habe sich bei der Ersatzvornahme auf die dringlichsten Regelungen beschränkt und den Bundesausschuss hinsichtlich der Regelungen zur Prozess- und Ergebnisqualität zum Tätigwerden aufgefordert. Bei einer Verzögerung der Bekanntmachung würden die Versicherten einen nicht wieder rückgängig zu machenden Nachteil erleiden, da sie ihren Sachleistungsanspruch auf eine substitutionsgestützte Therapie ohne Begleiterkrankung - beim Obsiegen der Antragsgegnerin in der Hauptsache - ex tunc nicht geltend machen könnten. Außerdem bestehe neben diesem Rechtsnachteil die Gefahr gesundheitlicher Schäden der opiatabhängigen Versicherten. Zu berücksichtigen sei ferner die Pflichtenkollision, in die der Antragsteller den Vertragsarzt bringe. Der Vertragsarzt habe nämlich berufsrechtlich die Pflicht, den Opiatabhängigen ohne Begleiterkrankung substitutionsgestützt zu behandeln, sofern die Voraussetzungen der Richtlinien der Bundesärztekammer vorliegen. Diese Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen, wäre ohne Richtlinienänderung verboten. Damit sei die Gefahr gegeben, dass Vertragsärzte die Behandlung Opiatabhängiger gänzlich aufgeben. Der Veröffentlichungsauftrag vom 21.08.2002 könne nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Sie beantragt,
1. die Beschwerden des Beschwerdeführers und der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen;
2. hilfsweise dem Antrag Nummer 3 der Beschwerdegegnerin im Verfahren 1.Instanz (vgl. Schriftsatz vom 15. August 2002) zu entsprechen;
3. die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer und dem Beigeladenen zu 1) anteilig nach dem Ermessen des Gerichts aufzuerlegen.
Die Beigeladene zu 1) trägt vor:
Die Veröffentlichung des Beschlusses stehe unmittelbar bevor. Hierdurch würden ihr wirtschaftliche Nachteile entstehen, da sie dann auch die Kosten für die Substitution ohne Begleiterkrankung zu übernehme hätte. Sie - die Beigeladene zu 1) - werde durch die Ersatzvornahme unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt. Als Mitglied des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen habe sie das Recht, im Rahmen der Richtliniengebung den Leistungsanspruch der Versicherten zu gestalten. Die Ersatzvornahme sei ein Verwaltungsakt. Die Antragsgegnerin habe hoheitlich gehandelt und müsse sich hieran festhalten lassen. Die Antragsgegnerin übe nur die Rechtsaufsicht und nicht die Fachaufsicht aus. Die bisher geltenden Substitutionsrichtlinien seien wirksam und mit der Voraussetzung der Begleiterkrankung vom BSG als rechtskonform bestätigt worden. Die Änderungen der BtMVV bzw. der Richtlinien der Bundesärztekammer hätten hierauf keinen Einfluss. Der Antragsgegnerin sei nicht die Befugnis eingeräumt, die Beschlüsse der Antragstellerin politisch zu überprüfen und zu ersetzen. Ausgehend hiervon könne die Antragsgegnerin jederzeit die Beschlüsse der Antragstellerin ändern; es bestehe dann ein politisches Durchgriffsrecht. Der Antragstellerin sei eine Einschätzungs- und Bewertungsprärogative vorbehalten. Das SG habe die Interessen der Beteiligten nicht angemessen gewichtet. Stelle sich nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens heraus, dass die Richtlinienänderung nicht rechtmäßig gewesen sei, müsste die Substitution in den Fällen, die der Neuregelung zuzuordnen seien, abgebrochen werden. Dies habe für die Betroffenen schwerwiegende gesundheitliche Folgen.
Sie beantragt,
1. unter Aufhebung des Beschlusses des SG Köln vom 19.08.2002, festzustellen, dass die Klage des Antragstellers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.07.2002 betreffend die Änderungen der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhäniger" aufschiebende Wirkung hat und infolge dessen die Antragsgegnerin die geänderten Richtlinien nicht veröffentlichen darf;
2. hilfsweise, der Antragsgegnerin zu untersagen, die durch Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen;
3. oder soweit das Gericht nach Veröffentlichung der Änderung in Anlage A Nr. 2 der "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhäniger" im Bundesanzeiger entscheidet, die Rückgängigmachung der Vollziehung anzuordnen und infolgedessen die Veröffentlichung rückgängig zu machen.
Die Beigeladenen zu 2) und 3) schließen sich dem Beschwerdevorbringen der Beigeladenen zu 1) an.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich den Anträgen der Beigeladenen zu 1) an.
Die Beigeladene zu 5) schließt sich dem Vorbringen und den Anträgen der Beigeladenen zu 1) an.
Die Beigeladene zu 7) schließt sich dem Vorbringen des Antragstellers an.
Die Beigeladene zu 9) verweist auf ihre erstinstanzliche Stellungnahme.
II.
Der Senat erlässt die tenorierte Zwischenregelung, weil ansonsten der durch Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gebotene effektive Rechtsschutz nicht gewährleistet ist. Ob und inwieweit die Beschwerden zulässig und begründet sind, bleibt der verfahrensbeendenden Entscheidung vorbehalten.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch im Antragsverfahren nach §§ 80, 80a VwGO und § 123 VwGO Zwischenregelungen dann statthaft sind, wenn der Antragsteller ohne die Zwischenregelung unzumutbar schweren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn auf andere Weise der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz nicht gewährleistet ist (OVG Thüringen vom 03.05.2002 - 4 VO 48/02 -; Hess. VGH vom 04.04.2000 - 12 TZ 577/00 -; OVG Berlin vom 03.02.1998 - 8 S 184.97 -; OVG Sachsen-Anhalt vom 16.07.1997 - B 2 S 317/97 -; OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.07.1994 -18 E 249/94 -; OVG Saarland vom 15.12.1992 - 2 W 36/92 -; OVG Hamburg vom 10.03.1988 - Bs V 10/88 -; vgl. auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Auflage, 2000, § 80 Rdn. 54; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage, § 80 Rdn. 170).
Eine derartige Zwischenregelung wird dann als sachgerecht angesehen, wenn jedenfalls auf den ersten Blick eine offensichtliche Aussichtslosigkeit des auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Begehrens nicht feststellbar ist (OVG Saarland vom 15.12.1992 - 2 W 36/92 -). Sie kann auch noch im Beschwerdeverfahren ergehen (OVG Thüringen vom 25.02.1999 - 4 ZEO 1076/97 -).
Der Senat schließt sich dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an. Durch das am 02.01.2002 in Kraft getretene 6. SGG-ÄndG (BGBl. I S. 2144 ff.) ist der einstweilige Rechtsschutz im SGG in Anlehnung an §§ 80 ff VwGO geregelt worden. Dies rechtfertigt es, die zu §§ 80, 80a, 123 VwGO entwickelten Grundsätze auf das sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen (vgl. auch Meyer/Ladewig, SGG, 7. Auflage, 2002, § 86 b Rdn. 14).
Hieraus folgt:
Die Änderung der BUB-Richtlinien mittels Ersatzvornahme wird gem. § 94 Abs. 1 SGB V durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam (vgl. Schimmelpfeng-Schütte in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2002, § 6 Rdn. 26). Der Antragsteller hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, die geänderten Richtlinien am 24.08.2002 im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Auch die Beigeladene zu 1) hat im Schriftsatz vom 22.08.2002 darauf hingewiesen, dass eine Veröffentlichung unmittelbar bevorsteht. Die Ausführungen der Antragsgegnerin bestätigen einen von ihr geschaffenen Zeitdruck. Gegenüber dem SG hat sie nämlich im Schriftsatz vom 15.08.2002 erklärt, an der Bekanntmachungsabsicht festzuhalten und davon auszugehen, dass das Gericht noch im Laufe der nächsten zwei Wochen über den Antrag entscheiden werde.
Die Veröffentlichung der geänderten Richtlinien nimmt die Hauptsache vorweg. Das mag in Einzelfällen hingenommen werden können, hier jedenfalls nicht. Sollte nämlich die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren obsiegen, könnten die geänderten Richtlinien zwar aufgehoben werden. Nicht mehr rückgängig zu machen sind indes die Folgen. Zutreffend verweist die Beigeladene zu 1) darauf, dass mit dem Wirksamwerden der geänderten Richtlinien Substitutionsbehandlungen auf dieser Grundlage durchzuführen sind. Weder die Behandlung noch die finanziellen Folgen lassen sich rückgängig machen. Im Fall des Obsiegens der Antragstellerin wären Behandlungen auf der Grundlage der geänderten Richtlinien vielmehr abzubrechen. Dies kann zu schweren gesundheitlichen Schäden der Drogenabhängigen führen; nötigenfalls werden sie die Behandlung als Privatbehandlung mit entsprechenden Kosten fortführen müssen. Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, dass ein weiteres Zuwarten und damit einhergehende Rechtsunsicherheit angesichts der Bedeutung der Richtlinienänderung für die Krankenversorgung der Opiatabhängigen nicht vertretbar sei (Schriftsätze vom 15.08.2002 und 23.08.2002), überzeugt das nicht. Die u.a. durch die Kollision der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger mit den BUB-Richtlinien entstandene Rechtsunsicherheit lässt sich durch ein einseitiges Vorgehen des BMG durch Veröffentlichung der Änderung im Bundesanzeiger schon am 24.08.2002 gerade nicht beseitigen. Die Rechtsunsicherheit für die den BUB-Richtlinien unterworfenen Vertragsärzte und Versicherten (vgl. BSG vom 20.03.1996 -6 RKa 62/94 -; BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 73/00 R -) wird hierdurch vielmehr verstärkt. Denn im Fall des Obsiegens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren müsste die alte Rechtslage wieder hergestellt werden. Die Einwände der Antragsgegnerin führen zu keiner anderen Beurteilung. Zwar entsteht für die Substitutionsbehandlungen durchführenden Vertragsärzte eine Pflichtenkollission angesichts des divergierenden Inhalts der Richtlinien der Bundesärztekammer einerseits und des Bundesauschusses andererseits. Die Annahme indes, dass sich Vertragsärzte dann strafbar machen, wenn sie nicht den Richtlinien der Bundesärztekammer folgen, sieht der Senat angesichts der abweichenden Richtlinien des Bundesausschusses als abwegig an. Hier wird das Verhältnis dieser Richtlinien zueinander zu klären sein. Die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern wären insoweit verpflichtet, die Vertragsärzte auf die Richtlinienkollision hinzuweisen und auf eine Weiterbehandlung zu drängen.
Im übrigen bleibt insoweit zu berücksichtigen, dass das BMG das durch Schreiben vom 30.10.2000 eingeleitete Änderungsverfahren säumig betrieben hat. Nach Aktenlage hat es auf die Weigerung der Antragstellerin (Schreiben vom 12.12.2000), die Richtlinien - wie gefordert - zu ändern, nicht reagiert. Erst Mitte 2002 ist das BMG wieder tätig geworden. Angesichts dieser Sachlage ist es auch unter Berücksichtigung der Krankenversorgung der Opiatabhängigen (Schreiben des BMG vom 15.08.2002 und 23.08.2002) nicht nachvollziehbar, dass die geänderten Richtlinien nunmehr dermaßen kurzfristig veröffentlicht werden sollen. Auch das vom BMG angenommene Versorgungsdefizit ist bislang nicht erwiesen (hierzu auch Schriftsatz der Antragstellerin vom 15.08.2002).
Zu berücksichtigen ist ferner, dass jede Behörde die verfassungsrechtliche Obliegenheit trifft, während eines Gerichtsverfahrens um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angesichts der Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes von Maßnahmen des Verwaltungszwanges abzusehen (BVerfG NJW 1987, 2219). Die vorliegende Fallgestaltung ist dem vergleichbar. Dabei ist rechtlich unbeachtlich, dass die Antragsgegnerin keine Behörde im eigentlichen Sinn ist. Die Aussage des BVerfG gilt naturgemäß für jegliche Organe der Exekutive und damit auch für das Bundesministerium für Gesundheit. Eine Stillhaltezusage hat die Antragsgegnerin bislang nicht abgegeben; auch ohne Aufforderung wäre dies geboten gewesen. Im Gegenteil: Dem SG hat sie mit Schriftsatz vom 15.08.2002 gleichsam eine Frist zur Entscheidung gesetzt, indem sie erklärt, die Änderung im Laufe der nächsten zwei Wochen zu erlassen.
Das Begehren des Antragstellers ist auch nicht offensichtlich aussichtslos (hierzu u.a. OVG Thüringen vom 25.02.1999 - 4 ZEO 1076/97 -). Zwar hat das SG im angefochtenen Beschluss ausgeführt, es zweifele bereits an den Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage, denn die summarische Prüfung des Klageantrags lasse ein Obsiegen in der Hauptsache eher als unwahrscheinlich erscheinen. Damit jedoch geht auch das SG nicht davon aus, dass das Begehren offensichtlich aussichtslos ist. Der Senat schließt sich dem an. Es sind eine Vielzahl von Rechtsfragen aufgeworfen, die schon deswegen einer grundlegenden Klärung bedürfen, weil es sich um den ersten Fall einer Ersatzvornahme gegenüber dem im Jahre 1955 geschaffenen Bundesausschuss handelt, mithin Rechtsprechung hierzu nicht vorhanden ist. Eine abschließende Entscheidung unter Klärung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bis zum 24.08.2002 ist schlechterdings ausgeschlossen, zumal auch im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung vorgenommen werden muss (BVerfGE 79, 69 ff.).
Im übrigen ist der angefochtene Beschluss den Beteiligten nach Mitteilung der Beigeladenen zu 1) bis zum 22.08.2002 lediglich per Fax übermittelt, jedoch noch nicht förmlich zugestellt worden. Die Beschwerdebegründung des Antragstellers ist dem Senat daher auch erst am 23.08.2002 (Eingang: 11.51 Uhr) zugeleitet worden. Bei diesem von der Antragsgegnerin verursachten Zeitdruck ist es evident, dass auch die Verfahrensbeteiligten keine Möglichkeit haben, sich mit dem angefochtenen Beschluss in angemessener Weise zu befassen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 05.07.2002 rechtmäßig ist.
Die substitutionsgestützte Therapie ist seit 1991 als vertragsärztliche Leistung anerkannt (Substitutionsrichtlinien vom 04.12.1990, BArbBl. Nr. 2/91 vom 31.01.1991). Der Antragsteller hatte am 07.12.1998 eine neue Fassung der Substitutionsrichtlinien als Bestandteil der NUB-Richtlinien beschlossen. Hierin waren Regelungen enthalten, nach denen eine Drogensubstitution zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur zulässig ist, wenn der Versicherte neben der Drogenabhängigkeit weitere Voraussetzungen erfüllt, namentlich eine Begleiterkrankung vorliegt. Mit Schreiben vom 09.02.1999 hat das BMG den entsprechenden Beschluss des Antragstellers beanstandet. Dieser habe sein ihm eingeräumtes Ermessen überschritten. Die begrenzte Zulassung der Substitution widerspreche dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, denn eine Befreiung von der Krankheit "Drogenabhängigkeit" sei auch durch schrittweises Herunterdosieren des Suchtmittels möglich. Die Substitution lindere darüber hinaus das Krankheitsbild und verhüte eine Verschlimmerung. Ferner seien die in den Richtlinien vorgesehenen Verfahrensregelungen zu beanstanden. Hierauf ergänzte der Antragsteller die Richtlinien in Abstimmung mit dem BMG um einen § 3a. Nachfolgend vertraten die Beteiligten zur Auslegung dieser Vorschrift unterschiedliche Ansichten. Mit Schreiben vom 30.10.2000 forderte das BMG den Antragsteller auf, in den Substitutionsrichtlinien bis spätestens zum 12.12.2000 zu regeln, dass eine Substitutionsbehandlung zur Therapie der Opiatabhängigkeit entsprechend der Ultima-ratio-Regelung in § 13 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zulässig ist, wenn
1. eine drogenfreie Therapie nicht durchgeführt werden kann und
2. begründete Aussichten bestehen, dass
a) durch die Behandlung eine Stabilisierung und Besserung des Gesundheitszustandes
und
b) durch das allmähliche Herunterdosieren schrittweise Drogenfreiheit erreicht werden kann.
Hiermit verbunden war der Hinweis, dass das BMG anderenfalls die Änderung der Richtlinien selbst erlassen werde. Der Antragsteller erklärte dem BMG, der Aufforderung nicht zu folgen (Schreiben vom 12.12.2000). Eine Reaktion des BMG hierauf erfolgte nicht.
Am 22.03.2002 erließ die Bundesärztekammer "Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" (Deutsches Ärzteblatt vom 24.05.2002). In Ziffer 2 dieser Richtlinien heißt es:
"Nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse kann eine substitutionsgestützte Behandlung bei manifester Opiatabhängigkeit durchgeführt werden."
Die Krankenkassenseite einerseits und die Ärzteseite andererseits vertraten im Arbeitsausschuss des Antragstellers unterschiedliche Auffassungen zur Frage, ob und inwieweit die Richtlinien der Bundesärztekammer den Antragsteller binden. In der Sitzung des Antragstellers vom 21.06.2002 standen zwei Beschlussentwürfe zur Abstimmung. Die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) brachten einen Änderungsentwurf ein; die Beschlussvorlage der Krankenkassen sah demgegenüber vor, dass es bei der bisherigen Indikationseingrenzung verbleiben solle. Beide Vorlagen wurden abgelehnt.
Unter dem 05.07.2002 hat das BMG die BUB-Richtlinien durch Ersatzvornahme geändert. Hierdurch wurde § 3a aufgehoben und § 3 dahin geändert, dass die Substitution auch Teil eines Therapiekonzeptes ohne Begleiterkrankung sein kann. Der Antragsteller wurde aufgefordert, eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger zu veranlassen. Mit Schreiben vom 31.07.2002 kündigte das BMG an, die Änderung selbst bekannt zu machen, falls der Antragsteller dies nicht bis zum 05.08.2002 veranlasse.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz. Er hat vorgetragen: Die Ersatzvornahme sei ein Verwaltungsakt. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage (S 19 KA 261/02 SG Köln) habe demzufolge aufschiebende Wirkung. Dies bedürfe der gerichtlichen Feststellung damit geklärt sei, dass die im Wege der Ersatzvornahme vorgenommene Änderung der BUB-Richtlinien bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht in Kraft treten könne. Formell sei die Ersatzvornahme rechtswidrig, weil sich das BMG nicht an die für das Beanstandungsverfahren geltenden Regeln gehalten habe. Der Ersatzvornahme müsse eine Beanstandung und eine Fristsetzung vorausgehen. Daran fehle es. Auch materiell-rechtlich sei die Ersatzvornahme fehlerhaft. §§ 91 Abs. 4 und 94 SGB V würden dem BMG lediglich eine Rechtsaufsicht zugestehen. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen seien daher nur zulässig, wenn die geltenden Substitutionsrichtlinien in den durch die Ersatzvornahme geänderten Bestandteilen rechtswidrig wären. Das sei nicht der Fall, denn er - der Antragsteller - habe den ihm zustehenden Gestaltungs- und Beurteilungsraum nicht überschritten, indem er die Drogensubstitution zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen als der Drogenabhängigkeit erlaubt habe. Die abweichenden Richtlinien nach § 5 Abs. 11 BtmVV würden ihn nicht binden. Die Bundesärztekammer sei nicht berechtigt, den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bei Drogenabhängigkeit festzulegen.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Klage des Antragstellers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.07.02 betreffend die Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" aufschiebende Wirkung hat und die Antragsgegnerin die geänderten Richtlinien nicht veröffentlichen darf,
2. für den Fall, dass der Klage keine aufschiebende Wirkung beigemessen werden sollte: Der Antragsgegnerin zu untersagen, die durch Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 " Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen, hilfsweise - sofern das Gericht dem Antrag zu 1.) des Antragstellers folge - die sofortige Vollziehung der Ersatzvornahme des BMG vom 05.07.2002 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzuordnen.
Sie hat vorgetragen: Die Ersatzvornahme nach § 94 SGB V sei einem Aufsichtsrecht nicht vergleichbar. Der Gesetzgeber habe in § 94 Abs. 1 SGB V ein gestuftes Normensetzungsverfahren geregelt. Der Antragsteller bringe hierin seinen besonderen Sachverstand ein. Das Beanstandungsrecht des BMG sichere der dem demokratischen Gesetzgeber verantwortlichen Exekutive eine Einwirkungs- und Überwachungsmöglichkeit. Insbesondere das Ersetzungsverfahren stelle sicher, dass die Richtlinien in einer das Demokratieprinzip wahrenden Art und Weise legitimiert werden. Die Ersatzvornahme sei keine hoheitliche in Rechte des Antragstellers eingreifende Anordnung. Sie sei Konsequenz aus dem Gestaltungsrecht des BMG, das dem Antragsteller übergeordnet sei. Sofern der Antragsteller in der Ersatzvornahme eine Rechtsverletzung sehe, könne er dies lediglich mit einer Feststellungsklage geltend machen. Eine aufschiebende Wirkung sehe § 86 a SGG insoweit nicht vor. Auch der Unterlassungsantrag sei unbegründet. Wenn dem Antragsgegner eine Klagebefugnis gegen die Ersatzvornahme nicht zustehe, könne er auch nicht verhindern, dass die Ersatzvornahme bekannt gemacht werde. Zudem könne der Antragsteller sich weder auf einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund stützen. Die Bundesärztekammer habe den Stand der medizinischen Wissenschaft für die Krankenbehandlung Opiatabhängiger festgeschrieben. Da die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger ohne Begleiterkrankung nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V widerspreche, müsse der Konflikt zwischen dem Bundesausschuss und dem BMG über die dem Stand des medizinischen Wissens entsprechende Krankenbehandlung opiatabhängiger Versicherter unverzüglich aufgelöst werden, zumal sich das Betäubungsmittelrecht zwischenzeitlich geändert habe. Schließlich sei es notwendig, die bisher geltenden niedrigeren krankenversicherungsrechtlichen Anforderungen an die Strukturqualität der substituierenden Ärzte an die Mindestanforderungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtmVV anzupassen, denn diese dürften auch von den in der vertragsärztlichen Versorgung substituierenden Ärzte nicht unterschritten werden. Einer Fristsetzung vor Ersatzvornahme habe es nicht bedurft.
Der Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag des Beklagten geschlossen. Er hat vorgetragen:
Durch die Ersatzvornahme habe der Antragsgegner in die Beschlussfreiheit des Antragstellers unmittelbar eingegriffen. Der Antragsgegner dürfe nur eine Rechtskontrolle ausüben. Die Substitution sei bislang keine von der Krankenkasse geschuldete Maßnahme gewesen, wenn sie nur Hilfe im Bereich der Lebensführung bieten solle. Der Leistungsanspruch der Versicherten sei hierdurch nicht unzulässig geschmälert worden. Demgegenüber führe die Ersatzvornahme dazu, dass die den Krankenkassen aufgebürdeten Leistungen in den Bereich der Unwirtschaftlichkeit ausgeweitet würden. Ohnehin prüfe der Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung", inwieweit die BUB-Richtlinien angesichts der Richtlinien der Bundesärztekammer geändert werden müssten.
Der Beigeladene zu 3) hat keinen Antrag gestellt. Er hat geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme aus den von dem Beigeladenen zu 1) vorgetragenen Gründen nicht gegeben seien.
Die Beigeladenen zu 2) und 4) haben auf die Begründung des Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
Die Beigeladene zu 9) hat darauf verwiesen, dass sich jeder Arzt bei der substitutionsgestützten Behandlung von opiatabhängigen Patienten an die zum 01.07.2002 in Kraft getretene Neufassung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) halten müsse. Anderenfalls mache er sich strafbar. Die in dieser Neufassung gesetzlich verankerten Richtlinien der Bundesärztekammer vom 23. März 2002 würden den derzeitigen gesicherten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Drogensubstitution wiedergeben. Im Widerspruch dazu würden die Methadon-Richtlinien des Bundesausschusses stehen, die eine Methadonbehandlung Opiatabhängiger von einer Begleiterkrankung abhängig machen; dies sei wissenschaftlich nicht länger haltbar.
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat den Antrag mit Beschluss vom 19.08.2002 zurückgewiesen. Der Antrag zu 1) sei unzulässig. Der Antragsteller sei zwar antragsbefugt, die Ersatzvornahme stelle indes keinen Verwaltungsakt dar, gegen den vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden könne. Der Antrag zu 2) sei nicht begründet. Die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage in der Hauptsache seien zweifelhaft. Die Ersatzvornahme sei auch verfahrensfehlerfrei vorgenommen worden. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Auch eine Folgenabwägung rechtfertige es nicht, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen.
Diese Entscheidung greifen der Antragsteller sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 5) mit der Beschwerde an.
Der Antragsteller macht u.a. geltend: Der Antrag zu 1) sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts zulässig, denn die Ersatzvornahme habe den Charakter eines Verwaltungsaktes. Denn ihm gegenüber stelle sich die Ersatzvornahme als Einzelfallregelung mit dem Ziel dar, seine Normsetzungsbefugnis einzuschränken. Der Regelungswille folge aus dem Schreiben des BMG vom 05.07.2002. Die Ersatzvornahme erfülle auch die weiteren Merkmale des Verwaltungsaktes. Der Auffassung des SG von den "zwei Ebenen der untergesetzlichen Normgebung" könne nicht gefolgt werden. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens für den Erlass der Richtlinien gebe es weder eine Ermächtigung noch Raum für einen eigenständigen "politischen Erwägungsspielraum" der Antragsgegnerin. Selbst wenn der Antragsgegnerin ein politischer Ermessensspielraum als zweite Ebene der Richtlinien-Beschlussfassung zukäme, müsse der Antragsteller nur rechtmäßige Beanstandungen hinnehmen. Die Ersatzvornahme sei jedoch rechtswidrig. Auch der Hilfsantrag sei begründet, denn die Veröffentlichung der Richtlinien-Änderung werde die Rechtsverfolgung im Hauptsacheverfahren wesentlich erschweren.
Der Antragsteller beantragt,
1. Der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.08.2002 (Aktenzeichen: S 19 KA 25/02 ER) wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass die Klage des Beschwerdeführers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 05.07.2002 betreffend die Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" aufschiebende Wirkung hat.
3. Hilfsweise für den Fall, dass der Klage keine aufschiebende Wirkung beigemessen werden sollte: Der Beschwerdegegnerin wird untersagt, die durch Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen.
4. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Er verweist darüber hinaus darauf, dass die Antragsgegnerin telefonisch mitgeteilt habe, sie beabsichtige, die Richtlinienänderung am 24.08.2002 im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, und beantragt deswegen, ihm vor dem 24.08.2002 mittels einer geeigneten Maßnahme einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren.
Die Antragsgegnerin trägt vor:
Das BMG handele bei der Ausübung der Rechte aus § 94 Abs. 1 SGB V nicht als Aufsichtsbehörde gegenüber einer Selbstverwaltungskörperschaft. Es mache mittels Ersatzvornahme von seiner gesetzlich eingeräumten Normsetzungsbefugnis Gebrauch; dies sei kein Verwaltungsakt. Die Mitwirkungsbefugnis nach § 94 Abs. 1 SGB V erlaube es dem BMG, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen. Unabhängig hiervon habe das BMG hier keine Zweckmäßigkeitserwägungen umgesetzt, sondern einen rechtswidrigen Zustand beseitigt, indem es den Leistungsanspruch der Versicherten ausgestaltet habe. Dies sei notwendig gewesen, weil die Mehrheit im Bundesausschuss sich geweigert habe, diese Änderung vorzunehmen. Das BMG habe sich bei der Ersatzvornahme auf die dringlichsten Regelungen beschränkt und den Bundesausschuss hinsichtlich der Regelungen zur Prozess- und Ergebnisqualität zum Tätigwerden aufgefordert. Bei einer Verzögerung der Bekanntmachung würden die Versicherten einen nicht wieder rückgängig zu machenden Nachteil erleiden, da sie ihren Sachleistungsanspruch auf eine substitutionsgestützte Therapie ohne Begleiterkrankung - beim Obsiegen der Antragsgegnerin in der Hauptsache - ex tunc nicht geltend machen könnten. Außerdem bestehe neben diesem Rechtsnachteil die Gefahr gesundheitlicher Schäden der opiatabhängigen Versicherten. Zu berücksichtigen sei ferner die Pflichtenkollision, in die der Antragsteller den Vertragsarzt bringe. Der Vertragsarzt habe nämlich berufsrechtlich die Pflicht, den Opiatabhängigen ohne Begleiterkrankung substitutionsgestützt zu behandeln, sofern die Voraussetzungen der Richtlinien der Bundesärztekammer vorliegen. Diese Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen, wäre ohne Richtlinienänderung verboten. Damit sei die Gefahr gegeben, dass Vertragsärzte die Behandlung Opiatabhängiger gänzlich aufgeben. Der Veröffentlichungsauftrag vom 21.08.2002 könne nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Sie beantragt,
1. die Beschwerden des Beschwerdeführers und der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen;
2. hilfsweise dem Antrag Nummer 3 der Beschwerdegegnerin im Verfahren 1.Instanz (vgl. Schriftsatz vom 15. August 2002) zu entsprechen;
3. die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer und dem Beigeladenen zu 1) anteilig nach dem Ermessen des Gerichts aufzuerlegen.
Die Beigeladene zu 1) trägt vor:
Die Veröffentlichung des Beschlusses stehe unmittelbar bevor. Hierdurch würden ihr wirtschaftliche Nachteile entstehen, da sie dann auch die Kosten für die Substitution ohne Begleiterkrankung zu übernehme hätte. Sie - die Beigeladene zu 1) - werde durch die Ersatzvornahme unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt. Als Mitglied des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen habe sie das Recht, im Rahmen der Richtliniengebung den Leistungsanspruch der Versicherten zu gestalten. Die Ersatzvornahme sei ein Verwaltungsakt. Die Antragsgegnerin habe hoheitlich gehandelt und müsse sich hieran festhalten lassen. Die Antragsgegnerin übe nur die Rechtsaufsicht und nicht die Fachaufsicht aus. Die bisher geltenden Substitutionsrichtlinien seien wirksam und mit der Voraussetzung der Begleiterkrankung vom BSG als rechtskonform bestätigt worden. Die Änderungen der BtMVV bzw. der Richtlinien der Bundesärztekammer hätten hierauf keinen Einfluss. Der Antragsgegnerin sei nicht die Befugnis eingeräumt, die Beschlüsse der Antragstellerin politisch zu überprüfen und zu ersetzen. Ausgehend hiervon könne die Antragsgegnerin jederzeit die Beschlüsse der Antragstellerin ändern; es bestehe dann ein politisches Durchgriffsrecht. Der Antragstellerin sei eine Einschätzungs- und Bewertungsprärogative vorbehalten. Das SG habe die Interessen der Beteiligten nicht angemessen gewichtet. Stelle sich nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens heraus, dass die Richtlinienänderung nicht rechtmäßig gewesen sei, müsste die Substitution in den Fällen, die der Neuregelung zuzuordnen seien, abgebrochen werden. Dies habe für die Betroffenen schwerwiegende gesundheitliche Folgen.
Sie beantragt,
1. unter Aufhebung des Beschlusses des SG Köln vom 19.08.2002, festzustellen, dass die Klage des Antragstellers vom 02.08.2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.07.2002 betreffend die Änderungen der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhäniger" aufschiebende Wirkung hat und infolge dessen die Antragsgegnerin die geänderten Richtlinien nicht veröffentlichen darf;
2. hilfsweise, der Antragsgegnerin zu untersagen, die durch Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit vom 05.07.2002 angeordnete Änderung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) in Anlage A Nr. 2 "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" zu veröffentlichen;
3. oder soweit das Gericht nach Veröffentlichung der Änderung in Anlage A Nr. 2 der "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhäniger" im Bundesanzeiger entscheidet, die Rückgängigmachung der Vollziehung anzuordnen und infolgedessen die Veröffentlichung rückgängig zu machen.
Die Beigeladenen zu 2) und 3) schließen sich dem Beschwerdevorbringen der Beigeladenen zu 1) an.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich den Anträgen der Beigeladenen zu 1) an.
Die Beigeladene zu 5) schließt sich dem Vorbringen und den Anträgen der Beigeladenen zu 1) an.
Die Beigeladene zu 7) schließt sich dem Vorbringen des Antragstellers an.
Die Beigeladene zu 9) verweist auf ihre erstinstanzliche Stellungnahme.
II.
Der Senat erlässt die tenorierte Zwischenregelung, weil ansonsten der durch Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gebotene effektive Rechtsschutz nicht gewährleistet ist. Ob und inwieweit die Beschwerden zulässig und begründet sind, bleibt der verfahrensbeendenden Entscheidung vorbehalten.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch im Antragsverfahren nach §§ 80, 80a VwGO und § 123 VwGO Zwischenregelungen dann statthaft sind, wenn der Antragsteller ohne die Zwischenregelung unzumutbar schweren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn auf andere Weise der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz nicht gewährleistet ist (OVG Thüringen vom 03.05.2002 - 4 VO 48/02 -; Hess. VGH vom 04.04.2000 - 12 TZ 577/00 -; OVG Berlin vom 03.02.1998 - 8 S 184.97 -; OVG Sachsen-Anhalt vom 16.07.1997 - B 2 S 317/97 -; OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.07.1994 -18 E 249/94 -; OVG Saarland vom 15.12.1992 - 2 W 36/92 -; OVG Hamburg vom 10.03.1988 - Bs V 10/88 -; vgl. auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Auflage, 2000, § 80 Rdn. 54; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage, § 80 Rdn. 170).
Eine derartige Zwischenregelung wird dann als sachgerecht angesehen, wenn jedenfalls auf den ersten Blick eine offensichtliche Aussichtslosigkeit des auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Begehrens nicht feststellbar ist (OVG Saarland vom 15.12.1992 - 2 W 36/92 -). Sie kann auch noch im Beschwerdeverfahren ergehen (OVG Thüringen vom 25.02.1999 - 4 ZEO 1076/97 -).
Der Senat schließt sich dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an. Durch das am 02.01.2002 in Kraft getretene 6. SGG-ÄndG (BGBl. I S. 2144 ff.) ist der einstweilige Rechtsschutz im SGG in Anlehnung an §§ 80 ff VwGO geregelt worden. Dies rechtfertigt es, die zu §§ 80, 80a, 123 VwGO entwickelten Grundsätze auf das sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen (vgl. auch Meyer/Ladewig, SGG, 7. Auflage, 2002, § 86 b Rdn. 14).
Hieraus folgt:
Die Änderung der BUB-Richtlinien mittels Ersatzvornahme wird gem. § 94 Abs. 1 SGB V durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam (vgl. Schimmelpfeng-Schütte in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2002, § 6 Rdn. 26). Der Antragsteller hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, die geänderten Richtlinien am 24.08.2002 im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Auch die Beigeladene zu 1) hat im Schriftsatz vom 22.08.2002 darauf hingewiesen, dass eine Veröffentlichung unmittelbar bevorsteht. Die Ausführungen der Antragsgegnerin bestätigen einen von ihr geschaffenen Zeitdruck. Gegenüber dem SG hat sie nämlich im Schriftsatz vom 15.08.2002 erklärt, an der Bekanntmachungsabsicht festzuhalten und davon auszugehen, dass das Gericht noch im Laufe der nächsten zwei Wochen über den Antrag entscheiden werde.
Die Veröffentlichung der geänderten Richtlinien nimmt die Hauptsache vorweg. Das mag in Einzelfällen hingenommen werden können, hier jedenfalls nicht. Sollte nämlich die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren obsiegen, könnten die geänderten Richtlinien zwar aufgehoben werden. Nicht mehr rückgängig zu machen sind indes die Folgen. Zutreffend verweist die Beigeladene zu 1) darauf, dass mit dem Wirksamwerden der geänderten Richtlinien Substitutionsbehandlungen auf dieser Grundlage durchzuführen sind. Weder die Behandlung noch die finanziellen Folgen lassen sich rückgängig machen. Im Fall des Obsiegens der Antragstellerin wären Behandlungen auf der Grundlage der geänderten Richtlinien vielmehr abzubrechen. Dies kann zu schweren gesundheitlichen Schäden der Drogenabhängigen führen; nötigenfalls werden sie die Behandlung als Privatbehandlung mit entsprechenden Kosten fortführen müssen. Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, dass ein weiteres Zuwarten und damit einhergehende Rechtsunsicherheit angesichts der Bedeutung der Richtlinienänderung für die Krankenversorgung der Opiatabhängigen nicht vertretbar sei (Schriftsätze vom 15.08.2002 und 23.08.2002), überzeugt das nicht. Die u.a. durch die Kollision der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger mit den BUB-Richtlinien entstandene Rechtsunsicherheit lässt sich durch ein einseitiges Vorgehen des BMG durch Veröffentlichung der Änderung im Bundesanzeiger schon am 24.08.2002 gerade nicht beseitigen. Die Rechtsunsicherheit für die den BUB-Richtlinien unterworfenen Vertragsärzte und Versicherten (vgl. BSG vom 20.03.1996 -6 RKa 62/94 -; BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 73/00 R -) wird hierdurch vielmehr verstärkt. Denn im Fall des Obsiegens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren müsste die alte Rechtslage wieder hergestellt werden. Die Einwände der Antragsgegnerin führen zu keiner anderen Beurteilung. Zwar entsteht für die Substitutionsbehandlungen durchführenden Vertragsärzte eine Pflichtenkollission angesichts des divergierenden Inhalts der Richtlinien der Bundesärztekammer einerseits und des Bundesauschusses andererseits. Die Annahme indes, dass sich Vertragsärzte dann strafbar machen, wenn sie nicht den Richtlinien der Bundesärztekammer folgen, sieht der Senat angesichts der abweichenden Richtlinien des Bundesausschusses als abwegig an. Hier wird das Verhältnis dieser Richtlinien zueinander zu klären sein. Die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern wären insoweit verpflichtet, die Vertragsärzte auf die Richtlinienkollision hinzuweisen und auf eine Weiterbehandlung zu drängen.
Im übrigen bleibt insoweit zu berücksichtigen, dass das BMG das durch Schreiben vom 30.10.2000 eingeleitete Änderungsverfahren säumig betrieben hat. Nach Aktenlage hat es auf die Weigerung der Antragstellerin (Schreiben vom 12.12.2000), die Richtlinien - wie gefordert - zu ändern, nicht reagiert. Erst Mitte 2002 ist das BMG wieder tätig geworden. Angesichts dieser Sachlage ist es auch unter Berücksichtigung der Krankenversorgung der Opiatabhängigen (Schreiben des BMG vom 15.08.2002 und 23.08.2002) nicht nachvollziehbar, dass die geänderten Richtlinien nunmehr dermaßen kurzfristig veröffentlicht werden sollen. Auch das vom BMG angenommene Versorgungsdefizit ist bislang nicht erwiesen (hierzu auch Schriftsatz der Antragstellerin vom 15.08.2002).
Zu berücksichtigen ist ferner, dass jede Behörde die verfassungsrechtliche Obliegenheit trifft, während eines Gerichtsverfahrens um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angesichts der Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes von Maßnahmen des Verwaltungszwanges abzusehen (BVerfG NJW 1987, 2219). Die vorliegende Fallgestaltung ist dem vergleichbar. Dabei ist rechtlich unbeachtlich, dass die Antragsgegnerin keine Behörde im eigentlichen Sinn ist. Die Aussage des BVerfG gilt naturgemäß für jegliche Organe der Exekutive und damit auch für das Bundesministerium für Gesundheit. Eine Stillhaltezusage hat die Antragsgegnerin bislang nicht abgegeben; auch ohne Aufforderung wäre dies geboten gewesen. Im Gegenteil: Dem SG hat sie mit Schriftsatz vom 15.08.2002 gleichsam eine Frist zur Entscheidung gesetzt, indem sie erklärt, die Änderung im Laufe der nächsten zwei Wochen zu erlassen.
Das Begehren des Antragstellers ist auch nicht offensichtlich aussichtslos (hierzu u.a. OVG Thüringen vom 25.02.1999 - 4 ZEO 1076/97 -). Zwar hat das SG im angefochtenen Beschluss ausgeführt, es zweifele bereits an den Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage, denn die summarische Prüfung des Klageantrags lasse ein Obsiegen in der Hauptsache eher als unwahrscheinlich erscheinen. Damit jedoch geht auch das SG nicht davon aus, dass das Begehren offensichtlich aussichtslos ist. Der Senat schließt sich dem an. Es sind eine Vielzahl von Rechtsfragen aufgeworfen, die schon deswegen einer grundlegenden Klärung bedürfen, weil es sich um den ersten Fall einer Ersatzvornahme gegenüber dem im Jahre 1955 geschaffenen Bundesausschuss handelt, mithin Rechtsprechung hierzu nicht vorhanden ist. Eine abschließende Entscheidung unter Klärung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bis zum 24.08.2002 ist schlechterdings ausgeschlossen, zumal auch im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung vorgenommen werden muss (BVerfGE 79, 69 ff.).
Im übrigen ist der angefochtene Beschluss den Beteiligten nach Mitteilung der Beigeladenen zu 1) bis zum 22.08.2002 lediglich per Fax übermittelt, jedoch noch nicht förmlich zugestellt worden. Die Beschwerdebegründung des Antragstellers ist dem Senat daher auch erst am 23.08.2002 (Eingang: 11.51 Uhr) zugeleitet worden. Bei diesem von der Antragsgegnerin verursachten Zeitdruck ist es evident, dass auch die Verfahrensbeteiligten keine Möglichkeit haben, sich mit dem angefochtenen Beschluss in angemessener Weise zu befassen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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