Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 Ka 178/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 123/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufungen der Kläger zu 2) bis 4) sowie der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.06.1998 teilweise abgeändert. Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 16.08.1996 verurteilt, über die Festsetzung des Punktwertes für 1996 in den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen. Kosten sind für beide Rechtzüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Punktwerte für das Jahr 1996 für vertragszahnärztliche Leistungen im Primärkassenbereich durch den Beklagten.
Nachdem die Kläger und die Beigeladene über die Punktwerte für 1996 nach den BEMA-Teilen 1 bis 5 keine Einigung erzielen konnten und die Verhandlungen für gescheitert erklärt hatten, beantragte die Klägerin zu 1) die Einleitung und Durchführung eines Schiedsamtsverfahrens.
Im Schiedsamtsverfahren beantragte sie, die Punktwerte für die vertragszahnärztlichen Leistungen nach den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 auf 1,567 DM und für die Leistungen nach den BEMA-Teilen 3 und 5 auf 1,385 DM festzusetzen.
Die Kläger zu 2) bis 4) und die Beigeladene beantragten, die Punktwerte auf 1,462 DM für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 und auf 1,327 DM für die BEMA-Teile 3 und 5 festzusetzen sowie eine Ausgabenobergrenze für die insgesamt abzurechnenden Leistungen zu bestimmen.
Mit Beschluss vom 16.08.1996 setzte der Beklagte für 1996 für die nach den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 abrechenbaren Leistungen den Punktwert auf 1,516 DM und für die nach den BEMA-Teilen 3 und 5 abrechenbaren Leistungen auf 1,353 DM fest. Dabei legte der Beklagte zunächst den von ihm selbst für das Jahr 1995 festgesetzten Punktwert für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 von 1,515 DM und für die BEMA-Teile 3 und 5 von 1,351 DM zugrunde. Diese Punktwerte senkte er im Hinblick auf § 85 Abs. 3 c SGB V um einen Prozent ab, weil die prognostizierte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen die tatsächliche Veränderungsrate um 1% überschritten habe. Bei der Festsetzung der Punktwerte für 1995 hatte der Beklagte die vom Bundesminister für Gesundheit vorausgeschätzte Veränderungsrate von 1,7 v.H. zugrundegelegt. Tatsächlich betrug die Veränderungsrat nach der Mitteilung im Bundesanzeiger vom 01. Juli 1996 im Jahr 1995 lediglich 0,7 v.H ... Wegen der hohen Abweichung um ein Prozent erschien dem Beklagten eine Anpassung der Punktwerte in dieser Größenordnung zwingend zu sein. Die so ermittelten Punktwerte aus dem Jahr 1995 seien, so der Beklagte in seinem Bescheid weiter, angemessen zu erhöhen. Kriterien für diese Anpassung seien Art und Umfang der zahnärztlichen Leistungen, die Beitragssatzstabilität und die Praxiskostenentwicklung. Gestützt auf die Preisindizes legte der Beklagte eine Kostensteigerung von 1,3 % im Jahr 1996 zugrunde. Im Hinblick auf den Parameter der Beitragssatzstabilität hätte es keine Punktwerterhöhung geben dürfen, die den Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied für das Jahr 1996 überschreiten würde. Der Bundesminister für Gesundheit habe zwar im Bundesanzeiger die Grundlohnsteigerung für 1996 mit 1,7 % prognostiziert. Diese vorläufige Orientierungsgröße erscheine jedoch wie schon in den Vorjahren zu hochgegriffen. Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen, der Einführung von Altersteilzeit und Tarifabschlüssen von durchschnittlich 1,5 % sei die Prognose kaum realistisch. Es sei vielmehr angemessen, von einer Grundlohnsummensteigerung von maximal 1,3 % für das Jahr 1996 auszugehen. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte einerseits sowie der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits sei die Anhebung der Punktwerte nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung für alle BEMA-Teile um 1,2 % erforderlich, aber auch ausreichend, um die Interessen beider Vertragspartner gerecht zu werden.
Den Antrag der Kläger zu 2) bis 4) und der Beigeladenen, in allen BEMA-Teilen Ausgabenobergrenzen festzusetzen, lehnt der Beklagte ab. Es bestehe kein Raum für eine derartige Festsetzung. Der Gesetzgeber habe bewußt darauf verzichtet, eine Budgetierung der vertragszahnärztlichen Versorgung über das Jahr 1995 hinaus vorzuschreiben, so daß es keine gesetzliche Grundlage für Ausgabenobergrenzen für das Jahr 1996 gebe. Das Schiedsamt habe deshalb Bedenken, sich über den evidenten Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen und an seiner Stelle eine sozialpolitische Entscheidung von einer nicht unerheblichen Tragweite zutreffen. Diese Bedenken würden verstärkt durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 163), wonach es allein dem Gesetzgeber obliege, die Entwicklung auf dem Gesamtgebiet der Medizin zu beobachten und die danach erforderlichen Maßnahmen gegebenenfalls auch gegen widerstreitende Gruppeninteressen durchzuführen. Schließlich bestünden gegen die Einführung von Ausgabenoberbegrenzung durch einen Schiedsspruch auch vor dem Hintergrund der Wesentlichkeitstheorie Zweifel, wonach der parlamentarische Gesetzgeber verpflichtet sei, im grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zutreffen. Eine derartige wesentliche Entscheidung liege bei Einführung von Ausgabenobergrenzen für vertragszahnärztliche Leistungen vor. Sie würden derart intensive Wirkung entfalten, dass sich der Beklagte gehindert sehe, die Regelungskompetenz für diesen Bereich in Anspruch zu nehmen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Klage hat die Klägerin zu 1) vorgetragen, dass der Beklagte die Punktwerte, die er für 1995 festgesetzt habe, zu Unrecht um ein Prozent abgesenkt habe. Da für 1996 keine Budgetierung im Gesetz vorgesehen sei, könne auch die Anpassung an die tatsächliche Veränderungsrate nicht mehr vorgenommen werden, jedenfalls nicht für die BEMA-Teil 1, 2 und 4.
Die Kläger zu 2) bis 4) haben zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, der Beklagte habe zu Unrecht an die für 1995 festgesetzten Punktwerte angeknüpft. Es hätte nur die um die Budgetüberschreitung bereinigte Gesamtvergütung zugrundegelegt werden dürfen. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die höchstzulässigen Gesamtvergütungen für 1995 um ein Prozent zu reduzieren und daraus die Punktwerte zu errechnen. Dann hätten sich niedrigere Punktwerte für 1995 ergeben. Sie halten die Entscheidung des Beklagten außerdem vor allem für deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte keine Ausgabenobergrenzen festgesetzt hat. Zu Unrecht habe der Beklagte sich insofern rechtlich daran gehindert gesehen, Ausgabenobergrenzen festzusetzen. Er habe hier verkannt, dass ihm insofern Ermessen zustehe.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 16.08.1996 zu verpflichten, erneut über die gestellten Anträge zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Er hat darauf verwiesen, dass ihm der gleiche Gestaltungsspielraum zustehe wie den Vertragsparteien. Es habe wohl eine Berechtigung, aber keine Verpflichtung bestanden, Ausgabenobergrenzen festzusetzen.
Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 18.06.1998 abgewiesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den von ihm festgesetzten Punktwert für 1995 als Ausgangspunkt genommen habe. Frühere Vergütungsvereinbarungen hätten grundsätzlich die Vermutung der Angemessenheit für sich. Die Absenkung um ein Prozent sei rechtmäßig, weil nach § 85 Abs. 3 c SGB V tatsächliche Veränderungen gegenüber der Vorausschätzung der beitragspflichtigen Einnahmen zu berücksichtigen seien. Unter Berücksichtigung aller Parameter, insbesondere der Beitragsstabilität und des Mengenwachstums habe der Beklagte ermessensfehlerfrei eine angemessene Erhöhung von 1,2 % festgesetzt. Der Beklagte habe auch ermessensfehlerfrei von der Festsetzung von Ausgabenobergrenzen abgesehen.
Mit den dagegen eingelegten Berufungen tragen die Kläger zu 2) bis 4) sowie die Beigeladene erneut vor, das Schiedsamt habe einen unzutreffenden Ausgangspunktwert zugrundegelegt. Der Punktwert für 1995 habe zunächst um die Budgetüberschreitung bereinigt werden müssen. Hierfür spreche auch, dass die Beanstandung seitens des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales durch das Schiedsamt für 1995 festgelegten Punktwertes erst aufgehoben worden sei, nachdem ein Ausgleichsverfahren bei Budgetüberschreitung vereinbart worden sei. Daraus folge, dass der Schiedsspruch für 1995 noch nicht die Vermutung der Angemessenheit beanspruchen könne. Der Beklagte habe ferner bei der Festsetzung der Punktwerte den Grundsatz der Beitragsstabilität nicht hinreichend berücksichtigt. Diesem Grundsatz komme aber Priorität zu. Die übrigen Kriterien dürften grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung der gesamten Vergütung führen, wenn dadurch eine Beitragssatzerhöhung drohe. Die Punktwerterhöhung habe im Ergebnis, weil sie die Mengenentwicklung nicht berücksichtigt habe, zu einem Beitragssatzmehrbedarf geführt. Schließlich sei der Beschluss auch deshalb rechtswidrig, weil er die Festlegung von Ausgabenbegrenzungsregelung abgelehnt habe. Der Beklagte habe dabei das ihm zustehende Gestaltungsermessen verkannt. Eine hinreichende Beschäftigung mit diesem Aspekt sei nur dann anzunehmen, wenn der Beklagte sich mit dem Pro und Contra der Festsetzung einer Ausgabenobergrenze auseinandergesetzt hätte.
Die Kläger zu 2) bis 4) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.06.1998 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass nach Auslaufen der Budgetierung Ende 1995 wieder der Grundsatz gelte, dass die Punktwerte des Vorjahres die Vermutung der Angemessenheit der Vergütung für sich hätten. Der nach § 85 Abs. 3 c SGB V vorgesehene nachträglich Ausgleich beziehe sich nicht auf eine eventuelle Budgetüberschreitung, sondern auf die Abweichung der Gesamtvergütung für 1995 zugrundegelegten Prognose einer Veränderung der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen von der tatsächlich festgestellten Veränderungsrate. Die Vorschrift schreibe weder die Methode noch einen genau quantifizierbaren Stellenwert dieser Berücksichtigung bei der Ermittlung der angemessenem Vergütung vor. Eine Priorität des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Nach § 85 Abs. 3 c SGB V hätten die Vertragspartner die Praxiskosten, die für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistung zu berücksichtigen. Lediglich daneben sei auch der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten. Auch den Empfehlungen der Konzertierten Aktion sei keine rechtliche Vorgabe in dem Sinne zu entnehmen, dass die Budgetierung fortgeschrieben werden müsse. Die Mengenentwicklung sei durch eine Reduzierung der Ausgangspunktwerte von 1995 in die Ermittlung der Punktwerte einbezogen worden. Das Gesetz enthalte wiederum keine Vorgaben, in welcher Weise die Mengenentwicklung zu berücksichtigen sei. Das Sozialgericht habe zutreffend festgestellt, dass im Beschluss lediglich die Bedenken aufgezeigt worden seien, die den Beklagten von einer Festsetzung von Obergrenzen hätten absehen lassen. Das Schiedsamt habe keinesfalls die Festsetzung von Ausgabenobergrenzen gesetzlich verboten gehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Akten L 11 KA 119/98 verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen zu 2) bis 4) sowie der Beigeladenen sind teilweise begründet. Der angefochtene Beschluss ist insofern rechtswidrig, als er als Ausgangsbasis für das Verfahren auf Festsetzung des Punktwertes für das Jahr 1996 für die vertragszahnärztlichen Leistungen nach den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 einen Punktwert von 1,515 DM angenommen hat.
Die Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages durch ein Schiedsamt stellt einen Verwaltungsakt dar, der von den Partnern des Gesamtvertrages mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angegriffen werden kann (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20). Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich dabei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist,ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrundegelegt wurde, ob das Schiedsamt die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten und sein Gestaltungsermessen - soweit ihm ein solches zukommt - sachgerecht ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20; SozR 2200 § 368h Nr. 3 m.w.N., wobei das BSG ausdrücklich offen läßt, ob es sich um eine Ermessensentscheidung handelt oder das Schiedsamt einen unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum anwendet). Die Festsetzung des Schiedsamtes zu den BEMA-Teilen 1,2, und 4 erfolgte hier unter Verkennung der durch § 85 Abs. 3 a SGB V gesetzten Gestaltungsgrenzen. Nach dieser Vorschrift galten in den Jahren 1993 bis 1995 Obergrenzen für die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz und Kieferorthopädie. Anknüpfungspunkt für die für 1996 festzusetzenden Punktwerte für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 konnte damit nur die rechtmäßige, d.h. die innerhalb dieser Obergrenze liegende Gesamtvergütung sein. Zwar hat grundsätzlich die letzte gemeinsame Regelung der Vergütung auch durch Schiedsspruch die Vermutung der Angemessenheit für sich (vgl. BSGE 51, 58, 63). Die Höhe der Gesamtvergütung des Jahres 1995 im Sinne des § 85 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB V , deren Veränderung gemäß § 85 Abs. 3 SGB V Gegenstand des Schiedsverfahren ist, war hier jedoch gemäß § 85 Abs. 3 a Satz 1 SGB V gesetzlich begrenzt auf den bei einer maßgeblichen geschätzten Grundlohnsummenentwicklung von 1,7 % Betrag von 526 000 000,- DM. Eine darüber hinausgehende vereinbarte oder festgesetzte Gesamtvergütung wäre gesetzwidrig gewesen und kann deshalb nicht die Vermutung der Angemessenheit für sich beanspruchen. Dies trifft für eine in Umsetzung des Schiedsspruchs vom 18.06.1995 nach dem Punktwert von 1,515 DM berechnete Gesamtvergütung zu. Durch Vereinbarung vom 12.06.1996 haben die Gesamtvertragsparteien dem auch Rechnung getragen und die Berechnung der gesetzlichen Höchstgrenze in § 2 definiert und nachfolgend das Ausgleichsverfahren geregelt. Damit war der Schiedsspruch vom 18.09.1995 und der darin festgesetzte Punktwert gegenstandslos geworden sei, so dass auch die Beanstandung durch das Ministerium zurückgenommen werden konnte.
Im übrigen waren die Berufungen zurückzuweisen. Für die BEMA-Teile 3 und 5, die 1995 keiner Ausgabenobergrenze unterlagen, hat der Beklagte zu Recht den von ihm zuvor festgesetzten Punktwert zugrundegelegt. Insofern bestand die Vermutung der Angemessenheit der in der Vergangenheit gefundenen Vereinbarungen. Es ist auch nicht zu zu beanstanden, dass der Beklagte die Punktwerte gemäß § 85 Abs. 3 c SGB V im Hinblick auf die Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Grundlohnsummenentwickung um 1 % korrigiert hat. Im weiteren hat er alle maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte erwogen, wie die gesetzlichen Vorgaben der Angemessenheit der Vergütung, der Praxiskosten und der Beitragssatzstabilität. Die Preisindizes hat der Beklagte ebenso wie die prognostizierte Grundlohnsummensteigerung in nicht zu beanstandender Weise in seine Überlegungen einbezogen. Der Gesichtspunkt der Beitragssatzstabilität ist hinreichend berücksichtigt worden. Dass ihm absolute Priorität zukommt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. In § 141 Abs. 2 Satz 3 SGB V ist lediglich ein gesetzgeberisches Ziel formuliert, an dem die Empfehlung der Konzertierten Aktion auszurichten ist. Auch durch die Einfügung des Satzes 2 des § 85 Abs. 3 SGB V ist keine Rangfolge der bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung zu berücksichtigenden Kriterien begründet worden. Soweit insofern auf die Historie verwiesen wird, überzeugt dies nicht. Zwar wird die Bedeutung des Grundsatzes mit § 71 und 141 SGB V hervorgehoben, andere Kriterien sind aber vom Gesetzgeber auch nicht beseitigt worden. Auch die Wortwahl in § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V - "beachten" statt "berücksichtigen" - indiziert keine Vorrangstellung. Selbst wenn man aber, wie das LSG Niedersachen in seiner von den Klägern vorgelegten Entscheidung vom 15.04.1998 - L 5 KA 2/98 ER - von einer "erhöhten Inpflichtnahme der Vertragsparteien" ausgeht, genügt der Schiedsspruch diesen Anforderungen. Er hat sich ausführlich mit der Frage der Beitragsstabilität auseinandergesetzt. Im Interesse der Beitragssatzstabilität hat das Schiedsamt nicht die vom Bundesminister für Gesundheit angenommene Grundlohnsummensteigerung von 1,7 zugrunde gelegt, sondern lediglich eine Steigerung von 1,3 %.
Außerdem hat der Beklagte im Hinblick auf die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenversicherung - wobei auch die Mengenentwicklung berücksichtigt wurde - nicht den maximal möglichen Steigerungssatz, sondern einen um 0,1 % niedrigeren Steigerungssatz festgelegt.
Der Beklagte hat es auch mit vertretbaren Überlegungen abgelehnt, auf Antrag nur eines Gesamtvertragspartners eine Ausgabenbegrenzungsregelung zu treffen. Eine Verpflichtung zur Festlegung einer solchen Grenze besteht nicht. Aus dem Gesamtzusammenhang, insbesondere der ausführlichen Argumentation gegen eine Pflicht zur Festlegung von Ausgabenobergrenzen und dem wiederholten Hinweis auf die erheblichen Auswirkungen einer solchen Regelung kann gefolgert werden, dass der Beklagte eine derart weitreichende Regelung nur auf Antrag eines Beteiligten nicht treffen und insofern eine Kompetenz " nicht in Anspruch nehmen" wollte. Zwar hat das Schiedsamt grundsätzlich den gleichen Gestaltungspielraum wie die Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20). Es entspricht jedoch der Schlichtungsfunktion des Schiedsamtes und ist damit sachgerecht, wenn das Schiedsamt Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nur dann entscheidet, wenn dies von beiden beteiligten Seiten beantragt wird. Der Beklagte hat seinen Gestaltungsspielraum nicht verkannt, wenn er die von ihm zu Recht als grundlegend angesehene Festsetzung einer Ausgabenobergrenze auf Antrag nur einer Vertragsseite abgelehnt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 und § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Punktwerte für das Jahr 1996 für vertragszahnärztliche Leistungen im Primärkassenbereich durch den Beklagten.
Nachdem die Kläger und die Beigeladene über die Punktwerte für 1996 nach den BEMA-Teilen 1 bis 5 keine Einigung erzielen konnten und die Verhandlungen für gescheitert erklärt hatten, beantragte die Klägerin zu 1) die Einleitung und Durchführung eines Schiedsamtsverfahrens.
Im Schiedsamtsverfahren beantragte sie, die Punktwerte für die vertragszahnärztlichen Leistungen nach den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 auf 1,567 DM und für die Leistungen nach den BEMA-Teilen 3 und 5 auf 1,385 DM festzusetzen.
Die Kläger zu 2) bis 4) und die Beigeladene beantragten, die Punktwerte auf 1,462 DM für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 und auf 1,327 DM für die BEMA-Teile 3 und 5 festzusetzen sowie eine Ausgabenobergrenze für die insgesamt abzurechnenden Leistungen zu bestimmen.
Mit Beschluss vom 16.08.1996 setzte der Beklagte für 1996 für die nach den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 abrechenbaren Leistungen den Punktwert auf 1,516 DM und für die nach den BEMA-Teilen 3 und 5 abrechenbaren Leistungen auf 1,353 DM fest. Dabei legte der Beklagte zunächst den von ihm selbst für das Jahr 1995 festgesetzten Punktwert für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 von 1,515 DM und für die BEMA-Teile 3 und 5 von 1,351 DM zugrunde. Diese Punktwerte senkte er im Hinblick auf § 85 Abs. 3 c SGB V um einen Prozent ab, weil die prognostizierte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen die tatsächliche Veränderungsrate um 1% überschritten habe. Bei der Festsetzung der Punktwerte für 1995 hatte der Beklagte die vom Bundesminister für Gesundheit vorausgeschätzte Veränderungsrate von 1,7 v.H. zugrundegelegt. Tatsächlich betrug die Veränderungsrat nach der Mitteilung im Bundesanzeiger vom 01. Juli 1996 im Jahr 1995 lediglich 0,7 v.H ... Wegen der hohen Abweichung um ein Prozent erschien dem Beklagten eine Anpassung der Punktwerte in dieser Größenordnung zwingend zu sein. Die so ermittelten Punktwerte aus dem Jahr 1995 seien, so der Beklagte in seinem Bescheid weiter, angemessen zu erhöhen. Kriterien für diese Anpassung seien Art und Umfang der zahnärztlichen Leistungen, die Beitragssatzstabilität und die Praxiskostenentwicklung. Gestützt auf die Preisindizes legte der Beklagte eine Kostensteigerung von 1,3 % im Jahr 1996 zugrunde. Im Hinblick auf den Parameter der Beitragssatzstabilität hätte es keine Punktwerterhöhung geben dürfen, die den Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied für das Jahr 1996 überschreiten würde. Der Bundesminister für Gesundheit habe zwar im Bundesanzeiger die Grundlohnsteigerung für 1996 mit 1,7 % prognostiziert. Diese vorläufige Orientierungsgröße erscheine jedoch wie schon in den Vorjahren zu hochgegriffen. Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen, der Einführung von Altersteilzeit und Tarifabschlüssen von durchschnittlich 1,5 % sei die Prognose kaum realistisch. Es sei vielmehr angemessen, von einer Grundlohnsummensteigerung von maximal 1,3 % für das Jahr 1996 auszugehen. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte einerseits sowie der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits sei die Anhebung der Punktwerte nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung für alle BEMA-Teile um 1,2 % erforderlich, aber auch ausreichend, um die Interessen beider Vertragspartner gerecht zu werden.
Den Antrag der Kläger zu 2) bis 4) und der Beigeladenen, in allen BEMA-Teilen Ausgabenobergrenzen festzusetzen, lehnt der Beklagte ab. Es bestehe kein Raum für eine derartige Festsetzung. Der Gesetzgeber habe bewußt darauf verzichtet, eine Budgetierung der vertragszahnärztlichen Versorgung über das Jahr 1995 hinaus vorzuschreiben, so daß es keine gesetzliche Grundlage für Ausgabenobergrenzen für das Jahr 1996 gebe. Das Schiedsamt habe deshalb Bedenken, sich über den evidenten Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen und an seiner Stelle eine sozialpolitische Entscheidung von einer nicht unerheblichen Tragweite zutreffen. Diese Bedenken würden verstärkt durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 163), wonach es allein dem Gesetzgeber obliege, die Entwicklung auf dem Gesamtgebiet der Medizin zu beobachten und die danach erforderlichen Maßnahmen gegebenenfalls auch gegen widerstreitende Gruppeninteressen durchzuführen. Schließlich bestünden gegen die Einführung von Ausgabenoberbegrenzung durch einen Schiedsspruch auch vor dem Hintergrund der Wesentlichkeitstheorie Zweifel, wonach der parlamentarische Gesetzgeber verpflichtet sei, im grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zutreffen. Eine derartige wesentliche Entscheidung liege bei Einführung von Ausgabenobergrenzen für vertragszahnärztliche Leistungen vor. Sie würden derart intensive Wirkung entfalten, dass sich der Beklagte gehindert sehe, die Regelungskompetenz für diesen Bereich in Anspruch zu nehmen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Klage hat die Klägerin zu 1) vorgetragen, dass der Beklagte die Punktwerte, die er für 1995 festgesetzt habe, zu Unrecht um ein Prozent abgesenkt habe. Da für 1996 keine Budgetierung im Gesetz vorgesehen sei, könne auch die Anpassung an die tatsächliche Veränderungsrate nicht mehr vorgenommen werden, jedenfalls nicht für die BEMA-Teil 1, 2 und 4.
Die Kläger zu 2) bis 4) haben zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, der Beklagte habe zu Unrecht an die für 1995 festgesetzten Punktwerte angeknüpft. Es hätte nur die um die Budgetüberschreitung bereinigte Gesamtvergütung zugrundegelegt werden dürfen. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die höchstzulässigen Gesamtvergütungen für 1995 um ein Prozent zu reduzieren und daraus die Punktwerte zu errechnen. Dann hätten sich niedrigere Punktwerte für 1995 ergeben. Sie halten die Entscheidung des Beklagten außerdem vor allem für deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte keine Ausgabenobergrenzen festgesetzt hat. Zu Unrecht habe der Beklagte sich insofern rechtlich daran gehindert gesehen, Ausgabenobergrenzen festzusetzen. Er habe hier verkannt, dass ihm insofern Ermessen zustehe.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 16.08.1996 zu verpflichten, erneut über die gestellten Anträge zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Er hat darauf verwiesen, dass ihm der gleiche Gestaltungsspielraum zustehe wie den Vertragsparteien. Es habe wohl eine Berechtigung, aber keine Verpflichtung bestanden, Ausgabenobergrenzen festzusetzen.
Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 18.06.1998 abgewiesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den von ihm festgesetzten Punktwert für 1995 als Ausgangspunkt genommen habe. Frühere Vergütungsvereinbarungen hätten grundsätzlich die Vermutung der Angemessenheit für sich. Die Absenkung um ein Prozent sei rechtmäßig, weil nach § 85 Abs. 3 c SGB V tatsächliche Veränderungen gegenüber der Vorausschätzung der beitragspflichtigen Einnahmen zu berücksichtigen seien. Unter Berücksichtigung aller Parameter, insbesondere der Beitragsstabilität und des Mengenwachstums habe der Beklagte ermessensfehlerfrei eine angemessene Erhöhung von 1,2 % festgesetzt. Der Beklagte habe auch ermessensfehlerfrei von der Festsetzung von Ausgabenobergrenzen abgesehen.
Mit den dagegen eingelegten Berufungen tragen die Kläger zu 2) bis 4) sowie die Beigeladene erneut vor, das Schiedsamt habe einen unzutreffenden Ausgangspunktwert zugrundegelegt. Der Punktwert für 1995 habe zunächst um die Budgetüberschreitung bereinigt werden müssen. Hierfür spreche auch, dass die Beanstandung seitens des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales durch das Schiedsamt für 1995 festgelegten Punktwertes erst aufgehoben worden sei, nachdem ein Ausgleichsverfahren bei Budgetüberschreitung vereinbart worden sei. Daraus folge, dass der Schiedsspruch für 1995 noch nicht die Vermutung der Angemessenheit beanspruchen könne. Der Beklagte habe ferner bei der Festsetzung der Punktwerte den Grundsatz der Beitragsstabilität nicht hinreichend berücksichtigt. Diesem Grundsatz komme aber Priorität zu. Die übrigen Kriterien dürften grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung der gesamten Vergütung führen, wenn dadurch eine Beitragssatzerhöhung drohe. Die Punktwerterhöhung habe im Ergebnis, weil sie die Mengenentwicklung nicht berücksichtigt habe, zu einem Beitragssatzmehrbedarf geführt. Schließlich sei der Beschluss auch deshalb rechtswidrig, weil er die Festlegung von Ausgabenbegrenzungsregelung abgelehnt habe. Der Beklagte habe dabei das ihm zustehende Gestaltungsermessen verkannt. Eine hinreichende Beschäftigung mit diesem Aspekt sei nur dann anzunehmen, wenn der Beklagte sich mit dem Pro und Contra der Festsetzung einer Ausgabenobergrenze auseinandergesetzt hätte.
Die Kläger zu 2) bis 4) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.06.1998 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass nach Auslaufen der Budgetierung Ende 1995 wieder der Grundsatz gelte, dass die Punktwerte des Vorjahres die Vermutung der Angemessenheit der Vergütung für sich hätten. Der nach § 85 Abs. 3 c SGB V vorgesehene nachträglich Ausgleich beziehe sich nicht auf eine eventuelle Budgetüberschreitung, sondern auf die Abweichung der Gesamtvergütung für 1995 zugrundegelegten Prognose einer Veränderung der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen von der tatsächlich festgestellten Veränderungsrate. Die Vorschrift schreibe weder die Methode noch einen genau quantifizierbaren Stellenwert dieser Berücksichtigung bei der Ermittlung der angemessenem Vergütung vor. Eine Priorität des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Nach § 85 Abs. 3 c SGB V hätten die Vertragspartner die Praxiskosten, die für die vertragsärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistung zu berücksichtigen. Lediglich daneben sei auch der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten. Auch den Empfehlungen der Konzertierten Aktion sei keine rechtliche Vorgabe in dem Sinne zu entnehmen, dass die Budgetierung fortgeschrieben werden müsse. Die Mengenentwicklung sei durch eine Reduzierung der Ausgangspunktwerte von 1995 in die Ermittlung der Punktwerte einbezogen worden. Das Gesetz enthalte wiederum keine Vorgaben, in welcher Weise die Mengenentwicklung zu berücksichtigen sei. Das Sozialgericht habe zutreffend festgestellt, dass im Beschluss lediglich die Bedenken aufgezeigt worden seien, die den Beklagten von einer Festsetzung von Obergrenzen hätten absehen lassen. Das Schiedsamt habe keinesfalls die Festsetzung von Ausgabenobergrenzen gesetzlich verboten gehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Akten L 11 KA 119/98 verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen zu 2) bis 4) sowie der Beigeladenen sind teilweise begründet. Der angefochtene Beschluss ist insofern rechtswidrig, als er als Ausgangsbasis für das Verfahren auf Festsetzung des Punktwertes für das Jahr 1996 für die vertragszahnärztlichen Leistungen nach den BEMA-Teilen 1, 2 und 4 einen Punktwert von 1,515 DM angenommen hat.
Die Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages durch ein Schiedsamt stellt einen Verwaltungsakt dar, der von den Partnern des Gesamtvertrages mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angegriffen werden kann (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20). Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich dabei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist,ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrundegelegt wurde, ob das Schiedsamt die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten und sein Gestaltungsermessen - soweit ihm ein solches zukommt - sachgerecht ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20; SozR 2200 § 368h Nr. 3 m.w.N., wobei das BSG ausdrücklich offen läßt, ob es sich um eine Ermessensentscheidung handelt oder das Schiedsamt einen unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum anwendet). Die Festsetzung des Schiedsamtes zu den BEMA-Teilen 1,2, und 4 erfolgte hier unter Verkennung der durch § 85 Abs. 3 a SGB V gesetzten Gestaltungsgrenzen. Nach dieser Vorschrift galten in den Jahren 1993 bis 1995 Obergrenzen für die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz und Kieferorthopädie. Anknüpfungspunkt für die für 1996 festzusetzenden Punktwerte für die BEMA-Teile 1, 2 und 4 konnte damit nur die rechtmäßige, d.h. die innerhalb dieser Obergrenze liegende Gesamtvergütung sein. Zwar hat grundsätzlich die letzte gemeinsame Regelung der Vergütung auch durch Schiedsspruch die Vermutung der Angemessenheit für sich (vgl. BSGE 51, 58, 63). Die Höhe der Gesamtvergütung des Jahres 1995 im Sinne des § 85 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB V , deren Veränderung gemäß § 85 Abs. 3 SGB V Gegenstand des Schiedsverfahren ist, war hier jedoch gemäß § 85 Abs. 3 a Satz 1 SGB V gesetzlich begrenzt auf den bei einer maßgeblichen geschätzten Grundlohnsummenentwicklung von 1,7 % Betrag von 526 000 000,- DM. Eine darüber hinausgehende vereinbarte oder festgesetzte Gesamtvergütung wäre gesetzwidrig gewesen und kann deshalb nicht die Vermutung der Angemessenheit für sich beanspruchen. Dies trifft für eine in Umsetzung des Schiedsspruchs vom 18.06.1995 nach dem Punktwert von 1,515 DM berechnete Gesamtvergütung zu. Durch Vereinbarung vom 12.06.1996 haben die Gesamtvertragsparteien dem auch Rechnung getragen und die Berechnung der gesetzlichen Höchstgrenze in § 2 definiert und nachfolgend das Ausgleichsverfahren geregelt. Damit war der Schiedsspruch vom 18.09.1995 und der darin festgesetzte Punktwert gegenstandslos geworden sei, so dass auch die Beanstandung durch das Ministerium zurückgenommen werden konnte.
Im übrigen waren die Berufungen zurückzuweisen. Für die BEMA-Teile 3 und 5, die 1995 keiner Ausgabenobergrenze unterlagen, hat der Beklagte zu Recht den von ihm zuvor festgesetzten Punktwert zugrundegelegt. Insofern bestand die Vermutung der Angemessenheit der in der Vergangenheit gefundenen Vereinbarungen. Es ist auch nicht zu zu beanstanden, dass der Beklagte die Punktwerte gemäß § 85 Abs. 3 c SGB V im Hinblick auf die Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Grundlohnsummenentwickung um 1 % korrigiert hat. Im weiteren hat er alle maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte erwogen, wie die gesetzlichen Vorgaben der Angemessenheit der Vergütung, der Praxiskosten und der Beitragssatzstabilität. Die Preisindizes hat der Beklagte ebenso wie die prognostizierte Grundlohnsummensteigerung in nicht zu beanstandender Weise in seine Überlegungen einbezogen. Der Gesichtspunkt der Beitragssatzstabilität ist hinreichend berücksichtigt worden. Dass ihm absolute Priorität zukommt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. In § 141 Abs. 2 Satz 3 SGB V ist lediglich ein gesetzgeberisches Ziel formuliert, an dem die Empfehlung der Konzertierten Aktion auszurichten ist. Auch durch die Einfügung des Satzes 2 des § 85 Abs. 3 SGB V ist keine Rangfolge der bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung zu berücksichtigenden Kriterien begründet worden. Soweit insofern auf die Historie verwiesen wird, überzeugt dies nicht. Zwar wird die Bedeutung des Grundsatzes mit § 71 und 141 SGB V hervorgehoben, andere Kriterien sind aber vom Gesetzgeber auch nicht beseitigt worden. Auch die Wortwahl in § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V - "beachten" statt "berücksichtigen" - indiziert keine Vorrangstellung. Selbst wenn man aber, wie das LSG Niedersachen in seiner von den Klägern vorgelegten Entscheidung vom 15.04.1998 - L 5 KA 2/98 ER - von einer "erhöhten Inpflichtnahme der Vertragsparteien" ausgeht, genügt der Schiedsspruch diesen Anforderungen. Er hat sich ausführlich mit der Frage der Beitragsstabilität auseinandergesetzt. Im Interesse der Beitragssatzstabilität hat das Schiedsamt nicht die vom Bundesminister für Gesundheit angenommene Grundlohnsummensteigerung von 1,7 zugrunde gelegt, sondern lediglich eine Steigerung von 1,3 %.
Außerdem hat der Beklagte im Hinblick auf die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenversicherung - wobei auch die Mengenentwicklung berücksichtigt wurde - nicht den maximal möglichen Steigerungssatz, sondern einen um 0,1 % niedrigeren Steigerungssatz festgelegt.
Der Beklagte hat es auch mit vertretbaren Überlegungen abgelehnt, auf Antrag nur eines Gesamtvertragspartners eine Ausgabenbegrenzungsregelung zu treffen. Eine Verpflichtung zur Festlegung einer solchen Grenze besteht nicht. Aus dem Gesamtzusammenhang, insbesondere der ausführlichen Argumentation gegen eine Pflicht zur Festlegung von Ausgabenobergrenzen und dem wiederholten Hinweis auf die erheblichen Auswirkungen einer solchen Regelung kann gefolgert werden, dass der Beklagte eine derart weitreichende Regelung nur auf Antrag eines Beteiligten nicht treffen und insofern eine Kompetenz " nicht in Anspruch nehmen" wollte. Zwar hat das Schiedsamt grundsätzlich den gleichen Gestaltungspielraum wie die Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20). Es entspricht jedoch der Schlichtungsfunktion des Schiedsamtes und ist damit sachgerecht, wenn das Schiedsamt Fragen von grundsätzlicher Bedeutung nur dann entscheidet, wenn dies von beiden beteiligten Seiten beantragt wird. Der Beklagte hat seinen Gestaltungsspielraum nicht verkannt, wenn er die von ihm zu Recht als grundlegend angesehene Festsetzung einer Ausgabenobergrenze auf Antrag nur einer Vertragsseite abgelehnt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 und § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG liegen nicht vor.
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