L 11 KA 85/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 264/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 85/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 54/02 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.04.2002 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu entscheiden hat. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens für vertragsärztliche Leistungen im Quartal III/1999 gemäß § 7 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) - Individualbudget.

§ 7 HVM in der ab dem 01.07.1999 geltenden Fassung (Rhein. Ärzte blatt 6/99, S. 57 ff.; 9/99, S. 59 ff.) ist mit "Leistungsmengensteuerung" überschrieben und soll dem Eingangssatz nach die Mengenentwicklung bei den ambulanten ärztlichen Leistungen steuern und die Vorschriften des § 85 Abs. 4 Fünftes Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) erfüllen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HVM erhält jede Praxis ein individuelles Leistungsbudget (Punktzahlengrenzwert). Ausgenommen sind die in § 7 Abs. 1 Satz 3 HVM genannten Honoraranteile, im Wesentlichen Leistungen im ärztlichen organisierten Notfalldienst, Präventions-, Impf- und Methadonleistungen, psychotherapeutische Leistungen und hausärztliche Grundvergütung. Von dem verbleibenden individuellen Umsatz werden 3 % für die Finanzierung neuer Praxen und des erlaubten Zuwachses etablierter Praxen zurückgestellt (§ 7 Abs. 1 Satz 4 HVM). Bemessungsgrundlage sind die individuellen Honorarumsätze des Bemessungszeitraums, der die Quartale III/1997 bis II/1998 umfasst (§ 7 Abs. 6 HVM i.V.m. § 7a Abs. 2 HVM). Bei Ärzten, deren Niederlassungsdauer am 30.06.1999 weniger als 21 Quartale beträgt, können auf Antrag die durchschnittlichen anerkannten Werte aus bis zu vier aufeinanderfolgenden Quartalen vor Inkrafttreten des HVM, nicht jedoch vor dem Quartal III/1997, zu Grunde gelegt werden (§ 7a Abs. 6 HVM). Der hiernach verbleibende Honoraranteil, vervielfältigt mit dem Faktor 10, ergibt das zulässige Punktzahlvolumen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 HVM). Darüber hinausgehend abgerechnete Punktzahlen "werden nicht vergütet" (§ 7 Abs. 2 Satz 2 HVM). Ein Punktzahlzuwachs ist nur möglich bei Praxen, die unter dem gemäß § 7 Abs. 4 HVM berechneten durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert ihrer Arztgruppe liegen, und zwar maximal im Umfang von 3 % bezogen auf das Vorjahresquartal (§ 7 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HVM), ab 01.01.2000 bezogen auf den Bemessungszeitraum. Eine Ausnahme gilt u.a. für neu niedergelassene Ärzte, die für die Dauer von 20 Quartalen bis zum Erreichen des durchschnittlichen Punktzahlengrenzwertes unbegrenzt wachsen dürfen (§ 7 Abs. 8 HVM). Das hiernach zulässige Punktzahlvolumen wird mit der Fachgruppenquote vervielfältigt, die sich aus dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen ergibt. So errechnet sich das individuelle Punktzahlvolumen, das nach einem festen Punktwert von 10,0 Pf vergütet wird (§ 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 HVM). Auf Antrag kann der Vorstand der Beklagten die Individualwerte nach Maßgabe des § 7a Abs. 7 HVM anpassen und sich aus der Umsetzung des HVM ergebende Ausnahmeregelungen beschließen (§ 7a Abs. 8 HVM). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vorschriften der §§ 7, 7a HVM verwiesen.

Mit dieser Regelung entfiel die bis zum 30.06.1999 geltende Fallzahlzuwachsregelung in § 7 HVM a.F. Die ursprünglich in § 7 Abs. 5 HVM in der Fassung ab dem 01.07.1999 enthaltene Fallzuwachsregelung wurde in der Praxis nie umgesetzt (Beschluss der Vertreterversammlung vom 27.11.1999) und ab dem 01.01.2000 förmlich gestrichen (§ 12 HVM in der Fassung des Beschlusses der Vertreter versammlung vom 30.05.2000, Rhein. Ärzteblatt 6/00, S. 75 ff.).

Die Klägerin ist seit Januar 1994 als Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Ärztin - Psychotherapie - in ... niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit dem Quartal III/1995 nimmt sie an der Vereinbarung über besondere Maßnahmen zur Verbesserung der sozialpsychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Ersatzkassenbereich (Sozialpsychiatrie-Vereinbarung; Anlage 11 zum Bundesmantelvertrag Ärzte-/Ersatzkassen, DÄBl. 1994, S. 1468 ff.) Teil. Im Hinblick hierauf stellte sie mehrere nichtärztliche Mitarbeiter(innen), u.a. eine Sozial- und Familientherapeutin, eine Heilpädagogin, eine Motopädin und eine Diplompsychologin, ein. Im Laufe des Jahres 1998 unterzog sie ihre Praxis mit Unterstützung einer Unternehmensberatung einer Reorganisation.

Mit Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 27.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2000, dessen rechnerische Richtigkeit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt haben, bewilligte die Beklagte der Klägerin für das Quartal III/1999 ein Honorar von 117.341,26 DM, davon für die Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen insgesamt 114.838,22 DM. Hierin waren 70.720,00 DM aus Pauschalzahlungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Sozialpsychiatrie-Vereinbarung enthalten. Der Berechnung legte die Beklagte die "Ermittlung des maximal zu lässigen Punktzahlvolumens" zu Grunde, die ein maximal zulässiges Punktzahlvolumen von 337.441,0 Punkten ergab. Diesen Wert ermittelte die Beklagte, indem sie zunächst die Summe der Primär- und Ersatzkassenhonorare der Klägerin in den Quartalen III/1997 bis II/1998 (insgesamt 413.253,64 DM) um die in diesen Quartalen gezahlten Honorare für Leistungen im organisierten, ärztlichen Notfalldienst (2.510,08 DM), psychotherapeutische Leistungen (insgesamt 49.490,59 DM) sowie einen weiteren Betrag von 222.102,05 DM, darin enthalten 220.800 DM Pauschalzahlungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Sozialpsychiatrie-Vereinbarung, verminderte. Den Differenzbetrag von 139.150,92 DM teilte sie sodann durch vier, zog von dem so ermittelten bereinigten Durchschnittshonorar je Quartal 3 % ab (§ 7 Abs. 1 Satz 4 HVM) und vervielfältigte das Ergebnis mit dem Punktzahlfaktor 10. Ausgehend von dem so ermittelten maximal zulässigen Punktzahlvolumen berechnete die Beklagte in der "Leistungsmengensteuerung gem. § 7 HVM" - ebenso wie auch in den Folgequartalen - das maximal zulässige Punktzahlvolumen im Abrechnungsquartal, das individuelle Punktzahlvolumen und die praxisindividuelle Quote. Hierzu bewilligte sie der Klägerin einen Punktzahlzuwachs von 14.486,3 Punkten (entsprechend 3 % des Leistungsbedarfs der Praxis im Quartal III/1998). Es ergab sich ein maximal zulässiges Punktzahlvolumen für das Quartal III/1999 von 351.927,3 Punkten. Der für das Individualbudget anerkannte Leistungsbedarf der Klägerin betrug in diesem Quartal 828.007,5 Punkte und überschritt das maximal zulässige Punktzahlvolumen damit um 476.080,2 Punkte. Angesichts einer Fachgruppenquote von 92,0389 % ergab sich ein individuelles Punktzahlvolumen von 323.910,0 Punkten und damit eine praxisindividuelle Quote bezogen auf den anerkannten Leistungsbedarf von 39,1 %. Für die dem Individualbudget unterliegenden Leistungen erhielt die Klägerin daher ein Quartalshonorar von 32.391,00 DM. Der Grenzwert der Fachgruppe im Quartal III/1999 lag bei 750.276 Punkten.

Mit der am 21.12.2000 zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin einen Verstoß von § 7 HVM gegen § 85 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit gemäß Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gerügt. Die Vorschrift benachteilige insbesondere kleinere, stark expandierende Praxen, wobei ihr die falsche Annahme zu Grunde liege, die Gründungsphase sei nach 20 Quartalen abgeschlossen. Mit einer Zuwachsrate von 3 % bezogen auf das Vorjahresquartal bestehe keine reale Möglichkeit, in absehbarer Zeit den durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe zu erreichen. Bei Anwendung des § 7 HVM habe die Beklagte zudem nicht die besondere Praxissituation berücksichtigt. Der Umstand, dass die Aufbauphase im Hinblick auf die Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung erst 1998 abgeschlossen sei, rechtfertige es, sie als sog. neue Praxis im Sinne von § 7 Nr. 8 HVM anzusehen und ihr dementsprechend ein unbegrenztes Wachstum bis zum durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert ihrer Fachgruppe (§ 7 Abs. 4 HVM) zuzugestehen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Quartalskonto/Abrechnungsbescheid der Beklagten vom 27.01.2000 für das Quartal III/1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2000 hinsichtlich der Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens gem. § 7 HVM aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für das Quartal III/1999 ohne Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens gem. § 7 HVM festzusetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Regelung des § 7 HVM verteidigt und insbesondere die Auffassung vertreten, § 7 Abs. 3 HVM und die zahlreichen Ausnahme tatbestände ermöglichten in ausreichendem Maße ein Wachstum bis zum durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe. Nach Ablauf von fünf Jahren sei eine Praxis nicht mehr wesentlich von der Gründungsphase geprägt. Ob die Umstrukturierung der klägerischen Praxis einen Ausnahmetatbestand darstelle, sei im Rahmen des hierüber gesondert geführten Rechtsstreits zu klären.

Mit Urteil vom 17.04.2002 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens und Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für das Quartal III/1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Regelungen der §§ 7, 7a HVM seien im Grundsatz nicht zu beanstanden. Allerdings verletze § 7 Abs. 3 HVM das dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit inne wohnende Differenzierungsgebot zwischen Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, die - wie die Klägerin - nicht mehr als neue Praxen anzusehen seien, und durchschnittlichen bzw. überdurchschnittlichen Praxen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob auch älteren Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl ein unbegrenztes Wachstum bis zum durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe möglich sein müsse. Zumindest sei der HVM aber so zu gestalten, dass einem Fallzahlenwachstum auch hinsichtlich des zugestandenen Punktzahlenwachstums angemessen Rechnung getragen werde.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt vor:

Nach ständiger Rechtsprechung habe sie einen weiten Gestaltungsspielraum für die Verteilung der Gesamtvergütung. Die Notwendigkeit, kleinere Praxen in einem bestimmten Mindestumfang wachsen zu lassen, könne dieser Rechtsprechung hingegen nicht entnommen werden. Vielmehr seien Wachstumsbeschränkungen aus Gemeinwohlgründen gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.04.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Mit Bescheid vom 24.02.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2000 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Änderung der Festsetzung des Bemessungszeitraumes zur Berechnung des Individualbudgets und/oder Erhöhung des maximalen Punktzahlvolumens abgelehnt. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Rechtsstreits L 11 KA 17/02 LSG NRW. Wegen der Einzelheiten wird auf die Prozess- und Verwaltungsakten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren gewesen sind, sowie auf das Senatsurteil vom heutigen Tage Bezug genommen.

Der Senat hat die Abrechnungsunterlagen der Klägerin aus den Quartalen III/1999 bis IV/2001 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen der Auswertung dieser Unterlagen und der von der Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren überreichten Quartalskonto/Abrechnungsbescheide und Gesamtübersichten vor Prüfung aus den Quartalen I/1994 bis I/2001 wird auf die nach folgende Tabelle Bezug genommen, die in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist in dem Umfang, wie ihn das Sozialgericht aufgehoben hat, rechtswidrig, weil die ihm zu Grunde liegende Regelung des § 7 Abs. 3 HVM nicht in vollem Umfang mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Die Beklagte muss über das maximal zulässige Punktzahlvolumen der Praxis der Klägerin neu entscheiden, nachdem sie ihren HVM unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats geändert bzw. ergänzt hat.

1. a) Das von der Beklagten praktizierte System einer Bindung des Vertragsarztes an einen in der Vergangenheit erzielten eigenen Honorarumsatz ist allerdings grundsätzlich zulässig.

Die Einrichtung von Individualbudgets ist mit § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V vereinbar, wonach die Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) bei der Verteilung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen haben. Zwar gebietet es die berufsregelnde Tendenz dieser Bestimmung, dass die Honorarverteilung an den Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung gebunden ist, demzufolge ärztliche Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind (vgl. statt aller BSG, Urt. v. 03.12.1997 - 6 RKa 21/97 - BSGE 81, 213, 217 f. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). Das BSG hat es aber mit diesem Grundsatz für vereinbar gehalten, wenn KÄVen eine gesetzlich angeordnete strikte Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütung über die Honorarverteilung weitergeben (BSGE 81, 213, 219 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). Das kann, wie im vorliegenden Fall, auch über individuelle Kontingentgrenzen geschehen (BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R u.a. - BSGE 83, 52, 54 ff. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28). Denn vor dem Hintergrund einer begrenzten Gesamtvergütung muss entweder eine Begrenzung der abrechenbaren Einzelleistungen vorgenommen oder auf feste Punktwerte verzichtet werden. Angesichts dieser Alternativen ist es nicht zu beanstanden, wenn eine KÄV der Garantie eines festen Punktwertes pro Praxis den Vorrang vor einer Honorierung sämtlicher Punkte mit einem floatenden Punktwert gibt (vgl. dazu ausführlich KVNo aktuell 4/99, S. 3 ff.). Mit Rücksicht hierauf deckt § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V auch Maßnahmen der Leistungsmengensteuerung, wie es in der Überschrift zu § 7 HVM ausdrücklich heißt.

Die Möglichkeiten der Gestaltung des HVM sind dabei nicht durch § 85 Abs. 4 Sätze 6 und 7 SGB V in der Fassung des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes abschließend vorgegeben. Nach diesen Bestimmungen besteht "insbesondere" die Möglichkeit, Regelleistungsvolumina mit festen Punktwerten zu vergüten und den Punktwert bei Überschreitung dieser Volumina abzustaffeln. Durch die Wendung "insbesondere" ist dabei jedoch klar gestellt, dass der weitergehenden Gestaltungsmacht der KÄVen keine verbindlichen, abschließen den Vorgaben gemacht werden sollten.

Die Einführung der Individualbudgets scheitert nicht daran, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 7 HVM die Gesamtvergütung, anders als z.B. bei der zitierten Entscheidung des BSG vom 03.12.1997, nicht strikt budgetiert war. Denn jedenfalls unterliegt sie über § 71 Abs. 2 SGB V dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität und damit einer verbindlichen Anbindung an die Entwicklung des Beitragsaufkommens. Wesentliche Unterschiede zu einer von vornherein vorgegebenen festen Budgetierung ergeben sich daraus nicht. Denn auch bei einer ihrem Anstieg nach von vornherein begrenzten Gesamtvergütung besteht ebenso wie bei einem zahlenmäßig festgelegten Budget die Alternative, entweder Leistungsmengen zu begrenzen oder aber sich mit dem "Hamsterradeffekt" und in seiner Folge einem verfallenden Punktwert abzufinden.

Unschädlich ist, dass - wiederum anders als zum Zeitpunkt der zitierten Entscheidungen des BSG - seit dem 01.07.1997 bereits im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) eine Budgetierung nach Praxis- und Zusatzbudgets vorgesehen ist. Denn dies nimmt den KÄVen nicht das Recht, mengensteuernde Regelungen zu treffen, um ihrer Verantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V) gerecht zu werden. Praxisbudgets reduzieren lediglich den Anreiz zu immer weiterer Vermehrung der abrechenbaren Leistungen. Da aber selbst für die Leistungen des budgetierten "grünen" Bereichs (erst recht z.B. für Leistungen des nicht budgetierten "roten" Bereichs, in dem die Klägerin des vorliegenden Verfahrens ausschließlich abrechnet) keine festen Punktwerte gelten, ist es auch nach dem 01.07.1997 Aufgabe der KÄVen, im Rahmen der Honorarverteilung das Notwendige und Mögliche zur Gewährleistung ausreichender Punktwerte zu tun und auf regionaler Ebene eintretende unerwünschte Verwerfungen zwischen einzelnen Arztgruppen und auch innerhalb einer Arztgruppe zu verhindern (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23; vgl. im Übrigen auch BSG, Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 48/00 R, 1/01 R - zur Veröffentlichung in BSGE und/oder SozR vorgesehen). Regelungen, die wie die Individualbudgets dem Ziel einer Stabilisierung des Punktwertes dienen, sind daher in Honorarverteilungsmaßstäben unverändert statthaft.

Die Rechtmäßigkeit von § 7 HVM wird vor diesem Hintergrund auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Regelung alle Arztgruppen betrifft und damit (anders als die Fälle individueller Kontingentgrenzen, über die das BSG bisher entschieden hat), nicht nur eine einzelne Arztgruppe wie z.B. die der Zahnärzte. Vielmehr hat die Beklagte dem Umstand, dass die betroffenen Arztgruppen nicht homogen sind, dadurch Rechnung getragen, dass sie die durchschnittlichen Punktzahlengrenzwerte nach Arzt- und Untergruppen differenziert berechnet hat. Auf diese Weise wird das Maß an Homogenität hergestellt, das auch der Konzeption der Praxisbudgets im EBM-Ä zu Grunde liegt. Dieses Maß an Differenzierung hält auch der Gesetzgeber für grundsätzlich ausreichend, wie § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der Fassung des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes zeigt.

Es ist nicht zu beanstanden, dass § 7 HVM für das individuelle Leistungsbudget an das im sogenannten Bemessungszeitraum der Quartale III/1997 bis II/1998 erzielte Honorar anknüpft.

Das BSG hat bereits zur Bildung fachgruppenbezogener Honorarkontingente entschieden, es sei auch außerhalb eines unmittelbar durch das Gesetz begrenzten Anstiegs der Gesamtvergütungen sachgerecht und vom Gestaltungsspielraum bei der Honorarverteilung gedeckt, die Honorarkontingente auf der Grundlage eines bestimmten Basisjahres festzuschreiben (Urt. v. 28.01.1998 - B 6 KA 96/96 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 24). Dadurch werde verhindert, dass Leistungsausweitungen einer Fachgruppe Einfluss auf die Honorierung ärztlicher Leistungen in anderen Fachgruppen hätten. Für individuelle Kontingente in der Form von Individualbudgets gilt nichts anderes. Denn auch sie verfolgen das Ziel, Mengenausweitungen (in diesem Fall der einzelnen Praxis) zu Lasten der übrigen Vertragsärzte zu verhindern.

Dabei muss auch die Beschränkung auf den Zeitraum lediglich eines Jahres hingenommen werden. Die Beklagte stand insoweit vor dem Problem, einen auch von den rechtlichen Rahmenbedingungen her in sich geschlossenen Zeitraum auswählen zu müssen. Dabei erscheint es sachgerecht, diesen Zeitraum erst mit dem Quartal III/1997 wegen der Geltung der Praxisbudgets ab dem 01.07.1997 beginnen zu lassen. Eine Erweiterung des Zeitraums über ein Jahr hinaus bis zum Quartal II/1999 wäre nicht praktikabel gewesen, weil die Honorarwerte bereits für die Abrechnung des Quartals III/1999 vorliegen mussten. Allgemeinen Schwankungen, aufgrund derer der Bemessungszeitraum nicht vollständig für die Praxisentwicklung repräsentativ ist und die durch einen längeren Bemessungszeitraum nicht ausgeglichen werden, kann dadurch begegnet werden, dass § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM auch Budgeterhöhungen aufgrund Steigerungen des Punktevolumens zulässt. Für größere Schwankungen, die auf atypischen Besonderheiten im Bemessungszeitraum beruhen, hat die Beklagte insbesondere mit § 7a Abs. 6, 7 Buchst. d) und 8 HVM hinreichende Ausnahmevorschriften geschaffen.

Die Beklagte konnte dabei rechtsfehlerfrei an das in der Vergangenheit erzielte Honorar und nicht an die angeforderte oder zugestandene Leistungs- bzw. Punktmenge anknüpfen. Bereits in der Entscheidung vom 21.10.1998 (BSGE 83, 52, 57 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28) hat das BSG ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, wenn eine individuelle Kontingentregelung "an die Abrechnungsergebnisse" des einzelnen Arztes "in vergangenen Zeiträumen", d.h. an den eigenen Praxisumsatz in der Vergangenheit anknüpfe. Zwar war Gegenstand dieser Entscheidung eine HVM-Bestimmung, die sich auf das individuelle Punktevolumen in der Vergangenheit bezog. Die Formulierungen des BSG lassen jedoch den Schluss zu, dass auch ein Anknüpfen an den Praxisumsatz und damit an das Honorarvolumen nicht zu beanstanden ist. Nur auf diese Weise lässt sich im Übrigen eine honorarverteilungsgerechte Lösung erzielen. Wenn nämlich, wie dargestellt, die Festlegung eines lediglich durch Fachgruppenquoten modifizierten einheitlichen Punktwertes bei gleichzeitiger Leistungsmengenbegrenzung zulässig ist, ist es vor dem Hintergrund stark differierender Punktwerte in den einzelnen Arztgruppen ausgeschlossen, das zugestandene Punktevolumen als Basis für die Festlegung des Budgets zu nehmen. Dieses ist nämlich bereits unter den Bedingungen der Praxisbudgets ermittelt worden. Durch die unterschiedliche Budgetbildung, insbesondere die Aufteilung in praxis- und zusatzbudget bezogene sowie budgetfreie Leistungen haben sich die individuellen Punktevolumina weit auseinander entwickelt. Erst durch die Verknüpfung mit den proportional differierenden Punktwerten sind leistungs- und verteilungsgerechte Honorare entstanden. Nur das Abstellen auf das Honorar lässt folglich auch eine mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbare Bestimmung der individuellen Leistungsbudgets erwarten.

Etwas anderes gälte nur dann, wenn sich die bis zum 30.06.1998 bestehenden Budgetbedingungen als rechtswidrig erwiesen hätten. In diesem Fall wäre es unzulässig, den rechtswidrigen Honorierungszustand für die Zukunft in Gestalt der Individualbudgets fortzuschreiben. Anhaltspunkte für eine solche Rechtswidrigkeit bestehen jedoch nicht. Vielmehr ist die Zulässigkeit der Regelungen zum Praxisbudget im EBM-Ä vom BSG ausdrücklich bestätigt worden (Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 7/99 R - BSGE 86, 16 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 23). Auch die auf dieser Grundlage fußenden HVM-Regelungen der Beklagten, soweit es sich um die zur Absicherung der Praxisbudgets eingeführten Fallzahlzuwachsbegrenzungen gehandelt hat, hat das BSG für zulässig gehalten (Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 1/01 R). Die übrigen im Bemessungszeitraum geltenden HVM-Bestimmungen sind ebenfalls rechtlich nicht beanstandet worden.

Zulässig ist dabei, dass die Honorare für die in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 1 Satz 3 HVM näher bezeichneten Leistungen nicht ins Individualbudget einfließen. Dabei handelt es sich nämlich sämtlich um Leistungen, die kraft gesetzlicher Anordnung oder zur Sicherstellung der Honorarverteilungsgerechtigkeit vorab bzw. gesondert zu vergüten sind. An diese Vorgaben, die Ausfluss höherrangigen Rechts sind, ist die Beklagte bei der Ausgestaltung ihres HVM jedoch zwingend gebunden.

Die Beklagte durfte sämtliche, also auch neue und unterdurchschnittliche Praxen, an der Finanzierung des Wachstums dieser Praxen durch Rückstellung von 3 % des in die Individualbudgets einfließenden Umsatzes beteiligen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 HVM). Grundsätzlich ist eine solidarische Finanzierung derartiger Gemeinschaftsaufgaben nicht zu beanstanden. Wenn und soweit sich hierdurch für kleinere Praxen unzureichende Wachstumsmöglichkeiten ergeben, handelt es sich um eine Fragestellung, die allein im Rahmen der Zuwachsregelung des § 7 Abs. 3 HVM zu beantworten ist.

Der von der Beklagten mit § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 HVM gewählten Lösung kann nicht entgegen gehalten werden, sie sei rechtswidrig, weil die Punkte oberhalb des Punktzahlengrenzwertes gänzlich unberücksichtigt blieben. Zwar legt die Formulierung der Vorschrift ein solches Verständnis auf den ersten Blick nahe. Tatsächlich handelt es sich dabei aber lediglich um die Beschreibung einer Rechenoperation. Im Ergebnis werden jedoch nicht etwa bestimmte individualisierbare Leistungen nicht vergütet. Vielmehr sinkt statt dessen mit der Überschreitung des Punktzahlengrenzwertes die Vergütung für die einzelne erbrachte Leistung (vgl. hierzu BSGE 81, 213, 221 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23; ebenso zuvor bereits BSGE 78, 98, 108 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12). Dem entspricht auch die von der Beklagten in der Anlage "Leistungsmengensteuerung" zum angefochtenen Bescheid praktizierte Berechnung des Honorars der Klägerin, den gesamten anerkannten Leistungsbedarf von 828.007,5 Punkten mit einer praxisindividuellen Quote von (allerdings nur) 39,1 % zu vergüten, aus der sich ein Honorar von 32.391,00 DM ergibt.

Ebenso führt es nicht zur Rechtswidrigkeit von § 7 HVM, dass unterhalb der Punktzahlengrenzwerte liegende, "nicht verbrauchte" Punkte in einzelnen Quartalen nicht auf andere Quartale übertragen werden können (so die Fallgestaltung in BSGE 81, 213 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23) und dass es auch keine Restvergütung wie im der Entscheidung BSGE 83, 52 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 zu Grunde liegenden Sachverhalt gibt. Das Fehlen einer Kompensationsmöglichkeit im Jahreszeitraum beruht vielmehr auf der unterschiedlichen Honorarausgestaltung. In den vom BSG entschiedenen Fällen war ein Jahreskontingent fest geschrieben worden, das seinerseits auf einem Mittelwert von mindestens vier Quartalen beruhte. Vor diesem Hintergrund war es sachgerecht und konsequent, Ausgleichsregeln vorzusehen. Für die Beklagte bestand hierzu jedoch keine Notwendigkeit. Denn sie hat die Individualbudgets quartalsbezogen festgelegt, weil auch der Anteil der quartalsweisen Auszahlung der Gesamtvergütung festgelegt ist (s. dazu KVNo aktuell August 2001 Honorar extra) und zudem jedenfalls im hier streitbefangenen Quartal III/1999 den Zuwachs des Punktevolumens in § 7 Abs. 3 HVM auf das Vorjahresquartal bezogen, also Schwankungen des Leistungsvolumens im Jahreslauf hinreichend Rechnung getragen.

Die Beklagte ist berechtigt - wie durch §§ 7 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 geschehen -, die Vertragsärzte jedenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum grundsätzlich an das im Bemessungszeitraum erzielte Honorar binden. Dabei darf sie sich insbesondere von der Erwägung leiten lassen, dass Praxen mit einem durchschnittlichen Umsatz die Belastungen, die sich aus der Begrenzung des Vergütungsanspruchs ergeben können, zu verkraften imstande sind. Im Rahmen einer dem Normgeber erlaubten typisierenden Betrachtungsweise ist der erreichte Praxisumsatz nämlich ein entscheidendes Indiz für den Umfang, in dem der einzelne Vertragsarzt nach seiner persönlichen Entscheidung und/oder der von ihm vorgefundenen und nicht beeinflussbaren äußeren Bedingungen tätig sein will bzw. muss und in der Vergangenheit ohne die Gefährdung der Existenz seiner Praxis auch tätig geworden ist (BSGE 83, 52, 57 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28). Das gilt umso mehr, als sich größere Schwankungen im Leistungsverhalten bei langjährig betriebenen und etablierten Praxen in der Regel nur in begrenztem Umfang ergeben. Diese zunächst für den vertragszahnärztlichen Bereich getroffene Feststellung hat das BSG später auf den vertragsärztlichen Bereich unter Hinweis darauf ausgedehnt, es spreche nichts dafür, dass hier grundlegend andere Verhältnisse als im vertragszahnärztlichen Bereich bestünden (Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 48/00 R -). Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an.

Es kommt hinzu, dass nur ein Teil der vertragsärztlichen Honorare der Individualbudgetierung unterliege, während im budgetfreien, durch § 7 Abs. 1 Satz 3 HVM beschriebenen Bereich weiter Honorarsteigerungen möglich sind. Die dort aufgeführten Honoraranteile umfassen, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, in etwa 40 % der Gesamtvergütung. Allein die Vorwegabzüge des § 6 Abs. 3 HVM machen etwa ein Viertel der Gesamtvergütung aus (KVNo aktuell Extra 8/01, S. 7).

Die Bindung an das im Bemessungszeitraum erzielte Honorar dient in zulässiger Weise den von der Beklagten mit der in § 7 HVM geregelten Leistungsmengensteuerung verfolgten Zielen. Das BSG hat zu Begrenzungen der Gesamtpunktzahl, der Fallzahl und des Fallwertes ausgeführt, sie verringerten den Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge. Gleichzeitig gewährleisteten sie für den einzelnen Vertragsarzt ein hohes Maß an Kalkulationssicherheit (vgl. i.E. BSG, Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 7/99 R - BSGE 86, 16, 21 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 23; Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 1/01 R; zuvor schon Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 60/97 R - USK 98181). Diese Erwägungen treffen auch auf § 7 HVM zu. Gewiss wird damit die Chance des einzelnen Vertragsarztes gemindert, durch seinen Erfolg, die Attraktivität seiner Behandlung oder die Organisation seiner Praxis neue Patienten zu gewinnen oder sonst durch mehr Leistungen ein höheres Honorar zu erwirtschaften, und insofern der Wettbewerb unter den Vertragsärzten eingeschränkt. Diese Anreizminderung darf die Beklagte jedoch zur Erreichung der vorgenannten Ziele hinnehmen, zumal diese Ziele nicht minder als die Förderung des Wettbewerbs unter den Vertragsärzten letztlich der Qualitätssteigerung in der medizinischen Versorgung dienen.

Das Ziel der Berechenbarkeit des individuellen Einkommens wird dabei auch nicht deshalb verfehlt, weil - jedenfalls bei den vom Senat zu entscheidenden Streitigkeiten und auch im vorliegenden Fall - der genaue Punktzahlengrenzwert erst nach Ablauf der jeweiligen betroffenen Quartale mitgeteilt worden ist. Zwar hat das BSG in seiner Entscheidung zur rückwirkenden Einführung der Teilbudgets dargelegt, Vorschriften, welche die vertragsärztliche Leistungserbringung steuerten, begründeten einen besonderen Vertrauensschutz, weil im Nachhinein eine Umsteuerung nicht möglich sei (vgl. Urt. v. 17.09.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 92 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 18). Diese Erwägungen greifen hier jedoch nicht durch. Denn die Beklagte hat bereits mit dem Heft KVNo-Aktuell 4/1999 im Mai 1999 Handreichungen zur Berechnung der Individualbudgets überreicht, die eine im Wesentlichen verlässliche Einschätzung ermöglichten. Wenn aber selbst die verspätete Bekanntgabe einer Norm im Hinblick auf vorangegangene, sie ankündigende Rundschreiben zulässig ist (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.1996 - 6 RKa 68/94 - BSGE 77, 288, 290 f. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 11), so kann im vorliegenden Fall nichts anderes gelten.

Ebenso wenig wird die Eignung von § 7 HVM, das Einkommen berechenbar zu machen und damit den Punktwert zu stabilisieren, durchgreifend dadurch in Frage gestellt, dass zwischen die Ermittlung des individuellen Punktzahlvolumens und das Honorar eine weitere Variable in Gestalt der Fachgruppenquote geschaltet ist (§ 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 HVM). Zwar hat diese, wie die Beklagte selbst einräumt, von Anfang an niedriger gelegen als angenommen (vgl. dazu KVNo Extra Aktuell 8/01, S. 15). Grund hierfür war, dass die zur Unterstützung neuer und unterdurchschnittlich abrechnender Praxen vorgenommene Rückstellung von 3 % des für die Individualbudgets maßgebenden Honorarvolumens (§ 7 Abs. 1 Satz 4 HVM) nicht ausgereicht hat, um das zulässige Wachstum dieser Praxen zu finanzieren. Überdies ergab sich ein unterschiedliches Wachstum in den einzelnen Fachgruppen. Schließlich haben die Fachgruppen ihren Leistungsbedarf verschieden stark gesteigert. All dies führt jedoch nicht dazu, dass die Regelung insgesamt ungeeignet ist oder sich wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit als unwirksam erweist. Denn das BSG hat überzeugend dargelegt, dass dem Normgeber bei komplexen Regelungen im Anfangs- und Erprobungsstadium ein weiter gehender Gestaltungsspielraum zuzuerkennen ist (BSG, Urt. v. 29.01.1997 - 6 RKa 3/96 - SozR 3-2500 § 87 Nr. 15). Im Gegenzug muss er zwar die Umsetzung der Regelung in der Praxis beobachten und gegebenenfalls Anpassungen bzw. Verfeinerungen vornehmen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte jedoch nachgekommen. So hat sie mit Wirkung ab dem 01.07.2000 u.a. die Honorartöpfe neu bestimmt (§ 6 Abs. 5 HVM) und überdies praxisindividuelle Punktwerte nach Primär- und Ersatzkassen eingeführt (§ 7 Abs. 2 Satz 4 und 5 HVM; jeweils in der Fassung vom 13.05.2000, Rhein. Ärzteblatt 6/00, S. 75 ff.). Einzelne Arztgruppen (Kardiologen, Radiologen und Pathologen) sind zum 01.01.2000 - zum Teil vorübergehend - von den Individualbudgets ausgenommen worden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 in der Fassung vom 27.11.1999; Rhein. Ärzteblatt 1/00, S. 59 ff.). Für Pathologen hat die Beklagte mit § 7b HVM eine gesonderte Regelung über den Punktzahlengrenzwert geschaffen, während für die beiden übrigen Arztgruppen seit dem 01.01.2001 ein veränderter Bemessungszeitraum gilt (§§ 7 Abs. 6 Sätze 1 und 2, 7a Abs. 2 Sätze 1 und 2 HVM in der Fassung vom 25.11.2000, Rhein. Ärzteblatt 1/01, S. 116 ff.). Das zulässige Wachstum von jährlich maximal 3 % bezieht sich seit dem 01.01.2000 nicht mehr auf das Vorjahresquartal, sondern auf den Bemessungszeitraum (§ 7 Abs. 3 Satz 2 in der Fassung vom 27.11.1999, a.a.O.) und wird seit dem 01.07.2001 getrennt von der solidarischen Finanzierung neuer Praxen finanziert (§ 7 Abs. 1 Sätze 4 ff. HVM in der Fassung vom 05.05.2001, Rhein. Ärzteblatt 6/01, S. 93 ff.).

Ob die Bildung von Individualbudgets dabei zeitlichen Grenzen unterliegt, insbesondere, ob solche Budgets für länger als vier oder fünf Jahre durchgehalten werden dürfen, ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Denn es geht hier ausschließlich um die Anfangsphase der individuellen Budgetierung. Jedenfalls hat der Senat gegen die Geltung der Individualbudgets bis Ende 2002 keine grundsätzlichen Bedenken.

Rechtsfehlerfrei hat die Beklagte schließlich der Forderung des BSG Rechnung getragen, zur Vermeidung von Verstößen gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit für bestimmte untypische, nicht konkret vorhersehbare Umstände den Vorstand nach Art einer Generalklausel zu Ausnahmeentscheidungen zu ermächtigen (Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 27; BSGE 83, 52, 61 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28). Insoweit beinhaltet § 7a Abs. 7 Buchst. d) HVM eine Ausnahmebestimmung, die sich speziell auf Sicherstellungsaspekte bezieht und § 7a Abs. 8 HVM eine generelle Ausnahmeermächtigung für sonstige Fälle. Damit ist sicher gestellt, dass der Vorstand auf sämtliche atypischen Konstellationen angemessen reagieren kann (vgl. zu diesem Erfordernis BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 31).

Weitergehende Ausnahmeregelungen brauchte die Beklagte im HVM nicht zu schaffen. Insbesondere gibt es im Rahmen von Honorarbegrenzungsregeln keinen Anspruch auf Berücksichtigung jedweder individueller, unter Umständen in Jahrzehnten gewachsener Praxisstruktur (BSGE 81, 213, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23), abgesehen davon, dass diese berücksichtigt worden sind, wenn sie sich auch in den Jahren 1997 und 1998 in der Honorarhöhe ausgedrückt haben.

Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die Beklagte sowohl hinsichtlich der Möglichkeit, den Bemessungszeitraum zu verlegen, als auch in Bezug auf das Recht des unbegrenzten Wachstums bis zum Fachgruppendurchschnitt zwischen sog. neuen Praxen, d.h. solchen, die weniger als 21 Quartale bestehen, und den sonstigen sog. etablierten Praxen differenziert hat. Zwischen Praxisanfängern und solchen Vertragsärzten, die bereits seit Längerem tätig sind, bestehen Unterschiede von solchem Gewicht, dass eine Differenzierung hinsichtlich Bemessungszeitraum und der Veränderung des individuellen Leistungsbudgets nicht sachwidrig ist (vgl. hierzu grundsätzlich bereits BSGE 81, 213, 222 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23). Insbesondere kann das Festhalten am Bemessungszeitraum der Quartale III/1997 bis II/1998 bei solchen Praxen zu erheblichen Ungerechtigkeiten führen, weil und soweit dieser Zeitraum mitten in ihre Gründungsphase fällt. Die Regelung des § 7a Abs. 6 HVM, die insoweit eine Ausnahme zulässt, betrifft nämlich Praxen, die ab dem Quartal III/1994 oder später gegründet worden sind, sich also während des Regelbemessungszeitraums erst im vierten Jahr ihrer Tätigkeit befunden haben. Die Möglichkeit, für die Dauer von 20 Quartalen unbegrenzt wachsen zu dürfen, trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass Anfängerpraxen sich am Markt oftmals nur allmählich etablieren können und erst nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums eine vergleichsweise konstante Patientenstruktur aufweisen. Indem die Beklagte diesen Zeitraum auf fünf Jahre veranschlagt hat, ist sie innerhalb des ihr bei der Honorarverteilung zustehenden Gestaltungsspielraums geblieben.

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte das zulässige Punktzahlvolumen der Klägerin zutreffend berechnet. Die Klägerin hat gegen die Berechnung als solche ausdrücklich keine Einwände erhoben.

Zu Recht hat die Beklagte die Klägerin dabei zum Zeitpunkt der Einführung der Individualbudgets mit dem Quartal III/1999 nicht als "neu" niedergelassene Ärztin mit einem Niederlassungszeitraum von bis zu 20 Quartalen angesehen. Denn die Klägerin ist seit dem Quartal I/1994 niedergelassen, vollendete am 30.06.1999 also bereits das 22. Niederlassungsquartal. Dass sie ihre Praxis beginnend mit September 1995 über einen Zeitraum von mehreren Jahren neu ausgerichtet und reorganisiert hat, führt nicht dazu, sie mit Ablauf dieses Zeitraums als neu niedergelassene Ärztin zu behandeln. Denn die typischen Anlaufschwierigkeiten einer neuen Praxis, die aus den dargelegten Gründen ihre Sonderstellung rechtfertigen, sind nicht zu vergleichen mit den Problemen, die sich aus der neuen Ausrichtung einer bereits etablierten Praxis ergeben. Für den Fall der Klägerin, die diese Neuausrichtung während der Gründungsphase vorgenommen hat, gilt nichts anderes. Vielmehr gehört es gerade zu den typischen Anlaufschwierigkeiten von Anfängerpraxen, dass sie während der Etablierung noch Korrekturen hinsichtlich ihrer Position am Markt vornehmen müssen. Dass dies mit unter Umständen erheblichen Investitionen verbunden ist, die sich erst nach geraumer Zeit amortisieren, liegt dabei auf der Hand, gehört aber zu den typischen Problemen von Existenzgründern und rechtfertigt daher keine Abweichung vom Grundsatz, wonach die eigentliche Gründungsphase nach 20 Quartalen als abgeschlossen angesehen werden kann.

Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat die Beklagte eine Ausnahmeregelung zugunsten der Klägerin auf der Grundlage von § 7a Abs. 7 Buchst. d), Abs. 8 HVM abgelehnt.

Entgegen ihrer jedenfalls noch im erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Auffassung ist allerdings auch der hier streitgegenständ liche Abrechnungsbescheid an diesen Bestimmungen zu messen. Der Umstand, dass hierüber ein gesonderter Rechtsstreit anhängig ist, steht dem nicht entgegen. Denn ein Abrechnungsbescheid, in dem die honorarrelevante Überschreitung eines individuellen Puntkzahlen grenzwertes festgestellt wird, ist nur dann rechtmäßig, wenn dieser Grenzwert rechtmäßig ermittelt worden ist. Dass § 7a Abs. 7 Buchst. d), Abs. 8 HVM hierfür grundsätzlich ein gesondertes Verfahren vorsieht, ist dabei unerheblich. Da nämlich der hierfür zuständige Vorstand der Beklagten auch den Widerspruchsbescheid betreffend den Abrechnungsbescheid erlässt (§ 4 Abs. 6 Sätze 3 und 4 der Satzung der Beklagten), hätte eine entsprechende Ausnahmeentscheidung gegebenenfalls spätestens in diesem Widerspruchsbescheid ergehen können.

Sie war indessen nicht erforderlich, weil die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles nicht erfüllt sind.

Zu Recht hat die Beklagte der Klägerin keinen Zuschlag auf ihren individuellen Punktzahlengrenzwert bewilligt (§ 7a Abs. 7 Buchst. d) HVM). Die Vorschrift setzt voraus, dass erstens besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen, die in Sicherstellungsgründen wurzeln. Zweitens müssen diese Umstände gegenüber dem Bemessungszeitraum zu einer nachweislich veränderten Leistungsmenge geführt haben, mit der Folge, dass drittens das Verhältnis zwischen dieser Leistungsmenge und dem Punktzahlengrenzwert aus dem Bemessungszeitraum nicht mehr angemessen ist.

Insoweit steht zwar außer Zweifel, dass sich die Leistungsmenge der Klägerin im Verhältnis zum Bemessungszeitraum nachweislich verändert hat. So lag der weitestgehend ins Individualbudget fallende kurative Leistungsbedarf nach Budget im Quartalsdurchschnitt des Bemessungszeitraums bei 619.230,62 Punkten. Demgegenüber betrug der anerkannte, dem Individualbudget unterfallende Leistungsbedarf in den ersten vier Quartalen nach Einführung der Individualbudgets (III/1999 bis II/2000) durchschnittlich 747.583,12 Punkte.

Es ist aber nicht ersichtlich, dass diese Steigerung der Leistungsmenge auf Umständen beruht hat, die ihrerseits in Sicherstellungsgründen wurzelten. Dabei kann der Senat es dahingestellt lassen, ob der Beklagten (wie sie zumindest noch im Widerspruchsbescheid vom 29.11.2000 gemeint hat, der Gegenstand der Senatsentscheidung in der Sache L 11 KA 17/02 ist) bei der Beantwortung der Frage, ob "Sicherstellungsgründe" im Sinne dieser Bestimmung vorliegen, ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu kommt. Dagegen spricht allerdings, dass die KÄVen bei der Feststellung solcher Sicherstellungsgründe keinen Erkenntnis- oder Einschätzungsvorrang haben (vgl. BSG, Urt. v. 31.05.2001 - B 6 KA 53/00 R - SozR 3-2500 § 87 Nr. 31; Urt. v. 15.05.2002 - B 6 KA 22/01 R) und dass sich die in § 7a Abs. 7 Buchst. d) Satz 2 HVM aufgeführten Beispielsfälle ohne Weiteres im Tatsächlichen nachprüfen lassen. Dabei bestehen im vorliegenden Fall jedoch, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt hat, keine Anhaltspunkte für eine Leistungssteigerung aus Sicherstellungsgründen. Welche Gründe insoweit in Betracht kommen, ist in § 7a Abs. 7 Buchst. d) Satz 2 HVM beispielhaft aufgeführt. Es handelt sich sämtlich um Veränderungen, die außerhalb der Praxissphäre liegen und daher vom einzelnen Vertragsarzt nicht beeinflusst werden können. Für solche Gesichtspunkte ist hier aber nichts ersichtlich oder vorgetragen. Die Klägerin hat sich zur Begründung ihres Anspruchs auf Anpassung der Individualwerte ausschließlich auf Argumente bezogen, die mit der Entwicklung ihrer Praxis selbst, vor allem mit unternehmerischen Entscheidungen, zusammenhängen. Dass nach dem Bemessungszeitraum eine unvorhersehbare Versorgungssituation eingetreten wäre, die eine erhebliche Leistungssteigerung erforderlich gemacht hätte, ist auch aus der statistischen Entwicklung der Praxis nicht erkennbar. Vielmehr hat die Klägerin, mit Ausnahme des Quartals I/2000, ihre Fallzahl eher allmählich gesteigert, wie es für eine sich allmählich etablierende Praxis nicht untypisch ist. Auch der Leistungsbedarf insgesamt ist im Anschluss an den Bemessungszeitraum jedenfalls im Jahresdurchschnitt nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich angestiegen und nach 1999 sogar wieder etwas rückläufig.

Im Hinblick hierauf brauchte die Beklagte auch keine Ausnahmeregelung im Sinne von § 7a Abs. 8 HVM zu treffen. Diese Generalklausel kann nämlich nur solche Fälle erfassen, die untypisch und nicht konkret vorhersehbar sind. Dagegen müssen typischerweise vorhersehbare Fallgruppen zumindest in den Grundzügen im HVM selbst geregelt werden, um die Kompetenz für die Honorarverteilung nicht zu weitgehend von der Vertreterversammlung auf den Vorstand zu verlagern. Hierzu zählt insbesondere der Umstand, dass vertragsärztliche Praxen insbesondere in der Gründungsphase regelmäßig unterdurchschnittlich viele Patienten behandeln und die durchschnittliche Fallzahl bzw. das durchschnittliche Punktevolumen ihrer Fachgruppe erst nach einem von Praxis zu Praxis verschieden langen Zeitraum des Aufbaus erreichen (BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28). Diese Zeit des Aufbaus ist, wie bereits ausgeführt, oftmals durch die Suche nach bestmöglicher Positionierung am Markt, u.U. auch nach einer "Marktnische", geprägt, wie die Klägerin sie offensichtlich in der Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung zu finden hoffte. Die Teilnahme an dieser Vereinbarung als solche ist hingegen kein untypischer Umstand, der eine Ausnahmeregelung auf der Grundlage von § 7a Abs. 8 HVM rechtfertigen könnte. Zwar kann der Klägerin unbedenklich darin gefolgt werden, dass die Einstellung qualifizierten Fachpersonals in größerer Zahl ein Investitionsvolumen erfordert, das sich nicht sofort amortisiert und auch nicht vollständig durch die - fallzahlabhängigen - Pauschalen nach § 6 Abs. 2 Sozialpsychiatrie-Vereinbarung aufgefangen wird. Vielmehr werden die mit der Teilnahme verbundenen besonderen Aufwendungen durch die Pauschalen erst mit der Erhöhung der Fallzahl zunehmend kompensiert. Insoweit besteht jedoch zum einen kein Unterschied zu anderen Praxen in der Gründungsphase, zu deren Betrieb z.B. die Anschaffung kostenintensiver technischer Gerätschaften erforderlich ist. Zum anderen handelt es sich dabei um einen Umstand, der im Bemessungszeitraum wie in der Budgetierungsphase gleichermaßen vorgelegen hat und schon aus diesem Grund eine besondere atypische Belastung nicht begründet.

Die Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung ist vor diesem Hintergrund auch kein Umstand, der unter dem Gesichtspunkt einer Praxis-Neuausrichtung als Ausnahmetatbestand berücksichtigt werden könnte. Soweit, was bei der Klägerin nicht der Fall ist, die Neuausrichtung im Anschluss an den Bemessungszeitraum zu einer Fach- oder Untergruppenänderung führt, hat die Beklagte dem im Übrigen durch § 7a Abs. 3 HVM ausreichend Rechnung getragen.

2. Rechtswidrig ist der HVM der Beklagten (und damit der auf ihm fußende Abrechnungsbescheid) demgegenüber, soweit er für Praxen, deren Individualbudget unter dem Fachgruppendurchschnitt liegt, lediglich einen unterschiedslosen Punktzahlzuwachs bis zum durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe von 3 % gegenüber dem jeweiligen Vorjahresquartal zulässt (§ 7 Abs. 3 Satz 2 HVM). Insoweit verstößt die Regelung gegen den aus Art 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art 12 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Vielmehr ist bei der Möglichkeit des Honorarzuwachses grundsätzlich zwischen denjenigen Praxen zu differenzieren, die ihre Leistungsmenge erhöhen und denjenigen, bei denen das nicht der Fall ist. Für die erstere Gruppe ist darüber hinaus die Begrenzung des Zuwachses auf 3 % unangemessen.

a) Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, wird der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit auch dann verletzt, wenn eine HVM-Regelung bei Vorliegen wesentlicher Unterschiede zwischen den betroffenen Arztgruppen bzw. Ärzten keine differenzierende Regelung trifft. Zwei Gruppen, die sich in verschiedener Lage befinden, dürfen nämlich nur bei Vorliegen zureichender Gründe gleich behandelt werden. Dagegen ist es mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar, Ungleiches gegen ein zwingendes Gebot gleichzubehandeln (vgl. BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG).

Dabei durfte die Beklagte die in § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM enthaltene pauschalierende Regelung nicht schon deshalb treffen, weil sie lediglich einen geringen Teil der Normunterworfenen belastete und diese im Hinblick auf die angestrebten Ziele (Stabilisierung des Punktwertes, Vorausberechenbarkeit des Honorars) eine solche Pauschalierung hinnehmen müssten. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, der erlaubte Zuwachs von 3 % beruhe auf Erfahrungswerten aus der Zeit vor dem Quartal II/1999. Danach mag sie davon ausgegangen sein, der größte Teil der von § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM angesprochenen Praxen werde den Zuwachs von 3 % nicht ausschöpfen können. Indessen sind nach den von ihr im Schriftsatz vom 18.11.2002 (überreicht im Verfahren L 11 KA 17/02 LSG NRW) vorgelegten Zahlen im Quartal III/1999 3.808 der insgesamt 4.605 etablierten Praxen, deren Individualbudgets unter dem Fachgruppendurchschnitt lagen, von Kürzungsmaßnahmen auf der Grundlage des § 7 Abs. 3 HVM betroffen gewesen. Das entspricht einem Anteil von 82,7 %. Bezogen auf die Gesamtzahl der Praxen beträgt der Anteil immer noch 34,3 %. Auch wenn sich die genannten Daten aufgrund nachträglich gewährter Ausnahmeregelungen weiter reduzieren sollten, würde dies am Ergebnis der Beurteilung nichts ändern. Denn selbst wenn sich die Zahl der von Kürzungsmaßnahmen betroffenen Praxen halbiert haben sollte (wofür die Beklagte bislang verlässliches statistisches Material nicht vorlegen konnte), wären immer noch über 40 % der unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen durch § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM an einem stärkeren Wachstum gehindert worden. Auch damit wäre jedoch der Bereich noch zulässiger pauschalierender Regelungen deutlich überschritten. Insoweit orientiert sich der Senat an der höchstrichterlichen Rechtsprechung, derzufolge eine Pauschalierung jedenfalls dann unzulässig wird, wenn mehr als 10 % der Normunterworfenen nicht mehr dem Typ des Normadressaten entspricht, den der Normgeber sich bei Schaffung der Vorschrift vorgestellt hat (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 19.09.1983 - 8 N 1/83 - BVerwGE 68, 36 41).

Die Klägerin gehört dabei zu derjenigen Gruppen von Vertragsärzt(inn)en, die von § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM nachteilig betroffen werden. Vom anerkannten Leistungsbedarf von 828.007,5 Punkten für kurative Leistungen ohne Psychotherapie sind ihr lediglich 351.927,3 Punkte nach einem Punktwert von 10,0 Pf (ohne Berücksichtigung der Fachgruppenquote) vergütet worden, obwohl ihr anerkannter budgetrelevanter Leistungsbedarf im Vergleich zum Vorjahresquartal um 71 % und im Verhältnis zum Bemessungszeitraum um 34 % gestiegen ist und sich ihre Fallzahl von durchschnittlich 213 im Bemessungszeitraum bzw. 215 im Vorjahresquartal auf 272 erhöht hat. Von dem um 345.132 Punkte gestiegenen Leistungsbedarf ist nur ein Zuwachs von 14.486 Punkten in die Honorarberechnung eingeflossen.

Zu Unrecht differenziert § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM nicht zwischen solchen Praxen, die (wie die Klägerin) ihren anerkannten budgetrelevanten Leistungsbedarf im aktuellen Quartal gegenüber dem Bemessungszeitraum oder dem Vorjahresquartal tatsächlich zulässigerweise steigern und solchen, die ein konstantes oder gar sinkendes Leistungsvolumen oberhalb ihres Individualbudgets erbringen.

Hat eine Praxis beispielsweise im Bemessungszeitraum einen anerkannten Leistungsbedarf von 1,2 Mio. Punkten gehabt und hieraus bei einem Punktwert von 6,7 Pf ein budgetrelevantes Honorar von 80.000 DM erwirtschaftet, so beträgt ihr individueller Punktzahlengrenzwert - die Rückstellung von 3 % aus Gründen der Übersichtlichkeit vernachlässigt - 800.000 Punkte. Liegt der durchschnittliche Punktzahlengrenzwert demgegenüber z.B. bei 1 Mio. Punkten, so erzielt diese Praxis eine jährliche Honorarsteigerung von 3 %, selbst wenn sie ihr Leistungsvolumen konstant hält oder um bis zu 20 % auf gut 800.000 Punkte zurückfährt, und zwar ohne jeden Bezug zur Fallzahlentwicklung. Diesem fiktiven Beispiel kann nicht entgegengehalten werden, es handele sich um einen erdachten, in der Wirklichkeit nicht anzutreffenden Ausnahmefall. Denn die geschilderte Möglichkeit einer Leistungsmengenreduzierung trotz gleichzeitiger Honorarsteigerung hat in vier der fünf vom Senat in seiner Sitzung vom 20.11.2002 verhandelten Praxisfällen (so z.B. im Verfahren L 11 KA 14/02 LSG NRW) bestanden, wie mit allen Beteiligten erörtert worden ist.

Zwischen Ärzten, die auf diese Weise ihr Leistungsvolumen absenken bzw. konstant halten und denjenigen, die wie die Klägerin in ihrem Wachstum durch Erhöhung des Leistungsvolumens und/oder der Fallzahl beschränkt werden, bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass eine Differenzierung unverzichtbar ist. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Sinn und Zweck des § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM auch darin bestehen, die Letztgenannten allmählich an einen tatsächlichen Punktwert von 10,0 Pf und damit auch an das durchschnittliche Honorar heranzuführen. Indessen zeichnen sich die betreffenden Vertragsärzte dadurch aus, dass sie entweder die bewusste Entscheidung treffen, an einem bereits erreichten Leistungsvolumen festzuhalten und ein im Wesentlichen konstantes, bestenfalls allmählich steigendes Honorar in Kauf zu nehmen, oder aber dass sie mit dem konstanten Leistungsvolumen - aus welchen Gründen auch immer - an den Grenzen ihrer praxisindividuellen Möglichkeiten angelangt sind. In beiden Fällen stellt das konstante Leistungs- und Umsatzniveau einen zuverlässigen Indikator des (von dem Vertragsarzt gewünschten oder maximal erreichbaren) Ausmaßes seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung dar. Demgegenüber zeichnen sich Vertragsärzte wie die Klägerin durch den Willen und die Fähigkeit zur weiteren Erhöhung des Leistungsvolumens aus. Das gegenwärtig erreichte Leistungs- und Honorarniveau ist bei ihnen nur unvermeidliches Durchgangsstadium auf dem Weg zu einer gewünschten größeren Patienten- bzw. Leistungsmenge.

Lassen sich diese Vertragsärzte nicht gegen ihren Willen auf diesem Niveau festhalten, werden sie entgegen dem mit § 7 HVM verfolgten Ziel, einen festen Punktwert von 10,0 Pf zu erreichen, an einem niedrigen tatsächlichen Punktwert festgehalten. Der Fall der Klägerin zeigt das exemplarisch. Sie hat bei einem kurativen Leistungsbedarf nach Budget von durchschnittlich 600.000 Punkten im Bemessungszeitraum, der sich im Wesentlichen aus individualbudgetrelevanten Leistungen zusammensetzt, ein bereinigtes Honorar vor Rückstellung von nur durchschnittlich 35.000 DM, d.h. einen tatsächlichen Punktwert von nur knapp 6,0 Pf erzielt. Demgegenüber ist der tatsächliche Punktwert, der sich durch Umrechnung aus der sog. praxisindividuellen Quote ergibt, im streitbefangenen Quartal sogar noch deutlich, nämlich auf 3,9 Pf, gesunken.

Der Senat sieht keine durchgreifenden Schwierigkeiten, eine Differenzierung zwischen Praxen mit einem steigenden Leistungsvolumen einerseits und solchen mit einem konstanten oder sinkenden Leistungsvolumen andererseits, in der Praxis umzusetzen. Die hierfür erforderlichen wesentlichen Parameter sind, wie den von der Beklagten als Anlagen zu den Abrechnungsbescheiden verschickten Leistungsmengensteuerungen und der einmal versandten Ermittlung des maximal zulässigen Punktzahlvolumens entnommen werden kann, sämtlich erhoben worden bzw. werden laufend erhoben. Das gilt ungeachtet der Frage, ob für die Leistungssteigerung (wie neuerdings) an den Bemessungszeitraum oder (wie im streitbefangenen Quartal III/1999) an das Abrechnungsergebnis des Vorjahresquartals angeknüpft wird. Wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt worden ist, stehen keine technischen Schwierigkeiten entgegen, einen individuellen Punktzahl- und damit möglichen Honorarzuwachs mit einer Steigerung des anerkannten Leistungsbedarfs zu verknüpfen.

b) § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM verstößt darüber hinaus gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit auch insofern, als er die Ärzte mit einem Individualbudget unter dem durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe, die ihr Leistungsvolumen im Verhältnis zum Vorjahresquartal bzw. Bemessungszeitraum steigern, daran hindert, ihren Umsatz in angemessener Zeit bis zum durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu steigern.

Das BSG hat hierzu mehrfach überzeugend ausgeführt, kleineren Praxen müsse stets die Chance belassen werden, durch Steigerung ihrer Fallzahl das durchschnittliche Umsatzniveau ihrer Arztgruppe zu erreichen (BSGE 83, 52, 57 ff. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28; Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 1/01 R -). Den hierzu angestellten ausführlichen Erwägungen schließt der Senat sich nach eigener Prüfung ausdrücklich an. Zwar sind dabei bislang die Fragen noch nicht beantwortet, ob diese Wachstumsmöglichkeit überhaupt, gegebenenfalls in welchem Umfang bzw. über welchen Zeitraum beschränkt werden darf und welche Einbußen etablierten, überdurchschnittlich abrechnenden Praxen im Rahmen einer vorgegebenen, begrenzten Gesamtvergütung zur Finanzierung des Wachstums kleinerer Praxen zugemutet werden dürfen. Die Chance des Wachstums bis zum durchschnittlichen Fachgruppenhonorar hat für die betroffenen Praxen jedoch nur dann einen wirtschaftlichen Wert, wenn sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums realisiert werden kann. Zu Unrecht nimmt die Beklagte in diesem Zusammenhang einen besonders weit gehenden Beurteilungsspielraum für sich in Anspruch. Die Beschränkung eines grundrechtlich verbürgten Anspruchs erfordert nämlich eine besondere Rechtfertigung und unterliegt dementsprechend einer erhöhten gerichtlichen Kontrolldichte. Das gilt umso mehr, als im Rahmen typisierender Regelungen immer auch maßgebend ist, mit welchem Aufwand eine hierdurch entstehende Ungerechtigkeit vermeidbar ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.02.1983 - 1 BvL 28/79 - BVerfGE 63, 119, 128), oder ob eine der Verfassung besser entsprechende Regelung genauso möglich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.04.1978 - 1 BvL 29/76 - BVerfGE 48, 227, 239).

Durch die Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 2 HVM wird das Recht auf Wachstum bis zum Fachgruppendurchschnitt in einem angemessenen Zeitraum erheblich beschränkt, weil die Praxen nicht um mehr als 3 % im Vergleich zum Vorjahresquartal, faktisch also pro Jahr, wachsen dürfen. Zwar ermöglicht diese Regelung den betroffenen Praxen noch, exponentiell zu wachsen, während die ab dem Quartal I/2000 geltende Nachfolgebestimmung nur noch ein lineares Wachstum bezogen auf den Bemessungszeitraum erlaubt. Gleichwohl benötigt, eine Praxis, deren Individualbudget 50 % des durchschnittlichen Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe beträgt, selbst für ein exponentielles Wachstum ihres Honorars auf der Grundlage der im Quartal III/1999 geltenden Regelungen bis zum Fachgruppendurchschnitt 24 Jahre. Eine Praxis mit einem Individualbudget in Höhe von 75 % des durchschnittlichen Punktzwahlengrenzwertes braucht hierfür immerhin noch 10 Jahre. Dabei ist noch nicht eingerechnet, dass auch die unterdurchschnittlichen Praxen von ihrem im Bemessungszeitraum erzielten Honorarvolumen zunächst 3 % zu ihrer eigenen Finanzierung abgeben müssen, was die Entwicklung des individuellen Punktzahlengrenzwertes zusätzlich verlangsamt. Für das Honorar der Klägerin gilt nichts anderes. Ausgehend von einem ab dem Quartal I/2000 nur noch linear möglichen Wachstum benötigt sie bei einem maximal zulässigen Punktzahlvolumen von 337.441 Punkten nunmehr sogar 34 Jahre, um an den durchschnittlichen Punktzahlen grenzwert der Fachgruppe von 681.171 Punkten heranzuwachsen.

Besonders hart getroffen werden dabei diejenigen Vertragsärzte, die sich - wie die Klägerin - auch als sog. etablierte Praxen nach mehr als 20 Quartalen an einem Honorarvolumen festhalten lassen müssen, das sie während ihrer Aufbauphase erzielt haben. Die beschriebenen typischen Anfängerschwierigkeiten, die in der Honorarentwicklung der Klägerin in den Quartalen III/1997 bis II/1998 zum Ausdruck gekommen sind, werden auf diese Weise praktisch für die gesamte Praxisentwicklung fest geschrieben. Hiervon betroffen sind alle Praxen, die in der Zeit von IV/1992 bis II/1994 entstanden sind, bei denen also der Bemessungszeitraum ganz oder zum Teil ins vierte oder fünfte Jahr der Praxisführung fällt, die aber andererseits die Ausnahmevorschrift des § 7a Abs. 6 HVM für sich nicht mehr in Anspruch nehmen können. Das Recht auf Wachstum bis zum durchschnittlichen Honorar der Fachgruppe ist auf diese Weise faktisch weitgehend entwertet. Darin liegt für die betroffenen Ärzte eine unangemessene Benachteiligung.

Die beanstandeten Regelungen lassen sich dabei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des erweiterten Beurteilungsspielraums bei Anfangs- bzw. Erprobungsregelungen halten. Denn die von der Beklagten vorgenommene Weichenstellung ist bereits im Ansatz verfehlt und verfestigt Ungerechtigkeiten dadurch, dass sich dieser Ansatz in sämtlichen nachfolgenden Budgetberechnungen fortsetzt. Überdies ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte insoweit im Rahmen ihrer Beobachtungs- und Anpassungspflicht bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine Korrektur vorgenommen hätte.

Bei der Änderung bzw. Ergänzung dieser Regelungen wird die Beklagte berücksichtigen dürfen, dass ein Wachstum etablierter, unterdurchschnittlich abrechnender Praxen bis zum Fachgruppendurchschnitt bei einer ihrem Anstieg nach begrenzten Gesamtvergütung nur solidarisch finanziert werden kann. Das kann es erforderlich machen, auch die Wachstumsmöglichkeiten solcher Praxen zu begrenzen, um eine übermäßige Belastung derjenigen Praxen, die ihrerseits keine Steigerungsmöglichkeiten mehr haben, zu verhindern. Bei der danach erforderlichen Abwägung wird die Beklagte allerdings zu beachten haben, dass das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit für Praxen mit einem Individualbudget unterhalb des durchschnittlichen Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe ein möglichst weitgehend proportionales Wachstum von zulässiger, insbesondere durch Fallzahlsteigerungen hervorgerufener, Leistungsmengensteigerung und Honorarzuwachs gebietet. Soweit das BSG dabei in seiner Entscheidung vom 13.03.2002 (B 6 KA 48/00 R) erwogen hat, dass Fallzahlzuwachsbegrenzungen auch einen unter 5 % liegenden Zuwachs vorsehen dürften, wird sich diese Erwägung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen lassen. Wie das BSG nämlich in seiner Entscheidung vom selben Tag zu den von ihm für zulässig erachteten Fallzahlzuwachsbegrenzungen der KÄV Westfalen-Lippe ausgeführt hat, ist die dortige Regelung gerade deshalb wirksam, weil sie Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl nicht betrifft und ihnen ein Wachstum bis zum Fachgruppendurchschnitt ermöglicht (B 6 KA 1/01 R).

Bei der Beurteilung der Frage, bis zu welchem Umfang es zumutbar ist, das Wachstum bisher unterdurchschnittlich abrechnender Praxen solidarisch zu finanzieren, wird die Beklagte in Rechnung stellen müssen, dass ein deutlich höherer jährlicher Punktzahlzuwachs das zu seiner Finanzierung notwendige Rückstellungsvolumen nicht in gleichem prozentualen Umfang erhöht. Nach den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 18.11.2002 überreichten Berechnungen waren zur Finanzierung des 3 %igen Zuwachses im III. Quartal 1999 79.111.106,9 Punkte (nämlich 76.898.108,1 Punkte für gekürzte Praxen, die ihr Zuwachsvolumen ausgeschöpft haben, und weitere 2.212.329,8 Punkte für Praxen, die ihren maximalen Zuwachs nicht erreicht haben). Das entspricht im Hinblick auf die Fachgruppen quoten einem Honorarvolumen von etwa 7 Mio. DM. Die Finanzierung eines Zuwachses von z.B. 10 % hätte danach höchstens 22 Mio. DM erfordert, ohne dass der Senat damit entscheidet, dass ein Zuwachs in dieser Höhe gewährleistet sein muss. Berücksichtigt man weiter, dass die Beklagte pro Quartal ein Honorarvolumen von etwa 1,4 Mrd. DM verteilt und dass hiervon nach eigenen Angaben auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 HVM etwa 40 % vorab zu verteilen sind, so verbleibt ein Volumen von 830 Mio. DM. Hiervon 3 % entspricht etwa 25 Mio. DM. Erhöht man diesen Betrag um die Differenz von 22 Mio. DM und 7 Mio. DM, also um 15 Mio. DM, so ergibt sich eine Rückstellung von 40 Mio. DM. Das entspricht einem Anteil von 4,8 % an der nach den Abzügen des § 6 Abs. 3 HVM zur Verteilung stehenden Vergütung. Auch wenn man zusätzlich in Rechnung stellt, dass vor Bildung der Individualbudgets auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 Satz 3 HVM Abzüge erfolgen, die allerdings weitestgehend mit denen des § 6 Abs. 3 HVM identisch sind, ergibt sich keine wesentliche Abweichung. Vielmehr ist unbedenklich anzunehmen, dass eine Erhöhung des zulässigen Wachstums unterdurchschnittlich abrechnender Praxen um mehr als das Dreifache durch eine Erhöhung der Rückstellung auf weit weniger als das Doppelte der jetztigen Werte zu finanzieren wäre.

Zusätzlich fallen folgende Gesichtspunkte ins Gewicht: Wenn die Erfahrungswerte der Beklagten, auf die sie das erlaubte Wachstum von jährlich 3 % gestützt hat, auch nur annähernd zutreffen, werden längst nicht alle Praxen eine höhere Zuwachsmarge ausnutzen. Zudem wird die Belastung der Vertragsärzte mit einer höheren Rückstellung nur einen vorübergehenden Zeitraum in Anspruch nehmen, da schnell wachsende oder nur mit ihrem Individualbudget nur knapp unter dem durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe liegende Praxen vergleichsweise zügig den Fachgruppendurchschnitt erreichen und auf diese Weise von "Auch-Nehmer-Praxen" zu reinen "Geber-Praxen" werden. Schließlich wird auch die gebotene Differenzierung zwischen real wachsenden und stagnierenden oder sogar schrumpfenden Praxen unterhalb des Fachgruppendurchschnitts die Gesamtbelastung verringern. Die Letztgenannten auf einem Wachstum von höchstens 3 % jährlich oder auch darunter festzuhalten, bestünden nach Ansicht des Senates unter den geschilderten Differenzierungsgesichtspunkten nämlich keine Bedenken.

Dabei wird die Beklagte zur Überzeugung des Senats auch weiter auf eine Steigerung der Punktzahlenmenge und nicht nur der Fallzahl abheben dürfen. Zwar hat das BSG, soweit es Kontingentierungsregeln wegen unzureichender Wachstumsmöglichkeiten für unzulässig gehalten hat, stets auf das Fallzahl- und nicht das Punktzahlwachstum abgestellt (vgl. BSGE 83, 52, 57 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28; bestätigt in Urt. v. 13.03.2002 - B 6 KA 1/01 R -). In der Tat werden regelmäßig keine legitimen Gründe bestehen, den Leistungsbedarf der Praxis, also das Punktevolumen, auszuweiten, ohne dass dem eine Steigerung der Fallzahl korrespondiert. Dies führt aber nicht dazu, dass eine auf die Punktzahlsteigerung abstellende Regelung unzulässig wird. Soweit die Erhöhung des Leistungsbedarfs auf einem Fallzahlzuwachs beruht, bedarf dies keiner näheren Darlegung. Einer ungerechtfertigten Leistungsausweitung kann mit den Mitteln der Wirtschaftlichkeitsprüfung begegnet werden. Im Übrigen ermöglicht die von der Beklagten geschaffene Regelung es aber auch, geringe Schwankungen des Leistungsbedarfs gegenüber dem vergleichsweise kurzen Bemessungszeitraum angemessen zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen hat der Senat die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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