Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 Kr 62/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 Kr 73/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 23.05.1996 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte Fahrtkosten zu übernehmen hat, die im Zusammenhang mit einer ambulanten Dialysebehandlung angefallen sind.
Der 1954 geborene Kläger, der nach eigener Angabe seit 30 Jahren insulinpflichtiger Diabetiker und seit 10 Jahren erblindet ist, war seit Januar 1994 Dialysepatient und mußte sich dreimal wöchentlich einer Dialysebehandlung unterziehen, die ambulant in einem Dialysezentrum in E durchgeführt worden ist. Die monatlichen Kosten für die Fahrt mit dem Taxi beliefen sich auf rd. 900 DM. Im Februar 1996 ist eine Spenderniere transplantiert worden, so daß er seither nicht mehr auf die Dialyse angewiesen ist.
Mit Bescheid vom 05.01.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie wegen der bestehenden Meinungsverschiedenheiten der Krankenkassen die Fahrtkosten zur Dialysebehandlung zunächst auch außerhalb der Härtefallregelung übernehme, bis zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Klärung der Rechtslage geführt worden sei. Sollte sich herausstellen, daß die jetzige Verfahrensweise nicht dem geltenden Recht entspreche, werde die Erstattung der Fahrtkosten mit sofortiger Wirkung wieder ausschließlich in den Fällen vorgenommen, in denen für die Fahrt zur Dialyse ein Krankentransport benötigt werde oder ein Härtefall vorliege. Nachdem das BMG in einer Aufsichtsanordnung gegen dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen die Übernahme der Fahrtkosten zur ambulanten Dialysebehandlung untersagt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 15.09.1995 mit, daß Fahrtkosten ab sofort nur noch im Rahmen der Härtefallregelung übernommen würden. Der Inhalt des Bescheides wurde dem Kläger anläßlich eines Telefongespräches am 15.09.1995 bekanntgegeben. Mit Schreiben vom 16.09.1995 legte er Widerspruch ein und verlangte unter Hinweis auf ein rechtskräftiges Urteil des SG Aachen vom 16.02.1995 die weitere Erstattung der Fahrtkosten. In ihrem Antwortschreiben vom 26.09.1995 blieb die Beklagte bei ihrer Entscheidung.
Der Kläger hat bereits auf dieses Schreiben am 04.10.1995 Klage erhoben; nach Klageerhebung ist der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.1995 zurückgewiesen worden. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, ihre Leistungszusage sei vorbehaltlich einer abschließenden Stellungnahme des BMG erfolgt. Nachdem die Aufsichtsanordnung gegenüber den Betriebskrankenkassen ergangen sei, habe auch sie ihre Verfahrensweise umstellen müssen, da selbstverständlich diese Aufsichtsanordnung Wirkung für alle Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung habe. Der Kläger hat unter Hinweis auf das bereits im Widerspruchsverfahren genannte Urteil die weitere Übernahme der Fahrtkosten mit dem ausdrücklichen Hinweis verlangt, daß bei ihm kein Härtefall im Sinne der Härtefallrichtlinien vorliege.
Mit Urteil vom 23.05.1996 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Übernahme der nach dem 15.09.1995 angefallenen Fahrtkosten verurteilt. Es hat die Auffassung vertreten, im Falle der Dialysebehandlung bestehe eine planwidrige Gesetzes lücke, die durch die analoge Anwendung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V zu schließen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil verwiesen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.06.1996 zugestellte Urteil am 28.06.1996 Berufung eingelegt. Unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung vertritt sie die Auffassung, daß der Gesetzgeber eine Erstattung der Fahrtkosten bei ambulanten Dialysebehandlungen nicht gewollt habe, so daß entgegen der Auffassung des SG keine Gesetzeslücke bestehe. Von ihrer ursprünglichen Leistungsbewilligung habe sie sich wieder lösen können, da sie sich in dem Bescheid vom 05.01.1995 einen Widerruf für den Fall vorbehalten habe, daß sich herausstelle, daß die Verfahrensweise nicht dem geltenden Recht entspreche.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Aachen vom 23.05.1996 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und auch nicht vertreten war, beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, die durchgeführte ambulante Dialysebehandlung sei nicht nur mit einer teilstationären Krankenhausbehandlung vergleichbar, sondern sei auch für die Beklagte preiswerter als eine stationäre Krankenhausdialyse.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten mit der Ladung auf diese sich aus den Regelungen der §§ 124 Abs. 1, 127, 153 Abs. 1 SGG ergebende Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die zulässige Berufung ist begründet, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte zu Recht die weitere Übernahme der Fahrtkosten abgelehnt.
Fahrtkosten im Zusammenhang mit Behandlungsmaßnahmen sind von den Krankenkassen nur unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 SGB V zu übernehmen. Da hier eine ambulante Behandlung stattgefunden hat und die Voraussetzungen der Ziff. 2 und 3 a.a.O. ersichtlich nicht vorliegen, könnte sich der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Fahrtkosten nur aus der Ziff. 4 a.a.O. ergeben. Nach dieser durch das GSG (Art. 1 Nr. 28) eingeführten Regelung haben die Krankenkassen die 20 DM je Fahrt übersteigenden Fahrtkosten zu übernehmen, wenn die ambulante Behandlung (die auch im Krankenhaus stattfinden kann, §§ 115 a, 115 b SGB V) an die Stelle einer an sich gebotenen (teil-)stationären Krankenhausbehandlung tritt. Während ansonsten bei ambulanten Behandlungen (von Krankentransport- und Rettungsfahrten abgesehen) Fahrtkosten nur im Rahmen der Härtefallregelung (§§ 61, 62 SGB V) übernommen werden, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 60 Abs. 2 Ziff. 4 SGB V einen Anreiz schaffen wollen, entweder Krankenhausbehandlung kürzer in Anspruch zu nehmen oder sich stattdessen ambulant behandeln zu lassen (BT-DS 12/3608 S. 82). Aus diesem Zweck der Privilegierung der Fahrten folgt zugleich, daß eine Kostenübernahme ausscheidet, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist und daher auch nicht "vermieden" werden kann. Da im vorliegenden Fall, wie auch der Kläger eingeräumt hat, das Behandlungsziel - die Durchführung der Dialyse - durch eine ambulante Behandlung erreicht werden konnte, also stationäre Behandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V nicht erforderlich war, kommt eine Übernahme der Fahrtkosten für die ambulante Dialysebehandlung nach der Ziff. 4 nicht in Betracht.
Die Argumentation des Sozialgerichts, es bestehe eine planwidrige Gesetzeslücke, da eine Dialysebehandlung ähnlich aufwendig sei wie Chemotherapien oder Strahlenbehandlungen, für deren Durchführung die Fahrtkosten übernommen würden, geht schon im Ansatz fehl. Der Grund für die Privilegierung der Fahrten im Rahmen der Ziff. 4 liegt nicht im zeitlichen Aufwand, den die Behandlung erfordert, sondern - wie dargelegt - in der Vermeidung oder Verkürzung stationärer Behandlung. Wenn für die Chemotherapie oder Strahlenbehandlung Fahrkosten zu übernehmen sind, dann ausschießlich deshalb, weil diese Behandlungen an sich stationär durchgeführt werden und somit bei ambulanter Behandlung die stationäre Behandlung vermieden wird. Angesichts des mit der Ziff.4 verfolgten Regelungsziels des Gesetzgebers geht somit die Begründung für die angenommene Gesetzeslücke ins Leere. Das Sozialgericht hat darüber hinaus auch übersehen, daß der Gesetzgeber sehr wohl Dialysebehandlungen bedacht hat, denn im Ausschußbericht wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Regelung für Leistungen, die wie z. B. Dialysebehandlungen grundsätzlich ambulant erbracht würden, keine Änderung gegenüber den bisherigen Recht darstelle (zu BR-DS 856/92, S. 30). Für die Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke ist somit kein Raum. In der Literatur ist dementsprechend auch - soweit ersichtlich - völlig unbestritten, daß bei Dialysebehandlungen eine Kostenübernahme nur nach den §§ 61, 62 SGB V in Betracht kommt (vgl. Höfler, in: Kasseler Kommentar, § 60 SGB V Rdnr. 19 a; Schillhorn, in: GK-SGB V, § 60 Rdnr. 22 a; Peters, in Hdb. KV, § 60 SGB V Rdnr. 20). Eine Kostenübernahme nach den Härtefallregelungen steht hier nicht im Streit. Der Kläger hat auch ausdrücklich erklärt, daß bei ihm kein Härtefall vorliege.
Die Beklagte durfte die ursprüngliche Erstattung der Fahrtkosten mit Wirkung ab 18.09.1995 einstellen. Im Bescheid vom 05.01.1995 hat sie nicht eine Bewilligung mit Widerrufsvorbehalt (§ 32 Abs. 2 Ziff. 3 SGB X) verfügt, sondern sich die endgültige Entscheidung vorbehalten. Während im ersten Fall bereits eine endgültige Entscheidung getroffen wird, die nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen, die für Widerruf oder Rücknahme gelten, beseitigt werden kann, ist im zweiten Fall die Regelung nur vorläufig (vgl. BVerwGE 67, 99, 102 f.). Letzteres war der erkennbare Wille der Beklagten. In dem Bescheid heißt es ausdrücklich, daß die Fahrtkosten "zunächst" bis zur Klärung der Rechtslage zwischen BMG und VdAK übernommen wurden. Zugleich hat die Beklagte darauf hingewiesen, die Erstattung erfolge nur vorbehaltlich künftiger Regelungen, sie werde "mit sofortiger Wirkung" die Fahrtkosten nur noch bei Krankentransportfahrten oder im Rahmen der Härtefallregelung übernehmen, wenn sich herausstelle, daß die Verfahrensweise nicht dem geltenden Recht entspreche. Gerade der Umstand, daß die Beklagte die Rechtslage für unklar hielt und sie sich nur wegen der anderen Handhabung der Fahrtkostenerstattung durch die Betriebskrankenkassen veranlaßt gefühlt hat, ihrerseits bis zur Herbeiführung einer einheitlichen Verwaltungspraxis der Krankenkassen die Fahrtkosten zu übernehmen, macht deutlich, daß die Beklagte noch keine abschließende Entscheidung treffen, sondern nur eine vorläufig bis zur anstehenden Klärung der Rechtslage geltende Regelung treffen wollte. Von daher waren der Widerruf (§ 47 SGB X) oder die Rücknahme (§ 45 SGB X) des Bescheides vom 05.01.1995 nicht erforderlich. Die Beklagte durfte vielmehr ihre vorbehaltene endgültige Entscheidung ohne Bindung an den früheren Bescheid treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte Fahrtkosten zu übernehmen hat, die im Zusammenhang mit einer ambulanten Dialysebehandlung angefallen sind.
Der 1954 geborene Kläger, der nach eigener Angabe seit 30 Jahren insulinpflichtiger Diabetiker und seit 10 Jahren erblindet ist, war seit Januar 1994 Dialysepatient und mußte sich dreimal wöchentlich einer Dialysebehandlung unterziehen, die ambulant in einem Dialysezentrum in E durchgeführt worden ist. Die monatlichen Kosten für die Fahrt mit dem Taxi beliefen sich auf rd. 900 DM. Im Februar 1996 ist eine Spenderniere transplantiert worden, so daß er seither nicht mehr auf die Dialyse angewiesen ist.
Mit Bescheid vom 05.01.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie wegen der bestehenden Meinungsverschiedenheiten der Krankenkassen die Fahrtkosten zur Dialysebehandlung zunächst auch außerhalb der Härtefallregelung übernehme, bis zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Klärung der Rechtslage geführt worden sei. Sollte sich herausstellen, daß die jetzige Verfahrensweise nicht dem geltenden Recht entspreche, werde die Erstattung der Fahrtkosten mit sofortiger Wirkung wieder ausschließlich in den Fällen vorgenommen, in denen für die Fahrt zur Dialyse ein Krankentransport benötigt werde oder ein Härtefall vorliege. Nachdem das BMG in einer Aufsichtsanordnung gegen dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen die Übernahme der Fahrtkosten zur ambulanten Dialysebehandlung untersagt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 15.09.1995 mit, daß Fahrtkosten ab sofort nur noch im Rahmen der Härtefallregelung übernommen würden. Der Inhalt des Bescheides wurde dem Kläger anläßlich eines Telefongespräches am 15.09.1995 bekanntgegeben. Mit Schreiben vom 16.09.1995 legte er Widerspruch ein und verlangte unter Hinweis auf ein rechtskräftiges Urteil des SG Aachen vom 16.02.1995 die weitere Erstattung der Fahrtkosten. In ihrem Antwortschreiben vom 26.09.1995 blieb die Beklagte bei ihrer Entscheidung.
Der Kläger hat bereits auf dieses Schreiben am 04.10.1995 Klage erhoben; nach Klageerhebung ist der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.1995 zurückgewiesen worden. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, ihre Leistungszusage sei vorbehaltlich einer abschließenden Stellungnahme des BMG erfolgt. Nachdem die Aufsichtsanordnung gegenüber den Betriebskrankenkassen ergangen sei, habe auch sie ihre Verfahrensweise umstellen müssen, da selbstverständlich diese Aufsichtsanordnung Wirkung für alle Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung habe. Der Kläger hat unter Hinweis auf das bereits im Widerspruchsverfahren genannte Urteil die weitere Übernahme der Fahrtkosten mit dem ausdrücklichen Hinweis verlangt, daß bei ihm kein Härtefall im Sinne der Härtefallrichtlinien vorliege.
Mit Urteil vom 23.05.1996 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Übernahme der nach dem 15.09.1995 angefallenen Fahrtkosten verurteilt. Es hat die Auffassung vertreten, im Falle der Dialysebehandlung bestehe eine planwidrige Gesetzes lücke, die durch die analoge Anwendung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V zu schließen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil verwiesen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.06.1996 zugestellte Urteil am 28.06.1996 Berufung eingelegt. Unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung vertritt sie die Auffassung, daß der Gesetzgeber eine Erstattung der Fahrtkosten bei ambulanten Dialysebehandlungen nicht gewollt habe, so daß entgegen der Auffassung des SG keine Gesetzeslücke bestehe. Von ihrer ursprünglichen Leistungsbewilligung habe sie sich wieder lösen können, da sie sich in dem Bescheid vom 05.01.1995 einen Widerruf für den Fall vorbehalten habe, daß sich herausstelle, daß die Verfahrensweise nicht dem geltenden Recht entspreche.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Aachen vom 23.05.1996 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und auch nicht vertreten war, beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, die durchgeführte ambulante Dialysebehandlung sei nicht nur mit einer teilstationären Krankenhausbehandlung vergleichbar, sondern sei auch für die Beklagte preiswerter als eine stationäre Krankenhausdialyse.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten mit der Ladung auf diese sich aus den Regelungen der §§ 124 Abs. 1, 127, 153 Abs. 1 SGG ergebende Möglichkeit hingewiesen worden sind.
Die zulässige Berufung ist begründet, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte zu Recht die weitere Übernahme der Fahrtkosten abgelehnt.
Fahrtkosten im Zusammenhang mit Behandlungsmaßnahmen sind von den Krankenkassen nur unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 SGB V zu übernehmen. Da hier eine ambulante Behandlung stattgefunden hat und die Voraussetzungen der Ziff. 2 und 3 a.a.O. ersichtlich nicht vorliegen, könnte sich der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Fahrtkosten nur aus der Ziff. 4 a.a.O. ergeben. Nach dieser durch das GSG (Art. 1 Nr. 28) eingeführten Regelung haben die Krankenkassen die 20 DM je Fahrt übersteigenden Fahrtkosten zu übernehmen, wenn die ambulante Behandlung (die auch im Krankenhaus stattfinden kann, §§ 115 a, 115 b SGB V) an die Stelle einer an sich gebotenen (teil-)stationären Krankenhausbehandlung tritt. Während ansonsten bei ambulanten Behandlungen (von Krankentransport- und Rettungsfahrten abgesehen) Fahrtkosten nur im Rahmen der Härtefallregelung (§§ 61, 62 SGB V) übernommen werden, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 60 Abs. 2 Ziff. 4 SGB V einen Anreiz schaffen wollen, entweder Krankenhausbehandlung kürzer in Anspruch zu nehmen oder sich stattdessen ambulant behandeln zu lassen (BT-DS 12/3608 S. 82). Aus diesem Zweck der Privilegierung der Fahrten folgt zugleich, daß eine Kostenübernahme ausscheidet, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist und daher auch nicht "vermieden" werden kann. Da im vorliegenden Fall, wie auch der Kläger eingeräumt hat, das Behandlungsziel - die Durchführung der Dialyse - durch eine ambulante Behandlung erreicht werden konnte, also stationäre Behandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V nicht erforderlich war, kommt eine Übernahme der Fahrtkosten für die ambulante Dialysebehandlung nach der Ziff. 4 nicht in Betracht.
Die Argumentation des Sozialgerichts, es bestehe eine planwidrige Gesetzeslücke, da eine Dialysebehandlung ähnlich aufwendig sei wie Chemotherapien oder Strahlenbehandlungen, für deren Durchführung die Fahrtkosten übernommen würden, geht schon im Ansatz fehl. Der Grund für die Privilegierung der Fahrten im Rahmen der Ziff. 4 liegt nicht im zeitlichen Aufwand, den die Behandlung erfordert, sondern - wie dargelegt - in der Vermeidung oder Verkürzung stationärer Behandlung. Wenn für die Chemotherapie oder Strahlenbehandlung Fahrkosten zu übernehmen sind, dann ausschießlich deshalb, weil diese Behandlungen an sich stationär durchgeführt werden und somit bei ambulanter Behandlung die stationäre Behandlung vermieden wird. Angesichts des mit der Ziff.4 verfolgten Regelungsziels des Gesetzgebers geht somit die Begründung für die angenommene Gesetzeslücke ins Leere. Das Sozialgericht hat darüber hinaus auch übersehen, daß der Gesetzgeber sehr wohl Dialysebehandlungen bedacht hat, denn im Ausschußbericht wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Regelung für Leistungen, die wie z. B. Dialysebehandlungen grundsätzlich ambulant erbracht würden, keine Änderung gegenüber den bisherigen Recht darstelle (zu BR-DS 856/92, S. 30). Für die Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke ist somit kein Raum. In der Literatur ist dementsprechend auch - soweit ersichtlich - völlig unbestritten, daß bei Dialysebehandlungen eine Kostenübernahme nur nach den §§ 61, 62 SGB V in Betracht kommt (vgl. Höfler, in: Kasseler Kommentar, § 60 SGB V Rdnr. 19 a; Schillhorn, in: GK-SGB V, § 60 Rdnr. 22 a; Peters, in Hdb. KV, § 60 SGB V Rdnr. 20). Eine Kostenübernahme nach den Härtefallregelungen steht hier nicht im Streit. Der Kläger hat auch ausdrücklich erklärt, daß bei ihm kein Härtefall vorliege.
Die Beklagte durfte die ursprüngliche Erstattung der Fahrtkosten mit Wirkung ab 18.09.1995 einstellen. Im Bescheid vom 05.01.1995 hat sie nicht eine Bewilligung mit Widerrufsvorbehalt (§ 32 Abs. 2 Ziff. 3 SGB X) verfügt, sondern sich die endgültige Entscheidung vorbehalten. Während im ersten Fall bereits eine endgültige Entscheidung getroffen wird, die nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen, die für Widerruf oder Rücknahme gelten, beseitigt werden kann, ist im zweiten Fall die Regelung nur vorläufig (vgl. BVerwGE 67, 99, 102 f.). Letzteres war der erkennbare Wille der Beklagten. In dem Bescheid heißt es ausdrücklich, daß die Fahrtkosten "zunächst" bis zur Klärung der Rechtslage zwischen BMG und VdAK übernommen wurden. Zugleich hat die Beklagte darauf hingewiesen, die Erstattung erfolge nur vorbehaltlich künftiger Regelungen, sie werde "mit sofortiger Wirkung" die Fahrtkosten nur noch bei Krankentransportfahrten oder im Rahmen der Härtefallregelung übernehmen, wenn sich herausstelle, daß die Verfahrensweise nicht dem geltenden Recht entspreche. Gerade der Umstand, daß die Beklagte die Rechtslage für unklar hielt und sie sich nur wegen der anderen Handhabung der Fahrtkostenerstattung durch die Betriebskrankenkassen veranlaßt gefühlt hat, ihrerseits bis zur Herbeiführung einer einheitlichen Verwaltungspraxis der Krankenkassen die Fahrtkosten zu übernehmen, macht deutlich, daß die Beklagte noch keine abschließende Entscheidung treffen, sondern nur eine vorläufig bis zur anstehenden Klärung der Rechtslage geltende Regelung treffen wollte. Von daher waren der Widerruf (§ 47 SGB X) oder die Rücknahme (§ 45 SGB X) des Bescheides vom 05.01.1995 nicht erforderlich. Die Beklagte durfte vielmehr ihre vorbehaltene endgültige Entscheidung ohne Bindung an den früheren Bescheid treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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