Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 1/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 45/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.02.1999 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 27.09.1996 und 07.10.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.1996 verurteilt, an den Kläger weitere 671,52 DM Krankengeld zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist die Berechnung des sog. Krankengeldspitzbetrages bei Bezug von Übergangsgeld aus der Rentenversicherung.
Der bei der Beklagten versicherte Kläger war ab 27.11.1995 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zahlte Krankengeld ab 28.05.1996 in Höhe von 102,08 DM (Bruttokrankengeld) = 88,09 DM Zahlbetrag nach Abzug der Beitragsanteile des Versicherten (Nettokrankengeld) kalendertäglich. Vom 25.07. bis 12.09.1996 befand sich der Kläger in einer von der BfA gewährten Rehabilitationsmaßnahme und erhielt Übergangsgeld in Höhe von 78,51 DM. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 16.09.1996 mit, für die Dauer der Rehabilitation bestehe Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen Übergangsgeld und Krankengeld, "der sich ergebende Differenzbetrag" sei heute überwiesen worden. Auf telefonische Nachfrage des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27.09.1996 den Differenzbetrag mit 9,58 DM kalendertäglich fest. Bei dieser Berechnung ging sie vom Zahlbetrag des Krankengeldes aus. Auf die Bitte des Klägers um Erteilung eines "rechtsmittelfähigen Bescheides" wiederholte die Beklagte mit Bescheid vom 07.10.1996 unter Bezugnahme auf die Berechnung vom 27.09.1996 die Feststellung des Spitzbetrages. Die ab 01.01.1995 geänderte Berechnungsweise beruhe auf dem Gleichheitsgrundsatz. Da der Krankengeldspitzbetrag seither nicht mehr beitragspflichtig sei, solle die geänderte Berechnung sicherstellen, daß Versicherte, die Übergangsgeld und den Spitzbetrag erhielten, nicht besser stünden als Versicherte, die nur das Krankengeld bezögen. Mit seinem Widerspruch verlangte der Kläger die Differenz zwischen (Brutto-)Krankengeld und Übergangsgeld. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die Kürzung des Krankengeldes und die (fiktiven) Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Der Verweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz überzeuge nicht, da bei Versicherten, die nur Krankengeld erhielten, die Beiträge tatsächlich abgeführt würden und damit zu entsprechenden Ansprüchen führten. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02.02.1999 die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung der Beklagten gefolgt, daß der Kläger nur die Differenz zu dem Nettokrankengeld beanspruchen könne, da er nicht besser gestellt werden dürfe als beim alleinigen Bezug von Krankengeld. In den Gründen hat das Sozialgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Der Kläger hält im Berufungsverfahren an seiner Auffassung fest, die Beklagte dürfe bei der Berechnung des Spitzbetrages nicht zu seinen Lasten Sozialversicherungsbeiträge in Abzug bringen, zumal es verfassungswidrig sei, wenn diesen Beiträgen keine Leistungen gegenüberstünden. Ihm sei bekannt, daß zahlreiche andere Krankenkassen den Krankengeldspitzbetrag nach dem Bruttokrankengeld berechneten, so daß die von der Beklagten vorgenommene Berechnung dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.02.1999 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 27.09.1996 und 07.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.1996 zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 25.07. bis 12.09.1996 weitere 671,52 DM Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die vom Kläger geforderte Berechnungsweise widerspreche dem im Rehabilitationsangleichungsgesetz geregelten "Grundsatz der Kontinuität der Leistungen". Zwar seien seit dem 01.01.1995 aus dem zusätzlich zu dem Übergangsgeld zu zahlenden Krankengeld keine Beiträge mehr zu entrichten. Aus dieser Neuregelung könne aber nicht der Wille des Gesetzgebers hergeleitet werden, daß Bezieher von Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die zusätzlich Krankengeld erhielten, in der Summe eine höhere Geldersatzleistung bezögen als Versicherte, die nur Krankengeld erhielten. Es sei Aufgabe des Leistungsträgers, vom Gesetzgeber nicht erkannte mittelbare Auswirkungen von Rechtsänderungen, die zu "Ungereimtheiten" führten, eigenständig und entsprechend der "gesetzlichen und sozialpolitischen Intention" auszugleichen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist kraft Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig. Zwar hat das Sozialgericht die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG ausgeschlossene Berufung nur in den Gründen zugelassen, während weder der Tenor noch die Sitzungsniederschrift insoweit eine Aussage treffen. Jedoch beweist auch eine Zulassung in den Gründen unwiderlegbar, daß die Zulassung zur Zeit der Urteilsverkündung durch das Gericht beschlossen war (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 144 Rdnr. 39 m.w.N.).
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, denn der Kläger hat für die Zeit der Rehabilitationsmaßnahme vom 25.07. bis 12.09.1996 Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen Übergangsgeld und Bruttokrankengeld.
Wie auch von der Beklagten nicht bezweifelt wird, war der Kläger während der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsunfähig und hatte deshalb Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs. 1 SGB V. Dieser Krankengeldanspruch ruhte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V nur "soweit und solange", als er Übergangsgeld von der BfA bezog, also nur in Höhe von 78,51 DM. Den diesen Betrag übersteigenden Differenzbetrag hat die Beklagte an den Kläger zu zahlen. Entgegen ihrer Auffassung wird die Höhe des Spitzbetrages durch die Differenz zwischen Bruttokrankengeld und dem Zahlbetrag der anderen Leistung bestimmt (zutr. Noftz in: Hauck/Haines, SGB V, § 49 Rdnr. 70). Das macht insbesondere die Berechnungsvorschrift des § 47 SGB V deutlich, wonach "das" Krankengeld 70 % (seit 01.01.1997, bis 31.12.1996 noch 80 %) des Regelentgeltes beträgt. Das danach berechnete Krankengeld ist das in § 49 Abs. 1 gemeinte Krankengeld. Die Vorschriften des SGB V kennen nur das nach § 47 SGB V berechnete Krankengeld. Die Beitragspflicht des Krankengeldes, die nach Abzug der Versichertenanteile zum Zahlbetrag der Leistung führt (dem Nettokrankengeld) wird im SGB V überhaupt nicht erwähnt; sie ergibt sich in der Rentenversicherung aus §§ 3 Satz 1 Nr. 3, 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung aus §§ 26 Abs. 2 Nr. 1, 345 Nr. 4 SGB III und in der Pflegeversicherung aus § 57 Abs. 2 SGB XI. Der Vergleich mit § 50 Abs. 2 SGB V, der die Kürzung des Krankengeldes um den Zahlbetrag der dort genannten Leistungen, also die "Nettoleistung" regelt (vgl. zur Kürzung um die Berufsunfähigkeitsrente LSG NRW, Urteil vom 10.11.1999 - L 16 KR 65/98 -), macht deutlich, daß der Gesetzgeber zwischen der "Bruttoleistung" und dem Zahlbetrag differenziert und folglich in § 49 Abs. 1 SGB V nur das Bruttokrankengeld gemeint sein kann.
Die Beklagte meint, ihre Berechnung entspreche der "gesetzgeberischen und sozialpolitischen Intention". Zwar mag auf den ersten Blick befremden, daß der Kläger während der Rehabilitationsmaßnahme im Ergebnis höhere Entgeltersatzleistungen erhält als bei alleinigem Bezug von Krankengeld. Eine Auslegung der Ruhensvorschrift im Sinne der Beklagten im Wege einer teleologischen Restriktion wäre jedoch allenfalls zu erwägen, wenn tatsächlich eine entsprechende Intention des Gesetzgebers festgestellt werden könnte, daß der gleichzeitige Bezug von Übergangsgeld und Krankengeld nicht zu einer höheren Leistung führen soll. Die Entwicklung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen zeigt aber, daß von einem solchen gesetzgeberischen Ziel keine Rede sein kann.
Die Einräumung des Spitzbetrages erfolgte zum 01.01.1990 aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.11.1988 (BVerfGE 79, 87 = SozR 2200 § 183 Nr. 54), das in dem in § 183 Abs. 6 RVO a.F. angeordneten Ausschluß des Spitzbetrages einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gesehen hatte. Daraufhin wurde im Rahmen des RRG 1992 zum 01.01.1990 § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V durch Einfügung des "soweit" geändert (Art. 4 Nr. 5b, Art. 85 Abs.5 RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I, 2261).
Die Beitragspflicht der Lohnersatzleistungen ergab sich damals im Bereich der Rentenversicherung aus §§ 1385 b RVO, 112 b AVG und im Bereich der Arbeitslosenversicherung aus § 186 Abs. 1 AFG (in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung). Nach diesen Vorschriften waren sowohl aus dem Krankengeld wie dem Übergangsgeld Beiträge zu zahlen, wobei für die Berechnung die Höhe der Leistungen maßgebend war (§ 1385 b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 1385 a Satz 2 RVO/§ 112 b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 112 a Satz 2 AVG; § 186 Abs. 1 Satz 3 AFG). Die Beiträge aus dem Übergangsgeld hatte der Träger allein, die Beiträge aus dem Krankengeld hatten Versicherte und Träger je zur Hälfte zu tragen (§ 1385 b Abs. 1 Satz 2 RVO/§ 112 b Abs. 1 Satz 2 AVG; § 186 Abs. 1 Satz 2 AFG). Somit hatten ab 01.01.1990 die Bezieher von Übergangsgeld, die Anspruch auf den Spitzbetrag hatten, nur aus diesem zusätzlichen Krankengeld einen eigenen Beitragsanteil zu leisten, erhielten also im Ergebnis einen höheren Betrag als beim alleinigen Bezug von Krankengeld.
Seit dem 01.01.1992 gelten im Bereich der Rentenversicherung §§ 166, 170 SGB VI. Hinsichtlich der Beitragstragung hat sich keine Änderung ergeben (§ 170 Abs. 1 Nr. 2 a, b SGB VI). Als beitragspflichtige Einnahmen werden in § 166 Nr. 2 (seit 01.01.1995: Abs. 1 Nr. 2) SGB VI sowohl für das Übergangsgeld wie das Krankengeld 80 % des der Leistung zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes festgelegt mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß bei gleichzeitigem Bezug von Krankengeld neben einer anderen Leistung das dem Krankengeld zugrundeliegende Einkommen nicht zu berücksichtigen ist. Diese Regelung wurde als Folgeänderung des § 49 Abs. 1 SGB V eingefügt und sollte sicherstellen, daß für den Versicherten während des gleichzeitigen Bezugs von Krankengeld und Übergangsgeld nicht ein höheres Einkommen als vor dem Leistungsbezug versichert wird (vgl. KassKomm-Scholz, § 166 SGB VI Rdnr. 16). In gleicher Weise ist durch das RRG 1992 § 186 Abs. 1 Satz 3 AFG dahingehend geändert worden, daß für die Berechnung der Beiträge aus dem Übergangsgeld und dem Krankengeld 80 % des der Leistung zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes für maßgeblich erklärt worden sind (Art. 35 Nr. 21 a bb RRG 1992). Allerdings war gem. § 242 k AFG in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.12.1994 noch die bis zum 31.12.1991 geltende (oben erläuterte) Fassung des § 186 Abs. 1 AFG anzuwenden (Art. 32 Nr. 22 RRG 1992). Von 1992 bis 1994 hatte der Empfänger von Übergangsgeld und Krankengeld also einen Beitragsanteil nur zur Arbeitslosenversicherung aus dem Krankengeldbetrag zu leisten. Zum 01.01.1995 ist auch dieser Anteil wegen der Anwendung der Neufassung des § 186 Abs. 1 Satz 3 AFG (ebenso jetzt § 345 Nr. 4 SGB III) entfallen. Es ist somit aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht erkennbar, daß es nach dem Willen des Gesetzgebers unerwünscht sei, daß die Empfänger von Übergangsgeld und Krankengeld eine höhere Leistung erhielten als bei alleinigem Bezug von Krankengeld. Im Gegenteil ist das Argument der Gleichbehandlung angesichts der unterschiedlichen Regelung der Beitragstragung aus Krankengeld (Versicherte und Träger je 50 %) und Übergangsgeld (allein Träger) fehl am Platz, denn der Gesetzgeber hat insoweit die Bezieher der Lohnersatzleistung ungleich behandelt. Da bei einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers das Übergangsgeld wie das Krankengeld berechnet wird (§§ 1241 Abs. 1 RVO/ 18 Abs. 1 AFG, § 21 Abs. 1 SGB I), kommt es bei einem gleich hohen "Brutto"betrag dieser Lohnersatzleistung ohnehin zu einer "Besserstellung" der Übergangsgeldbezieher gegenüber den Empfängern von Krankengeld, da sie keinen Beitragsanteil zu tragen haben. Der Hinweis der Beklagten auf § 16 Reha-Angleichungsgesetz geht von daher ins Leere. Im übrigen sieht diese Vorschrift lediglich vor, daß bei der Berechnung der Geldleistungen von dem bisher zugrundegelegten Entgelt auszugehen ist, sie sagt nichts darüber aus, daß der Versicherte keine höheren (oder niedrigeren) Leistungen wegen der Abführung von Beitragsanteilen bekommen darf.
Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte bis zum 31.12.1994 den Spitzbetrag nach dem Bruttokrankengeld berechnet und erst die Gesetzesänderung zum 01.01.1995, die sich nur auf die Arbeitslosenversicherung bezieht, zum Anlaß genommen hat, ihre Berechnungsweise zu ändern. Wie oben dargelegt, hatten Versicherte bis dahin ohnehin nur aus dem Spitzbetrag einen eigenen Beitragsanteil zu entrichten, erhielten also "mehr", als bei dem alleinigen Bezug von Krankengeld. Die seit dem 01.01.1995 praktizierte Berechnungsweise des Spitzbetrages bedeutete also eine deutliche Schlechterstellung der Betroffenen gegenüber der Praxis von 1990 bis 1994, ohne daß hierfür eine gesetzliche Grundlage oder wenigstens sachlich einleuchtende Gründe ersichtlich sind. Eigene sozialpolitische Vorstellungen der Beklagten, die in der gesetzlichen Konzeption keine Stütze finden, bieten hierfür jedenfalls keine ausreichende Grundlage.
Ob § 49 Abs. 3 SGB V in der seit 01.01.1997 geltenden Fassung eine Bestätigung der Auffassung der Beklagten darstellt, wie sie meint, kann dahinstehen. Daß diese Vorschrift nunmehr den Spitzbetrag grundsätzlich ausschließen soll, liegt angesichts der Änderung des § 49 Abs. 1 SGB V durch Einfügung der Nr. 3 a zum 01.01.1997 eher fern, da der Gesetzgeber jetzt in Abs. 1 zwischen dem völligen Ruhen des Krankengeldes und dem Ruhen bis zur Höhe der anderen Leistung differenziert und die Auffassung der Beklagten darauf hinausläuft, diese Differenzierung gegenstandslos zu machen. Es spricht somit mehr dafür, daß § 49 Abs. 3 SGB V allein die Fälle meint, in denen nach dem 31.12.1996 andere Leistungen gesetzlich abgesenkt worden sind. Letztlich kann dieses jedoch auf sich beruhen, da diese Vorschrift erst zum 01.01.1997 in Kraft getreten ist und somit die fehlerhafte Berechnungsweise der Beklagten nicht rechtfertigen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat hält die Rechtslage für so eindeutig, daß eine höchstrichterlich klärungsbedürftige Rechtsfrage zu verneinen ist.
Tatbestand:
Streitig ist die Berechnung des sog. Krankengeldspitzbetrages bei Bezug von Übergangsgeld aus der Rentenversicherung.
Der bei der Beklagten versicherte Kläger war ab 27.11.1995 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zahlte Krankengeld ab 28.05.1996 in Höhe von 102,08 DM (Bruttokrankengeld) = 88,09 DM Zahlbetrag nach Abzug der Beitragsanteile des Versicherten (Nettokrankengeld) kalendertäglich. Vom 25.07. bis 12.09.1996 befand sich der Kläger in einer von der BfA gewährten Rehabilitationsmaßnahme und erhielt Übergangsgeld in Höhe von 78,51 DM. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 16.09.1996 mit, für die Dauer der Rehabilitation bestehe Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen Übergangsgeld und Krankengeld, "der sich ergebende Differenzbetrag" sei heute überwiesen worden. Auf telefonische Nachfrage des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27.09.1996 den Differenzbetrag mit 9,58 DM kalendertäglich fest. Bei dieser Berechnung ging sie vom Zahlbetrag des Krankengeldes aus. Auf die Bitte des Klägers um Erteilung eines "rechtsmittelfähigen Bescheides" wiederholte die Beklagte mit Bescheid vom 07.10.1996 unter Bezugnahme auf die Berechnung vom 27.09.1996 die Feststellung des Spitzbetrages. Die ab 01.01.1995 geänderte Berechnungsweise beruhe auf dem Gleichheitsgrundsatz. Da der Krankengeldspitzbetrag seither nicht mehr beitragspflichtig sei, solle die geänderte Berechnung sicherstellen, daß Versicherte, die Übergangsgeld und den Spitzbetrag erhielten, nicht besser stünden als Versicherte, die nur das Krankengeld bezögen. Mit seinem Widerspruch verlangte der Kläger die Differenz zwischen (Brutto-)Krankengeld und Übergangsgeld. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die Kürzung des Krankengeldes und die (fiktiven) Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Der Verweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz überzeuge nicht, da bei Versicherten, die nur Krankengeld erhielten, die Beiträge tatsächlich abgeführt würden und damit zu entsprechenden Ansprüchen führten. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02.02.1999 die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung der Beklagten gefolgt, daß der Kläger nur die Differenz zu dem Nettokrankengeld beanspruchen könne, da er nicht besser gestellt werden dürfe als beim alleinigen Bezug von Krankengeld. In den Gründen hat das Sozialgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Der Kläger hält im Berufungsverfahren an seiner Auffassung fest, die Beklagte dürfe bei der Berechnung des Spitzbetrages nicht zu seinen Lasten Sozialversicherungsbeiträge in Abzug bringen, zumal es verfassungswidrig sei, wenn diesen Beiträgen keine Leistungen gegenüberstünden. Ihm sei bekannt, daß zahlreiche andere Krankenkassen den Krankengeldspitzbetrag nach dem Bruttokrankengeld berechneten, so daß die von der Beklagten vorgenommene Berechnung dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.02.1999 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 27.09.1996 und 07.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.1996 zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 25.07. bis 12.09.1996 weitere 671,52 DM Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die vom Kläger geforderte Berechnungsweise widerspreche dem im Rehabilitationsangleichungsgesetz geregelten "Grundsatz der Kontinuität der Leistungen". Zwar seien seit dem 01.01.1995 aus dem zusätzlich zu dem Übergangsgeld zu zahlenden Krankengeld keine Beiträge mehr zu entrichten. Aus dieser Neuregelung könne aber nicht der Wille des Gesetzgebers hergeleitet werden, daß Bezieher von Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die zusätzlich Krankengeld erhielten, in der Summe eine höhere Geldersatzleistung bezögen als Versicherte, die nur Krankengeld erhielten. Es sei Aufgabe des Leistungsträgers, vom Gesetzgeber nicht erkannte mittelbare Auswirkungen von Rechtsänderungen, die zu "Ungereimtheiten" führten, eigenständig und entsprechend der "gesetzlichen und sozialpolitischen Intention" auszugleichen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist kraft Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig. Zwar hat das Sozialgericht die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG ausgeschlossene Berufung nur in den Gründen zugelassen, während weder der Tenor noch die Sitzungsniederschrift insoweit eine Aussage treffen. Jedoch beweist auch eine Zulassung in den Gründen unwiderlegbar, daß die Zulassung zur Zeit der Urteilsverkündung durch das Gericht beschlossen war (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 144 Rdnr. 39 m.w.N.).
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, denn der Kläger hat für die Zeit der Rehabilitationsmaßnahme vom 25.07. bis 12.09.1996 Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen Übergangsgeld und Bruttokrankengeld.
Wie auch von der Beklagten nicht bezweifelt wird, war der Kläger während der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsunfähig und hatte deshalb Anspruch auf Krankengeld nach § 44 Abs. 1 SGB V. Dieser Krankengeldanspruch ruhte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V nur "soweit und solange", als er Übergangsgeld von der BfA bezog, also nur in Höhe von 78,51 DM. Den diesen Betrag übersteigenden Differenzbetrag hat die Beklagte an den Kläger zu zahlen. Entgegen ihrer Auffassung wird die Höhe des Spitzbetrages durch die Differenz zwischen Bruttokrankengeld und dem Zahlbetrag der anderen Leistung bestimmt (zutr. Noftz in: Hauck/Haines, SGB V, § 49 Rdnr. 70). Das macht insbesondere die Berechnungsvorschrift des § 47 SGB V deutlich, wonach "das" Krankengeld 70 % (seit 01.01.1997, bis 31.12.1996 noch 80 %) des Regelentgeltes beträgt. Das danach berechnete Krankengeld ist das in § 49 Abs. 1 gemeinte Krankengeld. Die Vorschriften des SGB V kennen nur das nach § 47 SGB V berechnete Krankengeld. Die Beitragspflicht des Krankengeldes, die nach Abzug der Versichertenanteile zum Zahlbetrag der Leistung führt (dem Nettokrankengeld) wird im SGB V überhaupt nicht erwähnt; sie ergibt sich in der Rentenversicherung aus §§ 3 Satz 1 Nr. 3, 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung aus §§ 26 Abs. 2 Nr. 1, 345 Nr. 4 SGB III und in der Pflegeversicherung aus § 57 Abs. 2 SGB XI. Der Vergleich mit § 50 Abs. 2 SGB V, der die Kürzung des Krankengeldes um den Zahlbetrag der dort genannten Leistungen, also die "Nettoleistung" regelt (vgl. zur Kürzung um die Berufsunfähigkeitsrente LSG NRW, Urteil vom 10.11.1999 - L 16 KR 65/98 -), macht deutlich, daß der Gesetzgeber zwischen der "Bruttoleistung" und dem Zahlbetrag differenziert und folglich in § 49 Abs. 1 SGB V nur das Bruttokrankengeld gemeint sein kann.
Die Beklagte meint, ihre Berechnung entspreche der "gesetzgeberischen und sozialpolitischen Intention". Zwar mag auf den ersten Blick befremden, daß der Kläger während der Rehabilitationsmaßnahme im Ergebnis höhere Entgeltersatzleistungen erhält als bei alleinigem Bezug von Krankengeld. Eine Auslegung der Ruhensvorschrift im Sinne der Beklagten im Wege einer teleologischen Restriktion wäre jedoch allenfalls zu erwägen, wenn tatsächlich eine entsprechende Intention des Gesetzgebers festgestellt werden könnte, daß der gleichzeitige Bezug von Übergangsgeld und Krankengeld nicht zu einer höheren Leistung führen soll. Die Entwicklung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen zeigt aber, daß von einem solchen gesetzgeberischen Ziel keine Rede sein kann.
Die Einräumung des Spitzbetrages erfolgte zum 01.01.1990 aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.11.1988 (BVerfGE 79, 87 = SozR 2200 § 183 Nr. 54), das in dem in § 183 Abs. 6 RVO a.F. angeordneten Ausschluß des Spitzbetrages einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gesehen hatte. Daraufhin wurde im Rahmen des RRG 1992 zum 01.01.1990 § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V durch Einfügung des "soweit" geändert (Art. 4 Nr. 5b, Art. 85 Abs.5 RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I, 2261).
Die Beitragspflicht der Lohnersatzleistungen ergab sich damals im Bereich der Rentenversicherung aus §§ 1385 b RVO, 112 b AVG und im Bereich der Arbeitslosenversicherung aus § 186 Abs. 1 AFG (in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung). Nach diesen Vorschriften waren sowohl aus dem Krankengeld wie dem Übergangsgeld Beiträge zu zahlen, wobei für die Berechnung die Höhe der Leistungen maßgebend war (§ 1385 b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 1385 a Satz 2 RVO/§ 112 b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 112 a Satz 2 AVG; § 186 Abs. 1 Satz 3 AFG). Die Beiträge aus dem Übergangsgeld hatte der Träger allein, die Beiträge aus dem Krankengeld hatten Versicherte und Träger je zur Hälfte zu tragen (§ 1385 b Abs. 1 Satz 2 RVO/§ 112 b Abs. 1 Satz 2 AVG; § 186 Abs. 1 Satz 2 AFG). Somit hatten ab 01.01.1990 die Bezieher von Übergangsgeld, die Anspruch auf den Spitzbetrag hatten, nur aus diesem zusätzlichen Krankengeld einen eigenen Beitragsanteil zu leisten, erhielten also im Ergebnis einen höheren Betrag als beim alleinigen Bezug von Krankengeld.
Seit dem 01.01.1992 gelten im Bereich der Rentenversicherung §§ 166, 170 SGB VI. Hinsichtlich der Beitragstragung hat sich keine Änderung ergeben (§ 170 Abs. 1 Nr. 2 a, b SGB VI). Als beitragspflichtige Einnahmen werden in § 166 Nr. 2 (seit 01.01.1995: Abs. 1 Nr. 2) SGB VI sowohl für das Übergangsgeld wie das Krankengeld 80 % des der Leistung zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes festgelegt mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß bei gleichzeitigem Bezug von Krankengeld neben einer anderen Leistung das dem Krankengeld zugrundeliegende Einkommen nicht zu berücksichtigen ist. Diese Regelung wurde als Folgeänderung des § 49 Abs. 1 SGB V eingefügt und sollte sicherstellen, daß für den Versicherten während des gleichzeitigen Bezugs von Krankengeld und Übergangsgeld nicht ein höheres Einkommen als vor dem Leistungsbezug versichert wird (vgl. KassKomm-Scholz, § 166 SGB VI Rdnr. 16). In gleicher Weise ist durch das RRG 1992 § 186 Abs. 1 Satz 3 AFG dahingehend geändert worden, daß für die Berechnung der Beiträge aus dem Übergangsgeld und dem Krankengeld 80 % des der Leistung zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes für maßgeblich erklärt worden sind (Art. 35 Nr. 21 a bb RRG 1992). Allerdings war gem. § 242 k AFG in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.12.1994 noch die bis zum 31.12.1991 geltende (oben erläuterte) Fassung des § 186 Abs. 1 AFG anzuwenden (Art. 32 Nr. 22 RRG 1992). Von 1992 bis 1994 hatte der Empfänger von Übergangsgeld und Krankengeld also einen Beitragsanteil nur zur Arbeitslosenversicherung aus dem Krankengeldbetrag zu leisten. Zum 01.01.1995 ist auch dieser Anteil wegen der Anwendung der Neufassung des § 186 Abs. 1 Satz 3 AFG (ebenso jetzt § 345 Nr. 4 SGB III) entfallen. Es ist somit aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht erkennbar, daß es nach dem Willen des Gesetzgebers unerwünscht sei, daß die Empfänger von Übergangsgeld und Krankengeld eine höhere Leistung erhielten als bei alleinigem Bezug von Krankengeld. Im Gegenteil ist das Argument der Gleichbehandlung angesichts der unterschiedlichen Regelung der Beitragstragung aus Krankengeld (Versicherte und Träger je 50 %) und Übergangsgeld (allein Träger) fehl am Platz, denn der Gesetzgeber hat insoweit die Bezieher der Lohnersatzleistung ungleich behandelt. Da bei einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers das Übergangsgeld wie das Krankengeld berechnet wird (§§ 1241 Abs. 1 RVO/ 18 Abs. 1 AFG, § 21 Abs. 1 SGB I), kommt es bei einem gleich hohen "Brutto"betrag dieser Lohnersatzleistung ohnehin zu einer "Besserstellung" der Übergangsgeldbezieher gegenüber den Empfängern von Krankengeld, da sie keinen Beitragsanteil zu tragen haben. Der Hinweis der Beklagten auf § 16 Reha-Angleichungsgesetz geht von daher ins Leere. Im übrigen sieht diese Vorschrift lediglich vor, daß bei der Berechnung der Geldleistungen von dem bisher zugrundegelegten Entgelt auszugehen ist, sie sagt nichts darüber aus, daß der Versicherte keine höheren (oder niedrigeren) Leistungen wegen der Abführung von Beitragsanteilen bekommen darf.
Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte bis zum 31.12.1994 den Spitzbetrag nach dem Bruttokrankengeld berechnet und erst die Gesetzesänderung zum 01.01.1995, die sich nur auf die Arbeitslosenversicherung bezieht, zum Anlaß genommen hat, ihre Berechnungsweise zu ändern. Wie oben dargelegt, hatten Versicherte bis dahin ohnehin nur aus dem Spitzbetrag einen eigenen Beitragsanteil zu entrichten, erhielten also "mehr", als bei dem alleinigen Bezug von Krankengeld. Die seit dem 01.01.1995 praktizierte Berechnungsweise des Spitzbetrages bedeutete also eine deutliche Schlechterstellung der Betroffenen gegenüber der Praxis von 1990 bis 1994, ohne daß hierfür eine gesetzliche Grundlage oder wenigstens sachlich einleuchtende Gründe ersichtlich sind. Eigene sozialpolitische Vorstellungen der Beklagten, die in der gesetzlichen Konzeption keine Stütze finden, bieten hierfür jedenfalls keine ausreichende Grundlage.
Ob § 49 Abs. 3 SGB V in der seit 01.01.1997 geltenden Fassung eine Bestätigung der Auffassung der Beklagten darstellt, wie sie meint, kann dahinstehen. Daß diese Vorschrift nunmehr den Spitzbetrag grundsätzlich ausschließen soll, liegt angesichts der Änderung des § 49 Abs. 1 SGB V durch Einfügung der Nr. 3 a zum 01.01.1997 eher fern, da der Gesetzgeber jetzt in Abs. 1 zwischen dem völligen Ruhen des Krankengeldes und dem Ruhen bis zur Höhe der anderen Leistung differenziert und die Auffassung der Beklagten darauf hinausläuft, diese Differenzierung gegenstandslos zu machen. Es spricht somit mehr dafür, daß § 49 Abs. 3 SGB V allein die Fälle meint, in denen nach dem 31.12.1996 andere Leistungen gesetzlich abgesenkt worden sind. Letztlich kann dieses jedoch auf sich beruhen, da diese Vorschrift erst zum 01.01.1997 in Kraft getreten ist und somit die fehlerhafte Berechnungsweise der Beklagten nicht rechtfertigen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat hält die Rechtslage für so eindeutig, daß eine höchstrichterlich klärungsbedürftige Rechtsfrage zu verneinen ist.
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