L 5 KR 109/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 160/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 109/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klage richtet sich gegen die Bescheide vom 4.12.1996, mit denen die Beklagte im Rahmen des Risikostrukturausgleichs den Ausgleich für die Jahre 1994 und 1995 festgestellt hat.

Durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I, 2266) ist ab 01.01.1994 ein kassenartübergreifender Risikostrukturausgleich (RSA) eingeführt worden. Mit dem Ausgleich der finanziellen Auswirkungen der unterschiedlichen Risikostrukturen der Krankenkassen sollen eine gerechtere Beitragsbelastung der Versicherten erreicht und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Krankenkassen abgebaut werden (BT-Drucks. 12/3608, S. 117). Die Finanzsituation jeder Krankenkasse soll möglichst unabhängig von ihrer konkreten Risikostruktur gestaltet werden.

Das gesetzliche Konzept (§ 266 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 267 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) sieht die Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen folgender risikobestimmender Faktoren vor: die beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, die Anzahl der Familienversicherten, die Morbidität, die indirekt über die Faktoren Alter, Geschlecht und Invalidität (Bezug von EU-/BU-Rente und Rente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit) der Versicherten erfasst wird, sowie die Art der Anspruchsberechtigung auf Krankengeld. Einnahme- und Ausgabenunterschiede, die nicht auf diese Faktoren zurückzuführen sind, sind nicht ausgleichsfähig (§ 266 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Kern des RSA ist ein Vergleich von Beitragsbedarf und Finanzkraft einer Krankenkasse (§ 266 Abs. 2 Satz 1 SGB V). In dem Beitragsbedarf drückt sich die individuelle Risikobelastung einer Krankenkasse hinsichtlich der Leistungsausgaben aus, während ihre Finanzkraft die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder im Vergleich zu den durchschnittlichen beitragspflichtigen Einnahmen aller Krankenkassen widerspiegelt.

Da nicht die tatsächlichen Ausgaben einer Krankenkasse, sondern nur die auf den genannten Faktoren beruhende Risikobelastung ausgeglichen werden soll, werden durchschnittliche Pro-Kopf-Ausgaben für jede der nach Alter (90 Altersgruppen) und Geschlecht differenzierten Versichertengruppen, die jeweils nochmals unterteilt werden nach Versicherten mit und ohne Bezug einer EU-/BU-Rente sowie nach Bestehen und Beginn eines Krankengeldanspruchs (vgl. im einzelnen § 2 Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV)), ermittelt (standardisierte Leistungsausgaben, § 266 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Dabei werden satzungsmäßige Mehr- und Erprobungsleistungen sowie Ermessensleistungen (mit Ausnahme der Anschlussheilbehandlung) nicht berücksichtigt (§§ 266 Abs. 4 SGB V, 4 RSAV); ebenso sind Verwaltungsausgaben grundsätzlich nicht ausgleichsfähig. Die auf die Versicherten in den einzelnen RSA-Versichertengruppen ("RSA-Zellen") entfallenden Leistungsausgaben werden in einer besonderen Datenerhebung ermittelt (§ 267 Abs. 3 SGB V). Die Pro-Kopf-Ausgaben werden in Verhältniswerte umgerechnet, die zeigen, in welcher Relation die Ausgaben aller Krankenkassen je Versicherten in den jeweiligen Versichertengruppen zu den Pro-Kopf-Ausgaben aller Krankenkassen je Versicherten in allen Versichertengruppen stehen (§ 5 Abs. 1 RSAV). Mit Hilfe der Verhältniswerte und des aus den Jahresrechnungen bzw. der Versichertenstatistik der Krankenkassen bekannten durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgabewertes aller Kassen und aller Versicherten wird dann die Höhe der standardisierten Pro-Kopf-Leistungsausgaben in jeder Versichertengruppe ermittelt (vgl. im einzelnen § 6 RSAV).

Der Beitragsbedarf einer Krankenkasse ergibt sich aus der Multiplikation der Zahl der für jeden Tag ihrer Kassenzugehörigkeit einer der Versichertengruppe zugeordneten Versicherten mit den entsprechenden standardisierten Leistungsausgaben und der Addition dieser Ausgaben für alle Versicherten. Zur Ermittlung der Finanzkraft werden die kassenspezifischen beitragspflichtigen Einnahmen mit dem bundeseinheitlichen Ausgleichsbedarfssatz multipliziert (§ 266 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Der Ausgleichsbedarfssatz entspricht dem Verhältnis der Beitragsbedarfssumme aller Krankenkassen zur Summe aller beitragspflichtigen Einnahmen (Satz 3 a.a.O.), gibt also an, wie hoch der Anteil der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sein muss, um die im RSA berücksichtigungsfähigen Leistungsausgaben finanzieren zu können.

Beitragsbedarf und Finanzkraft werden schließlich gegenübergestellt. Reicht die Finanzkraft einer Kasse zur Finanzierung der standardisierten Leistungsausgaben nicht aus, erhält sie eine Ausgleichszahlung aus dem RSA, während umgekehrt eine Kasse, deren Finanzkraft ihren Beitragsbedarf übersteigt, die Differenz in den RSA einzahlen muss (§ 266 Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Summe aller Zahlungsansprüche und -verpflichtungen ergibt Null.

Die klagende Betriebskrankenkasse zählte im Jahr 1995 insgesamt 5902 Versicherte ohne Rentner, darunter 4170 Mitglieder und 1738 Rentner. Ihr Beitragssatz betrug 1996 12,5 %.

Mit Bescheid vom 04.12.1995 stellte die Beklagte den vorläufigen Ausgleich für das Jahr 1994 und mit Bescheiden vom 04.12.1996 den endgültigen Jahresausgleich jeweils für die Kalenderjahre 1994 und 1995 fest. Der Bescheid für das Kalenderjahr 1994 weist einen Beitragsbedarf der Klägerin von 16.172.716,51 DM und eine Finanzkraft von 18.261.413,20 DM aus. Daraus ergibt sich eine Ausgleichsverpflichtung von 2.088.696,69 DM und unter Berücksichtigung höherer geleisteter Abschlagszahlungen ein Ausgleichsbetrag zugunsten der Klägerin von 36.647,41 DM.

Für das Kalenderjahr 1995 betrug der Beitragsbedarf 27.836.725,61 DM, die Finanzkraft 33.523.257,91 DM, so dass sich eine Ausgleichsverpflichtung von 5.686.532,30 DM ergab. Nach Abzug der geleisteten Abschlagszahlungen verblieb ein Ausgleichsbetrag von 1.878.270,81 DM.

Am 03.12.1996 hat die Klägerin Klage erhoben. Zunächst hat sie sich gegen den Bescheid vom 04.12.1995, der nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, gewandt. Sodann hat sie ihre Klage auch gegen die Bescheide vom 04.12.1996 gerichtet. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: Der RSA sei verfassungswidrig, weil die im RSA berücksichtigten Ausgleichsfaktoren nicht geeignet seien, Beitragsgerechtigkeit und Chancengleichheit im Wettbewerb herbeizuführen. Der Gesetzgeber habe es sachwidrig unterlassen, auch Faktoren wie die "Metropolenfunktion" von regionalen Krankenkassen und die Versicherung besonderer Risikogruppen zu berücksichtigen. Ferner verstießen die gesetzlichen Bestimmungen gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil für die Betroffenen die Rechtslage und das Ausmaß des staatlichen Eingriffs nicht erkennbar seien. Sie - die Klägerin - könne wegen der ihr nicht bekannten Daten anderer Krankenkassen den Ausgleichsbedarfssatz nicht nachvollziehen. Sie könne auch nicht beurteilen, ob die verwendeten Daten zutreffend seien. Wegen der häufigen Änderungen der Berechnungsfaktoren sei ihr eine geordnete Haushalts- und Beitragsplanung nicht möglich. Ferner sei Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt, da ihre Mitglieder infolge des RSA einen höheren Beitrag zu zahlen hätten und somit für die gleiche Leistung mehr bezahlen müssten als ohne RSA. Diese Umverteilung sei nicht mehr durch das Solidarprinzip gedeckt. Ferner handele es sich bei dem RSA um eine nach EG-Recht verbotene Beihilfe, weil die Arbeitgeber der bei "Empfängerkassen" versicherten Arbeitnehmer begünstigt würden.

Die Beklagte hat den Vorwurf der Zielungenauigkeit des RSA zurückgewiesen. Was den Regionalfaktor anbelange, sei es gerade das gesetzgeberische Ziel gewesen, durch die Nichtberücksichtigung dieser Faktoren Anreize zur Beseitigung unwirtschaftlicher Versorgungsstrukturen zu geben. Der Gesetzgeber habe auch nicht das Ziel verfolgt, alle Wettbewerbsparameter auszugleichen. Tatsächlich hätten sich seit Einführung des RSA die Beitragssatzdifferenzen in der GKV verringert. Einzelheiten des RSA seien in §§ 266, 267 SGB V und in der RSAV im Detail und für die Betroffenen nachvollziehbar geregelt. Was die Daten anbelange, liege sowohl bei der Meldung der Leistungsausgaben als auch bei der Übermittlung konkreter Versicherungszeiten die Verantwortung in erster Linie bei den Krankenkassen. Zunächst seien die Krankenkassen für die Meldung vollständiger und ordnungsgemäßer Daten verantwortlich, in zweiter Linie hätten dann die Spitzenverbände die Daten auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen. Andere Versicherungszeiten als die gemeldeten dürfe das BVA nur berücksichtigen, wenn entweder die Daten nicht termingerecht geliefert wurden oder erhebliche Fehler festzustellen seien. Sie - die Beklagte - wirke im übrigen im Zusammenwirken mit den Aufsichtsbehörden der Länder auf die ordnungsgemäße Erfassung der Versicherungszeiten hin. Der RSA verstoße auch nicht gegen das EG-Recht, es sei nicht erkennbar, inwieweit es sich um Beihilfen handele, die bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigten.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22.10.1999 die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des im Kalenderjahr 1994 betreffenden Bescheids vom 04.12.1996 hat es die Auffassung vertreten, dieser Bescheid beschwere die Klägerin nicht, weil ein Ausgleichsguthaben festgestellt werde. Soweit die Klägerin eine fehlerhafte Berechnungsgrundlage hinsichtlich des Jahresausgleichs 1995 rüge, gehe dieser Vortrag nach Erlass des Bescheides vom 11.02.1999 ins Leere, weil nach § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V Korrekturen auch für das Jahr 1995 vorgenommen worden seien.

Im Berufungsverfahren nimmt die Klägerin auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Zu der Auffassung des Sozialgerichts, dass sie durch den den Jahresausgleich 1994 betreffenden Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde, weil dieser Bescheid eine Forderung gegen die Beklagte feststelle, meint die Klägerin, sie bestreite die sachliche und rechnerische Richtigkeit dieses Betrages, weil sie die zugrundeliegenden Daten nicht nachvollziehen könne. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass tatsächlich eine höhere Forderung zu ihren Gunsten bestehe. Sie vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag zur "Zielungenauigkeit" des RSA dahingehend, dass der RSA entgegen den Zielen des Gesetzgebers nicht zu einer Angleichung der Beitragssätze geführt habe. Tatsächlich trage der RSA zur Risikoselektion im Wettbewerb unter den Krankenkassen bei. Ferner meint die Klägerin, der RSA sei mit Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG unvereinbar, weil es nach dieser Vorschrift Aufgabe des Bundes sei, Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung zu tragen. Ferner macht die Klägerin geltend, der RSA verstoße gegen Vorgaben der Finanzverfassung, weil auch die landesunmittelbaren Krankenkassen an einem bundesweiten Finanzverbund beteiligt würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.10.1999 zu ändern sowie die Bescheide vom 04.12.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und hält die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des RSA für unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

A. I. Die Anfechtungsklagen sind zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V der Zulässigkeit nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift werden sachliche und rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen, die nach Abschluss der Ermittlung der Werte festgestellt werden, erst beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften berücksichtigt. Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Regelung sprechen für den Ausschluss der Anfechtbarkeit der Jahresausgleichsbescheide durch diese Vorschrift.

Der Wortlaut beschränkt den Anwendungsbereich der Regelung auf die Feststellung sachlicher oder rechnerischer Fehler in den Berechnungsgrundlagen. Er betrifft somit nur "Einzelfehler" wie beispielsweise unzutreffende Versicherungszeiten oder Fehler bei der Ermittlung der Leistungsausgaben. Soweit grundsätzliche konzeptionelle Mängel des RSA-Verfahrens geltend gemacht werden, wie etwa hier das vereinbarte Stichprobenverfahren oder fehlende Ermittlungen der Beklagten zur Beseitigung angeblicher Defizite bei der Datengrundlage, kann die Vorschrift schon deshalb nicht eingreifen, weil diese grundsätzlichen Mängel auch den Ausgleichsverfahren in den Folgejahren anhaften würden.

Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift stützt die Ansicht der Beklagten nicht. Das Ausgleichsverfahren ist in Anlehnung an das Verfahren bei der Durchführung des früheren Finanzausgleichs in der KVdR geregelt worden (BT-Drucks. 12/3608, S. 118). § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V entspricht fast wörtlich der früheren Regelung des § 272 Abs. 2 Satz 4 SGB V a.F. Deren Vorgängervorschrift § 393b Reichsversicherungsordnung (RVO) enthielt eine entsprechende Bestimmung nicht. (Allerdings sah schon die KVdR -Ausgleichsverordnung vom 20.12.1977 (BGBl. I, 3140) in § 13 Abs. 4 vor, dass das BVA nach Abschluss des Jahresausgleichs bekannt gewordene Unrichtigkeiten in den Berechnungsgrundlagen beim nächstmöglichen Schlussausgleich zu berücksichtigen habe.) Die Einfügung der Regelung durch das Gesundheitsreformgesetz wurde vom Gesetzgeber damit begründet, nachträglich festgestellte sachliche und rechnerische Fehler sollten nicht zu einer Korrektur abgeschlossener Ausgleichsverfahren führen, sondern im nächsten Jahresausgleich berücksichtigt werden. Eine Neufeststellung der Finanzierungsanteile der Krankenkassen in abgeschlossenen Verfahren sei nicht vertretbar, da auch bei kleineren Korrekturen sämtliche Finanzierungsanteile der am Ausgleich beteiligten Krankenkassen neu berechnet werden müssten (BT-Drucks. 11/2237, S. 230). Diese Ausführungen enthalten keinen Hinweis darauf, dass eine Anfechtung der im Rahmen der Ausgleichsverfahren ergehenden Bescheide ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr spricht der nach der Begründung mit der Regelung verfolgte Zweck dafür, dass nur die Bereinigung von "Einzelfehlern" geregelt werden und insoweit die sonst in Frage stehende Korrektur nach §§ 44, 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgeschlossen werden sollte. § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V ist insoweit im Zusammenhang mit dem "Jährlichkeitsprinzip" des § 266 Abs. 1 SGB V zu sehen. Da der Jahresausgleich bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres durchgeführt werden muss (§ 19 Abs. 5 RSAV in der Fassung der 1.RSA-ÄndVO vom 17.07.1996, BGBl. I, 1004), hat er ggf. auf der Basis der bis dahin verfügbaren Daten zu erfolgen. Insoweit stellt § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V das Korrektiv für die zeitliche Gebundenheit des Jahresausgleichs dar, die unter Umständen dem Erhalt "besserer" Daten entgegensteht. Fehler, die erst nach Abschluss der Ermittlungen feststehen, werden dann - ohne dass das "alte" Ausgleichsverfahren wieder aufgerollt wird - im nächsten Jahresausgleich berücksichtigt.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ergibt sich auch aus dem das Ausgleichsjahr 1994 betreffenden Bescheid vom 04.12.1996 eine Beschwer der Klägerin. In dem Bescheid wird nämlich eine Ausgleichsverpflichtung der Klägerin in Höhe von 2.088.696,69 DM festgestellt. Lediglich wegen der zuvor geleisteten monatlichen Abschlagszahlungen (§ 17 RSAV), die höher waren als der im Jahresausgleich festgestellte Betrag, ergab sich ein "Guthaben" der Klägerin. Diese monatlichen Abschlagszahlungen haben aber vorläufigen Charakter; erst im Jahresausgleich wird die verbindliche Entscheidung über das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs oder einer - verpflichtung getroffen. Entscheidend für die Annahme einer Beschwer ist somit die nach § 19 Abs. 2 RSAV ermittelte Ausgleichsverpflichtung, die im Bescheid festgestellt wird.

A. II. Soweit mit dem Bescheid vom 04.12.1996 der endgültige Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1994 festgestellt worden ist, ist die in diesem Bescheid getroffene Regelung im Sinne des § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an die Stelle des im ursprünglich angefochtenen Bescheids vom 04.12.1995 geregelten vorläufigen Jahresausgleichs getreten. Die Klägerin hat daher zu Recht den Bescheid vom 04.12.1996 zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Dagegen greift § 96 SGG nicht ein, soweit in dem den Jahresausgleich 1997 betreffenden Bescheid vom 11.02.1999 eine Neuberechnung des Beitragsbedarfs für die Kalenderjahre 1994 - 1996 vorgenommen worden ist. Korrekturen des Beitragsbedarfs für Vorjahre wirken sich nur auf den Beitragsbedarf des jeweiligen Ausgleichsjahres aus; sie sind lediglich ein Rechnungsposten bei der Feststellung des aktuellen Beitragsbedarfs. Die Neuberechnung des Beitragsbedarfs für vorangegangene Jahre ändert nicht den bereits durchgeführten Jahresausgleich, vielmehr ist nach § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V eine vorzunehmende Korrektur Bestandteil der Regelung im späteren Ausgleichsverfahren. Dies gilt auch für die Änderung der Verhältniswerte für die Jahre 1995 und 1996 nach § 25 Abs. 3 RSAV (eingefügt durch die 1. RSA-ÄndVO vom 17.07.1996, BGBl. I, 1024), die nicht wie die Fehlerkorrektur nach § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V durch die Wiederholung der jeweiligen Jahresausgleichsverfahren, sondern im Jahresausgleich 1997 erfolgen soll (s. die Begründung der 1. RSA-ÄndVO, BT-Drucks. 403/96, S. 20). Die in der Anlage 2 des Bescheides vom 11.2.1999 festgestellte Neuberechnung des Beitragsbedarfs für die Jahre 1994 -1996 ist somit allein Gegenstand der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage.

B. I. Die Bescheide sind nicht aus formellen Gründen rechtswidrig. Weder war vor Erlass der Bescheide eine Anhörung der Klägerin (§ 24 SGB X) noch eine Begründung hinsichtlich der Berechnung des Ausgleichsbetrages (§ 35 Abs. 1 SGB X) erforderlich.

1. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Konzeption des RSA bestehen bereits Zweifel an der Anwendbarkeit der genannten Vorschriften. Die Ausgestaltung des RSA-Verfahrens weicht deutlich von der dem Verwaltungsverfahrensrecht zugrundeliegenden Kozeption ab und stellt sich als Sonderordnung für diesen Bereich dar.

Sowohl bei der Erhebung als auch bei der Auswertung der Daten sind die Krankenkassen bzw. die sie repräsentierenden Spitzenverbände in das Verfahren eingebunden. Die Versicherungszeiten werden von den Krankenkassen erhoben und von den Spitzenverbänden nach Überprüfung auf Vollständigkeit und Plausibilität an das BVA weitergeleitet (§ 2 Abs. 4 Satz 1, 2 RSAV in der Fassung der 1. RSA-ÄndVO). Bei erkennbaren erheblichen Fehlern kann das BVA nur nach Anhörung der betroffenen Spitzenverbände oder der Krankenkassen die Versicherungszeiten des Vorjahres verwenden (Satz 5 a.a.O.). Die Ermittlung der Leistungsausgaben nach § 267 Abs. 3 SGB V erfolgt auf der Grundlage eines von den Spitzenverbänden nach § 267 Abs. 7 Nr. 1 SGB V vereinbarten Verfahrens. Auch die Ergebnisse dieser Datenerhebung werden von den Kassen dem BVA über ihre Spitzenverbände zugeleitet, wobei diese wiederum zuvor auf Vollständigkeit und Plausibilität zu prüfen haben (§ 5 Abs. 4 Sätze 1 und 2 RSAV). Auch bei der Auswertung dieser Daten wirken die Spitzenverbände mit. Eine Verbesserung der Stichprobenergebnisse durch statistische Verfahren, Erhebungen oder wissenschaftlicher Analysen darf nur im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden erfolgen (§ 5 Abs. 3 in der Fassung der 2. RSA-ÄndVO vom 22.10.1997 (BGBl. I, 2494); nach der zuvor geltenden Fassung der 1. RSA-ÄndVO entschied zwar das BVA nach Anhörung der Spitzenverbände über die Erforderlichkeit der Verbesserung der Stichprobenergebnisse, hatte aber einen einheitlichen Vorschlag der Spitzenverbände zur Verbesserung zu berücksichtigen). Bei der Ermittlung der Verhältniswerte kann das BVA im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden von den Berechnungsvorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 RSAV abweichen, sofern dadurch eine Verbesserung der Verhältniswerte erreicht wird (Satz 2 a.a.O. in der Fassung der 2. RSA-ÄndVO). Schließlich hatte das BVA vor der Entscheidung über eine eventuelle Korrektur der Verhältniswerte für die Ausgleichsjahre 1994 bis 1996 die Spitzenverbände anzuhören und war sogar an deren einheitlichen Vorschlag gebunden (§ 25 Abs. 3 Sätze 1, 2 RSAV in der Fassung der 2. RSA-ÄndVO). Auch bei Entscheidungen im monatlichen Ausgleichsverfahren muss es die Spitzenverbände anhören (§§ 7 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 4 Satz 3 RSAV) bzw. kann im Einvernehmen mit den Verbänden von Vorgaben der RSAV abweichen (§§ 9 Abs. 3 Satz 2, 13 Abs. 2 Nr. 3 RSAV). Schließlich erfolgt die Bekanntmachung der für die Berechnung der Ausgleichsbeträge erforderlichen Werte durch Mitteilung gegenüber den Spitzenverbänden, die ihrerseits verpflichtet sind, diese unverzüglich an die Krankenkassen, für die sie zuständig sind, weiterzuleiten (§ 15 RSAV).

Die Gesamtschau der Bestimmungen macht auch deutlich, dass einständiger Informationsfluss hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen gegenüber den Spitzenverbänden gewährleistet ist. Diese haben im Rahmen ihrer Unterstützungspflicht ihre Mitglieder zu informieren (§ 217 Abs. 2 Nr. 1 SGB V): Bei den Verbänden der Ersatzkassen besteht diese Pflicht unmittelbar gegenüber den betroffenen Krankenkassen (§ 212 Abs. 5 SGB V), während bei den Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen diese Information über die jeweiligen Landesverbände erfolgt (arg. § 212 Abs. 1 SGB V), die ihrerseits gegenüber den Mitgliedskassen eine entsprechende Pflicht zur Unterrichtung trifft (§ 211 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Somit ist eine ständige Information der Krankenkassen über ihre Verbände gewährleistet (was nicht zuletzt die diversen von den klagenden Krankenkassen in den Verfahren vor dem Senat eingereichten Verbandsrundschreiben belegen). Sinn und Zweck des Anhörungsrechtes, nämlich Überraschungsentscheidungen zu vermeiden und das Vertrauensverhältnis zwischen Behörde und Bürgern zu stärken (BSG SozR 1300 § 24 Nr. 9) wird damit hinreichend Rechnung getragen; von der - auch praktisch nicht möglichen - individuellen Anhörung aller am RSA beteiligten Krankenkassen vor Erlass der Ausgleichsbescheide durfte bei der Ausgestaltung des RSA-Verfahrens abgesehen werden. Angesichts des bei den Kassen vorauszusetzenden Kenntnisstandes ist eine über allgemeine Erläuterungen hinausgehende Begründung der Berechnung des Ausgleichsbetrags auch nicht erforderlich.

2. a) Selbst wenn man § 24 SGB X grundsätzlich für anwendbar hielte, wäre eine Anhörung nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 SGB X nicht erforderlich gewesen. Massenverwaltungsakte i.S.d. Vorschrift liegen vor, wenn es sich um schematische Entscheidungen handelt, die zu derselben Zeit ergehen, auf derselben Rechtsgrundlage beruhen und in Art, Form und Inhalt im wesentlichen gleich sind (vgl. von Wulffen in: Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulffen, SGB X, 3. Aufl., § 24 Rdn. 14). Die angefochtenen Bescheide erfüllen diese Voraussetzungen. Die für den Ausgleich maßgeblichen Parameter sind in §§ 10 bis 12 RSAV geregelt. Die Ermittlung der Werte erfolgt einheitlich für alle Kassen, Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens ergeben sich aus den den Krankenkassen bekannten Vereinbarungen der Spitzenverbände nach § 267 Abs. 7 Nr. 1 SGB V. Individuelle Verhältnisse einer Kasse sind nur insoweit von Belang, als die Finanzkraft durch Anwendung des GKV-weiten Ausgleichsbedarfssatzes auf der Grundlage ihrer beitragspflichtigen Einnahmen berechnet und der Beitragsbedarf durch Anwendung der für die einzelnen RSA-Versichertengruppen ermittelten standardisierten Leistungsausgaben auf ihre konkrete Versicherten struktur ermittelt wird. Insofern werden Rechte der Krankenkassen lediglich von einer für alle identischen Rechtsänderungsformel (vgl. dazu BSGE 69, 247, 249) berührt.

§ 24 Abs. 2 SGB X stellt das Absehen von der Anhörung zwar in das Ermessen der Behörde, angesichts der tatsächlichen Unmöglichkeit, in dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen alle etwa 600 am RSA beteiligten Kassen individuell anzuhören, bestand für die Beklagte jedoch keine Alternative.

b) Aus den gleichen Gründen würde eine Begründung der Bescheide jedenfalls gem. § 35 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht erforderlich sein. Im Übrigen könnte nach § 42 Satz 1 SGB X das Fehlen einer Begründung nicht zur Aufhebung der materiell zutreffenden Bescheide führen.

B. II. Die Bescheide sind rechtmäßig. Insbesondere durfte der Jahresausgleich jeweils auf der Grundlage der gemeldeten Daten berechnet werden.

1. Die Beklagte hat der Feststellung des Jahresausgleichs zu Recht die von den Krankenkassen gemeldeten und von den Spitzenverbänden nach Überprüfung auf Plausibilität weitergeleiteten Versicherungszeiten zu Grunde gelegt.

Zwar mochte im streitigen Zeitraum insbesondere die Führung der Familienversichertenverzeichnisse durch die Kassen noch Mängel aufweisen. Wie der Senat im Urteil vom heutigen Tag in der Parallelsache L 5 KR 167/00 dargelegt hat, ist die Beklagte aber insoweit nicht verpflichtet, im Einzelnen die Richtigkeit der gemeldeten Versicherungszeiten zu überprüfen. Über die Aufsichtsbehörden hat die Beklagte die Kassen zu einer Grundbereinigung ihrer Versichertenverzeichnisse veranlasst; die Durchführung dieser Grundbereinigung und die nachfolgende Bestandspflege ist in zwei Schwerpunktprüfungen kontrolliert worden. Diese Überprüfung war allerdings erst im Jahr 1998 vor Erlass der den Jahresausgleich 1997 regelnden Bescheide vom 11.02.1999 abgeschlossen. Gleichwohl durfte die Beklagte die Jahresausgleiche auf der Grundlage der gemeldeten Versicherungszeiten durchführen.

Die Überprüfung der korrekten Führung der Versicherungsverzeichnisse obliegt allein den Aufsichtsbehörden. Das BVA hat nur nach § 3 Abs. 4 Satz 5 RSAV eine Ersetzungsbefugnis. Von dieser kann es aber nur bei Feststellung erheblicher Fehler Gebrauch machen, also nicht schon dann, wenn - etwa wegen der nicht abgeschlossenen Grundbereinigung - nur Fehler möglich sind. Außerdem könnte das BVA nur von den Daten des Vorjahres ausgehen, die mit dem gleichen "Mangel" der nicht abgeschlossenen Grundbereinigung behaftet wären. Andererseits schied eine Verschiebung des Jahresausgleichsverfahrens bis zur Ermittlung "richtiger" Versicherungszeiten aus: Gemäß § 266 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist der Ausgleich jährlich durch zuführen. Wie jetzt in § 19 Abs. 5 RSAV (eingefügt durch die 2. RSA-ÄndVO) ausdrücklich bestimmt, bedeutet "jährlich" bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahrs. Dass der Gesetzgeber von der Durchführung des RSA im Folgejahr ausgegangen ist, zeigt die durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz (2. GKV-NOG) vom 23.06.1997 (BGBl. I, 1520) zum 01.07.1997 novellierte Regelung des § 221 SGB V (wieder gestrichen mit Wirkung zum 01.01.1999 durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz (GKV-SolG) vom 19.12.1998 (BGBl. I, 3853)). Die in § 221 Abs. 1 SGB V damalige Fassung angeordnete Zuzahlungserhöhung bei Beitragssatzerhöhungen entfiel nach Abs. 4, wenn sich der Beitragssatz allein wegen Zahlungsverpflichtungen aufgrund des RSA änderte. Da insoweit nach Abs. 4 Satz 2 auf Änderungen der Verpflichtungen zwischen den Haushaltsjahren abgestellt wurde, liegt es auf der Hand, dass die regelmäßige jährliche Durchführung des RSA vorausgesetzt wurde. Für die zeitnahe Durchführung des Ausgleichsverfahrens spricht auch der Gesichtspunkt der Planbarkeit der Haushalte. Die monatlichen Abschlagszahlungen erfolgen auf der Grundlage von Schätzungen und vorläufigen Werten, sind also mit Unsicherheiten behaftet. Daher ist auf der Grundlage der endgültigen Jahresrechnungsergebnisse ein Ausgleich erforderlich, der immer genauer als die monatlichen Abschläge sein wird. Ein Hinausschieben bis zum Vorliegen "besserer" Daten würde die Kassen im Unklaren lassen, ob und ggf in welchem Umfang auf sie Verpflichtungen zukommen oder ihnen Ansprüche zustehen. Zu Recht wird in der Begründung zu § 19 Abs. 5 RSAV darauf hingewiesen, ohne Berücksichtigung des Jährlichkeitsgrundsatzes könne es für die Kassen zu erheblichen Kalkulationsunsicherheiten kommen (BR-Drucks. 686/97, S. 23). Daher ist auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Ermittlungen erreichbaren bestmöglichen Datenbasis der Ausgleich durchzuführen und ggf. erforderlich werdende Korrekturen im späteren Ausgleichsverfahren vorzunehmen. Eine solche Berichtigung hat das BVA durch Neuberechnung des Beitragsbedarfs für die Jahre 1994 - 1996 im Jahresausgleich 1997 unter Verwendung der korrigierten Versicherungszeiten vorgenommen.

2) Die Bescheide sind auch nicht wegen Mängel der Datengrundlage hinsichtlich der Leistungsausgaben rechtswidrig. Die Beklagte durfte und musste die nach dem von den Spitzenverbänden vereinbarten Verfahren erhobenen Daten ihren Berechnungen zugrundelegen. Auch insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen im o.g. Parallelverfahren.

B. III. Die Vorschriften des RSA sind sowohl mit dem Grundgesetz (GG) als auch mit EG-rechtlichen Bestimmungen vereinbar.

1. a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelung des RSA ergibt sich aus Art. 74 Nr. 12 GG. Der Begriff der Sozialversicherung ist weit zu verstehen und umfasst alles, was sich der Sache nach als Sozialversicherung darstellt (BVerfGE 87, 1, 34; 75, 108, 146, std. Rspr.). Der RSA ist Teil der Organisation der sozialen Krankenversicherung und dient der Etablierung eines sozialen Wettbewerbs, dessen Ziel nicht Risikoselektion und eine Marktverdrängung von Konkurrenten ist, sondern der zu Beitragssatzgerechtigkeit beitragen soll und bei dem die Verbesserung des Gesundheitssystems als Ganzes im Vordergrund steht (vgl. BSGE 82,78, 81f). Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit schon deshalb notwendig, weil in der GKV landesunmittelbare und bundesunmittelbare Krankenversicherungsträger konkurrieren und daher bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für diesen Wettbewerb erforderlich sind.

b) Die Ausgestaltung des RSA, insbesondere die weitgehende Verantwortlichkeit der Spitzenverbände für die Ermittlung der ausgleichsrelevanten Daten ist rechtsstaatlich unbedenklich.

Bei der Regelung einer so komplexen und vielschichtigen Materie wie sie der RSA darstellt, ist dem Gesetzgeber zuzugestehen, dass er sich auf erste Reformschritte beschränkt, um ausgehend von den gewonnenen Erfahrungen ggf. Korrekturen vorzunehmen und das Verfahren weiterzuentwickeln (BVerfGE 89, 365, 379 f).Ferner ist zu berücksichtigen, dass für den Gesetzgeber bei Erlass des GSG dringender Handlungsbedarf bestand. Die Beitragssatzunterschiede - zwischen 8 bis 16,8 % (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 74) - hatten ein verfassungsrechtlich bedenkliches Ausmaß erreicht. Zwar sind ungleiche Beitragssätze notwendige Folge eines gegliederten Krankenversicherungssystems (vgl. BSGE 58, 134, 144), so dass angesichts der grundgesetzlichen Freiheit des Gesetzgebers zur organisatorischen Ausgestaltung der GKV (BVerfGE 39, 302, 315; 89, 365, 377) im Grundsatz der gegliederte Aufbau der Krankenversicherung auch das Bestehen von Beitragssatzunterschieden rechtfertigt. Soweit diese Unterschiede jedoch ein unangemessenes Ausmaß erreichen, ist die Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht mehr hinnehmbar, zumal Unterschiede in den Leistungen angesichts des weitestgehend für alle Krankenkassen einheitlichen Leistungskatalogs verschieden hohe Beitragssätze kaum legitimieren können (BVerfGE 89, 365, 378).

Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 08.02.1994 (a.a.O., S. 379) daher eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Begrenzung der Beitragssatzunterschiede postuliert. Vor dem Hintergrund dieses verfassungsrechtlichen Auftrags hat der Gesetzgeber einerseits durch die Aufhebung der gesetzlichen Zuweisung großer Versichertengruppen (vor allem der Arbeiter) an bestimmte Krankenkassen und die Einräumung von Kassenwahlrechten den Versicherten die Möglichkeit gegeben, sich durch Wahl einer anderen Krankenkasse der ungleichen Belastung zu entziehen. Angesichts der durch die historische Entwicklung bedingten unterschiedlichen Risikobelastungen der Krankenkassen sollten aber vor der ab 01.01.1996 erstmals möglichen Kassenwahl durch den RSA möglichst gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Krankenkassen geschaffen werden. Vorallem hat der Gesetzgeber den RSA als Bedingung für einen das Solidaritätsprinzip wahrenden Wettbewerb in der GKV angesehen (BT-Drucks. 12/3608, S. 74). Dabei war bei Beratung des GSG bekannt, dass die Datengrundlage für die Durchführung des RSA entweder fehlte oder unzuverlässig war. Letzteres gilt vor allem für die Versicherungszeiten der Familienversicherten, die nunmehr Bedeutung erlangten, über die den Krankenkassen bislang aber nur unzureichende Informationen vorlagen (vgl. die Begründung zur Einführung des § 10 Abs. 6 SGB V, BT-Drucks. 12/3608 S. 76). Gänzlich fehlten differenzierte Angaben über Grundlöhne und über die nach den Versichertengruppen differenzierten Leistungsausgaben (a.a.O., S. 118). Da andererseits die schnellstmögliche Umsetzung des Ausgleichsverfahrens geboten war, lag es für den Gesetzgeber nahe, zum einen die Krankenkassen und ihre Verbände in das Verfahren einzubeziehen und ihnen eine weitgehende Verantwortung für die Durchführung des Verfahrens zuzuweisen. Die Einbindung des Sachverstandes insbesondere der Spitzenverbände sowie der mit der Notwendigkeit ihrer Einigung verbundene Interessenausgleich versprach eine reibungslosere Durchführung des RSA; zudem entspricht die Mitverantwortung der Kassen und ihrer Verbände der Tradition der GKV. Zum anderen sollte - auch im Interesse einer zügigen Durchführung des RSA - der Verwaltungsaufwand für die Ermittlung der Daten begrenzt werden. Zwar hat der Gesetzgeber wegen der mit dem Ausgleichsverfahren unter Umständen verbundenen finanziellen Auswirkungen auf die Beitragsbelastung der Versicherten eine möglichst solide Datenbasis für erforderlich gehalten. Gleichzeitig sollte aber auch der finanzielle Aufwand für die Datenerhebung begrenzt werden (a.a.O., S. 118). Insoweit ist ein Mittelweg gewählt worden, um einerseits eine hinreichende tragfähige Basis für die Durchführung des RSA zu schaffen und andererseits den Verwaltungsaufwand zu begrenzen.

c) Der RSA verstößt nicht gegen Grundlagen der Finanzverfassung des Grundgesetzes.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach über Finanzausgleichsverfahren in der Sozialversicherung, bei denen teils landesunmittelbare, teils bundesunmittelbare Träger beteiligt waren, zu entscheiden hatte, ohne dass es eventuelle finanzverfassungsrechtliche Grenzen eines solchen Finanzverbundes problematisiert hat (vgl. BVerfGE 11, 105; 23, 12; 36, 383; s.a. St. Weber, Die Organisation der Gesetzlichen Krankenversicherung, 1995, S. 221 ff.).

Weder Art. 104a Abs. 1 i.V.m. Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG noch Art. 107 Abs. 2 GG lassen sich Aussagen zur Zulässigkeit des RSA entnehmen. Beim RSA geht es allein um die Verteilung von Sozialversicherungsbeiträgen. Diese dienen nicht der allgemeinen Mittelbeschaffung des Staates, sondern ausschließlich der Finanzierungen der Sozialversicherung, die Finanzmasse der Sozialversicherung ist auch rechtlich und tatsächlich von den allgemeinen Staatsfinanzen getrennt (vgl. BVerfGE 75, 108, 148).

aa) Der Finanzausgleich nach Art. 107 Abs. 2 GG ist eine abschließende Regelung nur für die Umverteilung der den Ländern nach Art. 107 Abs. 1 GG zugewiesenen Finanzmassen (Vogel/Kirchhof in: Bonner Kommentar (Zweitbearbeitung), Art. 107 Rdn. 145; Pieroth in Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 107 Rdn. 6). Art. 107 Abs. 1 GG regelt im Zusammenhang mit der Verteilung des Finanzaufkommens im Bundesstaat den auf die einzelnen Länder entfallenden Anteil ("horizontale Verteilung", vgl. BVerfGE 72, 330, 384). Der Finanzausgleich nach Art. 107 Abs. 2 GG dient der Korrektur der Ergebnisse dieser primären Steuerverteilung (BVerfGE 86, 148, 214). Dieser sekundäre horizontale Finanzausgleich befasst sich daher nur mit dem Ausgleich der Finanzkraft der Länder und Gemeinden und soll die Ausgewogenheit der allgemeinen Haushalte dieser Gebietskörperschaften sicherstellen. Angesichts der voneinander zu trennenden Finanzmassen der Sozialversicherung und der allgemeinen Staatsfinanzen und des auf die Umverteilung der Finanzmassen nach Art. 107 Abs. 1 GG beschränkten Regelungsgehaltes des Art. 107 Abs. 2 GG ist ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 2 GG nicht erkennbar (ebenso St. Weber, a.a.O., S. 240; a.A. P. Kirchhof in: Schulin, HS-KV, § 53 Rdn. 48).

bb) Der RSA ist auch nicht wegen Art. 104a Abs. 1 i.V.m. Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG unzulässig. Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG regelt ebenso wie der Art. 104a Abs. 1 GG die Lastenverteilung für die Finanzierung von Verwaltungsaufgaben zwischen Bund und Ländern, wobei Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG abweichend von Art. 104a GG dem Bund für die dort genannten Bereiche die alleinige Finanzierungsverantwortung zuweist. Art. 120 Abs. 1 GG betrifft aber allein das Verhältnis zwischen Bund und Ländern, er besagt auch nichts darüber, in welchem Umfang und für welche Leistungen die Sozialversicherungsträger Zuschüsse verlangen können (BVerfGE 11, 221, 235; s.a. Pieroth, a.a.O., Art. 120 Rdn. 7). Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG legt somit nicht fest, dass der Bund immer einen besonderen Zuschussbedarf der Sozialversicherungsträger selbst tragen müsste und ihn nicht ggf. über Finanzausgleichsverfahren an die Sozialversicherungsträger weitergeben dürfte (s. Bieback, VSSR 1993, 1, 18). Da es kein verfassungsrechtlich festgeschriebenes, am Bundessystem orientiertes Verteilungssystem der Finanzmittel der Sozialversicherungsträger gibt, findet Art. 104a Abs. 1 GG weder auf Finanztransfers von landes- zu bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern noch auf Transferzahlungen zwischen landesunmittelbaren Versicherungsträgern verschiedener Bundesländer Anwendung (St. Weber, a.a.O., S. 242).

cc) Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.11.1999 zum Länderfinanzausgleich (BVerfGE 101, 158) lassen sich angesichts der unterschiedlichen Ziele von RSA und Länderfinanzausgleich keine Erkenntnisse gewinnen. Während es bei dem Länderfinanzausgleich um die Verringerung von Finanzkraftunterschieden unter den Ländern geht, sollen beim RSA unterschiedliche Risikobelastungen ausgeglichen werden. Jede Krankenkasse soll durch den RSA so gestellt werden, als habe sie eine GKV-durchschnittliche Versichertenstruktur und durchschnittliche Beitragseinnahmen. Beitragssatzunterschiede sollen nur noch auf einer unterschiedlichen Leistungserbringung und Effizienz der Kassen beruhen. Die Argumentation, die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zum Nivellierungsverbot und dem Verbot einer Verkehrung der Finanzkraftrelation (vgl. a.a.O., S. 222) seien auf den RSA insofern über tragbar, als es nicht angehe, dass "Zahlerkassen" einen höheren Beitrag hätten als "Empfängerkassen", verkennt diese Konstruktion des RSA. Wenn die Finanzkraft einer Kasse ihren Beitragsbedarf übersteigt, ihr Beitragssatz aber höher ist als der einer Kasse mit umgekehrten Verhältnissen, ist dieser höhere Beitragssatz eher Ausdruck unwirtschaftlichen Verhaltens der "Zahlerkasse" und kann nicht als Argument gegen die Zulässigkeit der Ausgleichsverpflichtung angeführt werden.

d) Auf die Verletzung von Grundrechten kann sich die Klägerin nicht berufen, weil Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig sind. Nach Art. 19 Abs. 3 GG sind juristische Personen in den Schutzbereich materieller Grundrechte nur einbezogen, wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der privaten natürlichen Personen ist (vgl. etwa BVerfGE 75, 192, 195 f.). Diese Voraussetzungen sind bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht erfüllt, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Dies trifft auf die Krankenkassen zu, denn diese sind dem Staat eingegliederte Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Aufgaben in mittelbarer Staatsverwaltung wahrnehmen. Sie verfügen zwar über einen - begrenzten - Raum eigenverantwortlichen Handelns, sind aber gleichwohl nur organisatorisch verselbständigte Teile der Staatsgewalt und üben der Sache nach mittelbare Staatsverwaltung aus (BVerfGE 39, 302, 313).

Diese Feststellung des Bundesverfassungsgerichts trifft ungeachtet der zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung weiterhin zu. Insbesondere der durch die Einräumung weitgehender Wahlfreiheit der Mitglieder (§§ 173, 174 SGB V) eröffnete Wettbewerb unter den Krankenkassen bedeutet entgegen Ramsauer (NJW 1998, 481, 484) nicht, dass die Autonomie der Krankenkassen eine "neue Qualität" gewonnen hätte. Davon abgesehen, dass auch schon zur Zeit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in - eingeschränktem - Rahmen Wettbewerb bestand (nämlich zwischen Ersatzkassen und sog. "Primärkassen"), hat dieser Wettbewerb eine andere Funktion und Bedeutung als der Wettbewerb in der gewerblichen Wirtschaft. Er soll eine wirtschaftliche, zweckmäßige und qualitativ hochwertige Versorgung der Versicherten fördern, wobei nicht die Marktposition der einzelnen Kasse, sondern die Funktionsfähigkeit des Systems als Ganzes im Vordergrund steht (BSGE 82, 78, 81 f). Das Verhältnis der Krankenkassen wird auch in diesem Bereich ausschließlich durch öffentlich-rechtliche Normen bestimmt, Unterlassungsansprüche bei wettbewerbswidrigem Verhalten ergeben sich allein aus dem Gebot der Zusammenarbeit in § 86 SGB X (vgl. BGH NJW 1998, 2743, 2744).

Ebensowenig trägt in diesem Zusammenhang der Hinweis auf das Selbstverwaltungsrecht der Krankenkassen und dessen Ausprägung in der Finanz- und Haushaltsautonomie (so aber Sodan/Gast, NZS 1999, 265, 267 f.). Die Auffassung, wegen des Selbstverwaltungsrechts könnten die Krankenkassen nicht als rein staatliche Institution angesehen werden, übersieht, dass die Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze besteht, sie ist - anders als das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) - nicht grundgesetzlich garantiert (St. Weber, a.a.O., S. 282; s.a. Isensee NZS 1993, 281, 283). Aus gesetzlich eingeräumten Befugnissen und Kompetenzen ist daher kein Rückschluss auf eine vermeintliche Autonomie der Krankenkassen möglich. Ebensowenig wie sich die Krankenkassen im Falle von Vereinigungen auf ihr Selbstverwaltungsrecht berufen können (BSGE 83, 118, 122), ist dieses durch die Auferlegung von Zahlungsverpflichtungen innerhalb der Organisation der Krankenversicherung berührt. Die Krankenkassen nehmen am RSA in ihrer Funktionals Träger der Krankenversicherung innerhalb eines öffentlich- rechtlichen, geregelten Systems teil und erfüllen auch insoweit nur gesetzlich zugewiesene und geregelte öffentliche Aufgaben. Sie sind somit in diesem Zusammenhang nicht grundrechtsfähig.

e) Ob der RSA an Grundrechten der Versicherten oder der Arbeitgeber zu messen ist, kann dahinstehen, da jedenfalls eine Verletzung von Grundrechten ausscheidet.

aa) Es ist zunächst fraglich, ob aus dem RSA resultierende Beitragserhöhungen oder (wegen sonst möglicher Beitragsermäßigungen) "Mehrbelastungen" wegen der Struktur der GKV überhaupt einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Dieser Ansicht liegt die Sichtweise zugrunde, dass die Mitglieder einer "Zahlerkasse" die Mitglieder der "Empfängerkasse" "subventionieren", mit anderen Worten die Mitglieder über ihre "eigentlichen" Beiträge hinaus zusätzliche Zahlungen erbringen. Diese Sichtweise wird dem RSA deshalb nicht gerecht, weil das Gesetz nach § 1 SGB V "die" Krankenversicherung, also die Gemeinschaft aller Versicherten, als Solidargemeinschaft, ansieht. Statt für eine - verfassungsrechtlich zulässige (BVerfGE 39, 302, 315; 89, 365, 377) - Einheitskasse mit einem einheitlichen Beitragssatz für alle Versicherten hat sich der Gesetzgeber für ein gegliedertes System mit Krankenversicherungsträgern unterschiedlicher Struktur und regional unterschiedlicher Verbreitung entschieden. Ungeachtet dieser Gliederung sollen aber durch den RSA die Solidarlasten gleichmäßig auf die Mitglieder der GKV verteilt und so Beitragssatzgerechtigkeit erreicht werden. Der Mechanismus des Ausgleichsverfahrens lässt sich so darstellen, dass die beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder in einen gemeinsamen Topf fließen, aus dem dann jede Krankenkasse so viele Beiträge erhält, wie sie zur Finanzierung ihres spezifischen risikobedingten Beitragsbedarfs benötigt (vgl. Schneider, a.a.O., S. 130). Das Bild der "Zahler-" und "Empfängerkassen" entsteht nur deshalb, weil die Kassen zunächst die Beiträge einziehen und dann erst die risikogerechte Verteilung erfolgt (dagegen fließen im RSA in den Niederlanden die Beiträge in einen zentralen Fond, aus dem die Krankenkassen dann z.T. risikoabhängige Kopfpauschalen pro Mitglied erhalten, vgl. Böcken/ Butzlaff/Esche, Reformen im Gesundheitswesen, 2000, S. 87). "Mehrbelastungen" der Mitglieder von "Zahlerkassen" sind daher nur Ausdruck des innerhalb der GKV bestehenden solidarisch zu deckenden Finanzbedarfs, so dass sich verfassungsrechtlich keine Fragen stellen können, die über die Zulässigkeit einer Pflichtmitgliedschaft in einem gesetzlichen System hinausgehen.

bb) Hiervon abgesehen liegt eine Verletzung der in Betracht kommenden Grundrechte nicht vor.

(1) Das Grundrecht der Mitglieder oder der Arbeitgeber aus Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht berührt. Sofern die sozialversicherungsrechtliche Stellung des Mitglieds überhaupt Eigentumsschutz genießt, greift der RSA in diese Position nicht ein, denn eventuelle Beitragserhöhungen betreffen nicht die bereits erworbene Stellung des Mitglieds. Das Vermögen als solches wird von Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt, so dass die Auferlegung von öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nicht berührt, sofern der Pflichtige nicht übermäßig belastet wird (BVerfGE 11, 221, 241; 76, 130, 141; 78, 232, 243; BSG SozR 3-2500 § 6 Nr. 6; s.a. Jarass in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 14 Rdn. 15 m.w.N.). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall.

(2) Ob die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG thematisch berührt ist, weil den Beitragspflichten eine objektiv berufsregelnde Tendenz zukommt (so jedenfalls für die Arbeitgeber Ramsauer, a.a.O., S. 485) kann offen gelassen werden. Durch die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen würde jedenfalls die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) berührt (vgl. BVerfGE 75, 108, 154 f; 78, 232, 244). Ein Eingriff ist im Hinblick auf die verfolgten Ziele der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und der Herstellung von Beitragssatz gerechtfertigt. Diese Ziele sind verfassungsrechtlich legitim. Der Gesetzgeber war sogar verpflichtet, zur Beseitigung übermäßiger Beitragssatzunterschiede tätig zu werden (vgl. BVerfGE 89, 365, 379).

Die Regelungen des RSA sind auch geeignet, die angestrebten Ziele zu fördern. Für die Eignung genügt es, wenn der RSA sich nur als erster Schritt in die richtige Richtung darstellt, da dem Gesetzgeber bei der Regelung eines komplexen Sachverhalts ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzugestehen ist, so dass er Neuregelungen in mehreren Stufen verwirklichen darf, um Erfahrungen zu sammeln (BVerfGE 54, 11, 37; 80, 1, 26; 85, 80, 91; 87, 1, 40f). Dass der RSA auch in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung in einem erheblichen Umfang dazu beiträgt, die rein versichertenstrukturbedingten Unterschiede in den Beitragssätzen abzubauen und er insoweit einen zentralen Beitrag zu der Chancengleichheit zwischen den miteinander im Wettbewerb stehenden Krankenkassen leistet, wird in dem vom BMG eingeholten Gutachten von IGES/Cassel/Wasem "Zur Wirkungsweise des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung", Endbericht vom 15.02.2001 (im Folgenden: Endbericht) bestätigt (S. 31 ff.). Das Vergleichsszenario zeigt, dass ohne RSA die Beitragssätze bei einzelnen Krankenkassen (mit rund 14 Millionen Versicherten) deutlich über 18 % gelegen hätten (tatsächlicher durchschnittlicher Beitragssatz 13,9 %), während umgekehrt bei anderen Kassen Beitragssätze von 7,5 %, in zwei Extremfällen unter 3 % möglich gewesen wären (tatsächlicher durchschnittlicher Beitragssatz 12,6 %).

Der RSA ist auch erforderlich, weil ein gleichermaßen geeignetes, weniger belastendes Mittel nicht zur Verfügung steht. Die von Ramsauer (a.a.O., S. 486 f; ihm folgend Sodan/Gast, a.a.O., S. 273 f) vorgeschlagene Korridorlösung, bei der wegen der durch die ausgleichsfähigen Risikofaktoren nicht erfassten Kostenfaktoren den Zahlerkassen einen Zuschlag beim Beitragsbedarf von 5 % zugestanden wird, um dem "nicht ausgeglichenen Kostenrisiko" angemessen Rechnung zu tragen (wobei sich auf der anderen Seite die Zahlung an die Empfängerkassen verringern würden), stellt keine Alternative dar. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass von dieser Lösung nicht nur die von Ramsauer als benachteiligt angesehenen Kassen, die nur regional begrenzt in Ballungsräumen mit hoher Versorgungsdichte tätig sind, begünstigt würden, sondern alle Zahlerkassen (Schneider/Vieß, NJW 1998, 2702, 2704). Die Verringerung der zum Ausgleich zur Verfügung stehenden Finanzmassen würde außerdem zu größeren Beitragssatzunterschieden zwischen den Kassenführen, so dass das Ziel einer Beitragssatzangleichung in geringe rem Maße gefördert würde. Behauptete Mängel in den Datengrundlagen würden sich auch in der Korridorlösung auswirken und sind daher kein Argument für deren Vorzug als milderes Mittel.

Schließlich ist der RSA im Vergleich zu dem angestrebten Zweck auch ein angemessenes Mittel, denn die mögliche Belastung des einzelnen wiegt im Vergleich mit dem Ziel eines solidarischen Ausgleichs innerhalb der GKV weniger schwer. Wenn der Gesetzgeber die Krankenkassen von Verfassungs wegen zu einem einzigen Träger zusammenfassen dürfte, womit ein "totaler" Lastenausgleich verbunden wäre, kann im übrigen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Regelung, die bei Beibehaltung des gegliederten Systems eine unterschiedliche Risikobelastung ausgleicht, nicht anders beurteilt werden (vgl. insoweit BVerfGE 36, 383, 393).

f) Das auch bei der Regelung der Rechtsverhältnisse öffentlich- rechtlicher Körperschaften zu beachtende objektive Willkürverbot (vgl. BVerfGE 62, 354, 370; 76, 130, 139; 78, 232, 248) ist nicht verletzt. Die Behauptung, der Gesetzgeber habe willkürlich die ausgleichsrelevanten Risikofaktoren begrenzt (so Ramsauer, a.a.O., S. 484; ähnlich Sodan/Gast, a.a.O., S. 270), trifft nicht zu. Vielmehr gibt es für die Beschränkung auf die indirekten Morbiditätsrisikofaktoren Alter, Geschlecht und Invalidität vernünftige und einleuchtende Gründe.

Soweit gefordert wird, es müsse zusätzlich das gesteigerte Nachfrageverhalten von Versicherten in Ballungsräumen mit hoher Versorgungsdichte, von dem auf diese Regionen räumlich beschränkte Kassen in besonderem Maße betroffen seien, berücksichtigt werden, ist schon zweifelhaft, ob sich empirisch ein Zusammenhang zwischen Versorgungsdichte und Nachfrageverhalten und daraus resultierender Belastung von Kassen belegen lässt (das räumt selbst Ramsauer, a.a.O., S. 485 ein). Zudem handelt es sich bei dem "Regionalfaktor" um einen Faktor, der weniger ausgleichswürdig als die berücksichtigten Faktoren Alter, Geschlecht und Invalidität ist, denn eine gute Versorgung vor Ort kommt allein den betreffenden Versicherten zugute, rechtfertigt also auch deren alleinige Belastung (so schon BSGE 58, 134, 147). Eine unwirtschaftliche Versorgungsstruktur in Ballungsgebieten darf nach der Logik des RSA, der Anreize zu einer wirtschaftlichen Leistungsorganisation setzen soll, im übrigen auch nicht ausgeglichen werden; vielmehr sollen die Krankenkassen auf das Herstellen wirtschaftlicherer Strukturen hinwirken (Schneider/ Vieß, a.a.O.; vgl. auch Endbericht, S. 183 f.).

Soweit es um das allgemeine Morbiditätsrisiko geht, hat zwar die Bestandsaufnahme der mit dem RSA gemachten Erfahrungen ergeben, dass die Hilfsindikatoren Alter, Geschlecht und Invalidität nicht allein ausreichen, um die Morbiditätsbelastung einer Kasse zu erfassen. Daher wird sowohl im Endbericht (S. 69) als auch in dem von einigen Spitzenverbänden eingeholten Gutachten von Lauterbach/ Wille eine Weiterentwicklung des RSA mit dem mittelfristigen Ziel einer direkten Morbiditätsorientierung vorgeschlagen (s.a. BT- Drucks. 14/5681, S. 13). Die Gutachter des Endberichts betonen aber gleichzeitig gegenüber der Kritik, dass es sich bei der Nichtberücksichtigung des direkten Morbiditätsrisikos um einen "Geburtsfehler" des RSA handele und dass realisierbare Alternativen zu den indirekten Indikatoren bei der Einführung des RSA durch das GSG nicht zur Verfügung gestanden hätten. Schon die Enquete-Kommission des Bundestages "Strukturreform der Gesetzlichen Krankenversicherung" war in ihrem Endbericht vom 04.11.1989 nur zu dem Ergebnis gekommen, prägend für die Versicherungs- und Risikostruktur einer Krankenkasse sei die Altersgliederung, die geschlechtsspezifische Verteilung und die Familienversichertenquote (BT-Drucksache 11/6380, S. 191 ff., 193). Wegen der nach wie vor unzureichenden Datenlage haben die Gutachter einen nach Stufen gegliederten Zeitplan für die Einführung eines morbiditätsorientierten RSA bis zum 01.01.2007 vorgeschlagen (S. 90 ff.; so jetzt auch die Einfügung eines § 268 im Entwurf eines Gesetzes zur Reform des RSA, BT-Drucks. 14/6432, S. 4). Vor dem Hintergrund des bei Erlass des GSG bestehenden Handlungsbedarfs und des dem Gesetzgeber bei der Gestaltung komplexer Sachverhalte zuzugestehenden zeitlichen Anpassungsspielraums war die Wahl der Ausgleichsfaktoren sachlich begründet.

2. Die Vorschriften über den RSA sind auch mit dem Europarecht vereinbar.

a) Der RSA ist keine verbotene Beihilfe i.S.d. Art. 92 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in der bis 30.04.1999 geltenden Fassung (= Art. 87 der seit 01.05.1999 geltenden Fassung durch den Vertrag von Amsterdam (EG)). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Entscheidung vom 02.07.1974 (Slg. 1974, S. 709 Rdn. 33/35) in der teilweisen Befreiung von den Soziallasten eine unzulässige Beihilfe gesehen, wenn Unternehmen eines bestimmten Industriezweiges teilweise von den finanziellen Lasten freigestellt werden sollen, die sich aus der normalen Anwendung des allgemeinen Sozialversicherungssystems ergeben, ohne dass diese Befreiung durch die Natur oder den inneren Aufbau dieses Systems gerechtfertigt ist. Der RSA kann in diesem Sinne keine verbotene Beihilfe im Verhältnis zu solchen Arbeitgebern sein, deren Arbeitnehmer bei "Empfängerkassen" versichert sind und die wegen der RSA-Transferzahlungen unter Umständen einen geringeren Beitragsanteil zu zahlen haben. Davon abgesehen, dass angesichts der Wahlfreiheit der Arbeitnehmer diese sowohl bei "Zahler-" wie "Empfängerkassen" versichert sein können, ein Arbeitgeber also sowohl "belastet" wie "entlastet" sein kann, ist der RSA ein integraler Teil des deutschen Krankenversicherungssystems: Be- und Entlastungen von Arbeitgebern, die sich aus der Anwendung des RSA ergeben, beruhen auf der "normalen Anwendung des allgemeinen Sozialversicherungssystems".

b) Auch ein Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften der EG (Art. 85, 86, 90 EGV = Art. 81, 82, 86 EG) liegt nicht vor. Da diese Normen nur das Handeln von Unternehmen betreffen, Wettbewerbsbeschränkungen aber allenfalls aus den angefochtenen Bescheiden folgen könnten, ist schon nicht erkennbar, inwiefern das Wettbewerbsrecht eingreifen soll. Ferner sind Ausgleichszahlungen innerhalb des auf die Bundesrepublik beschränkten gesetzlichen Krankenversicherungssystems nicht geeignet, den - im Bereich der Systeme der sozialen Sicherheit gar nicht stattfindenden - Wettbewerb innerhalb des gemeinsamen Marktes zu beeinträchtigen. Im übrigen sind die Krankenkassen jedenfalls soweit es um die Durchführung der (Pflicht-)Versicherungen und die damit zusammenhängenden Fragen geht keine Unternehmen i.S.d. genannten EG-Vorschriften: Sie werden nach den vom EuGH in der Entscheidung "Poucet/Pistre" (Slg. 1995, I-637 Rdn. 18) entwickelten Kriterien nicht wirtschaftlich tätig, sondern erfüllen ausschließlich soziale Aufgaben (Heinze, BG 1995, 89, 92; Becker, JZ 1997, 534, 540; Rolfs, SGb 1998, 202, 205; Bieback, EWS 1999, 361, 362; Möller, VSSR 2001, 25, 35).

c) Ebensowenig liegt ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 EGV = 49 EG) vor. Die in diesem Zusammenhang genannten Entscheidungen des EuGH "Decker" (Slg. 1998, I-1831) und "Kohll" (Slg. 1998, I-1931) sind nicht einschlägig, da sie nur die Frage der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen in einem anderen Staat der EG betreffen. Soweit es um das grenzüberschreitende Angebot von Versicherungen geht, sind in der Dritten Richtlinie Schadensversicherung (RL 92/49/EWG) des Rates vom 18.06.1992 (ABl. L. 228, S. 1) die Sozialversicherungssysteme ausdrücklich von deren Geltung ausgenommen worden. Der EuGH hat in der Entscheidung "Garcia" (Slg. 1996, I-1673) bestätigt, dass vom Geltungsbereich dieser Richtlinie nicht nur die Träger, sondern auch die Versicherungen und Vorgänge, mit denen sich die Träger in die sem Zusammenhang befassen, ausgenommen worden sind. In diesem Zusammenhang hat er herausgestellt, dass in der EG zwei Krankenversicherungsysteme existieren: ein privates System, das der Richtlinie unterliegt und daneben ein anderes, das den Charakter eines Systems der sozialen Sicherheit hat und vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen ist (a.a.O. Rdnr. 12). Ferner hat er darauf hingewiesen, Systeme der sozialen Sicherheit, die auf dem Solidaritätsgrundsatz beruhten, benötigten die Versicherungspflicht, die bei Anwendung der Richtlinie beseitigt würde (a.a.O. Rdn. 14 f). Nach dieser Entscheidung gilt somit im Bereich der Sozialversicherungssysteme die Dienstleistungsfreiheit insoweit nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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