Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 RJ 179/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 124/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 6/02 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.10.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung für den Zeitraum von Dezember 1993 bis Februar 1996 in Höhe von insgesamt 160.957,26 DM.
Die Beklagte führte im Februar 1998 eine Betriebsprüfung bei der Firma E ...-Textilhandelsgesellschaft & Co., D ..., der Rechtsvorgängerin der Klägerin, durch. Die Beklagte stellte fest, dass den Arbeitnehmern der Firma E ... Preisnachlässe in Höhe von 20 % auf Einkäufe in den Bekleidungsmärkten der Klägerin gewährt wurden. Die Arbeitnehmer der Firma E ... erhielten jeweils zum Jahresende eine Personalkaufkarte für das Folgejahr, in der Rabattmarken mit einer personenbezogenen sechsstelligen Nummer eingebracht waren. Die Rabattmarken wurden bei Einkäufen an den von dem betreffenden Arbeitnehmer unterschriebenen Einkaufsbeleg geheftet. Diese Einkaufsbelege wurden zunächst für ein Jahr aufbewahrt und dann vernichtet. Im Zeitpunkt der Betriebsprüfung durch die Beklagte waren die Einkaufsbelege für den hier streitigen Zeitraum nicht mehr vorhanden. Die Firma E ... versteuerte die ihren Arbeitnehmern gewährten Rabatte pauschal nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Durch Bescheid vom 17.03.1998 forderte die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung für den Zeitraum von 1990 bis Februar 1996 in Höhe von insgesamt 440.812,66 DM. Die Beitragsnachberechnung erfolgte nicht personenbezogen. Die Beklagte legte der Beitragsnachberechnung die pauschal versteuerten Beträge aus dem Bericht des Finanzamtes zugrunde, wobei sie einen Wert in Höhe von 10 % im Hinblick auf Beschäftigte, deren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Rentenversicherung gelegen hatte, in Abzug brachte. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die den Arbeitnehmern gewährten Preisvorteile Bestandteil des Arbeitslohnes seien, weil die Firma E ... an der Verschaffung dieser Preisvorteile mitgewirkt habe. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) seien sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG dem Arbeitslohn nicht zuzurechnen, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz erhebe. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handele. Dies sei bei den gewährten Preisnachlässen der Fall. Unter den Begriff des einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes seien alle Bezüge zu fassen, die in größeren Zeitabständen als monatlich gewährt würden und kein laufendes Arbeitsentgelt darstellten.
Mit dem am 09.04.1998 eingelegten Widerspruch erhob die Firma E ... den Einwand der Verjährung; außerdem meinte sie, dass es sich bei den den Arbeitnehmern eingeräumten Rabatten nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handele.
Durch Abhilfebescheid vom 30.04.1998 änderte die Beklagte den Bescheid vom 17.03.1998 dahingehend, dass sie Gesamtsozialversiche rungsbeiträge nur noch für die Zeit ab Dezember 1993 in Höhe von 160.957,26 DM erhob.
Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 30.07.1998 zurück.
Die Klägerin hat am 25.08.1998 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht: Da sie berechtigt gewesen sei, die auf die Personalrabatte entfallende Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG zu pauschalieren, seien die den Arbeitnehmern gewährten Rabatte gemäß § 2 Abs. 1 ArEV sozialversicherungsfrei. Dies gelte nur dann nicht, wenn es sich bei den gewährten Preisnachlässen um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gehandelt habe. Schon begrifflich könnte von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt keine Rede sein, weil die Arbeitnehmer bei den üblicherweise über das ganze Jahr verteilten Kleidungskäufen jeweils mehrfach einen derartigen Rabatt in Anspruch nähmen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 30.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass es sich bei den gewährten Personalrabatten um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handele, das sozialversicherungspflichtig sei.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 01.10.1999 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 15.10.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.11.1999 Berufung eingelegt. Zur Begründung bringt sie vor: Die den Arbeitnehmern gewährten Personalrabatte könnten nicht als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt qualifiziert werden. Dagegen spreche schon, dass allein der Wille der Arbeitnehmer für die Inanspruchnahme und den Zeitpunkt des Rabattes bestimmend gewesen sei. Die den Begriff des einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes regelnde Vorschrift des § 23 a SGB IV könne auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden, weil diese Vorschrift erst am 01.01.1997 in Kraft getreten sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.10.1999 zu ändern und den Bescheid vom 17.03.1998 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 30.04.1998 und des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt; sie haben sich zur Sache nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Beigeladenen zu 5) bis 15) verhandeln und entscheiden, denn diese sind in der Terminsmitteilung, die sie ordnungsgemäß erhalten haben, ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 17.03.1998 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 30.04.1998 sowie des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum Dezember 1993 bis Februar 1996 in Höhe von 160.957,26 DM gefordert. Die den Arbeitnehmern der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Firma E ...) gewährten Preis nachlässe gehören zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt (1.). Die Beklagte war berechtigt, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge pauschal, d.h. nicht personenbezogen von der Klägerin nachzufordern (2.).
1. Als Arbeitsentgelt, das für die Beschäftigten die Beitragsbemessungsgrundlage in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung bildet (vgl. §§ 221 Abs. 2 Satz 1, 226 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); § 57 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), §§ 161 Abs. 1, 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI); §§ 174, 175 Arbeitsförderungs gesetz (AFG) in der bis zum 31.07.1997 geltenden Fassung, §§ 341 Abs. 3, 342 Drittes Buch Sozialgestzbuch (SGB III)), definiert § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Angesichts dieser erkennbar weit gefassten Begriffsdefinition ist es nicht zweifelhaft, dass die den Arbeitnehmern gewährten Preisnachlässe als Arbeitsentgelt zu beurteilen sind. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Rabatte nicht von der Firma E ..., sondern der jetzigen Klägerin eingeräumt worden sind. Auch Zuwendungen, die ein Dritter gewährt, die aber in ursächlichem Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen, stellen Arbeitsentgelt dar (vergl. BSG Urteil vom 26.10.1988, 12 RK 18/87, SozR 2100 § 14 Nr.19).
Ergänzend hierzu sieht § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vor, dass zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs, bestimmt werden kann, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Die aufgrund dieser Ermächtigung ergangene Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) - hier anzuwenden in der Fassung vom 08.12.1995 (BGBl. I 1995 Seite 1643), in Kraft getreten am 01.01.1996 (inhaltsgleiche Regelungen enthielten hinsichtlich der hier anzuwendenden Vorschriften die Fassungen vom 12.12.1989 (BGBl. I, Seite 2177) sowie vom 12.12.1994 (BGBl. I, Seite 3849) - bestimmt in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 227 des Fünften Buches sind, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erhebt.
Zwar handelt es sich im vorliegendenden Fall um sonstige Bezüge im Sinne dieser Vorschrift. Auch ist die letztgenannte Voraussetzung erfüllt, denn das für die Klägerin zuständige Betriebsstätten finanzamt (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG) hat die pauschale Versteuerung der den Arbeitnehmern gewährten Preisnachlässe gemäß § 40 Abs. 1 EstG zugelassen.
Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass es sich bei den sonstigen Bezügen nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 227 SGB V handeln darf. Die den Arbeitnehmern der Firma E ... gewährten Preisnach lässe auf die in den Bekleidungsmärkten der Klägerin vorgenommenen Einkäufe stellen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 227 SGB V a.F. dar.
Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob hier § 227 SGB V in der Fassung bis zum 31.12.1996 oder die ab dem 01.01.1997 in Kraft getretene Norm des § 23 a SGB IV Anwendung findet, wie die Klägerin meint. Beide Vorschriften sind nämlich inhaltsgleich. Danach sind einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt: Die den Arbeitnehmern gewährten Rabatte auf die von ihnen getätigten Einkäufe stellen Zuwendungen dar, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (s.o). Diese Preisnachlässe sind den Arbeitnehmern auf Veranlassung ihres Arbeitgebers eingeräumt worden. Es ist entgegen der Ansicht der Klägerin unerheblich, dass möglicherweise auch andere Personen, die in den Bekleidungsmärkten der jetzigen Klägerin einkaufen, Preisnachlässe erhalten.
Es handelt sich ferner auch um Zuwendungen, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt worden sind. Dies ist das wesentliche charakteristische Merkmal einmalig gezahlten Arbeitsentgelts. Diese Art von Sonderzuwendungen weisen bezüglich Art, Höhe und Auszahlungsmodus derartige Unterschiede auf, dass es letzlich nicht darauf ankommen kann, welcher Zahlungsanlass oder Zahlungsmodus von den Arbeitsvertragsparteien gewählt worden ist (vergl. BSG Urteil vom 03.03.1994, 1 RK 17/93, SozR 3-2500 § 47 Nr.5 mit weiteren Nachweisen). Die Arbeitnehmer der Firma E ... vermochten die Preisnachlässe unabhängig von dem monatlich gewährten Arbeitsentgelt immer dann in Anspruch zu nehmen, wenn sie Einkäufe in den Bekleidungsmärkten der Klägerin tätigten. Die Gewährung der Preisnachlässe erfolgte auch erkennbar unabhängig von der in einem Entgeltabrechnungszeitraum - Monat - geleisteten Arbeit. Nicht entscheidend ist, dass die Inanspruchnahme der jeweiligen Preisvorteile auch vom Willen der Arbeitnehmer abhängig war. Dass die Arbeitnehmer hier auch den genauen Zeitpunkt bestimmen konnten, ändert nichts an der Beurteilung als einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, weil insoweit nur der Modus der Gewährung der Zuwendung betroffen ist.
Dieses Ergebnis wird durch § 6 Abs. 3 der Sachbezugsverordnung in der Fassung vom 08.12.1997 (BGBl. I 1997 Seite 2857) erhärtet. Nach dieser Vorschrift können Waren und Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes pauschal versteuert werden, mit dem Durchschnittsbetrag der pauschal versteuerten Waren und Dienstleistungen angesetzt werden; dabei kann der Durchschnittsbetrag des Vorjahres angesetzt werden. Diese Vorschrift verdeutlicht, dass (auch) der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass im Falle des verbilligten Bezugs von Waren trotz der pauschalen Versteuerung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Beitragspflicht in der Sozialversicherung besteht.
2. Die Beklagte war auch berechtigt, die nachzufordernden Gesamtsozialversicherungsbeiträge pauschal, d.h. nicht personenbezogen zu erheben. Das ergibt sich aus § 28 f Absatz 2 Satz 1 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Klägerin war verpflichtet, die den Arbeitnehmern gewährten Rabatte aufzuzeichnen und die Belege dafür aufzubewahren. Die gewährten Rabatte waren Bestandteil des Arbeitsentgelts, die Rechtsvorgängerin der Klägerin somit verpflichtet, die Unterlagen über die Höhe der den einzelnen Arbeitnehmern gewährten Rabatte aufzubewahren. Dass dies grundsätzlich möglich gewesen wäre, liegt angesichts des von der Firma E ... praktizierten Verfahrens auf der Hand: Aufgrund der auf den Rabattmarken aufgebrachten sechsstelligen Nummer in Verbindung mit den Kaufbelegen wäre der Arbeitnehmer sowie die Summe der ihm im Laufe eines Kalenderjahres gewährten Preisnachlässe, d.h. das auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Arbeitsentgelt, unschwer zu ermitteln gewesen.
Diese Feststellungen (Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, Person des jeweiligen Arbeitnehmers) vermochte die Beklagte anlässlich der Betriebsprüfung nicht vorzunehmen, denn die Klägerin hatte die Einkaufsbelege mit den daraus ersichtlichen Preisnachlässen bereits nach Ablauf eines Jahres vernichtet. Im Zeitpunkt der Betriebsprüfung im Jahre 1997 waren lediglich noch die Unterlagen, die das Jahr 1997 betreffen, vorhanden. Somit konnte bereits bei der Betriebsprüfung eine personenbezogene Beitragspflicht nicht mehr erfolgen.
Es ist schließlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte der Beitragsnachberechnung die Beträge zugrunde gelegt hat (abzüglich eines Betrags in Höhe von 10 v.H.), die Grundlage der Erhebung der Pauschalsteuer gemäß § 40 Absatz 1 EStG gewesen sind; dies entspricht der Regelung des § 6 Absatz 3 der Sachbezugsverordnung.
Es ist schließlich auch unerheblich, dass - wie die Klägerin behauptet - verschiedene Krankenkassen in ihrer Funktion als Einzugsstellen es nicht beanstandet haben, dass von den gewährten Preisnachlässen Beiträge nicht abgeführt worden sind, denn nach der Rechtsprechung des BSG bewirkt das Unterlassen einer derartigen Beanstandung keinen Vertrauensschutz, auf den sich die Klägerin berufen könnte (vergl. BSG Urteil vom 22.02.1980, Az 12 RK 34/79, SozR 2200 § 172 Nr.14 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache hat der Senat die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung für den Zeitraum von Dezember 1993 bis Februar 1996 in Höhe von insgesamt 160.957,26 DM.
Die Beklagte führte im Februar 1998 eine Betriebsprüfung bei der Firma E ...-Textilhandelsgesellschaft & Co., D ..., der Rechtsvorgängerin der Klägerin, durch. Die Beklagte stellte fest, dass den Arbeitnehmern der Firma E ... Preisnachlässe in Höhe von 20 % auf Einkäufe in den Bekleidungsmärkten der Klägerin gewährt wurden. Die Arbeitnehmer der Firma E ... erhielten jeweils zum Jahresende eine Personalkaufkarte für das Folgejahr, in der Rabattmarken mit einer personenbezogenen sechsstelligen Nummer eingebracht waren. Die Rabattmarken wurden bei Einkäufen an den von dem betreffenden Arbeitnehmer unterschriebenen Einkaufsbeleg geheftet. Diese Einkaufsbelege wurden zunächst für ein Jahr aufbewahrt und dann vernichtet. Im Zeitpunkt der Betriebsprüfung durch die Beklagte waren die Einkaufsbelege für den hier streitigen Zeitraum nicht mehr vorhanden. Die Firma E ... versteuerte die ihren Arbeitnehmern gewährten Rabatte pauschal nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Durch Bescheid vom 17.03.1998 forderte die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung für den Zeitraum von 1990 bis Februar 1996 in Höhe von insgesamt 440.812,66 DM. Die Beitragsnachberechnung erfolgte nicht personenbezogen. Die Beklagte legte der Beitragsnachberechnung die pauschal versteuerten Beträge aus dem Bericht des Finanzamtes zugrunde, wobei sie einen Wert in Höhe von 10 % im Hinblick auf Beschäftigte, deren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Rentenversicherung gelegen hatte, in Abzug brachte. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die den Arbeitnehmern gewährten Preisvorteile Bestandteil des Arbeitslohnes seien, weil die Firma E ... an der Verschaffung dieser Preisvorteile mitgewirkt habe. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) seien sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG dem Arbeitslohn nicht zuzurechnen, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz erhebe. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handele. Dies sei bei den gewährten Preisnachlässen der Fall. Unter den Begriff des einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes seien alle Bezüge zu fassen, die in größeren Zeitabständen als monatlich gewährt würden und kein laufendes Arbeitsentgelt darstellten.
Mit dem am 09.04.1998 eingelegten Widerspruch erhob die Firma E ... den Einwand der Verjährung; außerdem meinte sie, dass es sich bei den den Arbeitnehmern eingeräumten Rabatten nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handele.
Durch Abhilfebescheid vom 30.04.1998 änderte die Beklagte den Bescheid vom 17.03.1998 dahingehend, dass sie Gesamtsozialversiche rungsbeiträge nur noch für die Zeit ab Dezember 1993 in Höhe von 160.957,26 DM erhob.
Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 30.07.1998 zurück.
Die Klägerin hat am 25.08.1998 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht: Da sie berechtigt gewesen sei, die auf die Personalrabatte entfallende Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG zu pauschalieren, seien die den Arbeitnehmern gewährten Rabatte gemäß § 2 Abs. 1 ArEV sozialversicherungsfrei. Dies gelte nur dann nicht, wenn es sich bei den gewährten Preisnachlässen um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gehandelt habe. Schon begrifflich könnte von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt keine Rede sein, weil die Arbeitnehmer bei den üblicherweise über das ganze Jahr verteilten Kleidungskäufen jeweils mehrfach einen derartigen Rabatt in Anspruch nähmen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 30.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass es sich bei den gewährten Personalrabatten um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handele, das sozialversicherungspflichtig sei.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 01.10.1999 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 15.10.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.11.1999 Berufung eingelegt. Zur Begründung bringt sie vor: Die den Arbeitnehmern gewährten Personalrabatte könnten nicht als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt qualifiziert werden. Dagegen spreche schon, dass allein der Wille der Arbeitnehmer für die Inanspruchnahme und den Zeitpunkt des Rabattes bestimmend gewesen sei. Die den Begriff des einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes regelnde Vorschrift des § 23 a SGB IV könne auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden, weil diese Vorschrift erst am 01.01.1997 in Kraft getreten sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.10.1999 zu ändern und den Bescheid vom 17.03.1998 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 30.04.1998 und des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt; sie haben sich zur Sache nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Beigeladenen zu 5) bis 15) verhandeln und entscheiden, denn diese sind in der Terminsmitteilung, die sie ordnungsgemäß erhalten haben, ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 17.03.1998 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 30.04.1998 sowie des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum Dezember 1993 bis Februar 1996 in Höhe von 160.957,26 DM gefordert. Die den Arbeitnehmern der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Firma E ...) gewährten Preis nachlässe gehören zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt (1.). Die Beklagte war berechtigt, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge pauschal, d.h. nicht personenbezogen von der Klägerin nachzufordern (2.).
1. Als Arbeitsentgelt, das für die Beschäftigten die Beitragsbemessungsgrundlage in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung bildet (vgl. §§ 221 Abs. 2 Satz 1, 226 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); § 57 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), §§ 161 Abs. 1, 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI); §§ 174, 175 Arbeitsförderungs gesetz (AFG) in der bis zum 31.07.1997 geltenden Fassung, §§ 341 Abs. 3, 342 Drittes Buch Sozialgestzbuch (SGB III)), definiert § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Angesichts dieser erkennbar weit gefassten Begriffsdefinition ist es nicht zweifelhaft, dass die den Arbeitnehmern gewährten Preisnachlässe als Arbeitsentgelt zu beurteilen sind. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Rabatte nicht von der Firma E ..., sondern der jetzigen Klägerin eingeräumt worden sind. Auch Zuwendungen, die ein Dritter gewährt, die aber in ursächlichem Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen, stellen Arbeitsentgelt dar (vergl. BSG Urteil vom 26.10.1988, 12 RK 18/87, SozR 2100 § 14 Nr.19).
Ergänzend hierzu sieht § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vor, dass zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, insbesondere zur Vereinfachung des Beitragseinzugs, bestimmt werden kann, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, ganz oder teilweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Die aufgrund dieser Ermächtigung ergangene Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) - hier anzuwenden in der Fassung vom 08.12.1995 (BGBl. I 1995 Seite 1643), in Kraft getreten am 01.01.1996 (inhaltsgleiche Regelungen enthielten hinsichtlich der hier anzuwendenden Vorschriften die Fassungen vom 12.12.1989 (BGBl. I, Seite 2177) sowie vom 12.12.1994 (BGBl. I, Seite 3849) - bestimmt in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, dass dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 227 des Fünften Buches sind, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erhebt.
Zwar handelt es sich im vorliegendenden Fall um sonstige Bezüge im Sinne dieser Vorschrift. Auch ist die letztgenannte Voraussetzung erfüllt, denn das für die Klägerin zuständige Betriebsstätten finanzamt (§ 41 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG) hat die pauschale Versteuerung der den Arbeitnehmern gewährten Preisnachlässe gemäß § 40 Abs. 1 EstG zugelassen.
Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass es sich bei den sonstigen Bezügen nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EstG nicht um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 227 SGB V handeln darf. Die den Arbeitnehmern der Firma E ... gewährten Preisnach lässe auf die in den Bekleidungsmärkten der Klägerin vorgenommenen Einkäufe stellen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 227 SGB V a.F. dar.
Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob hier § 227 SGB V in der Fassung bis zum 31.12.1996 oder die ab dem 01.01.1997 in Kraft getretene Norm des § 23 a SGB IV Anwendung findet, wie die Klägerin meint. Beide Vorschriften sind nämlich inhaltsgleich. Danach sind einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt: Die den Arbeitnehmern gewährten Rabatte auf die von ihnen getätigten Einkäufe stellen Zuwendungen dar, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (s.o). Diese Preisnachlässe sind den Arbeitnehmern auf Veranlassung ihres Arbeitgebers eingeräumt worden. Es ist entgegen der Ansicht der Klägerin unerheblich, dass möglicherweise auch andere Personen, die in den Bekleidungsmärkten der jetzigen Klägerin einkaufen, Preisnachlässe erhalten.
Es handelt sich ferner auch um Zuwendungen, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt worden sind. Dies ist das wesentliche charakteristische Merkmal einmalig gezahlten Arbeitsentgelts. Diese Art von Sonderzuwendungen weisen bezüglich Art, Höhe und Auszahlungsmodus derartige Unterschiede auf, dass es letzlich nicht darauf ankommen kann, welcher Zahlungsanlass oder Zahlungsmodus von den Arbeitsvertragsparteien gewählt worden ist (vergl. BSG Urteil vom 03.03.1994, 1 RK 17/93, SozR 3-2500 § 47 Nr.5 mit weiteren Nachweisen). Die Arbeitnehmer der Firma E ... vermochten die Preisnachlässe unabhängig von dem monatlich gewährten Arbeitsentgelt immer dann in Anspruch zu nehmen, wenn sie Einkäufe in den Bekleidungsmärkten der Klägerin tätigten. Die Gewährung der Preisnachlässe erfolgte auch erkennbar unabhängig von der in einem Entgeltabrechnungszeitraum - Monat - geleisteten Arbeit. Nicht entscheidend ist, dass die Inanspruchnahme der jeweiligen Preisvorteile auch vom Willen der Arbeitnehmer abhängig war. Dass die Arbeitnehmer hier auch den genauen Zeitpunkt bestimmen konnten, ändert nichts an der Beurteilung als einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, weil insoweit nur der Modus der Gewährung der Zuwendung betroffen ist.
Dieses Ergebnis wird durch § 6 Abs. 3 der Sachbezugsverordnung in der Fassung vom 08.12.1997 (BGBl. I 1997 Seite 2857) erhärtet. Nach dieser Vorschrift können Waren und Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes pauschal versteuert werden, mit dem Durchschnittsbetrag der pauschal versteuerten Waren und Dienstleistungen angesetzt werden; dabei kann der Durchschnittsbetrag des Vorjahres angesetzt werden. Diese Vorschrift verdeutlicht, dass (auch) der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass im Falle des verbilligten Bezugs von Waren trotz der pauschalen Versteuerung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Beitragspflicht in der Sozialversicherung besteht.
2. Die Beklagte war auch berechtigt, die nachzufordernden Gesamtsozialversicherungsbeiträge pauschal, d.h. nicht personenbezogen zu erheben. Das ergibt sich aus § 28 f Absatz 2 Satz 1 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Klägerin war verpflichtet, die den Arbeitnehmern gewährten Rabatte aufzuzeichnen und die Belege dafür aufzubewahren. Die gewährten Rabatte waren Bestandteil des Arbeitsentgelts, die Rechtsvorgängerin der Klägerin somit verpflichtet, die Unterlagen über die Höhe der den einzelnen Arbeitnehmern gewährten Rabatte aufzubewahren. Dass dies grundsätzlich möglich gewesen wäre, liegt angesichts des von der Firma E ... praktizierten Verfahrens auf der Hand: Aufgrund der auf den Rabattmarken aufgebrachten sechsstelligen Nummer in Verbindung mit den Kaufbelegen wäre der Arbeitnehmer sowie die Summe der ihm im Laufe eines Kalenderjahres gewährten Preisnachlässe, d.h. das auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Arbeitsentgelt, unschwer zu ermitteln gewesen.
Diese Feststellungen (Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, Person des jeweiligen Arbeitnehmers) vermochte die Beklagte anlässlich der Betriebsprüfung nicht vorzunehmen, denn die Klägerin hatte die Einkaufsbelege mit den daraus ersichtlichen Preisnachlässen bereits nach Ablauf eines Jahres vernichtet. Im Zeitpunkt der Betriebsprüfung im Jahre 1997 waren lediglich noch die Unterlagen, die das Jahr 1997 betreffen, vorhanden. Somit konnte bereits bei der Betriebsprüfung eine personenbezogene Beitragspflicht nicht mehr erfolgen.
Es ist schließlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte der Beitragsnachberechnung die Beträge zugrunde gelegt hat (abzüglich eines Betrags in Höhe von 10 v.H.), die Grundlage der Erhebung der Pauschalsteuer gemäß § 40 Absatz 1 EStG gewesen sind; dies entspricht der Regelung des § 6 Absatz 3 der Sachbezugsverordnung.
Es ist schließlich auch unerheblich, dass - wie die Klägerin behauptet - verschiedene Krankenkassen in ihrer Funktion als Einzugsstellen es nicht beanstandet haben, dass von den gewährten Preisnachlässen Beiträge nicht abgeführt worden sind, denn nach der Rechtsprechung des BSG bewirkt das Unterlassen einer derartigen Beanstandung keinen Vertrauensschutz, auf den sich die Klägerin berufen könnte (vergl. BSG Urteil vom 22.02.1980, Az 12 RK 34/79, SozR 2200 § 172 Nr.14 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache hat der Senat die Revision zugelassen.
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